Dicke Dinger

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Exzentrisch wie sein Brillendesign: Dieter Funk

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Dicke Dinger Das innovative Optik-Label „Funk“ hat den richtigen Durchblick. Seit 16 Jahren erfindet es sich immer wieder neu. Und trifft in Sachen Zeitgeist stets ins Schwarze. Eine Erfolgsgeschichte aus dem bayerischen Oberland.

Fotos: brigitte aiblinger; Text: Marietta Miehlich

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sau im oberbayerischen Pfafs ist egal, ob man den fenwinkel aufmachen. Neben Namen deutsch oder dem Kuhstall, aus dem ein englisch ausspricht. Fleckvieh muhend seinen Ob man damit den Inhaber Kopf reckt, parkt man das meint, die Musik oder den StyAuto. Um dann über einen le. „Funk“ passt auf alle drei. roten Teppich schreitend die Und will heißen: Ich bin Klinke der massiven Einschrill. Einen passenderen gangstüre eines fast 400-jähNamen hätte Dieter Funk für rigen Bauernhauses zu drüseine abgefahrene Brillenkolcken. Würde nicht das Schild lektion, damals Anfang der über dem Eingang auf „Funk 90er Jahre, wohl nicht finden Optik“ hinweisen, man können. Damals als er gerade könnte meinen, sich verfahaus dem „Freudenhaus“ kam, ren zu haben. Kirchengloeinem angesagten Münchner ckengeläut, Grillengezirpse, Optikladen, deren MitbegrünBlätterrauschen – der Punk, der er war, der ihm aber irmit dem man Funk verbindet, gendwann „Experimentiergeht woanders ab. freude und Underground“ „Ich hab’ soviel Großstadt vermissen ließ. Funk, gelernter und so viele Eindrücke von Optiker, wollte lieber eine „toverschiedenen Kulturen und tal abgedrehte Sache“ machen: Clubs. Da bin ich froh, wenn Brillen, die eigentlich gar Bei Alexandra Schuster laufen alle Marketingfäden zusammen ich von meinen Reisen hierher nicht mehr tragbar sind, wo es einfach nur ums Design und seinen Möglichkeiten gehen sollte. komme und einfach Ruhe habe. Das ist der Ausgleich, den ich brauche“, sagt Dieter Funk. Dort, im ländlich-pittoresken TauDie „Mask“ war so ein abgefahrenes Ding: wuchtiger, weisend Seelen-Dorf, hat er mittlerweile sein Zuhause und mit ßer Kunststoffrahmen mit schwarzen Gläsern, die stark an Puck, die Stubenfliege aus Biene Maya, erinnerte. Doch Popstar ihm auch Entwurf, Marketing, Logistik und Versand der Firma. Produziert wird in Asien – nicht aus Kostenersparnis, sondern Lenny Kravitz, dessen aufgekratzter Mix aus Rock, Soul, R’n’B und Psychedelic 1993 für Gänsehaut sorgte, schien sie durchge- weil es in Deutschland an qualifizierten Herstellerbetrieben fehle. Doch nach intensiver Suche ist Dieter Funk nun fündig knallt genug, um sich das Teil glatt auf die Nase zu setzen. Angeworden, und es ist sehr wahrscheinlich, dass er bald wieder dere schillernde Größen der Musikszene taten es ihm nach: hierzulande produzieren wird. Anastacia, Die Toten Hosen, Guano Apes, Killer Barbies, Xavier Messen, Auflegen in internationalen Clubs, VertriebspartNaidoo, Thomas D. von Fanta Vier, Tom Novy ... ner in Paris, Tokio, Seoul, Bangkok, New York, L.A., Vancouver „Die haben sich wie die Geier auf meine Brillen gestürzt, so dass die Marke innerhalb kürzester Zeit bekannt wurde“, er- ... In der Abgeschiedenheit kann der Designer „einen Gang runinnert sich Funk, der auch als DJ in Clubs rund um den Erdball ter schalten, die Eindrücke sacken lassen und sie verarbeiten“. Früher, vor sechs Jahren, als Funk noch in München-Schwapassioniert die Regler dreht: Funk, Soul, „derbe Dinger aus den bing saß, wären nach einer Reise schon wieder die Nachbarn 50ern, 60ern bis hinein in die 70er, die brutal in die Beine geauf der Matte gestanden und hätten gefragt, was heute noch hen, auch mal Electro-Funk oder „Mashups“, sprich eigene geht. „Mittlerweile macht das auch mein Körper gar nicht mehr Mixes“. Den richtigen Zeitpunkt habe er da scheinbar getroffen mit“, meint der 42-Jährige. mit seinen Brillen, als die Techno-Bewegung so richtig am Die Zeiten haben sich geändert. Ende der 90er Jahre ebbte hochkochen war. Man mit Kleidung und Musik provozieren, als die große Techno-Welle ab und damit auch der anfängliche Generation ein neues Statement habe setzen wollen. Und FunkFunk-Hype. Aber das innovative Independent-Label sei darauf Brillen waren das passende Accessoire dazu: eigenwillig, bunt, nicht unvorbereitet gewesen. „Wir haben uns dann von dieser auffallend – einfach schräg. technoiden Geschichte, wo wir eigentlich gar nicht hin wollten 16 Jahre liegen hier dazwischen. Wer heute in die Tiefen und die eher eine Eigendynamik entwickelt hatte, wegbewegt des Funk-Headquarters vordringen will, muss sich nach KinVR-Future 27


