AKTUELLES AUS DEM LANDTAG
1
INHALTSVERZEICHNIS
1. Soziales, Familie, Frauen und Gesundheit 1.1
Sozialgesetzbuch II – Neuorganisation
2-3
1.2
Landesblindengeld
3-4
1.3
Pflegestützpunkte
4-5
2. Bildung, Wissenschaft und Kultur 2.1
Maßnahmenbündel zur Schulpolitik
6-11
2.2
Große Anfrage „Hochschulzugang und Bildungschancen in Niedersachsen“
11-14
3. Haushalt und Finanzen; Wirtschaft, Arbeit und Verkehr 3.1
JadeWeserPort, Hafenhinterlandanbindung und Lärmschutz
15-16
3.2
Continental
16-17
4. Innen-, Rechts- und Sportpolitik 4.1
Neues Niedersächsisches Beamtenrecht
18-19
4.2
Antrag gegen den geplanten Naziaufmarsch am 1. Mai in Hannover
19
5. Agrar und Umwelt 5.1
Novellierung des Waldgesetzes
20
5.2
Große Anfrage zum Kernkraftwerk Unterweser (KKU)
20-21
6. Europa und Medien 6.1
Die zukünftige soziale Dimension der Europäischen Union
22
___________________________________________________________________________________ Ausgabe März 2009
AKTUELLES AUS DEM LANDTAG 1.
2
SOZIALES, FAMILIE; FRAUEN UND GESUNDHEIT
Wissenschaftlicher Fachreferent: Thomas Franzkewitsch; Telefon 0511-3030 4306
1.1
Sozialgesetzbuch II – Neuorganisation
Das Bundesverfassungsgericht hat am 20. Dezember 2007 festgestellt, dass die ARGEn (Arbeitsgemeinschaften aus Arbeitsagentur und Kommune) eine nicht mit dem Grundgesetz vereinbare Mischverwaltung darstellen. Bis Ende 2010 ist daher die Organisation der Arbeitsförderung im SGB II neu zu regeln und auf eine gesicherte Rechtsgrundlage zu stellen. Die Vorschläge des Bundesarbeitsministeriums zuerst für so genannte „kooperative Jobcenter“ und in der Folge für die „Zentren für Arbeit und Grundsicherung“ (ZAG) als neue Ausgestaltung der gemeinsamen Aufgabenwahrnehmung sahen aber eine hervorgehobene Position der Arbeitsagenturen in dieser Struktur vor. Hinsichtlich der Optionsregelung mit der alleinigen Verantwortung der Kommunen war der Bund zwar zu einer Entfristung der bis Ende 2010 begrenzten Zulassung bereit, aber nicht zu einer Ausweitung über die bisherigen Kommunen hinaus (Entkontingentierung). Die Option wird vom Bundesarbeitsministerium nicht als Zukunftsmodell angesehen. Aus Sicht der FDP stehen die Entscheidungskompetenzen der kommunalen Träger hingegen gerade im Hinblick auf Langzeitarbeitslose mit zahlreichen Vermittlungshemmnissen und die Verknüpfung mit anderen sozialen Angeboten im Vordergrund. Dies zeigt auch die erfolgreiche Arbeit der 13 Optionslandkreise in Niedersachsen. Wo das Optionsmodell von der kommunalen Seite aus nicht wünschenswert erscheint, sollte eine gleichberechtigte Form der Kooperation mit den Arbeitsagenturen ausgestaltet werden. Diese Position hat in Niedersachsen weitgehende Unterstützung gefunden. So hat der Landtag am 02. Juli und 14. November 2008 mit den Stimmen aller Fraktionen außer der Linksfraktion Entschließungen gefasst, die auch von allen drei kommunalen Spitzenverbänden in Niedersachsen begrüßt wurden. Kernpunkt ist die Wahlfreiheit hinsichtlich der Trägerschaft durch eine Grundgesetzänderung, die sowohl eine gemeinsame Aufgabenwahrnehmung ermöglicht, als auch die eigenverantwortliche Wahrnehmung durch die kommunalen Träger mit einer Entfristung und Entkontingentierung der Optionsregelung sichert. Die Landesregierung hat u. a. in der Arbeits- und Sozialministerkonferenz diese Vorstellungen deutlich gemacht. Nach der Ministerpräsidentenkonferenz im Dezember letzten Jahres gab es auf Bundesebene den Versuch einer Einigung im Rahmen einer Arbeitsgruppe aus Bundesarbeitsministerium
AKTUELLES AUS DEM LANDTAG
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und den Landesregierungen von NRW und Rheinland-Pfalz. Hier konnte das Übergewicht des Bundes bei der gemeinsamen Aufgabenwahrnehmung zumindest abgeschwächt werden. Dazu sollten eine paritätisch besetzte Trägerversammlung für die ZAG und die Einführung von Kooperationsausschüssen auf Landesebene beitragen. Zentralistische Vorgaben wie die Verwendung der Software der Arbeitsagentur und die Anwendung des Tarifvertrages für Arbeitnehmer des Bundes blieben jedoch bestehen. Zudem sollte bei einer bisher getrennten Aufgabenwahrnehmung unter einem Dach wie z. B. in Celle die Einrichtung eines ZAG verpflichtend werden. In der Frage der Option wurden als Alternativen eine Entfristung in einfachgesetzlicher Form oder eine verfassungsrechtliche Absicherung nur für den Bestand erörtert. Eine Wahlfreiheit wäre damit nicht möglich, da ein rechtlicher Rahmen für die Neuzulassung kommunaler Träger vom Bund abgelehnt wurde. Aus Sicht der Bundesländer mit FDP-Regierungsbeteiligung ist eine Möglichkeit zur Ausweitung der Option unverzichtbar. Auf Bundesebene hat letztlich Mitte März jedoch die CDU-/CSU-Bundestagsfraktion
den
Kompromissvorschlag
abgelehnt.
Dort
stand
im
Vordergrund, dass nicht mit einer spezifischen Grundgesetzänderung der verfassungswidrige Zustand einer Mischverwaltung behoben werden sollte. Insbesondere Abgeordnete aus den süddeutschen Ländern lehnen grundsätzlich eine gemeinsame Aufgabenwahrnehmung von Arbeitsagentur und Kommunen ab. Damit scheint eine Einigung vor der Bundestagwahl kaum mehr möglich. In der letzten Landtagssitzung hat die FDP-Fraktion eine Aktuelle Stunde zur Thematik eingebracht. Eine Verständigung auf eine gemeinsame Entschließung war mit SPD und Grünen im Gegensatz zum Vorjahr aber nicht mehr möglich, da diese für eine schnelle Annahme der Vorschläge zu den ZAG und nicht mehr für eine Wahlfreiheit zur Ausweitung der Option eintreten.
