OBS-Arbeitsheft 87
OBS-Arbeitsheft 87
OBS-Arbeitsheft 87
Otto, Köhler, Baars – „Die Griechen provozieren!“
Otto Brenner Stiftung
„Die Griechen provozieren!“
Kim Otto, Andreas Köhler, Kristin Baars
„Die Griechen provozieren!“ Die öffentlich-rechtliche Berichterstattung über die griechische Staatsschuldenkrise
www.otto-brenner-stiftung.de
Eine Studie der Otto Brenner Stiftung Frankfurt am Main 2016
Die Otto Brenner Stiftung …
OBS-Arbeitsheft 87 ISSN-Print 1863-6934 ISSN-Online 2365-2314
... ist die gemeinnützige Wissenschaftsstiftung der IG Metall. Sie hat ihren Sitz in Frankfurt am Main. Als Forum für gesellschaftliche Diskurse und Einrichtung der Forschungsförderung ist sie dem Ziel der sozialen Gerechtigkeit verpflichtet. Besonderes Augenmerk gilt dabei dem Ausgleich zwischen Ost und West.
Herausgeber: Otto Brenner Stiftung Jupp Legrand Wilhelm-Leuschner-Straße 79 60329 Frankfurt am Main Tel.: 069 6693-2810 Fax: 069 6693-2786 E-Mail: info@otto-brenner-stiftung.de www.otto-brenner-stiftung.de
... initiiert den gesellschaftlichen Dialog durch Veranstaltungen, Workshops und Koopera tionsveranstaltungen (z. B. im Herbst die OBS-Jahrestagungen), organisiert internationale Konferenzen (Mittel-Ost-Europa-Tagungen im Frühjahr), lobt jährlich den „Brenner-Preis für kritischen Journalismus“ aus, fördert wissenschaftliche Untersuchungen zu sozialen, arbeitsmarkt- und gesellschaftspolitischen Themen, vergibt Kurzstudien und legt aktuelle Analysen vor.
Autor*innen: Prof. Dr. Kim Otto Professor für Wirtschaftsjournalismus Universität Würzburg Kontakt: kim.otto@uni-wuerzburg.de
... macht die Ergebnisse der Projekte öffentlich zugänglich.
Andreas Köhler, M. A. Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Professur für Wirtschaftsjournalismus Universität Würzburg Kontakt: andreas.koehler1@uni-wuerzburg.de Kristin Baars, B. A. Wissenschaftliche Hilfskraft der Professur für Wirtschaftsjournalismus Universität Würzburg Redaktion: Benedikt Linden Otto Brenner Stiftung Lektorat: Dr. Sabine Giehle TEXT + FAKT, Mainz www.text-und-fakt.de Satz und Gestaltung: www.complot-mainz.de Titelbild: Collage: com.plot, Foto: Fotolia Druck: mww.druck und so ... GmbH, Mainz-Kastel Redaktionsschluss: 29. Juli 2016
... veröffentlicht die Ergebnisse ihrer Forschungsförderung in der Reihe „OBS-Arbeitshefte“ oder als Arbeitspapiere (nur online). Die Arbeitshefte werden, wie auch alle anderen Publikationen der OBS, kostenlos abgegeben. Über die Homepage der Stiftung können sie auch elektronisch bestellt werden. Vergriffene Hefte halten wir als PDF zum Download bereit. ... freut sich über jede ideelle Unterstützung ihrer Arbeit. Aber wir sind auch sehr dankbar, wenn die Arbeit der OBS materiell gefördert wird. ... ist zuletzt durch Bescheid des Finanzamtes Frankfurt am Main V (-Höchst) vom 9. April 2015 als ausschließlich und unmittelbar gemeinnützig anerkannt worden. Aufgrund der Gemeinnützigkeit der Otto Brenner Stiftung sind Spenden steuerlich absetzbar bzw. begünstigt.
Aktuelle Ergebnisse der Forschungsförderung in der Reihe „OBS-Arbeitshefte“
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Kim Otto, Andreas Köhler, Kristin Baars
„Die Griechen provozieren!“
Die öffentlich-rechtliche Berichterstattung über die griechische Staatschuldenkrise
OBS-Arbeitsheft 86 Lutz Frühbrodt
Content Marketing
Wie „Unternehmensjournalisten“ die öffentliche Meinung beeinflussen
OBS-Arbeitsheft 85*
Sabine Ferenschild, Julia Schniewind
Folgen des Freihandels
Das Ende des Welttextilabkommens und die Auswirkungen auf die Beschäftigten
OBS-Arbeitsheft 84* Fritz Wolf
„Wir sind das Publikum!“
Autoritätsverlust der Medien und Zwang zum Dialog
OBS-Arbeitsheft 83
Thomas Goes, Stefan Schmalz, Marcel Thiel, Klaus Dörre
Gewerkschaften im Aufwind?
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OBS-Arbeitsheft 87
Stärkung gewerkschaftlicher Organisationsmacht in Ostdeutschland
OBS-Arbeitsheft 82
Silke Röbenack, Ingrid Artus
Betriebsräte im Aufbruch?
Vitalisierung betrieblicher Mitbestimmung in Ostdeutschland
OBS-Arbeitsheft 81* Bernd Gäbler
„... den Mächtigen unbequem sein“
Anspruch und Wirklichkeit der TV-Politikmagazine
OBS-Arbeitsheft 80* Wolfgang Merkel
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Demokratische Innovationen in Theorie und Praxis
OBS-Arbeitsheft 79*
Fabian Virchow, Tanja Thomas, Elke Grittmann
„Das Unwort erklärt die Untat“
Die Berichterstattung über die NSU-Morde – eine Medienkritik
OBS-Arbeitsheft 78*
Hans-Jürgen Arlt, Wolfgang Storz
Missbrauchte Politik
„Bild“ und „BamS“ im Bundestagswahlkampf 2013
OBS-Arbeitsheft 77*
Werner Rügemer, Elmar Wigand
Union-Busting in Deutschland
Die Bekämpfung von Betriebsräten und Gewerkschaften als professionelle Dienstleistung
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Vorwort
Vorwort
„Die Halbstarken von Athen“ („WAZ“), „Keine weiteren Milliarden für die gierigen Griechen!“ („Bild“) – Schlagzeilen wie diese prägten den Sommer 2015. Der Streit zwischen der Linksregierung in Griechenland und ihren europäischen Gläubigern – vor allem der Bundesregierung – war voll entbrannt. Entsprechend prominent war das Thema in den deutschen Nachrichten präsent. Aber es regte sich auch schnell Kritik an der Art der Berichterstattung. Ein großer Teil der Bevölkerung stand der Berichterstattung vieler deutscher Medien zur griechischen Staatsschuldenkrise kritisch gegenüber und fühlte sich schlecht informiert. Als symptomatisch wurde angesehen, was der ARD-Korrespondent in Brüssel, Rolf-Dieter Krause, in einer Sendung bei Frank Plasberg („hart aber fair“) sagte: „Jetzt kommen aber diese Jungs von Syriza und führen Europa am Nasenring durch die Manege. (…) Wer so vorgeht, gehört zum Teufel gejagt.“ Der Vorwurf der einseitigen Darstellung eines so wichtigen politischen Ereignisses ist aus mehreren Gründen schwerwiegend: Erstens machen Krisen-Zeiten eine besonders kompetente Berichterstattung notwendig. Um sich eine eigene Meinung bilden zu können, müssen die Bürger*innen umfassend und ausgewogen über die Sachverhalte und die politischen Alternativen, die zur Entscheidung stehen, informiert werden. Zweitens reiht sich diese Kritik ein in den Kontext eines allgemeinen Verlustes des Vertrauens in die mediale Berichterstattung. Doch dieser Vertrauensverlust führt nicht nur zu fundierter, begründeter Kritik, die als Korrektiv der Entwicklung dienen könnte. Auch die „Lügenpresse“- und „Gleichschaltung“-Rufer – unerträglich historisch parallelisierend und pauschalisierend – bekommen damit neuen Auftrieb. Viele Redakteur*innen und Redaktionen reagieren mit Abwehr, ein Verhalten, das dann häufig selbst pauschal weiter gegen Kritik immunisiert. In dieser vertrackten Situation erscheint es der Otto Brenner Stiftung umso wichtiger, die Polarisierung in der Medienkritik zu durchbrechen: weder sollten bedenkliche Entwicklungen, verursacht durch persönliche Verfehlungen und strukturelle Defizite, in der Medienbranche eine pauschale Verurteilung der dort arbeitenden Menschen und „der“ Presse zur Folge haben. Noch darf die Lautstärke der rechtspopulistischen und verschwörungstheoretischen Rufer zum Verzicht auf (auch durchaus radikale) Medienkritik führen. Im Gegenteil: Mehr denn je bedarf es nun sachlicher und gut argumentierender Kritik, die auf der Sorge vor dem Verlust der für eine Demokratie so wichtigen Kontrollfunktion der Medien gegenüber den Mächtigen in Wirtschaft und Politik beruht. Nur so können Fehlentwicklungen präzise benannt, diejenigen in der Medienbranche, die tatsächlich keinerlei Verantwortung für Fehlleistungen trifft, vor pauschaler Kritik geschützt und notwendige Ansatzpunkte für Veränderung aufgezeigt werden.
1
„Die Griechen provozieren!”
Vor diesem Hintergrund legt die OBS eine breit angelegte Untersuchung über die Berichterstattung der wichtigsten öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen im deutschen Fernsehen zur griechischen Staatsschuldenkrise im Jahr 2015 vor. Untersucht wurden die täglichen Hauptausgaben von „Tagesschau“ und „heute“ sowie die Sondersendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“ zum Thema Griechenland. Die Autor*innen unserer Studie haben bereits für die Hans-Böckler-Stiftung (HBS) die Berichterstattung zur griechischen Staatsschuldenkrise im ersten Halbjahr 2015 in wichtigen deutschen Tageszeitungen sowie im Internet-Portal Spiegel Online (SPON) untersucht. Ein Ergebnis: Die Berichterstattung zur griechischen Staatsschuldenkrise war wenig tiefgründig und stark wertend. Unsere OBS-Studie, die auf eine einzigartige Fülle an empirischem Material zurückgreifen kann, identifiziert ebenfalls erhebliche Probleme in der Qualität der TV-Berichterstattung. Während die Berichterstattung der Nachrichtensendungen die Relevanz des Themas angemessen widerspiegelte und hier auch das Kriterium der Vielfalt erfüllt wurde, zeigten sich Mängel bei den Kriterien der Neutralität, der Ausgewogenheit und der analytischen Qualität. Die Berichterstattung blieb im Untersuchungszeitraum auf ganz wenige Themen fokussiert, Journalist*innen ließen oft eigene Bewertungen in Nachrichten und Berichte einfließen und die Tonalität über alle Beiträge hinweg war deutlich zuungunsten der Position der griechischen Regierung. Der in vielen öffentlichen Debatten formulierte Eindruck der einseitigen Berichterstattung wird von der vorliegenden Studie also (teilweise) empirisch untermauert. Aufgrund der festgestellten Verfehlungen bei zentralen Qualitätskriterien müssen sich die öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen fragen lassen, ob sie immer ihrem gesetzlichen Auftrag nachkommen und ihrem journalistischen Anspruch gerecht werden. Ein funktionierender öffentlich-rechtlicher Rundfunk ist für die gelebte Vielfalt einer engagierten Zivilgesellschaft und die Stabilität eines demokratischen Gemeinwesens von überragender Bedeutung. Ausgewogenheit, Neutralität und Tiefe in der Berichterstattung sind wichtig und müssen garantiert werden. Wir hoffen, dass unsere Studie einen Teil dazu beiträgt, dass über belegbare Defizite wieder fair gestritten wird und sie konstruktive Bemühungen unterstützt, aus erkannten Fehlern zu lernen und besser zu werden in der Berichterstattung – auch und besonders über Griechenland-Krise und Euro-Debatte hinaus.
Jupp Legrand Geschäftsführer der OBS
2
Frankfurt am Main, im Juli 2016
Inhalt
Inhalt
1 Einleitung................................................................................................................. 5 2
Stand der Forschung................................................................................................. 9 2.1 Fernsehnachrichten und Qualität.....................................................................................9 2.2 Berichterstattung zu den jüngsten Finanz- und Schuldenkrisen.......................................11
3
Qualität in Fernsehnachrichten................................................................................ 14 3.1 Fernsehnachrichten in Deutschland............................................................................... 14 3.2 Qualitätskriterien für Fernsehnachrichten...................................................................... 16
4 Forschungsdesign.................................................................................................. 26 4.1 Zielsetzung und Fragestellungen...................................................................................26 4.2 Methode....................................................................................................................... 27 4.3 Operationalisierung/Erläuterung von Begrifflichkeiten und Konzepten........................... 27 4.4 Materialbasis................................................................................................................ 31 4.5 Durchführung................................................................................................................ 34 4.6 Reliabilität, Validität und Neutralität der Untersuchung.................................................. 34
5
Ergebnisse der Untersuchung..................................................................................37 5.1 Relevanz des Themas.................................................................................................... 37 5.2 Vielfalt der Akteure in der Berichterstattung................................................................... 45 5.3 Ausgewogenheit in der Berichterstattung...................................................................... 47 5.3.1 Akteursausgewogenheit.................................................................................... 48 5.3.2 Bewertungsausgewogenheit............................................................................... 57 5.4 Neutralität der Berichterstattung................................................................................... 77 5.5 Analytische Qualität der Darstellung der griechischen Reformagenda
in der Berichterstattung................................................................................................. 83 5.5.1 Politikfelder in der Nachrichtenberichterstattung.................................................84 5.5.2 Berichterstattung über konkrete Reformvorschläge...............................................90 5.5.3 Andere Themen im Fokus der Berichterstattung.................................................... 97
3
„Die Griechen provozieren!�
6
Zusammenfassung der Ergebnisse......................................................................... 103 6.1 Ergebnisse fĂźr die gesamte Nachrichtenberichterstattung ............................................103 6.2 Vergleich der untersuchten Nachrichtensendungen...................................................... 106 6.3 Schlussfolgerungen .....................................................................................................110
Anhang..................................................................................................................111 Literaturverzeichnis.............................................................................................................112 Tabellarischer Anhang......................................................................................................... 115 Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen............................................................................123 Hinweise zu den Autor*innen.............................................................................................. 126
4
Einleitung
1 Einleitung
Die griechische Staatsschuldenkrise war im
tios 2015: 82). Die Regierung in Athen musste
Jahr 2015 eines der zentralen Themen der Fern-
sich jedoch, um weitere Hilfen zu bekommen,
sehberichterstattung in Deutschland. Nach der
zu Spar- und Reformauflagen sowie zur wei-
Flüchtlingskrise wurde über kein Thema so in-
teren Zusammenarbeit mit EU, EZB und IWF
tensiv berichtet (Krüger/Zapf-Schramm 2016:
bekennen. Am 24. Februar reichte die griechi-
85). In mehr als jeder dritten Nachrichtensen-
sche Regierung eine Liste mit Reformen bei
dung von ARD und ZDF wurde die griechische
der EU ein, die grünes Licht für weitere Kre-
Staatsschuldenkrise thematisiert. In über 19
ditauszahlungen bis Ende Juni gab. Bis dahin
Stunden befassten sich die Nachrichtensen-
musste die griechische Regierung die Regie-
dungen im Jahr 2015 mit dem Thema. Daran
rungen der EU-Staaten und den IWF von einer
ist die hohe Relevanz der griechischen Staats-
Verlängerung der Finanzhilfen überzeugen. In
schuldenkrise für die Berichterstattung in der
der Nacht zum 27. Juni 2015 brach Regierungs-
deutschen Nachrichtenberichterstattung er-
chef Alexis Tsipras die Verhandlungen ab und
kennbar. Das lag sicher auch an den Ereignis-
setzte ein Referendum an. Die Griech*innen
sen in Griechenland.
sollten über einen Reformentwurf der Institu-
Nachdem Griechenland aufgrund seiner
tionen EU, IWF und EZB abstimmen. In diesem
hohen Staatsverschuldung und eines hohen
Referendum wurde, bei einer Wahlbeteiligung
Haushaltsdefizites von über zwölf Prozent im
von 62,5 Prozent, der Vorschlag mit 61,3 Pro-
Jahr 2009 die Zahlungsunfähigkeit drohte, be-
zent der gültigen Stimmen abgelehnt. In Folge
antragte das Land im Jahr 2010 Finanzhilfen
des Abbruchs der Verhandlungen und der sich
internationaler Geldgeber. Daraufhin wurden
verschärfenden wirtschaftlichen Lage wurden
von der Europäischen Zentralbank (EZB), der
Kapitalverkehrskontrollen mit deutlichen Be-
EU und dem Internationalen Währungsfonds
lastungen der griechischen Bevölkerung und
(IWF) (auch „Troika“ oder „Institutionen“ ge-
Wirtschaft eingeführt. Am 12. Juli 2015 einigten
nannt) in den folgenden Jahren Kredite und
sich die Staats- und Regierungschefs und -che-
Bürgschaften im Umfang von mehreren Hun-
finnen der Eurozone schließlich einstimmig auf
dert Milliarden Euro vergeben. Diese Finanzhil-
Rahmenbedingungen für ein drittes Programm.
fen waren an strenge Sparauflagen geknüpft.
Einige Mitglieder des Syriza-Bündnisses tru-
Am 25. Januar 2015 wurden in Griechenland
gen den neuen Spar- und Reformkurs von
ein neues Parlament und eine neue Regierung
Alexis Tsipras jedoch nicht mit. Er trat am 20.
gewählt. Das Linksbündnis Syriza um Partei-
August 2015 von seinem Amt zurück. Am 20.
chef Alexis Tsipras gewann die Wahl. Alexis
September 2015 kam es zu Neuwahlen, wel-
Tsipras wollte die Sparauflagen der internatio-
che wiederum das von Alexis Tsipras geführte
nalen Geldgeber lockern, die Austeritätspolitik
Syriza-Bündnis gewann.
beenden, Privatisierungen zurückfahren und
Deutschland nahm als größter Geldgeber
die Kreditvereinbarungen neu verhandeln (Ko-
innerhalb der Eurogruppe eine besondere Rol-
5
„Die Griechen provozieren!”
le im Konflikt mit Griechenland ein. Im zweiten
len für das ZDF-Politbarometer (Forschungs-
Hilfspaket wurden 142,7 Milliarden Euro an
gruppe Wahlen 2015). 70 Prozent der Befragten
Griechenland ausgezahlt. 11,8 Milliarden da-
waren im Juni 2015 gegen weitere Zugeständ-
von kamen vom IWF, die restlichen 130,9 Milli-
nisse der EU an Griechenland. Betrachtet man
arden von dem europäischen Rettungsschirm.
Demoskopie als Messinstrument der öffentli-
Nachdem Griechenland, Irland und Portugal als
chen Meinung (vgl. Otto 2001: 59; Raupp 2007:
Bürgen ausfielen, stieg der deutsche Anteil auf
53), so ist während des ersten Halbjahres die
etwa 29 Prozent – im Fall des zweiten Griechen-
Zustimmung zu finanziellen Hilfen für Grie-
land-Pakets entspricht das knapp 38 Milliarden
chenland in der öffentlichen Meinung stark zu-
Euro (Bundesministerium der Finanzen 2015).
rückgegangen. Die Akteure des Wirtschaftssys-
In den Verhandlungen trat die deutsche
tems, insbesondere aus der Finanzwirtschaft,
Regierung hart für eine Reduzierung der
und die Akteure aus dem politischen System
Staatsverschuldung durch Einsparungen, Pri-
verloren an Vertrauen in der Bevölkerung.
vatisierungen und Steuererhöhungen ein. Fi-
Die öffentliche Meinung wird durch Mas-
nanzminister Schäuble drohte zeitweise mit
senmedien maßgeblich beeinflusst. Verunsi-
einem Euro-Austritt Griechenlands auf Zeit. Die
cherung in der Bevölkerung kann ihre Ursache
Mehrheit der Eurostaaten im Minister*innenrat
demnach auch in der massenmedialen Bericht-
folgte der politischen Linie der deutschen Re-
erstattung haben. Nachrichtensendungen gel-
gierung, die zur Lösung der Staatsschulden-
ten als Herzstück der Informationssendungen
krise auf Austeritätspolitik setzte. Die EU-Kom-
im Fernsehen. Ihnen wird ein hohes Maß an
mission und auch die französische Regierung
Glaubwürdigkeit und größte Beachtung von der
wollten Griechenland auf jeden Fall im Euro
Öffentlichkeit entgegengebracht. Ihr „offiziöser
halten und waren dementsprechend stärker zu
Nimbus“ suggeriere eine neutrale und vollstän-
Zugeständnissen bereit. Der IWF trat hart und
dige Berichterstattung (vgl. Faulstich 2008: 78).
streng gegenüber der griechischen Regierung
Über die Fernsehnachrichten wird ein wesent-
auf und forderte weitreichende Strukturrefor-
licher Teil der Öffentlichkeit hergestellt, durch
men als Grundlage für weitere Kredite.
welche die Bürger*innen am öffentlichen Dis-
Meinungsumschwung
Während des Jahres 2015 konnte ein Mei-
kurs beteiligt werden und sich eine Meinung
im Jahr 2015
nungsumschwung in der deutschen Bevöl-
über die relevanten Themen bilden können.
kerung beobachtet werden. Waren im Januar
Verbunden sind damit die Forderungen nach
55 Prozent der Deutschen für einen Verbleib
der Trennung von Nachrichten und Meinung,
Griechenlands im Euro und 33 Prozent dage-
nach Verständlichkeit, kritischer Distanz, Hin-
gen, so wollten im Juni nur noch 41 Prozent,
tergrundberichterstattung, Vielfalt und Ausge-
dass Griechenland den Euro behält, 51 Prozent
wogenheit, denn Fernsehnachrichten gelten als
waren dagegen. Diesen Meinungsumschwung
Teil der alltäglichen Kommunikationskultur (vgl.
zeigen Umfragen der Forschungsgruppe Wah-
Meckel/Kamps 1998: 11; Faulstich 2008: 79).
6
Einleitung
Flaggschiffe der Nachrichtensendungen
lierten Leistungsvorgaben sind die Grundlage
in Deutschland sind die „Tagesschau“ in der
seiner Existenzberechtigung. Der öffentlich-
öffentlich-rechtlichen ARD sowie die Sendung
rechtliche Rundfunk ist zur Ausgewogenheit
„heute“ des öffentlich-rechtlichen ZDF. Die bei-
verpflichtet. Dazu gehören das Gebot einer
den Nachrichtensendungen erreichen täglich
fairen und unabhängigen Berichterstattung
fast 13 Millionen Zuschauer*innen.
und die Verpflichtung zur Überparteilichkeit.
Die Berichterstattung der ARD stand in Wirt-
Die Abbildung verschiedener Meinungen im
schaftskrisen zuletzt in der Kritik. „Es mangelt
Programm soll insgesamt ausgewogen sein.
nach unseren Analysen an der Einhaltung von
Diese Vorgaben gelten in besonderem Maße
journalistischen Grundfertigkeiten“, fassten
für Nachrichten und politische Sendungen. Au-
Arlt und Storz (2010: 151) ihre Untersuchung
ßerdem sind die Nachrichtensendungen dem
der ARD-Berichterstattung zu Krisenereignis-
Gebot der Neutralität verpflichtet und sollen
sen zusammen. Gäbler (2015) kritisierte die
den Bürger*innen wesentliche Hintergrundin-
politischen Magazine in der ARD und dem ZDF
formationen zur Meinungsbildung liefern.
und forderte mehr Hintergrundinformation und mehr Meinungsdebatten.
Im Mittelpunkt dieser Studie steht daher die Frage, wie über die griechische Staats-
Dabei geht es für den öffentlich-rechtlichen
schuldenkrise in den Nachrichtensendungen
Rundfunk um die für ihn wesentliche Frage, ob
des öffentlich-rechtlichen Rundfunks berichtet
er seinen gesetzlichen Auftrag erfüllt. Die Leis-
wurde. Hierzu zählen die Sendungen „Tages-
tungsanforderungen an den öffentlich-rechtli-
schau“ und „heute“ sowie die Sondersendun-
chen Rundfunk sind mehr oder weniger explizit
gen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“, die bei
in den Rechtsgrundlagen für den Rundfunk in
besonderen Ereignissen die Hauptnachrich-
der Bundesrepublik Deutschland formuliert: in
tensendungen ergänzen. Untersucht wird, ob
der Verfassung, in den Landesrundfunkgeset-
die Anforderungen an Neutralität, Ausgewo-
zen und Rundfunkstaatsverträgen und in der
genheit, Vielfalt und Hintergrundberichterstat-
Rechtsprechung des Bundesverfassungsge-
tung eingehalten wurden.
richts. Der Rundfunk wird dabei als Medium
Dieser Ergebnisbericht führt zunächst in
und Faktor der öffentlichen Meinungsbildung
den Stand der Forschung zur Qualität von Fern-
betrachtet, der eine Reihe von Anforderungen
sehnachrichten ein. Anschließend werden die
erfüllen muss. Die Funktion der Meinungsbil-
relevanten Kriterien für Qualität im Fernsehen
dung sieht der Gesetzgeber nur dann erfüllt,
herausgearbeitet und erläutert. Als Grundlage
wenn die angebotenen Informationen „breit“,
wird zudem die Bedeutung von Fernsehnach-
„vollständig“ und „ausgewogen“ sind (BVerfGE
richten für Öffentlichkeit und Gesellschaft be-
12, 205).
schrieben. Darauf aufbauend werden die Ziel-
Die gesetzlichen Vorgaben für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und die darin formu-
Leistungsanforderungen an den Rundfunk
setzung und die Forschungsfragen der Studie detaillierter dargelegt.
7
„Die Griechen provozieren!”
Anschließend daran werden das Untersu-
Vermittlung von Meinungen und die Thema-
chungsdesign und das methodische Vorgehen
tisierung der griechischen Reformpolitik. Im
der Studie erläutert. Den größten Teil dieser
abschließenden Fazit werden die Erkenntnisse
Studie nimmt die Ergebnisdarstellung ein. Sie
hinsichtlich der Fragestellungen systematisch
orientiert sich an den zentralen Forschungs-
zusammengefasst und die Bedeutung der Er-
fragen und beleuchtet die Berichterstattungs-
gebnisse interpretiert und diskutiert.
intensität, die Darstellung von Akteuren, die
8
Stand der Forschung
2 Stand der Forschung
Im Folgenden soll der Stand der wissenschaft-
die Professionalität, die auf inhaltlicher
lichen Forschung zum Untersuchungsobjekt
Ebene insbesondere journalistische Pro-
dieser Studie, den Fernsehnachrichten, und
fessionalität meint und somit u. a. Sachge-
zum Untersuchungsgegenstand, der Berichter-
rechtigkeit, Ausgewogenheit, analytische
stattung zur griechischen Staatsschuldenkri-
Qualität und Neutralität beinhaltet.
se, dargestellt werden. Dabei werden jeweils Studien und Ergebnisse herausgestellt, die
Eine Reihe von Studien baut auf diesem Ansatz
die Qualität der Berichterstattung in den Fo-
auf (vgl. Daschmann 2009). Eine Auswahl soll
kus nehmen.
im Folgenden kurz vorgestellt werden. Eine Inhaltsanalyse der gesamten Nachrich-
2.1 Fernsehnachrichten und Qualität
tenangebote von ARD, ZDF, RTL und Sat.1 in zwei Kalenderwochen der Jahre 1992, 1998
Die kommunikations- und politikwissenschaft-
und 2001 auf Grundlage der von Schatz und
liche Forschung hat kaum ein anderes journa-
Schulz aufgestellten Kriterien von Qualität
listisches Produkt so intensiv beforscht wie die
führte Maurer (2005) durch. Er kam zum
Fernsehnachrichten. Sie gelten als die Gattung
Ergebnis, dass der Nachrichtenanteil, die
mit der höchsten Reputation und der größten
Programm-, Format- und Themenvielfalt bei
sozialen Relevanz. Das führte zu einem norma-
den öffentlich-rechtlichen Sendern erheb-
tiven Erwartungsdruck seitens der politischen
lich höher ist als bei den privaten Sendern.
Öffentlichkeit, weil die Fernsehnachrichten
Unter den Akteuren werden Regierungen
den öffentlichen Diskurs mitbestimmen. Die
und Regierungsparteien bevorzug. Bei den
Frage nach der Qualität von Fernsehnachrich-
Nachrichten von ARD und ZDF stammen je-
ten wurde zu einem Hauptthema der wissen-
weils 62 Prozent der O-Töne aus dem Re-
schaftlichen Beschäftigung mit Journalismus
gierungslager. Maurer überprüfte auch die
im Fernsehen.
Trennung von Nachricht und Meinung. Die-
Zur Qualität von Fernsehprogrammen ent-
se sei bei ARD und ZDF besser erfolgt als
wickelten u. a. Schatz und Schulz (1992) als
bei den privaten Fernsehsendern. In den
Erste auf Grundlage einer Exegese von Geset-
Hauptnachrichten der ARD wurden 2001 in
zestexten und Urteilen eine Systematik rele-
16 Prozent der analysierten Beiträge expli-
vanter Qualitätskriterien für den öffentlich-
zite Bewertungen durch Journalist*innen
rechtlichen Rundfunk. Zentral sind die
vorgenommen, im ZDF in 29 Prozent der
Vielfalt des Programms, die auf Strukturen, Inhalte, Akteure und Themen abzielt
Intensiv beforscht
Fälle. Krüger (2015) untersuchte regelmäßig im
die Relevanz des Programms und der aus-
Auftrag der ARD/ZDF-Medienkommission
gewählten mediatisierten Botschaften so-
die Programme von ARD, ZDF, RTL, Sat.1
wie
und Pro Sieben und wertete die Programm-
9
„Die Griechen provozieren!”
schemata aus. Er maß den Nachrichten-
cinkowski (1997) in einer Langzeitstudie
anteil, aber auch die Anteile von Politik,
von 1986 bis 1994. Im Mittelpunkt ihrer Un-
Konvergenz und
Sport, Boulevard und anderen Themen im
tersuchung standen Präsentationsweisen
Boulevardisierung
Programm. Er kommt dabei zu dem Befund,
von Information wie Attraktivität, Sprache,
dass die öffentlich-rechtlichen Sender ihren
Zuschauer*innennähe, Sendungsaufbau
Politikanteil langsam verringern und den
und Filmsprache. Trotz der Etablierung
privaten Sendern angleichen – der Anteil
des privaten Rundfunks konnten sie eine
der Politikberichterstattung ist jedoch auch
Angleichung (Konvergenz) und Entpolitisie-
weiterhin dominierend bei ARD und ZDF.
rung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
Eine ähnlich angelegte Studie erfolgt seit
nicht feststellen. Eine Boulevardisierung
1997 regelmäßig durch Weiß et al., die im
von Informationssendungen finde im öf-
Auftrag der Arbeitsgemeinschaft der Lan-
fentlich-rechtlichen Rundfunk nicht statt,
desmedienanstalten (vgl. ALM 2014) u. a.
ist ihr Befund.
Aspekte der Nachrichtenqualität öffentlichrechtlicher und privater Fernsehsender ver-
öffentlich-rechtlichen
gleichen. Auch hier stehen Programmsche-
gramme und einem damit verbundenen
mata und Themengebiete im Mittelpunkt
Qualitätsverlust stand zuletzt häufiger im
der Untersuchung, verglichen werden u. a.
Fokus der Forschung. Donsbach und Bütt-
die Anteile von „politischer Publizistik“. Sie
ner (2005) untersuchten Boulevardisie-
kommen zum Ergebnis, dass die politische
rungstrends in Nachrichtensendungen von
Fernsehpublizistik im Ersten Programm der
ARD und ZDF zu den Bundestagswahlen in
ARD ein deutlich größeres Gewicht hat als
den Jahren 1983, 1990 und 1998. Sie un-
im ZDF. Die Differenz zwischen beiden Pro-
tersuchten, ob die Nachrichtensendungen
grammen beträgt fast eine Programmstun-
zum Negativismus in der Berichterstattung
de pro Tag. In beiden öffentlich-rechtlichen
tendieren, noch angemessene Hintergrund-
Sendern ist der Anteil politischer Fernsehin-
berichterstattung liefern, dem Gebot der
formationen am Programm jedoch erkenn-
Neutralität folgen und Nachricht und Mei-
bar höher als in den privaten Programmen.
nung nicht vermischen. Eine geringere Hin-
Analysen und Bewertungen zu Qualitäts-
tergrundberichterstattung konnten sie für
kriterien, wie der Ausgewogenheit von Ak-
ARD und ZDF nicht feststellen ebenso we-
teuren, Themen, analytischen Qualität und
nig wie einen Trend zum verstärkten Nega-
Neutralität, auf Beitragsebene werden je-
tivismus, also zur Darstellung von Themen
doch nicht vorgenommen.
mit negativer Valenz. Sie schließen daraus,
Die thematische und inhaltliche Struktur politischer
10
Die Frage einer Boulevardisierung der
Informationssendungen
Nachrichtenpro-
dass hoher Negativismus keine Entwicklung
im
im Untersuchungszeitraum sei. Feststellen
Fernsehen untersuchten Bruns und Mar-
konnten sie hingegen einen signifikanten
Stand der Forschung
Anstieg der Beiträge, in denen Nachricht
prüfen ist, ob diese Befunde – eine vielfältige,
und Meinung vermischt wurden, und damit
ausgewogene, hintergründige Nachrichtenbe-
eine Verletzung des Neutralitätsgebotes.
richterstattung der öffentlich-rechtlichen Pro-
Im ZDF enthielten 1998 immerhin 17 Prozent
gramme, die jedoch Mängel in der Neutralität
der Meldungen wertende Aussagen (Dons-
aufweist – auch auf die Berichterstattung zur
bach/Büttner 2005: 34 f.).
griechischen Staatsschuldenkrise zutreffen.
Leidenberger (2015: 292) untersuchte zu-
Bisherige Studien zur Qualität untersu-
letzt die Nachrichtensendungen Deutsch-
chen vielfach komplette Programmstrukturen
lands und Frankreichs im Vergleich hin-
und Sendungen. Analysen zur Qualität auf Bei-
sichtlich Boulevardisierungstendenzen und
tragsebene sind indes selten und zeichnen,
konnte erhebliche Unterschiede der Sen-
wie die oben dargestellte Erhebung von Dons-
dung „heute“ zur „Tagesschau“ feststellen.
bach und Büttner (2005), ein ambivalenteres
Themen, Stil und Aufmachung von „heute“
Bild der Nachrichten im öffentlich-rechtlichen
ähneln stark den privaten TV-Nachrichten
Rundfunk. Untersuchungen, wie jenseits der
und weisen einen Trend zur Boulevardisie-
Wahlberichte mit Qualitätskriterien in Beiträ-
rung auf.
gen zu politischen und wirtschaftlichen Krisen umgegangen wird, fehlen indes. Anhand der
Bisherige Studien lassen also erkennen, dass
Analyse der Berichterstattung zur griechischen
die Qualität von Nachrichtensendungen im
Staatsschuldenkrise in den Fernsehnachrich-
öffentlich-rechtlichen Rundfunk höher ist als
tensendungen „Tagesschau“ und „heute“ so-
bei den privaten Programmen. Der Anteil po-
wie den Sondersendungen „ZDF spezial“ und
litischer Informationen ist höher als bei den
„Brennpunkt“ soll diese Forschungslücke ge-
privaten Sendern, was für eine intensivere
schlossen werden.
Hintergrundberichterstattung
spricht.
Die
Nachrichten von ARD und ZDF gelten als ausgewogen und beziehen vielfältige Akteure mit ein. Sie fokussieren jedoch auf Regierungsak-
2.2 Berichterstattung zu den jüngsten Finanz- und Schuldenkrisen
teure. Kritisch kann hingegen die festgestellte
Neben dem Objekt dieser Untersuchung – den
Vermischung von Nachricht und Meinung gese-
Fernsehnachrichten von ARD und ZDF – soll
hen werden, die in mehreren Studien auch bei
auch der Stand der Forschung zum Gegen-
Verstöße gegen
den Nachrichten von ARD und ZDF festgestellt
stand – der Berichterstattung zur griechischen
Neutralitätsgebot
wurde. Diese Verstöße gegen das Neutralitäts-
Staatsschuldenkrise – dargestellt werden. Bis-
gebot treten in den öffentlich-rechtlichen Pro-
her gibt es vereinzelte wissenschaftliche Un-
grammen zwar seltener auf als bei den priva-
tersuchungen zur medialen Berichterstattung
ten, widersprechen aber dennoch der gebote-
zu den jüngsten Finanz- und Schuldenkrisen
nen journalistischen Professionalität. Zu über-
in der deutschen Öffentlichkeit aus verschie-
11
„Die Griechen provozieren!”
denen Perspektiven. Die meisten Erhebungen
Ebenfalls um Ausgewogenheit und Vielfalt
bezogen sich auf die Eurokrise 2010 oder die
der Berichterstattung ging es in einer Studie
Finanzkrise in davorliegenden Jahren (vgl.
von Arlt und Storz (2010). Sie untersuchten
Schlosser 2013; Schranz/Eisenegger 2011;
die Berichterstattung vor und während der
Schranz et al. 2010; Seiffert/Fähnrich 2012).
globalen Krise der großen Spekulation an-
Für diese Studie relevant sind insbesondere Er-
hand 16 verschiedener Einzelereignisse –
kenntnisse zur Qualität der Berichterstattung,
vom Rücktritt Oskar Lafontaines als Finanz-
die im Folgenden kurz benannt werden. Die-
minister im März 1999 bis zum G20-Gipfel
se Aspekte finden sich kaum in den zentralen
in Pittsburgh im September 2009 – und be-
Fragestellungen bisheriger Studien, werden
fassten sich auch mit Qualitätsmerkmalen.
jedoch in einigen Untersuchungen mit aufge-
Sie zeigten, dass die tagesaktuellen Mas-
griffen.
senmedien über Jahre hinweg das Thema
Bach, Weber und Quiring (2012) untersuch-
Finanzmärkte und Finanzmarktpolitik igno-
ten Deutungsmuster in der Finanzkrise
riert haben und damit ihrer Rolle als Früh-
2008 in deutschen Tageszeitungen mittels
warnsystem der Gesellschaft nicht gerecht
qualitativer und quantitativer Inhaltsana-
wurden. Die Journalist*innen haben sich
lyse. Die traditionellen Qualitätszeitungen
meist intensiv um die Perspektive der Anbie-
(vor allem „Frankfurter Allgemeine Zeitung“
ter von Finanzmarktprodukten und der An-
und „Süddeutsche Zeitung“) orientierten
leger gekümmert. Die volkswirtschaftliche
sich dabei wechselseitig an der Krisendeu-
und finanzmarktpolitische Dimension wur-
tung der jeweils anderen. Erkennbar war
de dagegen stark vernachlässigt. Die Studie
eine Themenhomogenität, die Ausdruck
zeigt außerdem, dass die Journalist*innen
mangelnder Hintergrundberichterstattung
in den Redaktionen perspektivenarm arbei-
ist.
teten, sich weitestgehend auf Regierungen
Schlosser (2013) befasste sich mit der Be-
12
und BankenVertreter*innen fokussierten.
richterstattung in der Eurokrise 2010 und
Schranz et al. (2010) untersuchten die Wirt-
fragte u. a. nach dem Ausmaß der Bezü-
schaftsberichterstattung in der „Neuen
ge zu Griechenland. Sie stellte fest, dass
Zürcher Zeitung“, dem „Tages-Anzeiger“
Griechenland die Berichterstattung in der
und der Boulevardzeitung „Blick“ und
Eurokrise auch in den Qualitätsmedien
schlussfolgern: „Die seismografische Funk-
dominierte. Die Schuldigen für die Eurokri-
tion, frühzeitig vor der Finanzmarktkrise zu
se wurden in Griechenland gesucht. Dem
warnen, wurde von den Schweizer Medien
Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ konnte
nicht erfüllt“ (Schranz et al. 2010: 2). Die
Schlosser eine Einseitigkeit der Berichter-
Journalist*innen vertrauten zu stark den
stattung und somit einen Mangel an Ausge-
Selbstheilungskräften des Marktes, wo-
wogenheit nachweisen.
durch eine differenzierte Reflexion über die
Stand der Forschung
Balance zwischen Regulation, Deregulation
Prozent der Fälle auch in den untersuchten
und Ordnungspolitik in der Wirtschaftsbe-
Nachrichten und kürzeren Berichten. Als
richterstattung in den Hintergrund geraten
objektive Darstellungsformen sollten Nach-
sei. Die Wirtschaftsberichterstattung sei
richten und Berichte frei von Meinungen
ihrer Analyse zufolge nicht in der Lage ge-
der Journalist*innen sein. Die Ergebnisse
wesen, die globale Wirtschaftskrise reflexiv
sprechen für eine Auflösung der berufs-
adäquat zu begleiten. Der Wirtschaftsjour-
ethischen Trennungsnorm von Nachricht
Trennung von
nalismus orientiere sich zu stark an spek-
und Meinung in einer Vielzahl von Beiträ-
Nachricht und Meinung
takulären Einzelereignissen und Perso-
gen zur griechischen Staatsschuldenkrise.
löst sich auf
nenskandalen und befasse sich zu wenig
Die Berichterstattung war auch in ihrer Ge-
mit Hintergründen komplexer Wirtschafts-
samtheit nicht ausgewogen zwischen un-
prozesse, insbesondere deren Ursachen
terschiedlichen Positionen und Meinungen.
und Folgen. Es fehlt demnach vor allem an
Spezifische Reformvorschläge und -ziele
der analytischen Qualität.
wurden indes nur selten aufgegriffen. Viel-
In einem Forschungsprojekt in Zusammen-
fach fand eine differenzierte Hintergrund-
arbeit mit dem Institut für Makroökonomie
berichterstattung zu den Reformvorhaben
und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-
der griechischen Regierung nicht statt. Die
Böckler-Stiftung untersuchten Otto und
Reformvorschläge wurden nur oberflächlich
Köhler (2016) von Juli bis September 2015
und nicht ausführlich behandelt.
in einer Vollerhebung die Berichterstattung deutscher Tageszeitungen zur griechischen
Auf der Grundlage der referierten Studien kann
Staatsschuldenkrise im ersten Halbjahr
die Frage abgeleitet werden, ob die festgestell-
2015. Es wurden bei der Boulevardzeitung
ten Phänomene – fehlende Trennung von Nach-
„Bild“, aber auch bei den untersuchten
richt und Meinung, fehlende Ausgewogenheit,
Qualitätsmedien „Süddeutsche Zeitung“,
geringe Hintergrundberichterstattung und so-
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“, „Welt“
mit Mängel in der analytischen Qualität sowie
und „taz“ sowie beim Online-Portal „Spie-
eingeschränkte Akteursvielfalt – sich auch in
gel Online“ eine mehrheitlich meinungs-
anderen zentralen Mediengattungen wie den
orientierte und wertende Berichterstattung
Fernsehnachrichten wiederfinden. Hierzu gibt
vorgefunden. Journalist*innen nahmen
es in Bezug auf die griechische Staatsschul-
dabei auch selbst eine Position ein, in 28
denkrise bislang keine Befunde.
