FDP-Fraktion im Nds. Landtag, Hinrich-Wilhelm-Kopf-Platz 1, 30159 Hannover
Jörg Bode, MdL
Innenpolitischer Sprecher und Parlamentarischer Geschäftsführer Postfach 19 04 30019 Hannover Tel. (0511) 30 30 34 10 Fax (0511) 30 30 48 63 joerg.bode@lt.niedersachsen.de www.fdp-fraktion-nds.de
16.04.2008
Aktuelles aus dem Landtag
Sehr geehrte Damen und Herren, heute erhalten Sie eine Ausgabe von „Aktuelles aus dem Landtag“, mit der wir Sie erneut über aktuelle landespolitische Themen informieren möchten. Alle bislang erschienenen Ausgaben von Aktuelles aus dem Landtag stehen Ihnen auch auf unserer Homepage zur Verfügung. Sollten Sie Fragen oder Anregungen haben, so sprechen Sie die Abgeordneten oder die Mitarbeiter der Fraktion an. Wir gehen gerne auf Ihre Wünsche ein. Bis zur nächsten Ausgabe verbleiben wir mit freundlichen Grüßen
AKTUELLES AUS DEM LANDTAG
1
INHALTSVERZEICHNIS
1.
2.
Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit
1.1 Pflege
2
1.2 Ärztliche Versorgung in Niedersachsen
3/4
Bildung, Wissenschaft und Kultur
2.1 Schulgesetznovelle – Zulassung von Gesamtschulen
5
2.2 Bildungsveranstaltung der FDP-Fraktion „Schule in Niedersachsen – wie geht es weiter“ 6 3.
Haushalt, Finanzen; Wirtschaft, Arbeit und Verkehr
3.1 Landesvergabegesetz 4.
5.
6.
7
Innen und Sport
4.1 Bekämpfung der Jugendkriminalität in Niedersachsen
8
4.2 Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes
8/9
4.3 Ablehnung eines NDP-Verbotsverfahrens
9
4.4 Menschenrechte in China im Vorfeld der Olympischen Spiele
9/10
Rechtspolitik
5.1 Vorfall in der JVA Salinenmoor diskutiert
11
5.2 Nachbesserungen des Niedersächsischen Justizvollzugsgesetzes gefordert
11/12
Agrar, Umwelt sowie Europa und Medien
6.1 Aktuelle Stunde zum Thema Energieversorgung
13
AKTUELLES AUS DEM LANDTAG 1.
2
SOZIALES , FAMILIE, FRAUEN UND GESUNDHEIT
Wissenschaftlicher Fachreferent: Thomas Franzkewitsch; Telefon 0511-3030 4306
1.1
Pflege
Am 14. März hat der Bundestag das Pflegeweiterentwicklungsgesetz beschlossen, die abschließende Abstimmung im Bundesrat steht noch aus. Derzeit wird im Sozialausschuss des Landtages die Pflegereform anhand eines Antrages der Grünen ebenfalls behandelt. Der Gesetzentwurf der großen Koalition klammert eine zukunftsfeste Finanzierung aus, da ein Einstieg in die Kapitaldeckung zwischen CDU und SPD nicht zu vereinbaren war. Vielmehr stehen weitere Beitragserhöhungen an. Angesichts der demografischen Entwicklung und der bis 2050 zu erwartenden Verdreifachung der Zahl der Pflegebedürftigen kommt es damit zu einer Verschiebung von Finanzierungslasten auf nachfolgende Generationen. Die FDP setzt demgegenüber auf einen Übergang zu einem Prämiensystem mit Kapitaldeckung. Mit der Pflegereform verbunden ist die Option für die Länder zur Einrichtung von Pflegestützpunkten. Pflegestützpunkte sollen unter Federführung der Pflegekassen Beratung von Pflegebedürftigen und Angehörigen sowie ein Fallmanagement anbieten. Die vorgeschlagene Anbindung an die Pflegekassen und Sozialhilfeträger ist aber auch mit der Gefahr verbunden, dass die Stützpunkte zu einem dirigistischen Instrument der Kostensteuerung werden. Abgesehen von der Beteiligung der Pflegekassen gibt es keine verbindlichen Vorgaben für die Länder im Hinblick auf die Ausgestaltung der Pflegestützpunkte. Bei einer Entscheidung