"Die Griechen provozieren!" – Die öffentlich-rechtliche Berichterstattung zur griechischen Staatssch

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OBS-Arbeitsheft 87

OBS-Arbeitsheft 87

OBS-Arbeitsheft 87

Otto, Köhler, Baars – „Die Griechen provozieren!“

Otto Brenner Stiftung

„Die Griechen provozieren!“

Kim Otto, Andreas Köhler, Kristin Baars

„Die Griechen provozieren!“ Die öffentlich-rechtliche Berichterstattung über die griechische Staatsschuldenkrise

www.otto-brenner-stiftung.de ­

Eine Studie der Otto Brenner Stiftung Frankfurt am Main 2016


Die Otto Brenner Stiftung …

OBS-Arbeitsheft 87 ISSN-Print 1863-6934 ISSN-Online 2365-2314

... ist die gemeinnützige Wissenschaftsstiftung der IG Metall. Sie hat ihren Sitz in Frankfurt am Main. Als Forum für gesellschaftliche Diskurse und Einrichtung der Forschungsförderung ist sie dem Ziel der sozialen Gerechtigkeit verpflichtet. Besonderes Augenmerk gilt dabei dem Ausgleich zwischen Ost und West.

Herausgeber: Otto Brenner Stiftung Jupp Legrand Wilhelm-Leuschner-Straße 79 60329 Frankfurt am Main Tel.: 069 6693-2810 Fax: 069 6693-2786 E-Mail: info@otto-brenner-stiftung.de www.otto-brenner-stiftung.de

... initiiert den gesellschaftlichen Dialog durch Veranstaltungen, Workshops und Koopera­ tionsveranstaltungen (z.  B. im Herbst die OBS-Jahrestagungen), organisiert internationale Konferenzen (Mittel-Ost-Europa-Tagungen im Frühjahr), lobt jährlich den „Brenner-Preis für kritischen Journalismus“ aus, fördert wissenschaftliche Untersuchungen zu sozialen, arbeitsmarkt- und gesellschaftspolitischen Themen, vergibt Kurzstudien und legt aktuelle Analysen vor.

Autor*innen: Prof. Dr. Kim Otto Professor für Wirtschaftsjournalismus Universität Würzburg Kontakt: kim.otto@uni-wuerzburg.de

... macht die Ergebnisse der Projekte öffentlich zugänglich.

Andreas Köhler, M. A. Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Professur für Wirtschaftsjournalismus Universität Würzburg Kontakt: andreas.koehler1@uni-wuerzburg.de Kristin Baars, B. A. Wissenschaftliche Hilfskraft der Professur für Wirtschaftsjournalismus Universität Würzburg Redaktion: Benedikt Linden Otto Brenner Stiftung Lektorat: Dr. Sabine Giehle TEXT + FAKT, Mainz www.text-und-fakt.de Satz und Gestaltung: www.complot-mainz.de Titelbild: Collage: com.plot, Foto: Fotolia Druck: mww.druck und so ... GmbH, Mainz-Kastel Redaktionsschluss: 29. Juli 2016

... veröffentlicht die Ergebnisse ihrer Forschungsförderung in der Reihe „OBS-Arbeitshefte“ oder als Arbeitspapiere (nur online). Die Arbeitshefte werden, wie auch alle anderen Publikationen der OBS, kostenlos abgegeben. Über die Homepage der Stiftung können sie auch elektronisch bestellt werden. Vergriffene Hefte halten wir als PDF zum Download bereit. ... freut sich über jede ideelle Unterstützung ihrer Arbeit. Aber wir sind auch sehr dankbar, wenn die Arbeit der OBS materiell gefördert wird. ... ist zuletzt durch Bescheid des Finanzamtes Frankfurt am Main V (-Höchst) vom 9. April 2015 als ausschließlich und unmittelbar gemeinnützig anerkannt worden. Aufgrund der Gemeinnützigkeit der Otto Brenner Stiftung sind Spenden steuerlich absetzbar bzw. begünstigt.

Aktuelle Ergebnisse der Forschungsförderung in der Reihe „OBS-Arbeitshefte“

Hinweis zu den Nutzungsbedingungen: Dieses Arbeitsheft darf nur für nichtkommerzielle Zwecke im Bereich der wissenschaftlichen Forschung und Beratung und ausschließlich in der von der Otto Brenner Stiftung veröffentlichten Fassung – vollständig und unverändert – von Dritten weitergegeben sowie öffentlich zugänglich gemacht werden. In den Arbeitsheften werden die Ergebnisse der Forschungsförderung der Otto Brenner Stiftung dokumentiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Für die Inhalte sind die Autorinnen und Autoren verantwortlich. Bestellungen: Über die Internetseite der Otto Brenner Stiftung können weitere Exemplare dieses OBS-Arbeitsheftes kostenlos bezogen werden – solange der Vorrat reicht. Dort besteht auch die Möglichkeit, das vorliegende und weitere OBS-Arbeitshefte als pdf-Datei herunterzuladen. Die Texte der Otto Brenner Stiftung verwenden eine gendersensible Sprache. Es werden entweder geschlechtsneutrale Bezeichnungen gebraucht (z. B. Mitarbeitende) oder auf die Schreibweise mit Gender-Sternchen zurückgegriffen (z. B. Bürger*innen). Diese Schreibweise betont die soziale Konstruktion von Geschlecht und die Vielfältigkeit von Geschlechtsidentitäten.

Spenden erfolgen nicht in den Vermögensstock der Stiftung, sie werden ausschließlich und zeitnah für die Durchführung der Projekte entsprechend dem Verwendungszweck genutzt. Bitte nutzen Sie folgende Spendenkonten: Für Spenden mit zweckgebundenem Verwendungszweck zur Förderung von Wissenschaft und Forschung zum Schwerpunkt: • Förderung der internationalen Gesinnung und des Völkerverständigungsgedankens

Kim Otto, Andreas Köhler, Kristin Baars

„Die Griechen provozieren!“

Die öffentlich-rechtliche Berichterstattung über die griechische Staatschuldenkrise

OBS-Arbeitsheft 86 Lutz Frühbrodt

Content Marketing

Wie „Unternehmensjournalisten“ die öffentliche Meinung beeinflussen

OBS-Arbeitsheft 85*

Sabine Ferenschild, Julia Schniewind

Folgen des Freihandels

Das Ende des Welttextilabkommens und die Auswirkungen auf die Beschäftigten

OBS-Arbeitsheft 84* Fritz Wolf

„Wir sind das Publikum!“

Autoritätsverlust der Medien und Zwang zum Dialog

OBS-Arbeitsheft 83

Thomas Goes, Stefan Schmalz, Marcel Thiel, Klaus Dörre

Gewerkschaften im Aufwind?

Unterstützen Sie unsere Arbeit, z. B. durch eine zweckgebundene Spende

OBS-Arbeitsheft 87

Stärkung gewerkschaftlicher Organisationsmacht in Ostdeutschland

OBS-Arbeitsheft 82

Silke Röbenack, Ingrid Artus

Betriebsräte im Aufbruch?

Vitalisierung betrieblicher Mitbestimmung in Ostdeutschland

OBS-Arbeitsheft 81* Bernd Gäbler

„... den Mächtigen unbequem sein“

Anspruch und Wirklichkeit der TV-Politikmagazine

OBS-Arbeitsheft 80* Wolfgang Merkel

Nur schöner Schein? Bank: IBAN: BIC:

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Demokratische Innovationen in Theorie und Praxis

OBS-Arbeitsheft 79*

Fabian Virchow, Tanja Thomas, Elke Grittmann

„Das Unwort erklärt die Untat“

Die Berichterstattung über die NSU-Morde – eine Medienkritik

OBS-Arbeitsheft 78*

Hans-Jürgen Arlt, Wolfgang Storz

Missbrauchte Politik

„Bild“ und „BamS“ im Bundestagswahlkampf 2013

OBS-Arbeitsheft 77*

Werner Rügemer, Elmar Wigand

Union-Busting in Deutschland

Die Bekämpfung von Betriebsräten und Gewerkschaften als professionelle Dienstleistung

* Printfassung leider vergriffen; Download weiterhin möglich. Diese und weitere Publikationen der OBS finden Sie unter www.otto-brenner-stiftung.de Otto Brenner Stiftung | Wilhelm-Leuschner-Straße 79 | D-60329 Frankfurt/Main


Vorwort

Vorwort

„Die Halbstarken von Athen“ („WAZ“), „Keine weiteren Milliarden für die gierigen Griechen!“ („Bild“) – Schlagzeilen wie diese prägten den Sommer 2015. Der Streit zwischen der Linksregierung in Griechenland und ihren europäischen Gläubigern – vor allem der Bundesregierung – war voll entbrannt. Entsprechend prominent war das Thema in den deutschen Nachrichten präsent. Aber es regte sich auch schnell Kritik an der Art der Berichterstattung. Ein großer Teil der Bevölkerung stand der Berichterstattung vieler deutscher Medien zur griechischen Staatsschuldenkrise kritisch gegenüber und fühlte sich schlecht informiert. Als symptomatisch wurde angesehen, was der ARD-Korrespondent in Brüssel, Rolf-Dieter Krause, in einer Sendung bei Frank Plasberg („hart aber fair“) sagte: „Jetzt kommen aber diese Jungs von Syriza und führen Europa am Nasenring durch die Manege. (…) Wer so vorgeht, gehört zum Teufel gejagt.“ Der Vorwurf der einseitigen Darstellung eines so wichtigen politischen Ereignisses ist aus mehreren Gründen schwerwiegend: Erstens machen Krisen-Zeiten eine besonders kompetente Berichterstattung notwendig. Um sich eine eigene Meinung bilden zu können, müssen die Bürger*innen umfassend und ausgewogen über die Sachverhalte und die politischen Alternativen, die zur Entscheidung stehen, informiert werden. Zweitens reiht sich diese Kritik ein in den Kontext eines allgemeinen Verlustes des Vertrauens in die mediale Berichterstattung. Doch dieser Vertrauensverlust führt nicht nur zu fundierter, begründeter Kritik, die als Korrektiv der Entwicklung dienen könnte. Auch die „Lügenpresse“- und „Gleichschaltung“-Rufer – unerträglich historisch parallelisierend und pauschalisierend – bekommen damit neuen Auftrieb. Viele Redakteur*innen und Redaktionen reagieren mit Abwehr, ein Verhalten, das dann häufig selbst pauschal weiter gegen Kritik immunisiert. In dieser vertrackten Situation erscheint es der Otto Brenner Stiftung umso wichtiger, die Polarisierung in der Medienkritik zu durchbrechen: weder sollten bedenkliche Entwicklungen, verursacht durch persönliche Verfehlungen und strukturelle Defizite, in der Medienbranche eine pauschale Verurteilung der dort arbeitenden Menschen und „der“ Presse zur Folge haben. Noch darf die Lautstärke der rechtspopulistischen und verschwörungstheoretischen Rufer zum Verzicht auf (auch durchaus radikale) Medienkritik führen. Im Gegenteil: Mehr denn je bedarf es nun sachlicher und gut argumentierender Kritik, die auf der Sorge vor dem Verlust der für eine Demokratie so wichtigen Kontrollfunktion der Medien gegenüber den Mächtigen in Wirtschaft und Politik beruht. Nur so können Fehlentwicklungen präzise benannt, diejenigen in der Medienbranche, die tatsächlich keinerlei Verantwortung für Fehlleistungen trifft, vor pauschaler Kritik geschützt und notwendige Ansatzpunkte für Veränderung aufgezeigt werden.

1


„Die Griechen provozieren!”

Vor diesem Hintergrund legt die OBS eine breit angelegte Untersuchung über die Berichterstattung der wichtigsten öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen im deutschen Fernsehen zur griechischen Staatsschuldenkrise im Jahr 2015 vor. Untersucht wurden die täglichen Hauptausgaben von „Tagesschau“ und „heute“ sowie die Sondersendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“ zum Thema Griechenland. Die Autor*innen unserer Studie haben bereits für die Hans-Böckler-Stiftung (HBS) die Berichterstattung zur griechischen Staatsschuldenkrise im ersten Halbjahr 2015 in wichtigen deutschen Tageszeitungen sowie im Internet-Portal Spiegel Online (SPON) untersucht. Ein Ergebnis: Die Berichterstattung zur griechischen Staatsschuldenkrise war wenig tiefgründig und stark wertend. Unsere OBS-Studie, die auf eine einzigartige Fülle an empirischem Material zurückgreifen kann, identifiziert ebenfalls erhebliche Probleme in der Qualität der TV-Berichterstattung. Während die Berichterstattung der Nachrichtensendungen die Relevanz des Themas angemessen widerspiegelte und hier auch das Kriterium der Vielfalt erfüllt wurde, zeigten sich Mängel bei den Kriterien der Neutralität, der Ausgewogenheit und der analytischen Qualität. Die Berichterstattung blieb im Untersuchungszeitraum auf ganz wenige Themen fokussiert, Journalist*innen ließen oft eigene Bewertungen in Nachrichten und Berichte einfließen und die Tonalität über alle Beiträge hinweg war deutlich zuungunsten der Position der griechischen Regierung. Der in vielen öffentlichen Debatten formulierte Eindruck der einseitigen Berichterstattung wird von der vorliegenden Studie also (teilweise) empirisch untermauert. Aufgrund der festgestellten Verfehlungen bei zentralen Qualitätskriterien müssen sich die öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen fragen lassen, ob sie immer ihrem gesetzlichen Auftrag nachkommen und ihrem journalistischen Anspruch gerecht werden. Ein funktionierender öffentlich-rechtlicher Rundfunk ist für die gelebte Vielfalt einer engagierten Zivilgesellschaft und die Stabilität eines demokratischen Gemeinwesens von überragender Bedeutung. Ausgewogenheit, Neutralität und Tiefe in der Berichterstattung sind wichtig und müssen garantiert werden. Wir hoffen, dass unsere Studie einen Teil dazu beiträgt, dass über belegbare Defizite wieder fair gestritten wird und sie konstruktive Bemühungen unterstützt, aus erkannten Fehlern zu lernen und besser zu werden in der Berichterstattung – auch und besonders über Griechenland-Krise und Euro-Debatte hinaus.

Jupp Legrand Geschäftsführer der OBS

2

Frankfurt am Main, im Juli 2016


Inhalt

Inhalt

1 Einleitung................................................................................................................. 5 2

Stand der Forschung................................................................................................. 9 2.1 Fernsehnachrichten und Qualität.....................................................................................9 2.2 Berichterstattung zu den jüngsten Finanz- und Schuldenkrisen.......................................11

3

Qualität in Fernsehnachrichten................................................................................ 14 3.1 Fernsehnachrichten in Deutschland............................................................................... 14 3.2 Qualitätskriterien für Fernsehnachrichten...................................................................... 16

4 Forschungsdesign.................................................................................................. 26 4.1 Zielsetzung und Fragestellungen...................................................................................26 4.2 Methode....................................................................................................................... 27 4.3 Operationalisierung/Erläuterung von Begrifflichkeiten und Konzepten........................... 27 4.4 Materialbasis................................................................................................................ 31 4.5 Durchführung................................................................................................................ 34 4.6 Reliabilität, Validität und Neutralität der Untersuchung.................................................. 34

5

Ergebnisse der Untersuchung..................................................................................37 5.1 Relevanz des Themas.................................................................................................... 37 5.2 Vielfalt der Akteure in der Berichterstattung................................................................... 45 5.3 Ausgewogenheit in der Berichterstattung...................................................................... 47 5.3.1 Akteursausgewogenheit.................................................................................... 48 5.3.2 Bewertungsausgewogenheit............................................................................... 57 5.4 Neutralität der Berichterstattung................................................................................... 77 5.5 Analytische Qualität der Darstellung der griechischen Reformagenda

in der Berichterstattung................................................................................................. 83 5.5.1 Politikfelder in der Nachrichtenberichterstattung.................................................84 5.5.2 Berichterstattung über konkrete Reformvorschläge...............................................90 5.5.3 Andere Themen im Fokus der Berichterstattung.................................................... 97

3


„Die Griechen provozieren!�

6

Zusammenfassung der Ergebnisse......................................................................... 103 6.1 Ergebnisse fĂźr die gesamte Nachrichtenberichterstattung ............................................103 6.2 Vergleich der untersuchten Nachrichtensendungen...................................................... 106 6.3 Schlussfolgerungen .....................................................................................................110

Anhang..................................................................................................................111 Literaturverzeichnis.............................................................................................................112 Tabellarischer Anhang......................................................................................................... 115 Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen............................................................................123 Hinweise zu den Autor*innen.............................................................................................. 126

4


Einleitung

1 Einleitung

Die griechische Staatsschuldenkrise war im

tios 2015: 82). Die Regierung in Athen musste

Jahr 2015 eines der zentralen Themen der Fern-

sich jedoch, um weitere Hilfen zu bekommen,

sehberichterstattung in Deutschland. Nach der

zu Spar- und Reformauflagen sowie zur wei-

Flüchtlingskrise wurde über kein Thema so in-

teren Zusammenarbeit mit EU, EZB und IWF

tensiv berichtet (Krüger/Zapf-Schramm 2016:

bekennen. Am 24. Februar reichte die griechi-

85). In mehr als jeder dritten Nachrichtensen-

sche Regierung eine Liste mit Reformen bei

dung von ARD und ZDF wurde die griechische

der EU ein, die grünes Licht für weitere Kre-

Staatsschuldenkrise thematisiert. In über 19

ditauszahlungen bis Ende Juni gab. Bis dahin

Stunden befassten sich die Nachrichtensen-

musste die griechische Regierung die Regie-

dungen im Jahr 2015 mit dem Thema. Daran

rungen der EU-Staaten und den IWF von einer

ist die hohe Relevanz der griechischen Staats-

Verlängerung der Finanzhilfen überzeugen. In

schuldenkrise für die Berichterstattung in der

der Nacht zum 27. Juni 2015 brach Regierungs-

deutschen Nachrichtenberichterstattung er-

chef Alexis Tsipras die Verhandlungen ab und

kennbar. Das lag sicher auch an den Ereignis-

setzte ein Referendum an. Die Griech*innen

sen in Griechenland.

sollten über einen Reformentwurf der Institu-

Nachdem Griechenland aufgrund seiner

tionen EU, IWF und EZB abstimmen. In diesem

hohen Staatsverschuldung und eines hohen

Referendum wurde, bei einer Wahlbeteiligung

Haushaltsdefizites von über zwölf Prozent im

von 62,5 Prozent, der Vorschlag mit 61,3 Pro-

Jahr 2009 die Zahlungsunfähigkeit drohte, be-

zent der gültigen Stimmen abgelehnt. In Folge

antragte das Land im Jahr 2010 Finanzhilfen

des Abbruchs der Verhandlungen und der sich

internationaler Geldgeber. Daraufhin wurden

verschärfenden wirtschaftlichen Lage wurden

von der Europäischen Zentralbank (EZB), der

Kapitalverkehrskontrollen mit deutlichen Be-

EU und dem Internationalen Währungsfonds

lastungen der griechischen Bevölkerung und

(IWF) (auch „Troika“ oder „Institutionen“ ge-

Wirtschaft eingeführt. Am 12. Juli 2015 einig­­­­ten

nannt) in den folgenden Jahren Kredite und

sich die Staats- und Regierungschefs und -che-

Bürgschaften im Umfang von mehreren Hun-

finnen der Eurozone schließlich einstimmig auf

dert Milliarden Euro vergeben. Diese Finanzhil-

Rahmenbedingungen für ein drittes Programm.

fen waren an strenge Sparauflagen geknüpft.

Einige Mitglieder des Syriza-Bündnisses tru-

Am 25. Januar 2015 wurden in Griechenland

gen den neuen Spar- und Reformkurs von

ein neues Parlament und eine neue Regierung

Alexis Tsipras jedoch nicht mit. Er trat am 20.

gewählt. Das Linksbündnis Syriza um Partei-

August 2015 von seinem Amt zurück. Am 20.

chef Alexis Tsipras gewann die Wahl. Alexis

September 2015 kam es zu Neuwahlen, wel-

Tsipras wollte die Sparauflagen der internatio-

che wiederum das von Alexis Tsipras geführte

nalen Geldgeber lockern, die Austeritätspolitik

Syriza-Bündnis gewann.

beenden, Privatisierungen zurückfahren und

Deutschland nahm als größter Geldgeber

die Kreditvereinbarungen neu verhandeln (Ko-

innerhalb der Eurogruppe eine besondere Rol-

5


„Die Griechen provozieren!”

le im Konflikt mit Griechenland ein. Im zweiten

len für das ZDF-Politbarometer (Forschungs-

Hilfspaket wurden 142,7 Milliarden Euro an

gruppe Wahlen 2015). 70 Prozent der Befragten

Griechenland ausgezahlt. 11,8 Milliarden da-

waren im Juni 2015 gegen weitere Zugeständ-

von kamen vom IWF, die restlichen 130,9 Milli-

nisse der EU an Griechenland. Betrachtet man

arden von dem europäischen Rettungsschirm.

Demoskopie als Messinstrument der öffentli-

Nachdem Griechenland, Irland und Portugal als

chen Meinung (vgl. Otto 2001: 59; Raupp 2007:

Bürgen ausfielen, stieg der deutsche Anteil auf

53), so ist während des ersten Halbjahres die

etwa 29 Prozent – im Fall des zweiten Griechen-

Zustimmung zu finanziellen Hilfen für Grie-

land-Pakets entspricht das knapp 38 Milliarden

chenland in der öffentlichen Meinung stark zu-

Euro (Bundesministerium der Finanzen 2015).

rückgegangen. Die Akteure des Wirtschaftssys-

In den Verhandlungen trat die deutsche

tems, insbesondere aus der Finanzwirtschaft,

Regierung hart für eine Reduzierung der

und die Akteure aus dem politischen System

Staatsverschuldung durch Einsparungen, Pri-

verloren an Vertrauen in der Bevölkerung.

vatisierungen und Steuererhöhungen ein. Fi-

Die öffentliche Meinung wird durch Mas-

nanzminister Schäuble drohte zeitweise mit

senmedien maßgeblich beeinflusst. Verunsi-

einem Euro-Austritt Griechenlands auf Zeit. Die

cherung in der Bevölkerung kann ihre Ursache

Mehrheit der Eurostaaten im Minister*innenrat

demnach auch in der massenmedialen Bericht-

folgte der politischen Linie der deutschen Re-

erstattung haben. Nachrichtensendungen gel-

gierung, die zur Lösung der Staatsschulden-

ten als Herzstück der Informationssendungen

krise auf Austeritätspolitik setzte. Die EU-Kom-

im Fernsehen. Ihnen wird ein hohes Maß an

mission und auch die französische Regierung

Glaubwürdigkeit und größte Beachtung von der

wollten Griechenland auf jeden Fall im Euro

Öffentlichkeit entgegengebracht. Ihr „offiziöser

halten und waren dementsprechend stärker zu

Nimbus“ suggeriere eine neutrale und vollstän-

Zugeständnissen bereit. Der IWF trat hart und

dige Berichterstattung (vgl. Faulstich 2008: 78).

streng gegenüber der griechischen Regierung

Über die Fernsehnachrichten wird ein wesent-

auf und forderte weitreichende Strukturrefor-

licher Teil der Öffentlichkeit hergestellt, durch

men als Grundlage für weitere Kredite.

welche die Bürger*innen am öffentlichen Dis-

Meinungsumschwung

Während des Jahres 2015 konnte ein Mei-

kurs beteiligt werden und sich eine Meinung

im Jahr 2015

nungsumschwung in der deutschen Bevöl-

über die relevanten Themen bilden können.

kerung beobachtet werden. Waren im Januar

Verbunden sind damit die Forderungen nach

55 Prozent der Deutschen für einen Verbleib

der Trennung von Nachrichten und Meinung,

Griechenlands im Euro und 33 Prozent dage-

nach Verständlichkeit, kritischer Distanz, Hin-

gen, so wollten im Juni nur noch 41 Prozent,

tergrundberichterstattung, Vielfalt und Ausge-

dass Griechenland den Euro behält, 51 Prozent

wogenheit, denn Fernsehnachrichten gelten als

waren dagegen. Diesen Meinungsumschwung

Teil der alltäglichen Kommunikationskultur (vgl.

zeigen Umfragen der Forschungsgruppe Wah-

Meckel/Kamps 1998: 11; Faulstich 2008: 79).