13
„Die Griechen provozieren!”
3 Qualität in Fernsehnachrichten
Im folgenden Abschnitt soll die Bedeutung der
täglichen Kommunikationskultur (vgl. Meckel/
Fernsehnachrichten in Deutschland erläutert
Kamps 1998: 11). Dies gilt auch noch in Zeiten
werden. Daran anschließend wird die wissen-
von Internet und Social Media, wie die steigen-
schaftliche Diskussion über Qualität in Fern-
den Zuschauer*innenzahlen der Nachrichten-
sehnachrichten abgebildet und für die Unter-
sendungen „Tagesschau“ und „heute“ zeigen
suchung relevante Qualitätskriterien erläutert.
(vgl. Tabelle 1). In Westdeutschland ging am 20. Dezember
3.1 Fernsehnachrichten in Deutschland
14
1952 erstmals die „Tagesschau“, produziert vom Nordwestdeutschen Rundfunk (NWDR), auf
Fernsehnachrichten erfüllen wichtige Funktio-
Sendung. Heute wird die Sendung vom Nord-
nen in einer Demokratie. Diese ergeben sich
deutschen Rundfunk (NDR) für alle Anstalten
aus der Zielformulierung für den öffentlich-
der ARD produziert. Sie läuft parallel um 20 Uhr
rechtlichen Rundfunk des Bundesverfassungs-
im Programm der ARD und auf allen dritten Pro-
gerichts und den Gesetzesgrundlagen. Sie
grammen sowie auf Phoenix und 3sat. Mit der
dokumentieren, archivieren, ordnen und ver-
„Tagesschau“ ist die Hauptausgabe um 20 Uhr
mitteln tagesaktuelle Informationen für ihre
gemeint. Darüber hinaus gibt es weitere Aus-
Zuschauer*innen und erfüllen damit maßgeb-
gaben im Tagesverlauf und seit 1997 mehrmals
lich eine Informationsaufgabe für die Gesell-
pro Stunde bei tagesschau24 (vormals EinsEx-
schaft. Nachrichten werden Ereignisse erst,
tra). Die „Tagesschau“ ist die Nachrichtensen-
wenn sie aus einer Gesamtheit an Geschehnis-
dung mit der stärksten Reichweite in Deutsch-
sen zur Berichterstattung ausgewählt wurden.
land. Sie erreichte 2015 im Jahresdurchschnitt
Selektion von
Sie sind also Ergebnis eines Selektionsprozes-
täglich 9,11 Millionen Zuschauer*innen und er-
Informationen
ses und damit Ausdruck einer sozialen Kons-
zielte damit einen Marktanteil von 32 Prozent.
truktion von Wirklichkeit (vgl. Weischenberg/
An zweiter Stelle unter den Nachrichtensen-
Scholl 1998). Fernsehnachrichten selektieren
dungen in Deutschland steht die Sendung „heu-
Informationen, tragen zur Meinungsbildung
te“ des ZDF. Sie kam 1963 im neu gegründeten
bei und schaffen so einen Orientierungsrah-
Zweiten Deutschen Fernsehen ins Programm.
men für die Gesellschaft. Sie üben darüber hi-
„heute“ erreichte im Jahr 2015 im Durchschnitt
naus eine Kritik- und Kontrollfunktion, eine In-
täglich 3,8 Millionen Zuschauer*innen und er-
tegrations-, eine Bildungs- und eine Unterhal-
zielte dabei einen Marktanteil von 17 Prozent.
tungsfunktion aus. Gemessen an Kontinuität
Sie ist damit die zweitwichtigste Nachrich-
der Zuschauer*innenzahlen und Bewertungen
tensendung in Deutschland. Im Unterschied
zum subjektiven Nutzen sind Fernsehnach-
zur „Tagesschau“ ist die Sendung „heute“
richten die Formate, die den Informationsbe-
mehr auf die Unterhaltungsbedürfnisse der
dürfnissen der Bevölkerung am ehesten nach-
Zuschauer*innen ausgerichtet. Die Nachrich-
kommen. Fernsehnachrichten sind Teil der all-
ten werden nicht von Sprecher*innen, sondern
Qualität in Fernsehnachrichten
Tabelle 1:
Zuschauer*innen und Marktanteile der Fernsehnachrichten in Deutschland
2013 2014 2015
Zuschauer*innen Marktanteile Zuschauer*innen Marktanteile Zuschauer*innen Marktanteile
in Mio.
in %
in Mio.
in %
in Mio.
in %
Tagesschau
8,87 31,9
8,96 32,0 9,12 32,7
heute
3,69 16,6
3,79
17,1 3,84 17,3
RTL aktuell
3,46
16,6
3,25
15,6
3,14
15,1
Sat.1 Nachrichten
1,63
6,0
1,47
5,4
1,36
5,0
ProSieben Newstime
0,81
5,0
0,80
5,0
0,80
4,9
„Tagesschau“ einschließlich Dritte Programme, 3sat und Phoenix; „heute“ einschließlich 3sat
Quelle: Zubayr/Heinz 2016: 148.
von Redakteur*innen im Studio präsentiert,
Standardisiert sind folgende Elemente in
um auf diese Weise journalistische Professio-
Nachrichtensendungen zu finden (vgl. Faul-
nalität zu vermitteln (vgl. Plake 2004: 103 f.).
stich 2008: 83 f.):
Mit der Einführung des dualen Rundfunk-
Sprecher*innenmeldungen (im Studio von
systems etablierten sich mehrere private
Sprecher*innen gesprochene Wortnach-
Fernsehsender und nahmen ebenfalls Nach-
richten, unterlegt teilweise mit Bewegtbild,
richtensendungen („RTL aktuell“ und „Sat.1
dann „Nachricht im Film“ genannt)
Nachrichten“) ins Programm, die inhaltlich
Filmberichte (Film, nachträglich betextet)
und formal andere Akzente setzten als die
Kommentare (Meinungsäußerungen vor der
öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen
Kamera, erkennbar abgegrenzt von Nach-
(z. B. einen stärkeren Fokus auf Bilder und
richten) Gespräche (mit Akteuren oder Reporter*in-
Soft News wie Berichte über das Privatleben
nen vor Ort)
von Prominenten). Sie erreichen jedoch nicht so viele Zuschauer*innen wie die etablierten
öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen
Es handelt sich bei Fernsehnachrichten heute
Ähnliche
„Tagesschau“ und „heute“, weshalb Letztere
um Formate, die weltweit ähnliche Präsentati-
Präsentationsformen
auch im Fokus dieser Studie stehen.
onsformen nutzen. Die Dramaturgie ist gekenn-
15
„Die Griechen provozieren!”
zeichnet durch einen Wechsel von Wortmeldun-
der Absturz eines „Germanwings“-Flugzeugs
gen, kurzen Nachrichten im Film (NiF), Schal-
in den Alpen und die Flüchtlingskrise in Eu-
ten und längeren (Reporter*innen-) Beiträgen
ropa. Die griechische Staatsschuldenkrise war
(Meckel 1997). Die strenge Formalisierung der
Thema in 7 Sendungen des „Brennpunkts“ und
„Tagesschau“ vermittelt Sicherheit. Stilisier-
in 10 „ZDF spezial“-Sendungen.
te Seriosität soll professionelle Gründlichkeit und journalistische Objektivität ausdrücken. Der Aufbau von Bild- und Wortnachrichten folgt dem Muster abfallender Spannung. Das Wich-
16
3.2 Qualitätskriterien für Fernsehnachrichten
tigste kommt zuerst und die nach Einschätzung
Die Qualitätsdebatte im Journalismus dauert in
der Redaktion am wenigsten wichtigen Infor-
Wissenschaft, Politik und Journalismus schon
mationen zuletzt. In „heute“ findet auch ein
seit mehreren Dekaden an. Zentraler Gegen-
Wechsel zwischen harten und soften Themen
stand der Debatte um journalistische Qualität
statt (vgl. Plake 2004: 102, 104).
ist in der Wissenschaft weniger der Qualitätsbe-
Die Sender ARD und ZDF haben zudem er-
griff als vielmehr seine Operationalisierung –
gänzend zu ihren Hauptnachrichtensendungen
das meint vor allen Dingen seine messbaren
„Tagesschau“ und „heute“ Formate entwickelt,
Bestandteile (vgl. Daschmann 2009: 257). So
die bei besonderen Ereignissen ausgestrahlt
gab es bereits eine Vielzahl an Versuchen, Qua-
werden und die Nachrichtensendungen ergän-
lität im deutschen Journalismus zu definieren
zen. In der ARD handelt es sich um die Sendung
und so messbar und vergleichbar zu machen.
„Brennpunkt“ und im ZDF um die Sendung
Schatz und Schulz (1992) systematisierten
„ZDF spezial“. Um das Informationsbedürfnis
als Erste im deutschsprachigen Raum einen
der Zuschauer*innen ausreichend zu befrie-
Kriterienkatalog für Medienqualität. Anlass
digen, kommen diese Formate dann zum Ein-
waren Befürchtungen, die Qualität des Fern
satz, wenn ein aktuelles Ereignis ausführlicher
sehens leide unter der Einführung des privaten
dargestellt werden soll, als es der Zeitrahmen
Rundfunks. Diese Arbeit war Start- und Refe-
der Hauptnachrichtensendungen zulässt. Sie
renzpunkt für weiterführende Auseinander-
widmen sich nur einem einzigen Thema. Diese
setzungen mit der Qualität im Journalismus.
Nachrichten-Ergänzungen werden in der Regel
Da Qualität eine normative Bewertung sei,
direkt im Anschluss an die Hauptnachrichten-
müsse sie aus einem normativen Wertesystem
sendung ausgestrahlt und haben einen Umfang
abgeleitet werden (Schatz/Schulz 1992: 690).
von ca. 10 bis 30 Minuten. Im Jahr 2015 gab es
Hierfür bilden die Urteile des Bundesverfas-
43 „Brennpunkte“ und an 37 Tagen wurde ein
sungsgerichtes, das Grundgesetz, die Rund-
„ZDF spezial“ ausgestrahlt. Anlässe für diese
funkstaatsverträge und die Landesmedien-
Sondersendungen im Jahr 2015 waren u. a.
bzw. Landesrundfunkgesetze die Grundlage.
Terroranschläge in Paris, der Ukraine-Konflikt,
Aus den gesetzlichen Bestimmungen und der
Qualität in Fernsehnachrichten
Exegese von Gesetzestexten leiteten Schatz
Kommunikationsprozess. Die Kommunikati-
und Schulz fünf grundlegende Dimensionen
onsprinzipien lauten: Kooperationsprinzip,
von Qualität ab: Vielfalt, Relevanz, gestalteri-
Maxime der Qualität, Maxime der Quantität,
sche und inhaltliche Professionalität, Akzep-
Maxime der Relation und Maxime der Mo-
Wertesysteme im
tanz durch das Publikum und Rechtmäßigkeit
dalität. Daraus leitete Bucher die Kriterien
Bezug zu Qualität
(Schatz/Schulz 1992).
Aktualität, Verlässlichkeit, Vielfältigkeit, Re-
Es folgten in der Wissenschaft weitere Ableitungen für unterschiedliche Bezugssysteme und aus verschiedenen Wertesystemen:
levanz und Verständlichkeit ab. Bezogen auf Nachrichtenagenturen erstellte Hagen (1995) einen Kriterienkatalog zur
Rager (1994) erstellte einen Kriterienka-
Messung der Informationsqualität. Diese
talog für Qualität in Zeitungen und leitete
Kriterien bauen stark auf den von Schatz
diese aus der Funktion der Medien in der
und Schulz (1992) benannten Dimensionen
Demokratie ab (Rager 1994: 190). Als Krite-
auf und operationalisieren diese für eine
rien journalistischer Qualität, die allesamt
Anwendung auf den Agenturjournalismus.
der Vielfalt dienten, benannte er Aktualität,
Arnold (2009) leitete Qualitätskriterien für
Relevanz, Richtigkeit und Vermittlung.
Zeitungsjournalismus aus verschiedenen
Pöttker (2000) leitete zehn Kriterien jour-
Ebenen ab: der funktional-systemorientier-
nalistischer Qualität aus der Funktion des
ten Ebene, der normativ-demokratietheo-
Journalismus für die Gesellschaft ab. Dieser
retischen Ebene und der nutzerbezogenen-
müsse möglichst viele Teile der Gesellschaft
handlungsbezogenen Ebene. Er integriert
über Kommunikation miteinander vernetzen
damit verschiedene Herleitungswege in ein
(Pöttker 2000: 388). Es gibt gegenstands-
Modell. Auf einer funktional-systemorien-
bezogene Kriterien (Richtigkeit, Vollständig-
tierten Ebene von Qualität stehen die Funk-
keit, Wahrhaftigkeit und Verschiedenheit),
tionen und professionellen Aufgaben des
publikumsbezogene Kriterien (Unabhängig-
Journalismus im Mittelpunkt. Der Journalis-
keit, Zeitigkeit, Verständlichkeit und Unter-
mus soll auf einer Makroebene eine Selbst-
haltsamkeit) und kommunikatorbezogene
beobachtung der Gesellschaft ermögli-
Kriterien (Wechselseitigkeit und Sorgfalt bei
chen. Dies erfolgt durch die Reduzierung
der Thematisierung).
von Komplexität und die Übertragung von
Die Grice’schen Kommunikationsmaximen
Erfahrungswissen in offene Sphären, die
waren Grundlagen der von Bucher (2003) be-
für jedermann zugänglich sind (vgl. Pött-
nannten Kriterien journalistischer Qualität.
ker 2000: 378). Daraus können die Quali-
Journalistische Qualitätsstandards werden
tätsmerkmale Vielfalt, Aktualität, Relevanz,
dabei aus Prinzipien abgeleitet, die für alle
Glaubwürdigkeit, Unabhängigkeit, Recher-
Kommunikationsprozesse gelten sollen.
che, Kritik, Zugänglichkeit, Hintergrund-
Grundlage der Herleitung ist hier also der
berichterstattung sowie regionaler/lokaler
17
„Die Griechen provozieren!”
Bezug abgeleitet werden (Arnold 2008: 502,
Die genannten Qualitätskriterien über-
Arnold 2012: 79). Auf der normativ-demokra-
schneiden sich vielfach, weisen aber vor allem
tietheoretischen Ebene werden die Funkti-
Unterschiede in ihren Bezugsfeldern und Be-
onen des Journalismus von seiner Rolle in
griffen auf (vgl. Tabelle 2).
Rolle des Journalismus
der Demokratie abgeleitet. Qualitätskriteri-
Der Ansatz von Schatz und Schulz (1992)
in der Demokratie
en werden hier also nicht mit einer Funktion
ist dabei der einzige, der Qualität im Rund-
begründet, die durch ein gesellschaftliches
funk als Bezugsfeld benennt und sich aus den
Problem entstanden ist, sondern mit funda-
formulierten Aufgaben und Funktionen des
mentalen Werten einer demokratisch-plu-
öffentlich-rechtlichen Rundfunks ableitet. Für
ralistischen Gesellschaft. Grundlage sind
die hier geplante Analyse von Fernseh-Nach-
medienrelevante normative Regelungen wie
richtensendungen ist dieser Ansatz daher am
Kodizes oder Gesetze, in denen gesellschaft-
ehesten anwendbar. Die anderen Ansätze
liche Normen festgelegt sind. Ausgewogen-
fokussieren auf den Zeitungsjournalismus,
heit, Neutralität/Trennung von Nachrichten
weshalb sie hier nicht weiterverfolgt werden.
und Meinung sowie Achtung der Persönlich-
Kriterien und auch Operationalisierungen stim-
keit sind Qualitätskriterien, die sich daraus
men jedoch teilweise überein und werden bei
ergeben (Arnold 2008: 502 f.). In einer drit-
Klärungsbedarf herangezogen.
18
ten Ebene, der publikumsbezogenen-hand-
Medienangebote empirisch intersubjek-
lungsorientierten Ebene, geht es darum,
tiv fassbar zu machen, war ein zentrales An-
dass journalistische Produkte, die funktio-
liegen des Ansatzes „Qualität von Fernseh-
nal sind und den Werten der demokratischen
programmen“ von Schatz und Schulz (1992).
Gesellschaft entsprechen, auch für das Pu-
Aufbauend auf den Urteilen des Bundesver-
blikum nutzbar sind. Unterhaltsamkeit, An-
fassungsgerichtes, dem Grundgesetz, den
wendbarkeit und Gestaltung werden hier als
Rundfunkstaatsverträgen und den Landes-
Qualitätskriterien zugeordnet (Arnold 2008:
medien- bzw. Landesrundfunkgesetzen als
503). Die Qualitätsvorstellungen des Publi-
Grundlage haben sie einen Orientierungsrah-
kums bestimmen auch über den Markterfolg
men für die Beurteilung von Programmquali-
eines journalistischen Produkts und geben
tät herausgearbeitet. Allgemeine Begriffe der
so zentrale Leitlinien vor (Arnold 2012: 80).
Rechtstexte werden von ihnen konkretisiert
Die von Arnold benannten Kriterien werden
und operationalisierbar erläutert. Ihre Über-
aus der Funktion der Zeitung und für die jour-
legungen zur Analyse von Programmen sind
nalistische Arbeit für Zeitungen abgeleitet,
auch auf die Analyse von Fernsehnachrichten
beinhalten jedoch weitestgehend Qualitäts-
übertragbar (Daschmann 2009: 257). Die von
kriterien, die Schatz und Schulz (1992) als
ihnen identifizierten fünf Dimensionen von
Bestandteile ihrer Qualitätsdimensionen
Qualität – Vielfalt, Relevanz, Professiona-
benennen.
lität, Akzeptanz und Rechtmäßigkeit – sind
Qualität in Fernsehnachrichten
Tabelle 2:
Forschungsansätze zu Qualitätskriterien Ansatz Schatz/Schulz Rager Hagen Pöttker Bucher Arnold 1992 1994 1995 2000 2003 2009 Bezugsfeld Rundfunk
Zeitungsbericht- Nachrichten- Journalismus Journalismus erstattung agenturen allgemein allgemein
Qualitäts- Vielfalt kriterien
Vielfalt Verschiedenheit Vielfalt Vielfalt
Relevanz Relevanz Relevanz
Relevanz Relevanz
Aktualität Aktualität Zeitgeist Aktualität Aktualität
Professionalität Richtigkeit
Zeitungen
Vermittlung
Richtigkeit
Richtigkeit
Verlässlichkeit Recherche
Verständlichkeit Verständlichkeit Verständlichkeit Gestaltung
Ausgewogenheit Ausgewogenheit
Sachlichkeit
Transparenz Trennung von Nachricht und Meinung Hintergrundbericht erstattung Akzeptanz Zugänglichkeit Anwendbarkeit Rechtmäßigkeit
Quelle: eigene Darstellung, basierend auf Beck/Reineck/Schubert 2010: 24 f.
teilweise miteinander verwoben. Sie sollen im
von Medienangeboten gilt in pluralistischen
Folgenden vorgestellt werden:
Gesellschaften mit konkurrierender Willensbildung für die Funktionalität der Demokratie
Vielfalt
als unerlässlich. Vielfalt kann strukturell und
Schatz und Schulz lehnen ihre Definition von
inhaltlich betrachtet werden. Auf struktureller
Vielfalt an die Auffassung des Bundesverfas-
Ebene gelten Sparten, Genres, Gestaltungs-
sungsgerichtes an. Demnach ist für den deut-
elemente und Darstellungsformen als Indika-
schen Rundfunk ein Angebot gleichwertig viel-
toren von Vielfalt. Auf inhaltlicher Ebene des
fältiger Informationen verbindlich. Die Vielfalt
Programms kann die Vielfalt von Ereignissen,
19
„Die Griechen provozieren!”
von Räumen, von Themen und von Interessen
auf die Berichterstattung zu einem einzelnen
betrachtet werden. Operationalisiert wird dies
Thema, nicht auf die komplette Berichterstat-
durch eine Vielfalt von Themen und Akteuren.
tung eines Programms. Neutralität als zweite
Dies bedeutet, dass möglichst alle relevanten
Komponente der Unparteilichkeit kann durch
Positionen und Akteure berücksichtigt werden
die Einhaltung der Grundregel, dass Nachricht
sollen (vgl. Schatz/Schulz 1992: 693 ff., 704).
und Meinung strikt zu trennen sind und Kommentare als solche zu kennzeichnen sind, er-
Professionalität
fasst werden. Dies geht aus Rechtstexten für
Die Rechtsgrundlagen für den öffentlich-recht-
den Rundfunk, aber auch aus Regeln der jour-
lichen und privaten Rundfunk fordern eine pro-
nalistischen Praxis hervor (vgl. Schatz/Schulz
fessionelle Qualität der gesamten Programme.
1992: 703 ff.). Die Ausgewogenheit zwischen
Das Gebot der journalistischen Professionali-
unterschiedlichen Interessen, die Trennung
tät hat seinerseits ebenfalls mehrere Dimen-
von Nachricht und Meinung (Neutralität) und
sionen. Auch hier kann zunächst zwischen in-
die analytische Qualität sind Aspekte journa-
haltlicher und gestalterischer Professionalität
listischer Professionalität.
unterschieden werden. Inhaltliche Professionalität wird auch als
Relevanz ist relativ
journalistische Professionalität bezeichnet
Unter Relevanz wird die Bedeutsamkeit von In-
und unterschieden hinsichtlich analytischer
formationen verstanden. Um die Komplexität
und deskriptiver Qualität. Die Anforderungen
von Informationen und die Informationsflut zu
an analytische Qualität werden aus der Kritik-
mindern, werden Themen nach dem Kriterium
und Kontrollfunktion des Rundfunks abgelei-
der Relevanz durch Journalist*innen selektiert,
tet. Dieses Qualitätskriterium gilt vor allem für
wodurch dieses ein bedeutender Maßstab hin-
Nachrichten und Magazine. Diese haben dann
sichtlich der Qualität von Selektionsentschei-
analytische Qualität, wenn sie u. a. Hintergrün-
dungen wird (Wyss 2002: 131).
de aktueller Ereignisse beleuchten und Fakten interpretieren.
Schatz und Schulz verstehen Relevanz als „relationalen Begriff“. Vorgänge bzw. Sach-
Neben der analytischen Qualität lässt sich
verhalte seien nie an sich bedeutsam, son-
journalistische Professionalität im öffentlich-
dern erlangten ihre Relevanz ausschließlich
rechtlichen Rundfunk auch anhand der de-
aus der realen oder zu erwartenden Wirkung
skriptiven Qualität des Programms bestimmen.
auf einzelne Individuen, soziale Gruppen oder
Dazu zählt auf der einen Seite die Sachgerech-
die Gesamtgesellschaft. Diese „soziale Rele-
tigkeit der Berichterstattung, auf der anderen
vanz“ eines Medienprodukts gliedere sich
Seite die Unparteilichkeit. Zur Unparteilichkeit
in drei Relevanzebenen (vgl. Schatz/Schulz
gehören die Elemente Ausgewogenheit und
1992: 696 f.):
Neutralität. Ausgewogenheit bezieht sich hier
20
Relevanz
Qualität in Fernsehnachrichten
die Individual- bzw. Mikroebene
Um zu überprüfen, ob die Relevanz eines
die Mesoebene, mit der einerseits sozia-
Themas adäquat wiedergegeben wird, wie es in
le Gruppen und Institutionen, aber auch
dieser Studie der Fall ist, muss der Blick auf eine
gesellschaftliche Subsysteme, wie Politik,
andere Ebene von Relevanz fallen: die Attribu-
Wirtschaft und Wissenschaft, gemeint sind,
toren-Relevanz. Es geht hierbei um die Frage,
und
wie die Relevanz eines Themas von Gruppen
die Makroebene, repräsentiert durch die Gesamtgesellschaft
oder sozialen Systemen beurteilt wird, die somit die soziale Relevanz bestätigen. Dies kann
Demnach hat derselbe Vorgang für Teile der Öf-
beispielsweise durch die öffentliche Meinung,
fentlichkeit unterschiedliche Relevanz.
die aktive Öffentlichkeit, die mediale Öffentlichkeit, die wissenschaftliche Öffentlichkeit
Weiter differenzieren Schatz und Schulz in-
oder die Film- und Fernsehkritik erfolgen (vgl.
nerhalb der verschiedenen gesellschaftlichen
Schatz/Schulz 1992: 696 ff.).
Subsysteme (Wirtschaft, Politik etc.) zwischen den „leistungserbringenden Funktionseliten“
Akzeptanz und Rechtmäßigkeit
(Manager*innen, Politiker*innen etc.) und
Darüber hinaus werden die Dimensionen Ak-
den dazugehörigen „Leistungsabnehmern“
zeptanz und Rechtmäßigkeit beschrieben.
(Konsument*innen, Regierte etc.). Sie gehen
Akzeptanz erfasst Motive und angestrebten
davon aus, dass die durch eine Medienaussa-
Nutzen der Mediennutzung von Seiten der Re-
ge bei den Funktionseliten erzeugte Betroffen-
zipienten. Die Anforderungen an die Rechts-
heit bzw. Wirkung durch die positionsbeding-
mäßigkeit für den Rundfunk ergeben sich aus
te Multiplikatorwirkung eine größere „soziale
drei Rechtsbezügen: der verfassungsmäßigen
Relevanz“ erlangt als bei Erreichen derselben
Ordnung, den allgemeinen Gesetzen und den
Anzahl von Leistungsabnehmer*innen.
rundfunkrechtlichen Vorschriften. Der Bezug
Des Weiteren steige die Relevanz, wenn sich
auf die verfassungsmäßige Ordnung und die
ein gesellschaftliches Subsystem in einer Krise
allgemeinen Gesetze findet sich analog im
befinde, z. B. das Subsystem Wirtschaft bei ei-
Rundfunkstaatsvertrag und den Landesrund-
ner Meldung über die Finanzkrise (vgl. Schatz/
funk- und Landesmediengesetzen wieder.
Schulz 1992: 697). Zu den quantitativen Kriteri-
Qualität ist somit ein multidimensionaler
en, anhand derer man die Relevanz eines Ereig-
Begriff (vgl. Abbildung 1). Untersucht werden
nisses bestimmen und abgleichen kann, zählt
können nur ausgewählte Dimensionen und As-
zum einen die Anzahl tatsächlich oder potenzi-
pekte. Die Bildung von Qualitätsindizes setzt
Qualität:
ell betroffener Personen eines Vorganges. Zum
immer eine Gewichtung einzelner Qualitätsas-
Ein multidimensionaler
anderen ist bei potenziellen Auswirkungen die
pekte gegenüber anderen voraus. Eine solche
Begriff
Eintrittswahrscheinlichkeit eines Sachverhaltes
Gewichtung ist jedoch in hohem Maße subjek-
ausschlaggebend für seine Bedeutsamkeit.
tiv, weshalb hier keine Qualitätsindizes gebil-
21
„Die Griechen provozieren!”
Abbildung 1:
Qualitätsdimensionen und -kriterien
Meinungsvielfalt Akteursvielfalt
Inhaltlich Vielfalt
Informationsvielfalt
Interessen Soziale Einheiten
Strukturell
Aktualität
Analytische Qualität
Sachgerechtigkeit
Inhaltlich
Vollständigkeit
Deskriptive Qualität
Professionalität
Richtigkeit
Gestalterisch
Ausgewogenheit Unparteilichkeit
Ebene Aktive Öffentlichkeit Relevanz
Neutralität
Niveau Mediale Öffentlichkeit Attributoren Wissenschaftliche Öffentlichkeit Verfassung
Rechtmäßigkeit
Allgemeine Gesetze
Akzeptanz
Rundfunkrecht
Film- und Fernsehkritik
Farblich markiert sind die Qualitätsdimensionen (dunkelblau) bzw. die jeweils dazugehörigen Qualitätskriterien (hellblau), die im Folgenden untersucht werden Quelle: eigene Darstellung.
22
Qualität in Fernsehnachrichten
det werden sollen. Stattdessen wird die Qua-
Neutralität
lität der Berichterstattung hinsichtlich ausge-
Neutralität als Komponente der Unparteilich-
wählter und definierter Aspekte beschrieben.
keit wird in einschlägigen Rechtstexten für
Einzelne Aspekte der Qualitätsdimensi-
den Rundfunk gefordert. Sie basiert auf der
onen Relevanz, Vielfalt und journalistischer
Grundregel, Nachricht und Kommentar strikt
Professionalität sollen in dieser Studie für die
zu trennen (Schatz/Schulz 1992: 704). Über
Nachrichtensendungen des öffentlich-rechtli-
das Rundfunkrecht hinaus wird die Trennung
chen Rundfunks analysiert werden (in Abbil-
von Nachricht und Meinung mit den vielfältigen
dung 1 hellblau markiert): analytische Qualität
Funktionszuschreibungen an den Journalismus
(synonym wird der Begriff Hintergrundbericht-
begründet. An dieser Stelle sind zwei Funkti-
erstattung verwendet), Neutralität, Akteurs-
onen besonders relevant: Auf der einen Seite
vielfalt, Ausgewogenheit und Attributoren-
steht die Informations- und Chronistenfunkti-
relevanz der medialen Öffentlichkeit. Andere
on, auf der anderen Seite die Mitwirkung an der
Aspekte dieser und anderer Dimensionen
Meinungsbildung.
werden dadurch bewusst ausgeklammert. Es
Auch Arnold (2009: 198) versteht unter Neut-
wird daher keine umfassende Beurteilung der
ralität den Verzicht auf explizite Wertungen und
Qualität von Nachrichtensendungen in dieser
Spekulationen in nachrichtlichen Textformen.
Studie erfolgen, sondern es werden einzelne
In Fernsehnachrichten und Nachrichtenmaga-
Qualitätsaspekte untersucht und beurteilt, die
zinen hat sich – wie in Zeitungen – mit dem
Untersuchung einzelner
Rückschlüsse auf mögliche Einschränkungen
Kommentar ein Genre ausdifferenziert, in dem
Qualitätsaspekte
von Qualität erlauben.
Meinungsäußerung legitim und erwünscht ist (Eilders/Lüter 1998: 2). Wenn Nachrichten und
Analytische Qualität
Meinungen eindeutig gekennzeichnet sind,
Analytische Qualität leiten Schatz und Schulz
wissen die Zuschauer*innen, welcher Inter-
(1992: 704) aus der Kritik- und Kontrollfunkti-
pretationsrahmen angemessen ist. So könne
on der Medien ab. Fernsehprogramme haben
der Verdacht einer verdeckten Einflussnahme
dann analytische Qualität, wenn sie die Hin-
zerstreut werden (vgl. Neuberger 2013: 135).
tergründe von Ereignissen beleuchten, Fakten benennen und kommentieren und dies auf
Vielfalt
eigener, aktiver und intensiver Recherche be-
Vielfalt der Akteure meint für Schatz und Schulz
ruht. Dieses Qualitätskriterium bezieht sich
(1992: 694) die Berücksichtigung verschiede-
auf den journalistischen Prozess und ist am
ner gesellschaftlicher und politischer Interes-
journalistischen Produkt nur schwer ablesbar.
sen. Diese sind in den meisten Fällen organi-
Schatz und Schulz sehen die Beleuchtung von
siert in Akteuren wie Organisationen, Parteien
Hintergründen als einen Indikator, der in Fern-
oder auch gewählten Regierungen. Als Akteure
sehsendungen erkannt werden kann.
werden im Sinne von Schatz und Schulz (1992:
23
„Die Griechen provozieren!”
695) individuelle oder soziale Einheiten und
Das impliziert, dass die jeweiligen Akteure,
deren Repräsentant*innen verstanden. Das
die diese Standpunkte repräsentieren, zu
Auftreten von Akteuren in Nachrichtensendun-
Wort kommen (Schatz/Schulz 1992: 704). Bei
gen erfolgt durch Nennungen, Auftreten in Bil-
Kontroversen sollen Befürworter*innen und
dern und mit O-Tönen und gibt Aufschluss über
Gegner*innen bzw. ihre Positionen in etwa in
die Vielfalt der jeweiligen Sendung.
einem ausgewogenen Verhältnis zu Wort kommen. Die Vielfalt an Meinungen und Interessen
Ausgewogenheit
muss gleichgewichtig zum Ausdruck kommen.
Ausgewogenheit
Eng damit verbunden ist der Begriff der Ausge-
Arnold (2009: 196) spezifiziert, damit sei nicht
durch gleichgewichtige
wogenheit. Dieses Gebot geht auch aus dem
gemeint, dass alle möglichen Positionen, Grup-
Darstellung
Rundfunkstaatsverstrag (§11) hervor, in dem es
pen und Akteure genannt werden müssen, je-
in Absatz 2 heißt: „Die öffentlich-rechtlichen
doch mindestens zwei zentrale gegensätzliche
Rundfunkanstalten haben bei der Erfüllung ih-
Richtungen und Positionen. Die gleichmäßige
res Auftrags die Grundsätze der Objektivität
Berücksichtigung von Befürworter*innen und
und Unparteilichkeit der Berichterstattung,
Gegner*innen in einer Kontroverse sieht auch
die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewo-
Hagen (1995: 120) als Kern der Ausgewogen-
genheit ihrer Angebote zu berücksichtigen“
heit. Die Messung von Ausgewogenheit bzw.
(Die Medienanstalten 2013). Das Bundesver-
der Abweichung von Ausgewogenheit gibt auch
fassungsgericht benutzte die Formulierung
Aufschluss über die Einseitigkeit eines Medi-
„gleichgewichtige Vielfalt“ (vgl. BVerfGE 73,
ums und seiner Berichterstattung (vgl. Hagen
118 und BVerfGE 83, 238). Diese leite sich aus
1995: 122).
der Funktion der Information und Mitwirkung
24
an der Meinungsbildung ab, die dann erfüllt
Relevanz
werde, wenn möglichst breit, ausgewogen und
Journalist*innen sind zur Selektion von Ereig-
vollständig informiert werde (Schatz/Schulz
nissen gezwungen. Die Auswahl von wichtigen
1992: 694).
Themen ist ein Schlüsselkriterium der Qualität.
Ausgewogenheit ist aber auch ein Quali-
Damit verbunden ist die Frage, welche Rele-
tätskriterium für die Qualitätsdimension der
vanz Journalist*innen einem Thema geben. Die
journalistischen Professionalität. Eine ausge-
Relevanz eines Sachverhaltes ergibt sich aus
wogene Darbietung liege dann vor, wenn alle
dessen potenzieller oder realer Wirkung bzw.
in der öffentlichen Diskussion vorgetragenen
deren Wahrnehmung durch Attributoren, wie
Argumente und Standpunkte ähnlich umfang-
z. B. der medialen Öffentlichkeit (s. o.). Diese
reich berücksichtigt werden. Mit der Forderung
wird abgeglichen mit der Relevanz, die in der
nach einem ähnlichen Umfang geht das Krite-
Berichterstattung einem Sachverhalt beigemes-
rium der Ausgewogenheit erkennbar über die
sen wird. Mit der Qualitätsdimension Relevanz
Forderungen des Kriteriums Vielfalt hinaus.
sollen dadurch Selektionsentscheidungen der
Qualität in Fernsehnachrichten
Medien, u. a. auf Nachrichtenebene erklärt wer-
mediale Öffentlichkeit) dem Thema zuwiesen,
den (vgl. Daschmann 2009: 258). Es geht also
bewertet werden, ob diese Darstellung ange-
darum, zu erfassen, wie intensiv, d. h. in welcher
messen war.
Häufigkeit, in welchem Umfang und in welcher Position, über ein Thema berichtet wurde.
Die Operationalisierung dieser Qualitätskriterien für die Analyse von Beiträgen in der
In dieser Studie wurde von der Relevanz
griechischen Staatsschuldenkrise wird im Zu-
des Themas griechische Staatsschuldenkrise
sammenhang mit dem methodischen Vorge-
ausgegangen. Daher soll anhand der Relevanz,
hen in dieser Studie in den folgenden Kapiteln
die Attributoren (hier speziell die untersuchte
dargestellt.
25
„Die Griechen provozieren!”
4 Forschungsdesign
Im folgenden Kapitel werden die Ziele der Er-
krise zu erfassen, soll untersucht werden,
hebung, das methodische Vorgehen und das
ob die zentralen Positionen der wichtigsten
Erhebungsdesign der Studie erläutert, um dar-
Akteure in der griechischen Staatsschul-
zustellen, wie die Forschungsfragen beantwor-
denkrise dargestellt wurden.
tet werden sollen. Zunächst wird die gewählte
Die Einhaltung des Gebots der journalis-
Methode dargestellt und die Operationalisie-
tischen Professionalität in der Berichter-
rung der zu untersuchenden Qualitätskriterien
stattung über die griechische Staatsschul-
erläutert. Die Umsetzung im Kategoriensystem
denkrise soll durch das Ausmaß der Hin-
wird anschließend dargelegt. Es folgt die Be-
tergrundberichterstattung sowie durch die
schreibung der Materialbasis durch die Festle-
Ausgewogenheit und die Neutralität der
gung von Untersuchungszeitraum und -objek-
Beiträge erfasst werden.
ten. Schließlich wird die Durchführung erklärt
Um die Einhaltung des Gebots der Rele-
und beschrieben, wie Reliabilität und Validität
vanz in der Berichterstattung über die
in der Erhebung gesichert wurden.
griechische Staatsschuldenkrise zu erfassen, soll die Attributoren-Relevanz der
4.1 Zielsetzung und Fragestellungen
Medienöffentlichkeit untersucht werden und gezeigt werden, welche Relevanz die
Die Berichterstattung der öffentlich-rechtli-
untersuchten Nachrichtensendungen dem
chen Nachrichtensendungen von ARD und ZDF
Thema beimaßen.
über die griechische Staatsschuldenkrise im Jahr 2015 soll in dieser Studie analysiert wer-
Die zentrale Forschungsfrage „Entspricht die
den. Es soll dabei untersucht werden, ob der
Berichterstattung über die griechische Staats-
öffentlich-rechtliche Rundfunk den an ihn ge-
schuldenkrise in Nachrichtensendungen des
stellten Qualitätsanforderungen gerecht wird.
öffentlich-rechtlichen Rundfunks den journa-
Quantitative
Im Mittelpunkt steht die Untersuchung der
listischen Qualitätskriterien?“ soll, um eine
Inhaltsanalyse
Beiträge auf Kriterien journalistischer Quali-
systematische Beantwortung zu ermöglichen,
tät (insb. Vielfalt, Ausgewogenheit, Neutralität
in fünf zentrale Unterfragen aufgegliedert
und analytische Qualität, d. h. Hintergrundbe-
werden. Sie sollen durch eine systematische,
richterstattung; vgl. Kapitel 4.3). Wie wird über
quantitative, empirische Inhaltsanalyse beant-
die griechische Staatsschuldenkrise in Nach-
wortet werden:
richtensendungen des öffentlich-rechtlichen
1. Wie relevant ist die griechische Staats-
Rundfunks berichtet? Um die Einhaltung des Gebots der Vielfalt in den Nachrichtensendungen des öffentlich-
26
schuldenkrise für die Berichterstattung in den öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen?
rechtlichen Rundfunks in der Berichterstat-
2. Wie vielfältig ist die Berichterstattung über
tung über die griechische Staatsschulden-
die griechische Staatsschuldenkrise in den
Forschungsdesign
öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendun-
aus der Operationalisierung der gewählten
gen?
Qualitätskriterien und wurden in einem Kate-
3. Wie ausgewogen ist die Berichterstattung
goriensystem und einem Codebuch festgelegt.
über die griechische Staatsschuldenkrise in den öffentlich-rechtlichen Nachrichtsendungen? 4. Wie neutral ist die Berichterstattung über die
4.3 Operationalisierung/Erläuterung von Begrifflichkeiten und Konzepten
griechische Staatsschuldenkrise in den öf-
Die Operationalisierung und Auswahl relevan-
fentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen?
ter Qualitätskriterien für die Fernsehbericht-
5. Wie viel Hintergrundberichterstattung zur
erstattung folgte den von Schatz und Schulz
griechischen Staatsschuldenkrise liefern
(1992) formulierten Kriterien zur Beurteilung
die öffentliche-rechtlichen Nachrichtensen-
von Programmqualität. Diese Studie rekurriert
dungen?
auf die Qualitätsdimensionen Relevanz, Vielfalt und Professionalität (vgl. Abbildung 1) und
Zudem soll zwischen den zu untersuchenden
konkreter auf die Qualitätskriterien Attributo-
Sendungen „Tagesschau“, „heute“, „Brenn-
ren-Relevanz, Akteursvielfalt, Ausgewogen-
Relevanz, Vielfalt,
punkt“ und „ZDF spezial“ differenziert werden.
heit, Neutralität und analytische Qualität. Im
Professionalität
Dabei soll geklärt werden, welche Sendung der
Folgenden wird dargestellt, wie diese Kriterien
griechischen Staatsschuldenkrise die größte
gemessen wurden. Zwischenschritte bei der
Relevanz beimisst, welche Sendung ausgewo-
Messung waren die Definition von Indikatoren
gener, neutraler, vielfältiger und analytischer
und die Erstellung eines Kategoriensystems,
berichtet als andere.
welches die Indikatoren als relevante Variablen und ihre möglichen Ausprägungen beinhaltet.
4.2 Methode
Relevanz
Die Analyse erfolgte durch eine systemati-
Die Relevanz, die dem Thema griechische
sche quantitative Inhaltsanalyse (vgl. Kromrey
Staatsschuldenkrise in der Nachrichtenbe-
2009). In der Systematik Mertens (1995: 88)
richterstattung von den Medien als relevanten
handelt es sich um eine deskriptive Inhalts-
Attributoren beigemessen wurde, zeigt sich an
analyse, die auf die Fernsehberichterstattung
der Intensität der Berichterstattung über das
ausgerichtet ist und diese hinsichtlich Themen,
Thema. Die Intensität der Berichterstattung
Kategorien und journalistischer Qualität unter-
über die griechische Staatsschuldenkrise ist
sucht. Sie erfolgt in großen Teilen denotativ-se-
ein Indikator der Attributoren-Relevanz. Es
mantisch, d. h. dass bestimmte Begriffe Ober-
soll also ermittelt werden, wie häufig über die
gegriffen und Kategorien zugeordnet werden.
griechische Staatsschuldenkrise in den unter-
Die zu analysierenden Merkmale resultieren
suchten Sendungen berichtet wurde. Dabei
27
„Die Griechen provozieren!”
wird auch durch Vergleiche untersucht, ob die
wird hier von Bewertungsausgewogenheit und
verschiedenen untersuchten Sendungen dem
Akteursausgewogenheit gesprochen.
