KULTUR
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Der Regisseur Peter Konwitschny
Die Oper La Bohème gehört zu den schon klassischen Werken der Bühnen auf der ganzen Welt. Auch wenn es scheinen mag, als transportiere sie ein gewisses Klischee, will Regisseur Peter Konwitschny mit seiner innovativen Inszenierung die Zuschauer vom Gegenteil überzeugen. Text: Barbora Hrvolová, Fotos: archiv P.K. (1), Jozef Barinka (3)
Regisseur Peter Konwitschny: Theater ist keine Ware Nun führen Sie bereits zum dritten Mal in Bratislava Regie bei einem bedeutenden Opernwerk, und das obwohl Sie Arbeitseinladungen zu Inszenierungen in die verschiedensten europäischen Metropolen haben. Warum freut sich gerade Bratislava Ihrer Gunst und weshalb fiel Ihre Wahl auf La Bohème? Es war gerade der Direktor des SND (Slowakisches Nationaltheater) Marián Chudovský, der mich ursprünglich hierher einlud, doch die Idee zu dieser Zusammenarbeit stammte vom Operndirektor des
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SND Friedrich Haider. Als Friedrich Haider Operndirektor des SND wurde und um meine Zusammenarbeit bat, wusste er, dass wir uns bemühen würden, das Theater etwas „umzuorganisieren“, damit die Arbeit auf der Bühne besser abläuft als bisher. Ich bestehe darauf, dass die Darsteller genau wissen, was sie in ihrer Rolle singen – solch simple Forderungen werden nicht immer eingehalten und es ist schlimm, wenn die Schauspieler nicht wissen, wovon sie da eigentlich singen. La Bohème ist meine dritte Oper am SND, ich habe bereits Eugen Onegin und Madam
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Butterfly inszeniert, aber da ich La Bohème schon auf einer anderen Bühne einstudiert habe, kenne ich das Werk sehr gut und kann es relativ rasch in die Tat umsetzen. La Bohème hat eine herrliche Handlung, eine sehr starke Geschichte, die mit der Zeit leider zum Klischee verkommen ist. Deshalb macht es mich sehr zornig, wenn ich sehe, wie ein derart außergewöhnlicher Komponist falsch ausgelegt wird. Ich will aufzeigen, wir herrlich diese Oper ist, wie tief, ich halte mich dabei an die Partitur und gemeinsam mit Friedrich Haider, der sie mit dem Orchester einstudiert, begreifen wir sie.
wurde 1945 in Frankfurt am Main geboren, sein Leben verbrachte er in der DDR. Seit 1980 inszeniert er auf deutschen und ausländischen Bühnen Opern und ist zu einem der gefragtesten, aber auch am heftigsten debattierten Opernregisseure der Welt geworden. Mit seinen Inszenierungen von Wagner-Opern in München, Dresden, Hamburg und Stuttgart schuf er eine neue Theaterepoche. Er ist Träger des Kunstpreises der DDR (1988), des Konrad-Wolf-Preises der Akademie der Künste zu Berlin (1993), des Bundesverdienstkreuzes (1997) und des Theaterpreises Berlin (2005). In den letzten Jahren inszenierte er mehrere Opern, aber auch Schauspiele, in verschiedenen Theatern in ganz Europa und Japan. Für das Frühjahr 2014 bereitet er Janáčeks Jenůfa für das Opernhaus Graz vor und für den Herbst 2015 wiederum Janáček, diesmal aber dessen weniger gespielte Oper Die Sache Makropulos, für das Slowakische Nationaltheater.
Eva Hornyáková (Mimi)
Als jemand, der in Frankfurt geboren wurde, den überwiegenden Teil seines Lebens aber im östlichen Teil Deutschlands verbracht hat, können Sie die Verschiedenartigkeit dieser Welten wahrnehmen – gibt es auch in der Welt der Musik einen Unterschied zwischen ihnen? In der DDR war das Niveau der Opernregie vor der Wende sehr hoch. Es gab hier eine bedeutende Felsensteinsche und Brechtsche Tradition, auch die Probenzeit für eine Oper war viel länger, als uns jetzt
zur Verfügung steht. Im Kapitalismus bemüht sich das Theater, in der kürzesten Zeit die verauslagten finanziellen Mittel wieder hereinzubringen – hier existiert nur, was Geld einbringt – aber die Kunst liegt nicht und kann nicht im Geld liegen, sie ist keine Ware. Aber auch hier gibt es Unterschiede – das slowakische Publikum nimmt auch untraditionelle und neuartige Herangehensweisen toll auf, in der Wiener Oper weichen die Zuschauer politischen Themen aus. Ich halte es jedoch für einen Fehler, nur das zu spielen, was die Leute
sehen wollen, Aufgabe des Theaters ist es, die Leute um neue Erlebnisse zu bereichern, neue Blickwinkel, ihnen kreative Anregungen zu geben, sie zu bilden, zum Nachdenken zu bewegen – darauf achte ich am meisten in meinem Schaffen. Wie verlaufen die Arbeiten an den geplanten Aufführungen und was bereiten Sie für das Opernpublikum als nächstes vor? Ich versuche, Dramaturgen und Bühnenbildner einzuladen, mit denen ich auf einer Wellenlänge liege. Nie versuche ich,
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Pavol Remenár (Marcello), Kyungho Kim (Rodolfo), Daniel Čapkovič (Schaunard), Jozef Benci (Colline)
jemanden von ihnen zu manipulieren, im Gegenteil, ich mag schöpferisches und eigenständiges Denken. Wir alle vertiefen uns beim Einstudieren ins Werk, in seine Substanz, und suchen, denken darüber nach, wie es auf der Bühne aussehen könnte. Wenn wir wieder auftauchen, hat jeder von uns viele Ideen, die wir untereinander besprechen, und hierbei verschwinden unsere Spezialisierungen sozusagen – jeder von uns hat teil am Gesamtergebnis der Inszenierung. Durch den Dramaturgen Vladimír Zvara sind wir ein wunderbares internationales Team. Ich persönlich mag Janáčeks Werk überaus, seine Musik ist unvergleichlich mit den Werken anderer Komponisten, die beim ersten Hören fast unverständliche Botschaft offenbart jählings ohne Spur eines falschen Traditionalismus und Stereotyps ihre reine, ja kristallklare Gestalt – seine Oper Die Sache Makropulos werden die Zuschauer in meiner Einstudierung in anderthalb Jahren im SND zu sehen bekommen.
will nicht in der Opernwelt eingeschlossen bleiben, die Welt jenseits der Bühne ist viel reicher. Inspiration suche ich in den einfachsten Dingen des alltäglichen Lebens, so kostbar und oft übergangen. Die Landschaft, der Weg, die Leute um mich
herum in der Straßenbahn, der Trubel im Einkaufszentrum, die Natur, Bäume, das Rauschen eines Flusses – die Inspiration ist überall, man muss nur genauer hinschauen und die Welt um sich herum wahrnehmen.
Was inspiriert Sie? Ich gehe nur sehr selten in die Vorstellungen meiner Regisseurkollegen. Ich Generalpartner
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Hauptpartner des Balletts des Slowakischen Nationaltheaters
Offizielles Mineralwasser für Slowakisches Nationaltheater
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