NTB FOLIO 55 2018-06 final

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NTB Interstaatliche Hochschule für Technik Buchs FHO Fachhochschule Ostschweiz

DAS MAGAZIN DER INTERSTAATLICHEN HOCHSCHULE FÜR TECHNIK BUCHS NR. 55 | JUNI 2018

Die interdisziplinäre Breite beflügelt die Innovationskraft Leadartikel

Mobilität der Zukunft mit Systemtechnik thyssenkrupp, Steering Eschen, im Interview

Smart Farming: Digitalisierung in der Landwirtschaft Verdunova AG & Hof Lindenmad im Interview


engineering. tomorrow. together.

Immer weiterdenken, Technik neu erfinden. Heute die LĂśsungen fĂźr morgen entwickeln. Gemeinsam mehr erreichen. Mit dir. Dein Einstieg bei der thyssenkrupp Presta AG: karriere.thyssenkrupp-presta.com


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NTB Inside

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«Die ­interdisziplinäre ­Breite befeuert die ­Innovationskraft»

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Angewandte Forschung und Entwicklung

Masterstudium

Bachelorstudium

Inhalt ⁄ 55.18

Kooperation der NTB mit der Hochschule Kempten

Smart Farming

Blitzlichter: Neues und Kurzmeldungen aus ­Forschung und Lehre

Photovoltaik ­Kühllastwagen

Grösster Elektrolaster der Welt

Mobilität der Zukunft

CAS Energie digital Neuer Zertifikatskurs

Mit ARDUINO die Zukunft gestalten

Editorial

Energiekonzept für eine Weltpremiere

Gastinterview: Jens Breu

Das digitale Haus @NTB

Agenda/Impressum

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Die Küche der Zukunft

Sauberkeit mit System

Längere Spiesse für die Photonik-Branche in der Schweiz


Als weltweit führendes Technologieunternehmen mit Schwerpunkten in der Blechbe­ arbeitung, Lasertechnik und Elektronik glauben wir daran, dass man Gutes immer noch besser machen kann. Nicht nur, wenn es um unsere Produkte geht, sondern auch im Hinblick auf Unternehmenskultur, Mitarbeiterförderung und gesellschaftliches Enga­ gement. Für ein Umfeld, in dem neben Innovationen vor allem eines wachsen kann: Begeisterung. www.trumpf.com/karriere


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EDITORIAL

Stillstand heisst Rückschritt

Selten ist dieser häufig zitierte Satz so passend wie im technischen Umfeld. Denn an Dynamik und Innovation ist dieser Fachbereich kaum zu übertreffen. Immer weiter, immer schneller und an immer komplexeren Themen arbeiten Ingenieure und gestalten unsere Zukunft. Es liegt auf der Hand, dass auch die Bildung dabei keineswegs stillstehen darf. Innovatives Denken kann man nicht einfach unterrichten und mittels Wikipedia und Auswendiglernen wiedergeben lassen. Man kann den Studierenden aber die optimalen Bedingungen bereitstellen und ihnen solides Grundlagen- und Methodenwissen vermitteln, damit sie aktiv die Zukunft gestalten können. Eine anfängliche Idee hat erst mit genügend Fleiss und kontinuierlichem Hinterfragen die Chance, im Markt zu einer Innovation zu werden. Ein Studium an der NTB bietet dazu alle Unterstützung und bestmögliche Rahmenbedingungen. Nicht zu vergessen gilt es aber, dass unsere Studierenden und Alumni selbst den Grundstein des Erfolges bilden – des Erfolges der Hochschule, des Erfolges des Schweizer Marktes und letztendlich auch des Erfolges der eigenen beruflichen und persönlichen Zukunft. Von der ständig wachsenden Bedeutung der Systemtechnik, also der Herangehensweise an den Entwurf komplexer Systeme mit einem ganzheitlichen Ansatz, profitieren im besonderen Mass die Studierenden. Universale und doch in der gewählten Studienrichtung vertiefte Kompetenzen erlauben eine noch bessere Positionierung auf dem Arbeitsmarkt. Die in dieser Ausgabe behandelte Elektromobilität, das Smart Farming und die immer präsentere Digitalisierung zeigen eindrücklich, wie dynamisch und praxisnah die NTB diese Themen im Unterricht heute schon integriert. Wir wünschen Ihnen ein informatives und unterhaltsames Eintauchen in unsere Systemtechnikwelt.

Lothar Ritter, Rektor


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« Die interdisziplinäre Breite befeuert die Innovationskraft» Autor: Stefan Lenherr

Der NTB-Rektor ist davon überzeugt, dass Systemtechnik-Ingenieurinnen und -Ingenieure nicht nur für die ersten Jahre im Job fit sind, sondern sich im Studium die Kompetenzen und die nötige Flexibilität erarbeitet haben, um neue Zukunftschancen auch später immer wieder nutzen zu können. «Wir bilden die Menschen auch für Ingenieuraufgaben und Verantwortungen aus, die es heute noch gar nicht gibt», sagt Lothar Ritter im Gespräch mit «NTB Folio».


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Experten in Maschinenbau, Informatik oder Elektronik ticken unterschiedlich, sie kommunizieren anders.» Herr Ritter, die NTB fokussiert sich im Bachelorangebot auf den Studiengang Systemtechnik. Wenn jemand beispielsweise Maschinenbau studieren will, weshalb soll er sich dann auch mit Ingenieurdisziplinen wie Informatik, Werkstofftechnik oder Elektronik auseinandersetzen? Lothar Ritter: Unsere Philosophie ist es, dass alle unsere Studierenden bei den fachlichen, methodischen und systemischen Grundlagen eine gemeinsame Basis haben sollen – das ist letztlich die Idee der Systemtechnik. Im Vertiefungsteil des Studiums kann man dann diejenige der sechs Studienrichtungen wählen, für die man sich ganz besonders interessiert. Zugegeben: Manche Absolventen erkennen erst im Nachhinein den Wert der Ingenieurgrundlagen und der Methoden des Systemdenkens, welche sie sich an der NTB erarbeitet haben. Wir sind aber überzeugt, dass sie dadurch im späteren Ingenieurleben einen grossen Vorteil haben gegenüber Absolventinnen und Absolventen anderer Hochschulen, die oft ein eher mono­ disziplinär ausgerichtetes Studium absolviert haben. Wo konkret sehen Sie für Systemtechnik-Ingenieure in der beruflichen Praxis einen Vorteil? In einem Industrieprojekt, einer Produktentwicklung oder bei Fragen aus der Produktion kommt es praktisch nie

vor, dass man nur ein Mechanik-, ein Elektronik- oder ein Informatik-Problem lösen muss. In den meisten Fällen löst man Probleme erst dann, wenn man ganzheitlich mehrere Disziplinen miteinbezieht und sie mithilfe der Methoden des Systems Engineering (SE) verbindet. In der Praxis sind daher Menschen gefragt, die zwar ihr jeweiliges Fachgebiet beherrschen, gleichzeitig aber auch mit Experten anderer Fachgebiete zusammenarbeiten können. Hierfür müssen sie sich erst einmal gegenseitig verstehen. Experten in Maschinenbau, Informatik oder Elektronik ticken unterschiedlich, sie kommunizieren anders. Unsere Studierenden erarbeiten sich dazu im Studium die gemeinsamen fachlichen Grundlagen, die persönlichen Kompetenzen und einen universellen Methodenkoffer, der sie unabhängig der gewählten Vertiefung zur Kommunikation und Kollaboration mit Experten anderer Fachgebiete, zum Lösen komplexer Probleme und zu kritischem Denken befähigt. Kurzum, wir geben ihnen neben dem technischen Fachwissen und den Fähigkeiten zum Transfer dieses Wissens in die berufliche Praxis auch die Grundphilosophie des Systemdenkens im Ingenieurwesen mit auf den Weg. Damit fördern wir schon heute den Erwerb einiger der aktuell häufig zitierten «21st-century skills»*. Unsere Absolventen haben auch von den fachlichen Vertiefungen, welche sie nicht gewählt

haben, ein geeignetes Grundwissen. Dadurch finden sie leichter die richtige Sprache, wenn sie sich mit Experten anderer Fachgebiete austauschen müssen oder sie mit ihnen zusammenarbeiten. Das erlaubt zum Beispiel, dass Systemtechnik-Ingenieurinnen und -Ingenieure schon in jungen Jahren in interdisziplinären Projektteams Leadfunktionen übernehmen können. Kann dieser ganzheitliche Ansatz auf potenzielle Studierende nicht auch abschreckend wirken? Wie bei jedem Fachhochschulstudium sollte man die Herausforderungen des Studienalltags und der späteren Ingenieurtätigkeit in einem Unternehmen mit einem gewissen Respekt angehen. Angst brauchen unsere Studierenden jedoch keine zu haben. Unsere Dozenten und wissenschaftlichen Mitarbeitenden, aber auch unsere Betreuerinnen und Betreuer in den StudentServices sind ja genau dafür da, sie zu unterstützen. Sie werden im Studium nicht allein gelassen. Die überschaubare Grösse der Hochschule NTB erlaubt es, dass Lernen recht individuell in kleineren Teams, begleitet und gecoacht von Hochschulangehörigen, stattfinden kann. Das Studium Systemtechnik ist zwar relativ anspruchsvoll, weil man sich die interdisziplinäre Breite * vgl. z.B. https://www.weforum.org/agenda/2016/03/ 21st-century-skills-future-jobs-students/

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der Grundlagen und die Methoden des SE erst einmal erarbeiten muss. Aber gerade dies ist auch das Differenzierungsmerkmal der NTB und der «Mehrnutzen» für ihre Absolventinnen und Absolventen. Wer an der NTB sein Ingenieurstudium absolviert, erarbeitet sich ein Qualifikationsprofil, das man unter Bildungsexperten gerne als T-förmig bezeichnet. «T-shaped-Students» sind zukünftige Fachkräfte, die bereit sind, in ihrer jeweiligen Studienrichtung in die erforderliche fachliche Tiefe zu gehen (vertikaler Balken des Ts), sich gleichzeitig aber auch in anderen Bereichen das für die interdisziplinäre Vernetzung nötige Wissen und die systemischen Kompetenzen in der Breite anzueignen (horizontaler Balken des Ts). Dies heisst aber ausdrücklich nicht, dass ein Systemtechnik-Ingenieur die NTB verlässt und in allen sechs Vertiefungsrichtungen ein Experte – also eine sprichwörtliche eierlegende Wollmilchsau – ist. Sind in der heutigen Arbeitswelt denn nicht vielmehr Fachspezialisten gefragt als Generalisten? Unser Nutzenversprechen lautet sowohl für die Absolventen als auch für die Unternehmen, dass ein Systemtechnik-Ingenieur «fit für den Job» in seiner jeweiligen Vertiefung ist. Dies gilt natürlich auch für die Ingenieurinnen. Das heisst, dass er oder sie nicht erst lange

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eingearbeitet werden muss, um die gestellten Aufgaben erledigen zu können, sondern in kürzerer Zeit einsatzfähig ist. Gleichzeitig bilden wir die Menschen auch für Ingenieuraufgaben und Verantwortungen aus, die es heute noch gar nicht gibt und die noch niemand richtig kennt. Können Sie das erklären? Wer vor 25 Jahren sein Studium abgeschlossen hat, konnte höchstens erahnen, welche neuen Möglichkeiten durch die sich schon damals leise abzeichnende Digitalisierung und die Vernetzung von Menschen, Geräten und Prozessen entstehen. Der technische Fortschritt – mehr und günstigere Rechenleistung, höhere Speicherkapazitäten – machte dies erst möglich. Und ich bin davon überzeugt, dass sich die Spirale der Entwicklung immer schneller drehen wird und wir, wie vor 25 Jahren, kaum erahnen können, was in Zukunft möglich sein wird. Deshalb raten wir unseren Studierenden immer: Wählen sie die Studienrichtung, für die sie sich heute am meisten interessieren und für die sie die grösste Motivation aufbringen können. Dann sind sie für den Start ins Ingenieurleben bestens gerüstet. Mit der interdisziplinären Ausbildung, den breiten Grundlagen und der methodischen Grundphilosophie wollen wir ihnen aber auch die nötige Flexibilität mitgeben,

damit sie sich auf neue technologische Entwicklungen wie auch auf die wechselnden Anforderungen ihres jeweiligen Arbeitgebers schnell einstellen können. Das heisst, Neues rasch dazulernen zu können, ohne sich erst mühsam die Grundlagen erarbeiten zu müssen. Und wir sind auch aus eigener Erfahrung in unseren Forschungs- und Entwicklungsinstituten davon überzeugt, dass eine gewisse Interdisziplinarität, kombiniert mit einer methodisch-konzeptionellen Breite, die Kreativität zur Innovation zwar nicht garantiert, aber doch besonders fördert. Inwiefern? Wer sich die interdisziplinäre Breite erarbeitet hat, ist eher fähig und bereit dazu, über den Tellerrand der eigenen Fachdisziplin hinauszublicken und sich zu fragen: Was könnte man anders, was könnte man besser machen, was hat man noch nicht durchdacht? Wenn sich solche Menschen an Tagungen austauschen, sich besuchen, Zeitungsartikel lesen oder schlicht im Internet surfen, kommen sie eher auf neue Ideen, die einem oft nur einfallen, wenn man sich in anderen Wissenschaftszweigen auch ein wenig auskennt. Diese Menschen haben einfach mehr Chancen für Assoziationen. Und das befeuert die Innovationskraft.


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Nicht zuletzt profitieren unsere Studierenden natürlich auch von der starken Vernetzung der NTB mit den Unternehmen im Vierländereck sowie von verschiedenen Möglichkeiten, sich auf Masterstufe zu vertiefen und sich weiterzubilden.»

Bachelorstudium Systemtechnik Abschluss –– Bachelor of Science FHO in Systemtechnik Zwei Studienmodelle –– Vollzeitstudium (Dauer drei Jahre) –– Berufsbegleitendes Studium (Dauer vier Jahre) Was spricht aus Ihrer Sicht noch dafür, ein Bachelor- oder Masterstudium an der NTB zu beginnen? Unsere Hochschule ist mit 110 bis 130 neuen Bachelor- und Masterstudierenden pro Jahr klein genug, damit man sich noch persönlich kennt. In einer grossen Schule muss vieles in Silos organisiert sein, in Studiengänge und Departemente aufgeteilt sein, was den Austausch schwieriger gestaltet. Wenn man bei uns mit einem Problem nicht weiter weiss, trifft man sich zu einem Kaffee und löst es gemeinsam. Das ist gelebte Interdisziplinarität durch Kollaboration, die bei unserer Grösse überhaupt erst möglich ist. Auch sehr förderlich sind die vielen angebotenen Module, die Hands-on-Praktika und die kleinen Lerngruppen, die ein hohes Mass an Betreuung erlauben. Nicht zuletzt profitieren unsere Studierenden natürlich auch von der starken Vernetzung der NTB mit den Unternehmen im Vierländereck sowie von verschiedenen Möglichkeiten, sich auf Masterstufe zu vertiefen und sich weiterzubilden. Immer wieder nutzen auch einige Absolventinnen und Absolventen die Chance, eine gewisse Zeit an der Hochschule zu bleiben und in den Instituten der NTB als wissenschaftliche Mitarbeitende zu marktüblichen Anstellungsbedingungen in extern finanzierten Forschungs- und Entwicklungsprojekten für die Unternehmungen zu wirken. Dies lässt sich in Teilzeit auch sehr gut mit einer Masterausbildung kombinieren.