zur Einrichtung von Stützpunkten erhält jeder Stützpunkt eine Anschubfinanzierung von 45.000 € im Jahr aus den Mitteln der Pflegeversicherung, also der Beitragszahler. Diese würde voraussichtlich nur zu Mitnahmeeffekten führen, könnte aber keine tragfähige Basis für ein qualifiziertes Beratungsangebot sicherstellen. Die FDP will verhindern, dass durch die Pflegestützpunkte Doppelstrukturen und eine neue bürokratische Ebene entstehen. Vielmehr erfordert eine auf die Pflegequalität ausgerichtete Beratung Unabhängigkeit von Kostenträgern und Leistungsanbietern. Der Landespflegeausschuss sieht die Einrichtung von Pflegestützpunkten ähnlich wie die FDP eher kritisch und hat angeregt, zuerst eine Bestandsaufnahme der vorhandenen Beratungsangebote vorzunehmen. Neben der Gesetzgebung wurde in den letzten Wochen auch über die Höhe der Pflegesätze in den Pflegeheimen diskutiert, hierzu stand auch eine Unterrichtung des Sozialausschusses an. Die Sätze für die pflegerische Versorgung sowie für Unterkunft und Verpflegung liegen in Niedersachsen tatsächlich deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Dies ist aber kein Zeichen für eine schlechte Qualität, sondern zuerst einmal günstig für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen, da diese niedrigere Eigenanteile zu tragen haben (Sätze der Pflegeversicherung sind bundesweit gleich, Differenz zum Pflegesatz der jeweiligen Einrichtung ergibt den Eigenanteil). Gründe für die niedrigeren Pflegesätze in Niedersachsen liegen in der historischen Entwicklung und der Verhandlungspraxis mit einer restriktiven Anwendung des externen Vergleichs mit anderen Einrichtungen, aber auch im hohen Anteil nicht tarifgebundener privat-gewerblicher Träger von Heimen. Ein Problem ergibt sich daher für tarifgebundene Einrichtungsträger und dabei insbesondere für Wohlfahrtsverbände wie die Caritas, die aufgrund ihrer höheren Personalkosten Defizite im Betrieb erzielen. Dies ist auch der Hintergrund für die von Seiten der Caritas gestartete Kampagne. Angesichts der bestehenden Überkapazitäten würde eine Vergütungserhöhung durch eine Öffnung des externen Vergleichs aber eher zu einer Abwanderung zu günstigeren Heimen führen.
AKTUELLES AUS DEM LANDTAG 1.2
3
Ärztliche Versorgung in Niedersachsen
Mehrere Abgeordnete der FDP-Fraktion haben zum letzten Landtagsplenum eine Anfrage zur Situation der ärztlichen Versorgung in Niedersachsen gestellt. Diese hat in den letzten Monaten angesichts von Diskussionen über einen drohenden Ärztemangel und von Protestaktionen der Ärzteschaft verstärkte Aufmerksamkeit gefunden. Insbesondere der ländliche Raum ist von einer Unterversorgung bedroht, weil sich dort der Ärztemangel zunehmend bemerkbar macht. Gerade Hausarztpraxen finden häufig keinen Nachfolger, die bisher tätigen Ärzte erreichen die vorgegebene Altersgrenze, müssen ihre Kassenzulassung zurückgeben und dürfen Kassenpatienten nicht weiter behandeln. Die Belastung der Ärzte durch zunehmende Bürokratie, Notdienste und eine schwierige wirtschaftliche Situation hat so zugenommen, dass die Attraktivität des Arztberufes in Deutschland stark nachgelassen hat. In den nächsten fünf Jahren werden nach Feststellung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung 41 000 Ärzte ausscheiden, ohne dass in ausreichendem Maße Nachwuchs