Thema die gleiche Relevanz beimaßen. Ein wei-
Akteursausgewogenheit soll hier an drei In-
Indikatoren von
terer Indikator ist die Position eines Beitrags
dikatoren festgestellt werden: der Häufigkeit
Ausgewogenheit
zur griechischen Staatsschuldenkrise inner-
der Nennung und Darstellung von Akteuren,
halb einer Sendung. Eine vordere Position ist
der Darstellung von Akteuren als Adressaten
Ausdruck hoher Relevanz des Themas.
und Sender von Aussagen und dem Auftreten von Akteuren in O-Tönen.
Akteursvielfalt
Die Nennung und Darstellung ist ein erster
Um die Akteursvielfalt der Berichterstattung be-
Indikator zur Feststellung der Akteursaus-
urteilen zu können, soll untersucht werden, ob
gewogenheit. Um die gleichgewichtige Ver-
alle relevanten Akteure beachtet wurden. Dies
teilung der Akteure in der Berichterstattung
soll hier wie folgt operationalisiert werden:
zu beurteilen, wird erfasst, wie häufig zent-
Es wird analysiert, welche Akteure in der
rale Akteure genannt oder gezeigt wurden.
Berichterstattung durch O-Töne zu Wort ka-
Der Indikator ist das Verhältnis der Häufig-
men. Kamen verschiedene Akteure zu Wort,
keiten der Nennung und Darstellung von Ak-
erlaubt dies eine Aussage darüber, ob Akteure
teuren. Eine ausgewogene Darstellung liegt
dargestellt wurden, die für verschiedene Posi-
vor, wenn alle zentralen Akteure in gleichem
tionen stehen. In diesem Fall kann die Bericht-
Verhältnis auftreten. Ist beispielsweise das
erstattung auf der Akteursebene als vielfältig
Verhältnis von griechischer Regierung und
betrachtet werden. Es geht hierbei also vor
anderen Akteuren, wie der deutschen Re-
allem um die Zahl der verschiedenen Akteure
gierung, gleichgewichtig, kann von einer
innerhalb der Beiträge und über die Beiträge
ausgewogenen Darstellung von Akteuren
einer Sendung hinweg, nicht um deren antei-
gesprochen werden.
liges Verhältnis. Letzteres steht für das Quali-
Das Verhältnis der Häufigkeit der Darstel-
tätskriterium der Ausgewogenheit. Der Indika-
lung von Akteuren als Adressaten und Sen-
tor der Akteursvielfalt ist also hier die Anzahl
der von Aussagen ist ein weiterer Indikator
verschiedener O-Ton-Geber*innen innerhalb
für die Akteursausgewogenheit in der Be-
eines Beitrags. Kamen mehrere verschiedene
richterstattung. Es geht hierbei um die Frage,
O-Ton-Geber*innen zu Wort, kann die Bericht-
welche Akteure wie häufig in Beiträgen zur
erstattung als vielfältig beurteilt werden.
griechischen Staatsschuldenkrise Aussagen über andere Akteure trafen. Dabei gibt
28
Ausgewogenheit
es Sender von Aussagen und Adressaten
Ausgewogenheit wurde als gleichgewichtige
(Empfänger) von Aussagen. Der Indikator
Verteilung von Positionen und Akteuren defi-
ist das Verhältnis der Akteure hinsichtlich
niert. Von diesen beiden Ebenen ausgehend
der Frage, wie oft sie Aussagen senden oder
Forschungsdesign
empfangen. Ausgewogenheit liegt vor, wenn
schen Regierung. Wie oben dargestellt, gibt es
relevante Akteure in ähnlichem Umfang Aus-
Darstellungsformen, in denen Journalist*innen
sagen treffen können und von Aussagen ad-
einordnen und Wertungen vornehmen können
ressiert werden. Indikator ist also zum einen
(z. B. in Schalten vor der Kamera) und ande-
das Verhältnis der Akteure zueinander und
re, in denen das nicht der Fall sein sollte (z. B.
zum anderen das Verhältnis von Empfang
in Off-Texten von Nachrichten und Berich-
und Sendung von Aussagen eines Akteurs.
ten). Da den Journalist*innen als neutralen
Ein dritter Indikator der Akteursausgewo-
Beobachter*innen eine besondere Rolle zu-
genheit soll das Verhältnis des Umfangs
kommt, sollen ihre Bewertungen der griechi-
des Auftretens der Akteure in O-Tönen sein.
schen und der deutschen Regierung separat
O-Töne spielen eine zentrale Rolle in Fern-
ausgewiesen werden.
sehnachrichten. Hier haben Akteure die
Liegt beim Indikator Verhältnis der Häufig-
Möglichkeit, sich direkt in Wort und Bild
keit der Bewertungen von Akteuren durch
zu äußern. Ein ausgeglichenes Verhältnis
Journalist*innen ein ausgeglichenes Ver-
zwischen den zentralen Akteuren beim Um-
hältnis hinsichtlich der Häufigkeit der Be-
fang der O-Töne wäre Ausdruck von Ausge-
wertung der griechischen und der deut-
wogenheit. Ist ein Akteur in den O-Tönen
schen Regierung vor – wurden also griechi-
unterrepräsentiert, so mangelt es an Aus-
sche und deutsche Regierung in gleicher
gewogenheit.
Häufigkeit von Journalist*innen bewertet –, kann hier von Ausgewogenheit gesprochen
Neben der Akteursausgewogenheit sollten
werden.
auch die Positionen in der Berichterstattung
Als weiterer Indikator wird das Verhält-
ausgewogen sein. Hier soll der Begriff der Be-
nis der Häufigkeiten von positiven und
wertungsausgewogenheit ausgeführt werden.
negativ wertenden Beiträgen zur griechi-
Auf der Ebene der Bewertungen sollen die Wer-
schen und zur deutschen Regierung durch
tungen durch Journalist*innen, die Wertungen
Journalist*innen untersucht. Waren posi-
durch dargestellte Akteure und explizit die
tive und negative Wertungen gleich ver-
Wertungen durch O-Ton-Geber*innen als Indi-
teilt oder kamen ausgewogene Wertungen
Ausgewogenheit
katoren benannt werden.
durch Journalist*innen innerhalb der Bei-
der Wertungen
Die Ausgewogenheit der Wertungen durch Journalist*innen soll durch zwei Indikatoren
träge in gleichem Verhältnis vor, kann hier von Ausgewogenheit gesprochen werden.
festgestellt werden: Das Verhältnis der Häufigkeit der Bewertungen von Akteuren durch
Die Ausgewogenheit der dargestellten Wertun-
Journalist*innen und das Verhältnis der Aus-
gen durch Akteure soll ebenfalls am Verhält-
prägungen der Bewertungen der griechischen
nis der Häufigkeit der Bewertung der Akteure
Regierung und im Vergleich hierzu der deut-
durch andere Akteure und im Verhältnis der
29
„Die Griechen provozieren!”
Tonalitätsausprägungen der Bewertungen er-
wogene Berichterstattung hinsichtlich der
kennbar werden.
dargestellten Wertungen durch Akteure.
Erfasst wird als erster Indikator, wie in welchem Verhältnis Wertungen der griechi-
Neutralität
schen und der deutschen Akteure auftraten,
Neutralität kann ermittelt werden durch die
die von dargestellten Akteuren in den Sen-
Prüfung, ob in Nachrichten und Berichten auch
dungen ausgingen. Für eine ausgewogene
Meinungen artikuliert werden. Hierbei geht es
Berichterstattung sollten diese im Verhält-
um die Trennung von Nachricht und Meinung.
nis gleichgewichtig verteilt sein.
Dafür werden die Darstellungsformen (z. B.
Eine gleichgewichtige Verteilung von Positionen betrifft auch die dargestellten Po-
Nachricht,
Bericht,
Korrespondent*innen-
Schalte) der Beiträge erfasst.
sitionen, die von Akteuren eingenommen
Wenn im Off-Text von Nachricht und Bericht
werden. Dafür gilt es zu erfassen, welche
Wertungen durch Journalist*innen erfolgen,
Position in Aussagen von Akteuren einge-
entspricht dies nicht dem Qualitätsanspruch
nommen wird. Daher soll als zweiter Indika-
an Neutralität. Sind Berichte und Nachrichten
tor zu diesem Merkmal das Verhältnis posi-
frei von Wertungen durch Journalist*innen, so
tiver, negativer und neutraler Bewertungen
kann von einer neutralen Berichterstattung ge-
von Akteuren gemessen und zwischen den
sprochen werden. Das heißt, dass Nachricht
Akteuren verglichen werden. Ist das Ver-
und Meinung getrennt werden. Als Wertungen
hältnis bei allen untersuchten Akteuren
werden Adjektive, Substantive oder Verben
ähnlich, kann von einer ausgewogenen Be-
angesehen, die andere Akteure beschreiben.
richterstattung gesprochen werden.
Die Ausrichtung der Wertung ist für die Frage
Bewertung der
Spezifischer sollen zudem die Wertungen
nach der Neutralität unerheblich. Der Indika-
griechischen Regierung
der griechischen Regierung erfasst wer-
tor für die Neutralität der Berichterstattung ist
in O-Tönen
den, die in O-Tönen erfolgten. Als Indika-
also der Anteil der Nachrichten und Berichte,
tor der Bewertungsausgewogenheit soll
in denen Wertungen durch Journalist*innen im
hier gemessen werden, ob das Verhältnis
Off-Text vorkommen. Ist dieser Anteil größer
positiver, neutraler und negativer Wertun-
als null, so wurde das Gebot der Neutralität
gen der griechischen Regierung durch O-
verletzt.
Ton-Geber*innen gleichgewichtig ist. Auch
30
hier wäre eine gleichgewichtige Verteilung
Analytische Qualität
positiver und negativer Wertungen inner-
Analytische Qualität wird hier als die Beleuch-
halb eines Beitrags oder zumindest eine
tung von Hintergründen verstanden und soll
gleichgewichtige Verteilung positiver und
auf die griechische Reformpolitik bezogen wer-
negativer Wertungen über alle Beiträge ei-
den. Es geht also um die Frage, wie hintergrün-
ner Sendung Voraussetzung für eine ausge-
dig über die griechische Reformpolitik und die
Forschungsdesign
vorgeschlagenen Reformen und Politikfelder
lichst viele Politikfelder und Reformvorschläge
berichtet wurde. Im Fokus steht, in welchem
thematisierte. Andere Aspekte der journalisti-
Ausmaß Politikfelder der griechischen Reform-
schen Analyse, wie z. B. der zeitliche Umfang,
politik sowie einzelne Reformen thematisiert
mit dem sich einer spezifischen Reform ge-
Reformen stehen
wurden.
widmet wurde, werden somit bewusst ausge-
im Fokus
Ein erster Indikator ist das Verhältnis der
schlossen.
Häufigkeit der Befassung mit Politikfeldern
Um erfassen zu können, ob über einzel-
der griechischen Reformpolitik. Es wird ver-
ne Politikfelder und Reformen berichtet wur-
glichen, wie häufig und in welchem Umfang
de, wurden 139 Reformen und 16 Politikfel-
diese Politikfelder in der Berichterstattung
der anhand von vier zentralen Dokumenten
thematisiert wurden. Eine hohe analytische
ausgewählt:
Qualität kann attestiert werden, wenn viele
1. Reformliste der griechischen Regierung
Politikfelder in der Berichterstattung thematisiert wurden. Ein zweiter Indikator ist das Verhältnis der
vom 24. Februar 2015 2. Griechisches Regierungsprogramm 3. Fortschrittsbericht der EU
Häufigkeit der Befassung mit einzelnen Re-
4. Kompromisspapier über ein neues ESM-
formen der griechischen Reformpolitik. Es
Programm des Eurogipfels in Brüssel vom
wird verglichen, wie häufig die einzelnen
12. Juli 2015
Reformen in der Berichterstattung thematisiert wurden. Eine hohe analytische Qua-
Diese Dokumente lagen in deutsche Überset-
lität kann attestiert werden, wenn viele
zung vor (Deutscher Bundestag 2015a; Deut-
Reformen in der Berichterstattung thema-
scher Bundestag 2015b; Ernst 2015). Nach der
tisiert wurden, eine geringe analytische
ersten Sichtung des Materials wurde die Dis-
Qualität wird attestiert, wenn die Mehrzahl
kussion um einen Grexit zusätzlich als Thema
der Reformen gar nicht thematisiert wurde.
ergänzt.
Interessant ist dabei natürlich auch, welche
Die zu untersuchenden Qualitätskriterien
Politikfelder und Reformen bei der journa-
und ihre Operationalisierung im Kategorien-
listischen Analyse im Mittelpunkt standen.
system der Erhebung werden in Abbildung 2 zusammenfassend dargestellt.
Die Operationalisierung der analytischen Qualität erfolgt also durch die Messung der Häufigkeit, mit der sich die Beiträge mit Politikfel-
4.4 Materialbasis
dern und Reformen beschäftigten. Dies erlaubt
Der Untersuchungszeitraum reicht vom 1. Janu-
eine Aussage über die Breite der Analyse. Der
ar 2015 bis zum 31. Dezember 2015. Die Unter-
Berichterstattung wird dann eine hohe analy-
suchung zielt damit bewusst auf die Bericht-
tische Qualität zugesprochen, wenn sie mög-
erstattung über die Regierung Alexis Tsipras,
31
„Die Griechen provozieren!”
Abbildung 2:
Operationalisierung der Qualitätsdimensionen und -kriterien
Qualitätsdimensionen
Qualitätskriterien
Relevanz
Vielfalt
Attributoren-Relevanz der medialen Öffentlichkeit
Akteursvielfalt
Ausgewogenheit
Akteursausgewogenheit
Indikatoren
Relative Häufigkeit der Beiträge zum Thema
Position der Beiträge zum Thema innerhalb der Sendung
Nennung und Darstellung von Akteuren
Akteure als Adressaten und Sender von Aussagen
Gleichgewichtiges Verhältnis der Häufigkeiten der Nennungen und Darstellung von Akteuren
Gleichgewichtiges Verhältnis der Akteure als Sender und Empfänger von Aussagen
Häufigkeit der Beiträge mit verschiedenen Akteuren als O-Ton-Geber*in
Gleichgewichtiges Verhältnis der Akteure als Sender von Aussagen
Gleichgewichtiges Verhältnis der Akteure als Empfänger von Aussagen
32
O-Töne
Gleichgewichtiges Verhältnis des Umfangs der O-Töne verschiedener Akteure
Forschungsdesign
Professionalität
Neutralität
Analytische Qualität
Anteil der Wertungen durch Journalist*innen im Off-Text von Nachrichten und Berichten
Verhältnis der Häufigkeit der Befassung mit Politikfeldern der griechischen Reformpolitik
Bewertungsausgewogenheit
Wertungen durch Journalist*innen
Wertungen durch Akteure in berichteten Aussagen
Wertungen der Akteure in O-Tönen
Gleichgewichtiges Verhältnis der Häufigkeit der Wertungen der griechischen und deutschen Regierung durch Journalist*innen
Gleichgewichtiges Verhältnis der Häufigkeit der Wertungen der griechischen und deutschen Regierung durch dargestellte Akteure
Gleichgewichtiges Verhältnis der Ausprägung der Tonalität in Wertungen der griechischen Regierung durch O-Töne
Gleichgewichtiges Verhältnis der Ausprägung der Tonalität in Wertungen der griechischen und deutschen Regierung durch Journalist*innen
Gleichgewichtiges Verhältnis der Ausprägung der Tonalität in Wertungen der griechischen und deutschen Regierung durch dargestellte Akteure
Verhältnis der Häufigkeit der Befassung mit Reformvorschlägen der griechischen Reformpolitik
Anzahl der nicht-thematisierten Reformvorschläge
Quelle: eigene Darstellung.
33
„Die Griechen provozieren!”
welche am 25. Januar 2015 gewählt wurde, und
Länge der Sendungen und der Anzahl der Bei-
ihre Arbeit während des zweiten Griechenland-
träge analysiert. Anschließend erfolgte ebenso
Hilfsprogrammes, die Verhandlungen und Vor-
wie bei den Hauptnachrichtensendungen eine
bereitungen des dritten Hilfsprogrammes so-
vertiefte Analyse auf Beitragsebene.
wie die Umsetzung der in diesen Verhandlungen genannten Reformen durch die griechische Regierung.
12 Millionen Zuschauer
4.5 Durchführung
Untersucht wurden die Beiträge der tägli-
Alle Untersuchungsobjekte wurden vor Beginn
chen Hauptnachrichtensendungen im öffent-
der Erhebung über eine Download-Funktion der
lich-rechtlichen Rundfunk: die „Tagesschau“
Internet-Mediatheken von ARD und ZDF gesi-
der ARD um 20 Uhr und „heute“ des ZDF um
chert und den Codierer*innen digital zur Ver-
19 Uhr. Die beiden Sendungen zusammen er-
fügung gestellt.
reichen im Durchschnitt über zwölf Millionen
Die Auswertung anhand des Codebuchs
Fernsehzuschauer*innen täglich. Die Nachrich-
erfolgte durch geschulte Codierer*innen im
tensendungen werden täglich ausgestrahlt, es
Januar und Februar 2016. Die Sendungen wur-
handelt sich demnach um 730 Sendungen im
den komplett durchgesehen. Die Merkmale der
Jahr 2015. Es wurden alle Sendungen komplett
Sendungen (Sender, Titel, Länge, Anzahl der
erfasst hinsichtlich Länge und Anzahl der Bei-
Beiträge mit Bezug zur griechischen Staats-
träge mit einem Bezug zur griechischen Staats-
schuldenkrise) wurden in einem separaten
schuldenkrise. Die Beiträge, die einen solchen
Codebogen erfasst. Die Beiträge mit Bezug zur
Bezug aufweisen, wurden vertieft analysiert.
griechischen Staatsschuldenkrise wurden von
Die Beiträge sind die Untersuchungseinhei-
den Codierer*innen durchgesehen. Während
ten der Analyse. Als Beitrag ist eine thematisch-
der Durchsicht wurden in Zehn-Sekunden-
inhaltlich geschlossene Einheit einer Sendung
Abständen die zu untersuchenden Merkmale
definiert, die sich einem Thema widmet, von
erfasst und notiert und anschließend in einen
An- und/oder Abmoderation umschlossen sein
Codebogen eingetragen. Alle Beiträge wurden
kann und nicht durch eine Moderation unter-
transkribiert, um Reliabilität und intersubjekti-
brochen wird.
ve Nachvollziehbarkeit zu erhöhen.
Hinzu kommen die Sondersendungen „Brennpunkt“ der ARD und „ZDF spezial“ des ZDF zur griechischen Staatsschuldenkrise. Von den 43 „Brennpunkten“ im Jahr 2015 und 37
34
4.6 Reliabilität, Validität und Neutralität der Untersuchung
„ZDF spezial“ befassten sich 7 „Brennpunk-
Reliabilität gibt an, ob bei Messwiederholungen
te“ und 10 „ZDF spezial“ mit der griechischen
durch gleiche Codierer*innen (Intracoder-Reli-
Staatsschuldenkrise. Auch diese Sendungen
abilität) oder unterschiedliche Codierer*innen
wurden auf Sendungsebene hinsichtlich der
(Intercoder-Reliabilität) gleiche Messergebnis-
Forschungsdesign
se ermittelt werden. Daran zeigt sich die Ein-
wert von CR=0,96; bei der Einordnung von Mei-
deutigkeit der Kategorien und Codiervorgaben
nungen und Positionen ergab sich ein Wert von
(Früh 2011: 188). Im Vorfeld der Erhebung er-
CR=0,82, für die Zuordnung von Akteuren ein
folgte durch zwei Codierer*innen ein Pretest
Wert von CR=0,87. Zudem konnte durch meh-
anhand von fünf Sendungen, um die Anwend-
rere Abgabezeiträume, in denen die Zwischen-
barkeit des Codebuchs zu überprüfen. Die Co-
ergebnisse geprüft wurden, die Sorgfältigkeit
dierung erfolgte anschließend durch sechs von
der Codierung sichergestellt werden.
der Projektleitung geschulte Codierer*innen.
Mit Validität ist die Gültigkeit der Messin-
Diese nahmen zu Projektbeginn eine parallele
strumente gemeint. Es handelt sich dabei um
Codierung von Beiträgen vor, so dass 24 Co-
einen inhaltsanalytischen Qualitätsstandard,
dierungen gegenübergestellt werden konnten.
der angibt, ob das gemessen wurde, was ge-
Auf dieser Grundlage erfolgte ein Reliabi-
messen werden sollte. Es geht dabei zum ei-
litätstest für jede einzelne Variable. Berech-
nen um die Frage, ob die erhobenen Daten dem
net wurde ein Reliabilitätskoeffizient nach
zu Grunde gelegten theoretischen Konstrukt
Holsti (1969) für alle Codierer*innen. Der
entsprechen.
Koeffizient misst die Übereinstimmung der
Es gibt verschiedene Aspekte von Validität.
Codierer*innen. Dieser betrug über alle Vari-
Inhaltsvalidität ist gegeben, da das Kategorien-
ablen hinweg CR=0,94. Dieser Wert kann als
system alle Aspekte berücksichtigt, die in der
sehr gut bezeichnet werden (vgl. Neuendorf
Fragestellung enthalten sind. Die Beziehung
2002: 143). Für die zu codierenden Reformen
zwischen den codierten Daten und der For-
und Politikfelder zeigte sich ebenso wie für
schungsfrage wurde begründbar und plausibel
die Formalkategorien ein nahezu perfekter
in der Operationalisierung des theoretischen
Reliabilitätskoeffizient, für die zu codierenden
Konstrukts Qualität dargestellt (siehe Kap. 4.3).
Akteure ergab sich ein Wert von CR=0,81; für
Die Rede ist auch von „face-validity“ (Früh
die Variablen, bei denen Meinungen und Posi-
2011: 196). Die vom Forschenden als valide be-
tionen einzuordnen waren, ergab sich ein Wert
trachtete Operationalisierung muss zudem von
von CR=0,75.
den Codierer*innen adäquat umgesetzt wer-
Durch
gemeinsame
Codier-Sitzungen
den. Die Forscher*innen-Codierer*innen-Vali-
der Codierer*innen mit der Projektleitung in
dität kann durch Messung der Forscher*innen-
den ersten Phasen der Erhebung und weite-
Codierer*innen-Reliabilität festgestellt wer-
re Konkretisierungen der Codieranweisungen
den. Gemessen wird hier die Übereinstimmung
zu einzelnen Variablen mit geringen Überein-
der Codierer*innen mit dem Forschenden. Eine
stimmungswerten konnten Zweifelsfälle aus-
Messung anhand von zehn Stichproben über
geräumt werden. Ein zweiter Reliabilitätstest
alle 214 Variablen ergab auch hier einen Wert
im Anschluss an diese Schulung zeigte eine
von CR=0,93. Dieser Wert ist wie ein Reliabili-
Steigerung der Reliabilität auf einen Gesamt-
tätskoeffizient zu bewerten (s. o.).
35
„Die Griechen provozieren!”
Kriteriumsvalidität als weiterer Aspekt von
standardisierten Kategoriensystem und Code-
Validität kann nur sinnvoll im Nachgang die-
buch. Ein hohes Maß an Standardisierung
ser Studie durch einen Vergleich mit anderen
(vorgegebene Kategorien zu möglichen Merk-
(bisher noch nicht vorliegenden) Studien zum
malsausprägungen) und der Zugriff auf nicht-
gleichen Untersuchungsgegenstand bewertet
reaktive Daten (Inhalte, die sich nicht während
werden (vgl. Früh 2011: 196 ff.).
des Erhebungsverfahrens ändern) sichern Ob-
Die Neutralität einer Untersuchung wird
36
jektivität (Behnke/Baur/Behnke 2010: 125 f.).
durch Objektivität sichergestellt. Eine Messung
Objektivität wird zudem durch die statis-
gilt dann als objektiv, wenn sie unabhängig
tische Auswertung der Daten sichergestellt.
von der Person, die diese Messung vornimmt,
Offene Kategorien, die interpretiert werden
zum selben Ergebnis führt. Durch die Anlage
müssten, liegen in der vorgenommenen Unter-
der Untersuchung und die Wahl der Methode
suchung nicht vor. Die gewählte Methode un-
kann Objektivität hergestellt werden. Bei der
terstützt durch ihr hohes Maß an Standardisie-
in dieser Studie gewählten Methode handelt
rung eine objektive und neutrale Untersuchung
es sich um eine Inhaltsanalyse mit einem stark
der Fragestellung.
Ergebnisse der Untersuchung
5 Ergebnisse der Untersuchung
In den folgenden Abschnitten werden die Er-
In 459 Nachrichtensendungen kamen keine
gebnisse der Inhaltsanalyse hinsichtlich der
Beiträge zur griechischen Staatsschuldenkrise
Relevanz des Themas griechische Staats-
vor. 282 Sendungen hatten einen oder meh-
schuldenkrise, der Vielfalt der Akteure in der
rere Beiträge zu diesem Thema. 139 Sendun-
Berichterstattung, der Ausgewogenheit, der
gen waren es in der „Tagesschau“, was 38,1
Neutralität und der analytischen Qualität der
Prozent aller „Tagesschau“-Sendungen im Jahr
Berichterstattung dargestellt. Die Erkenntnisse
2015 entspricht. In der Sendung „heute“ wurde
werden jeweils am Ende eines Abschnitts zu-
in 126 Nachrichtensendungen die griechische
sammengefasst. Alle folgenden Darstellungen
Staatsschuldenkrise thematisiert. Das ent-
sind eigene Anfertigungen aus dem erhobenen
spricht 34,5 Prozent aller „heute“-Sendungen
empirischen Material.
im Jahr 2015. Also war in mehr als jeder dritten Nachrichtensendung von ARD und ZDF die grie-
5.1 Relevanz des Themas
chische Staatsschuldenkrise ein Thema. Insgesamt wurden 615 Beiträge zur griechi-
Im Folgenden wird gezeigt, wie relevant das
schen Staatsschuldenkrise erfasst. Sie haben
Thema der griechischen Staatsschuldenkri-
eine Gesamtlänge von mehr als 19 Stunden.
se für die Nachrichtensendung von ARD und
Obwohl die Nachrichtensendung „heute“ in we-
ZDF war. Im Untersuchungszeitraum, dem
niger Sendungen über die griechische Staats-
gesamten Jahr 2015, wurden 747 Nachrich-
schuldenkrise berichtete als die „Tagesschau“,
tensendungen analysiert. Darunter sind 365
erfolgte die Berichterstattung in mehr Beiträgen.
Sendungen der „Tagesschau“, 365 Sendun-
In der „Tagesschau“ sind es 229 Beiträge,
gen von „heute“ sowie 7 „Brennpunkte“ der
die sich auf die griechische Staatsschuldenkri-
ARD und 10 „ZDF spezial“. Bei „Brennpunkt“
se bezogen, in „heute“ sind es 252 Beiträge. 49
und „ZDF spezial“ handelt es sich jeweils um
Beiträge konnten in den „Brennpunkten“ der
Sondersendungen. Analysiert wurden jene,
ARD gezählt werden, 85 Beiträge in den Sen-
die sich auf die griechische Staatsschulden-
dungen von „ZDF spezial“ (vgl. Abbildung 3).
krise bezogen haben. Im Jahr 2015 gab es 43
Insgesamt berichtete die „Tagesschau“ über
„Brennpunkt“-Sendungen. 16,3 Prozent da-
eine Länge von 386 Minuten und 36 Sekun-
von bezogen sich auf die griechische Staats-
den über die griechische Staatsschuldenkrise,
„heute“ berichtet
schuldenkrise. Im gleichen Zeitraum gab es
die Sendung „heute“ sendete über eine Dauer
am längsten
60 „ZDF spezial“, 16,7 Prozent davon bezogen
von 413 Minuten und 24 Sekunden Beiträge zu
zu Griechenland
sich auf die griechische Staatsschuldenkrise.
diesem Thema. 132 Minuten und 33 Sekunden
Insgesamt wurde Material im Umfang von
wiesen die Beiträge zur griechischen Staats-
mehr als 206 Stunden daraufhin gesichtet, ob
schuldenkrise im „Brennpunkt“ und 257 Minu-
ein Beitrag mit Bezug zur griechischen Staats-
ten und 54 Sekunden in „ZDF spezial“ in ihrer
schuldenkrise enthalten ist.
Summe auf.
37
„Die Griechen provozieren!”
Abbildung 3:
Anzahl der Beiträge in den Nachrichtensendungen 300
250
252
Anzahl der Beiträge
229 200
150
100 85 50
49
0 Tagesschau
heute
Brennpunkt
ZDF spezial
Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
Die durchschnittliche Länge der Beiträge unterscheidet sich zwischen „Tagesschau“ und
38
Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise auf den Untersuchungszeitraum verteilen.
„heute“ kaum. Sie beträgt in der „Tagesschau“
Die Beiträge verteilen sich sehr unter-
eine Minute und 41 Sekunden und in „heute“
schiedlich auf den Untersuchungszeitraum. Im
eine Minute und 38 Sekunden. Die Sondersen-
Verlauf ist erkennbar, dass die Anzahl der Bei-
dungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“ zeig-
träge von Januar auf Februar stieg, dann folgte
ten auch längere Beiträge. Die durchschnitt-
ein Rückgang der Berichterstattung im März,
liche Länge der Beiträge liegt beim „Brenn-
April und Mai. Im Juni kam es dann mit 25,53
punkt“ bei 2 Minuten und 42 Sekunden, bei
Prozent aller Beiträge zu einem starken Anstieg
„ZDF spezial“ bei 3 Minuten und 2 Sekunden
der Berichterstattung. Der Höhepunkt war im
(vgl. Abbildung 4).
Juli mit 33,82 Prozent aller Beiträge zur grie-
Auch wenn dies kein Indikator zur Bewer-
chischen Staatsschuldenkrise. Ab September
tung der Relevanz ist, soll hier dennoch auch
spielte das Thema kaum noch eine Rolle (vgl.
beschrieben werden, wie sich die Beiträge mit
Abbildung 5).
Ergebnisse der Untersuchung
Abbildung 4:
Durchschnittliche Länge der Beiträge in den Nachrichtensendungen 3:30
Durchschnittliche Länge der Beiträge in Minuten
3:00
3:02
2:30
2:42
2:00 1:30
1:41
1:38
1:00 0:30 0 Tagesschau
heute
Brennpunkt
ZDF spezial
Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
Diese Entwicklung und insbesondere die
Euro-Finanzminister*innen am 11. und am 20.
Steigerung der Berichterstattung in einigen
Februar und ein EU-Gipfel der Staats- und Re-
wenigen zeitlichen Abschnitten kann auf ein-
gierungschefs und chefinnen waren der Anlass
zelne Ereignisse im Verlauf der Krise zurückge-
für eine intensive Berichterstattung zur grie-
führt werden: Insbesondere die Treffen vor Aus-
chischen Staatsschuldenkrise. Nach der Vor-
laufen einer Stufe des Hilfspaketes im Februar
lage einer Reformliste durch den griechischen
und im Juni 2015 zogen große Aufmerksamkeit
Finanzminister Yanis Varoufakis am 24. Februar
auf sich und verstärkten die Berichterstattung.
und der Zustimmung des Bundestages zur Ver-
Diese Gipfel standen bei ablaufenden Fristen
längerung des zweiten Hilfspakets Ende Febru-
in engem zeitlichem Zusammenhang mit einer
ar 2015 verlor das Thema an Relevanz.
intensiven Berichterstattung zur griechischen Staatsschuldenkrise.
Die Frist für das Auslaufen des zweiten Hilfspaketes wurde auf den 30. Juni 2015 fest-
Am 28. Februar sollte das zweite Grie-
gesetzt. Auch im Vorfeld dieser Frist kam es
chenland-Hilfspaket auslaufen. Treffen der
zu einer Reihe von Gipfeltreffen, die Anlass für
39
„Die Griechen provozieren!”
Abbildung 5:
Anteil der Beiträge in den Untersuchungsmonaten im zeitlichen Verlauf 40% 33,82 %
35 % 30 % Anteil der Beiträge
25,53 % 25 % 20 % 15 % 11,38 % 10 %
7,48 %
7,32 %
5,69 %
4,88 %
5 %
1,46 %
1,46 % 0
Jan.
Febr.
März
Apr.
Mai
Juni
Juli
Aug.
Sept.
0,49 %
0,16 %
0,16 %
Okt.
Nov.
Dez.
Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
eine intensive Berichterstattung waren. Das
2015 für einen massiven Anstieg der Bericht-
Treffen der Euro-Finanzminister*innen am 18.
erstattungsintensität. Das Referendum am 5.
Juni, ein Sondergipfel der EU-Staats- und Re-
Juli, die Schließung griechischer Banken, das
gierungschefs und -chefinnen am 21. und 22.
Treffen der Euro-Finanzminister*innen und Re-
Anstieg der
Juni, ein Treffen der Euro-Finanzminister*innen
gierungschefs und -chefinnen am 7. Juli sowie
Berichterstattung
am 24. Juni und schließlich der Gipfel der
die Verhandlungen um ein neues Hilfspaket
nach Scheitern
EU-Staats- und Regierungschefs und -che-
waren im Juli Ereignisse, die eine sehr starke
der Verhandlungen
finnen waren Anlass für eine Steigerung der
Berichterstattung beförderten. Nachdem eine
Berichterstattungsintensität.
Einigung am 12. Juli bei einem Gipfel der Euro-
Das Scheitern dieser Verhandlungen und die Ankündigung eines Referendums durch
40
Staaten zustande kam, ließ die Berichterstattung im August erheblich nach.
den griechischen Ministerpräsidenten Alexis
Die Berichterstattungsintensität zur grie-
Tsipras am 27. Juni sorgten im Zusammenhang
chischen Staatsschuldenkrise ist in den unter-
mit der Frist für das zweite Hilfspaket Ende Juni
suchten Nachrichtensendungen im zeitlichen
Ergebnisse der Untersuchung
Abbildung 6:
Anzahl der Beiträge nach Sendungen im zeitlichen Verlauf 80 70
Anzahl der Beiträge
60 50 40 30 20 10 0
Jan.
Febr.
März
Apr.
Tagesschau
Mai
Juni heute
Juli
Aug. Brennpunkt
Sept.
Okt.
Nov.
Dez.
ZDF spezial
Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
Verlauf weitestgehend ähnlich und verläuft
hepunkt der Krise im Juli berichtete die „Ta-
zwischen den Hauptnachrichtensendungen
gesschau“ in 66 und „heute“ in 69 Beiträgen.
„Tagesschau“ und „heute“ nahezu synchron.
Auffällig ist, dass die Sendung „heute“ ab Au-
Die „Tagesschau“ startete das Jahr 2015
gust 2015 erstmals erkennbar seltener als die
im Januar mit 16 Beiträgen zur griechischen
„Tagesschau“ auf das Thema einging. So sind
Staatsschuldenkrise, „heute“ mit 24. In den
es in „heute“ 15 Beiträge, während sich in der
Folgemonaten gab es in der Regel in „heute“
„Tagesschau“ 20 Beiträge finden lassen. Im
3 bis 8 Beiträge zur griechischen Staatsschul-
September zeigte „heute“ lediglich vier Beiträ-
denkrise mehr als in der „Tagesschau“. Beide
ge, danach gar keine mehr (vgl. Abbildung 6).
Hauptnachrichtensendungen steigerten sich
Die Berichterstattungsintensität ist in den
im Februar – die „Tagesschau“ auf 32 Beiträge,
Sondersendungen „ZDF spezial“ höher als in
„heute“ auf 39 Beiträge. In den Folgemonaten
den „Brennpunkten“ der ARD. Es gab zum ei-
nahm die Berichterstattungsintensität ab und
nen mehr „ZDF spezial“-Sendungen und zum
erlebte ihren ersten Tiefpunkt im Mai. Zum Hö-
anderen auch mehr Beiträge in den einzelnen
41
„Die Griechen provozieren!”
Abbildung 7:
Durchschnittliche Anzahl der Beiträge in den Nachrichtensendungen
Durchschnittliche Anzahl der Beiträge pro Sendung
9 8,50
8 7
7,00
6 5 4 3 2 1 0
0,66 Tagesschau
0,67 heute
Brennpunkt
ZDF spezial
Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
Sendungen. Es wurden 10 „ZDF spezial“ zur
Sendung, bei den ARD-„Brennpunkten“ waren
griechischen Staatsschuldenkrise mit einer
es 7 Beiträge pro Sendung. Die Nachrichten-
durchschnittlichen Länge von 15 Minuten und
sendungen „heute“ und „Tagesschau“ sende-
14 Sekunden ausgestrahlt und 7 „Brennpunk-
ten in etwa gleich viele Beiträge pro Sendung.
te“ mit einer durchschnittlichen Länge von
0,67 Beiträge waren es pro „heute“-Sendung
6 Minuten und 41 Sekunden. Die Sonderbe-
und 0,66 Beiträge waren es pro „Tagesschau“-
richterstattung des ZDF war also erkennbar
Sendung (vgl. Abbildung 7).
intensiver.
42
Die griechische Staatsschuldenkrise war
Diese Sondersendungen befassten sich
im Jahr 2015 eines der zentralen Themen in
ausschließlich mit der griechischen Staats-
den Fernsehnachrichten der ARD und des ZDF.
schuldenkrise und dementsprechend hoch ist
Dies lässt sich daran erkennen, dass 22,6 Pro-
hier auch die Zahl der Beiträge pro Sendung. Die
zent der Beiträge mit Bezug zur griechischen
durchschnittliche Anzahl der Beiträge lag in den
Staatsschuldenkrise an der ersten Stelle ei-
„ZDF spezial“-Sendungen bei 8,5 Beiträgen pro
ner Sendung positioniert waren, folglich als
Ergebnisse der Untersuchung
Abbildung 8:
Positionierung von Beiträgen in den Nachrichtensendungen 30 %
Anteil der Beiträge
25 %
24,6 % 22,6 %
20 % 16,7 % 15 %
12,2 %
10 %
8,8 % 5,9 %
5 %
3,1 % 1,6 %
1,1 %
1,3 %
0,7 %
0,7 %
0,3 %
0,3 %
0,2 %
8
9
10
11
12
13
14
15
0 1
2
3
4
5
6
7
Positionierung in der Nachrichtensendung Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
„Aufmacher“ gelten. Die Positionierung ist
krise zu Beginn der Nachrichtensendungen,
Ausdruck der Relevanz eines Themas. Je be-
was bei der „Tagesschau“ 26,6 Prozent und bei
deutsamer ein Thema den Journalist*innen
„heute“ 24,2 Prozent der Beiträge entspricht.
erscheint, desto weiter an den Anfang einer
Diese hohe Relevanz zeigte sich bereits zu
Nachrichtensendung wird es platziert. 24,6
Jahresbeginn im Januar mit elf Beiträgen an
Prozent der Beiträge befanden sich an zweiter
erster Position und im Februar mit 16 Beiträgen
und 16,7 Prozent an dritter Stelle. Somit sind
an erster Position. Im März fiel die Relevanz, im
64 Prozent aller Beiträge zum Thema griechi-
Mai war kein Beitrag zur griechischen Staats-
sche Staatsschuldenkrise unter den ersten drei
schuldenkrise zu Beginn einer Nachrichtensen-
Höhepunkt im Juni
Beiträgen einer Sendung zu finden (vgl. Abbil-
dung platziert. Ihren Höhepunkt hatte die Rele-
und Juli 2015
dung 8). Zwischen „Tagesschau“ und „heute“
vanz des Themas im Juni und Juli, wo 39 bzw. 47
gibt es hinsichtlich der Positionierung kaum
Beiträge zur griechischen Staatsschuldenkrise
Unterschiede. Beide Sendungen positionierten
die erste Position der Nachrichtensendungen
61 Beiträge zur griechischen Staatsschulden-
innehatten. In den Folgemonaten sank die
43
„Die Griechen provozieren!”
Abbildung 9:
Beiträge an erster Position der Nachrichtensendungen im zeitlichen Verlauf 50
47
Anzahl der Beiträge an erster Position
45 39
40 35 30 25 20 16 15
12
11 10
7
6 5 0
Jan.
Febr.
März
Apr.
0 Mai
1 Juni
Juli
Aug.
Sept.
0 Okt.
0 Nov.
0 Dez.
Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=139, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
Hohe Relevanz
44
Relevanz stark, im August waren nur noch 7
zent der Beiträge mit Bezug zur griechischen
Beiträge als erste innerhalb der Nachrichten-
Staatsschuldenkrise als Aufmacher für die
sendungen platziert, im September noch einer.
Nachrichtensendungen genutzt. „Tagesschau“
Danach schaffte es das Thema nicht mehr auf
und „heute“ unterschieden sich in ihrer Be-
die erste Position (vgl. Abbildung 9).
richterstattungsintensität kaum. Ein Großteil
Zusammenfassend lässt sich feststel-
der Berichterstattung von „Tagesschau“ und
len, dass die Nachrichtensendungen „Tages-
„heute“ fand in den Monaten Februar, Juni
schau“ und „heute“ das Thema griechische
und Juli 2015 statt. Nach einer Einigung zwi-
Staatsschuldenkrise als sehr relevant angese-
schen den Konfliktparteien im Juli verlor das
hen haben. Im Jahr 2015 war in 38 Prozent der
Thema massiv an Relevanz: „Tagesschau“ und
„Tagesschau“-Sendungen und 34 Prozent der
„heute“ berichteten dann kaum noch über das
„heute“-Sendungen mindestens ein Beitrag
Thema. Insgesamt strahlte das ZDF im Jahr
zur griechischen Staatsschuldenkrise vertre-
2015 mehr Sondersendungen zur griechischen
ten. Außerdem wurde das Thema in 22,6 Pro-
Staatsschuldenkrise aus als die ARD.
Ergebnisse der Untersuchung
Abbildung 10:
Anteil der Beiträge differenziert nach Vielfalt der O-Ton-Geber*innen 37 %
36 % 35,6 % Anteil der Beiträge
35 %
34 %
33 % 32,4 %
32 %
32,0 %
31 %
30 % Kein O-Ton
Eine O-Ton-Geber-Gruppe
Mehr als eine O-Ton-Geber-Gruppe
Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
5.2 Vielfalt der Akteure in der Berichterstattung
die Akteursvielfalt der Beiträge aus. Hierfür wurden die O-Töne der Beiträge betrachtet. Es wurde untersucht, wie viele unterschiedliche
Die Vielfalt als Qualitätsmerkmal wurde auch
Akteure zu Wort gekommen sind und ihre Aus-
auf der Akteursebene operationalisiert. Zu un-
sagen direkt senden konnten.
tersuchen war, ob alle relevanten politischen
Dabei wurden kollektive Akteure, wie die
Akteure beachtet und ihre Positionen wieder-
griechische Regierung, die deutsche Regie-
gegeben wurden. Dafür wurde untersucht,
rung, Vertreter*innen der EU (EU-Kommissi-
welche politischen Akteure in O-Tönen zu Wort
on, Vertreter*innen des Europaparlaments
kamen. Dies erlaubt eine Aussage darüber, ob
und der Präsident des Europäischen Rates),
politische Akteure dargestellt wurden, die für
Vertreter*innen der Eurogruppe und andere
verschiedene Positionen stehen.