Drei Standorte –– NTB Campus Buchs –– NTB Studienzentrum St. Gallen –– NTB Standort Chur (Partnerin HTW Chur) Sechs Studienrichtungen –– Maschinenbau –– Photonik –– Elektronik und Regelungstechnik –– Ingenieurinformatik –– Mikrotechnik –– Informations- und Kommunikationssysteme Studierende finden an der NTB eine Infrastruktur mit Reinräumen, Messtechnik-Anlagen, Optik-Labors usw., welche höchsten Qualitätsstandards genügen. Typisch für die NTB ist auch das Open-door-Prinzip und vergleichsweise kleine Klassen und Lerngruppen. Beste Voraussetzungen also für ein erfolgreiches Studium.

Masterstudiengänge Master of Science in Engineering FHO Vertiefungen: –– Energy and Environment –– Industrial Technologies –– Information and Communication Technologies –– Business Engineering and Production –– Data Sciences Master of Advanced Studies FHO, Master of Engineering –– Energiesysteme –– Mechatronik

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Konventionen brechen, statt weiter so. Das ist für mich Industrie 4.0.

Andreas Schumacher Softwareentwickler mit Weitsicht: Lokalisiert in der Produktion selbst kleinste Objekte mit einem innovativen Kennzeichnungssystem.

Wie mutig sind Sie? Visionäre Softwareentwickler (w/m) gesucht. Wir suchen Softwareentwickler (w/m) mit mutigen Ideen. Als Hochtechnologieunternehmen und Anbieter von Lösungen in den Bereichen Werkzeugmaschinen und Lasertechnik definieren wir die Grenzen des Machbaren immer wieder neu. www.trumpf.com/s/software-developers

Trusting in brave ideas.


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Die thyssenkrupp ist Technologie­führer im ­Bereich Lenksysteme und Massiv­ umformung. Die internatio­nale Automobilindustrie vertraut seit Jahren auf die Innovationskraft des Unternehmens. Auch mit der NTB verbindet thyssen­krupp eine ­intensive Zusammenarbeit, zum B ­ eispiel im Rahmen des ­Projekts ­Praktikumsjahr nach der M ­ atura ­sowie in vielfältigen K ­ ooperationen mit einzelnen Instituten. Im Interview mit «NTB F ­ olio» spricht ­Michael ­Drolshagen, CEO der L­ enkungssparte von ­thyssenkrupp, über die ­Mobilität der Zukunft und die Bedeutung der ­Systemtechnik.

Mobilität der Zukunft Systemtechnik (Systeme)

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Michael Drolshagen Michael Drolshagen ist seit 2018 CEO der ­Lenkungssparte im thyssenkrupp-Konzern. Zuvor verantwortete er beim Automobilhersteller ­Porsche den weltweiten Aftermarket-Bereich und war ­Geschäftsführer der Porsche Connect GmbH. D ­ avor war er Produktionsleiter der Porsche 918 SpyderManufaktur in Stuttgart. Vorausgegangen waren Managementpositionen in unterschiedlichen ­Entwicklungs- und Produktionsbereichen des ­Sportwagenherstellers. Seine berufliche Karriere begann Michael Drolshagen beim Automobil­ zulieferunternehmen Hella unter anderem als Projektleiter für Beleuchtungs- und Klimatechnologie.

Steer-by-wire-Testfahrzeug von thyssenkrupp


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Herr Drolshagen, können Sie uns sagen, wie die Mobilität der Zukunft aussehen wird? Wie lange werden wir noch in Autos unterwegs sein? Zukunftsvorhersagen sind so eine Sache. Ich finde es aufschlussreicher, zu beobachten, wie sich die Kundenbedürfnisse in Bezug auf Mobilität und das Auto verändert haben. Was wir sehen, ist, dass sich das Auto in den letzten zehn Jahren mehr und mehr zu einer digitalen Plattform verwandelt hat. Es ist damit ein Baustein innerhalb eines immer stärker vernetzten und digitalisierten Ökosystems. Unsere Autos kommunizieren heute schon mit anderen digitalen Plattformen – mit unseren Smartphones, mit Gebäuden, mit Satelliten. Der Stellenwert des digitalen Interieurs hat im Vergleich zu den klassischen Leistungsmerkmalen eines Autos, wie Motorleistung oder Design, drastisch an Bedeutung gewonnen.

Stossdämpferproduktion bei thyssenkrupp

Welche Rückschlüsse auf das zukünftige Nutzungsverhalten lässt das zu? Die entscheidende Frage im Hinblick auf das Nutzungsverhalten ist, ob sich Mobilität zukünftig deutlich stärker zu einem reinen Konsumgut verwandeln wird im Sinne von: Wie komme ich am schnellsten und effizientesten von A nach B und welcher Tätigkeit kann ich in dieser Zeit nachgehen? Vieles spricht dafür, dass sich durch die zunehmende Digitalisierung und stärker autonome Verkehrsströme das Nutzungsverhalten der Konsumenten verändern wird. Das Auto wird zu einem Multifunktionsort, in dem gearbeitet wird oder überwiegend Kommunikation und Infotainment stattfindet. Das ist auch der Grund, warum neue digitale Spieler das Auto als Geschäftsmodell für sich entdeckt haben.

Elektrisch unterstützte ­Lenksysteme sind Voraussetzung für v­ iele Fahrerassistenzsysteme

Der Traum vom autonomen Fahren – ist er wirklich realistisch und wie schnell könnte er Wirklichkeit werden? In Teilen ist er bereits heute schon Wirklichkeit. Fahrerassistenzsysteme wie Einparkhilfe, Spurwechselassistent oder Abstandswarner benutzen wir heute ganz selbstverständlich. In

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Agile Entwicklungsmethoden mit der modularen Forschungsplattform

wenigen Jahren werden wir in bestimmten Fahrsituationen, wie zum Beispiel auf Teilstrecken von Autobahnen oder beim Einparken, auf autonome Systeme zurückgreifen können. Der Mensch als Fahrer und damit als Rückfallebene bleibt allerdings noch gefordert. In den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren werden wir erleben, dass der Fahrer mehr und mehr Kontrolle über das Fahrzeug abgeben kann. Er wird in gewissen Situationen noch ins Fahrgeschehen eingreifen können, aber im Grossen und Ganzen wird er seine Zeit mit anderen Tätigkeiten als dem aktiven Fahren verbringen. Damit wird die Schwelle vom assistierten zum autonomen Fahren überschritten. Der nächste Entwicklungsschritt werden vollständig autonom fahrende Fahrzeuge sein, die sich mit oder ohne Fahrer ihren Weg durch die Verkehrsströme bahnen werden. Welche Rolle kann thyssenkrupp in diesen Szenarien spielen? thyssenkrupp ist zum einen als globaler Automobilzulieferer ganz unmittelbar von diesem Trend betroffen. Wir stehen im engen Austausch mit den Automobilherstellern und wissen, vor welchen technologischen Herausforderungen sie stehen. thyssenkrupp fokussiert dabei auf elektrische bzw. mechatronische Komponenten, wie Lenk- und Dämpfersysteme, die funktionsrelevant und tief im Gesamtsystem des Fahrzeugs integriert sind. Mit der Weiterentwicklung dieser Systeme tragen wir dazu bei, automatisiertes Fahren sicher auf die Strasse zu bringen.

Darüber ist thyssenkrupp mit seiner Aufzugsparte heute schon Anbieter von autonom fahrenden Mobilitätslösungen in urbanen Räumen – sowohl innerhalb von Gebäuden als auch in öffentlicher Infrastruktur. Solche Systeme werden zukünftig ein wichtiges Bindeglied zwischen dem autonomen Individualverkehr und dem Personentransport innerhalb von Grossstädten oder wichtigen Verkehrsknotenpunkten wie Flughäfen darstellen.

Entwicklerteam der fahrenden modularen Forschungsplattform


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Mensch-Roboter-Kollaboration in der ­Lenkungsproduktion

An welchen neuen Technologien arbeiten Sie in Ihrem Bereich, dem Lenkungsgeschäft von thyssenkrupp? Ausgehend von unseren elektronisch unterstützten Lenkungen arbeiten wir derzeit an sogenannten Steer-by-wire Systemen. Das sind Lenkungen, die ohne durchgehende mechanische Verbindung zwischen Lenkrad und Rädern auskommen. Der Lenkbefehl wird wie in Flugzeugen rein elektrisch übertragen. Das Lenken per Datenkabel erlaubt ganz neue Fahrzeugarchitekturen. Zudem eröffnet es auch neue Freiheitsgrade in Sachen Lenkgefühl und Fahrzeugreaktion. Auch für stärker autonom fahrende Fahrzeuge könnte Steer-by-wire interessant werden. Wenn zukünftig auf längeren Strecken der Autopilot das Steuern übernimmt, ermöglicht Steer-bywire aufgrund der fehlenden mechanischen Zwischenebene ein Versenken bzw. Herausfahren des Lenkrades ins Cockpit. So kann der Fahrer den Raum vor sich für andere Dinge nutzen. Unsere Entwickler haben für dieses Szenario eine versenkbare Lenksäule entwickelt, die eine alternative Nutzung des Fahrzeuginnenraums ermöglicht.

Welche Bedeutung spielt die Systemtechnik im Zuliefergeschäft angesichts neuer Trends wie dem autonomen Fahren und der Elektromobilität? Systemkompetenz spielt im Zuliefergeschäft eine immer grössere Rolle. Je vernetzter die Komponenten und Bauteile sind, desto relevanter werden sie für das Gesamtsystem Auto. Deshalb beschäftigen wir uns intensiv mit den Daten, die über Kameras und Sensoren erfasst und verarbeitet werden. Uns interessiert dabei in erster Linie die Schnittstelle, an der aus dem zentralen Steuerungsgerät die Informationen aus der Umfelderkennung an das Fahrwerk – also an Lenkung, Bremsen und Dämpfer – übermittelt werden. An dieser Schnittstelle setzen wir an und entwickeln integrierte Kontroll- und Steuerungssysteme, die autonome Fahrmanöver verbessern. Die zunehmende Elektrifizierung des Autos wird ebenfalls Auswirkungen auf das Zusammenspiel von Antriebs- und Fahrwerksystemen haben. Durch eine intelligente Integration und Regelung dieser Systeme können wesentliche Funktionen des Autos ganz neu gedacht werden. Um diese Zusammenhänge besser zu verstehen, haben wir in den vergangenen Monaten eine fahrende modulare Forschungsplattform aufgebaut. Das ermöglicht es uns, integrierte Funktionen schneller und kostengünstiger testen zu können.

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MIT ARDUINO DIE ZUKUNFT GESTALTEN Autor: Roland Seeger

ARDUINO ist eine aus Soft- und Hardware bestehende Plattform, um eigene technische Ideen in die Tat umzusetzen. Umfangreiche Informatik-Kenntnisse sind dazu noch nicht notwendig. Die ARDUINO-Plattform erleichtert auch unerfahrenen Nutzern den Zugang zum Programmieren. Ein ARDUINO besteht aus einer Platine mit einem Mikrocontroller – also einer Art Mini-PC – und aus einer Software, mit der man Programme für den Mini-PC schreiben kann. Mikrocontroller sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Wir finden sie eingebettet in sehr unterschiedlichen technischen Gebrauchsartikeln wie z. B. Kaffee- und Waschmaschinen, Fernsehern und DVD-Spielern, Kraftfahrzeugen (um Motor, Bremsen, Airbags usw. zu steuern) und natürlich auch Smartphones. Man spricht deshalb auch von «Embedded Systems». Der ARDUINO bietet zahlreiche Möglichkeiten durch spezielle Sensoren, um beispielsweise die Temperatur der Umwelt zu erfassen. Mit ihm können aber auch Aktoren gesteuert werden, zum Beispiel LEDs, um eine programmierbare RGBLampe zu bauen. Es gibt zahlreiches Zubehör für die Boards.

Verbunden werden die Bauteile über eine Vielzahl von Schnittstellen. Die konkreten Einsatzmöglichkeiten reichen von Fernsteuerungen von Drohnen über Temperatursteuerung von Aquarien bis hin zur Heim-Automation. Obwohl ein ARDUINO-Board nur ca. 30 Franken kostet, ist es also weit mehr als nur ein Spielzeug. Es macht Spass, mit solchen Komponenten, etwas Know-how und viel Fantasie technisch beeindruckende Projekte zu realisieren. Für viele Jugendliche ist dies auch ein erster Einstieg in die Welt der Technik. Oder die konsequente Fortsetzung nach der Beschäftigung mit dem Computergame oder dem ferngesteuerten Auto.


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Mit kleinen Einplatinen-Computern gross rauskommen. Die NTB Interstaatliche Hochschule für Technik Buchs lanciert einen ARDUINO-Wettbewerb für junge Menschen im Alter zwischen 14 und 25 Jahren. Eine Chance für junge Erfinder.

And the winner is … Der NTB liegt Nachwuchsförderung am Herzen. Jährlich führt sie die «Girls’ Days», den Ausbildungspass oder das Jugendtechnikum durch. Dieses Jahr lanciert sie einen ARDUINOWettbewerb: Teilnehmen ist einfach: Jede/r Daniel (oder Daniela) Düsentrieb zwischen 14 und 25 Jahren entwickelt ein Projekt, in welchem ein ARDUINO eingesetzt wird. Die Teilnehmenden drehen einen kurzen Videoclip, in welchem sie die Funktion des Boards kurz erklären. Den Clip senden sie an die NTB. Es stehen die folgenden zwei Filmkategorien, mit jeweils unterschiedlichem Fokus (Projekt oder Clip) zur Auswahl:

JETZTACHEN MITM w

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ARDUINO-Clip Mein ARDUINO Projekt: Hier sucht die NTB Vorschläge für spannende und zukunftsweisende Projekte, in welchen ein ARDUINO-Board eingesetzt wird. Im Video erklärt der Teilnehmer, worum es geht. Hier steht also die technische Lösung im Vordergund, nicht das Können als Filmproduzent. Mögliche Anwendungen: Heim-Automation, Freizeit & Spass, Industrie-Anwendungen usw.