6


Einleitung

Flaggschiffe der Nachrichtensendungen

lierten Leistungsvorgaben sind die Grundlage

in Deutschland sind die „Tagesschau“ in der

seiner Existenzberechtigung. Der öffentlich-

öffentlich-rechtlichen ARD sowie die Sendung

rechtliche Rundfunk ist zur Ausgewogenheit

„heute“ des öffentlich-rechtlichen ZDF. Die bei-

verpflichtet. Dazu gehören das Gebot einer

den Nachrichtensendungen erreichen täglich

fairen und unabhängigen Berichterstattung

fast 13 Millionen Zuschauer*innen.

und die Verpflichtung zur Überparteilichkeit.

Die Berichterstattung der ARD stand in Wirt-

Die Abbildung verschiedener Meinungen im

schaftskrisen zuletzt in der Kritik. „Es mangelt

Programm soll insgesamt ausgewogen sein.

nach unseren Analysen an der Einhaltung von

Diese Vorgaben gelten in besonderem Maße

journalistischen Grundfertigkeiten“, fassten

für Nachrichten und politische Sendungen. Au-

Arlt und Storz (2010: 151) ihre Untersuchung

ßerdem sind die Nachrichtensendungen dem

der ARD-Berichterstattung zu Krisenereignis-

Gebot der Neutralität verpflichtet und sollen

sen zusammen. Gäbler (2015) kritisierte die

den Bürger*innen wesentliche Hintergrundin-

politischen Magazine in der ARD und dem ZDF

formationen zur Meinungsbildung liefern.

und forderte mehr Hintergrundinformation und mehr Meinungsdebatten.

Im Mittelpunkt dieser Studie steht daher die Frage, wie über die griechische Staats-

Dabei geht es für den öffentlich-rechtlichen

schuldenkrise in den Nachrichtensendungen

Rundfunk um die für ihn wesentliche Frage, ob

des öffentlich-rechtlichen Rundfunks berichtet

er seinen gesetzlichen Auftrag erfüllt. Die Leis-

wurde. Hierzu zählen die Sendungen „Tages-

tungsanforderungen an den öffentlich-rechtli-

schau“ und „heute“ sowie die Sondersendun-

chen Rundfunk sind mehr oder weniger explizit

gen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“, die bei

in den Rechtsgrundlagen für den Rundfunk in

besonderen Ereignissen die Hauptnachrich-

der Bundesrepublik Deutschland formuliert: in

tensendungen ergänzen. Untersucht wird, ob

der Verfassung, in den Landesrundfunkgeset-

die Anforderungen an Neutralität, Ausgewo-

zen und Rundfunkstaatsverträgen und in der

genheit, Vielfalt und Hintergrundberichterstat-

Rechtsprechung des Bundesverfassungsge-

tung eingehalten wurden.

richts. Der Rundfunk wird dabei als Medium

Dieser Ergebnisbericht führt zunächst in

und Faktor der öffentlichen Meinungsbildung

den Stand der Forschung zur Qualität von Fern-

betrachtet, der eine Reihe von Anforderungen

sehnachrichten ein. Anschließend werden die

erfüllen muss. Die Funktion der Meinungsbil-

relevanten Kriterien für Qualität im Fernsehen

dung sieht der Gesetzgeber nur dann erfüllt,

herausgearbeitet und erläutert. Als Grundlage

wenn die angebotenen Informationen „breit“,

wird zudem die Bedeutung von Fernsehnach-

„vollständig“ und „ausgewogen“ sind (BVerfGE

richten für Öffentlichkeit und Gesellschaft be-

12, 205).

schrieben. Darauf aufbauend werden die Ziel-

Die gesetzlichen Vorgaben für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und die darin formu-

Leistungsanforderungen an den Rundfunk

setzung und die Forschungsfragen der Studie detaillierter dargelegt.

7


„Die Griechen provozieren!”

Anschließend daran werden das Untersu-

Vermittlung von Meinungen und die Thema-

chungsdesign und das methodische Vorgehen

tisierung der griechischen Reformpolitik. Im

der Studie erläutert. Den größten Teil dieser

abschließenden Fazit werden die Erkenntnisse

Studie nimmt die Ergebnisdarstellung ein. Sie

hinsichtlich der Fragestellungen systematisch

orientiert sich an den zentralen Forschungs-

zusammengefasst und die Bedeutung der Er-

fragen und beleuchtet die Berichterstattungs-

gebnisse interpretiert und diskutiert.

intensität, die Darstellung von Akteuren, die

8


Stand der Forschung

2 Stand der Forschung

Im Folgenden soll der Stand der wissenschaft-

die Professionalität, die auf inhaltlicher

lichen Forschung zum Untersuchungsobjekt

Ebene insbesondere journalistische Pro-

dieser Studie, den Fernsehnachrichten, und

fessionalität meint und somit u. a. Sachge-

zum Untersuchungsgegenstand, der Berichter-

rechtigkeit, Ausgewogenheit, analytische

stattung zur griechischen Staatsschuldenkri-

Qualität und Neutralität beinhaltet.

se, dargestellt werden. Dabei werden jeweils Studien und Ergebnisse herausgestellt, die

Eine Reihe von Studien baut auf diesem Ansatz

die Qualität der Berichterstattung in den Fo-

auf (vgl. Daschmann 2009). Eine Auswahl soll

kus nehmen.

im Folgenden kurz vorgestellt werden. Eine Inhaltsanalyse der gesamten Nachrich-

2.1 Fernsehnachrichten und Qualität

tenangebote von ARD, ZDF, RTL und Sat.1 in zwei Kalenderwochen der Jahre 1992, 1998

Die kommunikations- und politikwissenschaft-

und 2001 auf Grundlage der von Schatz und

liche Forschung hat kaum ein anderes journa-

Schulz aufgestellten Kriterien von Qualität

listisches Produkt so intensiv beforscht wie die

führte Maurer (2005) durch. Er kam zum

Fernsehnachrichten. Sie gelten als die Gattung

Ergebnis, dass der Nachrichtenanteil, die

mit der höchsten Reputation und der größten

Programm-, Format- und Themenvielfalt bei

sozialen Relevanz. Das führte zu einem norma-

den öffentlich-rechtlichen Sendern erheb-

tiven Erwartungsdruck seitens der politischen

lich höher ist als bei den privaten Sendern.

Öffentlichkeit, weil die Fernsehnachrichten

Unter den Akteuren werden Regierungen

den öffentlichen Diskurs mitbestimmen. Die

und Regierungsparteien bevorzug. Bei den

Frage nach der Qualität von Fernsehnachrich-

Nachrichten von ARD und ZDF stammen je-

ten wurde zu einem Hauptthema der wissen-

weils 62 Prozent der O-Töne aus dem Re-

schaftlichen Beschäftigung mit Journalismus

gierungslager. Maurer überprüfte auch die

im Fernsehen.

Trennung von Nachricht und Meinung. Die-

Zur Qualität von Fernsehprogrammen ent-

se sei bei ARD und ZDF besser erfolgt als

wickelten u. a. Schatz und Schulz (1992) als

bei den privaten Fernsehsendern. In den

Erste auf Grundlage einer Exegese von Geset-

Hauptnachrichten der ARD wurden 2001 in

zestexten und Urteilen eine Systematik rele-

16 Prozent der analysierten Beiträge expli-

vanter Qualitätskriterien für den öffentlich-

zite Bewertungen durch Journalist*innen

rechtlichen Rundfunk. Zentral sind die

vorgenommen, im ZDF in 29 Prozent der

Vielfalt des Programms, die auf Strukturen, Inhalte, Akteure und Themen abzielt

Intensiv beforscht

Fälle. Krüger (2015) untersuchte regelmäßig im

die Relevanz des Programms und der aus-

Auftrag der ARD/ZDF-Medienkommission

gewählten mediatisierten Botschaften so-

die Programme von ARD, ZDF, RTL, Sat.1

wie

und Pro Sieben und wertete die Programm-

9


„Die Griechen provozieren!”

schemata aus. Er maß den Nachrichten-

cinkowski (1997) in einer Langzeitstudie

anteil, aber auch die Anteile von Politik,

von 1986 bis 1994. Im Mittelpunkt ihrer Un-

Konvergenz und

Sport, Boulevard und anderen Themen im

tersuchung standen Präsentationsweisen

Boulevardisierung

Programm. Er kommt dabei zu dem Befund,

von Information wie Attraktivität, Sprache,

dass die öffentlich-rechtlichen Sender ihren

Zuschauer*innennähe, Sendungsaufbau

Politikanteil langsam verringern und den

und Filmsprache. Trotz der Etablierung

privaten Sendern angleichen – der Anteil

des privaten Rundfunks konnten sie eine

der Politikberichterstattung ist jedoch auch

Angleichung (Konvergenz) und Entpolitisie-

weiterhin dominierend bei ARD und ZDF.

rung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

Eine ähnlich angelegte Studie erfolgt seit

nicht feststellen. Eine Boulevardisierung

1997 regelmäßig durch Weiß et al., die im

von Informationssendungen finde im öf-

Auftrag der Arbeitsgemeinschaft der Lan-

fentlich-rechtlichen Rundfunk nicht statt,

desmedienanstalten (vgl. ALM 2014) u. a.

ist ihr Befund.

Aspekte der Nachrichtenqualität öffentlichrechtlicher und privater Fernsehsender ver-

öffentlich-rechtlichen

gleichen. Auch hier stehen Programmsche-

gramme und einem damit verbundenen

mata und Themengebiete im Mittelpunkt

Qualitätsverlust stand zuletzt häufiger im

der Untersuchung, verglichen werden u. a.

Fokus der Forschung. Donsbach und Bütt-

die Anteile von „politischer Publizistik“. Sie

ner (2005) untersuchten Boulevardisie-

kommen zum Ergebnis, dass die politische

rungstrends in Nachrichtensendungen von

Fernsehpublizistik im Ersten Programm der

ARD und ZDF zu den Bundestagswahlen in

ARD ein deutlich größeres Gewicht hat als

den Jahren 1983, 1990 und 1998. Sie un-

im ZDF. Die Differenz zwischen beiden Pro-

tersuchten, ob die Nachrichtensendungen

grammen beträgt fast eine Programmstun-

zum Negativismus in der Berichterstattung

de pro Tag. In beiden öffentlich-rechtlichen

tendieren, noch angemessene Hintergrund-

Sendern ist der Anteil politischer Fernsehin-

berichterstattung liefern, dem Gebot der

formationen am Programm jedoch erkenn-

Neutralität folgen und Nachricht und Mei-

bar höher als in den privaten Programmen.

nung nicht vermischen. Eine geringere Hin-

Analysen und Bewertungen zu Qualitäts-

tergrundberichterstattung konnten sie für

kriterien, wie der Ausgewogenheit von Ak-

ARD und ZDF nicht feststellen ebenso we-

teuren, Themen, analytischen Qualität und

nig wie einen Trend zum verstärkten Nega-

Neutralität, auf Beitragsebene werden je-

tivismus, also zur Darstellung von Themen

doch nicht vorgenommen.

mit negativer Valenz. Sie schließen daraus,

Die thematische und inhaltliche Struktur politischer

10

Die Frage einer Boulevardisierung der

Informationssendungen

Nachrichtenpro-

dass hoher Negativismus keine Entwicklung

im

im Untersuchungszeitraum sei. Feststellen

Fernsehen untersuchten Bruns und Mar-

konnten sie hingegen einen signifikanten


Stand der Forschung

Anstieg der Beiträge, in denen Nachricht

prüfen ist, ob diese Befunde – eine vielfältige,

und Meinung vermischt wurden, und damit

ausgewogene, hintergründige Nachrichtenbe-

eine Verletzung des Neutralitätsgebotes.

richterstattung der öffentlich-rechtlichen Pro-

Im ZDF enthielten 1998 immerhin 17 Prozent

gramme, die jedoch Mängel in der Neutralität

der Meldungen wertende Aussagen (Dons-

aufweist – auch auf die Berichterstattung zur

bach/Büttner 2005: 34 f.).

griechischen Staatsschuldenkrise zutreffen.

Leidenberger (2015: 292) untersuchte zu-

Bisherige Studien zur Qualität untersu-

letzt die Nachrichtensendungen Deutsch-

chen vielfach komplette Programmstrukturen

lands und Frankreichs im Vergleich hin-

und Sendungen. Analysen zur Qualität auf Bei-

sichtlich Boulevardisierungstendenzen und

tragsebene sind indes selten und zeichnen,

konnte erhebliche Unterschiede der Sen-

wie die oben dargestellte Erhebung von Dons-

dung „heute“ zur „Tagesschau“ feststellen.

bach und Büttner (2005), ein ambivalenteres

Themen, Stil und Aufmachung von „heute“

Bild der Nachrichten im öffentlich-rechtlichen

ähneln stark den privaten TV-Nachrichten

Rundfunk. Untersuchungen, wie jenseits der

und weisen einen Trend zur Boulevardisie-

Wahlberichte mit Qualitätskriterien in Beiträ-

rung auf.

gen zu politischen und wirtschaftlichen Krisen umgegangen wird, fehlen indes. Anhand der

Bisherige Studien lassen also erkennen, dass

Analyse der Berichterstattung zur griechischen

die Qualität von Nachrichtensendungen im

Staatsschuldenkrise in den Fernsehnachrich-

öffentlich-rechtlichen Rundfunk höher ist als

tensendungen „Tagesschau“ und „heute“ so-

bei den privaten Programmen. Der Anteil po-

wie den Sondersendungen „ZDF spezial“ und

litischer Informationen ist höher als bei den

„Brennpunkt“ soll diese Forschungslücke ge-

privaten Sendern, was für eine intensivere

schlossen werden.

Hintergrundberichterstattung

spricht.

Die

Nachrichten von ARD und ZDF gelten als ausgewogen und beziehen vielfältige Akteure mit ein. Sie fokussieren jedoch auf Regierungsak-

2.2 Berichterstattung zu den jüngsten Finanz- und Schuldenkrisen

teure. Kritisch kann hingegen die festgestellte

Neben dem Objekt dieser Untersuchung – den

Vermischung von Nachricht und Meinung gese-

Fernsehnachrichten von ARD und ZDF – soll

hen werden, die in mehreren Studien auch bei

auch der Stand der Forschung zum Gegen-

Verstöße gegen

den Nachrichten von ARD und ZDF festgestellt

stand – der Berichterstattung zur griechischen

Neutralitätsgebot

wurde. Diese Verstöße gegen das Neutralitäts-

Staatsschuldenkrise – dargestellt werden. Bis-

gebot treten in den öffentlich-rechtlichen Pro-

her gibt es vereinzelte wissenschaftliche Un-

grammen zwar seltener auf als bei den priva-

tersuchungen zur medialen Berichterstattung

ten, widersprechen aber dennoch der gebote-

zu den jüngsten Finanz- und Schuldenkrisen

nen journalistischen Professionalität. Zu über-

in der deutschen Öffentlichkeit aus verschie-

11


„Die Griechen provozieren!”

denen Perspektiven. Die meisten Erhebungen

Ebenfalls um Ausgewogenheit und Vielfalt

bezogen sich auf die Eurokrise 2010 oder die

der Berichterstattung ging es in einer Studie

Finanzkrise in davorliegenden Jahren (vgl.

von Arlt und Storz (2010). Sie untersuchten

Schlosser 2013; Schranz/Eisenegger 2011;

die Berichterstattung vor und während der

Schranz et al. 2010; Seiffert/Fähnrich 2012).

globalen Krise der großen Spekulation an-

Für diese Studie relevant sind insbesondere Er-

hand 16 verschiedener Einzelereignisse –

kenntnisse zur Qualität der Berichterstattung,

vom Rücktritt Oskar Lafontaines als Finanz-

die im Folgenden kurz benannt werden. Die-

minister im März 1999 bis zum G20-Gipfel

se Aspekte finden sich kaum in den zentralen

in Pittsburgh im September 2009 – und be-

Fragestellungen bisheriger Studien, werden

fassten sich auch mit Qualitätsmerkmalen.

jedoch in einigen Untersuchungen mit aufge-

Sie zeigten, dass die tagesaktuellen Mas-

griffen.

senmedien über Jahre hinweg das Thema

Bach, Weber und Quiring (2012) untersuch-

Finanzmärkte und Finanzmarktpolitik igno-

ten Deutungsmuster in der Finanzkrise

riert haben und damit ihrer Rolle als Früh-

2008 in deutschen Tageszeitungen mittels

warnsystem der Gesellschaft nicht gerecht

qualitativer und quantitativer Inhaltsana-

wurden. Die Journalist*innen haben sich

lyse. Die traditionellen Qualitätszeitungen

meist intensiv um die Perspektive der Anbie-

(vor allem „Frankfurter Allgemeine Zeitung“

ter von Finanzmarktprodukten und der An-

und „Süddeutsche Zeitung“) orientierten

leger gekümmert. Die volkswirtschaftliche

sich dabei wechselseitig an der Krisendeu-

und finanzmarktpolitische Dimension wur-

tung der jeweils anderen. Erkennbar war

de dagegen stark vernachlässigt. Die Studie

eine Themenhomogenität, die Ausdruck

zeigt außerdem, dass die Journalist*innen

mangelnder Hintergrundberichterstattung

in den Redaktionen perspektivenarm arbei-

ist.

teten, sich weitestgehend auf Regierungen

Schlosser (2013) befasste sich mit der Be-

12

und BankenVertreter*innen fokussierten.

richterstattung in der Eurokrise 2010 und

Schranz et al. (2010) untersuchten die Wirt-

fragte u. a. nach dem Ausmaß der Bezü-

schaftsberichterstattung in der „Neuen

ge zu Griechenland. Sie stellte fest, dass

Zürcher Zeitung“, dem „Tages-Anzeiger“

Griechenland die Berichterstattung in der

und der Boulevardzeitung „Blick“ und

Eurokrise auch in den Qualitätsmedien

schlussfolgern: „Die seismografische Funk-

dominierte. Die Schuldigen für die Eurokri-

tion, frühzeitig vor der Finanzmarktkrise zu

se wurden in Griechenland gesucht. Dem

warnen, wurde von den Schweizer Medien

Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ konnte

nicht erfüllt“ (Schranz et al. 2010: 2). Die

Schlosser eine Einseitigkeit der Berichter-

Journalist*innen vertrauten zu stark den

stattung und somit einen Mangel an Ausge-

Selbstheilungskräften des Marktes, wo-

wogenheit nachweisen.

durch eine differenzierte Reflexion über die


Stand der Forschung

Balance zwischen Regulation, Deregulation

Prozent der Fälle auch in den untersuchten

und Ordnungspolitik in der Wirtschaftsbe-

Nachrichten und kürzeren Berichten. Als

richterstattung in den Hintergrund geraten

objektive Darstellungsformen sollten Nach-

sei. Die Wirtschaftsberichterstattung sei

richten und Berichte frei von Meinungen

ihrer Analyse zufolge nicht in der Lage ge-

der Journalist*innen sein. Die Ergebnisse

wesen, die globale Wirtschaftskrise reflexiv

sprechen für eine Auflösung der berufs-

adäquat zu begleiten. Der Wirtschaftsjour-

ethischen Trennungsnorm von Nachricht

Trennung von

nalismus orientiere sich zu stark an spek-

und Meinung in einer Vielzahl von Beiträ-

Nachricht und Meinung

takulären Einzelereignissen und Perso-

gen zur griechischen Staatsschuldenkrise.

löst sich auf

nenskandalen und befasse sich zu wenig

Die Berichterstattung war auch in ihrer Ge-

mit Hintergründen komplexer Wirtschafts-

samtheit nicht ausgewogen zwischen un-

prozesse, insbesondere deren Ursachen

terschiedlichen Positionen und Meinungen.

und Folgen. Es fehlt demnach vor allem an

Spezifische Reformvorschläge und -ziele

der analytischen Qualität.

wurden indes nur selten aufgegriffen. Viel-

In einem Forschungsprojekt in Zusammen-

fach fand eine differenzierte Hintergrund-

arbeit mit dem Institut für Makroökonomie

berichterstattung zu den Reformvorhaben

und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-

der griechischen Regierung nicht statt. Die

Böckler-Stiftung untersuchten Otto und

Reformvorschläge wurden nur oberflächlich

Köhler (2016) von Juli bis September 2015

und nicht ausführlich behandelt.

in einer Vollerhebung die Berichterstattung deutscher Tageszeitungen zur griechischen

Auf der Grundlage der referierten Studien kann

Staatsschuldenkrise im ersten Halbjahr

die Frage abgeleitet werden, ob die festgestell-

2015. Es wurden bei der Boulevardzeitung

ten Phänomene – fehlende Trennung von Nach-

„Bild“, aber auch bei den untersuchten

richt und Meinung, fehlende Ausgewogenheit,

Qualitätsmedien „Süddeutsche Zeitung“,

geringe Hintergrundberichterstattung und so-

„Frankfurter Allgemeine Zeitung“, „Welt“

mit Mängel in der analytischen Qualität sowie

und „taz“ sowie beim Online-Portal „Spie-

eingeschränkte Akteursvielfalt – sich auch in

gel Online“ eine mehrheitlich meinungs-

anderen zentralen Mediengattungen wie den

orientierte und wertende Berichterstattung

Fernsehnachrichten wiederfinden. Hierzu gibt

vorgefunden. Journalist*innen nahmen

es in Bezug auf die griechische Staatsschul-

dabei auch selbst eine Position ein, in 28

denkrise bislang keine Befunde.

13


„Die Griechen provozieren!”