1.2
Landesblindengeld
Der Landtag hat eine Erhöhung der Sätze des Landesblindengeldes beschlossen und zwar von 220 auf 265 Euro bzw. von 300 auf 320 Euro für blinde Menschen unter 25. Für blinde Menschen in stationären Einrichtungen wird das Blindengeld von 50 auf 100 Euro erhöht, da für diese die Anrechnung des Blindengeldes auf die Sozialhilfeleistungen zu einem Wegfall des Barbetrages nach § 35 Abs. 2 SGB XII und damit zu einer Benachteiligung gegenüber sehenden Menschen führt. Bei blinden Menschen in häuslicher Pflege, die gleichzeitig
AKTUELLES AUS DEM LANDTAG
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Pflegegeld über die Pflegeversicherung erhalten, wird die bisherige prozentuale Anrechnung durch die Anrechnung fester Beträge ersetzt. Damit soll verhindert werden, dass künftige Dynamisierungen des Pflegegeldes zur Kürzung des Blindengeldes führen. Hintergrund der Erhöhung ist, dass bei der Wiedereinführung des Landesblindengeldes Anfang 2007 vereinbart wurde, dass insgesamt 30 Mio. Euro jährlich für blinde Menschen im Landeshaushalt zur Verfügung stehen sollen. Die tatsächliche Ausgabenentwicklung beim Blindengeld, bei den Ausgleichszahlungen an die Kommunen für Sozialhilfeleistungen im Rahmen der Blindenhilfe sowie bei dem Fonds für besondere Hilfeleistungen blieb jedoch deutlich unter den anvisierten 30 Mio. Euro. Dies betrifft vor allem die Ansprüche auf Blindengeld. Daher wurde mit dem Blindenverband eine entsprechende Anpassung der Sätze ausgehandelt. Aufgrund der zügigen und einvernehmlichen parlamentarischen Beratung der Gesetzesänderung kann die Erhöhung bereits rückwirkend zum 01. Januar in Kraft treten.
1.3
Pflegestützpunkte
Der Landtag hat einen Entschließungsantrag beschlossen, der den Rahmen für das weitere Vorgehen zur Einrichtung von Pflegestützpunkten aus Sicht der Fraktionen von FDP und CDU vorgibt. Entscheidender Punkt ist dabei, dass eine landesgesetzliche Regelung oder eine Verfügung der Landesregierung zur flächendeckenden Einführung abgelehnt wird. Dies war die Kernforderung der Oppositionsfraktionen. Zudem soll zwar sichergestellt werden, dass die Anschubfinanzierung des Bundes aufgrund der letzten Pflegeversicherungsreform genutzt werden kann, eine zukünftige finanzielle Verpflichtung des Landes soll aber ausgeschlossen werden. Derzeit moderiert das Sozialministerium die Verhandlungen zwischen Pflegekassen und kommunalen Spitzenverbänden zu einer entsprechenden Rahmenvereinbarung, bei denen sich auch eine Einigung abzeichnet. Nur der Städte- und Gemeindebund (dessen Beteiligung nicht erforderlich ist) lehnt bisher die Vereinbarung ab. Diese Rahmenvereinbarung kann die Intention des Landtagsbeschlusses umsetzen. Auf ihrer Grundlage sollen vor Ort zwischen Kassen,
kommunalen
Trägern
und
ggf.
weiteren
beteiligten
Akteuren
regionale
Vereinbarungen zu Errichtung, Organisation, Betrieb und Finanzierung der Pflegestützpunkte abgeschlossen werden. Dabei ist der Aufbau von Doppelstrukturen durch eine Anbindung an vorhandene Beratungsstrukturen zu vermeiden. Neben einer individuellen Pflegeberatung sollen die Stützpunkte bei Absprachen zur Koordination von Diensten und Anbietern im
AKTUELLES AUS DEM LANDTAG
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pflegerischen und vorpflegerischen Bereich mitwirken. Sie sollen mit Selbsthilfegruppen und anderen
ehrenamtlichen
Organisationen
zusammenarbeiten.
Leistungsentscheidungen
können in den Pflegestützpunkten nicht erfolgen, sie obliegen weiterhin den jeweils zuständigen Pflegekassen. Damit sichern wir freiwillige Lösungen zur Pflegeberatung ab, ohne dass wir vom Land eine Verpflichtung vorgeben.
AKTUELLES AUS DEM LANDTAG 2.