ARDUINO-Clip Mit ARDUINO die Zukunft gestalten: Technik macht Spass. Technik hat Zukunft! Die Teilnehmenden dieser Kategorie zeigen, wie SIE Technik einsetzen. In Form eines originellen, kurzen Videoclips. Es gibt zwar keinen Oscar für den besten Film des Jahres zu gewinnen – aber den Publikumspreis. Wie? Indem der Teilnehmer oder die Teilnehmerin als Regisseur / in einen unterhaltsamen Videoclip realisiert, in welchem ein ARDUINO-Board die Hauptrolle spielt. Zu gewinnen gibt es in beiden Kategorien attraktive Geldund Sachpreise.

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Die NTB Interstaatliche Hochschule für Technik Buchs und die Hochschule für angewandte Wissenschaften Kempten streben eine Vertiefung ihrer akademischen Beziehungen an und haben eine Vereinbarung zur Kooperation beim berufsbegleitenden, 90 ECTS umfassenden Masterstudiengang «Energiesysteme und Energiewirtschaft» abgeschlossen. Durch die Kooperation wird die gegenseitige Anrechnung von Studienleistungen geregelt.

Kooperation der NTB mit der Hochschule Kempten in der berufsbegleitenden Energiemasterausbildung Autor: Daniel Gstöhl

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Die NTB bietet bereits seit 2007 einen einzigartigen berufsbegleitenden Studiengang «Master of Advanced Studies (MAS) FHO in Energiesysteme» an. Dieser behandelt vertieft technische Energiesysteme mit Fokus auf erneuerbare Energien und Energieeffizienz. Der Studiengang der NTB umfasst 60 ECTS und setzt sich aus einzelnen Zertifikatskursen (CAS) zusammen. Die Hochschule Kempten bietet sehr erfolgreich den Bachelor-Studiengang «Energie- und Umwelttechnik» und einen konsekutiven Master-Studiengang «Energietechnik» an. Der Bachelorstudiengang umfasst 210 ECTS und wird nach sieben Semestern mit dem akademischen Grad «Bachelor of Engineering (B. Eng.)» abgeschlossen. Der Masterstudiengang umfasst 90 ECTS und wird nach drei Semestern mit dem akademischen Grad «Master of Engineering (M. Eng.)» abgeschlossen. Aufbau des Studiums

Der Rektor/Präsident der Hochschule Kempten, Prof. Dr. rer. pol. Robert F. Schmid, und NTB-­ Rektor Lothar Ritter haben den Vertrag ­unterzeichnet.

Der neu eingeführte berufsbegleitende Masterstudiengang «Energiesysteme und Energiewirtschaft» der Hochschule Kempten unterscheidet sich vom bestehenden grundständigen Masterstudiengang «Energietechnik» durch seine erhebliche Fokussierung auf dezentrale und erneuerbare Energiesysteme sowie die energiewirtschaftliche Komponente. Zudem richtet er sich durch seine arbeitnehmerfreundliche Gestaltung gezielt an berufstätige Interessenten. Die Inhalte sind auf Teilnehmer mit langjähriger Berufserfahrung abgestimmt. Der Studiengang ist in enger Kooperation mit der NTB entstanden. Er umfasst 90

ECTS und wird mit dem international anerkannten Titel «Master of Engineering (M. Eng.)» abgeschlossen. Studierenden des Masterstudiengangs Energiesysteme der NTB wird durch die Kooperation neu die Möglichkeit eröffnet, ihre Ausbildung weiter zu vertiefen und unter Anrechnung der an der NTB erworbenen Studienleistungen den international anerkannten Abschluss «M. Eng.» der Hochschule Kempten zu erlangen.

⊲⊲ www.ntb.ch/energiemaster

MAS Master of Advanced Studies FHO in Energiesysteme

60 ECTS

M.Eng. 90 ECTS Master of Engineering Energiesysteme und Energiewirtschaft Hochschule Kempten

Master Thesis

12 ECTS

Master Thesis

20 ECTS

Energiewirtschaft

10 ECTS

Forschungsprojektarbeit

10 ECTS

Vertiefung Energietechnik

5 ECTS

CAS Energie und Wirtschaft

12 ECTS

CAS Energie digital

12 ECTS

CAS Elektrische Energiesysteme

12 ECTS

CAS Wärmepumpen / Kältetechnik

12 ECTS

CAS Erneuerbare Energien

12 ECTS


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PHOTOVOLTAIK KÜHLL AST WAGEN

Eine coole Lösung

Solarbetriebene Kühleinheiten für Transportfahrzeuge leicht verderblicher Güter

Autoren: Josef Vogt und Daniel Gstöhl (NTB)

Im Rahmen einer Masterarbeit im Studiengang Energiesysteme der NTB hat Josef Vogt in Kooperation mit der Firma Panitek AG aus Vaduz und Unterstützung des Amts für Volkswirtschaft Fürstentum Liechtenstein eine Machbarkeitsstudie durchgeführt. Das Ziel war es, zu klären, ob sich die Kühleinheiten von Kühllastwagen mit sauberem Solarstrom statt mit Diesel betreiben lassen. Für den geplanten Einsatzort in Hyderabad in Indien wurde eine Jahressimulation des Systems, bestehend aus Photovoltaik-Modulen auf dem Dach des Lasters, einer Batterie und einer Kompressionskältemaschine betrachtet. Es wurden unterschiedliche Aufbauten des Kühlwagens, Abmessung, Isolation, Dichtheit, Fahrzyklen, Ladetemperaturen und Ladegüter untersucht. Die Kälteverluste eines Kühllastwagens setzen sich hauptsächlich aus Transmissions- und Infiltrationsverlusten zusammen. Weitere Verluste, wie zum Beispiel durch die Beleuchtung oder Respiration von Früchten oder Gemüse, sind verschwindend klein. Eine wichtige Rolle spielen aber die Ladetemperatur der Güter sowie die Anzahl der Türöffnungen während den Ladungs- und Entladungsvorgängen. Die Durchschnittstemperatur in Hyderabad ist wesentlich höher als hier, jedoch profitiert der Ansatz sehr von der gleichmässigeren und höheren solaren Einstrahlung in Indien. Durch die Simulation konnten in einem ersten Schritt zunächst technisch und ökonomisch sinnvolle Konfigurationen ermittelt werden. Als Konfiguration mit der kürzesten AmortiWärme durch Beleuchtung

Transmission (Wärmeübertragung)

sationszeit stellte sich ein Sattelanhänger mit einer Ladetemperatur oberhalb des Gefrierpunkts heraus, wie sie typischerweise für den Transport von Früchten oder pharmazeutischen Artikeln eingesetzt werden. In einem zweiten Schritt wurde die technische Umsetzung eingehender betrachtet. Durch Installation von PhotovoltaikModulen, einem Batteriemanagementsystem und einer Batterie lässt sich der erzeugte und gespeicherte Solarstrom in der einfachsten und vielversprechendsten Konfiguration, der Low-cost-Variante, direkt in den Stand-by-Versorgungsanschluss einer herkömmlichen Kühleinheit einspeisen. Bei dieser Konfiguration lassen sich pro Jahr etwa 3000 Liter Diesel einsparen, Schadstoff- und Lärmemission reduzieren und es wird eine Amortisationszeit von sechs Jahren erzielt. Ziel des Industriepartners ist es im nächsten Schritt, die vielversprechendste Variante umzusetzen und in einem Feldversuch in Indien zu testen. Respiration (Wärmeabgabe der Früchte)

Infiltration (Hereinströmende Luft)

Thermische Verluste Über 90% des Kälteverlusts erfolgt durch die Hülle des Kühllastwagens, davon wiederum zum grössten Teil über die Wände.

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CAS Energie digital Autoren: Markus Markstaler und Daniel Gstöhl

Die Energieversorgung wird durch den vermehrten Einsatz von erneuerbaren Energien zunehmend dezentralisiert und komplex. Gleichzeitig sind Gesellschaft und Wirtschaft gerade durch die fortschreitende Digitalisierung in allen Bereichen auf eine zuverlässige und sichere Energieversorgung angewiesen: Die Digitalisierung im Energiebereich führt zu einer Vernetzung von Anlagen, Geräten und Komponenten, die es erlaubt, diese intelligent und automatisiert zu steuern. Je mehr Energie die wetterabhängigen Solar- und Windkraftanlagen liefern, umso wichtiger wird es, Energieangebot und -nachfrage aufeinander abzustimmen, um industrielle Anlagen und Geräte effizienter zu bewirtschaften. Die breite sensorische Erfassung von Daten ermöglicht es, Prozesse zu überwachen und die unterschiedlichen Erzeuger, Speicher und Verbraucher eng miteinander zu verbinden, gemeinsam zu optimieren und die Gesamteffizienz zu steigern. Aber auch in Haushalten hält digitale Technik Einzug, vor allem wenn es um die Energieeffizienz geht. Mit der Veränderung der Ener-

gieversorgung verändern sich auch die Aufgaben und klassischen Berufsbilder. Dies eröffnet auch die Möglichkeit von ganz neuen Geschäftsfeldern. Der Zertifikatskurs «CAS Energie digital» bereitet für diese neuen Aufgaben im Energiebereich vor. Mit der Etablierung von Open-Source-Software (z.B. Python) und dem Aufkommen von Open-Source-Hardware, wie Einplatinen-PCs (z. B. Raspberry Pi), können Fachkräfte auch ohne grossen finanziellen Aufwand und ohne umfassende ITKenntnisse effiziente Lösungen erarbeiten. Zentral ist die Erkenntnis, dass das Domain-Wissen (Energiefachwissen) entscheidender ist als das Tool-Wissen (Programmierkenntnisse, welche durch die Digitalisierung zunehmend vereinfacht wurden). Der neue Kurs CAS Energie Digital im Rahmen des MAS Energiesysteme der NTB ist an den Ingenieur im Energieumfeld adressiert. Ziel des Kurses ist die Kompetenzvermittlung zu IT-gestützter Analyse und Optimierung von Energiesystemen. Mit einer einfachen Prototypen-Erstellung sollen Berührungsängste des Energieingenieurs gegenüber der IT durch Aufbau und Programmierung eines einfachen Systems abgebaut werden. Für eine Präzisierung der Anforderungen wird die «Sprache» der Informatik erlernt. Diese Kompetenz kann in einer folgenden Produkteentwicklung in einem multidisziplinären Team ein entscheidender Vorteil sein. Es werden beispielhaft einfache Energieapplikationen umgesetzt, wie Monitoringsysteme, Eigenverbrauchsoptimierung, Prognoseerstellung für die Produktion erneuerbarer Energien, Steuerungen zum optimalen Einsatz der erneuerbaren Energien und zur Effizienzsteigerung. Anhand von einfachen, überschaubaren Beispielen eignen sich die Kursteilnehmer die Kompetenz an, selbstständig einfache IT-Lösungen im Energiebereich zu konzipieren, umzusetzen und anzuwenden.

Bild: NASA, «Gulf of Mexico, United States» / Unsplash

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M A S TE R S TU D I U M

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Energiedaten Der Kurs gliedert sich in die folgenden Themenfelder: Energiedatenerhebung Jede Aktion im Betrieb der Energieversorgung basiert auf Daten. Dies widerspiegelt sich auch im Kursinhalt, welcher sich in vier Bereiche gliedert. Die einzelnen Energiekomponenten wie Gebäude, PV-Anlage, Wärmepumpe usw. werden als dynamisches Energiekonzept modelliert. Daraus lassen sich die Anforderungen an die Messtechnik ableiten. Energiedatenübertragung Die dezentral gemessenen Daten werden übertragen, wofür unterschiedliche Technologien zur Verfügung stehen (Internet of Things). Mit der Mobilisierung der Daten erlangt die Datensicherheit eine hohe Bedeutung. Energiedatenanalyse Die Daten werden plausibilisiert und aufbereitet, sodass Zeitreihenanalysen durchgeführt werden können (Data Analytics). Energiedatennutzung/-applikation Basierend auf den Erkenntnissen aus den Energiedaten lassen sich unterschiedliche Applikationen generieren wie z. B. Monitoringsysteme, Prognosesysteme, Eigenverbrauchssteue­­rungen usw.

Beispiel kostengünstiger (CHF 600) und hochgenauer Hardware zur Datenerfassung (Einstrahlung, elektrische Daten) für PV-Überwachung und Eigenverbrauchssteuerung und Visualisierung

In einem einfach kontrollierbaren, überschaubaren Umfeld wird den Studierenden die Möglichkeit geboten, in einer Übung konkret die ganze Kette von Datenerfassung, Übertragung, Analyse und Anwendung durchzugehen und zu testen. Der Kurs startet im September 2018. ⊲ www.ntb.ch/energiemaster

Eine von vielen Darstellungsformen der ­Energiedatenanalyse mit Python

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Smart Farming DIGITALISIERUNG IN DER LANDWIRTSCHAFT NTB FOLIO im Gespräch mit Beni Dürr, Verdunova AG, und Mario Baumgartner, Hof-Lindemad Bilder: Philipp Knöpfel

Die Landwirtschaft hat eine führende Rolle bei der Entwicklung von smarten Lösungen eingenommen. Der Begriff Smart Farming umfasst dabei alle Prozesse der Landwirtschaft, welche durch intelligente Lösungen Effizienz anstatt Kapazität steigern. Smart Farming hat als Ziel, ein effizientes Verhältnis von Input und Output durch intelligentes und zielorientiertes Beobachten, Analysieren und Planen zu erreichen. Die eingesetzten Ressourcen sollen dabei optimal und den individuellen Ansprüchen entsprechend verwendet werden. Dazu werden essenzielle Daten gesammelt und miteinander verknüpft, um eine optimierte Prozesskette zu generieren. Die benötigten Daten werden durch ausgeklügelte Sensortechniken gesammelt und analysiert. Mit der zunehmenden Digitalisierung hat eine neue Ära in der Landwirtschaft zur Sicherstellung der Welternährung begonnen. Die NTB ist dabei u. a. mit dem Projekt DigiLand beteiligt.