Akteure jeweils kollektiv als ein Akteur gezählt,
Die Anzahl der Akteure, die in einem Bei-
da sie in der Regel für eine Position stehen. Für
trag direkt zu Wort kommen, sagt etwas über
die folgende Analyse wurde zusammengezählt,
45
„Die Griechen provozieren!”
Abbildung 11:
Anteil der Beiträge differenziert nach Vielfalt der O-Ton-Geber*innen und Sendung 80 %
75,3 %
Anteil der Beiträge
70 % 60 %
53,1 %
50 % 40 % 30 %
40,2 %
36,7 %
44,0 % 34,5 %
23,1 %
30,6 %
21,4 %
20 %
16,3 % 10,6 %
10 %
14,1 %
0 Tagesschau Kein O-Ton
heute Eine O-Ton-Geber-Gruppe
Brennpunkt
ZDF spezial
Mehr als eine O-Ton-Geber-Gruppe
Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
wie viele dieser Akteursgruppen in O-Tönen in
wurden vielfältige Akteure durch O-Töne dar-
den Beiträgen auftraten. Daran ist feststellbar,
gestellt (vgl. Abbildung 10).
wie vielfältig die Positionen in O-Tönen sein können. Es zeigt sich, dass in den meisten Beiträ-
46
Im Folgenden sollen diese Ergebnisse zwischen den untersuchten Sendungen vergleichend dargestellt werden.
gen, in denen O-Töne vorkommen, mehr als nur
Im Vergleich zwischen den untersuchten
eine O-Ton-Geber*innen-Gruppe dargestellt
Sendungen fällt auf, dass in den Hauptnach-
wurde. Eine O-Ton-Geber*innen-Gruppe findet
richtensendungen „Tagesschau“ und „heu-
sich in 32,0 Prozent der Beiträge. So wurden
te“ in mehr Beiträgen mehr als eine O-Ton-
beispielsweise innerhalb eines Beitrags nur
Geber*innen-Gruppe zu Wort kam. Dies ist in
Vertreter*innen der EU in O-Tönen dargestellt
der „Tagesschau“ in 40,2 Prozent der Beiträge
und andere Vertreter*innen nicht. Mehr als
der Fall, in „heute“ in 34,5 Prozent. Dies spricht
eine O-Ton-Geber*innen-Gruppe findet sich
für Akteursvielfalt bei O-Tönen in diesen Sen-
hingegen in 32,4 Prozent der Beiträge. Hier
dungen. Nur eine O-Ton-Geber*innen-Gruppe
Ergebnisse der Untersuchung
findet sich in beiden Sendungen ähnlich sel-
eine Akteursgruppe zu Wort. In „Tagesschau“
ten: in der „Tagesschau“ in 23,1 Prozent der
und „heute“ wurde auf Beitragsebene stärker
Beiträge, in „heute“ in 21,4 Prozent (vgl. Ab-
auf die Vielfalt der Akteure geachtet als in den
bildung 11).
Sondersendungen. Über alle Beiträge hinweg
Vielfältige Akteure
kamen jedoch bei allen Sendungen vielfältige
kommen zu Wort
In den Sondersendungen ist es erheblich häufiger der Fall, dass nur eine Gruppe von O-
Akteure zu Wort.
Ton-Geber*innen zu Wort kam. Dies ist in 53,1 Prozent der „Brennpunkt“-Beiträge der Fall und in 75,3 Prozent der „ZDF spezial“-Beiträge. Diese Sendungen weisen demnach eine geringere
5.3 Ausgewogenheit in der Berichterstattung
Vielfalt von O-Ton-Geber*innen innerhalb eines
Im Folgenden soll die Ausgewogenheit der
Beitrags auf. Dies ist auch auf die Verwendung
Berichterstattung zur griechischen Staats-
der Darstellungsform Interview in Sondersen-
schuldenkrise in den Nachrichtensendungen
dungen zurückzuführen, bei der häufig nur ein
„Tagesschau“, „heute“ und in den Sondersen-
Akteur zu Wort kommt.
dungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“ unter-
Insgesamt und über alle Beiträge hinweg
sucht werden.
sind die O-Töne jedoch auf vielfältige Akteu-
Anhand des Auftretens der politischen
re verteilt. Es wurden insgesamt 126 unter-
Akteure kann eine Aussage über die Ausge-
schiedliche andere Akteure gezählt, die in
wogenheit der Nachrichtenberichterstattung
O-Tönen zu Wort kamen. Darunter sind u. a.
getroffen werden. Eine ausgewogene Bericht-
Barack Obama, Christine Lagarde, Ökono-
erstattung liegt dann vor, wenn alle in der öf-
men wie Marcel Fratzscher, Clemens Fuest
fentlichen Diskussion vorgetragenen Argumen-
oder Peter Bofinger, griechische Politik- und
te und Standpunkte berücksichtigt werden und
Sozialwissenschaftler*innen, Zentralbänker
die jeweiligen politischen Akteure, die diese
wie Mario Draghi, Syriza-Abgeordnete wie bei-
Standpunkte repräsentieren, gleichgewichtig
spielsweise Nikos Manios, deutsche Politiker
zu Wort kommen. Daher wurde erfasst, wie
wie Bernd Riexinger, Wolfgang Bosbach, Ma-
häufig die griechische und deutsche Regierung
nuel Sarrazin oder Thomas Oppermann. Die
und andere politische Akteure auftraten. Es
Vielfalt der Akteure, welche in den Nachrich-
geht hierbei um die Akteursausgewogenheit.
tensendungen durch O-Töne zu Wort kamen, ist
So kann bestimmt werden, ob alle politischen
dementsprechend breit.
Akteure angemessen zu Wort kamen. Zusätzfestgehalten
lich soll anhand der Bewertungsausgewogen-
werden, dass über alle Beiträge hinweg Ak-
heit gezeigt werden, ob Bewertungen dieser
teursvielfalt gegeben ist, da unterschiedliche
Akteure in der Berichterstattung ausgewogen
Akteure Anlass der Berichterstattung waren.
waren. Akteursausgewogenheit und Bewer-
Auf Beitragsebene kamen zumeist mehr als
tungsausgewogenheit der Berichterstattung
Zusammenfassend
kann
47
„Die Griechen provozieren!”
zur griechischen Staatsschuldenkrise werden
Prozent aller Beiträge genannt oder gezeigt.
in den folgenden Abschnitten analysiert.
Demgegenüber war die deutsche Regierung deutlich seltener in der Berichterstattung
5.3.1 Akteursausgewogenheit
vertreten. In 41,6 Prozent der Beiträge wur-
In den folgenden Abschnitten geht es darum
den Kanzlerin Angela Merkel oder Finanz-
festzustellen, ob die zentralen Akteure in ei-
minister Wolfgang Schäuble genannt oder
nem gleichgewichtigen Verhältnis in der Be-
gezeigt. Andere Entscheidungsträger*innen
richterstattung zur griechischen Staatsschul-
wie Vertreter*innen der EU-Kommission, des
denkrise dargestellt wurden, ob sie in gleichem
Internationalen Währungsfonds oder der Eu-
Verhältnis Aussagen senden konnten und emp-
rogruppe wurden in 42,1 Prozent aller Beiträge
fangen haben und ob sie in gleichem Umfang in
namentlich erwähnt bzw. im Bild gezeigt (vgl.
O-Tönen zu Wort gekommen sind.
Abbildung 12). Im Folgenden wird das Auftreten dieser Akteure differenziert nach den Sendun-
Ausgewogenheit der Nennung und Darstellung von Akteuren
gen betrachtet. Hinsichtlich einer Differenzierung zwischen
Im Folgenden soll nun dargestellt werden, wie
den einzelnen Sendungen lässt sich feststel-
hoch der Anteil der Beiträge mit einem Auf-
len, dass in der Sendung „heute“ die griechi-
treten von Akteuren – gemessen an der Ge-
schen Regierungsakteure in 72,5 Prozent aller
samtanzahl der Beiträge – ist, um im weiteren
Beiträge genannt wurden, während der Wert
Verlauf aufzuzeigen, wie häufig politische Ak-
bei der „Tagesschau“ bei 66,4 Prozent lag.
teure in den Beiträgen namentlich genannt und
Beim „Brennpunkt“ lag der Anteil bei 69,3 Pro-
wie häufig sie auf Bildebene gezeigt wurden.
zent, bei „ZDF spezial“ bei 52,9 Prozent. Die
Die Analyse soll Aufschluss über die Ausgewo-
deutsche Regierung wurde in allen untersuch-
genheit der Berichterstattung zur griechischen
ten Sendungen seltener genannt oder gezeigt.
Staatsschuldenkrise liefern.
Sie kam nur in 21,3 Prozent der „Tagesschau“-
Griechische
Akteure der griechischen und deutschen
Beiträge vor und in 43 Prozent der „heute“-Bei-
Regierung im Fokus
Regierung wurden in den untersuchten Bei-
träge. Im „Brennpunkt“ war sie in 46,9 Prozent
trägen, unabhängig von einer möglichen
der Beiträge vertreten und in „ZDF spezial“ in
Personalisierung, genannt oder gezeigt. Es
37,6 Prozent.
48
liegen aber deutliche Unterschiede hinsicht-
Dies verdeutlicht, dass griechische Regie-
lich der Regierungen beider Länder in Bezug
rungsakteure in allen untersuchten Nachrich-
auf die Häufigkeit vor. Über alle Sendungen
tensendungen häufiger in Beiträgen genannt
hinweg wurde die griechische Regierung mit
und gezeigt wurden als deutsche Regierungs-
Ministerpräsident Alexis Tsipras und Finanz-
akteure. Allerdings ist die Differenz bei den
minister Yanis Varoufakis oder dessen Nach-
untersuchten Nachrichtensendungen unter-
folger, Euklid Tsakalotos, in insgesamt 67,3
schiedlich groß. Die „Tagesschau“ weist mit
Ergebnisse der Untersuchung
Abbildung 12:
Anteil der Beiträge mit Nennung oder Darstellung von Akteuren
42,1 %
Andere Entscheidungsträger
Deutsche Regierung
41,6 %
Griechische Regierung
67,3 %
0 %
10 %
20 %
30 %
40 %
50 %
60 %
70 %
80 %
Anteil der Beiträge Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, Mehrfachnennungen, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
45,1 Prozent die größte Differenz auf, während
auffällig, dass die Differenz in der „Tages-
diese bei „heute“ bei nur 29,5 Prozent liegt.
schau“ größer ist als in der Sendung „heute“.
In den untersuchten Sondersendungen ist die Differenz deutlich geringer. So beträgt sie beim
Ausgewogenheit der Akteure als
„Brennpunkt“ 22,4 Prozent und 15,3 Prozent
Adressaten und Sender von Aussagen
bei „ZDF spezial“ (vgl. Abbildung 13).
Innerhalb der untersuchten Beiträge werden
Zusammenfassend kann festgestellt wer-
aber auch Aussagen über kollektive und indi-
den, dass Akteure der griechischen Regierung
viduelle Akteure getroffen, welche im Folgen-
häufiger Berichterstattungsgegenstand waren
den Attribuierungen genannt werden. Gemeint
als andere Akteure. Gleiches gilt auch für die
sind hier Aussagen von Akteuren über Akteu-
Häufigkeit der Erwähnung auf Text- oder Bild-
re, wie z. B. Zuschreibungen von Ursachen und
ebene in den untersuchten Beiträgen. Über die
Wirkungen oder Wertungen von politischen
deutsche Regierung wurde demzufolge insge-
Akteuren. Im Folgenden wird gefragt, ob diese
samt weniger berichtet. Hierbei ist allerdings
Adressierungen ausgewogen in der Berichter-
49
„Die Griechen provozieren!”
Abbildung 13:
Anteil der Beiträge mit Nennung oder Darstellung der griechischen und deutschen Regierung 80 % 72,6 %
Anteil der Beiträge
70 %
69,3 %
66,4 %
60 %
52,9 %
50 %
45,1 %
46,9 %
42,8 %
37,6 %
40 % 29,8 % 30 %
22,4 %
21,3 %
15,3 %
20 % 10 % 0 Tagesschau
heute Griechische Regierung
Brennpunkt Deutsche Regierung
ZDF spezial Differenz
Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
50
stattung zur griechischen Staatsschuldenkrise
andere politische Akteure analysiert, worun-
waren.
ter u. a. Vertreter*innen der EU-Kommission,
Erfasst wurden in vorliegender Forschungs-
der Eurogruppe, der Europäischen Zentral-
arbeit Attribuierungen, die durch Direkt-Zitate
bank, des Internationalen Währungsfonds und
Alle reden über
(z. B. in Form von O-Tönen), aber auch durch indi-
Vertreter*innen von Parlamenten fallen. Die
die griechische
rekte Zitate (von anderen wiedergegebene Aus-
gewonnenen Daten sollen im Folgenden dar-
Regierung …
sagen, z. B. von einem Korrespondent*innen
gestellt werden.
oder Nachrichtensprecher*innen) erfolgten.
Die griechische Regierung war mit Abstand
Dies geschah sowohl für die deutsche und die
häufigster Attribuierungsadressat. Bei 41,5
griechische Regierung im Allgemeinen als auch
Prozent der Beiträge wurden von anderen Ak-
im Speziellen. Das heißt, die Beiträge wurden
teuren Aussagen über sie getroffen, welche
auch hinsichtlich Attribuierungen einzelner
sich aber vielfach auf sie im Allgemeinen be-
politischer Akteure untersucht. Darüber hi-
schränkten. In 17,1 Prozent der Beiträge wurden
naus wurden diese Attribuierungen auch für
auch Aussagen über Ministerpräsident Alexis
Ergebnisse der Untersuchung
Abbildung 14:
Anteil der Beiträge mit politischen Akteuren als Adressaten bzw. Sendern von Aussagen 11,4 %
Griechische Regierung
11,2 %
Alexis Tsipras
17,1 %
5,4 % 4,7 %
Yanis Varoufakis Euklid Tsakalotos
41,5 %
0,5 % 0,2 % 10,9 % 11,2 %
Deutsche Regierung 6,0 % 6,7 %
Angela Merkel Wolfgang Schäuble
4,1 %
8,1 %
Andere
42,1 %
15,6 % 0 %
5 %
10 %
15 %
20 %
25 %
30 %
35 %
40 %
45 %
Anteil der Beiträge Sender
Adressat
Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, Mehrfachantworten, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
Tsipras getroffen und 4,7 Prozent der Beiträge
attribuiert, Finanzminister Wolfgang Schäuble
beinhalteten Attribuierungen von Finanzmi-
mit 4,1 Prozent etwas weniger. Zuvor darge-
nister Yanis Varoufakis. Sein Nachfolger Euklid
stellte Ergebnisse weisen eine Gemeinsamkeit
Tsakalotos spielte indes keine große Rolle in
beider Regierungen auf: Die Regierungschefs
der medialen Berichterstattung. Nur in einem
und -chefinnen wurden häufiger mit Aussagen
Fall lassen sich Aussagen über ihn finden (vgl.
adressiert als die Finanzminister*innen der je-
Abbildung 14).
weiligen Länder.
Attribuierungen der deutschen Regierung
Betrachtet man dem gegenübergestellt,
ließen sich gegenüber solchen der griechi-
wer in den untersuchten Beiträgen Aussagen
schen Regierung erheblich seltener finden.
über andere Akteure traf, fällt auf, dass die
… doch sie selbst
Nur 11,2 Prozent der Beiträge beinhalteten Aus-
griechische Regierung nur in 11,4 Prozent der
kommt kaum zu Wort
sagen von Akteuren über die deutsche Regie-
Beiträge als Sender von Attributionen auftrat.
rung. Personenbezogen wurde Bundeskanzle-
Während in 41,5 Prozent der Beiträge über die
rin Angela Merkel in 6,7 Prozent der Beiträge
griechische Regierung Aussagen getroffen wur-
51
„Die Griechen provozieren!”
Tabelle 3: Anteil der Beiträge mit Attribuierungen von politischen Akteuren Sender
Adressaten
Griechische Regierung
Alexis Tsipras
Yanis Varoufakis
Euklid Tsakalotos
Deutsche Regierung
Angela Merkel
Wolfgang Schäuble
Andere
Griechische Regierung
7,3 %
7,5 %
3,6 %
0,3 %
8,8 %
5,2 %
6,8 %
33,5 %
Alexis Tsipras
3,3 %
4,6 %
1,0 %
0,2 %
2,9 %
2,6 %
1,3 %
13,8 %
Yanis Varoufakis
1,6 %
0,8 %
1,5 %
0,0 %
1,5 %
0,5 %
2,0 %
3,9 %
Euklid Tsakalotos
0,0 %
0,0 %
0,0 %
0,0 %
0,0 %
0,0 %
0,2 %
0,2 %
Deutsche Regierung
2,6 %
2,4 %
0,5 %
0,2 %
2,9 %
1,5 %
1,0 %
8,8 %
Angela Merkel
1,5 %
1,6 %
0,3 %
0,0 %
2,0 %
1,3 %
0,3 %
5,0 %
Wolfgang Schäuble
0,7 %
0,5 %
0,3 %
0,2 %
1,5 %
0,3 %
0,8 %
3,1 %
Andere
5,2 %
5,7 %
3,3 %
0,2 %
2,9 %
1,1 %
2,4 %
11,7 %
Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, Mehrfachantworten, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
den, trat sie erheblich seltener als Sender auf.
in 5,4 Prozent der Beiträge Attributionen aus,
Hier zeigt sich ein Ungleichgewicht. Bei der
Angela Merkel in 6 Prozent. Andere Akteure
deutschen Regierung findet sich ein solches
waren in 42,1 Prozent der Beiträge Sender von
Ungleichgewicht nicht: Sie trat in 10,9 Prozent
Aussagen. Diese Gruppe wurde nicht näher er-
der Beiträge als Sender auf, während sie in
fasst. Hierzu zählen beispielsweise alle euro-
11,2 Prozent der Beiträge adressiert wurde. Die
päischen Akteure, Oppositionspolitiker*innen
Diskrepanz ist erheblich geringer.
und Vertreter*innen
Bei den individuellen Akteuren trat Alexis
52
des
Internationalen
Währungsfonds.
Tsipras am häufigsten als Sender auf, nämlich
Beim Blick darauf, wessen Attributionssen-
in 11,2 Prozent der Beiträge. Am zweithäufigs-
dungen und -adressierungen zusammenfallen,
ten, in 8,1 Prozent der Beiträge, wurden Attri-
fällt auf, dass die griechische Regierung häu-
butionen von Wolfgang Schäuble in den Bei-
fig Aussagen empfing, wenn sie auch sendete.
trägen gesendet. Er war somit doppelt so oft
Dies ist in 7,3 Prozent der Beiträge der Fall. Es
Sender als Adressat. Yanis Varoufakis sendete
sind vielfach Beiträge, in denen die griechische
Ergebnisse der Untersuchung
Abbildung 15:
Länge der O-Töne der politischen Akteure in den Nachrichtenbeiträgen 210:00
Länge der O-Töne in Minuten
180:00
179:18
150:00 120:00 90:00 80:12 60:00 30:00
36:03
29:48 10:38
0:00 Griechische Regierung
Deutsche Regierung
EU-Vertreter
Euro-GruppenVertreter
Andere
Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
Regierung ihre eigenen Leistungen beurteilte
gierung dargestellt. Am häufigsten unter den
oder ihre Ziele definierte. So hieß es beispiels-
näher bestimmten Akteuren – in 8,8 Prozent
weise in einem O-Ton von Alexis Tsipras in der
der Beiträge – trafen die deutsche Regierung
Sendung „heute“ am 9. April 2015 „Das Ziel
als Sender und die griechische Regierung als
unserer Regierung ist, Griechenland in der
Adressat zusammen. Die Gruppe der anderen
Eurozone zu halten. Wir sind überzeugt, dass
Akteure trat bei allen Adressaten am häufigs-
unsere Probleme Probleme von ganz Europa
ten als Sender auf. Während die griechische
sind.“ Und am 8. Februar 2015 in der „Tages-
Regierung am häufigsten als Sender und als
schau“: „Der neue griechische Ministerpräsi-
Adressat gleichzeitig auftrat, was auch für Ale-
dent Tsipras ist überzeugt, dass sein Land mit
xis Tsipras und Yanis Varoufakis in Bezug auf
den Partnern der Eurozone eine Übereinkunft
die griechische Regierung gilt, trat die deut-
zur Lösung der Schuldenkrise erreichen wird.“
sche Regierung dann am häufigsten als Sender
Hier wurde eine Aussage des griechischen
auf, wenn die griechische Regierung adressiert
Ministerpräsidenten über die griechische Re-
wurde. Dieses Phänomen ist auch bei Angela
53
„Die Griechen provozieren!”
Merkel und Wolfgang Schäuble als Sender fest-
12 Sekunden in O-Tönen in den untersuchten
stellbar (vgl. Tabelle 3).
Nachrichtensendungen zur griechischen Staats-
Zusammenfassend lässt sich festhalten,
schuldenkrise sprach. Vertreter*innen der EU,
dass die griechische Regierung häufig durch
worunter die EU-Kommission, das Europaparla-
Aussagen anderer Akteure adressiert wurde,
ment und der Präsident des Europäischen Rates
nämlich in 41,5 Prozent der Beiträge. Aber
gezählt wurden (also beispielsweise Jean-Clau-
deutlich seltener wurden Aussagen der grie-
de Juncker, Martin Schulz oder Donald Tusk),
chischen Regierung in den untersuchten Bei-
sprachen 29 Minuten und 48 Sekunden in O-
trägen gesendet, nämlich nur in 11,4 Prozent
Tönen, Vertreter*innen der Eurogruppe in 10 Mi-
der Beiträge. Eine solche Diskrepanz fand sich
nuten und 38 Sekunden. Alle anderen Akteure,
bei der deutschen Regierung nicht: Aussagen
z. B. Parlamentarier*innen und Expert*innen,
über sie wurden in gleichem Umfang gesen-
sprachen zusammengezählt in 179 Minuten und
Fehlende
det wie Aussagen von ihr. Dies spricht für eine
18 Sekunden (siehe Abbildung 15).
Ausgewogenheit in
fehlende Ausgewogenheit der Berichterstat-
Der Anteil der griechischen Regierung an
Akteursaussagen
tung in der Berichterstattung zur griechischen
den O-Tönen lag bei gerade einmal 10,7 Prozent.
Staatsschuldenkrise.
Der Anteil der deutschen Regierung lag bei 23,8 Prozent. Die untersuchten Nachrichtensendun-
Ausgewogenheit des Umfangs der O-Töne
gen ließen demnach in ihrer Berichterstattung
von Akteuren
zur griechischen Staatsschuldenkrise die deut-
Politische Akteure senden Aussagen in Beiträ-
sche Regierung erheblich häufiger und länger
gen der untersuchten Nachrichtensendungen
zu Wort kommen als die griechische Regierung
auch durch O-Töne in Form von wörtlicher Rede.
(vgl. Abbildung 15 und Anhang 1). Die Auswahl
Die Frage ist, ob die unterschiedlichen Akteure
der O-Ton-Geber war demnach weitestgehend
in einem ausgewogenen Verhältnis in der Be-
vielfältig über die Beiträge hinweg, in ihren Um-
richterstattung zur griechischen Staatsschul-
fang jedoch nicht ausgewogen.
denkrise zu Wort kamen.
54
Dies zeigt sich auch in der durchschnitt-
Insgesamt kamen in 390 Beiträgen Akteu-
lichen Länge der O-Töne der verschiedenen
re durch O-Töne zu Wort. Das entspricht 63,4
politischen Akteure. Im Durchschnitt kam die
Prozent aller Beiträge. Insgesamt wurden im
griechische Regierung pro Sendung, in der sie
Untersuchungszeitraum 5 Stunden und 36 Mi-
mit einem O-Ton vertreten war, 12 Sekunden
nuten O-Töne gesendet.
zu Wort, die deutsche Regierung jedoch 26
Die Aufteilung dieser „Redezeit“ auf die
Sekunden. Auch Vertreter*innen der EU (EU-
einzelnen politischen Akteure ist jedoch sehr
Kommission, Europaparlament, Präsident des
unterschiedlich: Die griechische Regierung kam
Europäischen Rates) durften im Durchschnitt
nur in 36 Minuten und 3 Sekunden zu Wort, wäh-
länger sprechen, nämlich 15 Sekunden (vgl.
rend die deutsche Regierung in 80 Minuten und
Anhang 1).
Ergebnisse der Untersuchung
Im Vergleich zwischen den untersuchten
im Durchschnitt 10 Sekunden zu Wort kam,
Nachrichtensendungen zeigen sich kaum Un-
sind es in „heute“ 11 Sekunden. Während die
terschiede zwischen „Tagesschau“ und „heu-
deutsche Regierung in der „Tagesschau“ 21
te“. Die griechische Regierung kam in der
Sekunden sprechen konnte, sind es in „heute“
„Tagesschau“ in 16 Minuten und 31 Sekunden
27 Sekunden. Auch bei den Vertreter*innen der
direkt zu Wort, in „heute“ in 15 Minuten und
EU (EU-Kommission, Europaparlament, Rats-
18 Sekunden. Die deutsche Regierung kam in
vorsitz) und bei anderen Akteuren wurden zwi-
der „Tagesschau“ über 31 Minuten und 39 Se-
schen den beiden Hauptnachrichtensendungen
kunden zu Wort, in „heute“ über 35 Minuten
wenige Unterschiede beim O-Ton-Einsatz von
und 9 Sekunden. Die Differenz der Sprechzei-
Akteuren gemacht. Die durchschnittliche Län-
ten von griechischer und deutscher Regierung
ge der O-Töne der griechischen Regierung im
liegt in der Berichterstattung zur griechischen
„Brennpunkt“ lag bei einer Minute und 43 Se-
Staatsschuldenkrise über den gesamten Unter-
kunden. In „ZDF spezial“ waren es nur 15 Sekun-
suchungszeitraum in der „Tagesschau“ bei 15
den durchschnittliche Redezeit. Die Redezeit
Minuten und 8 Sekunden und in „heute“ bei 19
der deutschen Regierung lag im Durchschnitt im
Die deutsche
Minuten und 51 Sekunden. Die beiden Nachrich-
„Brennpunkt“ bei 47 Sekunden. In „ZDF spezi-
Regierung kommt
tensendungen unterschieden sich im Ungleich-
al“ kam die deutsche Regierung im Durchschnitt
länger zu Wort
gewicht der O-Ton-Zeit zwischen deutscher und
26 Sekunden zu Wort (vgl. Anhang 2).
griechischer Regierung demnach kaum.
Die lange Redezeit in den Sondersendun-
Größere Unterschiede zeigten sich bei den
gen kann auf den Einsatz der Darstellungsform
Sondersendungen „Brennpunkt“ und „ZDF
Interview zurückgeführt werden: Im „Brenn-
spezial“. Die griechische Regierung kam in
punkt“ war mehr als zwei Drittel der Zeit, in
„Brennpunkten“ erheblich länger zu Wort als
der politische Akteure direkt zu Wort kamen,
in „ZDF spezial“-Sendungen. Insgesamt wur-
der Darstellungsform Interview zugeordnet
den im „Brennpunkt“ in 3 Minuten und 27
(32:25 von 45:10 Minuten), in „ZDF spezial“
Sekunden O-Töne der griechischen Regierung
war es etwas mehr als die Hälfte (53:48 von
gesendet, in „ZDF spezial“ waren es nur 47
100:01 Minuten). In langen Interviews kamen
Sekunden. Die deutsche Regierung kam im
jedoch kaum griechische Akteure zu Wort. Dies
„Brennpunkt“ in 7 Minuten und 57 Sekunden
ist in gerade einmal 3 Minuten und 12 Sekun-
zu Wort und in „ZDF spezial“ in 5 Minuten und
den beim „Brennpunkt“ der Fall. Stattdessen
25 Sekunden (vgl. Abbildung 16 und Anhang 2).
sprechen deutsche, europäische und andere
Das gleiche Bild zeigte sich auch an den
Akteure sowie Expert*innen. Die Verteilung der
durchschnittlichen Längen der O-Töne. Zwi-
Redezeit in O-Tönen und speziell in Interviews
schen „Tagesschau“ und „heute“ lagen oft nur
war in den Sondersendungen zwischen der
sehr wenige Sekunden Unterschied: Während
griechischen Regierung und anderen Akteuren
die griechische Regierung in der „Tagesschau“
nicht ausgewogen. Auffällig ist bei „ZDF spezi-
55
„Die Griechen provozieren!”
Abbildung 16:
Länge der O-Töne der politischen Akteure in den Nachrichtensendungen 90:00 83:29
80:00
Länge der O-Töne in Minuten
70:00 60:00 50:00 40:00
36:02
35:09 32:26
31:39
30:00 20:00 10:00
27:18
16:31
15:18
5:46
7:50 4:49
5:14
7:57 3:27
10:00 6:12
5:25 0:16
0:00 Tagesschau Griechische Regierung
heute Deutsche Regierung
Brennpunkt EU-Vertreter
0:47
0:18
ZDF spezial
Euro-Gruppen-Vertreter
Andere
Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
al“ auch der hohe O-Ton-Anteil anderer Akteu-
Die griechische Regierung trat nur in 11,4
re mit fast 42 Minuten. Die Sondersendungen
Prozent der Beiträge als Sender von Aussa-
wurden vielfach genutzt, um Expert*innen und
gen auf, in 41,5 Prozent der Beiträge wurden
Akteure der Opposition zu Wort kommen zu las-
Aussagen über sie getroffen.
sen (vgl. Abbildung 17).
56
Es wurde erkennbar häufiger über die grie-
Zusammenfassend kann nach Analyse der
chische Regierung gesprochen, als dass
O-Töne der Akteure festgehalten werden, dass
diese in der Berichterstattung selbst mit
die Anteile der zentralen Akteure an O-Tönen in
Aussagen vertreten war. Dies zeigt sich be-
Beiträgen zur griechischen Staatsschuldenkri-
sonders deutlich in den O-Tönen – der Mög-
se unausgewogen waren.
lichkeit, durch wörtliche Rede direkt seine
Ergebnisse der Untersuchung
Abbildung 17:
Länge der Redezeit in Interviews in den Sondersendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“ 45:00 41:42
40:00
Länge der Redezeiten in Minuten
35:00 30:00 25:00 20:00
18:07
15:00 9:06
10:00 6:03
5:00
5:03
3:12
3:00 0:00
0:00
0:00
Brennpunkt
Griechische Regierung
0:00
ZDF spezial
Deutsche Regierung
EU-Vertreter
Euro-Gruppen-Vertreter
Andere
Interviews mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=43, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
Positionen wiederzugeben. Die griechische
sich der deutschen Regierung zuordnen.
Regierung kam im Vergleich zu anderen
Dies spricht für ein fehlendes Gleichgewicht
Akteuren in „Tagesschau“ und „heute“ sel-
bei der Behandlung von Akteuren und für
tener zu Wort. Gerade einmal 10,7 Prozent
eine Unausgewogenheit bei den Redezeiten
Unausgewogene
des Umfangs der O-Töne wurden durch die
zu Ungunsten der griechischen Regierung.
Redezeiten
griechische Regierung besetzt. Die deutsche Regierung war in allen unter-
5.3.2 Bewertungsausgewogenheit
suchten Sendungen in Beiträgen zur grie-
In den folgenden Abschnitten soll dargestellt
chischen Staatsschuldenkrise erheblich
werden, wie das Verhältnis der Bewertung der
präsenter. 23,8 Prozent der O-Töne lassen
griechischen und der deutschen Regierung hin-
57
„Die Griechen provozieren!”
sichtlich der Häufigkeit von Bewertungen und
sche Regierung in gleichem Umfang betreffen,
deren Tonalität in der Berichterstattung zur grie-
also beide Akteure in gleichgewichtigem Um-
chischen Staatsschuldenkrise war. Untersucht
fang bewerten.
wurden Wertungen durch Journalist*innen,
Insgesamt nahmen Journalist*innen in
durch berichtete Aussagen und durch O-Töne.
20,3 Prozent aller Beiträge zur griechischen Staatsschuldenkrise über alle Darstellungs-
Ausgewogenheit der Wertungen
formen hinweg Wertungen der griechischen
durch Journalist*innen in Beiträgen
oder deutschen Regierung vor. In 18,4 Prozent
In diesem Abschnitt werden die Ergebnis-
der Beiträge wurde die griechische Regierung
se hinsichtlich der Wertungen, die durch
durch Journalist*innen bewertet, während die
Journalist*innen in den Beiträgen zur griechi-
deutsche Regierung nur in 7,8 Prozent der Fälle
schen Staatsschuldenkrise vorgenommen wur-
von Journalist*innen bewertet wurde (vgl. An-
den, dargestellt. Dabei geht es um die Frage,
hang 3).
Journalist*innen
welche Position Journalist*innen in den unter-
Die griechische Regierung wurde in 11,9
kritisieren die
suchten Nachrichtensendungen einnahmen –
Prozent der Beiträge durch Journalist*innen
griechische Regierung
unabhängig davon, ob das Gebot der Neutrali-
negativ bewertet, nur in 1,1 Prozent positiv. Die
tät eingehalten wurde (vgl. Kap. 5.4).
deutsche Regierung wurde nur in 2,1 Prozent
Da den Journalist*innen als neutralen
der Beiträge negativ durch Journalist*innen
Beobachter*innen eine besondere Rolle zu-
bewertet, in 1,5 Prozent aller Beiträge positiv.
kommt, sollen ihre Bewertungen der griechi-
Die griechische Regierung wurde somit erheb-
schen und der deutschen Regierung hier sepa-
lich häufiger durch Journalist*innen negativ
rat ausgewiesen werden. Ein ausgeglichenes
bewertet als die deutsche Regierung und sel-
Verhältnis hinsichtlich der Häufigkeit der Be-
tener positiv.
wertung der griechischen und der deutschen
58
Regierung und hinsichtlich der Tonalität der Be-
Wertungen durch Journalist*innen in
wertungen wird als Voraussetzung für eine aus-
„Tagesschau“ und „heute“
gewogene Berichterstattung angesehen. Das
Die im folgenden Abschnitt dargestellten Er-
heißt: Innerhalb der Beiträge spricht ein aus-
gebnisse zeigen, dass die griechische und
geglichenes Verhältnis von positiven und ne-
deutsche Regierung innerhalb der untersuch-
gativen Wertungen für Ausgewogenheit. Über
ten Sendungen in unterschiedlicher Intensität
alle Beiträge hinweg sollten sich zudem positi-
mit wertenden Attributen von Journalist*innen
ve und negative Wertungen die Waage halten,
belegt wurden.
damit Wertungen durch Journalist*innen als
So ist – übergeordnet betrachtet – der
ausgewogen betrachtet werden können. Beide
Anteil der Beiträge, die Wertungen in Bezug
Aspekte sollen hier berücksichtigt werden. Sie
auf die griechische Regierung aufweisen,
sollten zudem die griechische und die deut-
höher als der Anteil der Beiträge mit Wertun-
Ergebnisse der Untersuchung
Abbildung 18:
Anteil der Beiträge mit Bewertungen der deutschen und der griechischen Regierung durch Journalist*innen in den Nachrichtensendungen „Tagesschau” und „heute” 25 % 21,4 %
Anteil der Beiträge
20 % 17,0 % 15 %
10 % 4,8 %
5 %
2,0 % 0 % Tagesschau
heute
Bewertungen griechische Regierung
Bewertungen deutsche Regierung
Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „Tagesschau“ n=229, „heute“ n=252, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
gen, die die deutsche Regierung betreffen. In
größer als in der „Tagesschau“ der ARD (vgl.
17 Prozent der „Tagesschau“-Beiträge ließen
Abbildung 18 und Anhang 3).
sich Bewertungen der griechischen Regierung
Darüber hinaus lässt sich feststellen, dass
von Journalist*innen finden, hingegen nur in
die griechische Regierung innerhalb der jewei-
4,8 Prozent der Fälle der deutschen Regierung.
ligen Beiträge von „Tagesschau“ und „heute“
In „heute“ wiesen 21,4 Prozent der Beiträge
deutlich häufiger negativ als positiv durch die
Bewertungen der griechischen Regierung auf,
Journalist*innen bewertet wurde. So sind in
während dieser Wert hinsichtlich der deut-
11,8 Prozent der „Tagesschau“-Beiträge Ne-
schen Regierung bei zwei Prozent lag. Dem-
gativwertungen der griechischen Regierung
nach wurde die griechische Regierung in den
durch Journalist*innen vorgenommen worden.
Nachrichtensendungen der öffentlich-recht-
Bei „heute“ ist dieser Wert nahezu identisch
lichen Sender sehr viel häufiger bewertet als
– 11,9 Prozent der Beiträge weisen negative
die deutsche Regierung. Auch ist die Differenz
Wertungen von Griechenlands Regierung durch
hinsichtlich beider Regierungen in „heute“
Journalist*innen auf. Positiv berichtet wurde
59
„Die Griechen provozieren!”
demzufolge deutlich weniger. Nur in 1,3 Prozent
der Wertung erklärt. So wurde die deutsche
der „Tagesschau“-Beiträge erfolgte eine positi-
Regierung in 0,8 Prozent der Beiträge negativ
ve Wertung der griechischen Regierung durch
und in nur 0,4 Prozent positiv bewertet. Den
Journalist*innen. Ähnlich wie bei der Nachrich-
Ergebnissen zufolge war der Anteil der Beiträ-
tensendung der ARD liegt der Wert bei der Sen-
ge mit negativen Bewertungen der deutschen
dung „heute“ bei 1,2 Prozent (vgl. Abbildung
Regierung durch Journalist*innen geringer als
19). Es kann also festgehalten werden, dass in-
der der griechischen Regierung (vgl. Abbildung
nerhalb beider öffentlich-rechtlicher Nachrich-
19). Das heißt, dass die deutsche Regierung in
tensendungen der griechischen Regierung deut-
Beiträgen zur griechischen Staatsschuldenkri-
lich mehr negative als positive Attribute durch
se deutlich seltener kritisch bewertet wurde als
den Journalist*innen zugeschrieben wurden.
die griechische Regierung.
In Schalten, Aufsagern und Interviews
Für die Nachrichtensendungen des öffent-
wurden auch neutrale bzw. ausgewogene
lich-rechtlichen Fernsehens kann festgehalten
Positionierungen erfasst. Das heißt, dass
werden, dass kaum Unterschiede zwischen
in diesen Fällen in der Bewertung durch die
„Tagesschau“ und „heute“ zu erkennen sind:
Journalist*innen positive und negative Bewer-
In beiden Sendungen wurde, sofern eine Wer-
tungen gleichermaßen stark vertreten waren.
tung stattfindet, überwiegend negativ über die
Eine Einordnung durch Journalist*innen, die
griechische Regierung berichtet, während sich
Pro- und Contra-Argumente beinhalteten, wur-
für die deutsche Regierung seltener eine nega-
de so bei Schalten, Aufsagern und Interviews
tive Berichterstattung finden lässt. Das spricht
berücksichtigt. Ein solches Abwägen wurde in
dafür, dass die Berichterstattung von „Tages-
Nachrichten und Berichten nicht ermittelt. Eine
schau“ und „heute“ hinsichtlich der durch
ausgewogene Bewertung der griechischen Re-
Journalist*innen vorgenommenen Wertungen
gierung findet sich in 8,3 Prozent der Beiträge
der griechischen und der deutschen Regierung
der Sendung „heute“ und 3,9 Prozent der Bei-
nicht durchgängig ausgewogen war.
träge der „Tagesschau“.
Die Untersuchung zu Bewertungen der Re-
Auch die
Auch die deutsche Regierung wurde durch
gierungen durch Journalist*innen fand, über
deutsche Regierung
die Journalist*innen häufiger mit negativen
die Nachrichtensendungen hinaus, auch für
wird kritisiert
als mit positiven Attributen belegt. In 2,6 Pro-
die Sondersendungen der ARD und des ZDF
zent der Beiträge der „Tagesschau“ bewerte-
statt. Im folgenden Abschnitt werden hierfür
ten Journalist*innen die deutsche Regierung
die Forschungsergebnisse dargestellt.
negativ, positive Wertungen fanden sich hier
60
nur in 1,3 Prozent der Fälle. In den „heute“-
Wertungen durch Journalist*innen in den Son-
Beiträgen wurde die deutsche Regierung ins-
dersendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“
gesamt weniger häufig attribuiert, was auch
Zwischen den Sondersendungen „Brenn-
die niedrigen Werte hinsichtlich der Richtung
punkt“ und „heute“ liegt ein deutlicher Unter-
Ergebnisse der Untersuchung
Abbildung 19:
Anteil der Beiträge mit unterschiedlichen Bewertungen der deutschen oder der griechischen Regierung durch Journalist*innen in den Nachrichtensendungen „Tagesschau” und „heute” 14 %
Anteil der Beiträge
11,9 %
11,8 %
12 % 10 %
8,3 %
8 % 6 % 3,9 %
4 % 2 % 0
2,6 % 1,3 %
1,3 %
0,9 %
0,4 %
Bewertungen griechische Regierung
Bewertungen deutsche Regierung
0,8 %
1,2 %
0,8 %
Bewertungen deutsche Regierung
Tagesschau
Bewertungen griechische Regierung heute
positiv
ausgewogen
negativ
Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „Tagesschau“ n=229, „heute“ n=252, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
schied bei der Häufigkeit der Wertungen durch
dungen von ARD und ZDF festgehalten wer-
Journalist*innen vor.
den, dass diese mehrheitlich negativ war. So
So
beinhalteten
der
beinhalteten 20,8 Prozent aller Beiträge des
„Brennpunkt“-Beiträge Bewertungen der grie-
„Brennpunkts“ Negativ-Attribuierungen der
chischen Regierung durch Journalist*innen,
griechischen Regierung. Nur in 4,2 Prozent der
während dies bei „ZDF spezial“ nur in 7,1 Prozent
„Brennpunkt“-Beiträge lag eine ausgewogene
aller Beiträge der Fall war. Die deutsche Regie-
Wertung und in nur 2,1 Prozent eine positive
rung wurde in 20,8 Prozent der „Brennpunkt“-
Berichterstattung vor. In „ZDF spezial“ bewer-
Beiträge durch Journalist*innen bewertet, in
teten Journalist*innen in nur in 7,1 Prozent aller
„ZDF spezial“ gar nicht (vgl. Abbildung 20).