da ist. Stattdessen arbeiten derzeit 16 000 meist junge Mediziner im Ausland. In der Antwort auf die Anfrage verweist die Landesregierung darauf, dass die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) sei. Die Rolle des Landes beschränkt sich auf die Funktion der Rechtsaufsicht über die KVN, die landesunmittelbaren Krankenkassen und deren Verbände. Grundlage für die Sicherstellung ist der so genannte Bedarfsplan. Nach bundesweit einheitlichen Vorgaben wird der allgemeine Versorgungsgrad für die jeweilige Facharztgruppe in den einzelnen Planungsbereichen ermittelt. Diese entsprechen weitestgehend den Landkreisen und können daher lokale Versorgungslücken nicht abbilden. Insbesondere betrifft dies eine Konzentration der Ärzte in der Kreisstadt bzw. in den Mittelzentren gegenüber Defiziten in den ländlichen Räumen. Zu der Entwicklung der Zahl der niedergelassenen Ärzte in Niedersachsen liegen folgende Daten vor. Nimmt man ein Ende der vertragsärztlichen Tätigkeit mit 65 Jahren an, geht die KVN über alle Arztgruppen von 3.679 Abgängen bis zum Jahr 2015 aus. Bei einem Ende der vertragsärztlichen Tätigkeit mit 68 Jahren beträgt dieser Wert über alle Arztgruppen 2.452. Die KVN bereitet derzeit die Fortschreibung der Prognose für das Jahr 2020 vor, die Veröffentlichung ist für Mai 2008 geplant. Nach den vorliegenden Daten und den geschätzten Neuzugängen bei der Niederlassung wird aber weiterhin eine Versorgung in Höhe von 100 % durch die KVN prognostiziert. Dies berücksichtigt aber wie bereits ausgeführt keine Differenzen innerhalb eines Versorgungsbezirkes. Losgelöst von einer gewünschten bzw. benötigten Anzahl an Ärzten in einem bestimmten Gebiet hängt es zunächst von der individuellen Entscheidung einer jeden Ärztin und eines jeden Arztes ab, das Risiko einer freiberuflichen Tätigkeit in einem bestimmten Fachgebiet und einer bestimmten Region einzugehen. Um die individuellen Entscheidungen zu beeinflussen hat die KVN im Rahmen ihrer Zuständigkeit zur Förderung der Niederlassung ein 3-Stufen-Konzept beschlossen:
AKTUELLES AUS DEM LANDTAG
4
Die 1. Stufe beinhaltet • • • •
die Steigerung der Motivation zur Niederlassung durch Niederlassungsseminare der KVN Informationsveranstaltungen der KVN an Krankenhäusern und Universitäten Einbindung der KVN in die Weiterbildungskurse zur Allgemeinmedizin und die Kontaktaufnahme mit den Gemeinden zur Unterstützung.
Die 2. Stufe beinhaltet • • • • •
die Weiterentwicklung der Weiterbildungsförderung Kooperation und Koordination von Weiterbildungsabschnitten in Klinik und Praxis ein Angebot eines Ausbildungsplans mit exakt definierten Weiterbildungsabschnitten die Bereitstellung entsprechender Fördermittel zur Weiterbildungsförderung sowie die Weiterbildungsförderung in Verbindung mit einer konkreten Niederlassungspflicht.
In der 3. Stufe gibt es •
eine Umsatzgarantie für Ärzte in bestimmten Regionen.
Entscheidend für die Nachbesetzung von Vertragsarztsitzen in ländlichen Gebieten ist aus Sicht der KVN auch die Organisation des Notfalldienstes. Die Vertreterversammlung der KVN hat am 17.02.2007 die Neufassung der Notfalldienstordnung beschlossen. Mit dieser bis 2010 umzusetzenden Neuregelung soll eine gleichmäßigere und gerechtere Dienstbelastung unter den Ärzten erreicht werden.
AKTUELLES AUS DEM LANDTAG 2.