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Herr Dürr, können Sie kurz erklären, was Verdunova von anderen Gemüse- und Früchteverarbeitern unterscheidet? Wir verarbeiten vor allem einheimisches Gemüse und einheimische Beeren zu Tiefkühlprodukten. In diesem TiefkühlBusiness gibt es wenige, aber sehr gros­ se Mitbewerber. Unsere sprichwörtliche Nähe zur Landwirtschaft ist das, was uns von diesen unterscheidet. Und genau das ist unsere grösste Stärke. Wir haben uns auf Produkte konzentriert, die früher fast ausschliesslich importiert wurden. Dazu gehören Blumenkohl, Broccoli, Romanesco oder auch Edamame oder Himbeeren. Die zunehmende Nachfrage nach Schweizer Herkunft war unser Türöffner im Detailhandel. Auf welche Smart-FarmingTechnologien setzen Sie bereits? Dank dem eigenen Landwirtschaftsbetrieb, der quasi als Forschungsanstalt für neue Kulturen dient, und der eigenen Anbaufirma namens Conorti AG, welche Dienstleistungen im Anbau von Gemüse anbietet, agieren wir sehr effizient und professionell. Die laufende Prozessoptimierung und das grosse Know-how im Anbau ermöglicht es den Landwirten, wiederkehrende Arbeiten einzusparen, dadurch günstiger zu sein und bessere Erträge zu erwirtschaften. Wir sind mit Smart Farming erst am Anfang. Bislang beschränkte sich das auf den Einsatz von GPS auf dem Feld. Sind in Zukunft weitere Technologiefortschritte geplant? Wir haben nicht nur den Anbau, sondern auch die Verarbeitung von Gemüsen und Früchten unter unserer Verantwortung. Das heisst, wir haben eine sehr lange Wertschöpfungskette. Ich verstehe die Digitalisierung als Instrument, um an jedem Punkt dieser Wertschöpfungskette Daten zu sammeln, die

für die nachfolgenden Prozesse zwecks Optimierung benutzt werden können. Da ist vor allem das Erfassen der Daten, der Transfer an die nachfolgenden Arbeitsschritte, die Definition der Massnahmen für ein effizienteres Arbeiten und die Steuerung der Prozesse durch die Digitalisierung selbst sehr wichtig. Wir wissen beispielsweise genau, wie viele Setzlinge wir auf einer spezifischen Fläche im Frühling gepflanzt haben. Wir wissen auch genau, wie viele Kilogramm Blumenkohl wir auf jeder Fläche geerntet haben. Wir wissen aber nie, wie viele Setzlinge letztendlich einen Blumenkohl gegeben haben und wie viele Setzlinge vor der Ernte eingegangen sind. Dies zu wissen, und daraus Massnahmen abzuleiten, wäre über eine digitale Erfassung der geschnittenen Köpfe auf der Erntemaschine möglich. Wenn wir das Gewicht jedes Kopfs erfassen können, wissen wir mittels Hochrechnung schon eine halbe Stunde nach Erntebeginn, wie viel Blumen-

kohl in der Verdunova AG zu verarbeiten ist. Der Produktionsplaner in der ­Verdunova AG wird über diese Information sehr dankbar sein, wenn er frühzeitig und nicht erst nach erfolgter Ernte planen kann, wie viele Arbeiter/innen er für die Nachtschicht einteilen soll. Wie wichtig ist oder war es für Sie, den Schritt ins Smart Farming zu wagen? Es gibt uns die Möglichkeit, noch effizienter zu arbeiten. Da es in unserem Business in der Regel immer um gros­se Mengen geht, ist dank Skalen­ effekt jede kleinste Verbesserung sehr sinnvoll. Ich stelle zudem fest, dass an Orten, wo viele verschiedene Leute zusammenarbeiten, häufig Kommunikationsprobleme entstehen. Digitalisierung ist auch Automatisierung, vor allem in der Kommunikation. Daten werden automatisch an die Stelle geleitet, die diese benötigt. Und letztendlich muss das Ziel sein, dass diverse Schritte in der Wertschöpfungskette durch die Digitalisierung selbst gesteuert werden.


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Beni Dürr und Jürgen Prenzler (NTB)

Was bedeutet Smart Farming für Ihren Arbeitsalltag? Ich gehe davon aus, dass dank dieser Hilfen, welche die Digitalisierung uns bringen kann, die tägliche Arbeit erleichtert wird. Informationen fliessen schneller und Überraschungen werden seltener. Zudem wird es Spass machen, Daten zu erheben, auszuwerten und daraus Schlüsse zu ziehen. Wenn Prozesse durch die Digitalisierung gesteuert werden, wird das meist besser und konsequenter gemacht, als wenn es händisch gemacht werden müsste. Als Landwirt und Agronom freue ich mich, mit der Unterstützung von Personen aus der Industrie und der Wissenschaft unsere Arbeit in die Richtung zu optimieren,

wie das beispielsweise in der Automobilbranche bereits Tatsache ist. Ich denke, dass aus dieser Zusammenarbeit mit Landwirtschaft und Industrie in diesem Projekt erst die Ideen, was machbar und sinnvoll ist, definiert werden. Das heisst, wir wissen jetzt noch nicht, wo wir überall ansetzen werden. Wie informieren Sie Ihre Kunden über die eingesetzten Techniken? Herrschen Vorurteile über die industrialisierte Landwirtschaft? Unser Team in der Conorti AG und in der Verdunova AG hat einen klaren Auftrag: «Wir versorgen die Schweizer Bevölkerung mit Nahrungsmitteln, mit Lebensmitteln, also mit Mitteln zum Le-

ben.» Damit wir diesen Auftrag erfüllen können, müssen wir effizient arbeiten. Mit biologischem Anbau könnten wir diesen Auftrag beispielsweise nicht erfüllen. Dementsprechend kommuniziere ich auch und stelle fest, dass die Kunden das verstehen. Digitalisierung hilft uns zudem, Ressourcen einzusparen. Sei es bei der Energie, dem Arbeitsaufwand, bei Pflanzenschutzmitteln, Düngern und weiteren. Wichtig aber auch, so hoffe ich, dass durch die Digitalisierung die Traktoren wieder kleiner werden (z. B beim Jätroboter).

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Der Hof Lindenmad arbeitet eng mit ­Verdunova zusammen. Diese Partnerschaft der beiden Unternehmen und die Koope­ ration mit der NTB lassen die Landwirtschaft als Ganzes von den neusten Technologien profitieren. Bereits seit einigen Jahren setzt Baumgartner auf seinem Hof bei der Saat auf modernste GPS-Technik. So werden die Setzlinge auf 2,5 Zentimeter genau ­gepflanzt. Smart Farming steckt in vielen Details – und gewinnt mehr und mehr an Bedeutung. Wir haben mit Manfred ­Baumgartner über den Einfluss von Smart Farming auf seinem Betrieb gesprochen.

Herr Baumgartner, was macht den Hof Lindenmad aus? Der Hof Lindenmad zeichnet sich dadurch aus, dass Kundenwünsche flexibel und in möglichst kurzer Zeit abgewickelt werden. Uns ist es wichtig, dass sowohl wir, aber auch unsere Geschäftspartner, profitieren. Sei dies nun ein Grossverteiler oder sei dies andere Landwirte. Ist dies nicht der Fall, kann längerfristig keine nachhaltige Beziehung gepflegt werden. Wann haben Sie das erste Mal von Smart Farming gehört? Waren Sie sofort überzeugt, diese Technologien auf Ihrem Hof einzusetzen? Den ersten Kontakt mit solchen Systemen hatte ich vor rund 20 Jahren. Zu diesem Zeitpunkt konnten die ersten Traktoren mittels GPS Signal über die Felder fahren. Die Systeme waren jedoch noch anfällig und nicht für Schweizer Verhältnisse ausgelegt. Damals war


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klar, dass diese Technik irgendwann auch den Weg auf die Schweizer Felder finden wird. Es war aber nicht abzusehen, wie schnell und in welchem Umfang die Technik und Software entwickelt wird. Mittlerweile hat sich der Begriff Smart Farming etabliert und man spricht von der Landwirtschaft 4.0. Die Entwicklung ging in etwa gleich schnell, wie beispielsweise bei den Mobiltelefonen oder Computern. Können Sie sich vorstellen, noch mehr auf Ihrem Hof zu automatisieren? Gibt es bereits weitere Pläne? Vorstellungen zur weiteren Automatisierung sind vorhanden. Auch die Technologien sind vorhanden. Das Problem liegt einzig und allein darin, dass die Schweizer Landwirtschaft tendenziell zu klein strukturiert ist und solche Technologien für die wenigsten infrage kommen. Es gibt aber definitiv weitere Pläne. Ständige Weiterentwicklung, strenge Preispolitik und effiziente Arbeitsabläufe bestimmen den Alltag in der Landwirtschaft. Wie sehen Sie die Zukunft der Bauern in 10 bis 15 Jahren? Mit Sicherheit wird sich der Schweizer Agrarmarkt ein wenig geöffnet haben. Dies wird zur Folge haben, dass die Produzentenpreise weiter unter Druck kommen. Ob der Konsument davon profitiert, sei dahingestellt.

Mario Baumgartner auf einem seiner Felder in Kriessern

Die Schweizer Landwirte werden sicherlich versuchen, effizienter und nachhaltiger zu produzieren. Das Preisniveau der EU wird aber nicht erreicht werden. Dafür sind die Produktionskosten in der Schweiz einfach zu hoch. Ihr Hof verfügt über eine Biogasanlage und die Kartoffelernte stellen Sie beispielsweise mit grossen Erntemaschinen sicher. Sind die Arbeitstage tendenziell stressfreier oder ist lediglich die produzierte Menge grösser geworden? Einerseits sind die produzierten Mengen grösser geworden, andererseits ist auch der Fall eingetreten, dass tendenziell die Erntefenster immer kleiner werden. Auch die Bestellungen für ein Produkt oder eine Dienstleistung kommen immer kurzfristiger. Leider kann oder will sich scheinbar niemand mehr die Zeit für eine genaue Planung nehmen.

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Grösster Elektrolaster der Welt Die Zukunft ist grün: Schweizer Fachhochschulen und die Empa konzipierten die Weltneuheit gemeinsam. Autor: Roland Seeger

Das grösste Elektroauto der Welt – mit 58 Tonnen Leergewicht und 65 Tonnen Zu­ ladung – hat im Steinbruch der C ­ iments V ­ igier S. A. ­seine ­Arbeit aufgenommen. Der in den vergangenen 18 Monaten konzipierte Elektro­muldenkipper ist ein Beispiel für gelungene angewandte Forschung in der Schweiz: An der Planung und am ­Aufbau ­wirkten im Auftrag der ­Arbeitsgemeinschaft eDumper die Berner Fachhochschule (BFH), die NTB Interstaatliche Hochschule für Technik Buchs sowie das Materialforschungsinstitut Empa mit. Gefördert wurde das Projekt vom Bundesamt für E ­ nergie (BFE).


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Lageenergie / potenzielle Energie Der eDumper wird mit 65 t Gestein beladen.

Energieumwandlung Beim Bremsen gewinnt der beladene, 123 t schwere eDumper Energie, anstatt sie über Bremsscheiben in Form von Hitze an die Umwelt abzugeben.

Energieverbrauch Wenn der ­eDumper leer herauffährt, nutzt er gespeicherten Strom aus seinen Batterien für den ­Elektroantrieb.

Infografik: Infel AG Illustration: Pia Bublies

Die gemeinschaftliche Forschungsarbeit der Schweizer In­ stitute sorgt gleich für drei Weltrekorde. Der eDumper ist das grösste und stärkste batteriebetriebene Radfahrzeug der Welt. Das Elektrofahrzeug beeindruckt schon rein optisch: Der Fahrer erreicht seinen Arbeitsplatz über neun Treppenstufen; die Reifen des E-Mobiles haben einen Durchmesser von knapp zwei Metern. Der umweltfreundliche eDumper wurde auf Basis eines dieselbetriebenen Muldenkippers vom Typ «­ Komatsu HD 605-7» komplett neu aufgebaut. Anstelle eines Dieseltanks beherbergt er nun die grösste je für ein Elektrofahrzeug hergestellte Batterie. Die Batterie mit LiIonen-Zellen ist mit 4,5 Tonnen so schwer wie zwei komplette PkWs. Noch nie hat zudem ein vergleichbares Fahrzeug eine derart grosse Menge an CO2 einsparen können. Wer bremst, gewinnt! Der eDumper wird Kalk- und Mergelgesteine aus einem höher gelegenen Abbaugebiet in eine tiefer gelegene Verarbeitungsanlage transportieren. Bei der voll beladenen Talfahrt werden die Batterien mittels Rekuperation der Bremsenergie geladen. Der so erzeugte Strom reicht nach vorläufigen Berechnungen für die unbeladene Rückfahrt bergauf ins Abbaugebiet weitgehend aus. Er wäre damit ein Null-Energie-Fahrzeug. Wie die Energiebilanz des eDumpers genau ausfällt, sollen während den nächsten Monaten Untersuchungen im

Alltagsbetrieb zeigen. Nicht nur die Konzeption des eDumpers geschah in der Schweiz, auch die schliesslich verbauten Komponenten stammen zum Teil von schweizerischen Mittelstandsunternehmen: der eigentliche Umbau erfolgte bei der Kuhn Schweiz AG in Lommis (TG) und Heimberg (BE). Know-how aus Buchs Professor Max Stöck vom NTB-Institut für Entwicklung/Mechatroniker Systeme EMS ist Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft «eDumper». Er hat die Erschütterungen des DieselMuldenkippers im realen Einsatz und die Wärmeabgabe der Batteriezellen des künftigen eDumpers untersucht. Sein Forscherteam konzipierte auch das Thermomanagement für das Batteriepaket, berechnete die nötige Stärke der Batteriehalterung und die Auslegung der Schweissnähte. Dem Team obliegt auch die Überwachung der eDumper-Batterie im realen Einsatz. Stöck meint: «Energiefreundliche Mobilität ist an der NTB seit Jahren ein wichtiges Thema, sowohl für die angewandte Forschung und Entwicklung in den Instituten wie auch für Studierende im Rahmen von Bachelor- und Masterarbeiten. Dieses Projekt beweist, dass Elektromobilität nun definitiv alltags- und arbeitstauglich geworden ist.» ⊲⊲ www.ntb.ch/edumper ⊲⊲ http://www.emining.ch

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Energiekonzept für eine Weltpremiere Als erste Bergbahn der Welt wird die Staubern-Bahn energetisch autonom ­betrieben. Das Energiekonzept für die Pionierleistung im Alpsteingebiet stammt aus der Feder von Markus Markstaler, Wissenschaftler an der NTB. Vor rund sieben Jahren hatte Daniel Lüchinger die Idee, eine Seilbahn in den Alpstein zu bauen, die sowohl die Umwelt schont als auch Passagiere schneller und in grösserer Zahl transportieren kann. Dank Solarstrom sollte sie energetisch autonom betrieben werden. Der Staubern-Wirt ist begeisterter Tesla-Fahrer und hielt trotz aller Unkenrufe an seiner Vision fest. Auf der Suche nach Leuten, die ihm helfen sollten, seine Idee zu verwirklichen, stiess er unter anderem auf Arthur Büchel, der mit der iWorks AG in Ruggell ein Beratungsbüro betreibt und Mitglied des Fördervereins Institut für Energiesysteme an der NTB ist. So landete der Auftrag, ein Energiekonzept für die Staubern-Bahn zu berechnen, schliesslich auf dem Schreibtisch von Markus Markstaler, Energiespezialist und Lehrbeauftragter an der NTB. «Die Idee Atemberaubende Aussicht von der Staubern-Bergstation.

erschien mir sehr utopisch», sagt Markstaler rückblickend, «es ist der gros­se Verdienst von Daniel Lüchinger, der mit eisernem Willen das Projekt verfolgte, die Finanzierung sicherte und die Bahn trotz aller Herausforderungen baute.» Die Finanzierung der Vorstudie übernommen haben die St. Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke (SAK), um ein mögliches Contracting-Modell zu prüfen. Das Resultat der Rechnung ergab aber, dass die Wirtschaftlichkeit des Projekts für den Staubern-Wirt viel höher ausfällt als für den Energieversorger. Und so sorgte die Wirtefamilie Lüchinger selbst für das Funding. Insgesamt flossen über fünf Millionen Franken in das Vorzeigeprojekt.