3 Qualität in Fernsehnachrichten

Im folgenden Abschnitt soll die Bedeutung der

täglichen Kommunikationskultur (vgl. Meckel/

Fernsehnachrichten in Deutschland erläutert

Kamps 1998: 11). Dies gilt auch noch in Zeiten

werden. Daran anschließend wird die wissen-

von Internet und Social Media, wie die steigen-

schaftliche Diskussion über Qualität in Fern-

den Zuschauer*innenzahlen der Nachrichten-

sehnachrichten abgebildet und für die Unter-

sendungen „Tagesschau“ und „heute“ zeigen

suchung relevante Qualitätskriterien erläutert.

(vgl. Tabelle 1). In Westdeutschland ging am 20. Dezember

3.1 Fernsehnachrichten in Deutschland

14

1952 erstmals die „Tagesschau“, produziert vom Nordwestdeutschen Rundfunk (NWDR), auf

Fernsehnachrichten erfüllen wichtige Funktio-

Sendung. Heute wird die Sendung vom Nord-

nen in einer Demokratie. Diese ergeben sich

deutschen Rundfunk (NDR) für alle Anstalten

aus der Zielformulierung für den öffentlich-

der ARD produziert. Sie läuft parallel um 20 Uhr

rechtlichen Rundfunk des Bundesverfassungs-

im Programm der ARD und auf allen dritten Pro-

gerichts und den Gesetzesgrundlagen. Sie

grammen sowie auf Phoenix und 3sat. Mit der

dokumentieren, archivieren, ordnen und ver-

„Tagesschau“ ist die Hauptausgabe um 20 Uhr

mitteln tagesaktuelle Informationen für ihre

gemeint. Darüber hinaus gibt es weitere Aus-

Zuschauer*innen und erfüllen damit maßgeb-

gaben im Tagesverlauf und seit 1997 mehrmals

lich eine Informationsaufgabe für die Gesell-

pro Stunde bei tagesschau24 (vormals EinsEx-

schaft. Nachrichten werden Ereignisse erst,

tra). Die „Tagesschau“ ist die Nachrichtensen-

wenn sie aus einer Gesamtheit an Geschehnis-

dung mit der stärksten Reichweite in Deutsch-

sen zur Berichterstattung ausgewählt wurden.

land. Sie erreichte 2015 im Jahresdurchschnitt

Selektion von

Sie sind also Ergebnis eines Selektionsprozes-

täglich 9,11 Millionen Zuschauer*innen und er-

Informationen

ses und damit Ausdruck einer sozialen Kons-

zielte damit einen Marktanteil von 32 Prozent.

truktion von Wirklichkeit (vgl. Weischenberg/

An zweiter Stelle unter den Nachrichtensen-

Scholl 1998). Fernsehnachrichten selektieren

dungen in Deutschland steht die Sendung „heu-

Informationen, tragen zur Meinungsbildung

te“ des ZDF. Sie kam 1963 im neu gegründeten

bei und schaffen so einen Orientierungsrah-

Zweiten Deutschen Fernsehen ins Programm.

men für die Gesellschaft. Sie üben darüber hi-

„heute“ erreichte im Jahr 2015 im Durchschnitt

naus eine Kritik- und Kontrollfunktion, eine In-

täglich 3,8 Millionen Zuschauer*innen und er-

tegrations-, eine Bildungs- und eine Unterhal-

zielte dabei einen Marktanteil von 17 Prozent.

tungsfunktion aus. Gemessen an Kontinuität

Sie ist damit die zweitwichtigste Nachrich-

der Zuschauer*innenzahlen und Bewertungen

tensendung in Deutschland. Im Unterschied

zum subjektiven Nutzen sind Fernsehnach-

zur „Tagesschau“ ist die Sendung „heute“

richten die Formate, die den Informationsbe-

mehr auf die Unterhaltungsbedürfnisse der

dürfnissen der Bevölkerung am ehesten nach-

Zuschauer*innen ausgerichtet. Die Nachrich-

kommen. Fernsehnachrichten sind Teil der all-

ten werden nicht von Sprecher*innen, sondern


Qualität in Fernsehnachrichten

Tabelle 1:

Zuschauer*innen und Marktanteile der Fernsehnachrichten in Deutschland

2013 2014 2015

Zuschauer*innen Marktanteile Zuschauer*innen Marktanteile Zuschauer*innen Marktanteile

in Mio.

in %

in Mio.

in %

in Mio.

in %

Tagesschau

8,87 31,9

8,96 32,0 9,12 32,7

heute

3,69 16,6

3,79

17,1 3,84 17,3

RTL aktuell

3,46

16,6

3,25

15,6

3,14

15,1

Sat.1 Nachrichten

1,63

6,0

1,47

5,4

1,36

5,0

ProSieben Newstime

0,81

5,0

0,80

5,0

0,80

4,9

„Tagesschau“ einschließlich Dritte Programme, 3sat und Phoenix; „heute“ einschließlich 3sat

Quelle: Zubayr/Heinz 2016: 148.

von Redakteur*innen im Studio präsentiert,

Standardisiert sind folgende Elemente in

um auf diese Weise journalistische Professio-

Nachrichtensendungen zu finden (vgl. Faul-

nalität zu vermitteln (vgl. Plake 2004: 103 f.).

stich 2008: 83 f.):

Mit der Einführung des dualen Rundfunk-

Sprecher*innenmeldungen (im Studio von

systems etablierten sich mehrere private

Sprecher*innen gesprochene Wortnach-

Fernsehsender und nahmen ebenfalls Nach-

richten, unterlegt teilweise mit Bewegtbild,

richtensendungen („RTL aktuell“ und „Sat.1

dann „Nachricht im Film“ genannt)

Nachrichten“) ins Programm, die inhaltlich

Filmberichte (Film, nachträglich betextet)

und formal andere Akzente setzten als die

Kommentare (Meinungsäußerungen vor der

öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen

Kamera, erkennbar abgegrenzt von Nach-

(z. B. einen stärkeren Fokus auf Bilder und

richten) Gespräche (mit Akteuren oder Reporter*in-

Soft News wie Berichte über das Privatleben

nen vor Ort)

von Prominenten). Sie erreichen jedoch nicht so viele Zuschauer*innen wie die etablierten

öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen

Es handelt sich bei Fernsehnachrichten heute

Ähnliche

„Tagesschau“ und „heute“, weshalb Letztere

um Formate, die weltweit ähnliche Präsentati-

Präsentationsformen

auch im Fokus dieser Studie stehen.

onsformen nutzen. Die Dramaturgie ist gekenn-

15


„Die Griechen provozieren!”

zeichnet durch einen Wechsel von Wortmeldun-

der Absturz eines „Germanwings“-Flugzeugs

gen, kurzen Nachrichten im Film (NiF), Schal-

in den Alpen und die Flüchtlingskrise in Eu-

ten und längeren (Reporter*innen-) Beiträgen

ropa. Die griechische Staatsschuldenkrise war

(Meckel 1997). Die strenge Formalisierung der

Thema in 7 Sendungen des „Brennpunkts“ und

„Tagesschau“ vermittelt Sicherheit. Stilisier-

in 10 „ZDF spezial“-Sendungen.

te Seriosität soll professionelle Gründlichkeit und journalistische Objektivität ausdrücken. Der Aufbau von Bild- und Wortnachrichten folgt dem Muster abfallender Spannung. Das Wich-

16

3.2 Qualitätskriterien für Fernsehnachrichten

tigste kommt zuerst und die nach Einschätzung

Die Qualitätsdebatte im Journalismus dauert in

der Redaktion am wenigsten wichtigen Infor-

Wissenschaft, Politik und Journalismus schon

mationen zuletzt. In „heute“ findet auch ein

seit mehreren Dekaden an. Zentraler Gegen-

Wechsel zwischen harten und soften Themen

stand der Debatte um journalistische Qualität

statt (vgl. Plake 2004: 102, 104).

ist in der Wissenschaft weniger der Qualitätsbe-

Die Sender ARD und ZDF haben zudem er-

griff als vielmehr seine Operationalisierung –

gänzend zu ihren Hauptnachrichtensendungen

das meint vor allen Dingen seine messbaren

„Tagesschau“ und „heute“ Formate entwickelt,

Bestandteile (vgl. Daschmann 2009: 257). So

die bei besonderen Ereignissen ausgestrahlt

gab es bereits eine Vielzahl an Versuchen, Qua-

werden und die Nachrichtensendungen ergän-

lität im deutschen Journalismus zu definieren

zen. In der ARD handelt es sich um die Sendung

und so messbar und vergleichbar zu machen.

„Brennpunkt“ und im ZDF um die Sendung

Schatz und Schulz (1992) systematisierten

„ZDF spezial“. Um das Informationsbedürfnis

als Erste im deutschsprachigen Raum einen

der Zuschauer*innen ausreichend zu befrie-

Kriterienkatalog für Medienqualität. Anlass

digen, kommen diese Formate dann zum Ein-

waren Befürchtungen, die Qualität des Fern­

satz, wenn ein aktuelles Ereignis ausführlicher

sehens leide unter der Einführung des privaten

dargestellt werden soll, als es der Zeitrahmen

Rundfunks. Diese Arbeit war Start- und Refe-

der Hauptnachrichtensendungen zulässt. Sie

renzpunkt für weiterführende Auseinander-

widmen sich nur einem einzigen Thema. Diese

setzungen mit der Qualität im Journalismus.

Nachrichten-Ergänzungen werden in der Regel

Da Qualität eine normative Bewertung sei,

direkt im Anschluss an die Hauptnachrichten-

müsse sie aus einem normativen Wertesystem

sendung ausgestrahlt und haben einen Umfang

abgeleitet werden (Schatz/Schulz 1992: 690).

von ca. 10 bis 30 Minuten. Im Jahr 2015 gab es

Hierfür bilden die Urteile des Bundesverfas-

43 „Brennpunkte“ und an 37 Tagen wurde ein

sungsgerichtes, das Grundgesetz, die Rund-

„ZDF spezial“ ausgestrahlt. Anlässe für diese

funkstaatsverträge und die Landesmedien-

Sondersendungen im Jahr 2015 waren u. a.

bzw. Landesrundfunkgesetze die Grundlage.

Terroranschläge in Paris, der Ukraine-Konflikt,

Aus den gesetzlichen Bestimmungen und der


Qualität in Fernsehnachrichten

Exegese von Gesetzestexten leiteten Schatz

Kommunikationsprozess. Die Kommunikati-

und Schulz fünf grundlegende Dimensionen

onsprinzipien lauten: Kooperationsprinzip,

von Qualität ab: Vielfalt, Relevanz, gestalteri-

Maxime der Qualität, Maxime der Quantität,

sche und inhaltliche Professionalität, Akzep-

Maxime der Relation und Maxime der Mo-

Wertesysteme im

tanz durch das Publikum und Rechtmäßigkeit

dalität. Daraus leitete Bucher die Kriterien

Bezug zu Qualität

(Schatz/Schulz 1992).

Aktualität, Verlässlichkeit, Vielfältigkeit, Re-

Es folgten in der Wissenschaft weitere Ableitungen für unterschiedliche Bezugssysteme und aus verschiedenen Wertesystemen:

levanz und Verständlichkeit ab. Bezogen auf Nachrichtenagenturen erstellte Hagen (1995) einen Kriterienkatalog zur

Rager (1994) erstellte einen Kriterienka-

Messung der Informationsqualität. Diese

talog für Qualität in Zeitungen und leitete

Kriterien bauen stark auf den von Schatz

diese aus der Funktion der Medien in der

und Schulz (1992) benannten Dimensionen

Demokratie ab (Rager 1994: 190). Als Krite-

auf und operationalisieren diese für eine

rien journalistischer Qualität, die allesamt

Anwendung auf den Agenturjournalismus.

der Vielfalt dienten, benannte er Aktualität,

Arnold (2009) leitete Qualitätskriterien für

Relevanz, Richtigkeit und Vermittlung.

Zeitungsjournalismus aus verschiedenen

Pöttker (2000) leitete zehn Kriterien jour-

Ebenen ab: der funktional-systemorientier-

nalistischer Qualität aus der Funktion des

ten Ebene, der normativ-demokratietheo-

Journalismus für die Gesellschaft ab. Dieser

retischen Ebene und der nutzerbezogenen-

müsse möglichst viele Teile der Gesellschaft

handlungsbezogenen Ebene. Er integriert

über Kommunikation miteinander vernetzen

damit verschiedene Herleitungswege in ein

(Pöttker 2000: 388). Es gibt gegenstands-

Modell. Auf einer funktional-systemorien-

bezogene Kriterien (Richtigkeit, Vollständig-

tierten Ebene von Qualität stehen die Funk-

keit, Wahrhaftigkeit und Verschiedenheit),

tionen und professionellen Aufgaben des

publikumsbezogene Kriterien (Unabhängig-

Journalismus im Mittelpunkt. Der Journalis-

keit, Zeitigkeit, Verständlichkeit und Unter-

mus soll auf einer Makroebene eine Selbst-

haltsamkeit) und kommunikatorbezogene

beobachtung der Gesellschaft ermögli-

Kriterien (Wechselseitigkeit und Sorgfalt bei

chen. Dies erfolgt durch die Reduzierung

der Thematisierung).

von Komplexität und die Übertragung von

Die Grice’schen Kommunikationsmaximen

Erfahrungswissen in offene Sphären, die

waren Grundlagen der von Bucher (2003) be-

für jedermann zugänglich sind (vgl. Pött-

nannten Kriterien journalistischer Qualität.

ker 2000: 378). Daraus können die Quali-

Journalistische Qualitätsstandards werden

tätsmerkmale Vielfalt, Aktualität, Relevanz,

dabei aus Prinzipien abgeleitet, die für alle

Glaubwürdigkeit, Unabhängigkeit, Recher-

Kommunikationsprozesse gelten sollen.

che, Kritik, Zugänglichkeit, Hintergrund-

Grundlage der Herleitung ist hier also der

berichterstattung sowie regionaler/lokaler

17


„Die Griechen provozieren!”

Bezug abgeleitet werden (Arnold 2008: 502,

Die genannten Qualitätskriterien über-

Arnold 2012: 79). Auf der normativ-demokra-

schneiden sich vielfach, weisen aber vor allem

tietheoretischen Ebene werden die Funkti-

Unterschiede in ihren Bezugsfeldern und Be-

onen des Journalismus von seiner Rolle in

griffen auf (vgl. Tabelle 2).

Rolle des Journalismus

der Demokratie abgeleitet. Qualitätskriteri-

Der Ansatz von Schatz und Schulz (1992)

in der Demokratie

en werden hier also nicht mit einer Funktion

ist dabei der einzige, der Qualität im Rund-

begründet, die durch ein gesellschaftliches

funk als Bezugsfeld benennt und sich aus den

Problem entstanden ist, sondern mit funda-

formulierten Aufgaben und Funktionen des

mentalen Werten einer demokratisch-plu-

öffentlich-rechtlichen Rundfunks ableitet. Für

ralistischen Gesellschaft. Grundlage sind

die hier geplante Analyse von Fernseh-Nach-

medienrelevante normative Regelungen wie

richtensendungen ist dieser Ansatz daher am

Kodizes oder Gesetze, in denen gesellschaft-

ehesten anwendbar. Die anderen Ansätze

liche Normen festgelegt sind. Ausgewogen-

fokussieren auf den Zeitungsjournalismus,

heit, Neutralität/Trennung von Nachrichten

weshalb sie hier nicht weiterverfolgt werden.

und Meinung sowie Achtung der Persönlich-

Kriterien und auch Operationalisierungen stim-

keit sind Qualitätskriterien, die sich daraus

men jedoch teilweise überein und werden bei

ergeben (Arnold 2008: 502 f.). In einer drit-

Klärungsbedarf herangezogen.

18

ten Ebene, der publikumsbezogenen-hand-

Medienangebote empirisch intersubjek-

lungsorientierten Ebene, geht es darum,

tiv fassbar zu machen, war ein zentrales An-

dass journalistische Produkte, die funktio-

liegen des Ansatzes „Qualität von Fernseh-

nal sind und den Werten der demokratischen

programmen“ von Schatz und Schulz (1992).

Gesellschaft entsprechen, auch für das Pu-

Aufbauend auf den Urteilen des Bundesver-

blikum nutzbar sind. Unterhaltsamkeit, An-

fassungsgerichtes, dem Grundgesetz, den

wendbarkeit und Gestaltung werden hier als

Rundfunkstaatsverträgen und den Landes-

Qualitätskriterien zugeordnet (Arnold 2008:

medien- bzw. Landesrundfunkgesetzen als

503). Die Qualitätsvorstellungen des Publi-

Grundlage haben sie einen Orientierungsrah-

kums bestimmen auch über den Markterfolg

men für die Beurteilung von Programmquali-

eines journalistischen Produkts und geben

tät herausgearbeitet. Allgemeine Begriffe der

so zentrale Leitlinien vor (Arnold 2012: 80).

Rechtstexte werden von ihnen konkretisiert

Die von Arnold benannten Kriterien werden

und operationalisierbar erläutert. Ihre Über-

aus der Funktion der Zeitung und für die jour-

legungen zur Analyse von Programmen sind

nalistische Arbeit für Zeitungen abgeleitet,

auch auf die Analyse von Fernsehnachrichten

beinhalten jedoch weitestgehend Qualitäts-

übertragbar (Daschmann 2009: 257). Die von

kriterien, die Schatz und Schulz (1992) als

ihnen identifizierten fünf Dimensionen von

Bestandteile ihrer Qualitätsdimensionen

Qualität – Vielfalt, Relevanz, Professiona-

benennen.

lität, Akzeptanz und Rechtmäßigkeit – sind


Qualität in Fernsehnachrichten

Tabelle 2:

Forschungsansätze zu Qualitätskriterien Ansatz Schatz/Schulz Rager Hagen Pöttker Bucher Arnold 1992 1994 1995 2000 2003 2009 Bezugsfeld Rundfunk

Zeitungsbericht- Nachrichten- Journalismus Journalismus erstattung agenturen allgemein allgemein

Qualitäts- Vielfalt kriterien

Vielfalt Verschiedenheit Vielfalt Vielfalt

Relevanz Relevanz Relevanz

Relevanz Relevanz

Aktualität Aktualität Zeitgeist Aktualität Aktualität

Professionalität Richtigkeit

Zeitungen

Vermittlung

Richtigkeit

Richtigkeit

Verlässlichkeit Recherche

Verständlichkeit Verständlichkeit Verständlichkeit Gestaltung

Ausgewogenheit Ausgewogenheit

Sachlichkeit

Transparenz Trennung von Nachricht und Meinung Hintergrundbericht erstattung Akzeptanz Zugänglichkeit Anwendbarkeit Rechtmäßigkeit

Quelle: eigene Darstellung, basierend auf Beck/Reineck/Schubert 2010: 24 f.

teilweise miteinander verwoben. Sie sollen im

von Medienangeboten gilt in pluralistischen

Folgenden vorgestellt werden:

Gesellschaften mit konkurrierender Willensbildung für die Funktionalität der Demokratie

Vielfalt

als unerlässlich. Vielfalt kann strukturell und

Schatz und Schulz lehnen ihre Definition von

inhaltlich betrachtet werden. Auf struktureller

Vielfalt an die Auffassung des Bundesverfas-

Ebene gelten Sparten, Genres, Gestaltungs-

sungsgerichtes an. Demnach ist für den deut-

elemente und Darstellungsformen als Indika-

schen Rundfunk ein Angebot gleichwertig viel-

toren von Vielfalt. Auf inhaltlicher Ebene des

fältiger Informationen verbindlich. Die Vielfalt

Programms kann die Vielfalt von Ereignissen,

19


„Die Griechen provozieren!”

von Räumen, von Themen und von Interessen

auf die Berichterstattung zu einem einzelnen

betrachtet werden. Operationalisiert wird dies

Thema, nicht auf die komplette Berichterstat-

durch eine Vielfalt von Themen und Akteuren.

tung eines Programms. Neutralität als zweite

Dies bedeutet, dass möglichst alle relevanten

Komponente der Unparteilichkeit kann durch

Positionen und Akteure berücksichtigt werden

die Einhaltung der Grundregel, dass Nachricht

sollen (vgl. Schatz/Schulz 1992: 693 ff., 704).

und Meinung strikt zu trennen sind und Kommentare als solche zu kennzeichnen sind, er-

Professionalität

fasst werden. Dies geht aus Rechtstexten für

Die Rechtsgrundlagen für den öffentlich-recht-

den Rundfunk, aber auch aus Regeln der jour-

lichen und privaten Rundfunk fordern eine pro-

nalistischen Praxis hervor (vgl. Schatz/Schulz

fessionelle Qualität der gesamten Programme.

1992: 703 ff.). Die Ausgewogenheit zwischen

Das Gebot der journalistischen Professionali-

unterschiedlichen Interessen, die Trennung

tät hat seinerseits ebenfalls mehrere Dimen-

von Nachricht und Meinung (Neutralität) und

sionen. Auch hier kann zunächst zwischen in-

die analytische Qualität sind Aspekte journa-

haltlicher und gestalterischer Professionalität

listischer Professionalität.

unterschieden werden. Inhaltliche Professionalität wird auch als

Relevanz ist relativ

journalistische Professionalität bezeichnet

Unter Relevanz wird die Bedeutsamkeit von In-

und unterschieden hinsichtlich analytischer

formationen verstanden. Um die Komplexität

und deskriptiver Qualität. Die Anforderungen

von Informationen und die Informationsflut zu

an analytische Qualität werden aus der Kritik-

mindern, werden Themen nach dem Kriterium

und Kontrollfunktion des Rundfunks abgelei-

der Relevanz durch Journalist*innen selektiert,

tet. Dieses Qualitätskriterium gilt vor allem für

wodurch dieses ein bedeutender Maßstab hin-

Nachrichten und Magazine. Diese haben dann

sichtlich der Qualität von Selektionsentschei-

analytische Qualität, wenn sie u. a. Hintergrün-

dungen wird (Wyss 2002: 131).

de aktueller Ereignisse beleuchten und Fakten interpretieren.

Schatz und Schulz verstehen Relevanz als „relationalen Begriff“. Vorgänge bzw. Sach-

Neben der analytischen Qualität lässt sich

verhalte seien nie an sich bedeutsam, son-

journalistische Professionalität im öffentlich-

dern erlangten ihre Relevanz ausschließlich

rechtlichen Rundfunk auch anhand der de-

aus der realen oder zu erwartenden Wirkung

skriptiven Qualität des Programms bestimmen.

auf einzelne Individuen, soziale Gruppen oder

Dazu zählt auf der einen Seite die Sachgerech-

die Gesamtgesellschaft. Diese „soziale Rele-

tigkeit der Berichterstattung, auf der anderen

vanz“ eines Medienprodukts gliedere sich

Seite die Unparteilichkeit. Zur Unparteilichkeit

in drei Relevanzebenen (vgl. Schatz/Schulz

gehören die Elemente Ausgewogenheit und

1992: 696 f.):

Neutralität. Ausgewogenheit bezieht sich hier

20

Relevanz


Qualität in Fernsehnachrichten

die Individual- bzw. Mikroebene

Um zu überprüfen, ob die Relevanz eines

die Mesoebene, mit der einerseits sozia-

Themas adäquat wiedergegeben wird, wie es in

le Gruppen und Institutionen, aber auch

dieser Studie der Fall ist, muss der Blick auf eine

gesellschaftliche Subsysteme, wie Politik,

andere Ebene von Relevanz fallen: die Attribu-

Wirtschaft und Wissenschaft, gemeint sind,

toren-Relevanz. Es geht hierbei um die Frage,

und

wie die Relevanz eines Themas von Gruppen

die Makroebene, repräsentiert durch die Gesamtgesellschaft

oder sozialen Systemen beurteilt wird, die somit die soziale Relevanz bestätigen. Dies kann

Demnach hat derselbe Vorgang für Teile der Öf-

beispielsweise durch die öffentliche Meinung,

fentlichkeit unterschiedliche Relevanz.

die aktive Öffentlichkeit, die mediale Öffentlichkeit, die wissenschaftliche Öffentlichkeit

Weiter differenzieren Schatz und Schulz in-

oder die Film- und Fernsehkritik erfolgen (vgl.

nerhalb der verschiedenen gesellschaftlichen

Schatz/Schulz 1992: 696 ff.).