5
BILDUNG, WISSENSCHAFT UND KULTUR
Wissenschaftliche Mitarbeiterin: Claudia Fritzsche; Telefon 0511-3030 4303 2.1
Schulgesetznovelle – Zulassung von Gesamtschulen
In der vergangenen Landtagssitzung haben alle drei Oppositionsparteien Gesetzentwürfe zur Änderung des Schulgesetzes eingebracht. SPD und Grüne recycelten dabei lediglich ihre Anträge aus der vergangenen Legislaturperiode, in denen sie schlicht die Aufhebung des Neuerrichtungsverbots von Gesamtschulen forderten. Bereits in den vorangegangenen Debatten zu diesem Thema haben die Regierungsfraktionen deutlich gemacht, dass sich Niedersachsen nicht zwei Schulsysteme parallel leisten könne und es deshalb lediglich zu beschränkten Zulassungen von Gesamtschulen kommen könne. Insofern ist auch der in der April-Debatte wiederholt geäußerte Vorwurf des Bruches von Wahlversprechen nicht haltbar, da Christian Wulff immer nur von einer Lockerung des Neuerrichtungsverbotes gesprochen hat und nie von der Aufhebung. Die Koalitionsfraktionen werden im Mai-Plenum einen Gesetzentwurf vorlegen, in dem das Neuerrichtungsverbot für Gesamtschulen gelockert wird. Über die konkrete Ausgestaltung des Gesetzes wird derzeit noch im Arbeitskreis Kultus der CDU-/FDPFraktionen diskutiert. Einig sind sich die Vertreter im Arbeitskreis Kultus bereits darüber, dass die Nachfrage nach Gesamtschulplätzen nicht nur im aktuellen Schuljahr festgestellt sein muss, sondern auch für die folgenden Jahre. Das neue Schulgesetz soll dann im Juli verabschiedet werden, so dass die Schulträger und das Land eine ausreichende Vorlaufzeit haben, um die Gründung von Gesamtschulen gründlich vorzubereiten. Dazu gehören zum Beispiel auch die Ausschreibungs- und Bewerbungsverfahren für die Lehrkräfte. Da die Lehrkräfte von den bereits bestehenden Schulen des gegliederten Schulsystems versetzt werden, ist auch für das Land eine bestimmte Planungszeit notwendig. Wir gehen also davon aus, dass ab August 2009 neue Gesamtschulen besucht werden können. Mit der Schulgesetznovelle sollen gleichzeitig zwei weitere Bereiche neu geregelt werden. Dies betrifft die Organisation der Nachfolgeregelung des Berufsgrundbildungsjahres (BGJ) sowie die im Koalitionsvertrag beschlossene Absenkung des Einschulungsalters. • Die Nachfolgeregelung für das BGJ wird notwendig, weil mit der Änderung des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) die automatische Anerkennung des BGJ auf die Ausbildungsdauer eines Berufes wegfällt. Das BGJ soll nun zum einen durch die einjährige Berufsfachschule ersetzt werden, zum anderen sollen Schülerinnen und Schüler ohne oder mit einem schwachen Hauptschulabschluss in den Berufseinstiegsklassen (BEK) besonders gefördert werden. • Im Koalitionsvertrag wurde die schrittweise Absenkung des Einschulungsalters beschlossen. Damit soll im Schuljahr 2010/2011 begonnen werden. Damit Schüler, Eltern, Lehrer und Schulträger Planungssicherheit bekommen, soll die Regelung mit der nun anstehenden Gesetzesnovelle verabschiedet werden. Vorgesehen ist, den Stichtag 30.6. pro Schuljahr um jeweils einen Monat vorzuverlegen, so dass mit Beginn des Schuljahres 2012/2013 der Stichtag für das Einschulungsalter um drei Monate auf den 30.9. vorverlegt wurde. Damit ist für das Schuljahr 2010/2011 der Stichtag der 30.7.; für das Schuljahr 2011/2012 der 30.8. und für das Schuljahr 2012/2013 der 30.9. Die Regelung für die so genannten Kann-Kinder wird entsprechend angepasst.
AKTUELLES AUS DEM LANDTAG 2.2
6
Bildungsveranstaltung der FDP-Fraktion „Schule in Niedersachsen – wie geht es weiter?“ am 15. April 2008
Gestern hat die FDP-Fraktion im Niedersächsischen Landtag eine Bildungsveranstaltung unter dem Motto „Schule in Niedersachsen – wie geht es weiter?“ veranstaltet. Ziel war es, mit Interessenten über derzeit aktuelle Fragen in der Bildungspolitik ins Gespräch zu kommen und mögliche Lösungsansätze zu diskutieren – wie zum Beispiel über die Frage „Was kommt nach dem BGJ?“ (siehe Artikel oben) oder die Frage nach der Organisation des Abiturs nach zwölf Jahren, die auch im April-Plenum Gegenstand der Debatte war. Die Veranstaltung stieß auf großes Interesse – über 70 Teilnehmer konnten wir begrüßen, darunter auch viele Vertreter von Verbänden. Nach einer allgemeinen Begrüßung teilten sich die Besucher in fünf Workshops, in denen sie über 1½ Stunden über die Themen • • • • •
Die Zukunft der schulischen Berufsorientierung Was kommt nach dem BGJ? Probleme und Perspektiven der Sekundarschule am Beispiel der Stadt Bremen Die Organisation des Abiturs nach zwölf Jahren Der Einfluss der Schüler- und Elternvertreter in der Eigenverantwortlichen Schule
diskutierten. Danach kamen alle Teilnehmer wieder in großer Runde zusammen, um die Ergebnisse zu präsentieren. Die Ergebnisse der Diskussionen werden wir so schnell wie möglich zusammenstellen. Sollten Sie nicht an der Veranstaltung teilgenommen haben und an den Ergebnissen interessiert sein, bitte ich Sie, eine kurze Email zu schicken an claudia.fritzsche@lt.niedersachsen.de.