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BILDUNG, WISSENSCHAFT UND KULTUR
Wissenschaftliche Fachreferentin: Claudia Fritzsche; Telefon 0511-3030 4303 2.1
Maßnahmenbündel zur Schulpolitik
Am 17. Februar haben die Fraktionen von FDP und CDU den Beschluss „Bildungsland Niedersachsen – Schulen in Niedersachsen qualitativ weiterentwickeln“ verabschiedet. Dieses Papier greift viele der Vorschläge auf, die das Kabinett am 24. Februar in seinem Beschluss „Bildungsland Niedersachsen – Erfolge und Herausforderungen“ gefasst hat. Dabei geht es einerseits um Maßnahmen, die der Sicherung der Unterrichtsversorgung dienen sollen, andererseits um die Weiterentwicklung des Niedersächsischen Schulsystems. Im Folgenden sollen einige Punkte vorgestellt werden. Das Kultusministerium bietet auf der Seite www.bildung.niedersachsen.de zu den einzelnen Punkten ebenfalls Informationsblätter mit Erläuterungen an. Maßnahmen zur Sicherung der Unterrichtsversorgung Gerade die Maßnahmen, die zur Sicherung der Unterrichtsversorgung beschlossen wurden, stellen zum Teil schmerzhafte Einschnitte dar. Sämtliche Entscheidungen haben wir uns nicht leicht gemacht, sondern alle Punkte sehr ausführlich diskutiert – untereinander und auch mit dem Koalitionspartner. Wir stehen in der Verantwortung, für alle Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen die Unterrichtsversorgung zu gewährleisten. Die jetzt zu ergreifenden Maßnahmen sind notwendig, um insbesondere an den weiterführenden Schulen den vollen Unterricht sicherstellen zu können. Vor einem Jahr gab es mit Blick auf die Unterrichtsversorgung die Überlegung, die Rückzahlung der Mehrarbeitszeit im Rahmen der Arbeitszeitkonten für alle Lehrkräfte an das Ende der Lebensarbeitszeit zu verlegen. Die FDP-Fraktion hat sich damals gegen eine solche Zwangsmaßnahme ausgesprochen, darin sind wir von vielen Lehrerinnen und Lehrern aber auch von Eltern bestärkt und unterstützt worden. Wir bitten nun alle Betroffenen um Verständnis, dass wir die Unterrichtsversorgung durch diese vielen verschiedenen Maßnahmen sicherstellen müssen. Zu diesen Maßnahmen zählen unter anderem:
die Einstellung von zusätzlich 500 Lehrkräften und 240 Referendaren in 2009
die Einstellung von Feuerwehrlehrern bis zur vollen Stundenzahl
die Erleichterung des Einstiegs in den Schuldienst für qualifizierte Quereinsteiger
AKTUELLES AUS DEM LANDTAG
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die Übernahme von Referendaren schon zum Schuljahresbeginn bei voller Vergütung in den Schuldienst
die Übernahme und Neueinstellung von Grundschullehrern in das Beamtenverhältnis mit voller Stelle
die individuelle Überprüfung der Anträge auf Teilzeit im dienstlichen Interesse in Hinblick auf die Unterrichtsversorgung einer jeden Schule
die 10%ige Reduzierung der Anrechnungs- und Entlastungsstunden der Lehrkräfte zur freien und flexiblen Vergabe durch die Schulleitung, vorübergehend für zwei Jahre, ausgenommen sind die Beratungslehrer
eine Umwandlung der noch bestehenden Vollen Halbtagsschulen in Verlässliche Grundschulen schrittweise zum 1.8.2010
Vor allem der letzte Punkt – die Umwandlung der Vollen Halbtagsschulen in Verlässliche Grundschulen – ist dort, wo es noch volle Halbtagsschulen gibt (ca. 7% aller Grundschulen), sehr umstritten. Wir können diesen Schritt vertreten, weil 93% aller Grundschulen als Verlässliche Grundschulen arbeiten und die Berichte der Schulinspektion und die Ergebnisse der Vergleichsarbeiten nach der dritten Klasse zeigen, dass die pädagogische Arbeit an den Verlässlichen Grundschulen der pädagogischen Arbeit an den Vollen Halbtagsschulen in keiner Weise nachsteht. Wir verwehren uns dagegen, dass in der aktuellen Diskussion die beiden Grundschulformen gegeneinander ausgespielt werden, durch die Umstellung findet kein Abbau von Qualität statt. Da die verlässliche Schulzeit in den Vollen Halbtagsschulen ausschließlich durch den Einsatz von Lehrkräften gewährleistet wird, werden bei der Umwandlung in Verlässliche Grundschulen weniger Lehrerstunden benötigt. Dafür erhalten die Schulen aber ein Budget zur Beschäftigung von pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Der in der Stundentafel für alle Grundschulen vorgeschriebene Unterricht und auch der genehmigte Förderunterricht wird auch in den Verlässlichen Grundschulen ausschließlich durch Lehrkräfte erteilt. Wir sehen, dass die Vollen Halbtagsschulen für den Umstellungsprozess ihre pädagogischen Konzepte umschreiben müssen. Wir haben uns daher entgegen der ursprünglichen Planung dafür entschieden, die Umwandlung nicht zum kommenden Schuljahr sondern erst zum Schuljahr 2010/2011 umzusetzen. So geben wir den Grundschulen, die sich bereits mitten in den Planungen für das nächste Schuljahr befinden, genügend Zeit, um die Umstellung ohne Reibungsverluste durchführen zu können.
AKTUELLES AUS DEM LANDTAG
8
Weiterentwicklung der Schulstruktur Die Fraktionen von FDP und CDU wollen das bewährte und bestehende Schulsystem inhaltlich und strukturell weiter entwickeln. Jede Schülerin und jeder Schüler in Niedersachsen soll gemäß ihrer/ seiner Begabungen einen Schulabschluss erreichen. Im Mittelpunkt unserer Bildungspolitik steht eine qualitative, begabungsgerechte und individuelle Förderung unserer Schülerinnen und Schüler. Aufgrund zurückgehender Schülerzahlen wird immer wieder über die Abschaffung der Hauptschule bzw. über eine Zwangszusammenlegung von Haupt- und Realschule diskutiert. Beide Möglichkeiten kommen für uns nicht in Frage. Uns ist aber klar, dass es aufgrund des demografischen Wandels zu Änderungen kommen muss. Wir werden daher in Zukunft die bereits heute bestehende Möglichkeit der Zusammenarbeit von Haupt- und Realschule mit einer Schulleitung und einem Schulvorstand weiter ausbauen, damit diese auch in Zukunft wohnortnah vorgehalten werden können. Dabei soll die bestehende Möglichkeit des gemeinsamen Unterrichts auf zusätzliche Fächer ausgeweitet werden können, mit Ausnahme der Kernfächer Deutsch, Mathematik und 1. Fremdsprache. Zukünftig soll aber auch das Profil der Hauptschulen und der Realschulen weiter geschärft werden. Die Berufsorientierung und -vorbereitung wird insbesondere in den Haupt- und Realschulen eine besondere Stellung einnehmen. Ein Problem der Hauptschulen war bisher die hohe Abbrecherquote. Durch das Hauptschulprofilierungsprogramm (bevorzugter Ausbau zu Ganztagsschulen, Betriebs- und Praxistage, Berufsorientierung, Sozialpädagogen, kleinere Klassen) konnten wir erreichen, dass die Abbrecherquote wieder deutlich zurückgeht. Diesen Weg wollen wir in Zukunft stärker ausbauen und eine enge Zusammenarbeit der Hauptschulen mit Berufsbildenden Schulen einführen. Dieses Modell wurde bereits an der KGS Neustadt unter dem Namen „Neustädter Modell“ erprobt und hat dort zu sehr positiven Ergebnissen geführt. An den neuen Hauptschulen können natürlich nach wie vor alle Abschlüsse des Sekundar-I-Bereiches erreicht werden. So ist auch die Durchlässigkeit zu anderen Abschlüssen gewährleistet. Die Realschulen sollen in ihrer Funktion als Schnittstelle von Berufsorientierung und Vorbereitung auf die gymnasiale Oberstufe stärker als bisher gefördert werden. Dies soll durch die vorgeschlagene Profilierung in der 9. und 10. Klasse erreicht werden. Die Schülerinnen und Schüler, die eher eine berufliche Ausbildung anstreben, entscheiden sich für ein berufliches Profil mit den Schwerpunkten Technik, Wirtschaft oder Soziales. Diejenigen, die den Besuch des Gymnasiums und ein Studium anstreben, entscheiden sich
AKTUELLES AUS DEM LANDTAG
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bereits ab der 9. Klasse gezielt für eine intensive Vorbereitung auf die gymnasiale Oberstufe. Das heißt aber nicht, dass dadurch Bildungsgänge abgeschnitten werden. Natürlich können auch die Schülerinnen und Schüler mit dem beruflichen Profil einen erweiterten Sekundarabschluss I machen und im Anschluss noch das Fachgymnasium oder die gymnasiale Oberstufe besuchen. Wir stärken damit die Realschule in ihrer Doppelfunktion der beruflichen Vorbereitung, aber auch als Weg zum Abitur nach 13 Jahren.