Beiträge die griechische Regierung. Allerdings
Hinsichtlich
der
27,1
Prozent
Position,
die
von
waren diese alle negativ (vgl. Abbildung 21).
Journalist*innen gegenüber der griechischen
Negative Bewertungen der griechischen Regie-
Regierung in der Berichterstattung eingenom-
rung dominierten demnach bei beiden Sonder-
men wurde, kann auch für die Sondersen-
sendungen deutlich.
61
„Die Griechen provozieren!”
Abbildung 20:
Anteil der Beiträge mit Bewertungen der deutschen oder der griechischen Regierung durch Journalist*innen in den Sendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial” 30 %
27,1 %
25 % 20,8 % Anteil der Beiträge
20 %
15 %
10 % 7,1 % 5 % 0,0 %
0 % Brennpunkt Bewertungen griechische Regierung
ZDF spezial Bewertungen deutsche Regierung
Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „Brennpunkt“ n=49, „ZDF spezial“ n=85, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
Im Hinblick auf die deutsche Regierung ist festzustellen, dass diese innerhalb der „ZDF
gen belegt wurde, als dies bei der deutschen Regierung der Fall war.
spezial“-Beiträge gar nicht von Journalist*innen
Zusammengefasst ist für die Sondersen-
attribuiert wurde. Beim „Brennpunkt“ hin-
dungen von ARD und ZDF festzustellen, dass
gegen wurde die deutsche Regierung in 20,8
analog zu den Hauptnachrichtensendungen
Prozent aller Beiträge bewertet. Dabei gab es
die griechische Regierung mehrheitlich negativ
genauso viele negative wie positive Zuschrei-
bewertet wurde. Bewertungen der deutschen
bungen durch Journalist*innen, jeweils in 10,4
Regierung fanden seltener statt und waren zu-
Prozent der Beiträge der Sendung. Insgesamt
dem seltener negativ. Diese Erkenntnisse ma-
Mehr Lob für
lässt sich folglich festhalten, dass die deutsche
chen deutlich, dass auch in den Sondersen-
deutsche Regierung im
Regierung im „Brennpunkt“ häufiger positiv
dungen in Berichten nicht ausgewogen über
„Brennpunkt“
bewertet wurde als die griechische Regierung,
beide Akteure berichtet wurde.
62
und in beiden Sondersendungen die griechi-
Die Ergebnisse im Hinblick auf die Wertun-
sche Regierung häufiger mit negativen Wertun-
gen von Journalist*innen in den untersuchten
Ergebnisse der Untersuchung
Abbildung 21:
Anteil der Beiträge mit unterschiedlichen Bewertungen der deutschen und der griechischen Regierung durch Journalist*innen in den Sendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial” 25 % 20,8 % Anteil der Beiträge
20 % 15 % 10 %
10,4 %
10,4 %
7,1 % 4,2 %
5 % 2,1 % 0,0 %
0
0,0 %
Bewertungen deutsche Regierung
Bewertungen griechische Regierung
0,0 %
0,0 %
Bewertungen deutsche Regierung
Brennpunkt
0,0 %
0,0 %
Bewertungen griechische Regierung ZDF spezial
positiv
ausgewogen
negativ
Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „Brennpunkt“ n=49, „ZDF spezial“ n=85, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
Beiträgen lassen sich abschließend wie folgt
einem üblichen Maße Bewertungen durch
zusammenfassen:
Journalist*innen auf.
Insgesamt zeigt sich, dass Wertungen durch
Die durch diese Forschungsarbeit ermit-
Journalist*innen in mehr als 20 Prozent al-
telten Bewertungen sind hinsichtlich ih-
ler Beiträge vorhanden sind. Maurer (2005)
rer Ausrichtungen nicht ausgewogen:
fand in einer Analyse von Hauptnachrichten-
Journalist*innen der Nachrichtensendun-
sendungen 2001 bei der ARD in 16 Prozent
gen der ARD und des ZDF äußerten sich
und beim ZDF in 29 Prozent der Beiträge ex-
überwiegend negativ über die griechische
plizite Wertungen durch Journalist*innen.
Regierung.
Demnach liegt der hier festgestellte Anteil
Im Vergleich dazu wurde die deutsche Re-
von 20,3 Prozent der Beiträge im Rahmen
gierung häufiger positiv oder ausgewogen
der Vergleichswerte aus dem Jahr 2001. Die
bewertet. Hierin zeigt sich eine fehlende
Nachrichtenberichterstattung zur griechi-
Ausgewogenheit der Berichterstattung.
schen Staatsschuldenkrise weist somit in
63
„Die Griechen provozieren!”
Analog zu den Hauptnachrichtensendun-
aller Fernsehberichte sogar im Vergleich zur
gen wurde auch bei den Sondersendungen
deutschen Regierung häufiger mit Attributen
beider Sender die griechische Regierung
belegt wurden. Unter „andere Akteure“ wer-
überwiegend negativ bewertet. Darüber
den im Folgenden jene verstanden, die nicht
hinaus fanden hinsichtlich der deutschen
zur griechischen oder deutschen Regierung
Regierung in den Beiträgen der Sondersen-
gehören. Dies können Akteure auf EU-Ebene,
dung seltener Bewertungen statt und diese
wie z. B. der EU-Kommissionspräsident Jean-
waren auch nur in einzelnen Fällen negativ.
Claude Juncker, Regierungen anderer Länder, Expert*innen, aber auch Bürger*innen der EU
Ausgewogenheit der Wertungen in berichteten Akteursaussagen
sein. 20,8 Prozent der Beiträge beinhalten ne-
Journalistische Beiträge beinhalten aber nicht
gative Wertungen der griechischen Regierung.
nur Attribuierungen, die von Journalist*innen
Positiv wird diese in nur 4,4 Prozent aller unter-
vorgenommen werden. So umfasst die Dar-
suchten Beiträge von Akteuren attribuiert und in
stellung von Konflikten darüber hinaus auch
9,1 Prozent der Beiträge sind die Bewertungen
immer die Wiedergabe der gegensätzlichen
neutral bzw. ausgewogen (vgl. Abbildung 22).
Auffassungen, die von Akteuren vertreten wer-
Hinsichtlich einzelner Personen ist festzu-
Alexis Tsipras am
den. Aussagen, die von Akteuren über andere
stellen, dass Griechenlands Regierungschef
häufigsten bewertet
Akteure getroffen werden, können somit die To-
Alexis Tsipras von allen hier untersuchten po-
nalität und Wertung eines Beitrags determinie-
litischen Akteuren mit 16,3 Prozent aller Bei-
ren. Um die Ausgewogenheit in der Berichter-
träge am häufigsten durch Akteure bewertet
stattung zur griechischen Staatsschuldenkrise
wurde. Über Yanis Varoufakis hingegen lassen
daraufhin zu beleuchten, werden im folgenden
sich nur in 4,2 Prozent der Beiträge Wertungen
Abschnitt die von Akteuren getroffenen und in
finden. Beide eint allerdings, dass sie primär
die Berichterstattung aufgenommenen Aus-
mit kritischen Wertungen belegt wurden. Dies
sagen hinsichtlich ihrer Positionierung analy-
ist für Ministerpräsident Alexis Tsipras in 9,1
siert. Dies erfolgt zum einen auf der Ebene der
Prozent der Beiträge so und für Finanzminister
indirekten Aussagen im Text und zum anderen
Yanis Varoufakis in 3,4 Prozent der untersuch-
auf der Ebene der direkten Aussagen durch Zi-
ten Beiträge (vgl. Abbildung 22).
tate oder O-Töne.
64
Positive Bewertungen von Ministerpräsi-
In 34,3 Prozent aller Fernsehbeiträge trafen
dent Tsipras konnten in 3,1 Prozent der Bei-
Akteure wertende Aussagen über die griechi-
träge gefunden werden und für den Finanzmi-
sche Regierung. Im Unterschied dazu wurde
nister Yanis Varoufakis in nur 0,2 Prozent aller
die deutsche Regierung in nur 9,1 Prozent aller
Beiträge. Neutrale Attribuierungen betrafen
Beiträge mit Aussagen von Akteuren attribu-
den griechischen Regierungschef in 4,1 Pro-
iert, während andere Akteure mit 14,9 Prozent
zent und den Finanzminister Griechenlands in
Ergebnisse der Untersuchung
Abbildung 22:
Anteil der Beiträge mit Wertungen von Akteuren 40 % 35 %
Anteil der Beiträge
30 % 20,8 %
25 % 20 % 15 %
9,1 %
10 %
9,1 %
5 %
5,7 %
4,1 % 4,4 %
0 % Griechische Regierung
3,1 % Alexis Tsipras
3,4 % Yanis Varoufakis
Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015
4,7 %
2,0 % Deutsche Regierung positiv
3,4 %
Angela Merkel
neutral
Wolfgang Schäuble
negativ
Quelle: eigene Darstellung.
0,7 Prozent aller untersuchten Beiträge (vgl.
Beiträgen, in denen sie durch Akteure bewer-
Abbildung 22).
tet wurde, ebenfalls mehr negative als positive
Finanzminister Euklid Tskalotos wurde
Äußerungen finden. 5,7 Prozent aller Beiträge
gerade einmal in einem Beitrag attribuiert –
wiesen eine kritische Bewertung der deutschen
neutral. Dieser Sachverhalt zeigt, dass er als
Regierung auf, zwei Prozent waren neutral und
Finanzminister nach dem Rücktritt von Yanis
mit 1,5 Prozent positiven Beiträgen wurde sie
Varoufakis in der Berichterstattung kaum eine
weniger häufig positiv attribuiert als die grie-
Rolle gespielt hat.
chische Regierung (4,4 Prozent). Bezogen auf
Die deutsche Regierung wurde in 9,2 Prozent
die einzelnen deutschen Regierungsakteure
der Beiträge durch Akteure bewertet. Hinsicht-
wurde Kanzlerin Angela Merkel mit sechs Pro-
lich der deutschen Regierung lassen sich in den
zent aller Beiträge am häufigsten durch andere
65
„Die Griechen provozieren!”
Kaum positive Aussagen
Akteure bewertet. 3,7 Prozent der gesamten
Wertungen in berichteten Akteursaussagen
hier untersuchten Berichterstattung wiesen
in den Hauptnachrichtensendungen
Bewertungen von Finanzminister Wolfgang
„Tagesschau“ und „heute“
Schäuble auf. Beide deutschen Regierungs-
Allgemein betrachtet kann für die Nachrichten-
akteure wurden häufiger kritisch betrachtet,
sendungen „Tagesschau“ und „heute“ festge-
als dass ihnen Positiv-Wertungen zugeschrie-
stellt werden, dass das Verhältnis der durch
ben wurden. So wurde Bundeskanzlerin Ange-
Akteure vorgebrachten Wertungen der griechi-
la Merkel in 4,7 Prozent der Beiträge negativ
schen Regierung bei beiden Sendungen nahe-
von anderen Personen(kreisen) bewertet, in
zu gleich ist.
0,8 Prozent positiv und in 0,5 Prozent neutral.
So wurde in 37,1 Prozent der Beiträge der
In 3,4 Prozent der Beiträge wurde Finanzmi-
„Tagesschau“ und in 24,2 Prozent der Beiträge
nister Wolfgang Schäuble negativ von Akteu-
von „heute“ die griechische Regierung von Ak-
ren bewertet, in nur 0,2 Prozent positiv sowie
teuren bewertet; wobei hier nicht unterschieden
in 0,2 Prozent der Beiträge neutral.
wird, ob dies durch direkte oder indirekte Zitate
Zusammengefasst zeigen die Ergebnis-
geschah. In beiden Nachrichtensendungen do-
se, dass Griechenlands Regierung mit rund
minierte eine negative Tonalität hinsichtlich der
34 Prozent der Beiträge deutlich häufiger von
Attribuierungen. Denn 18,8 Prozent der Beiträge
Akteuren bewertet wurde als die deutsche
der „Tagesschau“ und 12,7 Prozent der Beiträ-
Regierung mit rund 9 Prozent. In nahezu 21
ge von „heute“ wiesen kritische Bewertungen
Prozent der Beiträge waren die Wertungen ge-
der griechischen Regierung durch Akteure auf.
genüber der griechischen Regierung negativ
Im Vergleich dazu wurde diese in der „Tages-
ausgerichtet, während dies für Deutschlands
schau“ in nur 5,7 Prozent und in „heute“ in gera-
Regierung nur in rund 6 Prozent der Beiträ-
de einmal 3,2 Prozent der Beiträge mit positiven
ge der Fall war. Es wurden also dreimal so
Wertungen belegt. Eine neutrale Bewertung der
häufig negative Akteursaussagen über die
griechischen Regierung fand sich in 12,7 Pro-
griechische Regierung gesendet wie über die
zent der „Tagesschau“- und in 8,3 Prozent der
deutsche. Positive Wertungen durch Akteure
„heute“-Beiträge (vgl. Abbildung 23).
fanden sich in der gesamten Berichterstattung für beide Regierungen kaum.
Bezogen auf einzelne Personen der griechischen Regierung wurde Ministerpräsident
Im Folgenden soll nun für die untersuchten
AlexisTsipras in beiden Nachrichtensendungen
Nachrichtensendungen und Sondersendungen
am häufigsten durch andere Akteure bewertet.
der ARD und des ZDF gezeigt werden, wie häu-
Dies war in 16,2 Prozent der „Tagesschau“-Bei-
fig Wertungen der griechischen Regierung in O-
träge und in 16,7 Prozent der „heute“-Beiträge
Tönen auftreten und welche Ausrichtung diese
der Fall. Hiervon beinhalteten 7,9 Prozent der
annehmen.
„Tagesschau“-Beiträge und 8,3 Prozent der „heute“-Beiträge negative Zuschreibungen in
66
Ergebnisse der Untersuchung
Abbildung 23:
Anteil der Beiträge mit Wertungen von Akteuren in den Sendungen „Tagesschau” und „heute” 40 %
35 %
30 % 18,8 %
Anteil der Beiträge
25 %
20 % 12,7 %
15 % 12,7 %
7,9 %
8,3 %
10 % 8,3 %
4,8 % 4,8 %
5 %
3,5 % 5,7 % 3,5 %
0 % Alexis Tsipras
4,4 % 4,4 %
3,1 % 1,7 %
Yanis Varoufakis
4,4 %
4,4 %
0,9 % Griechische Regierung
4,4 %
3,9 %
Deutsche Regierung
3,2 %
4,0 %
Griechische Regierung
Alexis Tsipras
0,9 % Angela Merkel
Wolfgang Schäuble
2,4 %
0,8 % Yanis Varoufakis
Tagesschau
2,8 % 4,4 %
Deutsche Regierung
2,8 %
Angela Merkel
Wolfgang Schäuble
heute positiv
neutral
negativ
Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „Tagesschau“ n=229, „heute“ n=252, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
67
„Die Griechen provozieren!”
Bezug auf den Ministerpräsidenten. Positive
mein ist aber beiden Regierungen, dass diese
Zuschreibungen fanden sich in 3,5 Prozent der
Wertungen mehrheitlich negativ waren. Denn
„Tagesschau“- und in 4,0 Prozent der „heute“-
3,5 Prozent der „Tagesschau“-Beiträge und 4,4
Beiträge. Neutrale Attribuierungen waren in
Prozent der „heute“-Beiträge beinhalteten Ne-
beiden Nachrichtensendungen ähnlich häufig
gativ-Wertungen der Regierung Deutschlands.
vorhanden – in der ARD in 4,8 Prozent der Fälle
Im Vergleich zu den Negativ-Wertungen wiesen
und im ZDF in 4,4 Prozent der Fälle (vgl. Abbil-
nur 0,4 Prozent der Beiträge beider Sendungen
dung 23).
positive Zuschreibungen auf. Neutrale Wertun-
Finanzminister Yanis Varoufakis wurde
gen der deutschen Regierungen durch Akteure
insgesamt bei beiden Nachrichtensendungen
ließen sich in 1,7 Prozent der „Tagesschau“-
erkennbar seltener bewertet. So wiesen 3,9
Beiträge und in 2,4 Prozent der „heute“-Beiträ-
Prozent der Beiträge der „Tagesschau“ und
ge finden. Die Anzahl der Negativ-Wertungen
4,4 Prozent der „heute“-Beiträge Negativ-Wer-
der deutschen Regierung ist somit zwar gerin-
tungen auf. Positive ließen sich bei den ARD-
ger als die der griechischen Regierung. Relativ
Nachrichten nur in 0,9 Prozent der Fälle und bei
betrachtet wurde sie jedoch deutlich kritischer
den ZDF-Nachrichten in 0,4 Prozent der Fälle fin-
bewertet (vgl. Abbildung 23).
den. Neutrale Wertungen hingegen waren in der
Hinsichtlich der Bewertung einzelner Re-
„Tagesschau“ mit 3,1 Prozent der Beiträge fast
gierungsmitglieder ist festzustellen, dass Bun-
genauso oft vertreten wie Negativ-Wertungen.
desfinanzminister Wolfgang Schäuble insge-
Im Vergleich dazu waren neutrale Wertungen
samt sogar etwas häufiger als Bundeskanzlerin
des griechischen Finanzministers nur selten in
Angela Merkel durch Akteure bewertet wurde.
Wolfgang Schäuble
„heute“ vorzufinden. Hier wiesen gerade einmal
Mit Bezug zur Ausrichtung der Wertungen ist zu
häufiger bewertet als
0,8 Prozent der Beiträge neutrale Wertungen
erkennen, dass der deutschen Bundeskanzle-
durch Akteure auf (vgl. Abbildung 23).
rin sowohl in den „Tagesschau“-Beiträgen als
die Kanzlerin
68
In Anlehnung an zuvor referierte For-
auch in den „heute“-Beiträgen mit jeweils 0,4
schungsergebnisse sollen nun die Ergebnisse
Prozent sehr selten Positiv-Wertungen durch
hinsichtlich der deutschen Regierung vorge-
Akteure zugeschrieben wurden. Die Wertung
stellt werden.
der deutschen Kanzlerin in der Berichterstat-
Wertungen der deutschen Regierung durch
tung durch Akteure ist somit primär kritisch. So
Akteure lassen sich bei beiden Nachrichten-
wiesen 4,4 Prozent der „Tagesschau“-Beiträge
sendungen des öffentlich-rechtlichen Fernse-
und 4,8 Prozent der „heute“-Beiträge negati-
hens deutlich seltener finden als solche der
ve Äußerungen über Bundeskanzlerin Angela
griechischen Regierung. So wiesen nur 5,6 Pro-
Merkel auf. Neutrale Wertung ließen sich –
zent der untersuchten „Tagesschau“- und 7,2
ähnlich wie positive – in nur 0,9 Prozent der
Prozent der „heute“-Beiträge Wertungen der
„Tagesschau“- und 0,4 Prozent der „heute“-
deutschen Regierung durch Akteure auf. Ge-
Beiträge finden.
Ergebnisse der Untersuchung
In Bezug auf Finanzminister Wolfgang
spezial“ vorgestellt. Es geht hier zunächst um
Schäuble sind die Ergebnisse insofern auffällig,
Bewertungen, die von Akteuren direkt oder in-
als dass relativ große Unterschiede in den Wer-
direkt ausgingen.
tungen zwischen den Nachrichtensendungen
In 55,5 Prozent der Beiträge der Sonder-
„Tagesschau“ und „heute“ erkennbar sind. So
sendung „Brennpunkt“ und in 47,1 Prozent der
wurde dieser in 4,8 Prozent der „Tagesschau“-
Beiträge des „ZDF spezial“ wurde die griechi-
Beiträge negativ bewertet, hingegen in nur 0,4
sche Regierung von Akteuren bewertet. Somit
Prozent der „heute“-Beiträge. Folglich waren
ist der Anteil von Beiträgen mit Bewertungen
auch die Werte hinsichtlich der Positiv-Bewer-
der griechischen Regierung an der Gesamtzahl
tung gegensätzlich. So wurde der Finanzminister
der Beiträge in den Sondersendungen höher
In den Sonder-
in nur 0,4 Prozent der „Tagesschau“-Beiträge,
als in den regulären Nachrichtensendungen. In
sendungen noch
aber in 2,8 Prozent der „heute-Beiträge positiv
der „Tagesschau“ liegt der Anteil der Beiträge
mehr Wertungen
bewertet. In 4,4 Prozent der „Tagesschau“-Bei-
mit Wertungen, die die griechische Regierung
träge und in 2,8 Prozent der „heute“-Beiträge
betreffen, nur bei 37 Prozent und in „heute“
fanden sich neutrale Wertungen (vgl. Abbildung
sogar nur bei 24 Prozent. Demzufolge kam es
23). So lässt sich feststellen, dass der Bundes-
in den Sondersendungen in Relation häufiger
finanzminister in der „Tagesschau“ durch dar-
zu wertenden Aussagen über die griechische
gestellte Akteursaussagen kritischer bewertet
Regierung als in den Hauptnachrichtensendun-
wurde als in „heute“.
gen (vgl. Abbildung 24).
Abschließend betrachtet zeigt sich, dass in
Die meisten dieser wertenden Aussagen
beiden Nachrichtensendungen Bewertungen,
sind in ihrer Ausrichtung analog zu den Haupt-
die Akteure in den Beiträgen über die Regierun-
nachrichtensendungen negativ. 44,4 Prozent
gen vornahmen, mehrheitlich die griechische
der Beiträge im „Brennpunkt“ und 38,8 Pro-
Regierung betrafen. In ihrer Tendenz sind die
zent der Beiträge in „ZDF spezial“ wiesen dem-
Ergebnisse dahingehend einheitlich, dass die
nach negative Bewertungen der griechischen
griechische Regierung, sofern Akteure Wertun-
Regierung durch Akteure auf. Eine neutrale Be-
gen vornehmen, eher negativ als positiv be-
wertung der griechischen Regierung findet sich
wertet wurde.
in 2,2 Prozent der „Brennpunkt“-Beiträge und in 5,9 Prozent der „ZDF spezial“-Beiträge. Eine
Wertungen in berichteten Akteursaussagen
positive Wertung gegenüber der griechischen
in den Sondersendungen „Brennpunkt“
Regierung fand in 8,9 Prozent der Beiträge der
und „ZDF spezial“
ARD-Sondersendung und in 2,4 Prozent der
Im folgenden Abschnitt werden nun die Ergeb-
Beiträge der ZDF-Sondersendung statt.
nisse hinsichtlich der von Akteuren vorgenom-
Hinsichtlich der Regierungsmitglieder lässt
menen Bewertungen innerhalb der Beiträge
sich feststellen, dass der griechische Minister-
der Sondersendungen „Brennpunkt“ und „ZDF
präsident Alexis Tsipras in beiden Sondersen-
69
„Die Griechen provozieren!”
Abbildung 24:
Anteil der Beiträge mit Wertungen von Akteuren in den Sondersendungen „Brennpunkt” und „ZDF spezial” 60 %
50 %
40 %
Anteil der Beiträge
44,4 % 38,8 %
30 %
20 %
10 %
13,3 %
17,8 %
4,4 %
2,2 %
11,8 %
8,9 %
8,9 %
4,4 %
0 % Griechische Regierung
2,2 %
2,2 %
Alexis Tsipras
Yanis Varoufakis
4,4 %
4,4 %
Deutsche Regierung
Angela Merkel
5,9 %
10,6 % 5,9 %
2,2 % 2,2 %
2,4 %
Wolfgang Schäuble
Griechische Regierung
1,2 % Alexis Tsipras
2,4 %
Yanis Varoufakis
Brennpunkt
3,5 %
Deutsche Regierung
1,2 % Angela Merkel
3,5 %
Wolfgang Schäuble
ZDF spezial positiv
neutral
negativ
Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „Brennpunkt“ n=49, „ZDF spezial“ n=85, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
70
Ergebnisse der Untersuchung
dungen am häufigsten durch andere Akteure
Prozent der „ZDF spezial“-Beiträge negativ be-
bewertet wurde. Allerdings liegen hier hin-
wertet. Im „Brennpunkt“ ließen sich in 4,4 Pro-
sichtlich der Ausrichtung der Wertung teilweise
zent der Fälle neutrale Wertungen finden, was
Unterschiede zwischen den beiden Sondersen-
in „ZDF spezial“ gar nicht der Fall war. Relativ
dungen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens
hoch war beim „Brennpunkt“ die Anzahl der
vor. So beinhalteten 2,2 Prozent der Beiträge
Beiträge, die positive Wertungen gegenüber
des „Brennpunkts“ positive Wertungen des Mi-
der deutschen Regierung aufweisen. Dies ist
nisterpräsidenten Alexis Tsipras, während die-
in 8,9 Prozent der „Brennpunkt“-Beiträge der
Deutsche Regierung
se in „ZDF spezial“ gar nicht vorkamen. Auch
Fall. In „ZDF spezial“ wurde die deutsche Re-
im „Brennpunkt“
finden sich neutrale Wertungen Tsipras‘ zwar
gierung in nur 3,5 Prozent der Beiträge positiv
positiver bewertet als
in 4,4 Prozent der „Brennpunkt“-Beiträge, aber
bewertet (vgl. Abbildung 24).
in „ZDF spezial“
nur in 1,2 Prozent der „ZDF spezial“-Beiträge.
Dieses Ergebnis spiegelt sich auch in den
Im Verhältnis ähnlich fallen hingegen die Ne-
Akteursbewertungen in Bezug auf deutsche
gativ-Wertungen des Ministerpräsidenten bei
Regierungsmitglieder wider. 4,4 Prozent der
beiden Sendern aus. So ließen sich kritische
„Brennpunkt“-Beiträge beinhalteten Negativ-
Wertungen in 17,8 Prozent der Beiträge des
Wertungen der Bundeskanzlerin Angela Merkel
„Brennpunkt“ und in 10,6 Prozent der „ZDF
von Akteuren, 5,9 Prozent waren dies in den
spezial“-Beiträge finden (vgl. Abbildung 24).
„ZDF spezial“-Beiträgen. Positive Äußerun-
In Bezug auf den griechischen Finanzmi-
gen über die Kanzlerin wiesen 4,4 Prozent der
nister Yanis Varoufakis ist hervorzuheben,
„Brennpunkt“-Beiträge und 1,2 Prozent der
dass dieser sowohl im „Brennpunkt“ als auch
„ZDF spezial“-Beiträge auf. Neutrale Wertun-
in „ZDF spezial“ nur äußerst selten bewertet
gen fanden sich in beiden Sendungen gar nicht.
wurde. Hinsichtlich der Ausrichtung der Wer-
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäub-
tungen sind demzufolge die Zahlen niedrig:
le wurde in den Sondersendungen insgesamt
2,2 Prozent der „Brennpunkt“-Beiträge und 2,4
seltener bewertet als Bundeskanzlerin Angela
Prozent der „ZDF spezial“-Beiträge beinhalte-
Merkel. Aber auch er wurde primär negativ von
ten Negativ-Bewertungen des griechischen Fi-
den Akteuren bewertet. Denn 2,2 Prozent der
nanzministers. Neutrale oder gar positive Wer-
Beiträge des „Brennpunkts“ und 3,5 Prozent
tungen lagen für ihn bei beiden untersuchten
der „ZDF spezial“-Beiträge wiesen Negativ-
Sondersendungen gar nicht vor (vgl. Abbildung
Wertungen des deutschen Finanzministers auf.
24).
Positive Wertungen von Akteuren fanden sich
Die deutsche Regierung wurde in beiden
in 2,2 Prozent der „Brennpunkt“-Beiträge, bei
Sondersendungen seltener bewertet, aller-
„ZDF spezial“ hingegen gar nicht. Auch waren
dings – wie die griechische Regierung auch
in beiden Sondersendungen keine neutralen
– überwiegend negativ. So wurde sie in 13,3
Wertungen des Finanzministers Schäuble von
Prozent der „Brennpunkt“-Beiträge und in 11,8
Akteuren zu finden (vgl. Abbildung 24).
71
„Die Griechen provozieren!”
Für die Sondersendungen „Brennpunkt“
Geber*innen kritisch über die griechischen
und „ZDF spezial“ lässt sich festhalten, dass
Regierung, während eine positive Wertung nur
Akteure mit Wertungen insgesamt häufiger vor-
in 5,5 Prozent aller Beiträge der Fall war (vgl. für
zufinden waren als in den Nachrichtensendun-
eine detailliertere Verteilung der Wertungspo-
gen „Tagesschau“ und „heute“. Wertungen der
sitionen auf verschiedenen Akteure Anhang 4).
griechischen Regierung waren deutlich öfter negativ als positiv, was darin begründet liegen
Wertungen in O-Tönen in „Tagesschau“
könnte, dass griechische Akteure generell in
und „heute“
der Berichterstattung eher unterrepräsentiert
In „Tagesschau“ und „heute“ dominierte ein
waren.
ausgeglichenes Verhältnis der Positionen zur griechischen Regierung innerhalb der durch
Ausgewogenheit der Wertungen in O-Tönen
O-Töne ausgedrückten Wertungen. Die Vertei-
Ausgewogene O-Töne
Im Folgenden sollen nun die Bewertung der
lung war zwischen „Tagesschau“ und „heute“
dominieren
griechischen Regierung in O-Tönen von Akteu-
nahezu kongruent. In „heute” wiesen nahezu
ren untersucht werden. Hierbei wird auch auf-
55 Minuten der O-Töne ein ausgeglichenes
gezeigt, inwiefern eine positive oder negative
Verhältnis zwischen positiven, negativen oder
Wertung innerhalb dieser O-Töne vorzufinden
neutralen Wertungen der griechischen Regie-
war. Es wurde auch erfasst, ob in den O-Tönen
rung auf. Annähernd 15 Minuten beinhalteten
eines Beitrags sowohl kritische als auch akriti-
Negativ-Wertungen und ca. 7 Minuten Positiv-
sche Aussagen in gleichen Anteilen auftraten.
Wertungen. Für die „Tagesschau” sind die Er-
In diesen Fällen wird von einem „ausgegliche-
gebnisse ähnlich. So waren ca. 52 Minuten der
nen“ Verhältnis gesprochen. Sind die O-Töne
O-Töne ausgewogen in ihrer Bewertung der
innerhalb der Beiträge nicht ausgeglichen, so
griechischen Regierung, ca. 20 Minuten nega-
sollten sie über alle Beiträge hinweg zumin-
tiv und ca. 9 Minuten positiv (vgl. Abbildung
dest in gleichem Umfang positive wie negative
25).
Bewertungen der griechischen Regierung enthalten.
72
Auch die Anzahl der Beiträge mit Wertungen der griechischen Regierung durch O-
In insgesamt 63,4 Prozent aller Beiträge ka-
Ton-Geber*innen bestätigt dieses Ergebnis.
men Akteure direkt vor der Kamera mit O-Tönen
In 32,8 Prozent der „Tagesschau“-Beiträge
zu Wort. Hierbei wurde in 49,9 Prozent aller
wiesen O-Töne sowohl kritische als auch akri-
Beiträge die griechische Regierung bewertet,
tische Bewertungen der griechischen Regie-
wobei die Beiträge ein überwiegend ausgegli-
rung auf und können daher als ausgeglichen
chenes Verhältnis hinsichtlich der Wertung der
bezeichnet werden. 14,8 Prozent der Beiträge
griechischen Regierung aufwiesen. Dies war
wiesen O-Töne mit negativen Wertungen der
in 26,5 Prozent aller Beiträge der Fall. In 17,8
griechischen Regierung auf, 6,1 Prozent waren
Prozent aller Beiträge äußerten sich O-Ton-
positiv. In 23,6 Prozent der „heute“-Beiträge
Ergebnisse der Untersuchung
Abbildung 25:
Länge der O-Töne mit Wertungen der griechischen Regierung in den Sendungen „heute” und „Tagesschau”
heute
6:33
54:43
8:43
Tagesschau
0 :00
14:53
51:50
19:35
5:00 10:00 15:00 20:00 25:00 30:00 35:00 40:00 45 :00 50:00 55:00 60:00 65:00 70:00 75:00 80:00
positiv
neutral
negativ
Länge in Minuten
Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „Tagesschau“ n=229, „heute“ n=252, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
wiesen O-Töne sowohl kritische als auch akri-
festgestellt werden, dass sich beide Redakti-
tische Bewertungen der griechischen Regie-
onen um ein ausgewogenes Verhältnis positi-
rung auf und können daher als ausgeglichen
ver und negativer Wertungen durch O-Töne in
bezeichnet werden. 11,5 Prozent der Beiträge
Nachrichten sowie in Berichten bemühten. Die
wiesen O-Töne mit negativen Wertungen der
Verteilung von O-Tönen auf politische Akteure
griechischen Regierung auf, 6,7 Prozent waren
war in beiden Nachrichtensendungen kongru-
positiv.
ent. Diese waren mehrheitlich ausgeglichen,
So kann abschließend festgehalten werden, dass in „Tagesschau“ und „heute“ aus-
wobei positive Wertungen jedoch seltener zu finden waren als negative.
gewogene O-Töne überwogen, negative Äußerungen zur griechischen Regierung kamen
Wertungen in O-Tönen in den Sonder-
jedoch in beiden Sendungen in einem erkenn-
sendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“
bar größeren zeitlichen Umfang vor als positi-
Im Folgenden sollen die Ergebnisse hinsicht-
ve – jeweils mehr als doppelt so oft. Es kann
lich der Bewertung der griechischen Regierung
73
„Die Griechen provozieren!”
in O-Tönen in den Sondersendungen „Brenn-
Prozent der Beiträge im „Brennpunkt“ bewer-
punkt“ und „ZDF spezial“ unterschieden wer-
teten Akteure in O-Tönen die griechische Re-
den.
gierung negativ, in 10,2 Prozent positiv, in 28,6
O-Töne in
Der zeitliche Umfang von O-Tönen mit
Prozent der Beiträge fand sich ein ausgegliche-
Sondersendungen
Bewertungen der griechischen Regierung in
nes Verhältnis. In 41,2 Prozent der Beiträge in
häufiger
Beiträgen der untersuchten Sondersendun-
„ZDF spezial“ bewerteten Akteure in O-Tönen
unausgewogen
gen macht deutlich, dass auch hier erkennbar
die griechische Regierung negativ, in 2,4 Pro-
mehr Negativ-Bewertungen der griechischen
zent positiv, in 18,8 Prozent der Beiträge fand
Regierung vorliegen, als positive Wertungen
sich ein ausgeglichenes Verhältnis.
vorkamen. Dies ist im Verhältnis betrachtet
Zusammenfassend lässt sich festhalten,
insbesondere bei der Sendung „ZDF spezial“
dass der „Brennpunkt“ zwar unter den unter-
der Fall.
suchten Sendungen häufiger positiv wertende
So wurden in „ZDF spezial“ rund 53 Minu-
O-Töne zu Griechenlands Regierung beinhalte-
ten negative und nur rund 3 Minuten 30 Se-
te als das „ZDF spezial“, jedoch auch zweimal
kunden positive Äußerungen gesendet. Der
so viel Negativ- wie Positiv-Wertungen aufwies.
zeitliche Umfang hinsichtlich neutraler O-Töne
Die Sondersendungen setzten O-Töne nicht in
lag bei in „ZDF spezial“ bei 16 Minuten und
einem ausgeglichenen Verhältnis ein. Das Er-
32 Sekunden. Dies erscheint mit Blick auf den
gebnis zur Sendung „ZDF spezial“ zeigt dies
gesamten Zeitumfang (ca. 75 Minuten), in dem
sehr deutlich. So sendete das „ZDF spezial“
Wertungen in Form von O-Tönen enthalten sind,
rund 53 Minuten Negativ-Äußerungen und nur
erstaunlich wenig.
rund 4 Minuten Positiv-Äußerungen über die
Auch bei den „Brennpunkt“-Beiträgen sind mit 22 Minuten und 51 Sekunden mehr Negativ-
74
griechische Regierung, also mehr als 13-mal so viel Negativ- wie Positiv-Wertungen.
Äußerungen vorhanden, als sich positive Be-
In diesem Abschnitt stand die Ausgewo-
wertungen der griechischen Regierung finden
genheit der Berichterstattung im Mittelpunkt.
lassen. So weist die ARD-Sondersendung nur
Untersucht wurde, ob die Darstellung von Ak-
insgesamt 10 Minuten und 16 Sekunden O-Töne
teuren und die dargestellten Wertungen und
mit positiven Wertungen der griechischen Re-
Meinungen von Akteuren, Journalist*innen und
gierung auf. O-Töne mit ausgeglichenen Posi-
O-Ton-Geber*innen in einem ausgewogenen
tionen gegenüber der griechischen Regierung
Verhältnis zueinander standen. Die zentralen
konnten in insgesamt 12 Minuten und 4 Se-
Ergebnisse der Analyse im Hinblick auf die
kunden der „Brennpunkt“-Beiträge festgestellt
Wertungen durch Akteure in den untersuchten
werden (vgl. Abbildung 26).
Beiträgen lassen sich folgendermaßen zusam-
Auch die Anzahl der Beiträge mit Wertun-
menfassen. Zunächst sollen die Ergebnisse
gen der griechischen Regierung durch O-Ton-
hinsichtlich der Akteursausgewogenheit dar-
Geber*innen bestätigt dieses Ergebnis. In 30,6
gestellt werden:
Ergebnisse der Untersuchung
Abbildung 26:
Länge der O-Töne mit Wertungen der griechischen Regierung in den Sondersendungen „ZDF spezial” und „Brennpunkt”
ZDF spezial
3:37
16:32
10:16
Brennpunkt
0 :00
53:01
12:04
22:51
5:00 10:00 15:00 20:00 25:00 30:00 35:00 40:00 45 :00 50:00 55:00 60:00 65:00 70:00 75:00 80:00
positiv
neutral
negativ
Länge in Minuten
Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „Brennpunkt“ n=49, „ZDF spezial“ n=85, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
Die griechische Regierung wurde häufiger
erkennbar häufiger über die griechische
genannt oder gezeigt als andere Akteure.
Regierung gesprochen, als dass diese in
Die griechische Regierung trat aber nur in
der Berichterstattung selbst mit Aussagen
11,4 Prozent der Beiträge als Sender von
vertreten war. Dies zeigt sich besonders
Aussagen auf, in 41,5 Prozent der Beiträge
deutlich in den O-Tönen, der Möglichkeit,
wurden Aussagen über sie getroffen.
durch wörtliche Rede direkt seine Positio-
Fehlende Ausgewogenheit lässt sich auch
nen wiederzugeben. Die griechische Regie-
bei den direkt zu Wort kommenden Akteu-
rung kam im Vergleich zu anderen Akteuren
ren feststellen. Die deutsche Regierung
in „Tagesschau“ und „heute“ seltener zu
sprach in O-Tönen fast mehr als doppelt so
Wort. Gerade einmal 10,7 Prozent des Um-
lang zur Staatsschuldenkrise in Griechen-
fangs der O-Töne wurden durch die griechi-
land als die griechische Regierung. Das
sche Regierung besetzt.
Verhältnis der Redeanteile zwischen beiden
Die deutsche Regierung war in allen unter-
Akteuren ist nicht ausgewogen. Es wurde
suchten Sendungen in Beiträgen zur grie-
75
„Die Griechen provozieren!”
chischen Staatsschuldenkrise erheblich
In O-Tönen und indirekten Aussagen über
präsenter. 23,8 Prozent der O-Töne lassen
Akteure in der hier untersuchten Berichter-
sich der deutschen Regierung zuordnen.
stattung zur griechischen Staatsschulden-
Dies spricht für ein fehlendes Gleichgewicht
krise zeigten sich in hohem Maße Meinun-
bei der Behandlung von Akteuren und für
gen und Bewertungen. In fast vier von fünf
eine Unausgewogenheit bei den Redezeiten
Beiträgen, in denen ein O-Ton enthalten
zu Ungunsten der griechischen Regierung.
war, wurde die griechische Regierung bewertet. Auch bei berichteten Aussagen und
Die Ergebnisse der Untersuchung der Bewer-
O-Tönen zeigte sich dieses Missverhältnis,
tungsausgewogenheit zeigen ebenfalls Defizi-
die griechische Regierung wurde häufiger
te auf:
bewertet als andere. In 34,3 Prozent aller
Die griechische Regierung wurde sehr häu-
Beiträge trafen Akteure wertende Aussagen
fig durch Journalist*innen und Akteure in-
über die griechische Regierung. Über die
nerhalb der untersuchten Beiträge bewertet
deutsche Regierung wurden in nur 9,1 Pro-
– erkennbar häufiger als andere Akteure. In
zent der Beiträge wertende Aussagen von
20,3 Prozent der Beiträge zur griechischen
Akteuren getroffen. Dies spricht auch hier
Staatsschuldenkrise wurden Wertungen
für fehlende Ausgewogenheit der Bewer-
der griechischen und/oder der deutschen
tungen.
Regierung von Journalist*innen vorgenommen. In 18,4 Prozent der Beiträge betrafen
Wenn Journalist*innen Wertungen vornehmen,
diese Wertungen die griechische Regierung.
positionierten sie sich mehrheitlich kritisch
In nur 7,8 Prozent der Beiträge wurde die
gegenüber der griechischen Regierung. Ein
deutsche Regierung von Journalist*innen
Mangel an Ausgewogenheit in der Bewertung
Wertungen durch
bewertet. Das Ausmaß der Wertungen
durch Journalist*innen zeigt sich im Vergleich:
Journalist*innen
durch Journalist*innen ist in einem erwar-
Positive Aspekte wurden bei der griechischen
in jedem fünften
teten Umfang: Etwa jeder fünfte Beitrag be-
Regierung im Gegensatz zur deutschen Regie-
Beitrag
inhaltet Wertungen durch Journalist*innen.
rung kaum herausgestellt. Die vorgefundenen
Maurer (2005) fand in einer Analyse von
Wertungen sind demnach nicht ausgewogen.