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Daniel Lüchinger, Staubern-Wirt, Teslafahrer und Visionär

Arthur Büchel, iWorks AG Mitglied des Fördervereins Institut für Energiesysteme an der NTB

Tragseil der Bahn als Energietransporteur Das von Markus Markstaler erarbeitete und am Alpstein umgesetzte Energiekonzept sieht vor, die vom Netz bezogene Energie und Spitzenleistung für Bahn und Restaurant zu minimieren. Die Bahn bezieht die benötigte Energie aus einer gros­sen Batterie, welche durch Photovoltaik bei der Talstation versorgt wird. Eine der grossen Herausforderungen bestand darin, die Energie zum Berggasthaus, das auf 1750 Metern Höhe liegt, zu leiten. Eine Hochspannungsleitung vom Tal bis in die Bergstation zu ziehen, wäre unbezahlbar gewesen. Zudem gab es beim Berggasthaus nicht genug sonnenexponierte Flächen, um den Restaurantbetrieb über Photovoltaikanlagen mit genügend Energie zu versorgen. «Als einzige Möglichkeit blieb, bei der Talstation mit Photovoltaik elektrische Energie zu produzieren und diese dann über eine Kupferleitung im Inneren der Tragseile der Bahn nach oben zu transportieren», sagt Markstaler. Oben auf dem Berg kann durch einen Pufferspeicher, der die unten im Tal produzierte Energie im Restaurantbetrieb verfügbar macht, die Stromversorgung sichergestellt werden. Dadurch konnte Wirt Daniel Lüchinger den bisherigen Pflanzenölgenerator für die Stromversorgung in seinem Restaurant Staubern abstellen. Dynamisches statt statisches Energiekonzept Etwas Besonderes liess sich Markus Markstaler auch bei der Erstellung des Energiekonzepts einfallen. In der Regel basieren solche Studien auf einer Berechnung von Zeitreihen mit definierten Ausgangsparametern. Wenn sich diese ändern, kommt auch ein anderes Resultat heraus. Weil beispielsweise die Kosten für Batterien oder die Stromgewinnung durch Photovoltaik stetig sinken, ist die Aussage eines Energiekonzepts in Berichtsform nur für eine limitierte Zeit gültig, obwohl sich die Berechnungsmethodik nicht ändert. Das Energiekonzept der Staubern-Bahn ist daher dynamisch gestaltet: In eine Webseite integriert können die Ausgangsparameter angepasst und so per Mausklick neue Resultate generiert werden. Daniel Lüchinger und die SAK haben als Studienfinanziererin ein Werkzeug zur Hand, um die Wirtschaftlichkeit effizient zu berechnen. Das Institut für Energiesysteme IES empfiehlt sich daher auch für andere Unternehmen als idealer Partner für den Aufbau neuer Betätigungsfelder und die Optimierung bestehender Prozesse.

Markus Markstaler, Energiespezialist und ­Lehrbeauftragter an der NTB

KURZINTERVIEW MARKUS MARKSTALER

Idee stammt aus der Open-Source-Bewegung Was war für Sie das Besondere am Auftrag, ein Energiekonzept für die Bergbahn und das Berghaus Staubern zu erarbeiten? Markus Markstaler: Zum einen sicher die Begeisterungsfähigkeit vom Staubern-Wirt Daniel Lüchinger für nachhaltige Energiekonzepte. Er hatte die Vision und den Willen, die Bahn nach seinen Vorstellungen zu bauen und er hatte wohl auch nicht zuletzt dank seiner ansteckenden Begeisterung die Finanzierung zu Stande gebracht. Was hat Sie dazu bewogen, statt eines Konzeptpapiers ein dynamisches Energiekonzept zu erstellen? Die Idee stammt ursprünglich aus der Open-Source-Bewegung: Menschen stellen ihr Wissen und ihre Zeit unentgeltlich für Projekte zur Verfügung, mit denen andere Geld verdienen. Die Projektpartner haben nun ein Instrument zur Hand, mit dem sie ähnliche Projekte wie die Staubern-Bahn berechnen und daran verdienen können. Das ist auch gut so. Mein Ziel ist es, mehr Wissen, mehr Konzepte und mehr Projekte zum Thema Energie zu generieren – da haben letztlich alle etwas davon. Denn für gewöhnlich hat sonst nur die öffentliche Hand die Möglichkeiten, solch umfangreiche Studien in Auftrag zu geben. Welche weiteren Pläne haben Sie? Das Konzept des dynamischen Energiekonzepts ist Kernelement in der Weiterbildung «CAS Energie digital», einem Kurs in unserem Master-Programm Energiesysteme. Dabei werden die Techniken wie etwa Internet of Things (IoT) und Data Analytics vermittelt, um eigenständige Simulationen durchzuführen oder ein schnelles Prototyping mit Hardware für Energieapplikationen.

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MASTERARBEIT MASTER OF ENGINEERING IN MECHATRONIK, NICOL AUS SALZGEBER

Digitaler Zwilling eines Wasserkraftwerks Die Digitalisierung hält Einzug in der Kraftwerkstechnik – Durch Optimierung, Effizienzsteigerung, Schwachstellenerkennung und Behebung kann ein Wasserkraftwerk wirtschaftlicher betrieben und somit Geld verdient werden. Autoren: Prof. G. Nagel, N. Salzgeber

Aufgrund einer veränderten Marktsituation sucht die Firma Repower AG nach Möglichkeiten, ihr Dienstleistungsportfolio weiter auszubauen. Der Bereich Leistungserbringung ist für die Planung, den Bau, den Betrieb und die Wartung von Kraftwerken und Verteilnetzen innerhalb der Repower AG verantwortlich. Um das Angebot für interne sowie externe Projekte zum Thema Wasserkraftwerke abzurunden, wurde die Entwicklung eines Steuergeräts für Turbinen, des sogenannten Turbinenreglers, beschlossen. Damit sollen die Kosten für Erneuerungsprojekte gesenkt werden.

Die Masterarbeit im Masterstudiengang Mechatronik befasst sich mit der Entwicklung eines digitalen Turbinenreglers. Diverse Funktionen – wie Steuerung Leitapparat, Leitschaufeln, Abschlussorgan, Nebensysteme, Druckregler, Drehzahlregelung, Last- / Pegelregelung, Lastabwurf, Sicherheit usw. – mussten dabei realisiert werden. Der Turbinenregler regelt diverse Zustandsgrössen wie zum Beispiel die Turbinendrehzahl, den Pegel und die abgegebene Leistung.

Hilfsbetriebe

Soll- und Grenzwerte

Störungen

Turbinenregler

Servohydraulik

Turbine (Francis)

Turbinenregler und Interaktion mit den verschiedenen Komponenten eines Wasserkraftwerks.

Modellbildung Um ein Verständnis für die dynamischen Vorgänge zu erlangen, wird ein Kraftwerk in kleine Teilsysteme zerlegt. Das Kraftwerk lässt sich in den Speichersee, den Druckstollen, das Wasserschloss, die Druckleitung, die Turbine und den Generator gliedern. Basierend auf diesem Wissen wurden Simulationsmodelle aufgebaut und eine Simulationsbibliothek erstellt. Mithilfe der Simulation können Teilkomponenten des

Wasserkraftwerks durch Parametervariationen optimiert sowie Schwachstellen und Fehler durch Testen von Extremsituationen entdeckt und behoben werden. Der Zeitaufwand für die aufwendige Parametrierung der Regler kann dadurch massiv reduziert werden, da keine reale Hardware für die Auslegung benötigt wird.


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Simulation und Verifikation Anhand von Messdaten aus dem Kraftwerk Taschinas der Repower wurde das System verifiziert. Auf Basis der erarbeiteten Grundlagen und Modelle wurde das Konzept für den Turbinenregler entworfen. Dieses Konzept gliedert sich in zwei Strukturen – die Regelungs- und die Softwarestruktur, welche beide programmiersprachenunabhängig dargestellt werden. Anhand des Konzepts wurde der Turbinenregler auf einer Siemens SPS implementiert und getestet. Für den Test wird ein digitaler Zwilling einer Turbine (Software in the Loop Simulation) eingesetzt, dieser läuft ebenfalls auf der SPS und bietet einige Vorteile bei der Kon­ trolle der Software In Zukunft kann die Simulationsbibliothek flexibel für die Optimierung oder die Neuentwicklung anderer Kraftwerke eingesetzt werden. Die modular aufgebaute Steuerung muss nur noch konfiguriert und anhand der Simulationsresultate parametriert und getestet werden. Dies führt zu grossen Zeit- und Kostenersparnissen. Die Simulation ist für viele Anwendungen ein sehr wichtiges Hilfsmittel, um mechatronische Systeme zu optimieren und Kosten bei der Entwicklung bzw. der Inbetriebnahme einzusparen. Anwendungen können im Umfeld von dynamischen Systemen (Regelungs- und Steuerungstechnik), in der Mechanik und bei der Optimierung von Bewegungsabläufen sein.

Nicolaus Salzgeber hat vor dem Masterstudiengang Master of Engineering in Mechatronik an der NTB das Systemtechnikstudium in der Fachrichtung Elektronik und Regelungstechnik abgeschlossen. «Die Praxis zeigt, dass die Projekte immer grösser und somit die Schnittstellen immer komplexer werden. Genau hier ist breites Fachwissen gefragt. Wenn man die Probleme und Chancen der einzelnen Teildisziplinen erkennt, entstehen Lösungen mit einem optimalen Kosten-Nutzen-Verhältnis. Ich habe mich aus verschiedenen Gründen für diesen Studiengang entschieden. Hauptsächlich, weil mich die Technik fasziniert und ich etwas dazulernen wollte. Zusätzlich ist der Masterstudiengang optimal für Studierende ausgerichtet, welche die Ausbildung berufsbegleitend absolvieren. In diesem Studiengang habe ich diverse Methoden und Werkzeuge kennengelernt, um mechatronische Systeme über deren Grenzen hinaus zu verstehen und entsprechende Anwendungen zu realisieren. So freue ich mich, dass ich meine Masterarbeit in der Firma weiterführen und nächstens auf einer realen Turbine anwenden kann.» Diese Masterarbeit wurde im Rahmen des berufsbegleitenden Masterstudiengangs Master of Engineering in Mechatronik (M.Eng.) durchgeführt. Der Masterstudiengang wird in Kooperation mit der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung in Konstanz (HTWG) am NTB-Studien­zentrum in St. Gallen angeboten. Er ist international anerkannt und akkreditiert. ⊲⊲ www.ntb.ch/mechatronik-master

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Das digitale Haus@NTB: Erfolgsfaktoren in der digitalen Welt Andreas Ettemeyer, Prorektor, Leiter angewandte Forschung und Entwicklung, NTB Buchs

Das Schlagwort «Digitalisierung» beherrscht unsere Zeit. Oft ist es nicht einfach, in einem Gewirr von Schlagworten und Begriffen, Marketingslogans von relevanten Informationen sowie Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. In der wissenschaftlichen Welt werden die verschiedenen Aspekte der Digitalisierung häufig in sogenannten Schichtenmodellen dargestellt, bei denen verschiedene Level der Digitalisierung und Vernetzung aufeinander aufbauen. Dabei werden je nach Betrachtungsweise entweder die technisch-logischen oder die wirtschaftlichen Aspekte stärker berücksichtigt.


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Die NTB bildet mit ihren zwei Kern­ leistungsaufträgen «Aus- und Weiterbildung» und «angewandte Forschung und Entwicklung» im Bereich der Technik ein Know-how-Zentrum im Alpenrheintal von St. Gallen bis Chur. In beiden Leistungsbereichen müssen die Anwendungen und Aufgaben nach aus­ sen und innen klar definiert und dargestellt werden. Für diese Aufgaben muss das konkrete Abbild der Verhältnisse in der technischen Welt unserer Kunden – den Industriebetrieben – mit den Voraussetzungen, Möglichkeiten und Anforderungen der Digitalisierung übereinstimmen.