Abitur nach zwölf Jahren auch an der Integrierten Gesamtschule (IGS) Trotz der Änderung des Schulgesetzes vor einem Jahr, die die Neuerrichtung von Gesamtschulen ermöglicht, wird der Landesregierung und beiden Koalitionsfraktionen von verschiedenen Seiten vorgehalten, Gesamtschulen zu benachteiligen, zu verhindern oder gar systematisch zu zerschlagen, weil die Fünfzügigkeit eine Bedingung für die Neuerrichtung ist, weil die Gesamtschulen nicht automatisch Ganztagsschulen sind und weil nun auch an den IGSen die Vergabe des Abiturs an zwölf Jahre geknüpft werden soll. Zunächst ein Blick auf die Ist-Situation:
In Niedersachsen gibt es 32 Integrierte Gesamtschulen, die von ca. 31.000 Schülerinnen und Schülern besucht werden (rund 3,3 Prozent aller niedersächsischen Schülerinnen und Schüler). Diese Schulen sind aufgrund von Erlassen der SPDVorgängerregierung in der Regel um zehn bis 14 Prozent besser mit Personal und Sachmitteln ausgestattet als andere Schulformen. 22 der IGSen bieten die Sekundarstufe II an, von den 13 neuen Integrierten Gesamtschulen, die im Schuljahr 2009/2010 ihren Betrieb beginnen werden, hat bisher nicht eine die gymnasiale Oberstufe beantragt.
Gleichzeitig gibt es 34 Kooperative Gesamtschulen (KGS), die von ca. 40 500 Schülerinnen
und
Schülern
besucht
werden
(rund
4,2
Prozent)
aller
niedersächsischen Schülerinnen und Schüler und von denen 18 mit der Sekundarstufe II ausgestattet sind. An den KGSen gab es bereits in der Vergangenheit – wie auch an den Gymnasien – so genannte Schnellläuferklassen bis zum Abitur.
AKTUELLES AUS DEM LANDTAG
10
Nun zu den einzelnen oben angeführten Punkten:
Die IGSen müssen fünfzügig sein, um aus dem eigenen Schülerbestand eine mindestens dreizügige gymnasiale Oberstufe mit der notwendigen Schwerpunktbreite bilden zu können.
Mit dem Regelangebot zwölf Jahre bis zum Abitur ändert sich an der IGSen nur wenig: Sie müssen künftig in den Fachleistungskursen Deutsch, Mathematik, Englisch und Naturwissenschaften neben „A“ und „B“ zusätzlich die äußere Differenzierung „Z“ einführen, wie sie im Gesamtschulerlass des Kultusministeriums seit Jahren als Möglichkeit vorgesehen ist. Schülerinnen und Schüler, die die gymnasiale Einführungsstufe in der Klasse 10 anstreben, sollten bereits ab Klasse 6 eine zweite Fremdsprache erlernen, können aber auch später damit beginnen. Wie bisher kann der Pflichtunterricht in den Jahrgängen 5 bis 6 und 7 bis 10 als integrierter Unterricht stattfinden. Ab Klasse 7 werden IGS-Schüler dann auf drei Kursniveaus in Mathe und erster Fremdsprache unterrichtet. In Deutsch gilt diese Dreier-Differenzierung ab Klasse 8, in den Naturwissenschaften ab Klasse 9. Wie bisher ist in den Jahrgängen 5 bis 9 ein Wechsel zwischen den Kursen je nach Leistungsvermögen und Entscheidung der Klassenkonferenz möglich. Der Zugang zur Einführungsphase in die gymnasiale Oberstufe im 10. Schuljahr setzt allerdings die zweite Fremdsprache sowie entsprechende Leistungen voraus. Nach wie vor können bis zur Klasse 8 die Zeugnisse und Noten durch Lernentwicklungsberichte ersetzt werden. Haupt- und Realschüler haben wie bisher die Möglichkeit einen Schulabschluss zu erwerben, der sie am Ende des 10. Schuljahres in die Eingangsphase der gymnasialen Oberstufe oder des Fachgymnasiums führt. Nach drei weiteren Jahren können sie das Abitur machen. Damit vereinen die Integrierten Gesamtschulen einen gymnasialen und einen berufsorientierten Zweig unter einem Dach, der nach 12 oder 13 Jahren zum Abitur führen kann.
Die IGSen, die nach der Schulgesetzänderung neu errichtet werden, müssen – wie alle anderen Schulen auch – beantragen, dass sie als Ganztagschulen geführt werden wollen. Laut Schulgesetz und laut Erlasslage ist an IGSen die Stundentafel so ausgelegt, dass der Unterricht halbtägig gehalten werden kann und nicht zwangsläufig auf einen ganzen Tag verteilt werden muss. Die Mittel für die Ausstattung der Ganztagsschulen sind bekanntermaßen knapp – auch wenn es uns gelungen ist, in den Haushaltsberatungen für 2009 die Mittel wieder aufzustocken. Wir verteilen diese knappen Mittel fair an alle Schulen, die als Ganztagsbetrieb
AKTUELLES AUS DEM LANDTAG
11
arbeiten – ohne eine Schulform zu Lasten aller übrigen Schulformen zu bevorzugen oder zu benachteiligen.