Braucht er auch nicht zwinund sind verstärkt in die gend. Die Produkte der interTrendsportszene eingestienational bekannten Undergen, in der wir uns auch ground-Marke, die schon Anfang der 90er-Jahre mittlerweile auch Klamotten bewegt hatten“, erklärt der und Accessoires designt, wanBrillen-Freak. Die nächste dern weltweit zu VerFunk-Häutung kam etwa 2002 triebspartnern in 25 Ländern. mit einer kleinen Optik-KolOptikerketten werden verlektion, die Funk zunächst deschmäht. Fielmann habe sich zent unter die Leute streute: deshalb schon einige Male „sehr massive, eckige, dunkle eine Abfuhr eingeholt. „Wir Kunststoffbrillen, die heute arbeiten auch im Optik-Behochaktuell sind, aber für dareich mit Idealisten.“ mals viel zu früh waren, absoDass sie dort ankommen, lute Nerd-Teile“. dafür sorgt Daniel Grimm. Doch bei den Trend-OptiDer 23-jährige Groß- und Aukern kamen sie an. Sie bestärßenhandelskaufmann wickelt kten Dieter Funk darin, Fasden kompletten Versand ab: sungen zu machen, die nicht nimmt Bestellungen an, gleich jeder verstand, und so schreibt Auftragsbestätigunbaute er die Marke „Funk Rogen und Rechnungen, meldet yal Optik“ langsam auf: Retrodie Ware beim Zoll an, stellt Klassik aus hochwertigen dafür die nötigen Papiere zuoptischen Brillen und Sonnensammen und verpackt das brillen, welche die 50er- und empfindliche Gut. Aber ei60er-Jahre aufgreifen, aber gentlich sei er der Mann für auf Heute definiert sind. Wie alles. „Wer etwas braucht oder in der Mode auch lasse sich etwas wissen will, für den bin Funk von Dingen inspirieren, ich der Ansprechpartner.“ In die schon existieren, und seinem Lager im Keller statransportiere sie ins Jetzt. Das peln sich etwa 300 Modelle in Motto: Nerd is back! „Junge bis zu sechs Farben in den Typen laufen in BundfaltenRegalen. Keine Brille kann hosen, Pullundern und schsich vor ihm verstecken. Damalen Lederkrawatten rum niel Grimm findet sie alle. und haben so ein dickes Teil Kurz vor der Mittleren Reiim Gesicht – das ist Nerd-Styfe machte er ein Praktikum le, der noch massiver in Mode bei Funk, bekam nach seinem kommen wird“, prophezeit der Abschluss eine Zusage für Trendaufspürer. In den 70ern eine zweijährige Ausbildung als Kassengestell belächelt, sei zum Groß- und Außenhandas jetzt Fashion. Augenoptiker Dominic Ferlings sorgt für den richtigen Sitz der Brillen delskaufmann und wurde „Real Funk for real peodanach gleich übernommen. Skateboarden hatte ihn damals in ple“ hat Dieter Funk seinen dicken Dingern als Slogan verdie Firma gebracht. In der Szene war das Brillenlabel bekannt, passt. Bei der aktuellen Werbekampagne posieren deshalb und es gab einen Kontakt dorthin. Inzwischen ist Daniel nicht glatt gebügelte Models, Grimm selbst von der Marke infiziert. „Man steigert sich da imsondern die Nachbarn aus dem Dorf – darunter der Bauer von nebenan, der Tante Emmaladen-Besitzer und sogar der Bürger- mer mehr rein, weil unser Chef großartige Ideen hat, und der Job immer interessanter für mich wird – was auch damit zu tun meister quer durch alle Altersschichten von 18 bis 80 Jahren. hat, dass ich immer unersetzbarer werde.“ Seitdem rennt halb Kinsau mit Funk-Brillen durch die Gegend. Einmal Funk, immer Funk. Wer zu dem bayerischen BrilFunks Erfolg sieht er in Individualität und Authentizität, die lenclan dazu stößt, kommt selten wieder weg. Alexandra Schuer auch selbst lebt. „Etwas Besonderes zu haben und nicht von ster gehört da fast schon zum Inventar. Seit 15 Jahren hat sie einem großen Konzern als Litfaßsäule für ihre Marke herhalalle Höhen und Tiefen der Firma mitgemacht. Eigentlich ten zu müssen – das ist vielleicht das Rezept, was aufgeht. gelernte Fremdsprachenkorrespondentin und Werbekauffrau Damit fahren wir sehr gut.“ Wie gut, darüber spricht er nicht. wurde sie von Dieter Funk bei einer Werbeagentur abgeworUmsatz- und Verkaufszahlen dringen nicht nach außen. Nur ben, hatte sich bei Funk immer mehr auf die Grafik konzensoviel: „Wir verkaufen genug Brillen, um alle, die bei Funk triert, sich Grafikprogramme selbst beigebracht, mit Druckearbeiten, zu ernähren.“ reien herumgeschlagen. „Ich wurde voll ins kalte Wasser Allzu viele Mäuler sind hier nicht zu stopfen. Die Funk-Fageworfen, aber da lernt man ja bekanntlich am besten“, erinmilie besteht aus 15 Mitarbeitern, die sich auf den Firmensitz nert sich die 37-Jährige. und drei eigene Läden in Berlin, München und Kinsau verteiNun arbeitet Alexandra Schuster Brillenentwürfe aus, entlen. „Viel größer möchte ich erst mal nicht werden“, sagt Funk. VR-Future 28