Subsysteme (Wirtschaft, Politik etc.) zwischen den „leistungserbringenden Funktionseliten“

Akzeptanz und Rechtmäßigkeit

(Manager*innen, Politiker*innen etc.) und

Darüber hinaus werden die Dimensionen Ak-

den dazugehörigen „Leistungsabnehmern“

zeptanz und Rechtmäßigkeit beschrieben.

(Konsument*innen, Regierte etc.). Sie gehen

Akzeptanz erfasst Motive und angestrebten

davon aus, dass die durch eine Medienaussa-

Nutzen der Mediennutzung von Seiten der Re-

ge bei den Funktionseliten erzeugte Betroffen-

zipienten. Die Anforderungen an die Rechts-

heit bzw. Wirkung durch die positionsbeding-

mäßigkeit für den Rundfunk ergeben sich aus

te Multiplikatorwirkung eine größere „soziale

drei Rechtsbezügen: der verfassungsmäßigen

Relevanz“ erlangt als bei Erreichen derselben

Ordnung, den allgemeinen Gesetzen und den

Anzahl von Leistungsabnehmer*innen.

rundfunkrechtlichen Vorschriften. Der Bezug

Des Weiteren steige die Relevanz, wenn sich

auf die verfassungsmäßige Ordnung und die

ein gesellschaftliches Subsystem in einer Krise

allgemeinen Gesetze findet sich analog im

befinde, z. B. das Subsystem Wirtschaft bei ei-

Rundfunkstaatsvertrag und den Landesrund-

ner Meldung über die Finanzkrise (vgl. Schatz/

funk- und Landesmediengesetzen wieder.

Schulz 1992: 697). Zu den quantitativen Kriteri-

Qualität ist somit ein multidimensionaler

en, anhand derer man die Relevanz eines Ereig-

Begriff (vgl. Abbildung 1). Untersucht werden

nisses bestimmen und abgleichen kann, zählt

können nur ausgewählte Dimensionen und As-

zum einen die Anzahl tatsächlich oder potenzi-

pekte. Die Bildung von Qualitätsindizes setzt

Qualität:

ell betroffener Personen eines Vorganges. Zum

immer eine Gewichtung einzelner Qualitätsas-

Ein multidimensionaler

anderen ist bei potenziellen Auswirkungen die

pekte gegenüber anderen voraus. Eine solche

Begriff

Eintrittswahrscheinlichkeit eines Sachverhaltes

Gewichtung ist jedoch in hohem Maße subjek-

ausschlaggebend für seine Bedeutsamkeit.

tiv, weshalb hier keine Qualitätsindizes gebil-

21


„Die Griechen provozieren!”

Abbildung 1:

Qualitätsdimensionen und -kriterien

Meinungsvielfalt Akteursvielfalt

Inhaltlich Vielfalt

Informationsvielfalt

Interessen Soziale Einheiten

Strukturell

Aktualität

Analytische Qualität

Sachgerechtigkeit

Inhaltlich

Vollständigkeit

Deskriptive Qualität

Professionalität

Richtigkeit

Gestalterisch

Ausgewogenheit Unparteilichkeit

Ebene Aktive Öffentlichkeit Relevanz

Neutralität

Niveau Mediale Öffentlichkeit Attributoren Wissenschaftliche Öffentlichkeit Verfassung

Rechtmäßigkeit

Allgemeine Gesetze

Akzeptanz

Rundfunkrecht

Film- und Fernsehkritik

Farblich markiert sind die Qualitätsdimensionen (dunkelblau) bzw. die jeweils dazugehörigen Qualitätskriterien (hellblau), die im Folgenden untersucht werden Quelle: eigene Darstellung.

22


Qualität in Fernsehnachrichten

det werden sollen. Stattdessen wird die Qua-

Neutralität

lität der Berichterstattung hinsichtlich ausge-

Neutralität als Komponente der Unparteilich-

wählter und definierter Aspekte beschrieben.

keit wird in einschlägigen Rechtstexten für

Einzelne Aspekte der Qualitätsdimensi-

den Rundfunk gefordert. Sie basiert auf der

onen Relevanz, Vielfalt und journalistischer

Grundregel, Nachricht und Kommentar strikt

Professionalität sollen in dieser Studie für die

zu trennen (Schatz/Schulz 1992: 704). Über

Nachrichtensendungen des öffentlich-rechtli-

das Rundfunkrecht hinaus wird die Trennung

chen Rundfunks analysiert werden (in Abbil-

von Nachricht und Meinung mit den vielfältigen

dung 1 hellblau markiert): analytische Qualität

Funktionszuschreibungen an den Journalismus

(synonym wird der Begriff Hintergrundbericht-

begründet. An dieser Stelle sind zwei Funkti-

erstattung verwendet), Neutralität, Akteurs-

onen besonders relevant: Auf der einen Seite

vielfalt, Ausgewogenheit und Attributoren-

steht die Informations- und Chronistenfunkti-

relevanz der medialen Öffentlichkeit. Andere

on, auf der anderen Seite die Mitwirkung an der

Aspekte dieser und anderer Dimensionen

Meinungsbildung.

werden dadurch bewusst ausgeklammert. Es

Auch Arnold (2009: 198) versteht unter Neut-

wird daher keine umfassende Beurteilung der

ralität den Verzicht auf explizite Wertungen und

Qualität von Nachrichtensendungen in dieser

Spekulationen in nachrichtlichen Textformen.

Studie erfolgen, sondern es werden einzelne

In Fernsehnachrichten und Nachrichtenmaga-

Qualitätsaspekte untersucht und beurteilt, die

zinen hat sich – wie in Zeitungen – mit dem

Untersuchung einzelner

Rückschlüsse auf mögliche Einschränkungen

Kommentar ein Genre ausdifferenziert, in dem

Qualitätsaspekte

von Qualität erlauben.

Meinungsäußerung legitim und erwünscht ist (Eilders/Lüter 1998: 2). Wenn Nachrichten und

Analytische Qualität

Meinungen eindeutig gekennzeichnet sind,

Analytische Qualität leiten Schatz und Schulz

wissen die Zuschauer*innen, welcher Inter-

(1992: 704) aus der Kritik- und Kontrollfunkti-

pretationsrahmen angemessen ist. So könne

on der Medien ab. Fernsehprogramme haben

der Verdacht einer verdeckten Einflussnahme

dann analytische Qualität, wenn sie die Hin-

zerstreut werden (vgl. Neuberger 2013: 135).

tergründe von Ereignissen beleuchten, Fakten benennen und kommentieren und dies auf

Vielfalt

eigener, aktiver und intensiver Recherche be-

Vielfalt der Akteure meint für Schatz und Schulz

ruht. Dieses Qualitätskriterium bezieht sich

(1992: 694) die Berücksichtigung verschiede-

auf den journalistischen Prozess und ist am

ner gesellschaftlicher und politischer Interes-

journalistischen Produkt nur schwer ablesbar.

sen. Diese sind in den meisten Fällen organi-

Schatz und Schulz sehen die Beleuchtung von

siert in Akteuren wie Organisationen, Parteien

Hintergründen als einen Indikator, der in Fern-

oder auch gewählten Regierungen. Als Akteure

sehsendungen erkannt werden kann.

werden im Sinne von Schatz und Schulz (1992:

23


„Die Griechen provozieren!”

695) individuelle oder soziale Einheiten und

Das impliziert, dass die jeweiligen Akteure,

deren Repräsentant*innen verstanden. Das

die diese Standpunkte repräsentieren, zu

Auftreten von Akteuren in Nachrichtensendun-

Wort kommen (Schatz/Schulz 1992: 704). Bei

gen erfolgt durch Nennungen, Auftreten in Bil-

Kontroversen sollen Befürworter*innen und

dern und mit O-Tönen und gibt Aufschluss über

Gegner*innen bzw. ihre Positionen in etwa in

die Vielfalt der jeweiligen Sendung.

einem ausgewogenen Verhältnis zu Wort kommen. Die Vielfalt an Meinungen und Interessen

Ausgewogenheit

muss gleichgewichtig zum Ausdruck kommen.

Ausgewogenheit

Eng damit verbunden ist der Begriff der Ausge-

Arnold (2009: 196) spezifiziert, damit sei nicht

durch gleichgewichtige

wogenheit. Dieses Gebot geht auch aus dem

gemeint, dass alle möglichen Positionen, Grup-

Darstellung

Rundfunkstaatsverstrag (§11) hervor, in dem es

pen und Akteure genannt werden müssen, je-

in Absatz 2 heißt: „Die öffentlich-rechtlichen

doch mindestens zwei zentrale gegensätzliche

Rundfunkanstalten haben bei der Erfüllung ih-

Richtungen und Positionen. Die gleichmäßige

res Auftrags die Grundsätze der Objektivität

Berücksichtigung von Befürworter*innen und

und Unparteilichkeit der Berichterstattung,

Gegner*innen in einer Kontroverse sieht auch

die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewo-

Hagen (1995: 120) als Kern der Ausgewogen-

genheit ihrer Angebote zu berücksichtigen“

heit. Die Messung von Ausgewogenheit bzw.

(Die Medienanstalten 2013). Das Bundesver-

der Abweichung von Ausgewogenheit gibt auch

fassungsgericht benutzte die Formulierung

Aufschluss über die Einseitigkeit eines Medi-

„gleichgewichtige Vielfalt“ (vgl. BVerfGE 73,

ums und seiner Berichterstattung (vgl. Hagen

118 und BVerfGE 83, 238). Diese leite sich aus

1995: 122).

der Funktion der Information und Mitwirkung

24

an der Meinungsbildung ab, die dann erfüllt

Relevanz

werde, wenn möglichst breit, ausgewogen und

Journalist*innen sind zur Selektion von Ereig-

vollständig informiert werde (Schatz/Schulz

nissen gezwungen. Die Auswahl von wichtigen

1992: 694).

Themen ist ein Schlüsselkriterium der Qualität.

Ausgewogenheit ist aber auch ein Quali-

Damit verbunden ist die Frage, welche Rele-

tätskriterium für die Qualitätsdimension der

vanz Journalist*innen einem Thema geben. Die

journalistischen Professionalität. Eine ausge-

Relevanz eines Sachverhaltes ergibt sich aus

wogene Darbietung liege dann vor, wenn alle

dessen potenzieller oder realer Wirkung bzw.

in der öffentlichen Diskussion vorgetragenen

deren Wahrnehmung durch Attributoren, wie

Argumente und Standpunkte ähnlich umfang-

z. B. der medialen Öffentlichkeit (s. o.). Diese

reich berücksichtigt werden. Mit der Forderung

wird abgeglichen mit der Relevanz, die in der

nach einem ähnlichen Umfang geht das Krite-

Berichterstattung einem Sachverhalt beigemes-

rium der Ausgewogenheit erkennbar über die

sen wird. Mit der Qualitätsdimension Relevanz

Forderungen des Kriteriums Vielfalt hinaus.

sollen dadurch Selektionsentscheidungen der


Qualität in Fernsehnachrichten

Medien, u. a. auf Nachrichtenebene erklärt wer-

mediale Öffentlichkeit) dem Thema zuwiesen,

den (vgl. Daschmann 2009: 258). Es geht also

bewertet werden, ob diese Darstellung ange-

darum, zu erfassen, wie intensiv, d. h. in welcher

messen war.

Häufigkeit, in welchem Umfang und in welcher Position, über ein Thema berichtet wurde.

Die Operationalisierung dieser Qualitätskriterien für die Analyse von Beiträgen in der

In dieser Studie wurde von der Relevanz

griechischen Staatsschuldenkrise wird im Zu-

des Themas griechische Staatsschuldenkrise

sammenhang mit dem methodischen Vorge-

ausgegangen. Daher soll anhand der Relevanz,

hen in dieser Studie in den folgenden Kapiteln

die Attributoren (hier speziell die untersuchte

dargestellt.

25


„Die Griechen provozieren!”

4 Forschungsdesign

Im folgenden Kapitel werden die Ziele der Er-

krise zu erfassen, soll untersucht werden,

hebung, das methodische Vorgehen und das

ob die zentralen Positionen der wichtigsten

Erhebungsdesign der Studie erläutert, um dar-

Akteure in der griechischen Staatsschul-

zustellen, wie die Forschungsfragen beantwor-

denkrise dargestellt wurden.

tet werden sollen. Zunächst wird die gewählte

Die Einhaltung des Gebots der journalis-

Methode dargestellt und die Operationalisie-

tischen Professionalität in der Berichter-

rung der zu untersuchenden Qualitätskriterien

stattung über die griechische Staatsschul-

erläutert. Die Umsetzung im Kategoriensystem

denkrise soll durch das Ausmaß der Hin-

wird anschließend dargelegt. Es folgt die Be-

tergrundberichterstattung sowie durch die

schreibung der Materialbasis durch die Festle-

Ausgewogenheit und die Neutralität der

gung von Untersuchungszeitraum und -objek-

Beiträge erfasst werden.

ten. Schließlich wird die Durchführung erklärt

Um die Einhaltung des Gebots der Rele-

und beschrieben, wie Reliabilität und Validität

vanz in der Berichterstattung über die

in der Erhebung gesichert wurden.

griechische Staatsschuldenkrise zu erfassen, soll die Attributoren-Relevanz der

4.1 Zielsetzung und Fragestellungen

Medienöffentlichkeit untersucht werden und gezeigt werden, welche Relevanz die

Die Berichterstattung der öffentlich-rechtli-

untersuchten Nachrichtensendungen dem

chen Nachrichtensendungen von ARD und ZDF

Thema beimaßen.

über die griechische Staatsschuldenkrise im Jahr 2015 soll in dieser Studie analysiert wer-

Die zentrale Forschungsfrage „Entspricht die

den. Es soll dabei untersucht werden, ob der

Berichterstattung über die griechische Staats-

öffentlich-rechtliche Rundfunk den an ihn ge-

schuldenkrise in Nachrichtensendungen des

stellten Qualitätsanforderungen gerecht wird.

öffentlich-rechtlichen Rundfunks den journa-

Quantitative

Im Mittelpunkt steht die Untersuchung der

listischen Qualitätskriterien?“ soll, um eine

Inhaltsanalyse

Beiträge auf Kriterien journalistischer Quali-

systematische Beantwortung zu ermöglichen,

tät (insb. Vielfalt, Ausgewogenheit, Neutralität

in fünf zentrale Unterfragen aufgegliedert

und analytische Qualität, d. h. Hintergrundbe-

werden. Sie sollen durch eine systematische,

richterstattung; vgl. Kapitel 4.3). Wie wird über

quantitative, empirische Inhaltsanalyse beant-

die griechische Staatsschuldenkrise in Nach-

wortet werden:

richtensendungen des öffentlich-rechtlichen

1. Wie relevant ist die griechische Staats-

Rundfunks berichtet? Um die Einhaltung des Gebots der Vielfalt in den Nachrichtensendungen des öffentlich-

26

schuldenkrise für die Berichterstattung in den öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen?

rechtlichen Rundfunks in der Berichterstat-

2. Wie vielfältig ist die Berichterstattung über

tung über die griechische Staatsschulden-

die griechische Staatsschuldenkrise in den


Forschungsdesign

öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendun-

aus der Operationalisierung der gewählten

gen?

Qualitätskriterien und wurden in einem Kate-

3. Wie ausgewogen ist die Berichterstattung

goriensystem und einem Codebuch festgelegt.

über die griechische Staatsschuldenkrise in den öffentlich-rechtlichen Nachrichtsendungen? 4. Wie neutral ist die Berichterstattung über die

4.3 Operationalisierung/Erläuterung von Begrifflichkeiten und Konzepten

griechische Staatsschuldenkrise in den öf-

Die Operationalisierung und Auswahl relevan-

fentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen?

ter Qualitätskriterien für die Fernsehbericht-

5. Wie viel Hintergrundberichterstattung zur

erstattung folgte den von Schatz und Schulz

griechischen Staatsschuldenkrise liefern

(1992) formulierten Kriterien zur Beurteilung

die öffentliche-rechtlichen Nachrichtensen-

von Programmqualität. Diese Studie rekurriert

dungen?

auf die Qualitätsdimensionen Relevanz, Vielfalt und Professionalität (vgl. Abbildung 1) und

Zudem soll zwischen den zu untersuchenden

konkreter auf die Qualitätskriterien Attributo-

Sendungen „Tagesschau“, „heute“, „Brenn-

ren-Relevanz, Akteursvielfalt, Ausgewogen-

Relevanz, Vielfalt,

punkt“ und „ZDF spezial“ differenziert werden.

heit, Neutralität und analytische Qualität. Im

Professionalität

Dabei soll geklärt werden, welche Sendung der

Folgenden wird dargestellt, wie diese Kriterien

griechischen Staatsschuldenkrise die größte

gemessen wurden. Zwischenschritte bei der

Relevanz beimisst, welche Sendung ausgewo-

Messung waren die Definition von Indikatoren

gener, neutraler, vielfältiger und analytischer

und die Erstellung eines Kategoriensystems,

berichtet als andere.

welches die Indikatoren als relevante Variablen und ihre möglichen Ausprägungen beinhaltet.

4.2 Methode

Relevanz

Die Analyse erfolgte durch eine systemati-

Die Relevanz, die dem Thema griechische

sche quantitative Inhaltsanalyse (vgl. Kromrey

Staatsschuldenkrise in der Nachrichtenbe-

2009). In der Systematik Mertens (1995: 88)

richterstattung von den Medien als relevanten

handelt es sich um eine deskriptive Inhalts-

Attributoren beigemessen wurde, zeigt sich an

analyse, die auf die Fernsehberichterstattung

der Intensität der Berichterstattung über das

ausgerichtet ist und diese hinsichtlich Themen,

Thema. Die Intensität der Berichterstattung

Kategorien und journalistischer Qualität unter-

über die griechische Staatsschuldenkrise ist

sucht. Sie erfolgt in großen Teilen denotativ-se-

ein Indikator der Attributoren-Relevanz. Es

mantisch, d. h. dass bestimmte Begriffe Ober-

soll also ermittelt werden, wie häufig über die

gegriffen und Kategorien zugeordnet werden.

griechische Staatsschuldenkrise in den unter-

Die zu analysierenden Merkmale resultieren

suchten Sendungen berichtet wurde. Dabei

27


„Die Griechen provozieren!”

wird auch durch Vergleiche untersucht, ob die

wird hier von Bewertungsausgewogenheit und

verschiedenen untersuchten Sendungen dem

Akteursausgewogenheit gesprochen.

Thema die gleiche Relevanz beimaßen. Ein wei-

Akteursausgewogenheit soll hier an drei In-

Indikatoren von

terer Indikator ist die Position eines Beitrags

dikatoren festgestellt werden: der Häufigkeit

Ausgewogenheit

zur griechischen Staatsschuldenkrise inner-

der Nennung und Darstellung von Akteuren,

halb einer Sendung. Eine vordere Position ist

der Darstellung von Akteuren als Adressaten

Ausdruck hoher Relevanz des Themas.

und Sender von Aussagen und dem Auftreten von Akteuren in O-Tönen.

Akteursvielfalt

Die Nennung und Darstellung ist ein erster

Um die Akteursvielfalt der Berichterstattung be-

Indikator zur Feststellung der Akteursaus-

urteilen zu können, soll untersucht werden, ob

gewogenheit. Um die gleichgewichtige Ver-

alle relevanten Akteure beachtet wurden. Dies

teilung der Akteure in der Berichterstattung

soll hier wie folgt operationalisiert werden:

zu beurteilen, wird erfasst, wie häufig zent-

Es wird analysiert, welche Akteure in der

rale Akteure genannt oder gezeigt wurden.

Berichterstattung durch O-Töne zu Wort ka-

Der Indikator ist das Verhältnis der Häufig-

men. Kamen verschiedene Akteure zu Wort,

keiten der Nennung und Darstellung von Ak-

erlaubt dies eine Aussage darüber, ob Akteure

teuren. Eine ausgewogene Darstellung liegt

dargestellt wurden, die für verschiedene Posi-

vor, wenn alle zentralen Akteure in gleichem

tionen stehen. In diesem Fall kann die Bericht-

Verhältnis auftreten. Ist beispielsweise das

erstattung auf der Akteursebene als vielfältig

Verhältnis von griechischer Regierung und

betrachtet werden. Es geht hierbei also vor

anderen Akteuren, wie der deutschen Re-

allem um die Zahl der verschiedenen Akteure

gierung, gleichgewichtig, kann von einer

innerhalb der Beiträge und über die Beiträge

ausgewogenen Darstellung von Akteuren

einer Sendung hinweg, nicht um deren antei-

gesprochen werden.

liges Verhältnis. Letzteres steht für das Quali-

Das Verhältnis der Häufigkeit der Darstel-

tätskriterium der Ausgewogenheit. Der Indika-

lung von Akteuren als Adressaten und Sen-

tor der Akteursvielfalt ist also hier die Anzahl

der von Aussagen ist ein weiterer Indikator

verschiedener O-Ton-Geber*innen innerhalb

für die Akteursausgewogenheit in der Be-

eines Beitrags. Kamen mehrere verschiedene

richterstattung. Es geht hierbei um die Frage,

O-Ton-Geber*innen zu Wort, kann die Bericht-

welche Akteure wie häufig in Beiträgen zur

erstattung als vielfältig beurteilt werden.

griechischen Staatsschuldenkrise Aussagen über andere Akteure trafen. Dabei gibt

28

Ausgewogenheit

es Sender von Aussagen und Adressaten

Ausgewogenheit wurde als gleichgewichtige

(Empfänger) von Aussagen. Der Indikator

Verteilung von Positionen und Akteuren defi-

ist das Verhältnis der Akteure hinsichtlich

niert. Von diesen beiden Ebenen ausgehend

der Frage, wie oft sie Aussagen senden oder


Forschungsdesign

empfangen. Ausgewogenheit liegt vor, wenn

schen Regierung. Wie oben dargestellt, gibt es

relevante Akteure in ähnlichem Umfang Aus-

Darstellungsformen, in denen Journalist*innen

sagen treffen können und von Aussagen ad-

einordnen und Wertungen vornehmen können

ressiert werden. Indikator ist also zum einen

(z. B. in Schalten vor der Kamera) und ande-

das Verhältnis der Akteure zueinander und

re, in denen das nicht der Fall sein sollte (z. B.

zum anderen das Verhältnis von Empfang

in Off-Texten von Nachrichten und Berich-

und Sendung von Aussagen eines Akteurs.

ten). Da den Journalist*innen als neutralen

Ein dritter Indikator der Akteursausgewo-

Beobachter*innen eine besondere Rolle zu-

genheit soll das Verhältnis des Umfangs

kommt, sollen ihre Bewertungen der griechi-

des Auftretens der Akteure in O-Tönen sein.

schen und der deutschen Regierung separat

O-Töne spielen eine zentrale Rolle in Fern-

ausgewiesen werden.

sehnachrichten. Hier haben Akteure die

Liegt beim Indikator Verhältnis der Häufig-

Möglichkeit, sich direkt in Wort und Bild

keit der Bewertungen von Akteuren durch

zu äußern. Ein ausgeglichenes Verhältnis

Journalist*innen ein ausgeglichenes Ver-

zwischen den zentralen Akteuren beim Um-

hältnis hinsichtlich der Häufigkeit der Be-

fang der O-Töne wäre Ausdruck von Ausge-

wertung der griechischen und der deut-

wogenheit. Ist ein Akteur in den O-Tönen

schen Regierung vor – wurden also griechi-

unterrepräsentiert, so mangelt es an Aus-

sche und deutsche Regierung in gleicher

gewogenheit.