76
Hauptnachrichtensendungen 2001 bei der
Die griechische Regierung wurde in be-
ARD in 16 Prozent und beim ZDF in 29 Pro-
richteten Akteursaussagen häufiger negativ
zent der Beiträge explizite Wertungen
bewertet als positiv. Jedoch wurden über alle
durch Journalist*innen. Das Verhältnis ist
Akteure, die bewertet wurden, mehrheitlich ne-
allerdings nicht ausgeglichen, die griechi-
gative bzw. kritische Aussagen getroffen.
sche Regierung wurde häufiger bewertet als
Die Bewertungen der griechischen Regie-
andere. Dies spricht für fehlende Ausgewo-
rung durch Akteure waren in den Hauptnach-
genheit der Bewertungen.
richtensendungen mehrheitlich ausgeglichen,
Ergebnisse der Untersuchung
in den untersuchten Sondersendungen mehr-
sprechend nicht in Off-Texten von Nachrich-
heitlich negativ. In 17,8 Prozent aller Beiträge
ten oder Berichten stattfinden. Innerhalb von
insgesamt äußerten sich O-Ton-Geber*innen
Aufsagern und Korrespondent*innen-Schalten
kritisch gegenüber der griechischen Regierung,
sind Wertungen hingegen möglich, da bei bei-
während eine positive Wertung nur in 5,5 Pro-
den für den Rezipienten erkennbar ist, dass
Rezipient*innen
zent aller Beiträge der Fall war. Während sich
es sich um eine Meinung des Journalist*innen
sollen Meinung
die Journalist*innen in den Hauptnachrichten-
handelt, weil dieser im Bild zu sehen ist.
erkennen können
sendungen um eine ausgewogene Bewertung
Bei 16,8 Prozent der Beiträge handelte es
der griechischen Regierung bei der Zusammen-
sich um einfache Nachrichtenmeldungen, die
stellung der O-Töne bemühten, tendierte die
von den Nachrichtensprecher*innen gelesen
Mehrheit der O-Töne in den Sondersendungen
wurden. 43,9 Prozent dieser vorgelesenen
zu einer kritischen Position gegenüber der
Meldungen wurden mit Bewegtbild hinter-
griechischen Regierung. Die in O-Tönen darge-
legt. Die häufigste Darstellungsform waren
stellten Meinungen waren in Sondersendun-
mit 50,9 Prozent Berichte. An dritter Stelle
gen demnach weniger ausgewogen als in den
standen Korrespondent*innen-Schalten der
Hauptnachrichtensendungen.
Reporter*innen mit 23,6 Prozent aller Beiträge. Es wurden zudem in 7,8 Prozent der Beiträge
5.4 Neutralität der Berichterstattung Insbesondere
für
Aufsager in Nachrichten und Berichten identifiziert (in Abbildung 27 hellblau markiert). Bei
Nachrichtensendungen
8,1 Prozent aller Beiträge handelte es sich um
ist die Trennung von Nachricht und Mei-
Interviews. Diese kamen jedoch nahezu aus-
nung ein zentraler Aspekt der Unparteilich-
schließlich in den untersuchten Sondersen-
keit. Zunächst wird daher im folgenden Ab-
dungen vor.
schnitt dargestellt, in welchem Ausmaß und
Unterscheidet man zwischen den verwende-
in welcher Ausrichtung Wertungen durch
ten Darstellungsformen (vgl. Abbildung 28), ist
Journalist*innen in den Fernsehnachrichten
feststellbar, dass die Nachricht weitestgehend
zur griechischen Staatsschuldenkrise vorge-
frei von Bewertungen durch Journalist*innen
nommen wurden.
war. Nur in 3,9 Prozent der Beiträge fanden sich
Es geht insbesondere um die Frage, ob
positive oder negative Wertungen der griechi-
Journalist*innen in den untersuchten Nachrich-
schen oder der deutschen Regierung durch
tensendungen eine Position einnahmen. Hie-
Journalist*innen im Off-Text. In Bezug auf die
raus können Rückschlüsse gezogen werden,
Darstellungsform des Berichtes war dieser An-
inwiefern die Berichterstattung dem Kriterium
teil schon erkennbar höher: 10,2 Prozent der
der Neutralität entspricht.
hier untersuchten Berichte wiesen Wertungen
Wertungen durch Journalist*innen sollten
durch Journalist*innen im Off-Text auf. So hieß
dem Qualitätskriterium der Neutralität ent-
es beispielsweise im Off-Text eines Berichtes
77
„Die Griechen provozieren!”
Abbildung 27:
Anteil der Beiträge nach Darstellungsform
60 %
Anteil der Beiträge
50 %
50,9 %
40 %
30 %
20 %
23,6 % 16,7 %
10 % 8,1 %
0,7 %
MIT AUFSAGER
0 % Nachricht
Bericht
Interview
Korrespondent*innenSchalte
Sonstige
Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
„Nur er hier hat ein Dauergrinsen“
78
der „Tagesschau“ vom 18. September 2015
sich im Gegensatz zu Nachrichten und Be-
über Ministerpräsident Alexis Tsipras: „Doch
richten deutlich häufiger Bewertungen durch
er hat an Strahlkraft verloren.“ Oder in der
Journalist*innen. So wiesen 39,4 Prozent aller
„heute“-Sendung vom 4. April 2015: „Politi-
Korrespondent*innen-Schalten und Aufsager
sche Kapriolen in Athen sorgen auch bei der
Wertungen der griechischen oder deutschen
SPD für Stirnrunzeln.“ Aber auch in der Sonder-
Regierung durch Journalist*innen auf. Bei der
sendung „ZDF spezial“ (29. Juni 2015) ließen
Darstellungsform des Interviews war dies nur
sich derartige Beispiele für Kommentierungen
in 8 Prozent aller Fälle so. Ein Beispiel für eine
von Journalist*innen im Off-Text finden. Über
durch Journalist*innen vorgenommene Mei-
den griechischen Finanzminister findet man
nungsäußerung während eines Interviews fin-
den Satz: „Nur er hier hat ein Dauergrinsen.
det sich im „Brennpunkt“ vom 29. Juni 2015:
Die Griechen provozieren.“
„Darf ich noch eine Frage stellen? Jahrelang
In den für Kommentierungen vorgese-
sind ja Reformen verschleppt worden in diesem
henen Berichterstattungsbereichen fanden
Land (...)“ Daran zeigt sich, dass auch in Inter-
Ergebnisse der Untersuchung
Abbildung 28:
Anteil der Beiträge mit Bewertungen der griechischen oder der deutschen Regierung durch Journalist*innen nach Darstellungsform
8,0 %
Interview
Schalten und Aufsager
39,4 %
Bericht
10,2 %
Nachricht
3,9 %
0 %
5 %
10 %
15 %
20 %
25 %
30 %
35 %
40 %
45 %
Anteil der Beiträge Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, Nachricht: n=103, Bericht: n=313, Schalten u. Aufsager: n=193, Interview: n=50, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
viewfragen Wertungen durch Journalist*innen
in 36,7 Prozent der Beiträge Wertungen von
vorgenommen wurden.
Journalist*innen finden, wobei solche in „ZDF
Hinsichtlich meinungsorientierter Äußerungen durch Journalist*innen zeigen sich
spezial“ nur in rund 7 Prozent der Fälle zu finden waren (vgl. Abbildung 29).
zwischen den Nachrichtensendungen bei-
Im folgenden Abschnitt findet eine weiter-
der öffentlich-rechtlicher Sender nur gerin-
gehende Differenzierung der Ergebnisse statt.
ge Unterschiede. So wurden in 19,7 Prozent
So soll dargestellt werden, inwieweit Wertun-
der „Tagesschau“-Beiträge Wertungen von
gen der griechischen und deutschen Regierung
Journalist*innen vorgenommen, in „heute“
in den untersuchten Sendungen zu finden wa-
lag dieser Wert bei 22,2 Prozent. Bei den Son-
ren und welche Unterschiede zwischen den
dersendungen hingegen war ein deutlicher
Nachrichtensendungen und Sondersendungen
Unterschied in Bezug auf eine meinungsori-
festgestellt werden konnten.
entierte Berichterstattung erkennbar. Denn in
Im Weiteren sollen nun die Ergebnisse
der ARD-Sendung „Brennpunkt“ ließen sich
hinsichtlich der Wertungen mit Bezug zu den
79
„Die Griechen provozieren!”
Abbildung 29:
Anteil der Beiträge mit Wertungen durch Journalist*innen
ZDF spezial
7,1 %
92,9 %
Brennpunkt
36,7 %
63,3 %
22,2 %
heute
77,8 %
19,7 %
Tagesschau
0 %
10 %
80,3 %
20 %
30 %
40 %
50 %
60 %
70 %
80 %
90 %
100 %
Anteil der Beiträge Beiträge mit Wertungen der griechischen oder der deutschen Regierung Beiträge ohne Wertungen der griechischen oder der deutschen Regierung Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „Tagesschau“: n=229, „heute“: n=252, „Brennpunkt“: n= 49, „ZDF spezial“: n= 85, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
80
unterschiedlichen Darstellungsformen diffe-
Prozent aller Korrespondent*innen-Schalten
renziert werden.
und Aufsager von „heute“ Meinungen von
In der „Tagesschau“ fanden in 3 Prozent
Journalist*innen finden; wohingegen in der
der Beiträge Wertungen durch Journalist*innen
„Tagesschau“ mit 37,3 Prozent diese Berichter-
statt, in „heute“ waren diese in 5,6 Prozent
stattungsformen etwas weniger für Wertungen
der Beiträge zu finden. Die Darstellungs-
genutzt wurden (vgl. Abbildung 30). Zusam-
form Bericht wurde von den „Tagesschau“-
menfassend lässt sich also feststellen, dass
Redakteur*innen in 7,2 Prozent der Fälle für
alle Darstellungsformen im Vergleich beider
Wertungen genutzt. Im Vergleich dazu lag die-
Sender ähnlich intensiv für Wertungen durch
ser Wert bei den „heute“-Berichten bei 8,5 Pro-
Journalist*innen genutzt wurden.
zent. Die Korrespondent*innen-Schalten und
Die Darstellungsformen wurden auch in den
Aufsager beinhalteten die meisten Wertungen
Sondersendungen unterschiedlich intensiv für
von Journalist*innen. Hier ließen sich bei 41,8
Bewertungen durch Journalist*innen genutzt.
Ergebnisse der Untersuchung
Abbildung 30:
Anteil der Beiträge mit Wertungen durch Journalist*innen nach Darstellungsform in den Sendungen „heute” und „Tagesschau”
Interview
0,0 %
41,8 %
Korrespondent*innen- Schalten und Aufsager
37,3 % 8,5 %
Bericht
7,2 % 5,6 %
Nachricht
3,0 %
heute Tagesschau 0 %
5 %
10 %
15 %
20 %
25 %
30 %
35 %
40 %
45 %
Anteil der Beiträge Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise; „Tagesschau“: Nachricht: n=67, Bericht: n=111, Schalten und Aufsager: n=83, Interview: n=0; „heute“: Nachricht: n=36, Bericht: n=129, Schalten und Aufsager: n=91, Interview: n=0; 2015 Quelle: eigene Darstellung.
Wie zuvor beschrieben, bewerteten die Journalist*innen im „Brennpunkt“ insgesamt
dungen und somit das Postulat der Neutralität verletzt wurde.
erkennbar häufiger. So fanden in der Darstel-
Vor der Kamera bewerteten Journalist*innen
lungsform Bericht beim „Brennpunkt“ in 28
die griechische oder deutsche Regierung in 54,5
Prozent der Fälle Bewertungen statt, während
Prozent der Korrespondent*innen-Schalten und
dies für das „ZDF spezial“ nur bei 12,5 Prozent
Aufsager sowie in 21,4 Prozent der Interviews
der Berichte der Fall war. Betrachtet man diese
der Sendung „Brennpunkt“. In „ZDF spezial“
Ergebnisse für die Darstellungsform Bericht
wurden, abgesehen von den Berichten, in kei-
im Vergleich zu den Nachrichtensendungen
ner weiteren Darstellungsform Wertungen der
Neutralität in allen
der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten, so
griechischen oder deutschen Regierung durch
Sendungen verletzt
fällt auf, dass in den Sondersendungen häufi-
Journalist*innen gefunden (vgl. Abbildung 31).
ger die Trennung von Nachricht und Meinung
Die Neutralität der Berichterstattung, also
missachtet wurde als in den Nachrichtensen-
die die Trennung von Nachricht und Meinung,
81
„Die Griechen provozieren!”
Abbildung 31:
Anteil der Beiträge mit Wertungen durch Journalist*innen nach Darstellungsform in den Sondersendungen „ZDF spezial” und „Brennpunkt”
0,0 %
Interview
21,4 % 0,0 %
Korrespondent*innen-Schalten und Aufsager
54,5 % 12,5 %
Bericht
28,0 %
0,0 %
Nachricht „ZDF spezial“ „Brennpunkt“ 0 %
10 %
20 %
30 %
40 %
50 %
60 %
Anteil der Beiträge Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise; „Brennpunkt“: Nachricht: n=0, Bericht: n=25, Schalten und Aufsager: n=11, Interview: n=14; „ZDF spezial“: Nachricht: n=0, Bericht: n=48, Schalten und Aufsager: n=8, Interview: n=29; 2015 Quelle: eigene Darstellung.
ist ein zentrales Kriterium journalistischer Pro-
gative Bewertungen der griechischen oder
fessionalität. Dieses wichtige Qualitätskriteri-
der deutschen Regierung vor. Off-Texte
um wurde in der Berichterstattung zur griechi-
von Berichten wurden in den untersuchten
schen Staatsschuldenkrise nicht durchgängig
Nachrichtensendungen also in jedem zehn-
eingehalten:
ten Fall für Wertungen genutzt. Damit wurde
Klassische Nachrichten waren weitestgehend frei von Bewertungen durch
82
das Gebot der Neutralität sowohl in Nachrichten als auch in Berichten verletzt.
Journalist*innen. In 3,9 Prozent der Nach-
3,0 Prozent der Nachrichten und 7,2 Prozent
richten fanden sich positive oder negative
der Berichte in der „Tagesschau“ enthielten
Wertungen der griechischen oder der deut-
Wertungen der griechischen oder der deut-
schen Regierung durch Journalist*innen.
schen Regierung durch Journalist*innen
In 10,2 Prozent der Berichte nahmen
im Off-Text. In „heute“ wurden häufiger
Journalist*innen jedoch positive oder ne-
als in der „Tagesschau“ auch in Nach-
Ergebnisse der Untersuchung
richten und Berichten Bewertungen von Journalist*innen vorgenommen. 5,6 Prozent der Nachrichten und 8,5 Prozent der Berichte in „heute“ enthielten Wertungen der griechischen oder der deutschen Regierung durch Journalist*innen im Off-Text. Damit wurde in beiden Hauptnachrichtensendungen das Gebot der Neutralität von Nachrichten und Berichten in Einzelfällen verletzt. Da keine Vergleichszahlen zu Neutralitätsverletzungen in den Darstellungsformen Nachricht und Bericht zu anderen Themen vorliegen, kann das Ausmaß der Neutralitätsverletzung hier nur zwischen den untersuchten Sendungen vergleichend bewertet und eingeordnet werden. Unter
den
untersuchten
Sendungen
wurde im „Brennpunkt“ am häufigsten auch in Berichten Bewertungen durch Journalist*innen vorgenommen. 28 Prozent der Berichte im „Brennpunkt“ enthielten Wertungen der griechischen oder der deutschen Regierung durch Journalist*innen im Off-Text. In „ZDF spezial“ wurden seltener als im „Brennpunkt“, aber häufiger als in den Hauptnachrichtensendungen „Tagesschau“ und „heute“, auch in Berichten Bewertungen durch Journalist*innen vorgenommen. 12,5 Prozent der Berichte in „ZDF spezial“ enthielten Wertungen der griechischen oder der deutschen Regierung durch Journalist*innen im Off-Text. Damit wurde das Gebot der Neutralität von Nachrichten und Berichten im „Brennpunkt“ und im ZDF spezial“ verletzt.
5.5 Analytische Qualität der Darstellung der griechischen Reformagenda in der Berichterstattung In diesem Abschnitt steht die Frage im Mittepunkt, wie viel Hintergrundberichterstattung zur griechischen Staatsschuldenkrise die öffentlichen-rechtlichen Nachrichtensendungen lieferten. Damit kann die analytische Qualität der öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen beurteilt werde. Dazu wurde erhoben, ob die Berichterstattung sachorientiert war, über welche Politikfelder der griechischen Reform-
Reformvorschläge und
politik und über welche konkreten Reformen
Politikfelder
berichtet wurde. Um erfassen zu können, über welche Politikfelder und Reformen berichtet wurde, wurden zuvor 139 Reformen und 16 Politikfelder aus den folgenden vier zentralen Dokumenten ausgewählt: der Reformliste der griechischen Regierung vom 24. Februar 2015, dem griechischen Regierungsprogramm, dem Fortschrittsbericht der EU und dem Kompromisspapier über ein neues ESM-Programm des Eurogipfels in Brüssel vom 12. Juli 2015. Darüber hinaus wurden weitere Diskussionen, die am Rande der Reformpolitik und der Staatsschuldenkrise auftauchten, ebenfalls erfasst, wie beispielsweise die Diskussionen über deutsche Reparationszahlungen an Griechenland, das Privatleben politischer Akteure oder die Diskussion über einen griechischen Euro-Austritt.
83
„Die Griechen provozieren!”
Im folgenden Abschnitt wird beleuchtet, wie sich die Berichterstattung mit zentralen
Rechtspolitik und Medienpolitik
Politikfeldern befasste. Im darauffolgenden
zugeordnet. Einzelne weitere Themen (z. B.
Abschnitt soll es um die Berichterstattung über
Grexit, Reparationszahlungen) wurden darüber
konkrete Reformvorschläge gehen. Anschlie-
hinaus separat untersucht.
ßend wird das Ausmaß der Berichterstattung über andere Themen dargestellt.
Die Analyse zeigt, dass sich 51,1 Prozent aller Beiträge mit Haushaltspolitik befassten (vgl. Abbildung 32). Dieses Politikfeld nahm
Haushaltspolitik dominiert
5.5.1 Politikfelder in der
demnach eine herausgehobene Stellung in der
Nachrichtenberichterstattung
Berichterstattung ein. Hierzu zählen beispiels-
Im Folgenden geht es um die Frage, wie in-
weise Vorschläge wie ein Schuldenschnitt oder
tensiv über welche Politikfelder während der
erlass und der vielfach thematisierte Staats-
griechischen Staatsschuldenkrise berichtet
bankrott Griechenlands. Es folgte mit großem
wurde. Dadurch lassen sich Erkenntnisse dar-
Abstand das Politikfeld der Steuer- und Fi-
über gewinnen, welche Politikfelder im Fokus
nanzpolitik mit 21,5 Prozent der Beiträge. Zu
der Berichterstattung standen und welche
diesem Politikfeld wurden – unter anderem –
vollständig oder weitestgehend ausgeklam-
alle Diskussionen über Steuereinnahmen und
mert wurden.
Steuererhöhungen gezählt, aber auch die Ver-
Die in der Berichterstattung in der griechi-
folgung von Steuerhinterziehung oder der Vor-
schen Staatsschuldenkrise thematisierten Re-
schlag einer Modernisierung der griechischen
formvorschläge wurden den Politikfeldern
Finanzverwaltung.
Haushaltspolitik Steuer- und Finanzpolitik
zug zur Wirtschaftspolitik thematisiert – dies
Geld- und Währungspolitik
geschah nur in 13,7 Prozent aller Beiträge. Die-
Wirtschaftspolitik
sem Politikfeld werden z. B. Diskussionen über
Arbeitsmarktpolitik
Privatisierungen von Staatsbetrieben sowie
Tarif- und Lohnpolitik
Themen der Wirtschaftsförderung und einzelne
Infrastrukturpolitik
Reformen des Wettbewerbsrechts zugeordnet.
Energiepolitik
Es folgten die Rentenpolitik als viert-
Sozialpolitik
wichtigstes Thema mit 12,8 Prozent und die
Rentenpolitik
gesellschaftliche und politische Ordnung in
Gesundheitspolitik
Griechenland mit 11,7 Prozent. Hierzu wurden
Wohnungsbau
Vorschläge zur Bekämpfung der Korruption im
gesellschaftliche und
Staatsapparat und zur Reduzierung der Zahl
politische Ordnung
der Beamten, aber auch Diskussionen über
Verteidigungspolitik
84
Noch seltener wurden Sachverhalte mit Be-
Neuwahlen gezählt.
Ergebnisse der Untersuchung
Abbildung 32:
Anteil der Beiträge differenziert nach Politikfeldern 60 % 55 %
51,1 %
50 %
Anteil der Beiträge
45 % 40 % 35 % 30 % 25 %
21,5 %
20 % 15 %
13,7 % 12,8 % 11,7 %
10 %
9,8 % 5,0 % 5,0 %
5 %
2,1 % 2,0 % 1,8 % 1,6 % 1,1 % 0,5 % 0,0 % 0,0 %
Ha St us eu ha er -u lts nd p Ge Fin oliti k se an W lls zp irt ch ol sc af iti ha tli k fts ch e p ol un Re iti d nt k po en Ge lit po is ld lit ch -u ik e nd Or W dn äh un ru g ng sp ol Ar iti be k its po lit So ik Ve zia rte l po id lit ig Ta u ik n rif g -u sp ol nd iti Lo k hn po lit Re ik ch Ge t sp su ol nd iti he k its po En lit er ik gi ep ol M iti ed W k oh ie np nu o ng lit sb ik In a up fra ol st iti ru k kt ur po lit ik
0 %
Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, Mehrfachnennungen, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
Themen mit Bezug zur Geld- und Währungs-
zug zur Tarif- und Lohn-, Rechts- und Gesund-
politik spielten mit 9,8 Prozent aller Beiträge
heitspolitik sowie Energie- und Medienpolitik.
nur eine untergeordnete Rolle in der Nachrich-
Beiträge, in denen die Themen Wohnungsbau
tenberichterstattung. Aber auch Sachverhalte
und Infrastrukturpolitik angesprochen wurden,
hinsichtlich der Arbeits-, Sozial- und Verteidi-
ließen sich in den untersuchten Sendungen gar
gungspolitik ließen sich in den Beiträgen nur
nicht finden (vgl. Abbildung 32). Diesen Politik-
selten finden. Gleiches gilt für Themen mit Be-
feldern wurde z. B. das Programm zur Siche-
85
„Die Griechen provozieren!”
rung von Wohnraum, das geplante Aussetzen
dem Hintergrund, dass in Griechenland in al-
der Versteigerung von Hauptwohnungen oder
len 16 Politikfeldern 139 Reformen diskutiert
Reformen im Bereich Landnutzung, Raumord-
und teilweise umgesetzt wurden, fehlte es
nung und Katasterwesen zugeordnet.
an analytischer Qualität in der Berichterstat-
Die geringe Präsenz dieser Politikfelder in den Nachrichtensendungen von ARD und ZDF
tung über die Breite des Reformprozesses in Griechenland.
ist insofern erstaunlich, da in allen genannten
Zwischen den untersuchten Sendungen
Politikfeldern in Griechenland Reformen dis-
gab es Unterschiede hinsichtlich der Politik-
kutiert und sogar teilweise durchgeführten
felder, über die berichtet wurde. Im Folgenden
wurden. So wurde zum Beispiel das Insolvenz-
soll zwischen den Hauptnachrichtensendun-
recht reformiert, um Firmenneugründungen zu
gen und den Sondersendungen noch einmal
erleichtern. Dies wurde gar nicht thematisiert
unterschieden werden:
wurde. Rechtspolitische Reformen, wie z. B. eine Zivilrechtsreform, wurden nur in 1,8 Pro-
Politikfelder in den Hauptnachrichten-
zent der Beiträge zum Thema. Außerdem wurde
sendungen „Tagesschau“ und „heute“
die Unabhängigkeit der griechischen Statistik-
Die
behörde gestärkt. In nur einem Beitrag wurde
schau“ und „heute“ wiesen kaum Unterschie-
darauf eingegangen.
de in der Berichterstattung über verschiedene
Wie intensiv einzelne Politikfelder in den Nachrichtensendungen im Mittelpunkt stan-
Breite des Reform-
86
Hauptnachrichtensendungen
„Tages-
Politikfelder in der griechischen Staatsschuldenkrise auf.
den, ist zudem an der Zeit, in der über sie be-
Das Thema Haushaltspolitik war in beiden
richtet wurde, erkennbar. So ließen sich zur
Sendungen das wichtigste Politikfeld. In der
Haushaltspolitik ca. 80 Minuten Sendungsma-
„Tagesschau“ wurde dieses Politikfeld in 51,9
terial finden, zur Steuer- und Finanzpolitik ca.
Prozent aller Beiträge thematisiert, in „heute“
35 Minuten, zur gesellschaftlichen und politi-
in 46,8 Prozent der Beiträge. Auch das Politik-
schen Ordnung ca. 28 Minuten sowie zur Wirt-
feld Steuer- und Finanzpolitik fand in nahezu
schaftspolitik ca. 25 Minuten. Über die Geld-
identischem Ausmaß Berücksichtigung in bei-
und Währungspolitik wurde insgesamt nur ca.
den Sendungen: in der „Tagesschau“ in 18,8
13 Minuten lang berichtet; die Thematisierung
Prozent, in „heute“ in 15,8 Prozent der Bei-
aller weiteren Politikfelder blieb jeweils unter
träge. Die Rentenpolitik wurde in der „Tages-
zehn Minuten (vgl. Anhang 5).
schau“ mit 15,3 Prozent der Beiträge häufiger
prozesses nicht
Zusammenfassend stand mit fast jedem
thematisiert als in „heute“, wo es nur 9,9 Pro-
abgebildet
zweiten Beitrag die Haushaltspolitik im Mit-
zent waren. Dafür wurde die Geld- und Wäh-
telpunkt der Berichterstattung. Es folgten mit
rungspolitik in „heute“ häufiger in Beiträgen
weitem Abstand das Politikfeld Steuer- und
thematisiert (11,5 Prozent) als in der „Tages-
Finanzpolitik sowie die Wirtschaftspolitik. Vor
schau“ (6,6 Prozent). Sozialpolitik wurde in der
Ergebnisse der Untersuchung
Abbildung 33:
Anteil der Beiträge differenziert nach Politikfeldern in „heute“ und „Tagesschau“ heute
0,4 %
Medienpolitik
1,6 % 1,6 % 2,0 %
Energiepolitik Verteidigungspolitik Tarif- und Lohnpolitik
0,8 % 1,6 %
Gesundheitspolitik Rechtspolitik
6,0 %
Arbeitspolitik
11,5 %
Geld- und Währungspolitik
2,8 %
Sozialpolitik
13,1 %
Gesellschaftliche und politische Ordnung
11,1 % 9,9 %
Wirtschaftspolitik Rentenpolitik
15,9 %
Steuer- und Finanzpolitik
46,8 %
Haushaltspolitik
Tagesschau
Medienpolitik Energiepolitik Verteidigungspolitik Tarif- und Lohnpolitik Gesundheitspolitik Rechtspolitik Arbeitspolitik Geld- und Währungspolitik Sozialpolitik
0,0 % 1,3 % 1,7 % 1,7 % 1,7 % 2,6 % 3,5 % 6,6 % 7,4 % 12,7 % 13,1 % 15,3 %
Gesellschaftliche und politische Ordnung Wirtschaftspolitik Rentenpolitik
18,8 %
Steuer- und Finanzpolitik
52,0 %
Haushaltspolitik
0 %
10 %
20 %
30 %
40 %
50 %
60 %
Anteil der Beiträge Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „heute“: n=252, „Tagesschau“: n=229, Mehrfachnennungen, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
„Tagesschau“ mehr als doppelt so oft (7,4 Pro-
fang in die Berichterstattung einbezogen (vgl.
zent) zum Thema als in „heute“ (2,8 Prozent).
Abbildung 33).
In diesen Politikfeldern lagen jedoch schon die
Das heißt, die Hauptnachrichtensendun-
deutlichsten Unterschiede. Alle weiteren Poli-
gen „Tagesschau“ und „heute“ unterscheiden
tikfelder wurden in nahezu identischem Um-
sich kaum in der Intensität, in der sie über
87
„Die Griechen provozieren!”
Die gleichen Politikfelder im Fokus
verschiedene Politikfelder in der griechischen
in den Hauptnachrichtensendungen. Dies hat
Staatsschuldenkrise berichteten. Sie haben
auch zur Folge, dass einzelne spezifische Poli-
die gleichen Politikfelder verstärkt in den Fo-
tikfelder wie Energiepolitik, Medienpolitik und
kus genommen (Haushaltspolitik, Steuer- und
Rechtspolitik hier in geringerem Umfang oder
Finanzpolitik) und andere in gleichem Maße
gar nicht vorkamen.
vernachlässigt (Medienpolitik, Energiepolitik, Gesundheitspolitik und Rechtspolitik).
Unterschiede zwischen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“ resultieren vielfach aus der un-
Zusammenfassend gibt es kaum Unter-
terschiedlichen Anzahl der Sendungen und
schiede zwischen den Nachrichtsendungen:
Beiträge der beiden Formate. Auffällig ist je-
Sowohl die „Tagesschau“ als auch die „heute“-
doch, dass das „ZDF spezial“ Rentenpolitik
Sendung berichteten in rund jedem zweiten
sowie die Steuer- und Finanzpolitik häufiger
Beitrag über das Politikfeld Haushaltspolitik.
thematisierte als der „Brennpunkt“. Relativiert
Es folgten mit weitem Abstand die Steuer- und
an der Gesamtzahl der Beiträge in diesen Sen-
Finanzpolitik. In der „Tagesschau“ wurden drei
dungen waren die Anteile jedoch ähnlich: Bei
Politikfelder gar nicht thematisiert: Medienpo-
der Rentenpolitik lag der Anteil in „ZDF spezial“
litik, Infrastrukturpolitik und Wohnungsbau. In
bei 15,3 Prozent, im „Brennpunkt“ bei 12,2 Pro-
„heute“ wurden Infrastrukturpolitik und Woh-
zent. Bei der Steuer- und Finanzpolitik lag der
nungsbau nicht angesprochen. Damit kann
Anteil in „ZDF spezial“ bei 38,8 Prozent, im
nicht von einer ausreichenden Hintergrund-
„Brennpunkt“ bei 32,3 Prozent. Der „Brenn-
berichterstattung in den Sendungen „Tages-
punkt“ berichtete dafür erheblich häufiger
schau“ und „heute“ über die Reformprozesse
über das Politikfeld Geld- und Währungspoli-
in Griechenland gesprochen werden.
tik als das „ZDF spezial“. Die gesellschaftliche
Im Folgenden soll zwischen den Sondersendungen noch einmal unterschieden werden.
und politische Ordnung war in „ZDF spezial“ ebenfalls häufiger Thema, was daran liegen mag, dass es hier bereits eine Sondersendung
88
Politikfelder in den Sondersendungen
zur Wahl von Syriza am 26. Januar gab, jedoch
„Brennpunkt“ und „ZDF spezial“
keinen „Brennpunkt“ (vgl. Abbildung 34).
Die Thematisierung der Politikfelder in der
So bleibt festzuhalten, dass in allen Sen-
Berichterstattung unterschied sich zwischen
dungen rund jeder zweite Beitrag das Politik-
Sondersendungen
Hauptnachrichten-
feld Haushaltspolitik thematisierte. Darunter
sendungen kaum: Die Haushaltspolitik domi-
fällt etwa ein Schuldenschnitt oder auch der
nierte, Steuer-, Finanz-, Wirtschafts- und Ren-
Staatsbankrott Griechenlands. In allen Sendun-
tenpolitik folgten auch hier. Die Sondersen-
gen folgten mit weitem Abstand die Politikfelder
dungen wurden nur zu bestimmten Anlässen
Steuer- und Finanzpolitik sowie die Wirtschafts-
ausgestrahlt, die Anzahl der Beiträge ist daher
politik. Das gilt im Besonderen für die Sonder-
geringer und die Anlässe sind begrenzter als
sendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“,
und
Ergebnisse der Untersuchung
Abbildung 34:
Anteil der Beiträge differenziert nach Politikfeldern in „ZDF spezial“ und „Brennpunkt“ ZDF spezial
Medienpolitik Energiepolitik
1,2 % 0,0 % 4,7 %
Verteidigungspolitik Tarif- und Lohnpolitik Gesundheitspolitik Rechtspolitik
1,2 % 2,4 % 1,2 % 7,1 %
Arbeitspolitik Geld- und Währungspolitik Sozialpolitik
0,0 % 4,7 % 10,6 %
Gesellschaftliche und politische Ordnung
15,3 % 15,3 %
Wirtschaftspolitik Rentenpolitik
38,8 %
Steuer- und Finanzpolitik
58,8 %
Haushaltspolitik
Brennpunkt
Medienpolitik Energiepolitik Verteidigungspolitik Tarif- und Lohnpolitik Gesundheitspolitik Rechtspolitik Arbeitspolitik
2,0 % 0,0 % 2,0 % 4,1 % 4,1 % 0,0 % 4,1 % 32,7 %
Geld- und Währungspolitik
6,1 %
Sozialpolitik Gesellschaftliche und politische Ordnung
2,0 % 26,5 %
Wirtschaftspolitik
12,2 %
Rentenpolitik
32,7 %
Steuer- und Finanzpolitik
55,1 %
Haushaltspolitik
0 %
10 %
20 %
30 %
40 %
50 %
60 %
Anteil der Beiträge Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „ZDF spezial“: n=85, „Brennpunkt“: n=49, Mehrfachnennungen, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
die sehr stark auf Haushalts- und Finanzpolitik
Breite abbilden. Es ist jedoch erkennbar, dass
eingingen. Natürlich kann von Sondersendun-
viele Themen in der Berichterstattung ausgelas-
gen nicht erwartet werden, dass sie auf alle Po-
sen wurden. Über viele Politikfelder wie Arbeits-
litikfelder der griechischen Reformpolitik einge-
politik, Tarif- und Lohnpolitik, Sozialpolitik oder
hen und den Reformprozess in seiner ganzen
Rechtspolitik wurde nur marginal berichtet;
89
„Die Griechen provozieren!”
Abbildung 35:
Thematisierung von Reformen
Reformen im Beitrag thematisiert
39,8 %
60,2 %
Keine Reformen im Beitrag thematisiert
Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
90
über andere Politikfelder, wie Infrastrukturpoli-
5.5.2 Berichterstattung über konkrete
tik, gar nicht. In Griechenland wurden in 16 Poli-
Reformvorschläge
tikfeldern Reformen diskutiert und zum Teil um-
Die griechische Regierung hat an mehreren
gesetzt. Vor diesem Hintergrund kann nicht von
Stellen konkrete Reformvorschläge gemacht,
einer intensiven Hintergrundberichterstattung
u. a. in einer Reformliste vom 24. Februar 2015
der untersuchten Nachrichtsendungen über
sowie in ihrem Regierungsprogramm. Auch
den Reformprozess der griechischen Regierung
im Fortschrittsbericht der EU und dem Kom-
in der Staatsschuldenkrise gesprochen werden.
promisspapier über ein neues ESM-Programm
Damit fehlte der Berichterstattung in den unter-
des Eurogipfels in Brüssel vom 12. Juli 2015
suchten Nachrichtensendungen die geforderte
finden sich einzelne Reformvorschläge der
analytische Qualität.
griechischen Regierung und anderer politi-
Im Folgenden wird die Berichterstattung zu
schen Akteure. Insgesamt konnten aus diesen
konkreten Reformvorschlägen in der griechi-
Dokumenten 139 Reformvorschläge ermittelt
schen Staatsschuldenkrise genauer betrachtet.
werden. Um das Ausmaß der Hintergrundbe-
Ergebnisse der Untersuchung
Abbildung 36:
Anteil der Beiträge mit Thematisierung einzelner Reformen 11,4 %
Erlass des Schuldenbetrags
8,1 %
Privatisierung
6,5 %
Kapitalverkehrskontrollen
5,0 %
Rückführung der Staatsverschuldung
4,7 %
Wirtschaftsförderung allgemein
4,6 %
Reform des Rentensystems
3,7 %
Mehrwertsteuerreform allgemein
3,6 %
Bekämpfung von Steuerhinterziehung
3,4 %
Erhöhung der Mehrwertsteuer allgemein
2,8 %
Rekapitalisierung der Banken
2,1 %
Reform der öffentlichen Verwaltung
2,0 %
Militärausgaben senken
2,0 % Gesetzliches Renteneintrittsalter mit 67
0 %
2 %
4 %
6 %
8 %
10 %
12 %
Anteil der Beiträge Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, Mehrfachnennungen, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
richterstattung und damit die analytische Qua-
formen wie intensiv berichtet wurde und über
lität der Berichterstattung der untersuchten
welche nicht.
Sendungen zur griechischen Staatsschulden-
Nur wenige Beiträge befassten sich mit
krise beurteilen zu können, soll im folgenden
konkreten Reformen. In 60,2 Prozent aller
Abschnitt untersucht werden, über welche Re-
Beiträge wurde kein einziger Reformvorschlag
91
„Die Griechen provozieren!”
Schuldenschnitt und Privatisierungen
92
aufgegriffen (vgl. Abbildung 35). Noch am häu-
träge thematisiert. In 4,7 Prozent aller Beiträ-
figsten wurde über den Vorschlag eines Schul-
ge wurden Vorschläge zur Wirtschaftsförde-
denschnitts berichtet (vgl. Abbildung 36). 11,4
rung thematisiert. Ähnlich häufig, nämlich in
Prozent der Beiträge thematisierten einen
4,6 Prozent der Beiträge, ging es um die Re-
Schuldenschnitt. Alexis Tsipras forderte einen
form des Rentensystems. Auch eine Erhöhung
Schuldenschnitt von Beginn seiner Amtszeit
der Mehrwertsteuer (3,4 Prozent) und eine
an. Die Geldgeber, insbesondere die deutsche
allgemeine Mehrwertsteuerreform (3,7 Pro-
Regierung, lehnten dies ab. In 8,1 Prozent der
zent) sowie konkrete Reformvorschläge zum
Beiträge wurde die Privatisierung von Staats-
Thema Mehrwertsteuer, wie Ausnahmen für
betrieben als Reformvorschlag genannt. In der
Inseln (0,6 Prozent) und Erhöhungen für Gas-
Nachrichtenberichterstattung wurden dem-
tronomie und Tourismus (0,8 Prozent), wurden
nach Privatisierungen von Staatbetrieben als
in der Nachrichtenberichterstattung selten
Ausweg und Lösung der Krise vergleichsweise
thematisiert.
häufig aufgegriffen und thematisiert.
Weitere Reformen und Lösungsoptionen
An dritter Stelle, in 6,5 Prozent der Beiträ-
wurden weniger häufig thematisiert: in 3,6 Pro-
ge, wurden Kapitalverkehrskontrollen themati-
zent der Beiträge die Bekämpfung von Steu-
siert. Am 28. Juni 2015 wurden in Griechenland
erhinterziehung, in 2,1 Prozent der Beiträge
Kapitalverkehrskontrollen eingeführt, gefor-
die Reform der öffentlichen Verwaltung oder
dert wurden sie bereits vorher. Um das Banken-
in 2,0 Prozent der Beiträge die Erhöhung des
system zu stabilisieren, führte die griechische
Renteneintrittsalters. In den Beiträgen zur grie-
Regierung Kapitalverkehrskontrollen ein. Dies
chischen Staatsschuldenkrise ging es jedoch
führte zu Begrenzungen von Bargeldabhebun-
nur sehr selten um andere zentrale Reform-
gen und Schlangen an den Geldautomaten.
vorschläge wie die Einführung einer Großver-
Die Medien berichteten darüber sehr umfang-
mögenssteuer (1,1 Prozent), die Bekämpfung
reich, schließlich waren dies sichtbare Folgen
von Korruption (1,3 Prozent), die Bekämpfung
der Staatsschuldenkrise in Griechenland. Erst
von Schwarzhandel und Schmuggel (0,6 Pro-
nach der Einigung Griechenlands mit den Gläu-
zent), eine Unternehmenssteuerreform (0,5
bigern über ein neues Rettungspaket öffneten
Prozent), die Kontrolle von Gesundheitsaus-
die Banken am 22. Juli 2015 nach dreiwöchi-
gaben (0,3 Prozent), die Reform der Besteu-
ger Bankenschließung wieder. Kontoinhaber
erung griechischer Reeder (0,2 Prozent) oder
konnten dann pro Woche 420 Euro abheben.
die Bekämpfung von Schwarzarbeit (0,2 Pro-
Die Kapitalverkehrskontrollen wurden in den
zent). Hinzu kommen einzelne Reformvor-
folgenden Monaten schrittweise gelockert, je-
schläge der griechischen Regierung, die gar
doch nicht aufgehoben.
nicht thematisiert wurden, u. a. eine Reform
Maßnahmen zur Rückführung der Staats-
der Gehaltsstrukturen im öffentlichen Sektor,
verschuldung wurden in 5,0 Prozent der Bei-
eine Reform der Wettbewerbsbedingungen,
Ergebnisse der Untersuchung
eine Grundsteuerreform, eine Einkommens-
richterstattung als Ausdruck der analytischen
steuerreform oder die Reform der Steuer- und
Qualität der Sendungen zu gewinnen.
Finanzverwaltung. Die Berichterstattung beschränkte sich
Spezifische Reformen in den Hauptnachrichten-
erkennbar auf wenige Lösungsoptionen der
sendungen „Tagesschau“ und „heute“
Staatsschuldenkrise:
„Tagesschau“ und „heute“ unterschieden sich
Kapitalverkehrskontrollen möglicherwei-
– wie bei den thematisierten Politikfeldern – in
se aufgrund ihrer Visualisierbarkeit in den
der Thematisierung spezifischer Reformen in
Schlangen vor den Geldautomaten;
ihrer Berichterstattung kaum. Die Hauptnach-
Mehrwertsteuererhöhungen, weil Steuererhöhung zur Rückführung von Schulden eingesetzt werden;
richtensendungen wählten weitestgehend gleich aus. Am häufigsten wurde über einen Schulden-
Privatisierungen, weil der Staat Besitz ver-
schnitt in beiden Sendungen gesprochen. In
äußern soll, um Schulden bei den Gläubi-
der „Tagesschau“ in 13,5 Prozent aller Beiträge
gern zu begleichen.
der Sendung, in „heute“ in 10,3 Prozent. Auf den vorderen Plätzen waren bei beiden Haupt-
Zusammenfassend wurden von 139 Reformen
nachrichtensendungen auch die Reform des
nur 63 in der Berichterstattung zur griechi-
Rentensystems, die Rückführung der Staats-
schen Staatsschuldenkrise thematisiert. Das
verschuldung und Privatisierungen (vgl. Abbil-
entspricht 45,3 Prozent. In 60,2 Prozent der
dung 37 und für eine vollständige Auflistung
Beiträge wurde keine einzige Reform themati-
der Reformen Anhang 6).
siert. Am häufigsten wurde in 11,3 Prozent der
Auffällig ist im Vergleich zwischen den Sen-
Beiträge der Schuldenschnitt thematisiert, es
dungen, dass in der „Tagesschau“ 9,6 Prozent
„Tagesschau“ präsenter
folgte mit 8,1 Prozent die Privatisierung von
der Beiträge Privatisierungen von Staatsbetrie-
als in „heute“
Staatsbetrieben, danach mit 6,5 Prozent die
ben thematisierten, in „heute“ nur 4,8 Prozent.