AKTUELLES AUS DEM LANDTAG 3.
7
HAUSHALT UND FINANZEN; WIRTSCHAFT, ARBEIT UND VERKEHR
Wissenschaftlicher Fachreferent: Sebastian Maas; Telefon 0511-3030 4305
3.1
Landesvergabegesetz
Der Europäische Gerichtshof hat in einem Urteil festgestellt, dass das niedersächsische Landesvergabegesetz (LVergabeG) gegen geltendes EU-Recht verstößt und daher nicht mehr angewandt werden darf. Kern des LVergabeG ist eine Tariftreuregelung, die das Land und die Kommunen verpflichtet, Bauaufträge nur an Unternehmen zu vergeben, die ihre Mitarbeiter nach einem in Niedersachsen repräsentativen Tarifvertrag entlohnen. Dies Gesetz wurde in seiner ursprünglichen Form im Jahr 2002 noch von der alten Landesregierung beschlossen, um die niedersächsische Wirtschaft insbesondere vor billiger anbietender Konkurrenz aus den neuen Bundesländern und Ost-Europa zu schützen. Nach geltendem EU-Recht darf der Staat aber nur auf die Einhaltung gesetzlicher Mindestlöhne oder allgemeinverbindlicher Tarifverträge bestehen. Nicht aber auf normale Tarifverträge wie im niedersächsischen Fall geschehen. Bei seiner Anwendung entpuppte sich das Gesetz allerdings als zum Teil sehr bürokratisch. So muss jedes Unternehmen, dass sich an einer Ausschreibung für ein Bauprojekt beteiligt nicht nur eine Vielzahl von Unterlagen über seine Beschäftigungsverhältnisse vorlegen, sondern diese auch von allen Subunternehmern, die es Beauftragt, beschaffen. Besonders kleine Bauunternehmen schrecken diese Hürden oftmals ab, so dass sie sich an öffentlichen Ausschreibungen kaum noch beteiligen. Ein Wegfall der Tariftreueregelung bedeutet aber keineswegs, dass keine Lohngrenzen mehr gelten. Der im Entsendegesetz festgelegte Mindestlohn für den Baubereich gilt natürlich weiterhin. Bei der ohnehin anstehenden Überarbeitung des Vergabegesetzes steht für uns nun im Vordergrund das Vergaberecht mittelstandsfreundlicher zu gestalten und die Einhaltung transparenter und fairer Vergaberegeln sicherzustellen, die sowohl für das Land als auch die Kommunen gelten.
AKTUELLES AUS DEM LANDTAG 4.
8
INNENPOLITIK UND SPORT
Wissenschaftliche Fachreferentin: Silke Fricke; Telefon 0511-3030 4314
4.1
Bekämpfung der Jugendkriminalität in Niedersachsen
Die Gewährleistung der Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger ist eine Kernaufgabe des Staates. Innere Sicherheit hat darüber hinaus eine gesamtgesellschaftliche Dimension. Daher nehmen präventive Handlungsstrategien unter Einbeziehung der kommunalen Präventionsräte und Sicherheitspartnerschaften einen hohen Stellenwert ein. Nur im erfolgreichen Zusammenspiel von Prävention und Repression kann innere Sicherheit gewährleistet werden. Bei der Bekämpfung der Kinder- und Jugendkriminalität plädieren wir für ein abgestimmtes Vorgehen gemäß dem Dreiklang Integration, Prävention und Repression. In den letzten fünf Jahren haben wir bereits zahlreiche Maßnahmen auf den Weg gebracht. Beispielhaft seien hier der Ausbau der Sprachförderung für Migranten, die Erhöhung der Ausbildungsfähigkeit durch Stärkung der Hauptschulen und berufsbildenden Schulen, die Einführung eines islamischen Religionsunterrichts in deutscher Sprache, der Niedersächsischer Pakt für Ausbildung, die Unterstützung durch Berufs- und Ausbildungslotsen oder die Einrichtung von Integrationsleitstellen genannt. Trotz aller Bemühungen gibt es jedoch immer wieder Fälle, bei denen präventive Maßnahmen ins Leere laufen. Um Fehltritte jungen Mehrfach- oder Intensivtätern zu verdeutlichen, ist es sinnvoll, die Strafe für Gewalttaten unmittelbar nach Tatbegehung zu verhängen und zu vollstrecken. Dabei kann auch die Wiedergutmachung von Straftaten eine wichtige Rolle einnehmen. Als Ergänzung zu den bisherigen Möglichkeiten schlagen wir vor, sog. Schülergerichte in Niedersachsen einzuführen. Es könnte sich eine größere Nähe der Urteile zur Realität der Jugendlichen ergeben, wenn Schüler ihren Altersgenossen erzieherische Maßnahmen vorschlagen. Dabei sollten die zu behandelnden Fälle ausschließlich durch die Staatsanwaltschaft an das jeweilige Schülergericht übermittelt werden. Zudem müssten die Jugendlichen ebenso wie Eltern einverstanden sein, dass der Fall vor einem Schülergericht behandelt wird.