Bilder: George Kedenburg , suanmoo / Unsplash

Dazu verwendet die NTB die Darstellung des «digitalen Hauses@NTB». Dieses beschreibt die verschiedenen Aspekte der Digitalisierung in Bezug auf das konkrete Problem jedes Industriebetriebs, sei es hinsichtlich der ­­ Ausund Weiterbildung seiner Mitarbeitenden oder für die Realisierung konkreter Digitalisierungsprojekte im Unterneh­ men. Das Dach des Hauses bilden die beiden Oberbegriffe «Digitalisierung und ICT (Information and Communication Technology)», die den gesamten Prozess zusammenfassen. Industrie 4.0 bezeichnet dabei üblicherweise den Teil der Industrieprozesse und Logistik und ist heute häufig schon weit entwickelt. Das Fundament des digitalen Hauses bilden die konkreten Geräte oder Produkte, die entwickelt, produziert, eingesetzt oder verkauft werden. Darüber folgen die einzelnen Digitalisierungsebenen, die nach oben zu immer stärkerer Vernetzung führen: vernetzte Geräte können mit dem Internet kommunizieren. Die dabei entstehenden Informationen und Daten werden aufbereitet und gefiltert und in der Cloud

gespeichert. Damit stehen sie für die verschiedensten Anwendungen (Apps) zur Verfügung. Ein Maschinenlieferant kann mit diesen Daten den Zustand der gelieferten Anlagen überwachen, um seinen Kunden vorbeugende Wartungsprogramme oder automatischen Ersatzteilservice anzubieten. Ein Energielieferant erstellt anhand dieser Daten die automatische Jahresabrechnung. Diese Funktionen werden durch die dahinterliegenden Geschäftsmodelle bestimmt und jeweils zwischen Kunden und Lieferanten vereinbart. Ein besonderes Merkmal des Digitalen Hauses@NTB ist, dass die Datensicherheit an jedem Punkt der Kette – quasi wie eine tragende Gebäudesäule – integriert ist und berücksichtigt wird. In der Grafik sind für die verschiedenen Stockwerke und Zimmer des digitalen Hauses die konkreten Bildungsangebote der NTB, sogenannte «Wissens Nuggets», dargestellt. Diese reichen von der klassischen Automatisierung über Internet of Things, Security, Cloud Com-

puting und Data Analytics bis hin zum Überblick über Industrie 4.0. Gleichzeitig stehen hinter jedem Zimmer des digitalen Hauses die entsprechenden Forschungskompetenzen der NTB, die zur Umsetzung konkreter Projekte im Rahmen der Digitalisierung mit unseren Kunden eingesetzt werden. Wie in der realen Welt gilt: ein Haus ist nur stabil, wenn jede Wand und jedes Stockwerk solide und tragfähig aufgebaut ist. Das in der NTB in L­ ehre und Forschung praktizierte Modell der Systemtechnik – der ganzheitlichen Betrachtung von Systemen aus unterschiedlichen Richtungen, mit verschiedenen Fachdisziplinen, durch verschiedene Experten der NTB – ist eine Kernfunktion zur Bewältigung der komplexen Herausforderungen, welche die Digitalisierung an Industrie und Gesellschaft stellen. Dies sind wichtige Erfolgsfaktoren in der digitalen Welt. Eine virtuelle Hausbesichtigung gibt es unter ⊲⊲ www.ntb.ch/digitales-haus

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Die Küche der Zukunft: Digitalisierung und neue Technologien Autor: André Bernard, Bilder: Jakob Birkhölzer, andere Quellen

Die Baustoffe unseres Körpers und die Energie für unsere Lebensfunktionen führen wir uns durch Nahrungsaufnahme zu. Der «Homo heidelbergensis» aus Ungarn verstand es bereits vor ca. 500 000 Jahren, durch die Beherrschung des Feuers Nahrung für den effizienteren Verzehr und die Lagerhaltung (Bakterienabtötung) zu bearbeiten. Dabei entdeckte er auch, dass sowohl Aromen als auch die Verträglichkeit der Nahrung positiv beeinflusst werden. Die erste Nennung vom Kochberuf findet sich auf «Sumerischen Tafeln» um ca. 4000 vor Christus. Etwa 1000 Jahre später entwickelte sich die altindische Heilslehre «Ayurveda», also sozusagen der Beginn der modernen Diätetik. Und das «Liber de Coquina» ist das erste bekannte mittelalterliche Kochbuch, veröffentlicht in Frankreich um 1300 nach Christus. Und dann – sozusagen als Sternstunde der Kochgeschichte – ging der 21. Januar 1937 um 9 Uhr 25 ein: der französische Koch und Kochbuchautor Marcel Boulestin zeigte in einer Viertelstunde die Zubereitung eines Omeletts im BBC in der Sendereihe «Cook’s night out». Der Fernsehkoch wurde geboren, quasi der homo erectus gastronomicus televisionensis. Von da an ging die Entwicklung rasend schnell.

Modernes Kochen ist heute im Wesentlichen ein mit viel Erfahrung unterlegtes Handwerk unter Einsatz technisch ausgeklügelter Geräte. Wie bei allen Verfahren ist auch beim Kochen die exakte Prozessführung mit den richtigen Prozessparametern entscheidend – und eben das Verständnis der physikalischen und chemischen Vorgänge bei der Zubereitung von Speisen aus Lebensmitteln. Essen ist Emotion. Essen ist Spass. Der technische Fortschritt hat auch die Küche revolutioniert. Die Mikrowelle stand sicherlich am Anfang dieser Entwicklung und wurde bereits in den 1940er-Jahren erstmals eingesetzt. Heute hat der Combisteamer einen solch zentralen Platz in der Küche eingenommen. Ebenso gehört der Induktionsherd dazu: intelligente Induktionskochfelder heizen genau an jenem Ort, wo sich ein entsprechendes Kochgeschirr in beliebiger Grösse und Form aufhält. Der Kühlschrank weiss, was sein Inhalt ist und kann selbstständig Milch und Butter nachbestellen, die Geschirrspülmaschine adaptiert sein Programm nach Verschmutzung und alles ist im Smart-Home integriert und lässt sich via App steuern.

Zentrifugierte Cherrytomaten und Salatgurken. Der Überstand nach 20 Minuten (14 000 U/min, bei Raumtemperatur) enthält die Essenz dieser Gemüse.

Die Digitalisierung erfasst die Gastronomiebranche ebenso: Kochgeräte werden vernetzt, Sensoren erfassen den Garprozess rundherum, protokollieren Programmabläufe und kommunizieren mit ERP-Systemen. Auch im Bereich Automatisierung werden erste kollaborative Robotersysteme eingesetzt, die Rüstarbeiten übernehmen, Geschirr waschen und sortieren oder sogar ganze Gerichte zubereiten. Avantgardistische Köche haben sich mit Wissenschaftlern zusammengetan und Verfahren aus dem Labor zu eigen

In der Küche der bzb Mensa in Buchs entnimmt der Autor das Tomatenwasser aus dem Zentrifugenröhrchen für die weitere Verarbeitung.


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3-D-Drucker für die Küche

Choc Creator 2.0 Plus von Choc Edge, Inc.

Pasta printer von TNO und Barilla

Foto Kind: Anton Darius / Unsplash

gemacht. So verwenden sie beispielsweise flüssigen Stickstoff für sogenanntes «Cryocooking» bei minus 196 °C, um frische Lebensmittel Schock-tiefzugefrieren und beispielsweise Instant-Glace aus Rahm und Früchten herzustellen oder eine Orange in seinen kleinen Saftschläuchen («Orangentränen») zerspringen zu lassen wie eine Glasscheibe. Diese Köche bedienen sich auch Präzisionswaagen und sehr exakten Temperaturen bei ihrer Arbeit sowie genauer Prozesskontrollen. So wird das im Beutel unter Vakuum eingeschweisste Lebensmittel sehr schonend und hoch präzis temperiert im geregelten Wasserbad zubereitet. Kollagenarmes Rindfleisch wie ein Steak wird bei 54 °C gegart, was «Sous-videGaren» genannt wird. Da gibt es bereits auch Anbieter für die Küche zu Hause. Thermomix, Holdomat oder Salamander sind weitere interessante moderne Küchengeräte. Wissen Sie, was «pacossieren» heisst? So nennt man das Mikropürieren und Portionieren von gefrorenen, hoch-viskosen Lebensmitteln. Und zwar ohne auftauen, mittels Überdruck und mit 2000 U / min rotierenden, gehärteten Messern eines «Pacojet»-Geräts. Wenn es ein Gerätehersteller also schafft, den Namen seines Kochgeräts zum Synonym einer in der Branche akzeptierten Verarbeitungsmethode zu machen, ist er definitiv etabliert. Aktuell werden auch erste 3-D-Drucker in der Küche eingeführt, momentan vorzugsweise im Dessertbereich, zur Herstellung von aufwendigen Zucker- oder Schokoladenpräsentationen. Aber auch bei Schluckbeschwerden (Dysphagie) werden gedruckte Mahlzeiten anstelle von püriertem Saft eingesetzt. Bei den Öfen kommt die technologisch neuste Innovation von Siemens und wird Dialog-Garer genannt. Hier werden anstelle von 2,4 GHz Mikrowellen GSMMobilfunkfrequenzen bei 890 bis 960 Megahertz verwendet, die ins Innere der Lebensmittel eindringen und das gesamte Volumen erreichen. Gleichzeitig wird die absorbierte Leistungsverteilung im Inneren des Garraums gemessen und dynamisch angepasst. Natürlich ist es nur eine Frage der Zeit, dass weitere Verfahren zur Arbeitswelt der Gastronomen herangenommen werden, zu nennen wären hier die Zentrifuge, um Lebensmittel inhaltlich schnell nach Dichte aufzutrennen oder Rotationsverdampfer, um Reduktionen zu machen oder Aromen zu extrahieren. Die Vision einer nicht allzu fernen Zukunft handelt von der Zubereitung der Speisen, welche die individuellen Bedürfnisse des Gastes abdecken – also die personalisierte Ernährung. Diese basiert dann auf der persönlichen Diagnostik sowie auf der genetischen Analyse des Mikrobioms und

Qiao food printer von Becoda Inc

Foodini Food Drucker von Natural Machines

berücksichtigt alle bisher erhobenen Daten über Nährstoffe, Krankheiten und den Wissensstand unserer Gesellschaft in Form von Big Data. Arzt und Koch arbeiten dann Hand in Hand für die Gesundhaltung der Menschen.

Agro Produktion

Processing

Analyse zur Bestimmung der optimalen Ernährung

Verkauf

Individuelle personalisierte Diät

Konsum

Biologische Antwort

Empfehlungen für physiologische Optimierung

Gesundheit, Fitness, Wohlbefinden und Genuss

Die NTB bietet auch für den Food-, Agro- und Gastrobereich ihren systemtechnischen Ansatz und stösst Innovationsprozesse in etlichen Industrieprojekten an. So arbeiten NTBWissenschaftler an Themen der vernetzten digitalen Küche der Zukunft, erarbeiten Konzepte fürs Smart-Farming, entwickeln intelligente Kochherde, Geschirrspüler und Kühlschränke oder verbessern die Prozesse beim Vakuumverpacken von Fleisch und anderen Lebensmitteln. Damit leistet die NTB einen grossen Beitrag an der Weiterentwicklung des Food-Systems in der Schweiz.

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INDUSTRIEPUTZROBOTER DER FIRMA KEMARO

Sauberkeit mit System Autor Roland Seeger

Eine saubere Sache, was die drei Ostschweizer Ingenieure der Firma KEMARO GmbH in Eschlikon TG entwickelt haben. Zwei Jahre nach deren Gründung bringt das Jungunternehmen den weltweit ersten Trockenreinigungsroboter für den industriellen Einsatz auf den Markt. Während die bisherigen automatisierten Reinigungsgeräte vorwiegend in privaten Haushalten zum Einsatz kommen, fehlte bis vor Kurzem ein automatisierter Trockenreinigungsroboter im industriellen Bereich. Mit dem «KEMARO-800» positioniert sich das Ostschweizer Jungunternehmen international als Entwickler und Produzent für autonome industrielle Robotik.

NTB FOLIO im Gespräch mit Martin Gadient, B. Sc. FH Systemtechnik, Co-Founder des Start-up ­KEMARO.

Martin Gadient

Was zeichnet den neuartigen HightechPutzroboter aus? Er reinigt autonom grosse Flächen kostensparend. Er ist industrietauglich und kann auch mit grobem Schmutz umgehen. Er navigiert selbstständig im Raum und dies ohne Vorprogrammierung oder Markierungen im Raum. Durch die autonome Reinigung müssen sich die Fachkräfte nicht mehr um die sekundäre Tätigkeit der Reinigung kümmern und können wertschöpfend arbeiten. Durch die niedrige Bauhöhe kann zusätzlich unterhalb automatischer Anlagen und in schwer zugänglichen Bereichen gereinigt werden. Die Hauptanwendung unseres Roboters ist in Lagerhallen, Speditionen, Werkund Produktionshallen, Parkhäuser/Tiefgaragen (1000 bis mehrere 10 000 m2). Natürlich sind auch andere Anwendungen denkbar.

sind. Alternativ gibt es klassische Kehrmaschinen, die aber immer und dauernd von einer Person bedient werden müssen. Was könne Sie uns über die Entstehungs­ geschichte dieses innovativen Produkts ­erzählen? Und wie geht es weiter? Wir drei Gründer kennen uns bereits sehr lange und haben zum Teil miteinander studiert oder die Schule / Berufslehre besucht. Ebenfalls hatten wir drei nach dem Studium zusammen bei Helbling Technik gearbeitet. Bei der fast zehnjährigen Tätigkeit als Entwicklungsingenieure konnten wir viele wertvolle Erfahrungen sammeln. Zunehmend wuchs aber der Wunsch eines eigenen Produkts. Nach der Idee des Kehrmaschinenroboters und ausgiebigen Nachforschungen / Marktabklärungen haben wir 2016 unser Start-up gegründet. Seither arbeiten wir in Vollzeit an der Entwicklung des Roboters – mit dem Ziel des Serienstarts noch in diesem Jahr. Die ersten Verkaufsverträge wurden bereits unterzeichnet. Wir haben den Roboter komplett selber entwickelt und werden auch die erste Serie selber hier in der Schweiz herstellen. Wir drei (Thomas Oberholzer, Armin Koller und ich) sind alle Abgänger der NTB, meine Kollegen haben auch ihren Master in Software Engineering am NTB absolviert. Unser Roboter ist zweifellos ein Produkt von interdisziplinärer Denkweise.

«Team Sauber»: Martin Gadient Thomas Oberholzer Armin Koller

⊲⊲ www.kemaro.ch Putzroboter sind ja nichts Neues. Was macht Ihr Produkt besser als ähnliche Systeme? Zurzeit gibt es keinen anderen autonomen Kehrmaschinenroboter am Markt. Es sind Nassreini­ gungsroboter erhältlich, welche mit grobem Schmutz aber Probleme haben, zusätzliche Feuchtigkeit in den Raum bringen und durch ihre Bau­ grösse, ihr Gewicht und die nötige Programmierung auf den Raum nur sehr unflexibel einsetzbar

Ausgezeichnete Idee Der NTB Club Alumni vergibt an seiner jährlichen Generalversammlung einen Förderpreis für Start-ups. Dieses Jahr fand das Komitee den Reinigungsroboter des Start-ups KEMARO eine «saubere Sache».