Kapitalverkehrskontrolle. Von einer gründli-
Der Privatisierungen von Staatsbetrieben wur-
chen Hintergrundberichterstattung zu dem
de in der „Tagesschau“ demnach eine höhere
griechischen Reformprozess in den Nachrich-
Bedeutung zugemessen als in „heute“. Ähnlich
tensendungen von ARD und ZDF kann also nicht
verhält es sich mit Vorschlägen zur Wirtschafts-
gesprochen werden.
förderung – auch sie wurden häufiger in der
Im Folgenden soll zwischen den Hauptnach-
„Tagesschau“ thematisiert als in „heute“. Die
richtensendungen und den Sondersendungen
Fallzahlen sind bei allen Sendungen sehr ge-
noch einmal unterschieden werden. Es soll ge-
ring, die meisten Reformvorschläge wurden
zeigt werden, welche spezifischen Reformen
nur selten thematisiert.
besonders fokussiert wurden, um so einen ver-
Die Sendung „heute“ bezog sich etwas
gleichenden Überblick über die Hintergrundbe-
häufiger als die „Tagesschau“ auf einzelne
Privatisierungen in der
93
„Die Griechen provozieren!”
Abbildung 37:
Anteil der Beiträge mit Thematisierung einzelner Reformen in „heute“ und „Tagesschau“
heute
2,0 %
Rekapitalisierung der Banken Einführung von Bürgerentscheiden
0,0 % 1,2 % 1,2 %
Reform der öffentlichen Verwaltung Korruption bekämpfen
2,4 %
Kapitalverkehrskontrollen
1,2 %
Gesetzliches Renteneintrittsalter mit 67
2,8 % 2,8 % 3,2 %
Erhöhung der Mehrwertsteuer allgemein Bekämpfung von Steuerhinterziehung Mehrwertsteuerreform allgemein Wirtschaftsförderung allgemein
1,2 % 6,0 %
Rückführung der Staatsverschuldung
4,0 % 4,8 %
Reform des Rentensystems Privatisierung
10,3 %
Erlass des Schuldenbetrags
Tagesschau
Rekapitalisierung der Banken
0,4 % 1,7 % 1,7 % 1,7 % 2,2 % 2,6 %
Einführung von Bürgerentscheiden Reform der öffentlichen Verwaltung Korruption bekämpfen Kapitalverkehrskontrollen Gesetzliches Renteneintrittsalter mit 67
3,5 % 3,9 % 3,9 % 4,4 % 4,4 %
Erhöhung der Mehrwertsteuer allgemein Bekämpfung von Steuerhinterziehung Mehrwertsteuerreform allgemein Wirtschaftsförderung allgemein Rückführung der Staatsverschuldung
5,7 %
Reform des Rentensystems
9,6 %
Privatisierung
13,5 %
Erlass des Schuldenbetrags
0 %
2 %
4 %
6 %
Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise,
8 %
10 %
12 %
14 %
16 %
Anteil der Beiträge
„Tagesschau“: n=229, „heute“: n=252, Mehrfachnennungen, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
94
Initiativen der griechischen Regierung, ihre
Bücher, Theater und Medikamente oder das
Bürger*innen zu entlasten oder nicht zu stark
Programm zur Bewältigung der humanitären
zu belasten: Eine Anhebung des Mindestlohns,
Krise in Griechenland wurden von „heute“ häu-
eine kostenfreie medizinische Versorgung,
figer thematisiert, wobei auch hier die Fallzah-
Ausnahmen von der Mehrwertsteuerreform für
len sehr gering sind (vgl. Anhang 6).
Ergebnisse der Untersuchung
Das Thema Kapitalverkehrskontrollen spielte in den Hauptnachrichten über den gesamten
Spezifische Reformen in den Sondersendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“
Untersuchungszeitraum hinweg eine erkenn-
Die Sondersendungen konzentrierten sich
bar geringere Rolle als in den Sondersendun-
noch seltener als die Hauptnachrichtensen-
gen. Kapitalverkehrskontrollen wurden nur
dungen auf die spezifischen diskutierten Re-
in 2,2 Prozent der Beiträge der „Tagesschau“
formvorschläge. Die Vielfalt der thematisier-
Nur wenige Reformen
und in 2,4 Prozent der Beiträge von „heute“
ten Reformen war hier begrenzt – auch durch
in Sondersendungen
(2,4 Prozent) thematisiert. Bei den Sonder-
die wenigen Sendetermine zu einzelnen Ereig-
thematisiert
sendungen waren es 26,5 Prozent im „Brenn-
nissen, wie dem Scheitern des EU-Gipfels am
punkt“ und 18,8 Prozent der Beiträge in „ZDF
29. Juni 2015 oder dem Referendum in Grie-
spezial“. Die Ursache wird darin gesehen, dass
chenland am 5. Juli 2015.
diese Sondersendungen zum Höhepunkt der
Am häufigsten trat das Thema Kapital-
Krise, zu dem auch die Kapitalverkehrskont-
verkehrskontrollen in den Sondersendungen
rollen eingeführt wurden, ausgestrahlt wurden
auf (vgl. Abbildung 38). Es wurde im „Brenn-
und sich daher viel stärker als die Hauptnach-
punkt“ in 26,5 Prozent der Sendungen the-
richtensendungen auf die Kapitalverkehrskon-
matisiert, in „ZDF spezial“ in 18,8 Prozent.
trollen als Symbol der Krise fokussierten.
Bei den weiteren Themen setzten die beiden
Zusammenfassend ist im Hinblick auf die Hintergrundberichterstattung
Sondersendungen unterschiedliche Schwer-
festzuhalten,
punkte. Das „ZDF spezial“ befasste sich mit
dass in der „Tagesschau“ in 62,2 Prozent der
einigen Reformen intensiver als der „Brenn-
Beiträge keine Reformen aufgegriffen wurden.
punkt“, u. a. mit dem Schuldenschnitt in
In „heute“ waren es 65,1 Prozent der Beiträ-
11,8 Prozent der Beiträge, während es beim
ge. Von 139 Reformen wurden in der „Tages-
„Brennpunkt“ nur 6,1 Prozent waren. Auch die
schau“ nur 53 thematisiert, was 38,1 Prozent
Reform der öffentlichen Verwaltung wurde in
entspricht. In der „heute“-Sendung waren es
„ZDF spezial“ häufiger (7,6 Prozent) themati-
40 Reformen, über die berichtet wurde, was
siert als im „Brennpunkt“ (0 Prozent). Dafür
28,8 Prozent entspricht. Am häufigsten wurde
befasste sich der „Brennpunkt“ häufiger mit
über einen Schuldenschnitt in beiden Sendun-
der Rekapitalisierung der Banken. Dies war in
gen gesprochen. In der „Tagesschau“ in 13,5
22,5 Prozent der Beiträge der Fall, in „heute“
Prozent aller Beiträge der Sendung, in „heute“
gar nicht. Auch Privatisierungen spielten im
in 10,3 Prozent. Insgesamt haben die beiden
„Brennpunkt“ eine größere Rolle. Sie wurden
Nachrichtensendungen „Tagesschau“ und
hier in 20,4 Prozent der Beiträge thematisiert,
„heute“ nur wenig Hintergründe zu einzelnen
in „heute“ nur in 7,1 Prozent.
Reformen geliefert.
Nur 25 Reformvorschläge wurden im
Im Folgenden soll noch einmal zwischen
„Brennpunkt“ thematisiert, 27 in „ZDF spezi-
den Sondersendungen unterschieden werden.
al“. Eine ganze Reihe von Reformvorschlägen
95
„Die Griechen provozieren!”
Abbildung 38:
Anteil der Beiträge mit Thematisierung einzelner Reformen in „ZDF spezial” und „Brennpunkt”
ZDF spezial
0,0 % 0,0 %
Rekapitalisierung der Banken Einführung von Bürgerentscheiden
7,1 %
Reform der öffentlichen Verwaltung
1,2 %
Korruption bekämpfen
18,8 %
Kapitalverkehrskontrollen
1,2 %
Gesetzliches Renteneintrittsalter mit 67
3,5 %
Erhöhung der Mehrwertsteuer allgemein
5,9 %
Bekämpfung von Steuerhinterziehung
2,4 %
Mehrwertsteuerreform allgemein
11,8 %
Wirtschaftsförderung allgemein
1,2 %
Rückführung der Staatsverschuldung
4,7 % 4,7 %
Reform des Rentensystems Privatisierung
11,8 %
Erlass des Schuldenbetrags
Brennpunkt
22,4 %
Rekapitalisierung der Banken
0,0 % 0,0 % 0,0 %
Einführung von Bürgerentscheiden Reform der öffentlichen Verwaltung Korruption bekämpfen
26,5 %
Kapitalverkehrskontrollen
4,1 %
Gesetzliches Renteneintrittsalter mit 67
6,1 %
Erhöhung der Mehrwertsteuer allgemein
2,0 %
Bekämpfung von Steuerhinterziehung
8,2 %
Mehrwertsteuerreform allgemein
12,2 % 10,2 %
Wirtschaftsförderung allgemein Rückführung der Staatsverschuldung
2,0 %
Reform des Rentensystems
10,2 %
Privatisierung
6,1 %
Erlass des Schuldenbetrags
0 %
5 %
10 %
Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „Brennpunkt“: n=49, „ZDF spezial“: n=85, Mehrfachnennungen, 2015
15 %
20 %
25 %
30 %
Anteil der Beiträge Quelle: eigene Darstellung.
wurde in Sondersendungen gar nicht thema-
Subventionen, die Besteuerung griechischer
tisiert – dies war hier erheblich öfter der Fall
Reeder, die Reform des Haushaltsrahmenge-
als in den Hauptnachrichtensendungen. Bei-
setzes oder Vorschläge zur Verbesserung des
spielsweise wurden der Kampf gegen Korrup-
Schuldenmanagements nicht thematisiert.
tion in der Verwaltung, die Abschaffung von
96
Ergebnisse der Untersuchung
Zusammenfassend berichteten die Sondersendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“
formagenda in der griechischen Staatsschuldenkrise berichtet wurde.
noch seltener als die Hauptnachrichtensendun-
In einer hohen Zahl von Beiträgen wurde
gen „Tagesschau“ und „heute“ über einzelne
nur allgemein von „den Reformen“ gesprochen.
Reformen. Im „Brennpunkt“ wurde in 44,9 Pro-
Dies war in 36,7 Prozent der Beiträge der Fall.
zent der Beiträge keine konkrete Reform thema-
So hieß es beispielsweise „Tsipras habe […]
tisiert, in „ZDF spezial“ war dies in 49,4 Prozent
einen neuen Reformplan vorgelegt“ („Tages-
der Beiträge der Fall. Von 139 Reformen wurde
schau“, 2. Juni 2015), „Die Regierung in Athen
im „Brennpunkt“ nur über 25 Reformen be-
verhandelt derzeit mit den internationalen
richtet, was 17,9 Prozent der Reformvorschläge
Geldgebern über weitere finanzielle Unterstüt-
entspricht. In der Sendung „ZDF spezial“ wurde
zung. Bedingung dafür sind Reformen“ („Tages-
über 27 Reformen berichtet, was 19,4 Prozent
schau“, 5. Mai 2015), „Griechenland will jetzt
der Reformvorschläge entspricht. Der Schwer-
mit konkreten Reformvorschlägen die Einigung
punkt der Sondersendung „Brennpunkt“ lag mit
im Schuldenstreit mit den Europartnern besie-
26,5 Prozent der Beiträge bei Kapitalverkehrs-
geln“ („Tagesschau“, 22. Februar 2015) oder
kontrollen. In „heute“ wurden in 18,8 Prozent
„Die Eurogruppe fordert weiter substantielle
der Beiträge ebenfalls Kapitalverkehrskontrol-
Reformen von Athen, bevor weitere Hilfsgelder
len am häufigsten thematisiert. Die Möglichkeit,
fließen können“ („heute“, 20. März 2015).
durch zusätzliche Sendezeit eine breitere jour-
Die Berichterstattung der Nachrichtensen-
nalistische Analyse zu betreiben und auf mehr
dungen blieb somit an der Oberfläche und be-
Reformen, aber nichts
Reformen und Reformvorschläge für Griechen-
nannte nur in geringer Fallzahl, um was es kon-
Konkretes
land einzugehen und über diese zu berichten,
kret ging. Selbst der am häufigsten genannte
wurde demnach nicht genutzt.
Reformvorschlag – ein Schuldenschnitt – kam nur in 11,3 Prozent der Beiträge vor. Die Dar-
5.5.3 Andere Themen im Fokus der
stellung des öffentlichen Konfliktes zur griechi-
Berichterstattung
schen Staatsschuldenkrise folgte folgendem
Spezifische Reformvorschläge wurden in der
Muster: Die Gläubiger fordern Reformen, die
Berichterstattung zur griechischen Staats-
griechische Regierung legt Reformvorschläge
schuldenkrise nur selten thematisiert. Im fol-
vor und dann wird darüber befunden, ob diese
genden Abschnitt soll daher aufgezeigt wer-
Reformvorschläge ausreichen. Konkrete Refor-
den, mit welchen Themen sich die Nachrich-
men oder Reformvorschläge wurden in der Be-
tenberichterstattung der öffentlich-rechtlichen
richterstattung selten thematisiert, wie oben
Rundfunksender stattdessen beschäftigten.
dargestellt wurde.
Daran soll erkennbar werden, worauf der Fokus
Die politische und auch die mediale Dis-
der Nachrichtenberichterstattung lag und mit
kussion drehten sich zudem in weiten Teilen
welchem Hintergrund über die griechische Re-
um Hilfsprogramme für die griechische Regie-
97
„Die Griechen provozieren!”
An der Oberfläche
98
rung. In 38,5 Prozent der Beiträge ging es all-
nannt wurden, dafür jedoch sehr oft eine mög-
gemein um Hilfsprogramme für die griechische
liche Konsequenz des Scheiterns von Verhand-
Regierung. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob
lungen: der Grexit. Der Begriff setzt sich aus
Hilfsprogramme verlängert werden und welche
den Wörtern Griechenland und Exit zusammen
Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen.
und meint einen Austritt Griechenlands aus
So hieß es beispielsweise „Varoufakis ist seit
der Währungsunion und somit ein Verlassen
Tagen bemüht, das Programm aufzuweichen“
der Währung „Euro“. Das „Schreckensszena-
(„Tagesschau“, 5. Februar 2015), „Die Zustim-
rio“ Euro-Austritt wurde von den untersuchten
mung zum Gesamtpaket gilt auch heute als si-
Nachrichtensendungen in 31,7 Prozent aller
cher“ („heute“, 22. Juli 2015), „Aber in 53 Stun-
Beiträge aufgegriffen. 58 Minuten und 33 Se-
den endet das zweite Hilfspaket und vielleicht
kunden beschäftigten sich die untersuchten
der europäische Gedanke“ („ZDF spezial“, 28.
Nachrichtensendungen mit einem Euro-Aus-
Juni 2015). Die Berichterstattung beschränk-
tritt. Zum Vergleich: Mit Wirtschaftspolitik
te sich auf die Darstellung eines politischen
beschäftigten sich die Sendungen nur etwa
Konflikts, bei dem es um die Frage geht, ob
25 Minuten, mit Steuer- und Finanzpolitik nur
ein Hilfspaket verlängert werden kann oder ein
ca. 35 Minuten.
neues Hilfsprogramm zustande kommt. Eine
Der Dramatik eines Scheiterns der Ver-
tiefergehende Darstellung der Forderungen
handlungen um Hilfspakete wurde durch die
und der Vorschläge fand indes kaum statt.
Konsequenz eines Grexits in der Berichter-
So bleibt festzuhalten, dass die Bericht-
stattung eine erhöhte Dramatik verliehen.
erstattung vielfach an der Oberfläche blieb.
So hieß es in einem „Brennpunkt“ am 5. Juli
Sie fokussierte in einer hohen Anzahl an Bei-
2015: „Die griechische Bevölkerung hat ent-
trägen nicht auf konkrete Reformvorschläge,
schieden. Ist dem Kurs der eigenen Regierung
sondern auf die politische Diskussion um die
gefolgt. Und hat beim Referendum heute wohl
Fortführung der europäischen Hilfspakete und
mehrheitlich mit Nein gestimmt. Nein zu ei-
die hierfür eingeforderten Reformen. Welche
nem Sparkurs. Aber vielleicht auch Nein zur
Reformvorschläge hierfür eingefordert und
Eurogruppe. Der Grexit: Er droht. Wie geht es
gemacht wurden, wurde kaum thematisiert –
jetzt in Griechenland weiter?“ Und in einem
diese Tiefe wurde nicht erreicht. Dies spricht
„Brennpunkt“ am 27. Juni 2015 „Ja, es ist heu-
für eine geringe analytische Qualität der
te noch nicht abzusehen, wie sich die Grie-
Nachrichtenberichterstattung.
chenlandkrise weiterentwickeln wird. Alles
Die Analyse der Nachrichtenberichterstat-
scheint möglich: die Pleite des Landes, ein
tung zur griechischen Staatsschuldenkrise
Euro-Austritt des Landes, möglicherweise das
zeigte, dass in vielen Beiträgen die Inhalte
völlige Chaos.“
und Reformen, über die zwischen Griechenland
Im zeitlichen Verlauf (vgl. Abbildung 39).
und den Geldgebern gestritten wurde, nicht be-
zeigt sich, dass der Anteil des Themas Euro-
Ergebnisse der Untersuchung
Abbildung 39:
Anteil der Beiträge mit dem Thema Grexit im Zeitverlauf 50%
46,6 %
45 % 38,2 %
40% 33,3 %
Anteil der Beiträge
35 %
33,3 %
30 % 25 % 20 %
17,4 %
15,6 %
17,1 %
12,9 %
15 %
11,1 %
10,0 %
10 % 5 % 0
Jan.
Febr.
März
Apr.
Mai
Juni
Juli
Aug.
Sept.
Okt.
0,0 %
0,0 %
Nov.
Dez.
Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
Austritt an der Berichterstattung bis April nur in
Mit der Einigung zwischen Griechenland
einem geringen Umfang stieg. Mit dem Auslau-
und den Geldgebern am 13. Juli 2015, bei de-
fen des zweiten Hilfspaketes Ende Juni 2015,
nen die Nachricht verbreitet wurde „Dramati-
dem Scheitern der Verhandlungen um ein neu-
scher ging’s kaum. Ein Gipfel in Rekordlänge.
es Hilfsprogramm und den dann eingeführten
Rechnen, verhandeln und ein Ergebnis: ‚Grexit
Kapitalverkehrskontrollen gewann das Szena-
is definitely off the table‘ [Jean Claude Juncker].
rio Grexit massiv an Bedeutung in der Bericht-
Grexit vom Tisch“, verlor das Thema im August
erstattung. Im Juni befassten sich 38,2 Prozent
an Bedeutung.
der Beiträge mit dem Grexit, im Juli 2015 sogar fast jeder zweite Beitrag (46,6 Prozent).
Zwischen den Hauptnachrichtensendungen und den Sondersendungen gibt es auch
99
„Die Griechen provozieren!”
Abbildung 40:
Anteil der Beiträge zum Thema Grexit in den Nachrichtensendungen 70 %
Anteil der Beiträge pro Sendung
60 %
61,2 %
50 %
40 %
40,0 %
30 % 27,1 %
27,4 %
20 %
10 %
0 % Tagesschau
heute
Brennpunkt
ZDF spezial
Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung.
100
einen erkennbaren Unterschied im Ausmaß
in 40,0 Prozent der Beiträge des „ZDF spezi-
der Berichterstattung über einen Euro-Austritt
al“ (vgl. Abbildung 40). Die Sondersendungen
Griechenlands. Während „Tagesschau“ und
verbreiteten somit das Szenario eines Euro-
„heute“ in nahezu gleichem Ausmaß in 27,1
Austritt Griechenlands relativiert an der Anzahl
bzw. 27,4 Prozent ihrer Beiträge über einen
ihrer Beiträge besonders intensiv.
Euro-Austritt berichteten, spielte das Thema in
Es kann daher zusammenfassend festge-
den Sondersendungen eine größere Rolle. Da
stellt werden, dass die untersuchten Sendun-
diese nur zu den Höhepunkten der Krise gesen-
gen vergleichsweise intensiv über einen mög-
det wurden, wurde hier das Schreckensszena-
lichen Euro-Austritt Griechenlands berichteten
rio Grexit besonders intensiv aufgegriffen: In
und dieses Szenario eines Ausgangs der grie-
61,2 Prozent der „Brennpunkt“-Beiträge und
chischen Staatsschuldenkrise oft und gerne
Ergebnisse der Untersuchung
bemühten. Dies trifft auf die Sondersendungen
Nur wenige Beiträge befassten sich mit
„Brennpunkt“ und „ZDF spezial“ in besonde-
konkreten Reformvorschlägen. In 60,2 Prozent
rem Maße zu. Die Auseinandersetzung mit den
aller Beiträge wurde kein einziger Reformvor-
Konsequenzen der Krise nahm größeren Raum
schlag aufgegriffen. Von 139 Reformen wurden
ein als die mit den meisten Lösungsansätzen
nur 63 Reformen in der Berichterstattung zur
der Reformvorschläge. Der Grexit als Sinnbild
griechischen Staatsschuldenkrise themati-
des Schreckens und des Chaos war als The-
siert. Das entspricht 45,3 Prozent. Dies spricht
ma damit auch Ausdruck eines Negativismus,
für eine geringe analytische Qualität der unter-
dem sich die Nachrichtenberichterstattung ein
suchten Sendungen. Die Nachrichtenberichter-
Stück weit hingegeben hatte. Vor allem vor dem
stattung fokussierte in einer hohen Anzahl an
Hintergrund, dass dieses Szenario erheblich
Beiträgen auf die politische Diskussion um die
häufiger thematisiert wurde als die meisten
Fortführung der europäischen Hilfspakete und
Politikfelder und Reformvorschläge.
die hierfür eingeforderten Reformen. Dabei
Die Ergebnisse dieses Analyseabschnitts beantworten die Forschungsfrage, wie inten-
blieb sie allgemein und benannte Reformvorschläge und -forderungen kaum.
siv über welche Politikfelder und welche kon-
Die Berichterstattung beschränkte sich
kreten Reformvorschläge im Zusammenhang
erkennbar auf wenige Lösungsoptionen der
mit der griechischen Staatsschuldenkrise be-
Staatsschuldenkrise, die sich dem Ziel der Aus-
richtet wurde. Dies gibt Aufschluss über die
teritätspolitik zuordnen lassen. Die untersuch-
analytische Qualität der Berichterstattung. Im
ten Sendungen konzentrierten sich stark auf
Folgenden werden die Ergebnisse vergleichend
Vorschläge wie Mehrwertsteuererhöhungen,
und differenziert zusammengefasst:
Privatisierungen und Rentenkürzungen als
Mit fast jedem zweiten Beitrag stand die
Antworten auf die Staatsschuldenkrise. Nach-
Haushaltspolitik im Mittelpunkt der Bericht-
frageorientierte Lösungsansätze wurden nur
erstattung. Es folgte mit weitem Abstand das
selten verfolgt und dargestellt. Diese mono-
Politikfeld Steuer- und Finanzpolitik sowie die
thematische Darstellung von Reformen ist Aus-
Wirtschaftspolitik. Einige Politikfelder wie die
druck einer begrenzten Vielfalt von Positionen.
Tarif- und Lohnpolitik, die Arbeitspolitik oder
Stattdessen wurde intensiv über einen
die Sozialpolitik waren stark unterrepräsen-
möglichen Euro-Austritt Griechenlands berich-
Grexit dominiert
tiert, Infrastrukturpolitik und Wohnungsbau
tet. Das Schreckensszenario „Grexit“ dominier-
Debatte
wurden gar nicht thematisiert. Vor dem Hinter-
te die Berichterstattung im Sommer 2015. Dies
grund, dass in Griechenland in 16 Politikfeldern
trifft insbesondere auf die Sondersendungen
Reformen diskutiert und teilweise umgesetzt
„Brennpunkt“ und „ZDF spezial“ zu. Die in ei-
wurden, kann nicht von einer intensiven Hin-
nigen Teilen hysterische Auseinandersetzung
tergrundberichterstattung über den Reform-
mit den Konsequenzen der Krise in Form eines
prozess in Griechenland gesprochen werden.
möglichen Euro-Austritts Griechenlands nahm
101
„Die Griechen provozieren!”
größeren Raum ein als die Befassung mit den
spricht dafür, dass einer Auseinandersetzung
meisten Lösungsansätzen der Reformvorschlä-
mit der Umsetzung von Reformvorschlägen von
ge. Hier wurde mehr auf Hysterie und Panik
den Redaktionen keine hohe Relevanz beige-
gesetzt als auf Analyse und Lösung.
messen wurde und stattdessen auf eine Dar-
Die Reformpolitik wurde im März und April 2015 als Thema der Nachrichtenberichterstat-
102
stellung des Konflikts zwischen Deutschland und Griechenland fokussiert wurde.
tung zur griechischen Staatsschuldenkrise von
Insgesamt kann nur von einer einge-
Randthemen wie der Diskussion über Forde-
schränkten Hintergrundberichterstattung zur
rungen Griechenlands nach Reparationszah-
griechischen Staatsschuldenkrise gesprochen
lungen für Schäden, die Griechenland im Zwei-
werden und damit fehlt es der Berichterstat-
ten Weltkrieg zugefügt wurden, verdrängt. Dies
tung zum Teil an analytischer Qualität.
Zusammenfassung der Ergebnisse
6 Zusammenfassung der Ergebnisse
Die Leistungsanforderungen an den öffentlich-
rechtliche Rundfunk den an ihn gestellten
rechtlichen Rundfunk sind mehr oder weni-
Qualitätsanforderungen gerecht wird. Im Mit-
ger explizit in den Rechtsgrundlagen für den
telpunkt standen die Relevanz des Themas für
Rundfunk in der Bundesrepublik Deutschland
die untersuchten Sendungen, die analytische
formuliert: in der Verfassung, in den Landes-
Qualität, die Ausgewogenheit, die Vielfalt und
rundfunkgesetzen und Rundfunkstaatsverträ-
die Neutralität der Berichterstattung.
gen und in der Rechtsprechung des Bundes-
Zur Beantwortung der Fragestellung wur-
verfassungsgerichts. Der Rundfunk wird dabei
den im Untersuchungszeitraum – dem gesam-
als Medium und Faktor der öffentlichen Mei-
ten Jahr 2015 – 747 Sendungen der Hauptnach-
nungsbildung betrachtet, der eine Reihe von
richtensendungen „Tagesschau“ und „heute“
Anforderungen erfüllen muss. Die Funktion der
und der Sondersendungen „Brennpunkt“ und
Meinungsbildung sieht der Gesetzgeber nur
„ZDF spezial“ analysiert. Insgesamt wurden
dann erfüllt, wenn die angebotenen Informati-
615 Beiträge zur griechischen Staatsschul-
onen „breit“, „vollständig“ und „ausgewogen“
denkrise in 282 Sendungen erfasst und auf
sind (BVerfGE 12, 205).
Beitragsebene analysiert. Die Beiträge zur
Die gesetzlichen Vorgaben für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und die darin formu-
griechischen Staatsschuldenkrise haben eine Gesamtlänge von mehr als 19 Stunden.
lierten Leistungsvorgaben sind die Grundlagen
Die Ergebnisse werden im Folgenden struk-
seiner Existenzberechtigung. Der öffentlich-
turiert anhand der zentralen zu untersuchen-
rechtliche Rundfunk ist zur Ausgewogenheit
den Qualitätskriterien, übergreifend und sen-
verpflichtet. Dazu gehören das Gebot einer
dungsspezifisch vergleichend dargestellt:
fairen und unabhängigen Berichterstattung und die Verpflichtung zur Überparteilichkeit. Die Abbildung verschiedener Meinungen im
6.1 Ergebnisse für die gesamte Nach richtenberichterstattung
Programm soll insgesamt ausgewogen sein. Diese Vorgaben gelten in besonderem Maße für Nachrichtensendungen. Außerdem sind die
Relevanz des Themas Die
untersuchten
Nachrichtensendun-
Nachrichtensendungen dem Gebot der Neutra-
gen haben das Thema griechische Staats-
lität verpflichtet und sollen den Bürger*innen
schuldenkrise als sehr relevant angese-
wesentliche Hintergrundinformationen (analy-
hen. Im Jahr 2015 waren in 38 Prozent der
tische Qualität) zur Meinungsbildung liefern.
„Tagesschau“-Sendungen und 34 Prozent
Diese Studie hatte das Ziel herauszufinden,
der „heute“-Sendungen mindestens ein Bei-
wie über die griechische Staatsschuldenkrise
trag zur griechischen Staatsschuldenkrise
in den Nachrichtensendungen des öffentlich-
vertreten.
rechtlichen Rundfunks berichtet wurde. Es
Außerdem wurde in 22,6 Prozent der Beiträ-
wurde dabei untersucht, ob der öffentlich-
ge mit Bezug zur griechischen Staatsschul-
103
„Die Griechen provozieren!”
denkrise das Thema als Aufmacher für die
Die griechische Regierung trat nur in
Nachrichtensendungen genutzt. „Tages-
11,4 Prozent der Beiträge als Sender von
schau“ und „heute“ unterschieden sich in
Aussagen auf, in 41,5 Prozent der Beiträge
ihrer Berichterstattungsintensität kaum.
wurden Aussagen über sie getroffen.
Ein Großteil der Berichterstattung fand in
Der Anteil der griechischen Regierung an
den Monaten Februar, Juni und Juli 2015
den O-Tönen lag gerade einmal bei 10,7 Pro-
statt.
zent, der Anteil der deutschen Regierung
Fazit: Der griechischen Staatsschuldenkrise wurde in allen untersuchten Sendungen Relevanz beigemessen. Vielfalt Es zeigt sich, dass in den meisten Beiträgen, in denen O-Töne vorkommen, mehr als nur eine O-Ton-Geber*innen-Gruppe dargestellt wurde. Mehr als eine O-TonGeber*innen-Gruppe fand sich in 32,4 Prozent der Beiträge. Es wurden innerhalb der Beiträge also mehrheitlich vielfältige Akteure durch O-Töne dargestellt.
bei 23,8 Prozent. Das Auftreten der Akteure als O-Ton-Geber*innen war nicht ausgewogen: Die griechische Regierung kam deutlich seltener zu Wort als die deutsche Regierung. Die Wertungen, die in der Berichterstattung vorgenommen wurden, waren ebenfalls nicht ausgewogen: In 20,3 Prozent der Beiträge zur griechischen Staatsschuldenkrise wurden Wertungen der griechischen und/oder der deutschen Regierung von Journalist*innen vorgenommen. In 18,4 Prozent der Bei-
Fazit: Es wurden in den Beiträgen mehrheitlich
träge betrafen diese Wertungen die grie-
vielfältige Akteure dargestellt, das Kriterium
chische Regierung. In nur 7,8 Prozent der
der Vielfalt wurde daher mehrheitlich erfüllt.
Beiträge wurde die deutsche Regierung von Journalist*innen bewertet. Die griechische
Darstellungen und Wertungen von Akteuren nicht ausgewogen
104
Ausgewogenheit
Regierung wurde in 11,9 Prozent der Bei-
Die Darstellung der Akteure in der Berichter-
träge durch Journalist*innen negativ bewer-
stattung war nicht ausgewogen:
tet, nur in 1,1 Prozent positiv. Die deutsche
Die griechische Regierung wurde in 67,3 Pro-
Regierung wurde nur in 2,1 Prozent der
zent der Beiträge gezeigt oder genannt, die
Beiträge negativ durch Journalist*innen
deutsche Regierung nur in 41,6 Prozent der
bewertet, in 1,5 Prozent aller Beiträge posi-
Beiträge. Die Nennung und Darstellung der
tiv. Journalist*innen bewerteten demnach
Akteure war daher nicht gleichgewichtig
nicht ausgewogen: Die griechische Regie-
und demnach auch nicht ausgewogen: Die
rung wurde somit erheblich häufiger durch
griechische Regierung wurde häufiger ge-
Journalist*innen negativ bewertet als die
zeigt oder genannt.
deutsche Regierung und seltener positiv.
Zusammenfassung der Ergebnisse
In 34,3 Prozent aller Beiträge trafen Akteure wertende Aussagen über die griechische
ten und Berichten stattfinden, sondern vor der Kamera in Schalten und Aufsagern.
Regierung. Über die deutsche Regierung
Klassische Nachrichten waren weitest-
wurden in nur 9,1 Prozent der Beiträge
gehend frei von Bewertungen durch
wertende Aussagen von Akteuren getrof-
Journalist*innen. In 3,9 Prozent der Nach-
fen. In 20,8 Prozent der Beiträge fanden
richten fanden sich positive oder negative
sich negative Bewertungen von Akteuren
Wertungen der griechischen oder der deut-
über die griechische Regierung. Die deut-
schen Regierung durch Journalist*innen.
sche Regierung wurde nur in 5,7 Prozent
In 10,2 Prozent der Berichte nahmen
der Beiträge negativ von anderen Akteuren
Journalist*innen jedoch positive oder ne-
beurteilt. Die griechische Regierung wurde
gative Bewertungen der griechischen oder
erheblich häufiger negativ bewertet als die
der deutschen Regierung vor.
deutsche. Die Darstellung von Bewertungen durch Akteure war also nicht ausgewogen. In 26,5 Prozent aller Beiträge wurde die griechische Regierung in O-Tönen ausgewo-
Fazit: Berichte wurden in den untersuchten
Wertungen durch
Nachrichtensendungen in jedem zehnten Fall
Journalist*innen
für Wertungen genutzt. Damit wurde das Gebot
in jedem zehnten
der Neutralität in Berichten verletzt.
Bericht
gen bewertet. In 17,8 Prozent aller Beiträge äußerten sich O-Ton-Geber*innen kritisch
Analytische Qualität/
über die griechische Regierung, während
Hintergrundberichterstattung
eine positive Wertung nur in 5,5 Prozent al-
Mit fast jedem zweiten Beitrag stand die
ler Beiträge der Fall war. Die Bewertung der
Haushaltspolitik im Mittelpunkt der Be-
griechischen Regierung durch O-Töne inner-
richterstattung. Es folgte mit weitem Ab-
halb der Beiträge ist nicht ausgewogen: Es
stand das Politikfeld Steuer- und Finanz-
fanden häufiger negative als positive Be-
politik sowie die Wirtschaftspolitik. Einige
wertungen durch O-Töne statt.
Politikfelder wie die Tarif- und Lohnpolitik,
Fazit: Insgesamt war die Berichterstattung im Hinblick auf die griechische Regierung unausgewogen. Sie kam weniger zu Wort und wurde kritischer beurteilt als die deutsche Regierung.
die Arbeitspolitik und die Sozialpolitik waren stark unterrepräsentiert; Infrastrukturpolitik und Wohnungsbau wurden gar nicht thematisiert. Vor dem Hintergrund, dass in Griechenland in 16 Politikfeldern Reformen diskutiert und teilweise umgesetzt
Neutralität
wurden, kann nicht von einer intensiven
Wertungen durch Journalist*innen sollten in
Hintergrundberichterstattung über den Re-
Nachrichtensendungen dem Qualitätskriteri-
formprozess in Griechenland gesprochen
um der Neutralität folgend nicht in Nachrich-
werden.
105
„Die Griechen provozieren!”
Von 139 Reformen wurden nur 63 in der
tergrundberichterstattung zur griechischen
Berichterstattung zur griechischen Staats-
Staatsschuldenkrise gesprochen werden. Da-
schuldenkrise thematisiert. Das entspricht
mit fehlte es der Berichterstattung zum Teil an
45,3 Prozent. In 60,2 Prozent der Beiträge
analytischer Qualität.
wurde keine einzige Reform thematisiert. Am häufigsten wurde in 11,3 Prozent der Beiträge der Schuldenschnitt thematisiert, es folgte mit 8,1 Prozent die Privatisierung
6.2 Vergleich der untersuchten Nachrichtensendungen
von Staatsbetrieben, danach mit 6,5 Prozent die Kapitalverkehrskontrolle. Von einer
Relevanz des Themas
gründlichen Hintergrundberichterstattung
Die Sendung „heute“ maß der griechi-
zu dem griechischen Reformprozess in den
schen Staatsschuldenkrise im Jahr 2015
Nachrichtensendungen von ARD und ZDF
die höchste Relevanz bei. 252 Beiträge
kann nicht gesprochen werden.
zur
griechischen
Staatsschuldenkrise
Das „Schreckensszenario“ Euro-Austritt
konnten in „heute“ gezählt werden. Das
wurde von den untersuchten Nachrichten-
sind 23 Beiträge mehr als in der „Tages-
sendungen in 31,7 Prozent aller Beiträge
schau“. Die Sondersendung „Brennpunkt“
aufgegriffen. 58 Minuten und 33 Sekunden
erschien 7 Mal mit Bezug zur griechischen
beschäftigten sich die untersuchten Nach-
Staatsschuldenkrise im Jahr 2015. 49 Bei-
richtensendungen mit einem Euro-Austritt.
träge zur griechischen Staatsschuldenkri-
Zum Vergleich: Mit Wirtschaftspolitik be-
se konnten in diesen „Brennpunkt“-Sen-
schäftigten sich die Sendungen nur etwa
dungen gezählt werden. Das sind weniger
25 Minuten, mit Steuer- und Finanzpolitik
Sendungen und auch weniger Beiträge als
nur ca. 35 Minuten. Dieses Szenario wurde
in der Sondersendung des ZDF, dem „ZDF
somit erheblich häufiger thematisiert als
spezial“. Die ARD hat demnach in „Tages-
die meisten Politikfelder und Reformvor-
schau“ und „Brennpunkt“ in geringerer In-
schläge. Vor allem vor diesem Hintergrund
tensität über die griechische Staatsschul-
kann festgehalten werden, dass die Ausei-
denkrise berichtet und somit dem Thema
nandersetzung mit den Konsequenzen der
eine geringere Relevanz beigemessen als
Reformvorschläge kaum
Krise größeren Raum einnahm als die Be-
das ZDF.
thematisiert
fassung mit den meisten Lösungsansätzen der vorgeschlagenen Reformen.
Fazit: Die Nachrichtensendungen „Tagesschau“ und „Brennpunkt“ der ARD berichteten
106
Fazit: In einem Großteil der Berichterstattung
in geringerem Ausmaß als die ZDF-Sendungen
wurde keine Reform thematisiert. Insgesamt
„heute“ und „ZDF spezial“ über die griechische
kann nur von einer eingeschränkten Hin-
Staatsschuldenkrise.
Zusammenfassung der Ergebnisse
Vielfalt
Bei der Nennung und Darstellung der Akteu-
In der „Tagesschau“ kam in der Mehrzahl der
re zeigte sich bereits ein Ungleichgewicht:
Beiträge mehr als eine O-Ton-Geber*innen-
In der „Tagesschau“ wurde die griechische
Gruppe zu Wort kommt. Dies war in der „Ta-
Regierung in 66,4 Prozent der Beiträge ge-
gesschau“ in 40,2 Prozent der Beiträge der
zeigt oder genannt, die deutsche Regierung
Fall, mehr als in den anderen untersuchten
nur in 21,3 Prozent der Beiträge. In „heute“
Sendungen. Dies spricht für Akteursvielfalt
war beides häufiger der Fall. In den Sonder-
bei O-Tönen in der „Tagesschau“. In der
sendungen wurde die deutsche Regierung
ZDF-Nachrichtensendung „heute“ kamen in
häufiger genannt und gezeigt, das Verhält-
34,5 Prozent der Beiträge mehrere O-Ton-
nis war jedoch auch hier nicht gleichgewich-
Geber*innen-Gruppen zu Wort.
tig. Die Darstellung der beiden Akteure war
In den Sondersendungen war es erheblich
in beiden Sendungen nicht ausgewogen.
häufiger als in den Hauptnachrichtensen-
Auch die O-Töne waren nicht gleichgewich-
dungen der Fall, dass nur eine Gruppe von
tig unter den untersuchten Akteuren verteilt.
O-Ton-Geber*innen zu Wort kam. Das liegt
Während die griechische Regierung in allen
im Wesentlichen am Einsatz der Darstel-
Sendungen häufiger gezeigt und genannt
lungsform Interview. In der Sondersen-
wurde als andere Akteure, kam sie doch er-
dung „ZDF spezial“ kam in 75,3 Prozent der
kennbar seltener zu Wort. Die griechische
Beiträge nur eine Gruppe von Akteuren als
Regierung kam in der „Tagesschau“ in ca. 17
O-Ton-Geber*innen vor. Das „ZDF spezial“
Minuten direkt zu Wort, die deutsche Regie-
wies demnach eine geringere Vielfalt von O-
rung in ca. 32 Minuten. In „heute“ kam die
Ton-Geber*innen innerhalb eines Beitrags
griechische Regierung noch etwas seltener
auf als andere Sendungen.
zu Wort, die deutsche Regierung hingegen
Fazit: In den Hauptnachrichtensendungen „Tagesschau“ und „heute“ kamen vielfältige Akteure in O-Tönen zu Wort. In den Sondersendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“ war die Vielfalt durch den Einsatz von Interviews eingeschränkt. Ausgewogenheit Hinsichtlich der Akteursausgewogenheit fällt auf, dass diese in allen untersuchten Sendungen nicht erfüllt wird:
in größerem Umfang. Die Diskrepanz ist also noch größer. Am seltensten kam die griechische Regierung in „ZDF spezial“ zu Wort, nämlich nur in ca. einer Minute. Die Verteilung der O-Töne ist in allen untersuchten Nachrichtensendungen ungleichgewichtig und somit auch unausgewogen: Die griechische Regierung kam erheblich seltener zu Wort als andere Akteure. Neben der Akteursausgewogenheit zeigen sich auch Besonderheiten in der Bewertungsausgewogenheit im Vergleich zwischen den Sendungen:
107
„Die Griechen provozieren!”
Die griechische Regierung wurde in der „Ta-
deutsche Regierung wurde in 11,8 Prozent
gesschau“ durch Journalist*innen in 11,8
der Beiträge des „ZDF spezial“ negativ von
Prozent der Beiträge negativ bewertet. Die
Akteuren beurteilt. Alle untersuchten Sen-
deutsche Regierung wurde nur in 2,6 Pro-
dungen wiesen bei den dargestellten Wer-
zent der Beiträge negativ bewertet. In „heu-
tungen der Akteure ein Ungleichgewicht auf:
te“ wurde die griechische Regierung durch
Die griechische Regierung wurde erheblich
Journalist*innen ebenso häufig negativ be-
häufiger negativ bewertet als die deutsche
wertet wie in der „Tagesschau“, die deut-
Regierung. Dies spricht für eine Unausgewo-
sche Regierung jedoch nur in 0,8 Prozent
genheit der dargestellten Positionen.
der Beiträge. Im „Brennpunkt“ zeigte sich
Diese setzt sich teilweise in den O-Tönen
dieses Missverhältnis ebenfalls, in „ZDF
der Sendungen fort. In 32,8 Prozent der
spezial“ wurde die deutsche Regierung gar
„Tagesschau“-Beiträge waren die O-Töne
nicht bewertet. Negative Wertungen über-
ausgewogen. 14,8 Prozent der Beiträge wie-
wogen also bei der griechischen Regierung,
sen O-Töne mit negativen Wertungen der
das Verhältnis war nicht ausgewogen.
griechischen Regierung auf, 6,1 Prozent wa-
Auch die Wertungen, die von dargestellten
ren positiv. Auch in „heute“ ist das Verhält-
Akteuren ausgingen, waren unausgewogen
nis ähnlich: Die Mehrzahl der O-Töne mit
zu Ungunsten der griechischen Regierung.