4.2
Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes
Am 31.3. dieses Jahres haben sich die Tarifparteien des Öffentlichen Dienstes von Bund und den Kommunen auf einen Abschluss geeinigt. Dies dürfte die Haushalte und Wirtschaftspläne der Kommunen und kommunalen Unternehmen in den nächsten zwei Jahren mit rund 9,5 Mrd. Euro belasten, weshalb sich MdL Jörg Bode mit einer Kleinen Anfrage an den Innenminister gewandt hat, um klären zu lassen, was dies für die nds. Kommunen bedeutet. In der Antwort legt der Innenminister dar, dass der Tarifabschluss eine Vergütungserhöhung über die Laufzeit von 24 Monaten sich auf insgesamt rund 8 Prozent addiert. Dies wird die Haushalte der nds. Kommunen mit ca. 360 Mio. Euro belasten. Die Auswirkungen auf die einzelnen Kommunen werden je nach personeller, finanzieller und struktureller Situation vor Ort unterschiedlich ausfallen. Doch grundsätzlich wird das Geld für notwendige Investitionen beispielsweise in Schulen oder Kinderkrippen fehlen. Darüber hinaus ist bereits angekündigt worden, beispielsweise die Kindergarten-, Abfall- oder auch die Wassergebühren zu erhöhen.
AKTUELLES AUS DEM LANDTAG
9
Die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes des Landes Niedersachsen sind von diesem Tarifabschluss nicht betroffen, da das Land einen eigenen Tarifvertrag innehat. Wie sich der Tarifabschluss auf die kommunalen Krankenhäuser und die gemeindlichen Eigenbetriebe auswirken wird, ist derzeit noch nicht abzusehen. Die Krankenhäuser würden als Teil der kommunalen Selbstverwaltung geführt; d.h. die Kommunen entschieden selbst, welche Konsequenzen sie aus dem Tarifabschluss ziehen. Anders sieht es bei den Eigenbetrieben aus. Diese seien verpflichtet, die Mehrkosten durch Tarifabschlüsse in die Gebührenkalkulation aufzunehmen.
4.3
Ablehnung eines NPD-Verbotsverfahrens
Die FDP-Fraktion wird einem Verbotsantrag gegen die NPD nicht zustimmen. Wir halten die Erfolgsaussichten eines solchen Antrages für fraglich, seine Nebenwirkungen für gefährlich und selbst ein positiver Ausgang des Verbotsverfahrens würde das eigentliche Problem nicht lösen. Denn es lassen sich zwar Parteien verbieten, aber keine Überzeugungen. Das Bundesverfassungsgericht hat bei seiner Entscheidung zum Verbotsantrag der NPD im Jahre 2003 hohe Hürden angelegt, welches es in einem zweiten Verfahren sicher nicht runter schrauben wird. Beispielsweise gilt es alle V-Leute abzuziehen und nur Informationen zu liefern, die ohne den Einfluss dieser V-Leute gesammelt wurden. Auch besteht ein hohes Prozessrisiko. Das Scheitern wäre ein Desaster. Der NPD wäre eine große Medienwirksamkeit sicher und würde eine unbezahlbare Propaganda für die Rechtsradikalen darstellen. Als ein wesentliches Argument für ein NPD-Verbot wird immer wieder der Empfang staatlicher Gelder aus der Parteienfinanzierung genannt. In der Tat ist es ein Ärgernis, dass diese Partei Steuermittel erhält. Das Entscheidende aber ist, dass ein Verbot der NPD rechtes Gedankengut nicht beseitigt. Die staatlichen Gelder würden also statt bei der NPD bei der DVU oder den Republikanern landen. Noch schlimmer kann die Wirkung eines NPD-Verbotes auf die Parteienlandschaft nicht sein. Es könnte die bisher zersplitterte rechte Szene sogar dazu aufrufen, sich zusammen zu schließen. Den Verbotsantrag der SPD halten wir deshalb für das falsche Mittel.