Häufigkeit von Journalist*innen bewertet –, kann hier von Ausgewogenheit gesprochen

Neben der Akteursausgewogenheit sollten

werden.

auch die Positionen in der Berichterstattung

Als weiterer Indikator wird das Verhält-

ausgewogen sein. Hier soll der Begriff der Be-

nis der Häufigkeiten von positiven und

wertungsausgewogenheit ausgeführt werden.

negativ wertenden Beiträgen zur griechi-

Auf der Ebene der Bewertungen sollen die Wer-

schen und zur deutschen Regierung durch

tungen durch Journalist*innen, die Wertungen

Journalist*innen untersucht. Waren posi-

durch dargestellte Akteure und explizit die

tive und negative Wertungen gleich ver-

Wertungen durch O-Ton-Geber*innen als Indi-

teilt oder kamen ausgewogene Wertungen

Ausgewogenheit

katoren benannt werden.

durch Journalist*innen innerhalb der Bei-

der Wertungen

Die Ausgewogenheit der Wertungen durch Journalist*innen soll durch zwei Indikatoren

träge in gleichem Verhältnis vor, kann hier von Ausgewogenheit gesprochen werden.

festgestellt werden: Das Verhältnis der Häufigkeit der Bewertungen von Akteuren durch

Die Ausgewogenheit der dargestellten Wertun-

Journalist*innen und das Verhältnis der Aus-

gen durch Akteure soll ebenfalls am Verhält-

prägungen der Bewertungen der griechischen

nis der Häufigkeit der Bewertung der Akteure

Regierung und im Vergleich hierzu der deut-

durch andere Akteure und im Verhältnis der

29


„Die Griechen provozieren!”

Tonalitätsausprägungen der Bewertungen er-

wogene Berichterstattung hinsichtlich der

kennbar werden.

dargestellten Wertungen durch Akteure.

Erfasst wird als erster Indikator, wie in welchem Verhältnis Wertungen der griechi-

Neutralität

schen und der deutschen Akteure auftraten,

Neutralität kann ermittelt werden durch die

die von dargestellten Akteuren in den Sen-

Prüfung, ob in Nachrichten und Berichten auch

dungen ausgingen. Für eine ausgewogene

Meinungen artikuliert werden. Hierbei geht es

Berichterstattung sollten diese im Verhält-

um die Trennung von Nachricht und Meinung.

nis gleichgewichtig verteilt sein.

Dafür werden die Darstellungsformen (z. B.

Eine gleichgewichtige Verteilung von Positionen betrifft auch die dargestellten Po-

Nachricht,

Bericht,

Korrespondent*innen-

Schalte) der Beiträge erfasst.

sitionen, die von Akteuren eingenommen

Wenn im Off-Text von Nachricht und Bericht

werden. Dafür gilt es zu erfassen, welche

Wertungen durch Journalist*innen erfolgen,

Position in Aussagen von Akteuren einge-

entspricht dies nicht dem Qualitätsanspruch

nommen wird. Daher soll als zweiter Indika-

an Neutralität. Sind Berichte und Nachrichten

tor zu diesem Merkmal das Verhältnis posi-

frei von Wertungen durch Journalist*innen, so

tiver, negativer und neutraler Bewertungen

kann von einer neutralen Berichterstattung ge-

von Akteuren gemessen und zwischen den

sprochen werden. Das heißt, dass Nachricht

Akteuren verglichen werden. Ist das Ver-

und Meinung getrennt werden. Als Wertungen

hältnis bei allen untersuchten Akteuren

werden Adjektive, Substantive oder Verben

ähnlich, kann von einer ausgewogenen Be-

angesehen, die andere Akteure beschreiben.

richterstattung gesprochen werden.

Die Ausrichtung der Wertung ist für die Frage

Bewertung der

Spezifischer sollen zudem die Wertungen

nach der Neutralität unerheblich. Der Indika-

griechischen Regierung

der griechischen Regierung erfasst wer-

tor für die Neutralität der Berichterstattung ist

in O-Tönen

den, die in O-Tönen erfolgten. Als Indika-

also der Anteil der Nachrichten und Berichte,

tor der Bewertungsausgewogenheit soll

in denen Wertungen durch Journalist*innen im

hier gemessen werden, ob das Verhältnis

Off-Text vorkommen. Ist dieser Anteil größer

positiver, neutraler und negativer Wertun-

als null, so wurde das Gebot der Neutralität

gen der griechischen Regierung durch O-

verletzt.

Ton-Geber*innen gleichgewichtig ist. Auch

30

hier wäre eine gleichgewichtige Verteilung

Analytische Qualität

positiver und negativer Wertungen inner-

Analytische Qualität wird hier als die Beleuch-

halb eines Beitrags oder zumindest eine

tung von Hintergründen verstanden und soll

gleichgewichtige Verteilung positiver und

auf die griechische Reformpolitik bezogen wer-

negativer Wertungen über alle Beiträge ei-

den. Es geht also um die Frage, wie hintergrün-

ner Sendung Voraussetzung für eine ausge-

dig über die griechische Reformpolitik und die


Forschungsdesign

vorgeschlagenen Reformen und Politikfelder

lichst viele Politikfelder und Reformvorschläge

berichtet wurde. Im Fokus steht, in welchem

thematisierte. Andere Aspekte der journalisti-

Ausmaß Politikfelder der griechischen Reform-

schen Analyse, wie z. B. der zeitliche Umfang,

politik sowie einzelne Reformen thematisiert

mit dem sich einer spezifischen Reform ge-

Reformen stehen

wurden.

widmet wurde, werden somit bewusst ausge-

im Fokus

Ein erster Indikator ist das Verhältnis der

schlossen.

Häufigkeit der Befassung mit Politikfeldern

Um erfassen zu können, ob über einzel-

der griechischen Reformpolitik. Es wird ver-

ne Politikfelder und Reformen berichtet wur-

glichen, wie häufig und in welchem Umfang

de, wurden 139 Reformen und 16 Politikfel-

diese Politikfelder in der Berichterstattung

der anhand von vier zentralen Dokumenten

thematisiert wurden. Eine hohe analytische

ausgewählt:

Qualität kann attestiert werden, wenn viele

1. Reformliste der griechischen Regierung

Politikfelder in der Berichterstattung thematisiert wurden. Ein zweiter Indikator ist das Verhältnis der

vom 24. Februar 2015 2. Griechisches Regierungsprogramm 3. Fortschrittsbericht der EU

Häufigkeit der Befassung mit einzelnen Re-

4. Kompromisspapier über ein neues ESM-

formen der griechischen Reformpolitik. Es

Programm des Eurogipfels in Brüssel vom

wird verglichen, wie häufig die einzelnen

12. Juli 2015

Reformen in der Berichterstattung thematisiert wurden. Eine hohe analytische Qua-

Diese Dokumente lagen in deutsche Überset-

lität kann attestiert werden, wenn viele

zung vor (Deutscher Bundestag 2015a; Deut-

Reformen in der Berichterstattung thema-

scher Bundestag 2015b; Ernst 2015). Nach der

tisiert wurden, eine geringe analytische

ersten Sichtung des Materials wurde die Dis-

Qualität wird attestiert, wenn die Mehrzahl

kussion um einen Grexit zusätzlich als Thema

der Reformen gar nicht thematisiert wurde.

ergänzt.

Interessant ist dabei natürlich auch, welche

Die zu untersuchenden Qualitätskriterien

Politikfelder und Reformen bei der journa-

und ihre Operationalisierung im Kategorien-

listischen Analyse im Mittelpunkt standen.

system der Erhebung werden in Abbildung 2 zusammenfassend dargestellt.

Die Operationalisierung der analytischen Qualität erfolgt also durch die Messung der Häufigkeit, mit der sich die Beiträge mit Politikfel-

4.4 Materialbasis

dern und Reformen beschäftigten. Dies erlaubt

Der Untersuchungszeitraum reicht vom 1. Janu-

eine Aussage über die Breite der Analyse. Der

ar 2015 bis zum 31. Dezember 2015. Die Unter-

Berichterstattung wird dann eine hohe analy-

suchung zielt damit bewusst auf die Bericht-

tische Qualität zugesprochen, wenn sie mög-

erstattung über die Regierung Alexis Tsipras,

31


„Die Griechen provozieren!”

Abbildung 2:

Operationalisierung der Qualitätsdimensionen und -kriterien

Qualitätsdimensionen

Qualitätskriterien

Relevanz

Vielfalt

Attributoren-Relevanz der medialen Öffentlichkeit

Akteursvielfalt

Ausgewogenheit

Akteursausgewogenheit

Indikatoren

Relative Häufigkeit der Beiträge zum Thema

Position der Beiträge zum Thema innerhalb der Sendung

Nennung und Darstellung von Akteuren

Akteure als Adressaten und Sender von Aussagen

Gleichgewichtiges Verhältnis der Häufigkeiten der Nennungen und Darstellung von Akteuren

Gleichgewichtiges Verhältnis der Akteure als Sender und Empfänger von Aussagen

Häufigkeit der Beiträge mit verschiedenen Akteuren als O-Ton-Geber*in

Gleichgewichtiges Verhältnis der Akteure als Sender von Aussagen

Gleichgewichtiges Verhältnis der Akteure als Empfänger von Aussagen

32

O-Töne

Gleichgewichtiges Verhältnis des Umfangs der O-Töne verschiedener Akteure


Forschungsdesign

Professionalität

Neutralität

Analytische Qualität

Anteil der Wertungen durch Journalist*innen im Off-Text von Nachrichten und Berichten

Verhältnis der Häufigkeit der Befassung mit Politikfeldern der griechischen Reformpolitik

Bewertungsausgewogenheit

Wertungen durch Journalist*innen

Wertungen durch Akteure in berichteten Aussagen

Wertungen der Akteure in O-Tönen

Gleichgewichtiges Verhältnis der Häufigkeit der Wertungen der griechischen und deutschen Regierung durch Journalist*innen

Gleichgewichtiges Verhältnis der Häufigkeit der Wertungen der griechischen und deutschen Regierung durch dargestellte Akteure

Gleichgewichtiges Verhältnis der Ausprägung der Tonalität in Wertungen der griechischen Regierung durch O-Töne

Gleichgewichtiges Verhältnis der Ausprägung der Tonalität in Wertungen der griechischen und deutschen Regierung durch Journalist*innen

Gleichgewichtiges Verhältnis der Ausprägung der Tonalität in Wertungen der griechischen und deutschen Regierung durch dargestellte Akteure

Verhältnis der Häufigkeit der Befassung mit Reformvorschlägen der griechischen Reformpolitik

Anzahl der nicht-thematisierten Reformvorschläge

Quelle: eigene Darstellung.

33


„Die Griechen provozieren!”

welche am 25. Januar 2015 gewählt wurde, und

Länge der Sendungen und der Anzahl der Bei-

ihre Arbeit während des zweiten Griechenland-

träge analysiert. Anschließend erfolgte ebenso

Hilfsprogrammes, die Verhandlungen und Vor-

wie bei den Hauptnachrichtensendungen eine

bereitungen des dritten Hilfsprogrammes so-

vertiefte Analyse auf Beitragsebene.

wie die Umsetzung der in diesen Verhandlungen genannten Reformen durch die griechische Regierung.

12 Millionen Zuschauer

4.5 Durchführung

Untersucht wurden die Beiträge der tägli-

Alle Untersuchungsobjekte wurden vor Beginn

chen Hauptnachrichtensendungen im öffent-

der Erhebung über eine Download-Funktion der

lich-rechtlichen Rundfunk: die „Tagesschau“

Internet-Mediatheken von ARD und ZDF gesi-

der ARD um 20 Uhr und „heute“ des ZDF um

chert und den Codierer*innen digital zur Ver-

19 Uhr. Die beiden Sendungen zusammen er-

fügung gestellt.

reichen im Durchschnitt über zwölf Millionen

Die Auswertung anhand des Codebuchs

Fernsehzuschauer*innen täglich. Die Nachrich-

erfolgte durch geschulte Codierer*innen im

tensendungen werden täglich ausgestrahlt, es

Januar und Februar 2016. Die Sendungen wur-

handelt sich demnach um 730 Sendungen im

den komplett durchgesehen. Die Merkmale der

Jahr 2015. Es wurden alle Sendungen komplett

Sendungen (Sender, Titel, Länge, Anzahl der

erfasst hinsichtlich Länge und Anzahl der Bei-

Beiträge mit Bezug zur griechischen Staats-

träge mit einem Bezug zur griechischen Staats-

schuldenkrise) wurden in einem separaten

schuldenkrise. Die Beiträge, die einen solchen

Codebogen erfasst. Die Beiträge mit Bezug zur

Bezug aufweisen, wurden vertieft analysiert.

griechischen Staatsschuldenkrise wurden von

Die Beiträge sind die Untersuchungseinhei-

den Codierer*innen durchgesehen. Während

ten der Analyse. Als Beitrag ist eine thematisch-

der Durchsicht wurden in Zehn-Sekunden-

inhaltlich geschlossene Einheit einer Sendung

Abständen die zu untersuchenden Merkmale

definiert, die sich einem Thema widmet, von

erfasst und notiert und anschließend in einen

An- und/oder Abmoderation umschlossen sein

Codebogen eingetragen. Alle Beiträge wurden

kann und nicht durch eine Moderation unter-

transkribiert, um Reliabilität und intersubjekti-

brochen wird.

ve Nachvollziehbarkeit zu erhöhen.

Hinzu kommen die Sondersendungen „Brennpunkt“ der ARD und „ZDF spezial“ des ZDF zur griechischen Staatsschuldenkrise. Von den 43 „Brennpunkten“ im Jahr 2015 und 37

34

4.6 Reliabilität, Validität und Neutralität der Untersuchung

„ZDF spezial“ befassten sich 7 „Brennpunk-

Reliabilität gibt an, ob bei Messwiederholungen

te“ und 10 „ZDF spezial“ mit der griechischen

durch gleiche Codierer*innen (Intracoder-Reli-

Staatsschuldenkrise. Auch diese Sendungen

abilität) oder unterschiedliche Codierer*innen

wurden auf Sendungsebene hinsichtlich der

(Intercoder-Reliabilität) gleiche Messergebnis-


Forschungsdesign

se ermittelt werden. Daran zeigt sich die Ein-

wert von CR=0,96; bei der Einordnung von Mei-

deutigkeit der Kategorien und Codiervorgaben

nungen und Positionen ergab sich ein Wert von

(Früh 2011: 188). Im Vorfeld der Erhebung er-

CR=0,82, für die Zuordnung von Akteuren ein

folgte durch zwei Codierer*innen ein Pretest

Wert von CR=0,87. Zudem konnte durch meh-

anhand von fünf Sendungen, um die Anwend-

rere Abgabezeiträume, in denen die Zwischen-

barkeit des Codebuchs zu überprüfen. Die Co-

ergebnisse geprüft wurden, die Sorgfältigkeit

dierung erfolgte anschließend durch sechs von

der Codierung sichergestellt werden.

der Projektleitung geschulte Codierer*innen.

Mit Validität ist die Gültigkeit der Messin-

Diese nahmen zu Projektbeginn eine parallele

strumente gemeint. Es handelt sich dabei um

Codierung von Beiträgen vor, so dass 24 Co-

einen inhaltsanalytischen Qualitätsstandard,

dierungen gegenübergestellt werden konnten.

der angibt, ob das gemessen wurde, was ge-

Auf dieser Grundlage erfolgte ein Reliabi-

messen werden sollte. Es geht dabei zum ei-

litätstest für jede einzelne Variable. Berech-

nen um die Frage, ob die erhobenen Daten dem

net wurde ein Reliabilitätskoeffizient nach

zu Grunde gelegten theoretischen Konstrukt

Holsti (1969) für alle Codierer*innen. Der

entsprechen.

Koeffizient misst die Übereinstimmung der

Es gibt verschiedene Aspekte von Validität.

Codierer*innen. Dieser betrug über alle Vari-

Inhaltsvalidität ist gegeben, da das Kategorien-

ablen hinweg CR=0,94. Dieser Wert kann als

system alle Aspekte berücksichtigt, die in der

sehr gut bezeichnet werden (vgl. Neuendorf

Fragestellung enthalten sind. Die Beziehung

2002: 143). Für die zu codierenden Reformen

zwischen den codierten Daten und der For-

und Politikfelder zeigte sich ebenso wie für

schungsfrage wurde begründbar und plausibel

die Formalkategorien ein nahezu perfekter

in der Operationalisierung des theoretischen

Reliabilitätskoeffizient, für die zu codierenden

Konstrukts Qualität dargestellt (siehe Kap. 4.3).

Akteure ergab sich ein Wert von CR=0,81; für

Die Rede ist auch von „face-validity“ (Früh

die Variablen, bei denen Meinungen und Posi-

2011: 196). Die vom Forschenden als valide be-

tionen einzuordnen waren, ergab sich ein Wert

trachtete Operationalisierung muss zudem von

von CR=0,75.

den Codierer*innen adäquat umgesetzt wer-

Durch

gemeinsame

Codier-Sitzungen

den. Die Forscher*innen-Codierer*innen-Vali-

der Codierer*innen mit der Projektleitung in

dität kann durch Messung der Forscher*innen-

den ersten Phasen der Erhebung und weite-

Codierer*innen-Reliabilität festgestellt wer-

re Konkretisierungen der Codieranweisungen

den. Gemessen wird hier die Übereinstimmung

zu einzelnen Variablen mit geringen Überein-

der Codierer*innen mit dem Forschenden. Eine

stimmungswerten konnten Zweifelsfälle aus-

Messung anhand von zehn Stichproben über

geräumt werden. Ein zweiter Reliabilitätstest

alle 214 Variablen ergab auch hier einen Wert

im Anschluss an diese Schulung zeigte eine

von CR=0,93. Dieser Wert ist wie ein Reliabili-

Steigerung der Reliabilität auf einen Gesamt-

tätskoeffizient zu bewerten (s. o.).

35


„Die Griechen provozieren!”

Kriteriumsvalidität als weiterer Aspekt von

standardisierten Kategoriensystem und Code-

Validität kann nur sinnvoll im Nachgang die-

buch. Ein hohes Maß an Standardisierung

ser Studie durch einen Vergleich mit anderen

(vorgegebene Kategorien zu möglichen Merk-

(bisher noch nicht vorliegenden) Studien zum

malsausprägungen) und der Zugriff auf nicht-

gleichen Untersuchungsgegenstand bewertet

reaktive Daten (Inhalte, die sich nicht während

werden (vgl. Früh 2011: 196 ff.).

des Erhebungsverfahrens ändern) sichern Ob-

Die Neutralität einer Untersuchung wird

36

jektivität (Behnke/Baur/Behnke 2010: 125 f.).

durch Objektivität sichergestellt. Eine Messung

Objektivität wird zudem durch die statis-

gilt dann als objektiv, wenn sie unabhängig

tische Auswertung der Daten sichergestellt.

von der Person, die diese Messung vornimmt,

Offene Kategorien, die interpretiert werden

zum selben Ergebnis führt. Durch die Anlage

müssten, liegen in der vorgenommenen Unter-

der Untersuchung und die Wahl der Methode

suchung nicht vor. Die gewählte Methode un-

kann Objektivität hergestellt werden. Bei der

terstützt durch ihr hohes Maß an Standardisie-

in dieser Studie gewählten Methode handelt

rung eine objektive und neutrale Untersuchung

es sich um eine Inhaltsanalyse mit einem stark

der Fragestellung.


Ergebnisse der Untersuchung

5 Ergebnisse der Untersuchung

In den folgenden Abschnitten werden die Er-

In 459 Nachrichtensendungen kamen keine

gebnisse der Inhaltsanalyse hinsichtlich der

Beiträge zur griechischen Staatsschuldenkrise

Relevanz des Themas griechische Staats-

vor. 282 Sendungen hatten einen oder meh-

schuldenkrise, der Vielfalt der Akteure in der

rere Beiträge zu diesem Thema. 139 Sendun-

Berichterstattung, der Ausgewogenheit, der

gen waren es in der „Tagesschau“, was 38,1

Neutralität und der analytischen Qualität der

Prozent aller „Tagesschau“-Sendungen im Jahr

Berichterstattung dargestellt. Die Erkenntnisse

2015 entspricht. In der Sendung „heute“ wurde

werden jeweils am Ende eines Abschnitts zu-

in 126 Nachrichtensendungen die griechische

sammengefasst. Alle folgenden Darstellungen

Staatsschuldenkrise thematisiert. Das ent-

sind eigene Anfertigungen aus dem erhobenen

spricht 34,5 Prozent aller „heute“-Sendungen

empirischen Material.

im Jahr 2015. Also war in mehr als jeder dritten Nachrichtensendung von ARD und ZDF die grie-

5.1 Relevanz des Themas

chische Staatsschuldenkrise ein Thema. Insgesamt wurden 615 Beiträge zur griechi-

Im Folgenden wird gezeigt, wie relevant das

schen Staatsschuldenkrise erfasst. Sie haben

Thema der griechischen Staatsschuldenkri-

eine Gesamtlänge von mehr als 19 Stunden.

se für die Nachrichtensendung von ARD und

Obwohl die Nachrichtensendung „heute“ in we-

ZDF war. Im Untersuchungszeitraum, dem

niger Sendungen über die griechische Staats-

gesamten Jahr 2015, wurden 747 Nachrich-

schuldenkrise berichtete als die „Tagesschau“,

tensendungen analysiert. Darunter sind 365

erfolgte die Berichterstattung in mehr Beiträgen.