Bewertungen der griechischen Regierung,
In der „Tagesschau“ fanden sich in 18,8 Pro-
nämlich 23,6 Prozent, waren ausgewogen.
Kritik trifft vor allem die
zent der Beiträge negative Bewertungen der
Die Sondersendungen hingegen folgten
griechische Regierung
griechischen Regierung durch dargestellte
dieser Ausrichtung nicht. Die Mehrzahl
Akteuren. Die deutsche Regierung wurde in
der O-Töne in „ZDF spezial“ bewertete die
3,5 Prozent der Beiträge negativ von ande-
griechische Regierung negativ – dies ist in
ren Akteuren beurteilt. Dargestellte Akteure
41,2 Prozent der Beiträge der Fall, nur in 2,4
bewerteten in „heute“ die griechische Re-
Prozent gab es positiv wertende O-Töne, nur
gierung in 24,2 Prozent der Beiträge, die
in 18,8 Prozent ein ausgeglichenes Verhält-
deutsche Regierung nur in 7,2 Prozent. Im
nis. Auch im „Brennpunkt“ überwogen ne-
„Brennpunkt“ wurde die deutsche Regie-
gativ wertende O-Töne, wenn auch nicht so
rung häufiger negativ bewertet, nämlich in
stark wie in „ZDF spezial“. Während also die
13,3 Prozent der Beiträge – die griechische
Hauptnachrichtensendungen zumindest in
Regierung hingegen in 44 Prozent der Bei-
den gesendeten O-Tönen auf ein ausge-
träge. In der Sendung „ZDF spezial“ war
glichenes Verhältnis der Bewertungen der
die Differenz geringer als im „Brennpunkt“,
griechischen Regierung achteten, war dies
hier fanden sich in 38,8 Prozent der Beiträ-
in den Sondersendungen nicht der Fall. Hier
ge negative Bewertungen der griechischen
sind die Bewertungen nicht ausgewogen.
Regierung durch dargestellte Akteuren. Die
108
Zusammenfassung der Ergebnisse
Fazit: Die Darstellung und Bewertung der griechi-
Fazit: In allen untersuchten Sendungen wurde
schen und der deutschen Regierung in den Nach-
das Gebot der Neutralität verletzt, am stärks-
richtenbeiträgen zur griechischen Staatsschul-
ten in den Sondersendungen „Brennpunkt“
denkrise war in allen untersuchten Sendungen
und „ZDF spezial“.
unausgewogen. Die griechische Regierung wurde in allen Sendungen erheblich häufiger nega-
Analytische Qualität/
tiv bewertet als die deutsche Regierung.
Hintergrundberichterstattung Es kann nicht von einer ausreichenden Hinter-
Neutralität In allen untersuchten Sendungen wurde das Gebot der Neutralität verletzt. In der
grundberichterstattung in den untersuchten Nachrichtensendungen über die Reformprozesse in Griechenland gesprochen werden.
„Tagesschau“ wurde das Gebot der Neut-
Alle untersuchten Nachrichtensendungen
ralität seltener verletzt als in den anderen
berichteten am häufigsten über das Politik-
untersuchten Sendungen. 3,0 Prozent der
feld Haushaltspolitik, andere Politikfelder
Nachrichten und 7,2 Prozent der Berichte
wurden erheblich seltener aufgegriffen.
in der „Tagesschau“ enthielten Wertungen
Erst mit weitem Abstand folgte die Steuer-
der griechischen oder der deutschen Re-
und Finanzpolitik. In der „Tagesschau“ wur-
gierung durch Journalist*innen im Off-Text.
den drei, in „heute“ zwei“ Politikfelder gar
Insgesamt wurde in „heute“ etwas häufi-
nicht thematisiert. Über viele Politikfelder
ger als in der „Tagesschau“ auch in Nach-
wie Arbeitspolitik, Tarif- und Lohnpolitik,
richten und Berichten Bewertungen von
Sozialpolitik oder Rechtspolitik wurde im
Journalist*innen vorgenommen und damit
„Brennpunkt“ nur marginal berichtet, über
das Gebot der Neutralität verletzt. 5,6 Pro-
andere Politikfelder wie Infrastrukturpoli-
zent der Nachrichten und 8,5 Prozent der
tik gar nicht. In „ZDF spezial“ wurden u. a.
Berichte in „heute“ enthielten Wertungen
Energiepolitik sowie Geld- und Währungs-
der griechischen oder der deutschen Regie-
politik nicht thematisiert.
rung durch Journalist*innen im Off-Text. Am
In der „Tagesschau“ wurden in 62,2 Pro-
stärksten wurde das Gebot der Neutralität
zent der Beiträge keine Reformen aufge-
in den Sondersendungen verletzt. 12,5 Pro-
griffen, in „heute“ waren es 65,1 Prozent
zent der Berichte in „ZDF spezial“ enthielten
der Beiträge. Von 139 Reformen wurden in
Wertungen der griechischen oder der deut-
der „Tagesschau“ nur 53 thematisiert, in
schen Regierung durch Journalist*innen im
„heute“ sogar nur 40. Am häufigsten wur-
Off-Text, 28 Prozent waren es beim „Brenn-
de in „Tagesschau“ und „heute“ ein Schul-
punkt“. Damit wurde das Gebot der Neu-
denschnitt für Griechenland thematisiert.
tralität von Nachrichten und Berichten im
Die Sondersendungen „Brennpunkt“ und
„Brennpunkt“ am häufigsten verletzt.
„ZDF spezial“ berichteten noch seltener
109
„Die Griechen provozieren!”
als die Hauptnachrichtensendungen „Ta-
litätsanforderungen also nur teilweise erfüllt.
gesschau“ und „heute“ über einzelne Re-
Die festgestellten Verletzungen zentraler Qua-
formen. Im „Brennpunkt“ wurde in 44,9
litätskriterien, wie Neutralität, Ausgewogen-
Prozent der Beiträge keine konkrete Reform
heit und Hintergrundberichterstattung, in der
thematisiert. Von 139 Reformen wurde im
Berichterstattung der Nachrichtensendungen
„Brennpunkt“ nur über 25 Reformen berich-
zur griechischen Staatsschuldenkrise weisen
tet, was 17,9 Prozent der Reformvorschläge
auf Mängel in der journalistischen Professio-
entspricht. In „ZDF spezial“ wurde über 27
nalität hin.
Reformen berichtet, was 19,4 Prozent der
Eine differenzierte Betrachtung, wie sie
139 Reformvorschläge entspricht. In beiden
oben vorgenommen wurde, lässt auch Unter-
Sondersendungen wurden Kapitalverkehrs-
schiede zwischen den Sendungen, insbeson-
kontrollen am häufigsten thematisiert. Na-
dere zwischen den Hauptnachrichtensendun-
türlich kann von Sondersendungen nicht im
gen und den Sondersendungen, erkennen. Die
gleichen Maße wie von Hauptnachrichten-
Sondersendungen verletzten die Qualitätskri-
sendungen erwartet werden, den griechi-
terien der Ausgewogenheit und der Neutralität
schen Reformprozess abzubilden. Die enge
stärker als die Hauptnachrichtensendungen.
Fokussierung auf die Haushaltspolitik zeigt
Als Konsequenz aus diesen Erkenntnissen
jedoch, dass viele Politikfelder und Refor-
sollten die öffentlich-rechtlichen Programme
men nicht in der Berichterstattung themati-
noch stärker darauf achten, die strengen Quali-
siert und analysiert wurden.
tätskriterien, die für die Hauptnachrichtensendungen gelten, auch auf die Sondersendungen
Fazit: Insgesamt kann nur von einer einge-
anzuwenden. Die Trennung von Nachricht und
schränkten Hintergrundberichterstattung der
Meinung muss konsequenter beachtet werden,
untersuchten Nachrichtensendungen zur griechi-
insbesondere in Off-Texten von Berichten.
schen Staatsschuldenkrise gesprochen werden.
Die Berichterstattung über die griechische
In einem großen Teil der Beiträge wurde keine
Reformpolitik und die Fixierung auf einen Gre-
konkrete Reform aufgegriffen und wenn, dann
xit als Szenario für einen Ausgang der Krise
beschränkte sich die Berichterstattung auf weni-
zeigen, dass die Berichterstattung einen en-
ge diskutierte Reformen. Damit fehlte es der Be-
gen Blick auf wenige Lösungen aufwies. Die
richterstattung zum Teil an analytischer Qualität.
Journalist*innen sollten stärker darauf achten, verschiedene Lösungsoptionen in die Bericht-
6.3 Schlussfolgerungen
erstattung einzubeziehen. Bei der Auswahl von O-Tönen und Interviewpartnern sollte insbe-
Qualitätskriterien
Die Journalist*innen der untersuchten Nach-
sondere in den Sondersendungen stärker auf
konsequenter
richtensendungen des öffentlich-rechtlichen
die Ausgewogenheit geachtet und alle Konflikt-
anwenden
Rundfunks haben die an sie gestellten Qua-
parteien einbezogen werden.
110
Anhang
Anhang
Literaturverzeichnis................................................................................... 112
Tabellarischer Anhang................................................................................ 115
Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen..................................................123
Hinweise zu den Autor*innen .....................................................................126
111
„Die Griechen provozieren!”
Literaturverzeichnis
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Anhang
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113
„Die Griechen provozieren!”
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114
Ausschreibung Anhang
Tabellarischer Anhang
Anhang 1:
Gesamtlänge aller O-Töne und durchschnittliche Länge der einzelnen O-Töne von Akteuren in Nachrichtensendungen 2015 (in Minuten, n=615)
Griechische Deutsche EU-Vertreter*innen Euro-Gruppen- Andere Regierung Regierung Vertreter*innen
Durchschnittliche Länge der O-Töne
0:15
0:34
36:04 80:13
Gesamtlänge
0:26 29:48
0:14
0:38
10:38
179:18
Quelle: eigene Darstellung.
Anhang 2:
Gesamtlänge aller O-Töne und durchschnittliche Länge der einzelnen O-Töne von Akteuren in Nachrichtensendungen 2015 im Vergleich zwischen den Sendungen (in Minuten, n=615)
Griechische Deutsche EU-Vertreter*innen Euro-Gruppen- Regierung Regierung Vertreter*innen
Andere
Tageschau Durchschnittliche Länge der O-Töne Gesamtlänge
0:13
0:29
16:30 31:40
0:15
0:13
0:20
5:46
4:49
0:15
0:15
7:51
5:15
0:53
0:08
32:26
heute Durchschnittliche Länge der O-Töne Gesamtlänge
0:13
0:39
15:19 35:10
0:24 36:01
Brennpunkt Durchschnittliche Länge der O-Töne
1:43
Gesamtlänge
3:27 7:57
6:12
0:16
Durchschnittliche Länge der O-Töne
0:15
1:25
0:18
Gesamtlänge
0:47 5:26
0:47
1:05 27:18
ZDF spezial 0:32
10:00
1:12
0:18
83:30
Quelle: eigene Darstellung.
115
„Die Griechen provozieren!”
Anhang 3:
Anzahl der Wertungen durch Journalist*innen nach Sendungen in 2015 Wertungen der griechichen Regierung
Tagesschau
heute
positiv 3
Brennpunkt
3
ZDF spezial
Gesamt
1 0 7
ausgewogen 9
21
2
0
32
negativ 27
30
10 6 73
Gesamt 39
54
13 6 112
Wertungen der deutschen Regierung
Tagesschau
heute
Brennpunkt
ZDF spezial
Gesamt
positiv 3
1 5 0 9
ausgewogen 2
2
0
negativ 6
2
5 0 13
Gesamt 11
5 10 0 26
0
4
Quelle: eigene Darstellung.
Anhang 4:
Anzahl und Tonalität der O-Töne zur griechischen Regierung in Beiträgen 2015, unterschieden nach Beteiligung von O-Ton-Geber*innen an diesen O-Tönen
Gesamt* Griechische Deutsche EU-Vertreter*innen Euro-Gruppen- Andere Regierung Regierung Vertreter*innen
positiv
19 11 5 5 22 34*
ausgeglichen
70
66
32
17
113 163*
negativ
27
35
23
14
82 110*
Gesamt
116
112
60
36
217 307*
* Die Gesamtzahl in der Randsumme rechts ist nicht die Summe der Spalten. O-Ton-Geber*innen sind Mehrfachnennungen Quelle: eigene Darstellung.
116
Anhang
Anhang 5:
Länge der Berichterstattung in 2015 über einzelne Politikfelder (in Minuten, n=615) Haushaltspolitik
79:47
Finanzpolitik
34:36
Gesellschaftliche und politische Ordnung
27:54
Wirtschaftspolitik
24:28
Geld- und Währungspolitik
12:42
Rentenpolitik
7:33
Sozialpolitik
6:13
Gesundheitspolitik
5:37
Arbeitspolitik
2:19
Rechtspolitik
1:50
Verteidigungspolitik
1:30
Energiepolitik
1:09
Tarif- und Lohnpolitik
0:58
Medienpolitik
0:20 Quelle: eigene Darstellung.
Anhang 6:
Anzahl der Beiträge mit spezifischen Reformvorschlägen zur griechischen Staatsschuldenkrise bzw. deren Anteil an allen Beiträgen der Sendungen in 2015 (Tagesschau: n=229, heute: n=252, Brennpunkt: n=49, ZDF spezial: n=85) Reformvorschläge Erlass des Schuldbetrags Kapitalverkehrskontrollen Rückführung der Staatsverschuldung Wirtschaftsförderung allgemein
Tagesschau 31
heute 26
Brennpunkt
ZDF spezial
3
Gesamt
10
13,54% 10,32% 6,12% 11,76% 5 2,18% 10 4,37% 10 4,37%
6
13
16
2,38% 26,53% 18,82% 15
5
5,95% 10,20% 3
6
1 1,18% 10
1,19% 12,24% 11,76%
70 – 40 – 31 – 29 –
117
„Die Griechen provozieren!”
Anhang 6: Fortsetzung Reformvorschläge Reform des Rentensystems Privatisierung allgemein Mehrwertsteuerreform allgemein Bekämpfung von Steuerhinterziehung Erhöhung der Mehrwertsteuer allgemein Rekapitalisierung der Banken Reform der öffentlichen Verwaltung Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters auf 67 Jahre Militärausgaben senken Einrichtung eines Fonds Programm zur Bewältigung der humanitären Krise Privatisierung von Hafenkonzessionen Korruption bekämpfen
118
Tagesschau 13
heute 10
Brennpunkt
ZDF spezial
1
Gesamt
4
5,68% 3,97% 2,04% 4,71% 12
6
5
5,24% 2,38% 10,20% 9
8
4
4 4,71% 2
3,93% 3,17% 8,16% 2,35% 9
7
1
5
3,93% 2,78% 2,04% 5,88% 8
7
3
3
3,49% 2,78% 6,12% 3,53% 1 0,44% 4
5
11
0
1,98% 22,45% 0,00% 3
0
6
1,75% 1,19% 0,00% 7,06% 6
3
2
1
2,62% 1,19% 4,08% 1,18% 4
3
1
4
1,75% 1,19% 2,04% 4,71% 1
5
2
3
0,44% 1,98% 4,08% 3,53% 2
3
2
2
0,87% 1,19% 4,08% 2,35% 3
3
2
1
1,31% 1,19% 4,08% 1,18% 4
3
0
1
1,75% 1,19% 0,00% 1,18%
28 – 27 – 23 – 22 – 21 – 17 – 13 – 12 – 12 – 11 – 9 – 9 – 8 –
Anhang
Anhang 6: Fortsetzung Reformvorschläge
Tagesschau
Konzentrierung der Prüftätigkeit auf internationale Steuerhinterziehung Einführung einer Großvermögenssteuer Privatisierung der Flughäfen Modernisierung der Steuer- und Finanzverwaltung Mindestlohn anheben Erhöhung der Mehrwertsteuer für Gastronomie/Tourismus Verbesserung des Schulden- und Liquiditätsmanagements Steuerrabatte/Subventionen für Landwirte (z. B. Diesel) Reform des Bankensektors allgemein Einführung von Bürger*innenentscheiden Bekämpfung von Schwarzhandel/Schmuggel Kampf gegen Korruption in der Verwaltung
2
heute
4
Brennpunkt
1
ZDF spezial
Gesamt
0
0,87% 1,59% 2,04% 0,00% 3
1
0
3
1,31% 0,40% 0,00% 3,53% 2
2
1
1
0,87% 0,79% 2,04% 1,18% 3
1
0
2
1,31% 0,40% 0,00% 2,35% 1
3
0
1
0,44% 1,19% 0,00% 1,18% 3
2
0
0
1,31% 0,79% 0,00% 0,00% 2
3
0
0
0,87% 1,19% 0,00% 0,00% 3
2
0
0
1,31% 0,79% 0,00% 0,00% 3
0
1
0
1,31% 0,00% 2,04% 0,00% 4
0
0
0
1,75% 0,00% 0,00% 0,00% 1
2
0
1
0,44% 0,79% 0,00% 1,18% 3
1
0
0
1,31% 0,40% 0,00% 0,00%
7 – 7 – 6 – 6 – 5 – 5 – 5 – 5 – 4 – 4 – 4 – 4 –
119
„Die Griechen provozieren!”
Anhang 6: Fortsetzung Reformvorschläge Ausnahmen von der Mehrwertsteuererhöhung für Inseln Privatisierung der Eisenbahnbetriebe Privatisierung der Stromversorgung Steuerrabatte/Subventionen abschaffen Nahrungsmittelhilfe durch Lebensmittelgutscheine Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten Unternehmens- und Körperschaftssteuerreform Reform des Haushaltsrahmengesetzes Reform der Zusatzaltersvorsorge Reform des Energiemarktes Beschäftigungsanreize für kleine und mittelständische Unternehmen Anzahl der Ministerien auf 10 reduzieren
120
Tagesschau
2
heute
1
Brennpunkt
0
ZDF spezial
Gesamt
1
0,87% 0,40% 0,00% 1,18% 2
1
1
0
0,87% 0,40% 2,04% 0,00% 3
0
0
0
1,31% 0,00% 0,00% 0,00% 2
1
0
0
0,87% 0,40% 0,00% 0,00% 3
0
0
0
1,31% 0,00% 0,00% 0,00% 2
1
0
0
0,87% 0,40% 0,00% 0,00% 1
1
0
1
0,44% 0,40% 0,00% 1,18% 1
2
0
0
0,44% 0,79% 0,00% 0,00% 1
1
0
0
0,44% 0,40% 0,00% 0,00% 2
0
0
0
0,87% 0,00% 0,00% 0,00% 1
0
1
0
0,44% 0,00% 2,04% 0,00% 1
1
0
0
0,44% 0,40% 0,00% 0,00%
4 – 4 – 3 – 3 – 3 – 3 – 3 – 3 – 2 – 2 – 2 – 2 –
Anhang
Anhang 6: Fortsetzung Reformvorschläge
Tagesschau
Kostenfreie medizinische Versorgung Rückgabe eines Großteils der vom EFSF für die Rekapitalisierung der Banken gehaltenen Anleihen Verbesserung der Gesetzgebung zur Rückzahlung von Steuern Ausnahmen von der Mehrwertsteuererhöhung für Essen, Hotelgewerbe und Wasser Steuererhöhung für Glücksspiel und Lotterie Besteuerung griechischer Reeder/Tonnagesteuer Elektronischen Zahlungsverkehr ausbauen Reform des Verwaltungsaufwands Reform der Bagatellgebühren Progressive Erhöhung der Renten Vereinheitlichung aller Pensionsfonds
0
heute 1
Brennpunkt 0
ZDF spezial
Gesamt
1
0,00% 0,40% 0,00% 1,18%
0
0
2
0
0,00% 0,00% 4,08% 0,00% 1
0
0
0
0,44% 0,00% 0,00% 0,00%
1
0
0
0
0,44% 0,00% 0,00% 0,00% 1
0
0
0
0,44% 0,00% 0,00% 0,00% 1
0
0
0
0,44% 0,00% 0,00% 0,00% 1
0
0
0
0,44% 0,00% 0,00% 0,00% 1
0
0
0
0,44% 0,00% 0,00% 0,00% 1
0
0
0
0,44% 0,00% 0,00% 0,00% 1
0
0
0
0,44% 0,00% 0,00% 0,00% 1
0
0
0
0,44% 0,00% 0,00% 0,00%
2 –
2 – 1 –
1 – 1 – 1 – 1 – 1 – 1 – 1 – 1 –
121
„Die Griechen provozieren!”
Anhang 6: Fortsetzung Reformvorschläge
Tagesschau
Entlastung von Arbeitslosen, Niedriglohnempfängern, Niedrigrentnern, Kleineigentümern, Kleinaktionären und kleinen Anleihegläubigern Sonderkarte zur kostenfreien Beförderung Ausnahmen von der Mehrwertsteuer für Bücher, Medikamente und Theater Einführung einer Großgrundsteuer (FMAP) Modernisierung der Bankrottgesetze Privatisierung der Staatslotterie Reform des Rechtsrahmens für Massenentlassungen Schwarzarbeit bekämpfen Pfändungsregelungen ändern Unabhängigkeit für ELSTAT
1
heute
0
Brennpunkt
0
ZDF spezial
Gesamt
0
0,44% 0,00% 0,00% 0,00% 1
0
0
0
0,44% 0,00% 0,00% 0,00% 0
1
0
0
0,00% 0,40% 0,00% 0,00% 0
0
1
0
0,00% 0,00% 2,04% 0,00% 0
0
1
0
0,00% 0,00% 2,04% 0,00% 0
0
1
0
0,00% 0,00% 2,04% 0,00% 0
1
0
0
0,00% 0,40% 0,00% 0,00% 0
0
0
1
0,00% 0,00% 0,00% 1,18% 0
1
0
0
0,00% 0,40% 0,00% 0,00% 0
0
0
1
0,00% 0,00% 0,00% 1,18%
1 – 1 – 1 – 1 – 1 – 1 – 1 – 1 – 1 – 1 –
Quelle: eigene Darstellung.
122
Ausschreibung
Otto Brenner Preis 2016 Anhang
Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen
Tabelle 1:
Zuschauer*innen und Marktanteile der Fernsehnachrichten
in Deutschland........................................................................................... 15
Tabelle 2:
Forschungsansätze zu Qualitätskriterien..................................................... 19
Tabelle 3:
Anteil der Beiträge mit Attribuierungen von politischen Akteuren.................. 52
Abbildung 1:
Qualitätsdimensionen und -kriterien...........................................................22
Abbildung 2:
Operationalisierung der Qualitätsdimensionen und -kriterien....................... 32
Abbildung 3:
Anzahl der Beiträge in den Nachrichtensendungen.......................................38
Abbildung 4:
Durchschnittliche Länge der Beiträge in den Nachrichtensendungen............. 39
Abbildung 5:
Anteil der Beiträge in den Untersuchungsmonaten im zeitlichen Verlauf........ 40
Abbildung 6:
Anzahl der Beiträge nach Sendungen im zeitlichen Verlauf............................ 41
Abbildung 7:
Durchschnittliche Anzahl der Beiträge in den Nachrichtensendungen............42
Abbildung 8:
Positionierung von Beiträgen in den Nachrichtensendungen......................... 43
Abbildung 9:
Beiträge an erster Position der Nachrichtensendungen
im zeitlichen Verlauf...................................................................................44
Abbildung 10: Anteil der Beiträge differenziert nach Vielfalt der O-Ton-Geber*innen............. 45 Abbildung 11: Anteil der Beiträge differenziert nach Vielfalt der O-Ton-Geber*innen
und Sendung.............................................................................................46
Abbildung 12: Anteil der Beiträge mit Nennung oder Darstellung von Akteuren....................49 Abbildung 13: Anteil der Beiträge mit Nennung oder Darstellung
der griechischen und deutschen Regierung.................................................. 50
Abbildung 14: Anteil der Beiträge mit politischen Akteuren als Adressaten bzw.
Sendern von Aussagen............................................................................... 51
Abbildung 15: Länge der O-Töne der politischen Akteure in den Nachrichtenbeiträgen......... 53 Abbildung 16: Länge der O-Töne der politischen Akteure in den Nachrichtensendungen....... 56 Abbildung 17: Länge der Redezeit in Interviews in den Sondersendungen
„Brennpunkt“ und „ZDF spezial“................................................................. 57
123
„Die Griechen provozieren!”
Abbildung 18: Anteil der Beiträge mit Bewertungen der deutschen und
der griechischen Regierung durch Journalist*innen
in den Nachrichtensendungen „Tagesschau” und „heute”............................ 59
Abbildung 19: Anteil der Beiträge mit unterschiedlichen Bewertungen
der deutschen oder der griechischen Regierung durch Journalist*innen
in den Nachrichtensendungen „Tagesschau” und „heute”............................ 61
Abbildung 20: Anteil der Beiträge mit Bewertungen der deutschen oder
der griechischen Regierung durch Journalist*innen in
den Sendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial”.........................................62
Abbildung 21: Anteil der Beiträge mit unterschiedlichen Bewertungen
der deutschen und der griechischen Regierung durch Journalist*innen
in den Sendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial”..................................... 63
Abbildung 22: Anteil der Beiträge mit Wertungen von Akteuren........................................... 65 Abbildung 23: Anteil der Beiträge mit Wertungen von Akteuren in den Sendungen „Tagesschau” und „heute”.............................................. 67
Abbildung 24: Anteil der Beiträge mit Wertungen von Akteuren
in den Sondersendungen „Brennpunkt” und „ZDF spezial”........................... 70
Abbildung 25: Länge der O-Töne mit Wertungen der griechischen Regierung
in den Sendungen „heute” und „Tagesschau”.............................................. 73
Abbildung 26: Länge der O-Töne mit Wertungen der griechischen Regierung
in den Sondersendungen „ZDF spezial” und „Brennpunkt”........................... 75
Abbildung 27: Anteil der Beiträge nach Darstellungsform................................................... 78 Abbildung 28: Anteil der Beiträge mit Bewertungen der griechischen oder der
deutschen Regierung durch Journalist*innen nach Darstellungsform............. 79
Abbildung 29: Anteil der Beiträge mit Wertungen durch Journalist*innen ........................... 80 Abbildung 30: Anteil der Beiträge mit Wertungen durch Journalist*innen nach
Darstellungsform in den Sendungen „heute” und „Tagesschau”................... 81
Abbildung 31: Anteil der Beiträge mit Wertungen durch Journalist*innen
124
nach Darstellungsform in den Sondersendungen „ZDF spezial”
und „Brennpunkt”......................................................................................82
Anhang
Abbildung 32: Anteil der Beiträge differenziert nach Politikfeldern...................................... 85 Abbildung 33: Anteil der Beiträge differenziert nach Politikfeldern in „heute“
und „Tagesschau“...................................................................................... 87
Abbildung 34: Anteil der Beiträge differenziert nach Politikfeldern in „ZDF spezial“
und „Brennpunkt“......................................................................................89
Abbildung 35: Thematisierung von Reformen.....................................................................90 Abbildung 36: Anteil der Beiträge mit Thematisierung einzelner Reformen........................... 91 Abbildung 37: Anteil der Beiträge mit Thematisierung einzelner Reformen in „heute“
und „Tagesschau“......................................................................................94
Abbildung 38: Anteil der Beiträge mit Thematisierung einzelner Reformen
in „ZDF spezial” und „Brennpunkt”.............................................................96
Abbildung 39: Anteil der Beiträge mit dem Thema Grexit im Zeitverlauf...............................99 Abbildung 40: Anteil der Beiträge zum Thema Grexit in den Nachrichtensendungen........... 100
Anhang 1:
Gesamtlänge aller O-Töne und durchschnittliche Länge der einzelnen
O-Töne von Akteuren in Nachrichtensendungen 2015................................... 115
Anhang 2:
Gesamtlänge aller O-Töne und durchschnittliche Länge der einzelnen
O-Töne von Akteuren in Nachrichtensendungen 2015 im Vergleich
zwischen den Sendungen ......................................................................... 115
Anhang 3:
Anzahl der Wertungen durch Journalist*innen nach Sendungen in 2015........116
Anhang 4:
Anzahl und Tonalität der O-Töne zur griechischen Regierung
in Beiträgen 2015, unterschieden nach Beteiligung von
O-Ton-Geber*innen an dieses O-Tönen........................................................116
Anhang 5:
Länge der Berichterstattung in 2015 über einzelne Politikfelder ................... 117
Anhang 6:
Anzahl der Beiträge mit spezifischen Reformvorschlägen zur
griechischen Staatsschuldenkrise bzw. deren Anteil
an allen Beiträgen der Sendungen in 2015.................................................. 117
125
„Die Griechen provozieren!”
Hinweise zu den Autor*innen Prof. Dr. Kim Otto ist Professor für Wirtschaftsjournalismus an der Universität Würzburg und forscht dort u. a. zur Qualität im wirtschaftspolitischen Journalismus. Als Journalist arbeitet er für das ARD-Politikmagazin „Monitor“ sowie für die Reihe „die story“. 2007 wurde er mit dem AdolfGrimme-Preis ausgezeichnet. Er studierte Politikwissenschaft, Rechtswissenschaften und VWL in Duisburg und promovierte in Journalistik in Dortmund. Andreas Köhler, M. A. ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Professur für Wirtschaftsjournalismus an der Universität Würzburg und forscht in den Bereichen Journalismus, politische Kommunikation und Social Media. Er studierte Politikwissenschaft, Medienwissenschaften und Soziologie an der Technischen Universität Braunschweig und ist Doktorand an der Universität der Bundeswehr in München. Kristin Baars, B. A. ist wissenschaftliche Hilfskraft der Professur für Wirtschaftsjournalismus an der Universität Würzburg. Sie studierte Journalistik an der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen.
126
127
„DieJochen Griechen provozieren!” Roose OBS-Arbeitspapiere
128
Der junge Osten: Aktiv und Selbstständig Infos und Download: www.otto-brenner-stiftung.de
Nr. 23
Informationsfreiheit – Mehr Transparenz für mehr Demokratie (Arne Semsrott)
Nr. 22
Journalist oder Animateur – ein Beruf im Umbruch. Thesen, Analysen und Materialien zur Journalismusdebatte (Hans-Jürgen Arlt und Wolfgang Storz)
Nr. 21
Ausverkauf des Journalismus? – Medienverlage und Lobbyorganisationen als Kooperationspartner (Marvin Oppong)
Nr. 20
Die AfD vor den Landtagswahlen 2016 – Programme, Profile und Potenziale (Alexander Hensel, Lars Geiges, Robert Pausch und Julika Förster)
Nr. 19
Bürgerbeteiligung im Fernsehen – Town Hall Meetings als neues TV-Format? (Nils Heisterhagen)
Nr. 18
„Querfront“ – Karriere eines politisch-publizistischen Netzwerks (Wolfgang Storz)
Nr. 17
Information oder Unterhaltung? – Eine Programmanalyse von WDR und MDR (Joachim Trebbe, Anne Beier und Matthias Wagner)
Nr. 16
Politische Beteiligung: Lage und Trends (Rudolf Speth)
Nr. 15
Der junge Osten: Aktiv und Selbstständig – Engagement Jugendlicher in Ostdeutschland (Jochen Roose)
Nr. 14
Wettbewerbspopulismus – Die Alternative für Deutschland und die Rolle der Ökonomen (David Bebnowski und Lisa Julika Förster)
Nr. 13
Aufstocker im Bundestag – Nebeneinkünfte und Nebentätigkeiten der Abgeordneten zu Beginn der 18. Wahlperiode (Herbert Hönigsberger)
Nr. 12
Zwischen Boulevard und Ratgeber-TV. Eine vergleichende Programmanalyse von SWR und NDR (Joachim Trebbe)
Nr. 11
Die sechste Fraktion. Nebenverdiener im Deutschen Bundestag (Herbert Hönigsberger)
Nr. 10
Chancen der Photovoltaik-Industrie in Deutschland (Armin Räuber, Werner Warmuth, Johannes Farian)
Nr. 9
Logistik- und Entwicklungsdienstleister in der deutschen Automobilindustrie – Neue Herausforderungen für die Gestaltung der Arbeitsbeziehungen (Heinz-Rudolf Meißner)
Nr. 8
Wirtschaftsförderung und Gute Arbeit – Neue Herausforderungen und Handlungsansätze (Martin Grundmann und Susanne Voss unter Mitarbeit von Frank Gerlach)
Nr. 7
Wahlkampf im medialen Tunnel – Trends vor der Bundestagswahl 2013 (Thomas Leif und Gerd Mielke)
Nr. 6
Wer sind die 99%? Eine empirische Analyse der Occupy-Proteste (Ulrich Brinkmann, Oliver Nachtwey und Fabienne Décieux)
Nr. 5
Wie sozial sind die Piraten? (Herbert Hönigsberger und Sven Osterberg)
Nr. 4
Solarindustrie: Photovoltaik. Boom – Krise – Potentiale – Fallbeispiele (Ulrich Bochum und Heinz-Rudolf Meißner)
Nr. 3
Gewerkschaftliche Netzwerke stärken und ausbauen (Anton Wundrak)
Nr. 2
Werkverträge in der Arbeitswelt (Andreas Koch)
Nr. 1
Soziale Ungleichheit und politische Partizipation in Deutschland (Sebastian Bödeker)
Die Otto Brenner Stiftung …
OBS-Arbeitsheft 87 ISSN-Print 1863-6934 ISSN-Online 2365-2314
... ist die gemeinnützige Wissenschaftsstiftung der IG Metall. Sie hat ihren Sitz in Frankfurt am Main. Als Forum für gesellschaftliche Diskurse und Einrichtung der Forschungsförderung ist sie dem Ziel der sozialen Gerechtigkeit verpflichtet. Besonderes Augenmerk gilt dabei dem Ausgleich zwischen Ost und West.
Herausgeber: Otto Brenner Stiftung Jupp Legrand Wilhelm-Leuschner-Straße 79 60329 Frankfurt am Main Tel.: 069 6693-2810 Fax: 069 6693-2786 E-Mail: info@otto-brenner-stiftung.de www.otto-brenner-stiftung.de
... initiiert den gesellschaftlichen Dialog durch Veranstaltungen, Workshops und Koopera tionsveranstaltungen (z. B. im Herbst die OBS-Jahrestagungen), organisiert internationale Konferenzen (Mittel-Ost-Europa-Tagungen im Frühjahr), lobt jährlich den „Brenner-Preis für kritischen Journalismus“ aus, fördert wissenschaftliche Untersuchungen zu sozialen, arbeitsmarkt- und gesellschaftspolitischen Themen, vergibt Kurzstudien und legt aktuelle Analysen vor.
Autor*innen: Prof. Dr. Kim Otto Professor für Wirtschaftsjournalismus Universität Würzburg Kontakt: kim.otto@uni-wuerzburg.de
... macht die Ergebnisse der Projekte öffentlich zugänglich.
Andreas Köhler, M. A. Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Professur für Wirtschaftsjournalismus Universität Würzburg Kontakt: andreas.koehler1@uni-wuerzburg.de Kristin Baars, B. A. Wissenschaftliche Hilfskraft der Professur für Wirtschaftsjournalismus Universität Würzburg Redaktion: Benedikt Linden Otto Brenner Stiftung Lektorat: Dr. Sabine Giehle TEXT + FAKT, Mainz www.text-und-fakt.de Satz und Gestaltung: www.complot-mainz.de Titelbild: Collage: com.plot, Foto: Fotolia Druck: mww.druck und so ... GmbH, Mainz-Kastel Redaktionsschluss: 29. Juli 2016
... veröffentlicht die Ergebnisse ihrer Forschungsförderung in der Reihe „OBS-Arbeitshefte“ oder als Arbeitspapiere (nur online). Die Arbeitshefte werden, wie auch alle anderen Publikationen der OBS, kostenlos abgegeben. Über die Homepage der Stiftung können sie auch elektronisch bestellt werden. Vergriffene Hefte halten wir als PDF zum Download bereit. ... freut sich über jede ideelle Unterstützung ihrer Arbeit. Aber wir sind auch sehr dankbar, wenn die Arbeit der OBS materiell gefördert wird. ... ist zuletzt durch Bescheid des Finanzamtes Frankfurt am Main V (-Höchst) vom 9. April 2015 als ausschließlich und unmittelbar gemeinnützig anerkannt worden. Aufgrund der Gemeinnützigkeit der Otto Brenner Stiftung sind Spenden steuerlich absetzbar bzw. begünstigt.
Aktuelle Ergebnisse der Forschungsförderung in der Reihe „OBS-Arbeitshefte“
Hinweis zu den Nutzungsbedingungen: Dieses Arbeitsheft darf nur für nichtkommerzielle Zwecke im Bereich der wissenschaftlichen Forschung und Beratung und ausschließlich in der von der Otto Brenner Stiftung veröffentlichten Fassung – vollständig und unverändert – von Dritten weitergegeben sowie öffentlich zugänglich gemacht werden. In den Arbeitsheften werden die Ergebnisse der Forschungsförderung der Otto Brenner Stiftung dokumentiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Für die Inhalte sind die Autorinnen und Autoren verantwortlich. Bestellungen: Über die Internetseite der Otto Brenner Stiftung können weitere Exemplare dieses OBS-Arbeitsheftes kostenlos bezogen werden – solange der Vorrat reicht. Dort besteht auch die Möglichkeit, das vorliegende und weitere OBS-Arbeitshefte als pdf-Datei herunterzuladen. Die Texte der Otto Brenner Stiftung verwenden eine gendersensible Sprache. Es werden entweder geschlechtsneutrale Bezeichnungen gebraucht (z. B. Mitarbeitende) oder auf die Schreibweise mit Gender-Sternchen zurückgegriffen (z. B. Bürger*innen). Diese Schreibweise betont die soziale Konstruktion von Geschlecht und die Vielfältigkeit von Geschlechtsidentitäten.
Spenden erfolgen nicht in den Vermögensstock der Stiftung, sie werden ausschließlich und zeitnah für die Durchführung der Projekte entsprechend dem Verwendungszweck genutzt. Bitte nutzen Sie folgende Spendenkonten: Für Spenden mit zweckgebundenem Verwendungszweck zur Förderung von Wissenschaft und Forschung zum Schwerpunkt: • Förderung der internationalen Gesinnung und des Völkerverständigungsgedankens
Kim Otto, Andreas Köhler, Kristin Baars
„Die Griechen provozieren!“
Die öffentlich-rechtliche Berichterstattung über die griechische Staatsschuldenkrise
OBS-Arbeitsheft 86 Lutz Frühbrodt
Content Marketing
Wie „Unternehmensjournalisten“ die öffentliche Meinung beeinflussen
OBS-Arbeitsheft 85*
Sabine Ferenschild, Julia Schniewind
Folgen des Freihandels
Das Ende des Welttextilabkommens und die Auswirkungen auf die Beschäftigten
OBS-Arbeitsheft 84* Fritz Wolf
„Wir sind das Publikum!“
Autoritätsverlust der Medien und Zwang zum Dialog
OBS-Arbeitsheft 83
Thomas Goes, Stefan Schmalz, Marcel Thiel, Klaus Dörre
Gewerkschaften im Aufwind?
Unterstützen Sie unsere Arbeit, z. B. durch eine zweckgebundene Spende
OBS-Arbeitsheft 87
Stärkung gewerkschaftlicher Organisationsmacht in Ostdeutschland
OBS-Arbeitsheft 82
Silke Röbenack, Ingrid Artus
Betriebsräte im Aufbruch?
Vitalisierung betrieblicher Mitbestimmung in Ostdeutschland
OBS-Arbeitsheft 81* Bernd Gäbler
„... den Mächtigen unbequem sein“
Anspruch und Wirklichkeit der TV-Politikmagazine
OBS-Arbeitsheft 80* Wolfgang Merkel
Nur schöner Schein? Bank: IBAN: BIC:
HELABA Frankfurt/Main DE11 5005 0000 0090 5460 03 HELA DE FF
Für Spenden mit zweckgebundenem Verwendungszweck zur Förderung von Wissenschaft und Forschung zu den Schwerpunkten: • Angleichung der Arbeits- und Lebensverhältnisse in Ost- und Westdeutschland (einschließlich des Umweltschutzes) • Entwicklung demokratischer Arbeitsbeziehungen in Mittel- und Osteuropa • Verfolgung des Zieles der sozialen Gerechtigkeit Bank: IBAN: BIC:
HELABA Frankfurt/Main DE86 5005 0000 0090 5460 11 HELA DE FF
Geben Sie bitte Ihre vollständige Adresse auf dem Überweisungsträger an, damit wir Ihnen nach Eingang der Spende eine Spendenbescheinigung zusenden können. Oder bitten Sie in einem kurzen Schreiben an die Stiftung unter Angabe der Zahlungsmodalitäten um eine Spendenbescheinigung. Verwaltungsrat und Geschäftsführung der Otto Brenner Stiftung danken für die finanzielle Unterstützung und versichern, dass die Spenden ausschließlich für den gewünschten Verwendungszweck genutzt werden.
Demokratische Innovationen in Theorie und Praxis
OBS-Arbeitsheft 79*
Fabian Virchow, Tanja Thomas, Elke Grittmann
„Das Unwort erklärt die Untat“
Die Berichterstattung über die NSU-Morde – eine Medienkritik
OBS-Arbeitsheft 78*
Hans-Jürgen Arlt, Wolfgang Storz
Missbrauchte Politik
„Bild“ und „BamS“ im Bundestagswahlkampf 2013
OBS-Arbeitsheft 77*
Werner Rügemer, Elmar Wigand
Union-Busting in Deutschland
Die Bekämpfung von Betriebsräten und Gewerkschaften als professionelle Dienstleistung
* Printfassung leider vergriffen; Download weiterhin möglich. Diese und weitere Publikationen der OBS finden Sie unter www.otto-brenner-stiftung.de Otto Brenner Stiftung | Wilhelm-Leuschner-Straße 79 | D-60329 Frankfurt/Main
OBS-Arbeitsheft 87
OBS-Arbeitsheft 87
OBS-Arbeitsheft 87
Otto, Köhler, Baars – „Die Griechen provozieren!“
Otto Brenner Stiftung
„Die Griechen provozieren!“
Kim Otto, Andreas Köhler, Kristin Baars
„Die Griechen provozieren!“ Die öffentlich-rechtliche Berichterstattung über die griechische Staatschuldenkrise
www.otto-brenner-stiftung.de
Eine Studie der Otto Brenner Stiftung Frankfurt am Main 2016