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Über die Rolle der Slowakei in der EU, die slowakische Außenpolitik und die Krise in der Ukraine sprach die NPZ mit dem für EU-Fragen zuständigen AußenamtsStaatssekretär Peter Javorčík. Text: Martina Vlkovičová, Foto: Tomáš Kostka, MZVaEZ SR

„Die Slowakei ist ein wirklicher Bestandteil der europäischen Familie“ NPZ: Am Integrationsprozess der SR in die EU waren Sie aktiv beteiligt. Wie wurden wir in den neunziger Jahren von unseren Europäischen Partnern wahrgenommen? Javorčík: Ich würde die Vorbeitrittszeit in zwei Phasen einteilen. Die erste lief bis zum Jahr 1998, noch in der Zeit des „Mečiarismus“, als ich in der Ständigen Mission in Brüssel tätig war. Die Situation war nicht einfach, jedem slowakischen Diplomaten war klar, dass bezüglich der Integration in NATO und EU das Signal für die Slowakei auf Rot stand, angesichts der innenpolitischen Lage. Ein wesentlicher Durchbruch

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erfolgte nach den Wahlen im Jahr 1998, als sich im wahrsten Sinn des Wortes die Türen öffneten und die Slowakei rasch den Weg der Integration beschreiten konnte. Innerhalb eines Jahres erreichten wir die Einladung zu Beitrittsverhandlungen. Trotz einiger Skepsis von Seiten mancher Nachbarstaaten ist es uns gelungen, die Verhandlungen rechtzeitig abzuschließen und zugleich mit unseren Nachbarländern und anderen Staaten am 1. Mai 2004 der EU beizutreten. Wie sah Ihr beruflicher Werdegang aus? Wie sind Sie zur Außenpolitik und zu den europäischen Themen gekommen?

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Mein ursprünglicher beruflicher Ausgangspunkt hat mit meiner heutigen Tätigkeit nichts zu tun, denn ich habe Maschinenbau studiert, also etwas ganz anderes als Außenpolitik. Ab 1991 absolvierte ich ein postgraduales Studium am Institut für Internationale Beziehungen der Comenius-Universität. Das war die hektische Zeit der Wende. Im Jahr 1992, als der slowakische Auswärtige Dienst aufgebaut wurde, standen uns die Türen offen, und recht schnell wurde ich Mitarbeiter des Außenministeriums, das damals entstand. Die europäische Thematik fristete zu jener Zeit noch so eine Art Aschenputtel-Dasein. Als wir 1993 Verhandlungen über den Asso-


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ziationsvertrag aufnahmen, wirkte ich im Referat für Analysen und Planung. Schon damals beschäftigte ich mich mit europäischen Themen und wurde in die Ständige Mission der SR bei der EU berufen. Später war ich aktiv in die Beitrittsverhandlungen einbezogen, und wieder führten meine Wege nach Brüssel, wo ich 11 Jahre lang tätig war. Eine Zeit lang arbeitete ich auch in der Europäischen Kommission, wodurch ich die Verhandlungen aus zwei Blickwinkeln kennenlernte: aus Sicht des Mitgliedstaates und aus Sicht der Europäischen Institutionen. Wie bewerten Sie die zehnjährige Mitgliedschaft der SR in der EU? Was für Vorteile und was für Nachteile ergaben sich daraus für die SR? 10 Jahre – das ist das erste runde Jubiläum unserer Mitgliedschaft. Das ist der richtige Zeitpunkt für Einschätzungen, Reflexionen und für das Setzen von künftigen Prioritäten. Das Positive überwiegt gegenüber einigen negativen Aspekten, obwohl auch viele Chancen ungenutzt blieben.Wenn wir vergleichen, mit welchen Augen die Slowakei in Europa oder im mitteleuropäischen Raum im Jahr 2004 gesehen wurde und wie heute, so können wir einen wesentlichen Wandel erkennen. 2004 lag die Slowakei im BIP pro Kopf der

Bevölkerung auf dem Niveau von 57 % des EU-Durchschnitts, heute liegen wir bereits bei 75 %. Innerhalb einer Dekade ist es uns gelungen den Verlust aufzuholen, der durch 40 Jahre Existenz hinter dem Eisernen Vorhang verursacht war. Damit ging ein stabiles Investitionsklima einher. Die SR wurde zu einem Land, das von vielen Investitionen in der Automobilindustrie und der Elektrotechnik profitiert. Wir sind das Land, in dem die meisten Autos pro Kopf hergestellt werden. Etwa 136 Tausend Menschen arbeiten im Ausland, vor allem in den Mitgliedsstaaten der EU, das Erasmus-Programm wurde in zehn Jahren von 17 Tausend slowakischen Studierenden genutzt. Wesentlich war auch die Unterstützung seitens der Europäischen Fonds für Infrastrukturvorhaben oder im Bereich Umwelt. Was die Negativa betrifft, so könnte man z.B. anführen, dass die Slowakei einen Teil ihrer Souveränität nach Brüssel abgegeben hat. Ein gewisser Nachteil ist auch, dass die europäische Gesetzgebung den Unternehmern eine größere administrative Belastung abverlangt. Es gibt vielleicht mehr zu beachtende Regelungen, als wenn wir nicht Mitgliedsland der EU geworden wären. Aber ich denke, diese Aspekte sind gegenüber den Vorteilen aus der EU-Mitgliedschaft vernachlässigbar.