Sendungen der „Tagesschau“, 365 Sendun-

In der „Tagesschau“ sind es 229 Beiträge,

gen von „heute“ sowie 7 „Brennpunkte“ der

die sich auf die griechische Staatsschuldenkri-

ARD und 10 „ZDF spezial“. Bei „Brennpunkt“

se bezogen, in „heute“ sind es 252 Beiträge. 49

und „ZDF spezial“ handelt es sich jeweils um

Beiträge konnten in den „Brennpunkten“ der

Sondersendungen. Analysiert wurden jene,

ARD gezählt werden, 85 Beiträge in den Sen-

die sich auf die griechische Staatsschulden-

dungen von „ZDF spezial“ (vgl. Abbildung 3).

krise bezogen haben. Im Jahr 2015 gab es 43

Insgesamt berichtete die „Tagesschau“ über

„Brennpunkt“-Sendungen. 16,3 Prozent da-

eine Länge von 386 Minuten und 36 Sekun-

von bezogen sich auf die griechische Staats-

den über die griechische Staatsschuldenkrise,

„heute“ berichtet

schuldenkrise. Im gleichen Zeitraum gab es

die Sendung „heute“ sendete über eine Dauer

am längsten

60 „ZDF spezial“, 16,7 Prozent davon bezogen

von 413 Minuten und 24 Sekunden Beiträge zu

zu Griechenland

sich auf die griechische Staatsschuldenkrise.

diesem Thema. 132 Minuten und 33 Sekunden

Insgesamt wurde Material im Umfang von

wiesen die Beiträge zur griechischen Staats-

mehr als 206 Stunden daraufhin gesichtet, ob

schuldenkrise im „Brennpunkt“ und 257 Minu-

ein Beitrag mit Bezug zur griechischen Staats-

ten und 54 Sekunden in „ZDF spezial“ in ihrer

schuldenkrise enthalten ist.

Summe auf.

37


„Die Griechen provozieren!”

Abbildung 3:

Anzahl der Beiträge in den Nachrichtensendungen 300

250

252

Anzahl der Beiträge

229 200

150

100 85 50

49

0 Tagesschau

heute

Brennpunkt

ZDF spezial

Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

Die durchschnittliche Länge der Beiträge unterscheidet sich zwischen „Tagesschau“ und

38

Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise auf den Untersuchungszeitraum verteilen.

„heute“ kaum. Sie beträgt in der „Tagesschau“

Die Beiträge verteilen sich sehr unter-

eine Minute und 41 Sekunden und in „heute“

schiedlich auf den Untersuchungszeitraum. Im

eine Minute und 38 Sekunden. Die Sondersen-

Verlauf ist erkennbar, dass die Anzahl der Bei-

dungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“ zeig-

träge von Januar auf Februar stieg, dann folgte

ten auch längere Beiträge. Die durchschnitt-

ein Rückgang der Berichterstattung im März,

liche Länge der Beiträge liegt beim „Brenn-

April und Mai. Im Juni kam es dann mit 25,53

punkt“ bei 2 Minuten und 42 Sekunden, bei

Prozent aller Beiträge zu einem starken Anstieg

„ZDF spezial“ bei 3 Minuten und 2 Sekunden

der Berichterstattung. Der Höhepunkt war im

(vgl. Abbildung 4).

Juli mit 33,82 Prozent aller Beiträge zur grie-

Auch wenn dies kein Indikator zur Bewer-

chischen Staatsschuldenkrise. Ab September

tung der Relevanz ist, soll hier dennoch auch

spielte das Thema kaum noch eine Rolle (vgl.

beschrieben werden, wie sich die Beiträge mit

Abbildung 5).


Ergebnisse der Untersuchung

Abbildung 4:

Durchschnittliche Länge der Beiträge in den Nachrichtensendungen 3:30

Durchschnittliche Länge der Beiträge in Minuten

3:00

3:02

2:30

2:42

2:00 1:30

1:41

1:38

1:00 0:30 0 Tagesschau

heute

Brennpunkt

ZDF spezial

Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

Diese Entwicklung und insbesondere die

Euro-Finanzminister*innen am 11. und am 20.

Steigerung der Berichterstattung in einigen

Februar und ein EU-Gipfel der Staats- und Re-

wenigen zeitlichen Abschnitten kann auf ein-

gierungschefs und chefinnen waren der Anlass

zelne Ereignisse im Verlauf der Krise zurückge-

für eine intensive Berichterstattung zur grie-

führt werden: Insbesondere die Treffen vor Aus-

chischen Staatsschuldenkrise. Nach der Vor-

laufen einer Stufe des Hilfspaketes im Februar

lage einer Reformliste durch den griechischen

und im Juni 2015 zogen große Aufmerksamkeit

Finanzminister Yanis Varoufakis am 24. Februar

auf sich und verstärkten die Berichterstattung.

und der Zustimmung des Bundestages zur Ver-

Diese Gipfel standen bei ablaufenden Fristen

längerung des zweiten Hilfspakets Ende Febru-

in engem zeitlichem Zusammenhang mit einer

ar 2015 verlor das Thema an Relevanz.

intensiven Berichterstattung zur griechischen Staatsschuldenkrise.

Die Frist für das Auslaufen des zweiten Hilfspaketes wurde auf den 30. Juni 2015 fest-

Am 28. Februar sollte das zweite Grie-

gesetzt. Auch im Vorfeld dieser Frist kam es

chenland-Hilfspaket auslaufen. Treffen der

zu einer Reihe von Gipfeltreffen, die Anlass für

39


„Die Griechen provozieren!”

Abbildung 5:

Anteil der Beiträge in den Untersuchungsmonaten im zeitlichen Verlauf 40% 33,82 %

35 % 30 % Anteil der Beiträge

25,53 % 25 % 20 % 15 % 11,38 % 10 %

7,48 %

7,32 %

5,69 %

4,88 %

5 %

1,46 %

1,46 % 0

Jan.

Febr.

März

Apr.

Mai

Juni

Juli

Aug.

Sept.

0,49 %

0,16 %

0,16 %

Okt.

Nov.

Dez.

Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

eine intensive Berichterstattung waren. Das

2015 für einen massiven Anstieg der Bericht-

Treffen der Euro-Finanzminister*innen am 18.

erstattungsintensität. Das Referendum am 5.

Juni, ein Sondergipfel der EU-Staats- und Re-

Juli, die Schließung griechischer Banken, das

gierungschefs und -chefinnen am 21. und 22.

Treffen der Euro-Finanzminister*innen und Re-

Anstieg der

Juni, ein Treffen der Euro-Finanzminister*innen

gierungschefs und -chefinnen am 7. Juli sowie

Berichterstattung

am 24. Juni und schließlich der Gipfel der

die Verhandlungen um ein neues Hilfspaket

nach Scheitern

EU-Staats- und Regierungschefs und -che-

waren im Juli Ereignisse, die eine sehr starke

der Verhandlungen

finnen waren Anlass für eine Steigerung der

Berichterstattung beförderten. Nachdem eine

Berichterstattungsintensität.

Einigung am 12. Juli bei einem Gipfel der Euro-

Das Scheitern dieser Verhandlungen und die Ankündigung eines Referendums durch

40

Staaten zustande kam, ließ die Berichterstattung im August erheblich nach.

den griechischen Ministerpräsidenten Alexis

Die Berichterstattungsintensität zur grie-

Tsipras am 27. Juni sorgten im Zusammenhang

chischen Staatsschuldenkrise ist in den unter-

mit der Frist für das zweite Hilfspaket Ende Juni

suchten Nachrichtensendungen im zeitlichen


Ergebnisse der Untersuchung

Abbildung 6:

Anzahl der Beiträge nach Sendungen im zeitlichen Verlauf 80 70

Anzahl der Beiträge

60 50 40 30 20 10 0

Jan.

Febr.

März

Apr.

Tagesschau

Mai

Juni heute

Juli

Aug. Brennpunkt

Sept.

Okt.

Nov.

Dez.

ZDF spezial

Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

Verlauf weitestgehend ähnlich und verläuft

hepunkt der Krise im Juli berichtete die „Ta-

zwischen den Hauptnachrichtensendungen

gesschau“ in 66 und „heute“ in 69 Beiträgen.

„Tagesschau“ und „heute“ nahezu synchron.

Auffällig ist, dass die Sendung „heute“ ab Au-

Die „Tagesschau“ startete das Jahr 2015

gust 2015 erstmals erkennbar seltener als die

im Januar mit 16 Beiträgen zur griechischen

„Tagesschau“ auf das Thema einging. So sind

Staatsschuldenkrise, „heute“ mit 24. In den

es in „heute“ 15 Beiträge, während sich in der

Folgemonaten gab es in der Regel in „heute“

„Tagesschau“ 20 Beiträge finden lassen. Im

3 bis 8 Beiträge zur griechischen Staatsschul-

September zeigte „heute“ lediglich vier Beiträ-

denkrise mehr als in der „Tagesschau“. Beide

ge, danach gar keine mehr (vgl. Abbildung 6).

Hauptnachrichtensendungen steigerten sich

Die Berichterstattungsintensität ist in den

im Februar – die „Tagesschau“ auf 32 Beiträge,

Sondersendungen „ZDF spezial“ höher als in

„heute“ auf 39 Beiträge. In den Folgemonaten

den „Brennpunkten“ der ARD. Es gab zum ei-

nahm die Berichterstattungsintensität ab und

nen mehr „ZDF spezial“-Sendungen und zum

erlebte ihren ersten Tiefpunkt im Mai. Zum Hö-

anderen auch mehr Beiträge in den einzelnen

41


„Die Griechen provozieren!”

Abbildung 7:

Durchschnittliche Anzahl der Beiträge in den Nachrichtensendungen

Durchschnittliche Anzahl der Beiträge pro Sendung

9 8,50

8 7

7,00

6 5 4 3 2 1 0

0,66 Tagesschau

0,67 heute

Brennpunkt

ZDF spezial

Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

Sendungen. Es wurden 10 „ZDF spezial“ zur

Sendung, bei den ARD-„Brennpunkten“ waren

griechischen Staatsschuldenkrise mit einer

es 7 Beiträge pro Sendung. Die Nachrichten-

durchschnittlichen Länge von 15 Minuten und

sendungen „heute“ und „Tagesschau“ sende-

14 Sekunden ausgestrahlt und 7 „Brennpunk-

ten in etwa gleich viele Beiträge pro Sendung.

te“ mit einer durchschnittlichen Länge von

0,67 Beiträge waren es pro „heute“-Sendung

6 Minuten und 41 Sekunden. Die Sonderbe-

und 0,66 Beiträge waren es pro „Tagesschau“-

richterstattung des ZDF war also erkennbar

Sendung (vgl. Abbildung 7).

intensiver.

42

Die griechische Staatsschuldenkrise war

Diese Sondersendungen befassten sich

im Jahr 2015 eines der zentralen Themen in

ausschließlich mit der griechischen Staats-

den Fernsehnachrichten der ARD und des ZDF.

schuldenkrise und dementsprechend hoch ist

Dies lässt sich daran erkennen, dass 22,6 Pro-

hier auch die Zahl der Beiträge pro Sendung. Die

zent der Beiträge mit Bezug zur griechischen

durchschnittliche Anzahl der Beiträge lag in den

Staatsschuldenkrise an der ersten Stelle ei-

„ZDF spezial“-Sendungen bei 8,5 Beiträgen pro

ner Sendung positioniert waren, folglich als


Ergebnisse der Untersuchung

Abbildung 8:

Positionierung von Beiträgen in den Nachrichtensendungen 30 %

Anteil der Beiträge

25 %

24,6 % 22,6 %

20 % 16,7 % 15 %

12,2 %

10 %

8,8 % 5,9 %

5 %

3,1 % 1,6 %

1,1 %

1,3 %

0,7 %

0,7 %

0,3 %

0,3 %

0,2 %

8

9

10

11

12

13

14

15

0 1

2

3

4

5

6

7

Positionierung in der Nachrichtensendung Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

„Aufmacher“ gelten. Die Positionierung ist

krise zu Beginn der Nachrichtensendungen,

Ausdruck der Relevanz eines Themas. Je be-

was bei der „Tagesschau“ 26,6 Prozent und bei

deutsamer ein Thema den Journalist*innen

„heute“ 24,2 Prozent der Beiträge entspricht.

erscheint, desto weiter an den Anfang einer

Diese hohe Relevanz zeigte sich bereits zu

Nachrichtensendung wird es platziert. 24,6

Jahresbeginn im Januar mit elf Beiträgen an

Prozent der Beiträge befanden sich an zweiter

erster Position und im Februar mit 16 Beiträgen

und 16,7 Prozent an dritter Stelle. Somit sind

an erster Position. Im März fiel die Relevanz, im

64 Prozent aller Beiträge zum Thema griechi-

Mai war kein Beitrag zur griechischen Staats-

sche Staatsschuldenkrise unter den ersten drei

schuldenkrise zu Beginn einer Nachrichtensen-

Höhepunkt im Juni

Beiträgen einer Sendung zu finden (vgl. Abbil-

dung platziert. Ihren Höhepunkt hatte die Rele-

und Juli 2015

dung 8). Zwischen „Tagesschau“ und „heute“

vanz des Themas im Juni und Juli, wo 39 bzw. 47

gibt es hinsichtlich der Positionierung kaum

Beiträge zur griechischen Staatsschuldenkrise

Unterschiede. Beide Sendungen positionierten

die erste Position der Nachrichtensendungen

61 Beiträge zur griechischen Staatsschulden-

innehatten. In den Folgemonaten sank die

43


„Die Griechen provozieren!”

Abbildung 9:

Beiträge an erster Position der Nachrichtensendungen im zeitlichen Verlauf 50

47

Anzahl der Beiträge an erster Position

45  39

40 35  30  25  20  16 15

12

11 10

7

6 5  0

Jan.

Febr.

März

Apr.

0 Mai

1 Juni

Juli

Aug.

Sept.

0 Okt.

0 Nov.

0 Dez.

Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=139, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

Hohe Relevanz

44

Relevanz stark, im August waren nur noch 7

zent der Beiträge mit Bezug zur griechischen

Beiträge als erste innerhalb der Nachrichten-

Staatsschuldenkrise als Aufmacher für die

sendungen platziert, im September noch einer.

Nachrichtensendungen genutzt. „Tagesschau“

Danach schaffte es das Thema nicht mehr auf

und „heute“ unterschieden sich in ihrer Be-

die erste Position (vgl. Abbildung 9).

richterstattungsintensität kaum. Ein Großteil

Zusammenfassend lässt sich feststel-

der Berichterstattung von „Tagesschau“ und

len, dass die Nachrichtensendungen „Tages-

„heute“ fand in den Monaten Februar, Juni

schau“ und „heute“ das Thema griechische

und Juli 2015 statt. Nach einer Einigung zwi-

Staatsschuldenkrise als sehr relevant angese-

schen den Konfliktparteien im Juli verlor das

hen haben. Im Jahr 2015 war in 38 Prozent der

Thema massiv an Relevanz: „Tagesschau“ und

„Tagesschau“-Sendungen und 34 Prozent der

„heute“ berichteten dann kaum noch über das

„heute“-Sendungen mindestens ein Beitrag

Thema. Insgesamt strahlte das ZDF im Jahr

zur griechischen Staatsschuldenkrise vertre-

2015 mehr Sondersendungen zur griechischen

ten. Außerdem wurde das Thema in 22,6 Pro-

Staatsschuldenkrise aus als die ARD.


Ergebnisse der Untersuchung

Abbildung 10:

Anteil der Beiträge differenziert nach Vielfalt der O-Ton-Geber*innen 37 %

36 % 35,6 % Anteil der Beiträge

35 %

34 %

33 % 32,4 %

32 %

32,0 %

31 %

30 % Kein O-Ton

Eine O-Ton-Geber-Gruppe

Mehr als eine O-Ton-Geber-Gruppe

Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

5.2 Vielfalt der Akteure in der Berichterstattung

die Akteursvielfalt der Beiträge aus. Hierfür wurden die O-Töne der Beiträge betrachtet. Es wurde untersucht, wie viele unterschiedliche

Die Vielfalt als Qualitätsmerkmal wurde auch

Akteure zu Wort gekommen sind und ihre Aus-

auf der Akteursebene operationalisiert. Zu un-

sagen direkt senden konnten.

tersuchen war, ob alle relevanten politischen

Dabei wurden kollektive Akteure, wie die

Akteure beachtet und ihre Positionen wieder-

griechische Regierung, die deutsche Regie-

gegeben wurden. Dafür wurde untersucht,

rung, Vertreter*innen der EU (EU-Kommissi-

welche politischen Akteure in O-Tönen zu Wort

on, Vertreter*innen des Europaparlaments

kamen. Dies erlaubt eine Aussage darüber, ob

und der Präsident des Europäischen Rates),

politische Akteure dargestellt wurden, die für

Vertreter*innen der Eurogruppe und andere

verschiedene Positionen stehen.

Akteure jeweils kollektiv als ein Akteur gezählt,

Die Anzahl der Akteure, die in einem Bei-

da sie in der Regel für eine Position stehen. Für

trag direkt zu Wort kommen, sagt etwas über

die folgende Analyse wurde zusammengezählt,

45


„Die Griechen provozieren!”

Abbildung 11:

Anteil der Beiträge differenziert nach Vielfalt der O-Ton-Geber*innen und Sendung 80 %

75,3 %

Anteil der Beiträge

70 % 60 %

53,1 %

50 % 40 % 30 %

40,2 %

36,7 %

44,0 % 34,5 %

23,1 %

30,6 %

21,4 %

20 %

16,3 % 10,6 %

10 %

14,1 %

0 Tagesschau Kein O-Ton

heute Eine O-Ton-Geber-Gruppe

Brennpunkt

ZDF spezial

Mehr als eine O-Ton-Geber-Gruppe

Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

wie viele dieser Akteursgruppen in O-Tönen in

wurden vielfältige Akteure durch O-Töne dar-

den Beiträgen auftraten. Daran ist feststellbar,

gestellt (vgl. Abbildung 10).

wie vielfältig die Positionen in O-Tönen sein können. Es zeigt sich, dass in den meisten Beiträ-

46

Im Folgenden sollen diese Ergebnisse zwischen den untersuchten Sendungen vergleichend dargestellt werden.

gen, in denen O-Töne vorkommen, mehr als nur

Im Vergleich zwischen den untersuchten

eine O-Ton-Geber*innen-Gruppe dargestellt

Sendungen fällt auf, dass in den Hauptnach-

wurde. Eine O-Ton-Geber*innen-Gruppe findet

richtensendungen „Tagesschau“ und „heu-

sich in 32,0 Prozent der Beiträge. So wurden

te“ in mehr Beiträgen mehr als eine O-Ton-

beispielsweise innerhalb eines Beitrags nur

Geber*innen-Gruppe zu Wort kam. Dies ist in

Vertreter*innen der EU in O-Tönen dargestellt

der „Tagesschau“ in 40,2 Prozent der Beiträge

und andere Vertreter*innen nicht. Mehr als

der Fall, in „heute“ in 34,5 Prozent. Dies spricht

eine O-Ton-Geber*innen-Gruppe findet sich

für Akteursvielfalt bei O-Tönen in diesen Sen-

hingegen in 32,4 Prozent der Beiträge. Hier

dungen. Nur eine O-Ton-Geber*innen-Gruppe


Ergebnisse der Untersuchung

findet sich in beiden Sendungen ähnlich sel-

eine Akteursgruppe zu Wort. In „Tagesschau“

ten: in der „Tagesschau“ in 23,1 Prozent der

und „heute“ wurde auf Beitragsebene stärker

Beiträge, in „heute“ in 21,4 Prozent (vgl. Ab-

auf die Vielfalt der Akteure geachtet als in den

bildung 11).

Sondersendungen. Über alle Beiträge hinweg

Vielfältige Akteure

kamen jedoch bei allen Sendungen vielfältige

kommen zu Wort

In den Sondersendungen ist es erheblich häufiger der Fall, dass nur eine Gruppe von O-

Akteure zu Wort.

Ton-Geber*innen zu Wort kam. Dies ist in 53,1 Prozent der „Brennpunkt“-Beiträge der Fall und in 75,3 Prozent der „ZDF spezial“-Beiträge. Diese Sendungen weisen demnach eine geringere

5.3 Ausgewogenheit in der Berichterstattung

Vielfalt von O-Ton-Geber*innen innerhalb eines

Im Folgenden soll die Ausgewogenheit der

Beitrags auf. Dies ist auch auf die Verwendung

Berichterstattung zur griechischen Staats-

der Darstellungsform Interview in Sondersen-

schuldenkrise in den Nachrichtensendungen

dungen zurückzuführen, bei der häufig nur ein

„Tagesschau“, „heute“ und in den Sondersen-

Akteur zu Wort kommt.

dungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“ unter-

Insgesamt und über alle Beiträge hinweg

sucht werden.

sind die O-Töne jedoch auf vielfältige Akteu-

Anhand des Auftretens der politischen

re verteilt. Es wurden insgesamt 126 unter-

Akteure kann eine Aussage über die Ausge-

schiedliche andere Akteure gezählt, die in

wogenheit der Nachrichtenberichterstattung

O-Tönen zu Wort kamen. Darunter sind u. a.

getroffen werden. Eine ausgewogene Bericht-

Barack Obama, Christine Lagarde, Ökono-

erstattung liegt dann vor, wenn alle in der öf-

men wie Marcel Fratzscher, Clemens Fuest

fentlichen Diskussion vorgetragenen Argumen-

oder Peter Bofinger, griechische Politik- und

te und Standpunkte berücksichtigt werden und

Sozialwissenschaftler*innen, Zentralbänker

die jeweiligen politischen Akteure, die diese

wie Mario Draghi, Syriza-Abgeordnete wie bei-

Standpunkte repräsentieren, gleichgewichtig

spielsweise Nikos Manios, deutsche Politiker

zu Wort kommen. Daher wurde erfasst, wie

wie Bernd Riexinger, Wolfgang Bosbach, Ma-

häufig die griechische und deutsche Regierung

nuel Sarrazin oder Thomas Oppermann. Die

und andere politische Akteure auftraten. Es

Vielfalt der Akteure, welche in den Nachrich-

geht hierbei um die Akteursausgewogenheit.

tensendungen durch O-Töne zu Wort kamen, ist

So kann bestimmt werden, ob alle politischen

dementsprechend breit.

Akteure angemessen zu Wort kamen. Zusätzfestgehalten

lich soll anhand der Bewertungsausgewogen-

werden, dass über alle Beiträge hinweg Ak-

heit gezeigt werden, ob Bewertungen dieser

teursvielfalt gegeben ist, da unterschiedliche

Akteure in der Berichterstattung ausgewogen

Akteure Anlass der Berichterstattung waren.

waren. Akteursausgewogenheit und Bewer-

Auf Beitragsebene kamen zumeist mehr als

tungsausgewogenheit der Berichterstattung

Zusammenfassend

kann

47


„Die Griechen provozieren!”

zur griechischen Staatsschuldenkrise werden

Prozent aller Beiträge genannt oder gezeigt.

in den folgenden Abschnitten analysiert.