2.2
Große Anfrage „Hochschulzugang und Bildungschancen in Niedersachsen“
Im März-Plenum wurde die Große Anfrage der SPD zum Thema „Hochschulzugang und Bildungschancen in Niedersachsen“ besprochen. Die wichtigsten Punkte der umfangreichen Antwort (Drs. 16/885) sollen hier vorgestellt werden: •
die Chancen auf einen Hochschulzugang für Kinder aus einkommensschwachen Familien haben sich in den letzen 30 Jahren deutlich verbessert
•
Bildungschancen und soziale Herkunft konnten dennoch nicht entkoppelt werden
•
in Niedersachsen liegt die Zahl derjenigen Studierenden, deren Eltern eine Facharbeiterausbildung oder Lehre absolviert haben, über dem Bundesdurchschnitt (Niedersachsen 31,4%, Deutschland 27%)
•
in Niedersachsen studieren schon jetzt 15% „aller nichttraditionellen Studienanfängerinnen und Studienanfänger“ in Deutschland
Soziale Herkunft •
höchster allgemeinbildender Abschluss: in Niedersachsen verfügen 17,7% (Bund: 14%) der Eltern der Studierenden über einen Hauptschulabschluss, 30,2% (Bund: 28%) über die mittlere Reife und 50,1% (Bund: 58%) über die Hochschulreife
•
höchster berufsqualifizierender Abschluss: in Niedersachsen haben 43,5% (Bund: 51%) der Eltern der Studierenden eine Hochschulabschluss, 22,3% (Bund: 20%) einen Meisterprüfung oder einen Technikerabschluss und 31,4% (Bund: 27%) einen Facharbeiterabschluss oder eine abgeschlossene Lehre
•
soziale Herkunft der Studierenden zusammenfassend für Niedersachsen und Bund: soziale Herkunft
Nds. Uni
Nds. FH
Bund ges.
niedrig
12,4%
18,9%
13%
mittel
26,7%
41,7%
25%
gehoben
24,3%
17,5%
24%
hoch
36,7%
22,0%
38%
AKTUELLES AUS DEM LANDTAG •
12
Die Zahl der Absolventinnen und Absolventen ist in den letzten Jahren sowohl bundesweit als auch in Niedersachsen deutlich angestiegen. In Niedersachsen ergibt sich für das Jahr 2007 mit 23.643 Hochschulabsolventen ein neuer Höchststand, die Zahl der Absolventen ist gegenüber dem Vorjahr in Niedersachsen um 8,5% gestiegen.
Hochschulzugang und Bildungsbeteiligung •
Das Chancenverhältnis der Kinder von Arbeitern im Verhältnis zu Angestellten, zu Beamten und zu Selbstständigen hat sich verbessert.
•
Die Übergangsquote auf eine Hochschule oder eine Berufsakademie beträgt im gesamten Bundesgebiet 73,4%, in Niedersachsen ist die Quote fast identisch: 73,1%.
•
Für die zweite Phase des Hochschulpaktes 2020 hat Niedersachsen bereits eine Verpflichtungsermächtigung in den Haushalt eingestellt. In den Jahren 2011 und 2012 sollen in Niedersachsen bis zu 20.800 zusätzliche Studienanfängerplätze geschaffen werden.
•
Der Hochschulzugang ist in Niedersachsen bereits offen für Studierende ohne Hochschulzugangsberechtigung: für Meister, Techniker, staatlich geprüfte Betriebswirte. Im ANKOM-Projekt werden Verfahren zur Anrechnung von im Beruf erworbenen Qualifikationen auf ein Hochschulstudiumentwickelt. Die Ergebnisse sollen bei der Entwicklung von neuen Studiengängen Berücksichtigung finden.
•
Grundsätzlich sind Teilzeitstudiengänge und berufsbegleitende Studiengänge in Niedersachsen bereits möglich – die Rahmenbedingungen sind im NHG geregelt.
Studienbeiträge •
Im Studienjahr 2008 (Sommersemester (SS) 2008 und Wintersemester (WS) 2008/2009) wurden 1961 Studienbeitragsdarlehen gewährt.
•
Im Wintersemester 2008/2009 erhielten im Verhältnis zur Zahl der Studierenden, die Studienbeiträge gezahlt haben, 6,47% ein Studienbeitragsdarlehen.
•
Mithilfe der Studienbeiträge konnten die Hochschulen im Jahr 2007 (SS 07 und WS 07/08) Mehreinahmen in Höhe von etwa 92 Mio. € erzielen; die Studierenden sind an der Entscheidung über die Verwendung der Studienbeiträge aktiv beteiligt.
AKTUELLES AUS DEM LANDTAG •
13
Die Studienbeiträge wurden nach dem bisherigen Kenntnisstand zu keinem Zeitpunkt falsch oder missbräuchlich verwendet.
Studium •
Die Fächerwahl hat sich in den letzten Jahren wie folgt verändert: Fächer
Status
Prozentualer
Prozentualer
Vergleich 2007
Vergleich 2008
20,9 %
18,3 %
32,0 %
30,6 %
Sprach- und
leicht
Kulturwissenschaft
verringert
Rechts-, Wirtschafts-
leicht
und Sozialwissenschaft
verringert
Mathematik/
leicht erhöht 15,6 %
18,4 %
nicht
18,1 %
Naturwissenschaft Ingenieurwissenschaft
18,0 %
verändert •
Die Studienabbruchquote liegt deutschlandweit bei insgesamt 21% (Männer 26%, Frauen 15%).
•
Hochschulen nennen als Gründe für einen Abbruch neben Studiengangs- oder Studienortswechsel auch die falsche Einschätzung der eigenen Fähigkeiten und Überforderung.
•
Die Landesregierung geht von einer Verbesserung der Quote aus, sobald die neue Studienstruktur, Finanzierungen von Unterstützungsleistungen und Leistungsanreize in Folge von leistungsbezogener Mittelzuweisung eingesetzt werden.
•
Die Zahl hat sich der Studierenden in den letzten zehn Jahren von 2.234 auf 4.639 erhöht. Die Zahl der Studierenden in einem Zweitstudium hat sich von 10.384 auf 4.089 verringert.