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da ich mich selbst auch ungern verbiege, hat mich diese Firma wirft Präsentationen für die Kollektionen, schaltet Anzeigenüberzeugt.“ Seit März arbeitet der 25-Jährige sowohl im Laden, kampagnen, arbeitet Sticker-Aktionen und Partykonzepte aus, als auch im Außendienst von Funk-Optik und ist überzeugt: kümmert sich ums Merchandising, kontaktiert Künstler, orga„Für mich haben sich hier vielfältigere Perspektiven aufgetan nisiert Vernissagen und Finissagen, betreut auch weltweit die als in einem herkömmlichen Optikergeschäft.“ Eine Woche ausländischen Vertriebspartner von Korea bis USA und ist übertourt Dominic Ferlings von Würzburg bis Flensburg, eine zeugt: „Hier kann ich mich voll entfalten“. Das einzige, was sie Woche bearbeitet er die Strecke nach, eine Woche steht er im vermisst, sei der Austausch mit anderen Frauen. Weil es die hier Laden. Seine Aufgaben reichen da weit über die eines Augenopaußer ihr und der Buchhalterin nicht gibt. Dafür übt sich die tikers hinaus: Kunden beraten, verkaufen, dekorieren, Events Funk-Familie im Schulterschluss. „Wir sind eine eingeschwound Give away-Aktionen andenken, Augengläser bestimmen, rene Gemeinschaft, die sehr freundschaftlich miteinander umsie zuschleifen, Bürokram ergeht.“ Oft säße man nach Feiledigen, die Kasse machen, erabend noch in der urigen „Mit unserer Kollektion bieten wir eine Alternative Küche zusammen und entkorzu all diesem gelabelten Einheitsbrei, der von groß- Waren auszeichnen, bis hin zum Saubermachen. Zusamke ein Bier. Und dass auch das en Konzernen auf den Markt geworfen wird“ men mit seinem Kollegen Feiern nicht zu kurz kommt, würde er eigentlich alles machen, was den Laden am Laufen beweist die Bar im Garten, die jedoch wegen schlechten Wethält. „Dadurch hat man auch auf jeden Bereich einen Einfluss.“ ters und Zeitmangel immer noch auf ihren Einsatz wartet. Dominic Ferlings Kunden seien Individualisten, Künstler, Dieter Funk ist in Eile. In zwei Stunden hebt der Flieger Eigenbrödler, Freaks und Kreative jeden Alters. „Hier kommen nach Berlin ab, wo ihn „sechs Tage Beballerung“ erwarten Leute rein, die nicht uniformiert wie die Lemminge rumlaufen werden: Besuch der Fashion Week und der Modemesse „Premiwollen.“ Was sie finden, sind neben Original Vintage-Brillen um“, Treffen mit Modedesignern verschiedener Undergrounddie aktuelle Royal Optik-Kollektion mit Namen aus Mythen und Labels, mit denen er darüber philosophieren möchte, wo die Legenden. Kriemhild, Brunhild, Alberich, Leonidas, Arhus, nächsten Jahre der Trend hingehen wird, und auch eine SomOdin, Hagen von Tronje – in Reih und Glied setzen sich die Hemerparty im Hof des Berliner Funk-Ladens steht an. Um noch roen vergangener Zeiten in Szene. So imposant die Namen, so mehr über seine Brillen zu erfahren, sollte man doch auch in selbstbewusst ihr Auftreten. seinem neuen Laden in München-Schwabing vorbei schauen. Dick aufzutragen ohne dabei gekünstelt zu wirken – Funk „Funk ist eines der noch wenigen unabhängigen Labels, die ist damit scheinbar nicht tot zu kriegen. Vielleicht wird irgendselber entscheiden, wie sie ihre Brillen machen. Mit unserer wann in ferner Zukunft noch mal ein Außerirdischer auf eine Kollektion bieten wir eine echte Alternative zu all diesem gelaFunk-Brille stoßen und sich denken: Eigenartig müssen sie dabeltem Einheitsbrei, der von großen Konzernen auf den Markt mit ausgesehen haben, die Menschen. geworfen wird“, erklärt Augenoptiker Dominic Ferlings. „Und Groß- und Außenhandelskaufmann Daniel Grimm hütet die Funk-Modelle und verschickt sie in alle Welt

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