Demgegenüber war die deutsche Regierung deutlich seltener in der Berichterstattung

5.3.1 Akteursausgewogenheit

vertreten. In 41,6 Prozent der Beiträge wur-

In den folgenden Abschnitten geht es darum

den Kanzlerin Angela Merkel oder Finanz-

festzustellen, ob die zentralen Akteure in ei-

minister Wolfgang Schäuble genannt oder

nem gleichgewichtigen Verhältnis in der Be-

gezeigt. Andere Entscheidungsträger*innen

richterstattung zur griechischen Staatsschul-

wie Vertreter*innen der EU-Kommission, des

denkrise dargestellt wurden, ob sie in gleichem

Internationalen Währungsfonds oder der Eu-

Verhältnis Aussagen senden konnten und emp-

rogruppe wurden in 42,1 Prozent aller Beiträge

fangen haben und ob sie in gleichem Umfang in

namentlich erwähnt bzw. im Bild gezeigt (vgl.

O-Tönen zu Wort gekommen sind.

Abbildung 12). Im Folgenden wird das Auftreten dieser Akteure differenziert nach den Sendun-

Ausgewogenheit der Nennung und Darstellung von Akteuren

gen betrachtet. Hinsichtlich einer Differenzierung zwischen

Im Folgenden soll nun dargestellt werden, wie

den einzelnen Sendungen lässt sich feststel-

hoch der Anteil der Beiträge mit einem Auf-

len, dass in der Sendung „heute“ die griechi-

treten von Akteuren – gemessen an der Ge-

schen Regierungsakteure in 72,5 Prozent aller

samtanzahl der Beiträge – ist, um im weiteren

Beiträge genannt wurden, während der Wert

Verlauf aufzuzeigen, wie häufig politische Ak-

bei der „Tagesschau“ bei 66,4 Prozent lag.

teure in den Beiträgen namentlich genannt und

Beim „Brennpunkt“ lag der Anteil bei 69,3 Pro-

wie häufig sie auf Bildebene gezeigt wurden.

zent, bei „ZDF spezial“ bei 52,9 Prozent. Die

Die Analyse soll Aufschluss über die Ausgewo-

deutsche Regierung wurde in allen untersuch-

genheit der Berichterstattung zur griechischen

ten Sendungen seltener genannt oder gezeigt.

Staatsschuldenkrise liefern.

Sie kam nur in 21,3 Prozent der „Tagesschau“-

Griechische

Akteure der griechischen und deutschen

Beiträge vor und in 43 Prozent der „heute“-Bei-

Regierung im Fokus

Regierung wurden in den untersuchten Bei-

träge. Im „Brennpunkt“ war sie in 46,9 Prozent

trägen, unabhängig von einer möglichen

der Beiträge vertreten und in „ZDF spezial“ in

Personalisierung, genannt oder gezeigt. Es

37,6 Prozent.

48

liegen aber deutliche Unterschiede hinsicht-

Dies verdeutlicht, dass griechische Regie-

lich der Regierungen beider Länder in Bezug

rungsakteure in allen untersuchten Nachrich-

auf die Häufigkeit vor. Über alle Sendungen

tensendungen häufiger in Beiträgen genannt

hinweg wurde die griechische Regierung mit

und gezeigt wurden als deutsche Regierungs-

Ministerpräsident Alexis Tsipras und Finanz-

akteure. Allerdings ist die Differenz bei den

minister Yanis Varoufakis oder dessen Nach-

untersuchten Nachrichtensendungen unter-

folger, Euklid Tsakalotos, in insgesamt 67,3

schiedlich groß. Die „Tagesschau“ weist mit


Ergebnisse der Untersuchung

Abbildung 12:

Anteil der Beiträge mit Nennung oder Darstellung von Akteuren

42,1 %

Andere Entscheidungsträger

Deutsche Regierung

41,6 %

Griechische Regierung

67,3 %

0 %

10 %

20 %

30 %

40 %

50 %

60 %

70 %

80 %

Anteil der Beiträge Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, Mehrfachnennungen, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

45,1 Prozent die größte Differenz auf, während

auffällig, dass die Differenz in der „Tages-

diese bei „heute“ bei nur 29,5 Prozent liegt.

schau“ größer ist als in der Sendung „heute“.

In den untersuchten Sondersendungen ist die Differenz deutlich geringer. So beträgt sie beim

Ausgewogenheit der Akteure als

„Brennpunkt“ 22,4 Prozent und 15,3 Prozent

Adressaten und Sender von Aussagen

bei „ZDF spezial“ (vgl. Abbildung 13).

Innerhalb der untersuchten Beiträge werden

Zusammenfassend kann festgestellt wer-

aber auch Aussagen über kollektive und indi-

den, dass Akteure der griechischen Regierung

viduelle Akteure getroffen, welche im Folgen-

häufiger Berichterstattungsgegenstand waren

den Attribuierungen genannt werden. Gemeint

als andere Akteure. Gleiches gilt auch für die

sind hier Aussagen von Akteuren über Akteu-

Häufigkeit der Erwähnung auf Text- oder Bild-

re, wie z. B. Zuschreibungen von Ursachen und

ebene in den untersuchten Beiträgen. Über die

Wirkungen oder Wertungen von politischen

deutsche Regierung wurde demzufolge insge-

Akteuren. Im Folgenden wird gefragt, ob diese

samt weniger berichtet. Hierbei ist allerdings

Adressierungen ausgewogen in der Berichter-

49


„Die Griechen provozieren!”

Abbildung 13:

Anteil der Beiträge mit Nennung oder Darstellung der griechischen und deutschen Regierung 80 % 72,6 %

Anteil der Beiträge

70 %

69,3 %

66,4 %

60 %

52,9 %

50 %

45,1 %

46,9 %

42,8 %

37,6 %

40 % 29,8 % 30 %

22,4 %

21,3 %

15,3 %

20 % 10 % 0 Tagesschau

heute Griechische Regierung

Brennpunkt Deutsche Regierung

ZDF spezial Differenz

Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

50

stattung zur griechischen Staatsschuldenkrise

andere politische Akteure analysiert, worun-

waren.

ter u. a. Vertreter*innen der EU-Kommission,

Erfasst wurden in vorliegender Forschungs-

der Eurogruppe, der Europäischen Zentral-

arbeit Attribuierungen, die durch Direkt-Zitate

bank, des Internationalen Währungsfonds und

Alle reden über

(z. B. in Form von O-Tönen), aber auch durch indi-

Vertreter*innen von Parlamenten fallen. Die

die griechische

rekte Zitate (von anderen wiedergegebene Aus-

gewonnenen Daten sollen im Folgenden dar-

Regierung …

sagen, z. B. von einem Korrespondent*innen

gestellt werden.

oder Nachrichtensprecher*innen) erfolgten.

Die griechische Regierung war mit Abstand

Dies geschah sowohl für die deutsche und die

häufigster Attribuierungsadressat. Bei 41,5

griechische Regierung im Allgemeinen als auch

Prozent der Beiträge wurden von anderen Ak-

im Speziellen. Das heißt, die Beiträge wurden

teuren Aussagen über sie getroffen, welche

auch hinsichtlich Attribuierungen einzelner

sich aber vielfach auf sie im Allgemeinen be-

politischer Akteure untersucht. Darüber hi-

schränkten. In 17,1 Prozent der Beiträge wurden

naus wurden diese Attribuierungen auch für

auch Aussagen über Ministerpräsident Alexis


Ergebnisse der Untersuchung

Abbildung 14:

Anteil der Beiträge mit politischen Akteuren als Adressaten bzw. Sendern von Aussagen 11,4 %

Griechische Regierung

11,2 %

Alexis Tsipras

17,1 %

5,4 % 4,7 %

Yanis Varoufakis Euklid Tsakalotos

41,5 %

0,5 % 0,2 % 10,9 % 11,2 %

Deutsche Regierung 6,0 % 6,7 %

Angela Merkel Wolfgang Schäuble

4,1 %

8,1 %

Andere

42,1 %

15,6 % 0 %

5 %

10 %

15 %

20 %

25 %

30 %

35 %

40 %

45 %

Anteil der Beiträge Sender

Adressat

Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, Mehrfachantworten, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

Tsipras getroffen und 4,7 Prozent der Beiträge

attribuiert, Finanzminister Wolfgang Schäuble

beinhalteten Attribuierungen von Finanzmi-

mit 4,1 Prozent etwas weniger. Zuvor darge-

nister Yanis Varoufakis. Sein Nachfolger Euklid

stellte Ergebnisse weisen eine Gemeinsamkeit

Tsakalotos spielte indes keine große Rolle in

beider Regierungen auf: Die Regierungschefs

der medialen Berichterstattung. Nur in einem

und -chefinnen wurden häufiger mit Aussagen

Fall lassen sich Aussagen über ihn finden (vgl.

adressiert als die Finanzminister*innen der je-

Abbildung 14).

weiligen Länder.

Attribuierungen der deutschen Regierung

Betrachtet man dem gegenübergestellt,

ließen sich gegenüber solchen der griechi-

wer in den untersuchten Beiträgen Aussagen

schen Regierung erheblich seltener finden.

über andere Akteure traf, fällt auf, dass die

… doch sie selbst

Nur 11,2 Prozent der Beiträge beinhalteten Aus-

griechische Regierung nur in 11,4 Prozent der

kommt kaum zu Wort

sagen von Akteuren über die deutsche Regie-

Beiträge als Sender von Attributionen auftrat.

rung. Personenbezogen wurde Bundeskanzle-

Während in 41,5 Prozent der Beiträge über die

rin Angela Merkel in 6,7 Prozent der Beiträge

griechische Regierung Aussagen getroffen wur-

51


„Die Griechen provozieren!”

Tabelle 3: Anteil der Beiträge mit Attribuierungen von politischen Akteuren Sender

Adressaten

Griechische Regierung

Alexis Tsipras

Yanis Varoufakis

Euklid Tsakalotos

Deutsche Regierung

Angela Merkel

Wolfgang Schäuble

Andere

Griechische Regierung

7,3 %

7,5 %

3,6 %

0,3 %

8,8 %

5,2 %

6,8 %

33,5 %

Alexis Tsipras

3,3 %

4,6 %

1,0 %

0,2 %

2,9 %

2,6 %

1,3 %

13,8 %

Yanis Varoufakis

1,6 %

0,8 %

1,5 %

0,0 %

1,5 %

0,5 %

2,0 %

3,9 %

Euklid Tsakalotos

0,0 %

0,0 %

0,0 %

0,0 %

0,0 %

0,0 %

0,2 %

0,2 %

Deutsche Regierung

2,6 %

2,4 %

0,5 %

0,2 %

2,9 %

1,5 %

1,0 %

8,8 %

Angela Merkel

1,5 %

1,6 %

0,3 %

0,0 %

2,0 %

1,3 %

0,3 %

5,0 %

Wolfgang Schäuble

0,7 %

0,5 %

0,3 %

0,2 %

1,5 %

0,3 %

0,8 %

3,1 %

Andere

5,2 %

5,7 %

3,3 %

0,2 %

2,9 %

1,1 %

2,4 %

11,7 %

Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, Mehrfachantworten, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

den, trat sie erheblich seltener als Sender auf.

in 5,4 Prozent der Beiträge Attributionen aus,

Hier zeigt sich ein Ungleichgewicht. Bei der

Angela Merkel in 6 Prozent. Andere Akteure

deutschen Regierung findet sich ein solches

waren in 42,1 Prozent der Beiträge Sender von

Ungleichgewicht nicht: Sie trat in 10,9 Prozent

Aussagen. Diese Gruppe wurde nicht näher er-

der Beiträge als Sender auf, während sie in

fasst. Hierzu zählen beispielsweise alle euro-

11,2 Prozent der Beiträge adressiert wurde. Die

päischen Akteure, Oppositionspolitiker*innen

Diskrepanz ist erheblich geringer.

und Vertreter*innen

Bei den individuellen Akteuren trat Alexis

52

des

Internationalen

Währungsfonds.

Tsipras am häufigsten als Sender auf, nämlich

Beim Blick darauf, wessen Attributionssen-

in 11,2 Prozent der Beiträge. Am zweithäufigs-

dungen und -adressierungen zusammenfallen,

ten, in 8,1 Prozent der Beiträge, wurden Attri-

fällt auf, dass die griechische Regierung häu-

butionen von Wolfgang Schäuble in den Bei-

fig Aussagen empfing, wenn sie auch sendete.

trägen gesendet. Er war somit doppelt so oft

Dies ist in 7,3 Prozent der Beiträge der Fall. Es

Sender als Adressat. Yanis Varoufakis sendete

sind vielfach Beiträge, in denen die griechische


Ergebnisse der Untersuchung

Abbildung 15:

Länge der O-Töne der politischen Akteure in den Nachrichtenbeiträgen 210:00

Länge der O-Töne in Minuten

180:00

179:18

150:00 120:00 90:00 80:12 60:00 30:00

36:03

29:48 10:38

0:00 Griechische Regierung

Deutsche Regierung

EU-Vertreter

Euro-GruppenVertreter

Andere

Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

Regierung ihre eigenen Leistungen beurteilte

gierung dargestellt. Am häufigsten unter den

oder ihre Ziele definierte. So hieß es beispiels-

näher bestimmten Akteuren – in 8,8 Prozent

weise in einem O-Ton von Alexis Tsipras in der

der Beiträge – trafen die deutsche Regierung

Sendung „heute“ am 9. April 2015 „Das Ziel

als Sender und die griechische Regierung als

unserer Regierung ist, Griechenland in der

Adressat zusammen. Die Gruppe der anderen

Eurozone zu halten. Wir sind überzeugt, dass

Akteure trat bei allen Adressaten am häufigs-

unsere Probleme Probleme von ganz Europa

ten als Sender auf. Während die griechische

sind.“ Und am 8. Februar 2015 in der „Tages-

Regierung am häufigsten als Sender und als

schau“: „Der neue griechische Ministerpräsi-

Adressat gleichzeitig auftrat, was auch für Ale-

dent Tsipras ist überzeugt, dass sein Land mit

xis Tsipras und Yanis Varoufakis in Bezug auf

den Partnern der Eurozone eine Übereinkunft

die griechische Regierung gilt, trat die deut-

zur Lösung der Schuldenkrise erreichen wird.“

sche Regierung dann am häufigsten als Sender

Hier wurde eine Aussage des griechischen

auf, wenn die griechische Regierung adressiert

Ministerpräsidenten über die griechische Re-

wurde. Dieses Phänomen ist auch bei Angela

53


„Die Griechen provozieren!”

Merkel und Wolfgang Schäuble als Sender fest-

12 Sekunden in O-Tönen in den untersuchten

stellbar (vgl. Tabelle 3).

Nachrichtensendungen zur griechischen Staats-

Zusammenfassend lässt sich festhalten,

schuldenkrise sprach. Vertreter*innen der EU,

dass die griechische Regierung häufig durch

worunter die EU-Kommission, das Europaparla-

Aussagen anderer Akteure adressiert wurde,

ment und der Präsident des Europäischen Rates

nämlich in 41,5 Prozent der Beiträge. Aber

gezählt wurden (also beispielsweise Jean-Clau-

deutlich seltener wurden Aussagen der grie-

de Juncker, Martin Schulz oder Donald Tusk),

chischen Regierung in den untersuchten Bei-

sprachen 29 Minuten und 48 Sekunden in O-

trägen gesendet, nämlich nur in 11,4 Prozent

Tönen, Vertreter*innen der Eurogruppe in 10 Mi-

der Beiträge. Eine solche Diskrepanz fand sich

nuten und 38 Sekunden. Alle anderen Akteure,

bei der deutschen Regierung nicht: Aussagen

z. B. Parlamentarier*innen und Expert*innen,

über sie wurden in gleichem Umfang gesen-

sprachen zusammengezählt in 179 Minuten und

Fehlende

det wie Aussagen von ihr. Dies spricht für eine

18 Sekunden (siehe Abbildung 15).

Ausgewogenheit in

fehlende Ausgewogenheit der Berichterstat-

Der Anteil der griechischen Regierung an

Akteursaussagen

tung in der Berichterstattung zur griechischen

den O-Tönen lag bei gerade einmal 10,7 Prozent.

Staatsschuldenkrise.

Der Anteil der deutschen Regierung lag bei 23,8 Prozent. Die untersuchten Nachrichtensendun-

Ausgewogenheit des Umfangs der O-Töne

gen ließen demnach in ihrer Berichterstattung

von Akteuren

zur griechischen Staatsschuldenkrise die deut-

Politische Akteure senden Aussagen in Beiträ-

sche Regierung erheblich häufiger und länger

gen der untersuchten Nachrichtensendungen

zu Wort kommen als die griechische Regierung

auch durch O-Töne in Form von wörtlicher Rede.

(vgl. Abbildung 15 und Anhang 1). Die Auswahl

Die Frage ist, ob die unterschiedlichen Akteure

der O-Ton-Geber war demnach weitestgehend

in einem ausgewogenen Verhältnis in der Be-

vielfältig über die Beiträge hinweg, in ihren Um-

richterstattung zur griechischen Staatsschul-

fang jedoch nicht ausgewogen.

denkrise zu Wort kamen.

54

Dies zeigt sich auch in der durchschnitt-

Insgesamt kamen in 390 Beiträgen Akteu-

lichen Länge der O-Töne der verschiedenen

re durch O-Töne zu Wort. Das entspricht 63,4

politischen Akteure. Im Durchschnitt kam die

Prozent aller Beiträge. Insgesamt wurden im

griechische Regierung pro Sendung, in der sie

Untersuchungszeitraum 5 Stunden und 36 Mi-

mit einem O-Ton vertreten war, 12 Sekunden

nuten O-Töne gesendet.

zu Wort, die deutsche Regierung jedoch 26

Die Aufteilung dieser „Redezeit“ auf die

Sekunden. Auch Vertreter*innen der EU (EU-

einzelnen politischen Akteure ist jedoch sehr

Kommission, Europaparlament, Präsident des

unterschiedlich: Die griechische Regierung kam

Europäischen Rates) durften im Durchschnitt

nur in 36 Minuten und 3 Sekunden zu Wort, wäh-

länger sprechen, nämlich 15 Sekunden (vgl.

rend die deutsche Regierung in 80 Minuten und

Anhang 1).


Ergebnisse der Untersuchung

Im Vergleich zwischen den untersuchten

im Durchschnitt 10 Sekunden zu Wort kam,

Nachrichtensendungen zeigen sich kaum Un-

sind es in „heute“ 11 Sekunden. Während die

terschiede zwischen „Tagesschau“ und „heu-

deutsche Regierung in der „Tagesschau“ 21

te“. Die griechische Regierung kam in der

Sekunden sprechen konnte, sind es in „heute“

„Tagesschau“ in 16 Minuten und 31 Sekunden

27 Sekunden. Auch bei den Vertreter*innen der

direkt zu Wort, in „heute“ in 15 Minuten und

EU (EU-Kommission, Europaparlament, Rats-

18 Sekunden. Die deutsche Regierung kam in

vorsitz) und bei anderen Akteuren wurden zwi-

der „Tagesschau“ über 31 Minuten und 39 Se-

schen den beiden Hauptnachrichtensendungen

kunden zu Wort, in „heute“ über 35 Minuten

wenige Unterschiede beim O-Ton-Einsatz von

und 9 Sekunden. Die Differenz der Sprechzei-

Akteuren gemacht. Die durchschnittliche Län-

ten von griechischer und deutscher Regierung

ge der O-Töne der griechischen Regierung im

liegt in der Berichterstattung zur griechischen

„Brennpunkt“ lag bei einer Minute und 43 Se-

Staatsschuldenkrise über den gesamten Unter-

kunden. In „ZDF spezial“ waren es nur 15 Sekun-

suchungszeitraum in der „Tagesschau“ bei 15

den durchschnittliche Redezeit. Die Redezeit

Minuten und 8 Sekunden und in „heute“ bei 19

der deutschen Regierung lag im Durchschnitt im

Die deutsche

Minuten und 51 Sekunden. Die beiden Nachrich-

„Brennpunkt“ bei 47 Sekunden. In „ZDF spezi-

Regierung kommt

tensendungen unterschieden sich im Ungleich-

al“ kam die deutsche Regierung im Durchschnitt

länger zu Wort

gewicht der O-Ton-Zeit zwischen deutscher und

26 Sekunden zu Wort (vgl. Anhang 2).

griechischer Regierung demnach kaum.

Die lange Redezeit in den Sondersendun-

Größere Unterschiede zeigten sich bei den

gen kann auf den Einsatz der Darstellungsform

Sondersendungen „Brennpunkt“ und „ZDF

Interview zurückgeführt werden: Im „Brenn-

spezial“. Die griechische Regierung kam in

punkt“ war mehr als zwei Drittel der Zeit, in

„Brennpunkten“ erheblich länger zu Wort als

der politische Akteure direkt zu Wort kamen,

in „ZDF spezial“-Sendungen. Insgesamt wur-

der Darstellungsform Interview zugeordnet

den im „Brennpunkt“ in 3 Minuten und 27

(32:25 von 45:10 Minuten), in „ZDF spezial“

Sekunden O-Töne der griechischen Regierung

war es etwas mehr als die Hälfte (53:48 von

gesendet, in „ZDF spezial“ waren es nur 47

100:01 Minuten). In langen Interviews kamen

Sekunden. Die deutsche Regierung kam im

jedoch kaum griechische Akteure zu Wort. Dies

„Brennpunkt“ in 7 Minuten und 57 Sekunden

ist in gerade einmal 3 Minuten und 12 Sekun-

zu Wort und in „ZDF spezial“ in 5 Minuten und

den beim „Brennpunkt“ der Fall. Stattdessen

25 Sekunden (vgl. Abbildung 16 und Anhang 2).

sprechen deutsche, europäische und andere

Das gleiche Bild zeigte sich auch an den

Akteure sowie Expert*innen. Die Verteilung der

durchschnittlichen Längen der O-Töne. Zwi-

Redezeit in O-Tönen und speziell in Interviews

schen „Tagesschau“ und „heute“ lagen oft nur

war in den Sondersendungen zwischen der

sehr wenige Sekunden Unterschied: Während

griechischen Regierung und anderen Akteuren

die griechische Regierung in der „Tagesschau“

nicht ausgewogen. Auffällig ist bei „ZDF spezi-

55


„Die Griechen provozieren!”

Abbildung 16:

Länge der O-Töne der politischen Akteure in den Nachrichtensendungen 90:00 83:29

80:00

Länge der O-Töne in Minuten

70:00 60:00 50:00 40:00

36:02

35:09 32:26

31:39

30:00 20:00 10:00

27:18

16:31

15:18

5:46

7:50 4:49

5:14

7:57 3:27

10:00 6:12

5:25 0:16

0:00 Tagesschau Griechische Regierung

heute Deutsche Regierung

Brennpunkt EU-Vertreter

0:47

0:18

ZDF spezial

Euro-Gruppen-Vertreter

Andere

Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

al“ auch der hohe O-Ton-Anteil anderer Akteu-

Die griechische Regierung trat nur in 11,4

re mit fast 42 Minuten. Die Sondersendungen

Prozent der Beiträge als Sender von Aussa-

wurden vielfach genutzt, um Expert*innen und

gen auf, in 41,5 Prozent der Beiträge wurden

Akteure der Opposition zu Wort kommen zu las-

Aussagen über sie getroffen.

sen (vgl. Abbildung 17).