•
Teilzeitstudiengänge können an niedersächsischen Hochschulen eingerichtet werden o Grundständige Studiengänge können wahlweise in Vollzeit oder Teilzeit angeboten werden. Dies bietet zurzeit die Leibniz Universität Hannover, die Leuphana
Universität
Wilhelmshaven an
Lüneburg
und
die
FH
Oldenburg/Ostfriesland/
AKTUELLES AUS DEM LANDTAG o Die
meisten
weiterbildenden,
berufsbegleitenden,
14
kostenpflichtigen
Masterangebote, die traditionellerweise vor allem an privaten Hochschulen angeboten werden, können wahlweise in Teilzeit studiert werden. Promotion und Berufseinstieg •
Von den in Niedersachsen eingeschriebenen Studierenden studieren in 2007/08 7.269 mit dem Ziel der Promotion (1998/99: 5.437).
•
Zur Unterstützung der Promotion gibt es zahlreiche Stipendien, Graduate Schools oder Promotionsprogramme die Landesregierung stellt Mittel zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in Höhe eines Fördervolumens von rund 2,3 Mio. Euro bis 2010 zur Verfügung, wodurch bis zu 111 Promotionsstipendien vergeben werden können.
•
Auch für die Unterstützung von Nachwuchswissenschaftlerinnen gibt es besondere Förderprogramme (zum Beispiel um die Qualifikation für
eine Professur zu
unterstützen). •
Der Berufseinstieg gelingt Bachelorabsolventen genauso schnell wie Magister- und Diplomabsolventen (HIS-Umfrage in 2004); dies hat sich in den letzten Jahren etwas gewandelt,
da
der
Übergang
in
die
weitere
akademische
Qualifizierung
(Masterstudium) für die Bachelorabsolventen inzwischen an Bedeutung gewonnen hat. Vor allem das Übergangsverhalten von BA Wirtschaftswissenschaften und BA Fachhochschulen ist dem der Diplomierten vergleichbar. •
Die Landesregierung fördert die Neueinstellung von Innovationsassistenten in kleinen und mittleren Betrieben mit rund 400.000 Euro pro Jahr.
AKTUELLES AUS DEM LANDTAG 3.
15
HAUSHALT UND FINANZEN; WIRTSCHAFT, ARBEIT UND VERKEHR
Wissenschaftlicher Fachreferent: Fabian Fischer; Telefon 0511-3030 4305
3.1
JadeWeserPort, Hafenhinterlandanbindungen und Lärmschutz
Im Rahmen der Plenarwoche hat der Landtag am 25. März 2009 auf Antrag von CDU und FDP beschlossen, sich noch stärker als bisher für den JadeWeserport und die Hafenhinterlandanbindungen einzusetzen. Die Häfen in Niedersachsen wachsen enorm. Ein Trend den die Wirtschaftskrise zwar im Moment verzögert, aber nicht aufhebt. Besonders der JadeWeserPort in Wilhelmshaven bietet deshalb als größtes Infrastrukturprojekt des Landes alle Voraussetzungen dafür, zu einer Erfolgsgeschichte für die Küstenregion und darüber hinaus für das gesamte Land Niedersachsen zu werden. Der JadeWeserPort ist der einzige Tiefwasserhafen in Deutschland und hat durch seine günstige geografische Lage mit einer kurzen Revierfahrt als Hafenstandort natürliche Vorteile gegenüber anderen europäischen Häfen. Aus diesem Grund wollen die Fraktionen sicherstellen, dass die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass der JadeWeserPort im Jahr 2011 in Betrieb genommen und im Jahr 2012 endgültig fertiggestellt werden kann. Dies wäre eineinhalb Jahre früher als ursprünglich geplant. Gleichzeitig sollte möglichst zeitnah mit den ersten Überlegungen bzw. Planungen für die zweite Ausbaustufe begonnen werden. Darüber hinaus wollen die Fraktionen erreichen, dass sich die Landesregierung auf Bundesebene für eine zügige Realisierung der für den Hafenhinterlandverkehr wichtigen Infrastrukturprojekte auf der Straße, der Schiene und der Wasserstraße einsetzt.
Die
Hinterlandanbindungen weiterhin zu beschleunigen um für die Zeit nach der Krise gut aufgestellt zu sein und vom Wachstum zu profitieren ist nach wie vor wichtig und richtig. Beim heutigen Zeitfaktor der Umsetzung des Ausbaus in Schiene, Straße und Wasserstraße steht fest, dass die Verkehrsinfrastruktur an ihre Grenzen stoßen wird. Die Mittel aus dem Bund sind unzureichend. Die Auswirkungen, wenn sich Waren stauen – ob direkt an der Abnahmestelle oder auf überfüllten Verkehrswegen – werden unterschätzt. Um schneller mögliche Bahnstrecken für den Güterverkehr zu ertüchtigen haben die Landesregierung und der Bund 20 Mio. € für die Nichtbundeseigenen Bahnen bereitgestellt. Diese Strecken können so schneller befähigt werden Güterverkehre vorübergehend aufzunehmen.
AKTUELLES AUS DEM LANDTAG
16
Der Antrag von CDU und FDP verdeutlichte aber auch, dass bei allen Ausbau- und Erweiterungsmaßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur auch berechtigte Interessen der betroffenen Anwohner hinsichtlich geringer Lärmemissionen zu berücksichtigen sind.