Präsentation der Bachelorarbeiten aus dem Ingenieurstudium Systemtechnik

Fr, 14.09.2018 16.00–20.00 Uhr NTB Studienzentrum St. Gallen Fr, 21.09.2018 15.00–18.00 Uhr NTB Campus Buchs

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Längere Spiesse für die PhotonikBranche in der Schweiz

Die Swissmem Fachgruppe ­Photonics erarbeitet «Whitepaper Photonics Switzerland»

Die Digitalisierung der Welt, modernste und hocheffiziente Fertigungsverfahren, Revolutionen in der Medizin und miniaturisierte, intelligente Sensoren verändern unser Leben radikal, lassen uns mit höherem Komfort sicherer und gesünder leben. Kaum jemandem ist aber bewusst, dass diese Entwicklung erst durch die rasante Entwicklung photonischer Technologien ermöglicht wird. In ihrem gerade fertiggestellten ­«Whitepaper Photonics Switzerland» empfiehlt die Swissmem Fach­gruppe P ­ hotonics dem Bundesrat die Auf­ legung gezielter Förderprogramme für Forschung im Technologie-Cluster der Photonik.

Autor: Dr. A ­ ndreas Ettemeyer, Pro­rektor und Leiter angewandte Forschung Entwicklung NTB

Die Beherrschung und Nutzung des Photons hat in den vergangenen Jahren zahllose grundlegende Innovationen und Entwicklungen ermöglicht: so z. B. ultraschnelle Datenübertragung über optische Glasfasernetze, Satellitenkommunikation, präzise und hocheffiziente Bearbeitung verschiedenster Materialien mittels Laser, autonomes Fahren mit automatischer Umwelterkennung, Augmented Reality, unzählige miniaturisierte Sensoren in Millionen Artikeln, Geräten und Maschinen aller Art für Sicherheitserkennung, Umweltschutz, Haushalt, Aufzüge, Fabrikautomation u.v.m. In praktisch allen Bereichen des Lebens spielt die Photonik heute eine wichtige und ständig wachsende Rolle. Nicht ohne Grund wurde daher die Photonik von der Europäischen Kommission als «Key Enabling Technologie» – also als Schlüsseltechnologie zur Ermöglichung verschiedenster Anwendungen – definiert. Nach dem Siegeszug des Elektrons und der Elektronik im 20. Jahrhundert bezeichnet man daher heute schon das 21. Jahrhundert als Jahrhundert des Photons.

Viele Länder in der Welt haben diese Entwicklung erkannt und investieren massiv in die Entwicklung der photonischen Technologien. So werden in Deutschland jährlich 100 Mio. Euro, in Frankreich und England gar 150 Mio. Euro in Photonikentwicklungen investiert. In den USA stellt die Regierung über 1 Mrd. US-Dollar für photonische Entwicklungen bereit und in Korea steht die fast unvorstellbare Summe von 4,5 Mrd. Euro in den Jahren 2014 und 2020 für photonische Entwicklungen zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund hat die heute noch sehr leistungsfähige, aber mehrheitlich klein- und mittelständisch organisierte Schweizer PhotonikIndustrie einen massiven Wettbewerbsnachteil. Dabei geht es um die konkrete Umsetzung neuester Erkenntnisse in marktfähige und zukunftsweisende Produkte. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Photonik als Enabler für viele wichtige Indus­triebranchen der Schweiz steht, fordert die Swissmem Fachgruppe Photonics die Schweizer Bundesregierung nachdrücklich zu einer adäquaten Forschungspolitik im Bereich Photonik auf.


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Diese Fördermittel sollen für Projekte zugunsten der folgenden neuen zukunftsweisenden photonischen Schwerpunkte für die Schweizer Industrie eingesetzt werden: 1. Advanced Manufacturing 2. Industrie 4.0 3. ­ Smart Sensing, Digitalisierung und Messtechnik 4. Daten- und Bildverarbeitung, ­Augmented und Virtual Reality 5. Medizintechnik 6. Communication Systems

WHITE PAPER

PHOTONICS

SWITZERLAND

INDUSTRIE UND WISSENSCHAFT EMPFEHLEN GEMEINSAM EINEN «FÖRDERSCHWERPUNKT PHOTONICS» IN DER NATIONALEN FORSCHUNGSFÖRDERUNG DER SCHWEIZ TECHNOLOGIE-CLUSTER PHOTONICS SWITZERLAND

Das Whitepaper wurde von einem Kreis von Experten aus Industrie, Verbänden, Forschung und Hochschulen gemeinsam entwickelt. Die NTB Interstaatliche Hochschule für Technik Buchs war als wichtiges Schweizer Lehr- und Forschungszen­ trum im Herzen des Schweizer Photonikclusters Ostschweiz aktiv an der Entwicklung dieses Whitepapers beteiligt. Das Whitepaper wird in den nächsten Wochen der Öffentlichkeit vorgestellt und mit verschiedenen Entscheidungs- und Mandatsträgern aus Politik und Verbänden diskutiert. Unterstützen Sie dieses Vorhaben – zum Wohle und zur Zukunftssicherung des Wirtschaftsstandorts Schweiz.

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Dabei sollen die geförderten Projekte wichtige industriell-unternehmerische Funktionen inkubieren und unterstützen wie –– Aufbau photonischer Systemkompetenzen –– Bereitstellung photonischer Prozessketten –– Nutzung photonischer Wachstumsmärkte –– Ausbau der Basis der Photonik-Technologien in der Schweiz

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(Fast!) Perfekte Spiegel für Laseranwendungen Ringlaserkreisel sind aufgrund ihrer hohen Stabilität und Präzision ideal für taktische Anwendungen in der Luft- und Raumfahrt als Teil eines inertialen Navigationssystems (Laser Gyroskop) geeignet. Wichtige Voraussetzungen für gute Laserkreisel sind minimale Transmissions-, Absorptionsund Streuverluste im Ringresonator. Dieses KTI-Projekt hat sich mit der Entwicklung der notwendigen ultra-verlustarmen optischen Komponente mit optimierten Beschichtungen befasst. Um die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der verlustarmen optischen Komponenten unter industriellen Bedingungen zu demonstrieren, wurde ein Cavity-Ring-Down-Messgerät (CRD) verbessert. Dadurch können die Gesamtverluste der optischen Komponenten bestimmt werden. Im Rahmen des Projekts wurden Komponenten mit gesamten optischen Verlusten kleiner als 17 ppm hergestellt und vermessen. ⊲⊲www.ntb.ch/pwo

FibreScanner: Innovatives Messsystem zur Messung der Faserlängenverteilung Die Faserlänge ist ein wesentliches Qualitäts- und damit Preismerkmal bei der Verwendung von Naturfasern in Faserverbundwerkstoffen. Um die Längenverteilung in einem Fasergemisch zu messen, gibt es seit Jahrzehnten im wesentlichen nur eine relativ ungenaue, kapazitive Messung eines sogenannten Faserbartes. In diesem KTI-Projekt mit der Firma IST AG aus Vilters soll ein optisches Messverfahren entwickelt werden, das die bekannten Nachteile behebt. Da-

bei wird mittels Linienbeleuchtung und einer Zeilenkamera beobachtet, wie ein Greifer einer speziellen Auszugsvorrichtung Fasern aus einem solchen Faserbart auszieht. Eine Software kann aus dem entstandenen Bildmaterial dann die Längenverteilung bestimmen. Der Scanner hat eine Auflösung von 1500 dpi (entsprechend 17 µm) in lateraler Richtung (Dicke der Fasern) und von ± 1 mm in Auszugsrichtung (Faserlänge), was mit einer höheren Frame-Rate und einer entsprechend stärkeren Lichtquelle, aber auch bis zu 20 µm gesteigert werden kann. Die Schärfentiefe beträgt ± 0,5 mm. Die Beleuchtung sowie die Optik für die Zeilenkamera wurden vom Institut PWO ausgelegt, um den obigen Anforderungen zu genügen. Die Greifeinheit für die Auszugsmaschine wurde in Zusammenarbeit mit dem Institut EMS konstruiert. Das Projekt läuft noch bis Ende des Jahres, der Industriepartner hat in diesem Monat den Antrag auf die Erteilung eines Erfindungspatents für Vorrichtung und Verfahren eingereicht. ⊲⊲www.ntb.ch/pwo

Erfolgreicher Start von WIGPES Im März 2018 hat das Institut PWO innerhalb des IBH Labs «Seamless Learning» das Pro-

jekt «Wissens- und Informationsplattform zur Geometrischen Produktspezifikation und -verifikation (WIGPES)» erfolgreich gestartet. In einer länder­ übergreifenden Zusammenarbeit und Kooperation von Hochschulen und Industriepartnern entwickelt das Institut eine Grundlage für das lebenslange Lernen auf dem Gebiet der Geometrischen Produktspezifikation und -verifikation auf der Basis von Mobile Seamless Learning. ⊲⊲www.ntb.ch/pwo

Simulation der Wärmeübertragung in einem Hochvakuum-Lötofen Lötvorgänge für Bauteile mit besonders hohen Qualitätsanforderungen werden oft unter Vakuumbedingungen durchgeführt. Das Lötgut wird im Inneren einer Vakuumkammer mittels umliegender Heizelemente auf über 1000 °C erhitzt. Da praktisch keine Gase vorhanden sind, erfolgt der Wärmetransport ausschliesslich über Wärmestrahlung und Wärmeleitung. Beim Vakuumlöten ist eine hohe Temperaturhomogenität im Prozessvolumen entscheidend. Diese wird durch den Einbau von umschliessenden Schirmblechen erreicht, kann aber durch diverse vakuumtechnische Bauelemente gestört werden. Die Firma Coaters Paradise in Grabs hat ein derartiges Vakuumlötsystem entwickelt und in Zusammenarbeit mit dem ICE die Temperaturverteilung im System simuliert.

CAD des Vakuumsystems (links) und Temperaturverteilung im Inneren (rechts) Sensor 2017 prämiert Bachelorarbeit «Enzymatischer Lactatsensor» Die Bachelorarbeit von ­Martin Stahel und David Eggenberger, die beide im Rahmen ­ihres MSE-Masterstudiums am Institut MNT arbeiten, wurde von der Fachjury des Schweizer Vereins «sensors.ch» als b ­ este Arbeit 2017 im Bereich der Sensoren ausgewählt. Die Auszeichnung findet anlässlich der Generalversammlung des Vereins im Sommer 2018 statt. Die Entwicklung und Herstellung der Lactatsensoren wurde mit der hervorragenden Ausrüstung am Institut MNT realisiert. Die Funktion des neuen Sensors konnte anhand von Referenzlösungen demonstriert werden. Lactat ist unter anderem ein wichtiger Biomarker für Stoffwechsel und Trainingserfolg im Sport. ⊲⊲www.ntb.ch/mnt

Sicher richtig gesteckt – die intelligente Steckverbindung Bei komplexen Glasfaserverbindungen gibt es zwei Trends, die zum Ziel haben, die Gesamtkosten der Infrastruktur zu reduzieren. Der erste Trend ist eine hohe Packungsdichte und der zweite eine automatisierte Echtzeit-Verbindungsüberwachung. Bis heute konnten diese Trends nur einzeln am Markt

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nur für Wechselströme eingesetzt werden und scheiden daher aus.

abgedeckt werden. Durch ein innovatives Co-Design der optischen und elektronischen Komponenten haben die Institute MNT und ESA zusammen mit Reichle & De-Massari AG ein Verbindungssystem entwickelt, das ohne Einschränkung der Packungsdichte die Überwachung in Echtzeit ermöglicht. ⊲⊲www.ntb.ch/mnt ⊲⊲www.ntb.ch/esa

Lowest-Cost- Kommunikation für Temperatur-Tracking ASIC Im KTI-Projekt «LightCom» mit ELPRO BUCHS AG ist ein Produkt (Chip) zur Überwachung temperatursensibler Medikamente entstanden, welches jetzt in die Massenfertigung gelangt. Dank der NTB kann nach einer Laufzeit von bis zu fünf Jahren der Messverlauf über LEDs übertragen und von einem normalen Smartphone empfangen und angezeigt werden. Damit erhält der Kunde nicht nur eine binäre gut / schlecht Anzeige, sondern die gesamte Temperaturgeschichte mit genauen Zeitpunkten und der Dauer schädlicher Wärmeeinflüsse. ⊲⊲www.ntb.ch/esa

Magnetischer Stromwandler mit hoher Dynamik Zur Messung von schwachen elektrischen Strömen bis zu tiefsten Frequenzen sind nur wenige Messprinzipien bekannt: anhand des Spannungsabfalls an einem Paral­ lelwiderstand oder anhand der Feldstärke des durch den Strom entstehenden Magnetfeldes. Induktive Stromwandler oder Rogowski-Spulen können

Um die Herausforderungen bei einem Forschungsprojekt zu erfüllen, war ein sehr linear arbeitender Stromwandler für einen Messbereich bis hin zu einigen Ampère, bei einer Auflösung von unter einem Mikroampère, aufzubauen. Konkret geht es darum, einen schwachen Strom einer bekannten Frequenz präzise zu messen, dem ein Störstrom von einigen hundert Milliampère überlagert ist. Die Versuche mit Hallsensoren scheiterten, weil bei sehr kleinen Strömen kein Signal mehr zu messen war. Das magnetoresistive Prinzip versprach mehr Erfolg. Jedoch war die notwendige hohe Empfindlichkeit mit herkömmlichen Sensoren ebenfalls nicht zu erreichen. Erst ein neuartiges Sensorelement, das den Effekt des magnetischen Tunnelwiderstands nutzt, brachte den gewünschten Erfolg. Zur Erfassung und Auswertung des schwachen, stark verrauschten Signals waren gros­ se Anstrengungen notwendig, von der richtigen Schirmung über die analoge Vorverarbeitung bis hin zu einem speziellen AD-Wandler. Der eigens entwickelte Algorithmus holt das Nutzsignal sehr schmalbandig aus dem Rauschen heraus, wobei Signale anderer Frequenzen unterdrückt werden, die bis 100 Dezibel höher sind als das Nutzsignal. ⊲⊲www.ntb.ch/esa

Weiterbildungsangebot «Data Analytics» Datenanalyse und empirische Modelle sind Zugpferde der Digitalisierung. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass smarte Produkte letztendlich immer auf mathematischen Entscheidungssystemen in Kombination mit Daten basieren. Das ICE hat deshalb sein Weiterbildungsangebot um den zweitägigen Kurs «Data Analytics» erweitert, um die Erfahrungen, die das Institut in zahlreichen Industriekooperationen gesammelt hat, mit all den vielen konkreten Beispielen weiterzugeben. Inhaltlich dreht sich der Kurs zum einen um aktuelle Methoden und Verfahren im Bereich «Machine Learning», wobei die theoretischen Inhalte anhand von «hands-on-Sessions» selber ausprobiert werden. Andererseits soll den Teilnehmern der Blick dafür geschärft werden, wie Data Analytics gewinnbringend im eigenen Betrieb umgesetzt werden kann. Die nächste Durchführung findet am 11. und 12. Oktober 2018 statt. ⊲⊲www.ntb.ch/data-analytics