4.4
Menschenrechte in China im Vorfeld der Olympischen Spiele
Wir halten die Kritik der Bundesregierung und des Europäischen Parlaments an der chinesischen Regierung hinsichtlich der Verletzung von Menschenrechten in Tibet für gerechtfertigt. Das gewaltsame Vorgehen gegen die friedliche Protestbewegung in Tibet ist scharf zu verurteilen. Damit verstößt China gegen grundlegende und universelle Rechte der UN-Menschenrechtscharta. Bei der Vergabe der Olympischen Spiele an China hatte es von chinesischer Seite das Versprechen gegeben, die Menschenrechtslage im Vorfeld der Spiele deutlich zu verbessern. Spürbare Verbesserungen sind bislang jedoch nicht erkennbar. Die Meinungs- und Pressefreiheit ist nach wie vor sehr stark eingeschränkt. Viele ethnische und religiöse Minderheiten leiden unter Diskriminierung und Verfolgung. Der Menschenrechtler Hu Jia wurde unlängst zu einer dreieinhalb-jährigen Haftstrafe verurteilt. Das System der Arbeitsund Umerziehungslager mit hunderttausenden von Inhaftierten besteht weiterhin. Jährlich kommt es in vielen tausend Fällen zur Anwendung der Todesstrafe. Diese Menschenrechtsverletzungen stehen in eklatantem Widerspruch zum Geist von Olympia.
AKTUELLES AUS DEM LANDTAG
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Öffentliche Boykottandrohungen und -aufrufe erscheinen zum gegenwärtigen Zeitpunkt gleichwohl wenig zielführend. Ein Boykott der Olympischen Spiele würde auch niedersächsische Sportlerinnen und Sportler treffen und kann nur als letztes Mittel angesehen werden. Vielmehr gilt es, auf die er-höhte Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit und die kritische Berichterstattung tausender Journalisten im Umfeld der Spiele zu vertrauen. Dabei haben die chinesischen Behörden sicherzustellen, dass während der gesamten Zeit der Olympischen Spiele eine ungehinderte und objektive Berichterstattung von allen Orten auch abseits der Sportstätten gewährleistet ist. Das schließt die Möglichkeit ein, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Olympiade ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrnehmen können, ohne Sanktionen befürchten zu müssen.
AKTUELLES AUS DEM LANDTAG 5.
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RECHTSPOLITIK
Wissenschaftliche Fachreferentin: Vanessa Albowitz; Telefon 0511-3030 4308
5.1
Vorfall in der JVA Salinenmoor diskutiert
Sowohl in der Aktuellen Stunde als auch im Rahmen der Dringlichen Anfragen der Landtagssitzung vom 9./10. April 2008 wurde der Vorfall in der JVA Salinenmoor von Ende Januar thematisiert, bei dem ein Häftling von zwei Mitinsassen in der Nacht vom 19. auf den 20. Januar mutmaßlich misshandelt wurde. Der Opposition ging es jedoch zum wiederholten Male nicht darum, konstruktiv an einer sachlichen Aufklärung mitzuarbeiten, sondern darum, die Bedingungen im Strafvollzug generell in Frage zu stellen und die Vorgehensweise der Landesregierung scharf zu kritisieren. Bereits in der Vorwoche hatte die Landesregierung in den zuständigen Ausschüssen für Justizvollzug und für Recht und Verfassung – vertreten durch die ehem. Justizministerin Heister-Neumann, den jetzigen Justizminister Busemann und den Leiter der Staatskanzlei Hagebölling – umfassend über den Vorfall und die damit verbundenen Abläufe in Ministerien und Landtagsverwaltung informiert. Da der Vorgang noch nicht abschließend geklärt ist, bitten wir an dieser Stelle um Verständnis, dass wir über Einzelheiten noch nicht informieren können. Die Koalitionsfraktionen von FDP und CDU sowie Justizminister Busemann machten deutlich, dass man mit der Entwicklung des Strafvollzuges seit 2003 überaus zufrieden sein könne. Prof. Dr. Dr. Roland Zielke MdL unterstrich in seinem Debattenbeitrag, dass „wir in Niedersachsen einen hervorragenden Strafvollzug mit hoch motivierten Mitarbeitern haben“. Er sprach sich darüber hinaus für den absoluten Vorrang der Einzelunterbringung in den Niedersächsischen Justizvollzugsanstalten aus, gab jedoch auch zu bedenken, dass es ebenso gute Gründe für die Anstaltsleitung geben könne, vom Regelfall der Einzelunterbringung zum Wohle der Gefangenen mit deren Zustimmung abzuweichen.