Was für Chancen sind ungenutzt geblieben? Wir müssen darüber nachdenken, wie wir die EU-Mittel effektiver ausschöpfen und uns besser an den EU-Programmen im Bereich Wissenschaft und Forschung beteiligen, denn dort ist unsere Teilhabe eine der geringsten innerhalb der EU. Auch beim Innovationspotenzial bleibt unser Land zurück. Jetzt beginnt der Wahlkampf für die Europawahlen. In der Slowakei war die Wahlbeteiligung bisher am niedrigsten. Worauf führen Sie das zurück? Was für ein Ergebnis schätzen Sie für die diesjährigen Wahlen zum Europaparlament? Ich hoffe, dass die Beteiligung höher sein wird als bei den letzten Wahlen zum Europaparlament. Eine Beteiligung von weniger als 20 % der Wahlberechtigten halte ich für einen Misserfolg. Wir nennen dies das „slowakische Paradox“, weil einerseits die Unterstützung der Öffentlichkeit für die europäische Integration hoch ist, andererseits die Wahlbeteiligung niedrig. Ich sehe da zwei Ursachen. Der Wahlzyklus ist in der Slowakei so eingestellt, dass den Europawahlen die Präsidentschaftswahlen vorausgehen. Man kann also eine gewisse Wahlmüdigkeit annehmen. Der

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Ing. Peter Javorčík wurde 1967 in Bratislava geboren. Er absolvierte die Fachrichtung Angewandte Mechanik an der Slowakischen Technischen Universität, später ein postgraduales Studium am Institut für Internationale Beziehungen und Rechtsangleichung an der Juridischen Fakultät der Comenius-Universität sowie Studienaufenthalte an der Stanford-Universität in den USA und an der Universität von Twente in den Niederlanden. Seit 1992 arbeitete er im Referat Analysen und Planung des Außenministeriums der SR, mehrmals war er in der Ständigen Vertretung der SR bei der EU in Brüssel tätig (ab 1995 als 1. Sekretär, ab 2001 als Stellvertretender Botschafter, ab 2007 als Botschafter – Stellvertreter des Ständigen Vertreters). Ab 1999 war er zwei Jahre lang Direktor im Referat des Hauptverhandlungsführers für den Beitritt der SR zur EU, ab 2004 Mitglied des Kabinetts von Kommissar Ján Figeľ in der Europäischen Union. Seit 2012 ist er Staatssekretär im Ministerium für Auswärtige und Europäische Angelegenheiten der SR.

zweite Grund ist, dass man dem Wähler nur schwer vermitteln kann, welche Vorteile sich für ihn daraus ergeben, ob er seine Stimme dem einen oder dem anderen Kandidaten schenkt. Welche Rolle wird die Slowakei in Zusammenhang mit der Ukraine spielen? Wird sie die gesamteuropäische Haltung einnehmen oder angesichts ihrer guten Beziehungen zu Russland und zur Union in der Rolle eines Vermittlers auftreten?

Unsere Ambition ist es, eine starke Position der EU zu schaffen. Es ist nicht einfach, die Haltungen von 28 Ländern unter einen Hut zubringen, aber es ist wichtig, wie wir unsere Beziehungen zu den Ländern der östlichen Partnerschaft gestalten. Beim Definieren dieser Strategie kann die Slowakei einen wesentlichen Beitrag leisten, denn wir haben mit der Ukraine eine gemeinsame Grenze und kennen besser das Territorium und die politische Lage. Ich denke jedoch nicht, dass wir in die Rolle eines Vermittlers schlüpfen sollten,

Die ungekürzte Langfassung dieses Interviews finden Sie auf unserer Homepage

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wir wollen nur bei der Ausarbeitung des einheitlichen Standpunkts der EU mit einer relativ starken Stimme sprechen. Die besondere Position der Slowakei beruht auch im geplanten ErdgasRückfluss durch die bestehenden Pipelines. Ist es für die Slowakei vorteilhaft, sich daran zu beteiligen? Die grundlegende Haltung der Slowakei in der Frage des Erdgas-Rückstroms ist, dieses Projekt zu ermöglichen. Wir hoffen, dass es uns bald gelingt, ein Memorandum zwischen den Firmen Eustream und Ukrtransgaz über den Bau einer Leitung zum Transport von ca. 8 Milliarden Kubikmeter Erdgas in die Ukraine und zurück zu unterzeichnen. Hier kommt es häufig zu einer falschen Interpretation: wir wollen nicht slowakisches Gas in die Ukraine verkaufen, sondern nur die Infrastruktur zum Transport desjenigen Gases zur Verfügung stellen, das aus anderen Mitgliedsstaaten in die Ukraine fließen soll. Wir müssen uns über die Bedingungen und die Transitgebühren einigen. Was machen Sie in Ihrer Freizeit? Mein Lieblingssport ist Tennis. In meiner Freizeit fahre ich im Winter Ski oder gehe sonst wandern. Soweit mir das meine Arbeitsverpflichtungen erlauben, versuche ich, keinen Wettkampf von Slovan oder der slowakischen Nationalmannschaft zu verpassen.

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