Design eines effizienten digitalen Tiefpassfilters Oft sind Aufgaben anspruchsvoller als sie auf den ersten Blick erscheinen: So war es beispielsweise beim Entwurf eines rekursiven Tiefpassfilters mit 2 Hz Grenzfrequenz, der ein mit 400 kHz abgetastetes Si­ gnal filtern soll. Wegen der tiefen Grenzfrequenz müssen die Filterkoeffizienten sehr genau sein – 6 bis 8 Nachkommastellen sind nötig. Dies führt zu einer aufwendigen Lösung. Ökonomischer geht es mit einem sogenannten CIC-Filter, der aus einer Folge von Integratoren und Differenzierern besteht. Diese Struktur braucht keine Multiplikatoren, kommt mit Fix-

komma-Arithmetik aus und ist damit sehr gut für die Implementation in einem FPGA geeignet. Projekt: «Idea Validation Instrument – IVI» Im Projekt «Idea Validation Instrument – IVI» erstellt das Institut IDEE der FHS St. Gallen zusammen mit dem Institut EMS der NTB ein Software-Tool, um Informationen zu Innovationsideen systematisch zu erfassen, aufzubereiten und zu visualisieren. Mit dieser Innovation können in einer frühen Phase des Innovationsprozesses validere Entscheidungen gefällt werden. Die Schwierigkeit ist dabei, den unterschiedlichen Ideen vergleichbare Ausgangslagen zu schaffen, diese nach verschiedenen Kriterien zu filtern und somit neue Ideen verlässlich zu bewerten. Dabei handelt es sich ebenfalls um eine einzigartige Neuerung. Dieses Werkzeug hilft den Entscheidungsprozess zu beschleunigen, Vor- und Nachteile vergleichbar darzustellen und damit mehr Entscheidungssicherheit zu erhalten. Weiter ermöglicht das Tool neue Veränderungen über die Zeit und neue Informationen in die Idee einfliessen zu lassen. ⊲⊲www.ntb.ch/ems

– Neue Ideen entwickeln und sammeln – Ideen erfassen und dokumentieren – Rahmenbedingungen festlegen

Idea Creation

– Ideen vergleichbar aufbereiten – Ideen visualisieren – Handlungsoptionen erarbeiten

Idea Visualisation

– Ideen vergleichen – Entscheidungssicherheit erhalten – Ideen auswählen und Projekte lancieren

ldea Evaluation


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Erfolgreicher 20. NTB-Stellenbörsentag Zum 20. Mal fand der Stellenbörsentag in der NTB statt. Es nahmen so viele Firmen teil wie seit zehn Jahren nicht mehr und einige wurden aus Platzgründen sogar abgewiesen. 63 Firmen – der Grossteil aus der Schweiz – stellten sich am Mittwochnachmittag an einer Tischbörse in der NTB rund 90 Diplomandinnen und Diplomanden und sonstigen Interessierten vor. Für die Firmen ist der Stellenbörsentag eine willkommene Plattform, um direkt und persönlich mit den Diplomanden in Kontakt zu treten – schliesslich sind gut ausgebildete Fachkräfte gesucht. Die Diplomanden haben im Gegenzug die Möglichkeit, potenzielle Arbeitgeber kennenzulernen und sich über das Jobangebot zu informieren. Im Jahr 1999 fand der Stellenbörsentag mit 34 Firmen zum ersten Mal statt. Seither lückenlos immer dabei waren die Firmen Helbling Technik AG und die Leica Geosystems AG. Sie wurden von der NTB mit einem Präsent geehrt. Finnova-Technology Award: Zwei NTB-Absolventen räumen ab Luca Barletta und Daniel G ­ nägi besuchten den Bachelor­ studiengang Systemtechnik, welcher von der Interstaatlichen Hochschule für Technik Buchs (NTB) in Chur in K ­ ooperation mit der HTW Chur angeboten wird. Mit ihrer Bachelorarbeit zum T ­ hema «Betrugserkennung anhand Ano­malien» konnten sie die Experten überzeugen und holten sich den ersten «FinnovaTechnology-Award», dotiert mit CHF 1000.–. In ihrer Bachelorthesis untersuchten sie in Zusammenarbeit mit der Firma

Inventx AG das Thema «Betrugserkennung anhand Anomalien» bei E-Banking-Transaktionen. Bestehende Methoden zur Betrugserkennung wurden dabei mittels «Machine Learning» ergänzt.

Praxisseminar «Reinheit und Verhalten in Reinräumen der technischen Produktion», Dienstag, 2. Oktober 2018 Für Betreiber von Reinräumen der technischen Produk­tion steht die Zuverlässigkeit ihrer Produkte, die Minimierung des Ausschusses und somit der Kosten im Vordergrund. Anhand der Analyse von Schäden am Produkt haben sich zwei Risikoquellen als die massgeblichsten herausgestellt: das Verhalten der Mitarbeitenden im Reinraum und der Reinigungsprozess der Produktionsumgebung und der Produkte. Auf diese zwei Einflussfaktoren auf die Produktqualität gehen die Firma Rohr AG und die NTB mit diesem Seminar ein. Ziel des Seminars ist es, Wissen zu vermitteln, welches als Basiskompetenz für die Erreichung und Aufrechterhaltung der Reinheit in Reinräumen und von Produkten erforderlich, und im Anschluss in der Praxis «Hands on» live zu erleben ist. Die Anmeldung erfolgt über die Firma Rohr AG ⊲⊲www.rohrag.ch

funktionieren nur im Kontext einer spezifischen Fragestellung. Man verliert dabei die Universalität, gewinnt aber massiv an Effizienz. Dazu zwei Beispiele:

Schnelle Codes – mittels Modellreduktion durch Wände schauen Genauigkeit und Schnelligkeit sind nicht notwendigerweise ein Widerspruch. Schnelle Codes basieren auf mathematisch adäquat formulierten Modellen und einer effizienten und sauberen Implementierung. Numerische Simulation ist eine Schlüsseltechnologie bei der Entwicklung neuer Produkte und der Realisierung innovativer technischer Ideen. Dabei ist der Bedarf an sehr genauen und schnellen Simulationsmodellen ungebrochen: Werden eine Vielzahl solcher Berechnungen durchgeführt (z. B. Optimierung, Parameterstudien) oder wenn knappe Ressourcen die Rechenleistung in der Anwendung einschränken (z. B. Batteriebetrieb), ist eine Minute Rechenzeit oft schon zu lang. Spezielle mathematische Methoden sind gefragt, um schnelle Simulationsmodelle zu liefern. Mittels sogenannter Modellreduktion lassen sich generische und aufwendige Modellansätze auf die wesentlichen Eigenschaften mit nur geringem Genauigkeitsverlust reduzieren. Diese Methoden

Das Wasser in einer Kaffeemaschine muss möglichst rasch in der richtigen Temperatur bereitstehen ohne dabei zu überhitzen. Um das zu erreichen, ist in Kaffeemaschinen ein Modell des Heizblocks hinterlegt. Dieses wird zunächst aufwendig mittels FEM erstellt und dann zu einem einfachen Knotenmodell reduziert, welches auch auf einem kleinen Mikrokon­ troller schnell berechnet werden kann. Detektionsgeräte für Rohrleitungen in Wänden nutzen gepulste Magnetfelder, um das verborgene Metall in der Wand anzuregen und so «sichtbar» zu machen. Die Maxwell’schen Gleichungen bilden die Grundlage zur Rekonstruktion der Leitungen, der Rechenaufwand für einen einzigen Puls kann aber mehrere Stunden betragen. Durch Reduktion auf ein quasistatisches Multipolmodell ist es am ICE gelungen, die gleichen Rechnungen in wenigen Millisekunden zu lösen. Am ICE werden viele solcher Codes entwickelt. Modelle zu entwickeln, die genau auf eine spezifische Fragestellung zugeschnitten sind, ist eine der Kernkompetenzen. Die Kunst der Modellierung besteht da­ rin, für jedes Problem die angemessene mathematische Formulierung und den richtigen Modellansatz zu finden. Dies ist eine wahre Passion des ICE.

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Jens Breu CEO SFS Group

«Die Berufslehre entscheidet über Sein oder Nichtsein des Werkplatzes Schweiz.» Jens Breu ist CEO der SFS und führt das international tätige Unternehmen seit Januar 2016. Nach seiner Berufslehre als ­Polymechaniker stiess er 1995 als Projektleiter für Neuprodukte zu SFS. Berufsbegleitend absolvierte Breu die Ausbildung zum Ingenieur Maschinenbau HTL. Von 2000 bis 2008 war er für SFS in den USA tätig. Parallel studierte er an der Cleveland S ­ tate University und erwarb einen MBA-Abschluss. Nach seiner Rückkehr in die Schweiz wurde er Mitglied der Geschäftsleitung der SFS intec. Per 1. Januar 2014 war er zum COO der SFS Group ernannt und als ­Nachfolger von Heinrich Spoerry als CEO positioniert worden.

Herr Breu, der Start in Ihre Berufskarriere begann mit einer Lehre als Polymechaniker. Wie stark profitieren Sie heute noch von Ihrem praxisorientierten Bildungsweg? Mir war schon ziemlich früh klar, dass ich nicht an die Kantonsschule, sondern direkt in die Arbeitswelt einsteigen möchte. Ich wollte eine Tätigkeit ausüben, bei der die Freude stets im Vordergrund steht. Und so ist es bis heute. Für mich ist die Berufslehre unbezahlbar, denn die praktische Basiserfahrung kann man nicht nachholen. Die Arbeitsmarkt­ erfahrung als junger Erwachsener war für mich wichtig und hat mich geprägt. Ich bin sicher, dass sich meine Fähigkeiten ohne diese Erfahrung ganz anders entwickelt hätten. Die Leistungserwartung, verbunden mit dem Kostendruck, und die Zusammenarbeit mit Mitarbeitenden verschiedensten Alters, die alle auf dasselbe Ziel hinarbeiten: ein innovatives Produkt auf den Markt zu bringen. Das fasziniert mich. Von diesen Erfahrungen konnte ich später immer wieder zehren. Worin sehen Sie die Vorteile des dualen Bildungswegs in der Schweiz? Die Berufslehre entscheidet über Sein oder Nichtsein des Werkplatzes Schweiz. Die praxisnahe Ausbildung im Betrieb in Verbindung mit der schulischen Bildung verspricht eine hervorragende Basis für die Jugendlichen, von der sie enorm profitieren können. Denn die Arbeitsmarkterfahrung, die sie während der Lehre sammeln, erhöht später die Chancen auf dem Arbeitsmarkt enorm. Aus diesen Gründen engagiert sich auch die SFS Group stark in diesem Bereich. Weltweit sollen fünf bis sieben Prozent der Mitarbeitenden talentierte, junge Lernende sein. Dies veranlasst die SFS Group zur verstärkten, internationalen Förderung der dualen Ausbildung.

Was empfehlen Sie jungen Technikbegeisterten – einen Karriereweg wie der Ihre oder einen anderen Bildungsweg? Ich empfehle ihnen auf jeden Fall, eine Berufsbildung zu absolvieren. Denn nur so können sie Praxis und Theorie miteinander verbinden und so die Basis für ihren weiteren, erfolgreichen Berufsweg legen. Sie haben einige Zeit in den USA gearbeitet und auch einen MBA-Abschluss absolviert. Welche Stärken hat die Schweiz gegenüber den USA im Hinblick auf die Personalrekrutierung? Wie bereits erwähnt, engagiert sich SFS auch international stark für die Berufsbildung. Wir möchten zusammen mit lokalen Schulen ähnliche Strukturen aufbauen wie in der Schweiz. Damit können wir Fachkräfte intern ausbilden und ihnen eine attraktive Arbeitsstelle anbieten. Mitarbeitende mit einer soliden Berufsausbildung sind sehr schwierig zu rekrutieren. Auch Stellen im Produktionsbetrieb sind nur mit grossen Anstrengungen zu besetzen – da haben wir es auch dank der Berufsbildung in der Schweiz wesentlich einfacher. NTB und SFS pflegen im Rahmen des «Praktikumsjahres» eine enge Zusammenarbeit. Wie wichtig ist ein solches Projekt für Ihr Unternehmen? Diese enge Zusammenarbeit mit der NTB ist sehr wichtig für uns. Jene, die sich für eine Matura entschieden haben, erhalten während des Praktikumsjahrs Einblicke in einen Industriebetrieb und können so die nötige Praxis sammeln. Wir pflegen intensiven Kontakt zu ehemaligen Praktikanten und Lehrabgängern. Denn es ist unser Ziel, von den vakanten Führungspositionen mehr als 70 % mit geeigneten, internen Mitarbeitenden zu besetzen.

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NTB I N S I D E

N R .  5 5 / J U N I 2 0 1 8

Agenda Bachelorarbeiten-Ausstellung

14. September 2018

NTB Studienzentrum St. Gallen

Bachelorarbeiten-Ausstellung

21. September 2018

NTB Campus Buchs

OTS 17. Ostschweizer Technologiesymposium

24.  August 2018

Olma Hallen St. Gallen

OBA Berufsmesse St. Gallen

30. August – 2. September

Olma Hallen St. Gallen

Next Step Berufs- und Bildungstage

21./22. September 2018

im SAL, Schaan

Infotag Ingenieurstudium St. Gallen

24. November 2018

NTB Studienzentrum St. Gallen

NTB Interstaatliche Hochschule für Technik Buchs www.ntb.ch NTB Campus Buchs Werdenbergstrasse 4 9471 Buchs Tel. +41 81 755 33 11 office@ntb.ch

NTB Studienzentrum St. Gallen Schönauweg 4, Postfach 9013 St. Gallen Tel. +41 81 755 32 00 office@ntb.ch

NTB Standort Chur HTW Chur (Kooperationspartner) Hochschule für Technik und Wirtschaft Pulvermühlestrasse 57 7004 Chur

IMPRESSUM Herausgeberin: Interstaatliche Hochschule für Technik Buchs NTB Redaktion und verantwortlich für den Inhalt: Roland Seeger, Gastautoren und DACHCOM Fotos:

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Druck:

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Anzeigenverkauf: Somedia Promotion, Chur, Tel. +41 81 255 58 58, chur.inserate@somedia.ch Somedia Promotion, Glarus, Tel. +41 55 645 38 88, glarus.inserate@somedia.ch Studienstandorte: NTB Campus Buchs, Werdenbergstrasse 4, 9471 Buchs, Tel. +41 81 755 33 11, office@ntb.ch NTB Studienzentrum St. Gallen, Schönauweg 4, 9013 St. Gallen, Tel. +41 81 755 32 00, office@ntb.ch NTB Standort Chur in Kooperation mit der HTW Chur, Pulvermühlestrasse 57, 7004 Chur


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