3.2
Continental
Am Mittwoch, den 25. März 2009 befasste sich der Landtag im Rahmen der Aktuellen Stunde mit der angekündigten Teilschließung des Continental-Standorts Hannover. Massive Nachfrageeinbrüche in der Erstausrüstung und erhebliche Marktschwächen im Ersatzgeschäft haben bei der Continental AG, Hannover, zu Überkapazitäten in der Produktion von Pkw- und Nutzfahrzeugreifen geführt. Der Produktionsplan für das Werk in Stöcken für 2009 mussten 1,28 Millionen Reifen auf 380.000 Reifen geändert werden. Die Continental AG geht davon aus, dass es selbst bei einer deutlichen zweistelligen Markterholung im Jahr 2010 nach Auslaufen der Kurzarbeitsfrist zu einer Unterauslastung von weit mehr als 50 Prozent und bis zu 70 Prozent in Stöcken kommen wird und plant daher an diesen Standort die Produktion zum 31.12.2009 einzustellen. Betroffen sind davon rund 780 Beschäftigte. Aufgrund dieser Pläne hat die Landesregierung Continental zur schnellen Vorlage eines Zukunftskonzepts für den Standort Hannover aufgerufen. Darüber hinaus forderte Wirtschaftsminister Philipp Rösler in seiner Rede am Mittwoch dazu auf, die Mittel der Kurzarbeit voll auszuschöpfen, anstatt Stellen zu streichen. Zudem versicherte er, dass die niedersächsische Landesregierung im Einzelfall bereit ist, Gespräche zwischen Betriebsrat und Unternehmensleitung zu vermitteln und dass er sich auch weiterhin aktiv dafür einsetzen werde, dass sich die Vertreter von Konzernspitze und Arbeitnehmern an einen Tisch setzen, um zu einem tragbaren Ergebnis für die Beschäftigten am Standort Stöcken zu kommen. Die FDP Fraktion im Niedersächsischen Landtag stellte sich hinter das Vorgehen der Landesregierung, den Standort Conti Hannover und die Mitarbeiter. Aus Sicht der FDP Fraktion müssen sowohl die Arbeitgeber- als auch die Arbeitnehmerseite gemeinsam versuchen,
die industrielle Produktion am Standort
Hannover möglich und auch
wettbewerbsfähig zu machen. Grundsatz der sozialen Marktwirtschaft ist schließlich, dass sowohl der Arbeitgeber als auch die Arbeitnehmer für ihr Unternehmen kämpfen und gemeinsam versuchen, die Arbeitsplätze zu erhalten und das Produkt wettbewerbsfähig zu
AKTUELLES AUS DEM LANDTAG
17
machen. Dies muss von der Politik, soweit wie möglich, befördert werden. Protektionismus ist nach Auffassung der FDP Fraktion im Niedersächsischen Landtag allerdings abzulehnen. Unter Protektionismus würden letztlich Deutschland und Niedersachsen leiden. Trotz dieser Erklärungen und breiter Proteste der Gewerkschaften wurde am Freitag, den 27. März 2009 bekannt, dass der Continental-Vorstand an der Schließung des Reifenwerkes am Stammsitz Hannover festhält. Vorstandschef Karl-Thomas Neumann erklärte nach einer Sondersitzung des Aufsichtsrats, dass es wirtschaftlich keine Alternative gebe. Der Aufsichtsrat wird sich in vier Wochen erneut mit dem Thema befassen.
AKTUELLES AUS DEM LANDTAG 4.
18
INNEN-, RECHTS- UND SPORTPOLITIK
Wissenschaftliche Fachreferentin: Nadine Seggebrock; Telefon 0511-3030 4314
4.1 In
Neues Niedersächsisches Beamtenrecht der
vergangenen
Plenarwoche
hat
der
Niedersächsische
Landtag
ein
neues
Niedersächsisches Beamtenrecht verabschiedet, welches zum 01.04.2009 in Kraft treten wird. Die Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern für den Bereich des Beamtenrechts sind im Zuge der Föderalismusreform grundlegend neu geregelt worden. So liegt
im
Bereich
des
öffentlichen
Dienstrechts
die
Befugnis
zur
Regelung
von
Statusangelegenheiten beim Bund. Der Bund hat mit dem Beamtenstatusgesetz, welches zum 01.04.2009 in Kraft treten wird, von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht. Für Besoldungs-, Versorgungs- und Laufbahnrecht haben die Länder die Kompetenz eigenständige Regelungen zu schaffen. Mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Modernisierung des Niedersächsischen Beamtenrechts hat Niedersachsen als erstes Bundesland von dieser Gesetzgebungskompetenz Gebrauch machen. So tritt das neue niedersächsische Beamtenrecht gleichzeitig mit dem Beamtenstatusgesetz des Bundes in Kraft, so dass wir hier eine umfassende Neuordnung haben. Hervorzuheben sind einige Regelungsschwerpunkte. So ist ein wesentlicher Punkt die Verschlankung und Flexibilisierung des Laufbahnrechts. Es wird künftig nur noch 10 Laufbahnen und 2 Laufbahngruppen geben. Durch diese Änderungen wird eine höhere Durchlässigkeit geschaffen, welches zur Folge hat, dass
der Personaleinsatz
künftig
wesentlich flexibler gestaltet werden kann. Neuordnungen wird es auch im Bereich der Probezeitregelung geben. Die Probezeit wird künftig einheitlich drei Jahre betragen. Gleichzeitig wird auch die Mindestaltersgrenze von 27 Jahren zur Berufung als Beamter auf Lebenszeit abgeschafft. Künftig kann die Verbeamtung auf Lebenszeit nach erfolgreichem Abschluss der Probezeit erfolgen. Durch einen Änderungsantrag der FDP/CDU wurde zudem die Möglichkeit der Beförderung innerhalb der Probezeit geschaffen. So wird es zukünftig möglich
sein
hervorragende
Leistungen
durch
eine
Beförderung
vor
Ablauf
der
Mindestprobezeit zu honorieren. Dieses ist ein Ausdruck des stärker verankerten Leistungsprinzips im neuen Niedersächsischen Beamtenrecht.
AKTUELLES AUS DEM LANDTAG
19
Durch die Neuordnung wurde ein zukunftsorientiertes, flexibles und modernes Beamtenrecht geschaffen, welches den Anforderungen des Berufsbeamtentums an die Zukunft gerecht wird.
4.2
Antrag gegen den geplanten Naziaufmarsch am 1. Mai in Hannover
FDP und CDU haben gemeinsam einen Antrag gegen den geplanten Naziaufmarsch am 1. Mai 2009 in Hannover eingebracht, der mit den Stimmen von FDP und CDU verabschiedet wurde. Der Antrag spricht sich gegen den geplanten Aufmarsch aus und ruft zu friedlichen Protesten und Aktivitäten gegen Rechtsextremismus auf. Alle Fraktionen des Niedersächsischen Landtages waren sich in der Plenumsdebatte einig,
dass Diskriminierungen und
Anfeindungen aufgrund von Herkunft, Nationalität, Kultur oder sozialer Stellung zutiefst verachtenswert sind und dass dem konsequent entgegengetreten werden muss. Besonders begrüßt wurde die durch die Polizeidirektion Hannover ausgesprochene Verbotsverfügung für den geplanten Aufmarsch von NPD und der freien Kameradschaft, allerdings muss weiterhin die Befürchtung bestehen, dass diese gerichtlich nicht standhält. Die FDP-Fraktion bedauert es, dass es bei diesem wichtigen Thema, dem Kampf gegen Rechtsextremismus, nicht zu einem gemeinsamen Antrag aller Fraktionen kommen konnte. Dieses scheiterte letztlich daran, dass sich FDP und CDU in ihrem Antrag nochmals ausdrücklich gegen jegliche Form von Extremismus, also auch gegen Linksextremismus und islamischen Extremismus, ausgesprochen haben.