5.2
Nachbesserungen gefordert
des
Niedersächsischen
Justizvollzugsgesetzes
Aufgrund eines Antrages der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wurde im Plenum vergangene Woche diskutiert, ob und inwieweit Nachbesserungen des erst zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Niedersächsischen Justizvollzugsgesetzes erforderlich seien. Dabei ging es hauptsächlich um die Forderung der Opposition, die Zuständigkeiten im Bereich der Untersuchungshaft – insbesondere hinsichtlich der Postkontrolle - neu zu regeln sowie um die Regelung zur Mehrfachbelegung im Erwachsenenvollzug. Prof. Dr. Dr. Roland Zielke machte im Namen der FDP-Fraktion deutlich, dass man bereits im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens nachdrücklich davor gewarnt habe, die Regelungen zum Untersuchungshaftvollzug voreilig zu verabschieden. Nun gelte es aber, nach vorne zu schauen und vor allem die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zu diesem Themenkomplex abzuwarten, die es aufgrund eines Vorlagebeschlusses des OLG Oldenburg zu treffen haben. Hinsichtlich der Forderungen der Gründen, die Mehrfachbelegung noch deutlich einzuschränken bzw. gänzlich auszuschließen, verwies Prof. Dr. Dr. Zielke auf seine Äußerungen im Rahmen der Aktuellen Stunde (s.o.), betonte aber, dass man sich durchaus eine Regelung vorstellen könne, die den Ausnahmecharakter der Mehrfachbelegung noch deutlicher heraus stelle.
AKTUELLES AUS DEM LANDTAG
12
Abschließend kann jedoch noch angemerkt werden, dass zum jetzigen Zeitpunkt 78,2% der männlichen Inhaftieren einzeln untergebracht sind – zum Vergleich: unter dem früheren Justizminister Pfeiffer (SPD) waren es nur rund 50%.
AKTUELLES AUS DEM LANDTAG 6.
13
AGRAR, UMWELT SOWIE EUROPA UND MEDIEN
Wissenschaftlicher Fachreferent: Fabian Fischer; Telefon 0511-3030 4313
6.1
Aktuelle Stunde zum Thema Energieversorgung
Am 09. April 2008 hat sich der Landtag in einer von der FDP beantragten aktuellen Stunde mit dem Thema: „Mit Energie für das Klima – umweltverträgliche und preisgünstige Energieversorgung sichern – “ befasst. Dabei hat die FDP-Landtagsfraktion noch einmal bekräftigt, dass sich Energiepolitik immer an den Kernzielen Versorgungssicherheit, Umweltverträglichkeit und Preisgünstigkeit orientieren muss. Aufgrund der neuesten Studie der Deutschen Energie-Agentur (dena) ist hier insbesondere die Versorgungssicherheit in das Blickfeld geraten. Die dena-Studie kommt nämlich zu dem Schluss, dass bei der zu erwartenden Stromnachfrage die Jahreshöchstlast mit Kraftwerkskapazitäten ab dem Jahr 2012 nicht mehr gedeckt werden kann. Genauso wie die dena-Studie fordert daher auch die FDP die Rücknahme der Laufzeitverkürzungen für Kernkraftwerke. Um eine Versorgungslücke zu verhindern müssen aber, solange der Ausstieg aus der Kernenergie gilt, auch neue Kraftwerke gebaut werden, die auf fossile Energieträger setzen. Der Neubau von Kohlekraftwerken ist daher unumgänglich, bietet aber auch Vorteile. Nicht nur, dass die neuen Kohlekraftwerke effizienter und umweltschonender sind als die bisher betriebenen, sie sichern – und schaffen – auch Arbeitsplätze in Niedersachsen.