AKTUELLES AUS DEM LANDTAG 5.
20
AGRAR UND UMWELT
Wissenschaftlicher Fachreferent: Axel Rehwinkel; Telefon 0511-3030 4312
5.1 Die
Novellierung des Waldgesetzes Novellierung
des
„Niedersächsischen
Gesetzes
über
den
Wald
und
die
Landschaftsordnung“ ist zusammen mit der CDU Fraktion erarbeitet und beschlossen worden. Als Kern der Gesetzesänderung sind die Flexibilisierung der Waldumwandlung und die
klaren
rechtlichen
Regelungen
zu
Kurzumtriebsplantagen,
Schmuckreisig-
und
Weihnachtsbaumkulturen zu betrachten. Die vorgenommenen Änderungen sind von zahlreichen Verbänden und Organisationen während der Ausschussberatungen positiv bewertet worden, so dass eine bürger- und anwenderfreundliche Neufassung des Waldgesetztes
entstanden
ist.
Weihnachtsbaum-,
Schmuckreisigkulturen
und
Kurzumtriebsplantagen sind aus der Definition des Waldbegriffes heraus genommen und der Rechtscharakter der aktuellen Nutzung dadurch gesichert worden. Andererseits kann ein bestehender Wald nicht ohne weiteres in eine andere Kulturform, z.B. wie die oben aufgeführten,
überführt
werden.
Die
Neustrukturierung
des
§
8
ermöglicht
es,
Vorhabenträgern und Waldbehörden, gerade im Sinne der Nachverdichtung im Innenbereich von Ortslagen, Planungen und Genehmigungen zu vereinfachen. Das Gesetz sorgt in der aktuellen Fassung für Klarheit, Rechtssicherheit und Anerkennung des Waldes als Erholungs, Wirtschafts- und Eigentumsfläche.
5.2
Große Anfrage zum Kernkraftwerk Unterweser (KKU)
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Ende Oktober 2008 eine Große Anfrage zur Sicherheit des Kernkraftwerks Unterweser (KKU) gestellt. Die Antwort der Landesregierung war im März-Plenum Gegenstand der Tagesordnung. Auf über 50 Seiten hat das Niedersächsische Ministerium für Umwelt und Klimaschutz sowohl die Betriebssicherheit, die Anlagensicherheit durch Gefährdungen externer Einflüsse als auch die umfangreiche Aufsichts-, Kontroll- und Innovationskultur im KKU beschrieben. Hochwasser- und Brandereignisse werden unter allen Umständen beherrscht. Ein Alterungsmanagement gehört seit Betriebsbeginn zum KKU und umfasst sämtliche Alterungsphänomene, die schädliche
Auswirkungen
auf
den
Betrieb
haben
könnten.
Empfehlungen
der
Reaktorsicherheitskommission (RSK) und neueste sicherheitsrelevante Erkenntnisse aus Wissenschaft und Technik wurden oder werden unverzüglich im KKU umgesetzt.
AKTUELLES AUS DEM LANDTAG
21
Abschließend ist festzustellen, dass sich das Sicherheitsniveau des KKU, im nationalen und internationalen
Vergleich,
auf
dem
höchsten
Niveau
bewegt
und
den
aktuellen
Anforderungen an ein neu zu genehmigendes Kernkraftwerk entsprechen. Insofern bestätigt die Große Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen die Einhaltung und Umsetzung der höchstmöglichen Sicherheitsanforderungen.
AKTUELLES AUS DEM LANDTAG 6.
22
EUROPA UND MEDIEN
Wissenschaftliche Fachreferenten: Patrick Schlupp; Telefon 0511-3030 4313
6.1
Die zukünftige soziale Dimension der Europäischen Union
Die Fraktionen von SPD und von DIE LINKE haben in der letzten Landtagssitzung vom 27. März 2009 jeweils eigene Anträge zur zukünftigen sozialen Ausgestaltung Europas eingebracht, die zum Ziel hatten, eine europäische Sozialunion zu schaffen sowie eine „soziale Fortschrittsklausel“ im EU-Primärrecht zu verankern. Da beide dieser Anträge verkennen, dass die Europäische Union bereits eine soziale Dimension hat, die mit Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon noch signifikant ausgebaut wird, konnten sie von CDU und FDP nicht mitgetragen werden und wurden im Plenum abgelehnt. Die beiden Regierungsfraktionen reichten stattdessen einen eigenen Antrag zu dieser Thematik ein, der vom Plenum angenommen wurde. Aus Sicht der FDP-Fraktion im Niedersächsischen Landtag war hierbei entscheidend, dass – ganz im Sinne der sozialen Marktwirtschaft – wirtschaftliche Grundfreiheiten einerseits und soziale Grundrechte andererseits gleichberechtigt nebeneinander im Europarecht verankert sein müssen. Gleichzeitig war es uns wichtig, ganz im Sinne des Subsidiaritätsprinzips, keine weitreichenden Kompetenzen im Bereich der Sozialpolitik auf die EU zu übertragen. Eine solche Übertragung könnte die Gefahr, erhöhten bürokratischen Aufwandes bergen und zudem die sozialen Standards in Deutschland und Niedersachsen in Frage stellen. Vielmehr sollte es nach Auffassung der FDP die Aufgabe aller demokratischen Parteien sein, auch mit Blick auf die Europawahl am 7. Juni 2009 für die Vorzüge des Vertrags von Lissabon zu werben. Hierzu zählt zunächst, dass das Europäische Parlament durch die Ausweitung des Mitentscheidungsverfahrens zum gleichberechtigten Gesetzgeber neben dem Ministerrat wird. Aber auch die soziale Dimension Europas wird durch das neue Vertragswerk gestärkt, denn die Charta der Grundrechte ist künftig gleichrangig mit den Gründungsverträgen.