56

Es wurde erkennbar häufiger über die grie-

Zusammenfassend kann nach Analyse der

chische Regierung gesprochen, als dass

O-Töne der Akteure festgehalten werden, dass

diese in der Berichterstattung selbst mit

die Anteile der zentralen Akteure an O-Tönen in

Aussagen vertreten war. Dies zeigt sich be-

Beiträgen zur griechischen Staatsschuldenkri-

sonders deutlich in den O-Tönen – der Mög-

se unausgewogen waren.

lichkeit, durch wörtliche Rede direkt seine


Ergebnisse der Untersuchung

Abbildung 17:

Länge der Redezeit in Interviews in den Sondersendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“ 45:00 41:42

40:00

Länge der Redezeiten in Minuten

35:00 30:00 25:00 20:00

18:07

15:00 9:06

10:00 6:03

5:00

5:03

3:12

3:00 0:00

0:00

0:00

Brennpunkt

Griechische Regierung

0:00

ZDF spezial

Deutsche Regierung

EU-Vertreter

Euro-Gruppen-Vertreter

Andere

Interviews mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=43, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

Positionen wiederzugeben. Die griechische

sich der deutschen Regierung zuordnen.

Regierung kam im Vergleich zu anderen

Dies spricht für ein fehlendes Gleichgewicht

Akteuren in „Tagesschau“ und „heute“ sel-

bei der Behandlung von Akteuren und für

tener zu Wort. Gerade einmal 10,7 Prozent

eine Unausgewogenheit bei den Redezeiten

Unausgewogene

des Umfangs der O-Töne wurden durch die

zu Ungunsten der griechischen Regierung.

Redezeiten

griechische Regierung besetzt. Die deutsche Regierung war in allen unter-

5.3.2 Bewertungsausgewogenheit

suchten Sendungen in Beiträgen zur grie-

In den folgenden Abschnitten soll dargestellt

chischen Staatsschuldenkrise erheblich

werden, wie das Verhältnis der Bewertung der

präsenter. 23,8 Prozent der O-Töne lassen

griechischen und der deutschen Regierung hin-

57


„Die Griechen provozieren!”

sichtlich der Häufigkeit von Bewertungen und

sche Regierung in gleichem Umfang betreffen,

deren Tonalität in der Berichterstattung zur grie-

also beide Akteure in gleichgewichtigem Um-

chischen Staatsschuldenkrise war. Untersucht

fang bewerten.

wurden Wertungen durch Journalist*innen,

Insgesamt nahmen Journalist*innen in

durch berichtete Aussagen und durch O-Töne.

20,3 Prozent aller Beiträge zur griechischen Staatsschuldenkrise über alle Darstellungs-

Ausgewogenheit der Wertungen

formen hinweg Wertungen der griechischen

durch Journalist*innen in Beiträgen

oder deutschen Regierung vor. In 18,4 Prozent

In diesem Abschnitt werden die Ergebnis-

der Beiträge wurde die griechische Regierung

se hinsichtlich der Wertungen, die durch

durch Journalist*innen bewertet, während die

Journalist*innen in den Beiträgen zur griechi-

deutsche Regierung nur in 7,8 Prozent der Fälle

schen Staatsschuldenkrise vorgenommen wur-

von Journalist*innen bewertet wurde (vgl. An-

den, dargestellt. Dabei geht es um die Frage,

hang 3).

Journalist*innen

welche Position Journalist*innen in den unter-

Die griechische Regierung wurde in 11,9

kritisieren die

suchten Nachrichtensendungen einnahmen –

Prozent der Beiträge durch Journalist*innen

griechische Regierung

unabhängig davon, ob das Gebot der Neutrali-

negativ bewertet, nur in 1,1 Prozent positiv. Die

tät eingehalten wurde (vgl. Kap. 5.4).

deutsche Regierung wurde nur in 2,1 Prozent

Da den Journalist*innen als neutralen

der Beiträge negativ durch Journalist*innen

Beobachter*innen eine besondere Rolle zu-

bewertet, in 1,5 Prozent aller Beiträge positiv.

kommt, sollen ihre Bewertungen der griechi-

Die griechische Regierung wurde somit erheb-

schen und der deutschen Regierung hier sepa-

lich häufiger durch Journalist*innen negativ

rat ausgewiesen werden. Ein ausgeglichenes

bewertet als die deutsche Regierung und sel-

Verhältnis hinsichtlich der Häufigkeit der Be-

tener positiv.

wertung der griechischen und der deutschen

58

Regierung und hinsichtlich der Tonalität der Be-

Wertungen durch Journalist*innen in

wertungen wird als Voraussetzung für eine aus-

„Tagesschau“ und „heute“

gewogene Berichterstattung angesehen. Das

Die im folgenden Abschnitt dargestellten Er-

heißt: Innerhalb der Beiträge spricht ein aus-

gebnisse zeigen, dass die griechische und

geglichenes Verhältnis von positiven und ne-

deutsche Regierung innerhalb der untersuch-

gativen Wertungen für Ausgewogenheit. Über

ten Sendungen in unterschiedlicher Intensität

alle Beiträge hinweg sollten sich zudem positi-

mit wertenden Attributen von Journalist*innen

ve und negative Wertungen die Waage halten,

belegt wurden.

damit Wertungen durch Journalist*innen als

So ist – übergeordnet betrachtet – der

ausgewogen betrachtet werden können. Beide

Anteil der Beiträge, die Wertungen in Bezug

Aspekte sollen hier berücksichtigt werden. Sie

auf die griechische Regierung aufweisen,

sollten zudem die griechische und die deut-

höher als der Anteil der Beiträge mit Wertun-


Ergebnisse der Untersuchung

Abbildung 18:

Anteil der Beiträge mit Bewertungen der deutschen und der griechischen Regierung durch Journalist*innen in den Nachrichtensendungen „Tagesschau” und „heute” 25 % 21,4 %

Anteil der Beiträge

20 % 17,0 % 15 %

10 % 4,8 %

5 %

2,0 % 0 % Tagesschau

heute

Bewertungen griechische Regierung

Bewertungen deutsche Regierung

Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „Tagesschau“ n=229, „heute“ n=252, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

gen, die die deutsche Regierung betreffen. In

größer als in der „Tagesschau“ der ARD (vgl.

17 Prozent der „Tagesschau“-Beiträge ließen

Abbildung 18 und Anhang 3).

sich Bewertungen der griechischen Regierung

Darüber hinaus lässt sich feststellen, dass

von Journalist*innen finden, hingegen nur in

die griechische Regierung innerhalb der jewei-

4,8 Prozent der Fälle der deutschen Regierung.

ligen Beiträge von „Tagesschau“ und „heute“

In „heute“ wiesen 21,4 Prozent der Beiträge

deutlich häufiger negativ als positiv durch die

Bewertungen der griechischen Regierung auf,

Journalist*innen bewertet wurde. So sind in

während dieser Wert hinsichtlich der deut-

11,8 Prozent der „Tagesschau“-Beiträge Ne-

schen Regierung bei zwei Prozent lag. Dem-

gativwertungen der griechischen Regierung

nach wurde die griechische Regierung in den

durch Journalist*innen vorgenommen worden.

Nachrichtensendungen der öffentlich-recht-

Bei „heute“ ist dieser Wert nahezu identisch

lichen Sender sehr viel häufiger bewertet als

– 11,9 Prozent der Beiträge weisen negative

die deutsche Regierung. Auch ist die Differenz

Wertungen von Griechenlands Regierung durch

hinsichtlich beider Regierungen in „heute“

Journalist*innen auf. Positiv berichtet wurde

59


„Die Griechen provozieren!”

demzufolge deutlich weniger. Nur in 1,3 Prozent

der Wertung erklärt. So wurde die deutsche

der „Tagesschau“-Beiträge erfolgte eine positi-

Regierung in 0,8 Prozent der Beiträge negativ

ve Wertung der griechischen Regierung durch

und in nur 0,4 Prozent positiv bewertet. Den

Journalist*innen. Ähnlich wie bei der Nachrich-

Ergebnissen zufolge war der Anteil der Beiträ-

tensendung der ARD liegt der Wert bei der Sen-

ge mit negativen Bewertungen der deutschen

dung „heute“ bei 1,2 Prozent (vgl. Abbildung

Regierung durch Journalist*innen geringer als

19). Es kann also festgehalten werden, dass in-

der der griechischen Regierung (vgl. Abbildung

nerhalb beider öffentlich-rechtlicher Nachrich-

19). Das heißt, dass die deutsche Regierung in

tensendungen der griechischen Regierung deut-

Beiträgen zur griechischen Staatsschuldenkri-

lich mehr negative als positive Attribute durch

se deutlich seltener kritisch bewertet wurde als

den Journalist*innen zugeschrieben wurden.

die griechische Regierung.

In Schalten, Aufsagern und Interviews

Für die Nachrichtensendungen des öffent-

wurden auch neutrale bzw. ausgewogene

lich-rechtlichen Fernsehens kann festgehalten

Positionierungen erfasst. Das heißt, dass

werden, dass kaum Unterschiede zwischen

in diesen Fällen in der Bewertung durch die

„Tagesschau“ und „heute“ zu erkennen sind:

Journalist*innen positive und negative Bewer-

In beiden Sendungen wurde, sofern eine Wer-

tungen gleichermaßen stark vertreten waren.

tung stattfindet, überwiegend negativ über die

Eine Einordnung durch Journalist*innen, die

griechische Regierung berichtet, während sich

Pro- und Contra-Argumente beinhalteten, wur-

für die deutsche Regierung seltener eine nega-

de so bei Schalten, Aufsagern und Interviews

tive Berichterstattung finden lässt. Das spricht

berücksichtigt. Ein solches Abwägen wurde in

dafür, dass die Berichterstattung von „Tages-

Nachrichten und Berichten nicht ermittelt. Eine

schau“ und „heute“ hinsichtlich der durch

ausgewogene Bewertung der griechischen Re-

Journalist*innen vorgenommenen Wertungen

gierung findet sich in 8,3 Prozent der Beiträge

der griechischen und der deutschen Regierung

der Sendung „heute“ und 3,9 Prozent der Bei-

nicht durchgängig ausgewogen war.

träge der „Tagesschau“.

Die Untersuchung zu Bewertungen der Re-

Auch die

Auch die deutsche Regierung wurde durch

gierungen durch Journalist*innen fand, über

deutsche Regierung

die Journalist*innen häufiger mit negativen

die Nachrichtensendungen hinaus, auch für

wird kritisiert

als mit positiven Attributen belegt. In 2,6 Pro-

die Sondersendungen der ARD und des ZDF

zent der Beiträge der „Tagesschau“ bewerte-

statt. Im folgenden Abschnitt werden hierfür

ten Journalist*innen die deutsche Regierung

die Forschungsergebnisse dargestellt.

negativ, positive Wertungen fanden sich hier

60

nur in 1,3 Prozent der Fälle. In den „heute“-

Wertungen durch Journalist*innen in den Son-

Beiträgen wurde die deutsche Regierung ins-

dersendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“

gesamt weniger häufig attribuiert, was auch

Zwischen den Sondersendungen „Brenn-

die niedrigen Werte hinsichtlich der Richtung

punkt“ und „heute“ liegt ein deutlicher Unter-


Ergebnisse der Untersuchung

Abbildung 19:

Anteil der Beiträge mit unterschiedlichen Bewertungen der deutschen oder der griechischen Regierung durch Journalist*innen in den Nachrichtensendungen „Tagesschau” und „heute” 14 %

Anteil der Beiträge

11,9 %

11,8 %

12 % 10 %

8,3 %

8 % 6 % 3,9 %

4 % 2 % 0

2,6 % 1,3 %

1,3 %

0,9 %

0,4 %

Bewertungen griechische Regierung

Bewertungen deutsche Regierung

0,8 %

1,2 %

0,8 %

Bewertungen deutsche Regierung

Tagesschau

Bewertungen griechische Regierung heute

positiv

ausgewogen

negativ

Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „Tagesschau“ n=229, „heute“ n=252, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

schied bei der Häufigkeit der Wertungen durch

dungen von ARD und ZDF festgehalten wer-

Journalist*innen vor.

den, dass diese mehrheitlich negativ war. So

So

beinhalteten

der

beinhalteten 20,8 Prozent aller Beiträge des

„Brennpunkt“-Beiträge Bewertungen der grie-

„Brennpunkts“ Negativ-Attribuierungen der

chischen Regierung durch Journalist*innen,

griechischen Regierung. Nur in 4,2 Prozent der

während dies bei „ZDF spezial“ nur in 7,1 Prozent

„Brennpunkt“-Beiträge lag eine ausgewogene

aller Beiträge der Fall war. Die deutsche Regie-

Wertung und in nur 2,1 Prozent eine positive

rung wurde in 20,8 Prozent der „Brennpunkt“-

Berichterstattung vor. In „ZDF spezial“ bewer-

Beiträge durch Journalist*innen bewertet, in

teten Journalist*innen in nur in 7,1 Prozent aller

„ZDF spezial“ gar nicht (vgl. Abbildung 20).

Beiträge die griechische Regierung. Allerdings

Hinsichtlich

der

27,1

Prozent

Position,

die

von

waren diese alle negativ (vgl. Abbildung 21).

Journalist*innen gegenüber der griechischen

Negative Bewertungen der griechischen Regie-

Regierung in der Berichterstattung eingenom-

rung dominierten demnach bei beiden Sonder-

men wurde, kann auch für die Sondersen-

sendungen deutlich.

61


„Die Griechen provozieren!”

Abbildung 20:

Anteil der Beiträge mit Bewertungen der deutschen oder der griechischen Regierung durch Journalist*innen in den Sendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial” 30 %

27,1 %

25 % 20,8 % Anteil der Beiträge

20 %

15 %

10 % 7,1 % 5 % 0,0 %

0 % Brennpunkt Bewertungen griechische Regierung

ZDF spezial Bewertungen deutsche Regierung

Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „Brennpunkt“ n=49, „ZDF spezial“ n=85, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

Im Hinblick auf die deutsche Regierung ist festzustellen, dass diese innerhalb der „ZDF

gen belegt wurde, als dies bei der deutschen Regierung der Fall war.

spezial“-Beiträge gar nicht von Journalist*innen

Zusammengefasst ist für die Sondersen-

attribuiert wurde. Beim „Brennpunkt“ hin-

dungen von ARD und ZDF festzustellen, dass

gegen wurde die deutsche Regierung in 20,8

analog zu den Hauptnachrichtensendungen

Prozent aller Beiträge bewertet. Dabei gab es

die griechische Regierung mehrheitlich negativ

genauso viele negative wie positive Zuschrei-

bewertet wurde. Bewertungen der deutschen

bungen durch Journalist*innen, jeweils in 10,4

Regierung fanden seltener statt und waren zu-

Prozent der Beiträge der Sendung. Insgesamt

dem seltener negativ. Diese Erkenntnisse ma-

Mehr Lob für

lässt sich folglich festhalten, dass die deutsche

chen deutlich, dass auch in den Sondersen-

deutsche Regierung im

Regierung im „Brennpunkt“ häufiger positiv

dungen in Berichten nicht ausgewogen über

„Brennpunkt“

bewertet wurde als die griechische Regierung,

beide Akteure berichtet wurde.

62

und in beiden Sondersendungen die griechi-

Die Ergebnisse im Hinblick auf die Wertun-

sche Regierung häufiger mit negativen Wertun-

gen von Journalist*innen in den untersuchten


Ergebnisse der Untersuchung

Abbildung 21:

Anteil der Beiträge mit unterschiedlichen Bewertungen der deutschen und der griechischen Regierung durch Journalist*innen in den Sendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial” 25 % 20,8 % Anteil der Beiträge

20 % 15 % 10 %

10,4 %

10,4 %

7,1 % 4,2 %

5 % 2,1 % 0,0 %

0

0,0 %

Bewertungen deutsche Regierung

Bewertungen griechische Regierung

0,0 %

0,0 %

Bewertungen deutsche Regierung

Brennpunkt

0,0 %

0,0 %

Bewertungen griechische Regierung ZDF spezial

positiv

ausgewogen

negativ

Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „Brennpunkt“ n=49, „ZDF spezial“ n=85, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

Beiträgen lassen sich abschließend wie folgt

einem üblichen Maße Bewertungen durch

zusammenfassen:

Journalist*innen auf.

Insgesamt zeigt sich, dass Wertungen durch

Die durch diese Forschungsarbeit ermit-

Journalist*innen in mehr als 20 Prozent al-

telten Bewertungen sind hinsichtlich ih-

ler Beiträge vorhanden sind. Maurer (2005)

rer Ausrichtungen nicht ausgewogen:

fand in einer Analyse von Hauptnachrichten-

Journalist*innen der Nachrichtensendun-

sendungen 2001 bei der ARD in 16 Prozent

gen der ARD und des ZDF äußerten sich

und beim ZDF in 29 Prozent der Beiträge ex-

überwiegend negativ über die griechische

plizite Wertungen durch Journalist*innen.

Regierung.

Demnach liegt der hier festgestellte Anteil

Im Vergleich dazu wurde die deutsche Re-

von 20,3 Prozent der Beiträge im Rahmen

gierung häufiger positiv oder ausgewogen

der Vergleichswerte aus dem Jahr 2001. Die

bewertet. Hierin zeigt sich eine fehlende

Nachrichtenberichterstattung zur griechi-

Ausgewogenheit der Berichterstattung.

schen Staatsschuldenkrise weist somit in

63


„Die Griechen provozieren!”

Analog zu den Hauptnachrichtensendun-

aller Fernsehberichte sogar im Vergleich zur

gen wurde auch bei den Sondersendungen

deutschen Regierung häufiger mit Attributen

beider Sender die griechische Regierung

belegt wurden. Unter „andere Akteure“ wer-

überwiegend negativ bewertet. Darüber

den im Folgenden jene verstanden, die nicht

hinaus fanden hinsichtlich der deutschen

zur griechischen oder deutschen Regierung

Regierung in den Beiträgen der Sondersen-

gehören. Dies können Akteure auf EU-Ebene,

dung seltener Bewertungen statt und diese

wie z. B. der EU-Kommissionspräsident Jean-

waren auch nur in einzelnen Fällen negativ.

Claude Juncker, Regierungen anderer Länder, Expert*innen, aber auch Bürger*innen der EU

Ausgewogenheit der Wertungen in berichteten Akteursaussagen

sein. 20,8 Prozent der Beiträge beinhalten ne-

Journalistische Beiträge beinhalten aber nicht

gative Wertungen der griechischen Regierung.

nur Attribuierungen, die von Journalist*innen

Positiv wird diese in nur 4,4 Prozent aller unter-

vorgenommen werden. So umfasst die Dar-

suchten Beiträge von Akteuren attribuiert und in

stellung von Konflikten darüber hinaus auch

9,1 Prozent der Beiträge sind die Bewertungen

immer die Wiedergabe der gegensätzlichen

neutral bzw. ausgewogen (vgl. Abbildung 22).

Auffassungen, die von Akteuren vertreten wer-

Hinsichtlich einzelner Personen ist festzu-

Alexis Tsipras am

den. Aussagen, die von Akteuren über andere

stellen, dass Griechenlands Regierungschef

häufigsten bewertet

Akteure getroffen werden, können somit die To-

Alexis Tsipras von allen hier untersuchten po-

nalität und Wertung eines Beitrags determinie-

litischen Akteuren mit 16,3 Prozent aller Bei-

ren. Um die Ausgewogenheit in der Berichter-

träge am häufigsten durch Akteure bewertet

stattung zur griechischen Staatsschuldenkrise

wurde. Über Yanis Varoufakis hingegen lassen

daraufhin zu beleuchten, werden im folgenden

sich nur in 4,2 Prozent der Beiträge Wertungen

Abschnitt die von Akteuren getroffenen und in

finden. Beide eint allerdings, dass sie primär

die Berichterstattung aufgenommenen Aus-

mit kritischen Wertungen belegt wurden. Dies

sagen hinsichtlich ihrer Positionierung analy-

ist für Ministerpräsident Alexis Tsipras in 9,1

siert. Dies erfolgt zum einen auf der Ebene der

Prozent der Beiträge so und für Finanzminister

indirekten Aussagen im Text und zum anderen

Yanis Varoufakis in 3,4 Prozent der untersuch-

auf der Ebene der direkten Aussagen durch Zi-

ten Beiträge (vgl. Abbildung 22).

tate oder O-Töne.

64

Positive Bewertungen von Ministerpräsi-

In 34,3 Prozent aller Fernsehbeiträge trafen

dent Tsipras konnten in 3,1 Prozent der Bei-

Akteure wertende Aussagen über die griechi-

träge gefunden werden und für den Finanzmi-

sche Regierung. Im Unterschied dazu wurde

nister Yanis Varoufakis in nur 0,2 Prozent aller

die deutsche Regierung in nur 9,1 Prozent aller

Beiträge. Neutrale Attribuierungen betrafen

Beiträge mit Aussagen von Akteuren attribu-

den griechischen Regierungschef in 4,1 Pro-

iert, während andere Akteure mit 14,9 Prozent

zent und den Finanzminister Griechenlands in


Ergebnisse der Untersuchung

Abbildung 22:

Anteil der Beiträge mit Wertungen von Akteuren 40 % 35 %

Anteil der Beiträge

30 % 20,8 %

25 % 20 % 15 %

9,1 %

10 %

9,1 %

5 %

5,7 %

4,1 % 4,4 %

0 % Griechische Regierung

3,1 % Alexis Tsipras

3,4 % Yanis Varoufakis

Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015

4,7 %

2,0 % Deutsche Regierung positiv

3,4 %

Angela Merkel

neutral

Wolfgang Schäuble

negativ

Quelle: eigene Darstellung.

0,7 Prozent aller untersuchten Beiträge (vgl.

Beiträgen, in denen sie durch Akteure bewer-

Abbildung 22).

tet wurde, ebenfalls mehr negative als positive

Finanzminister Euklid Tskalotos wurde

Äußerungen finden. 5,7 Prozent aller Beiträge

gerade einmal in einem Beitrag attribuiert –

wiesen eine kritische Bewertung der deutschen

neutral. Dieser Sachverhalt zeigt, dass er als

Regierung auf, zwei Prozent waren neutral und

Finanzminister nach dem Rücktritt von Yanis

mit 1,5 Prozent positiven Beiträgen wurde sie

Varoufakis in der Berichterstattung kaum eine

weniger häufig positiv attribuiert als die grie-

Rolle gespielt hat.

chische Regierung (4,4 Prozent). Bezogen auf

Die deutsche Regierung wurde in 9,2 Prozent

die einzelnen deutschen Regierungsakteure

der Beiträge durch Akteure bewertet. Hinsicht-

wurde Kanzlerin Angela Merkel mit sechs Pro-

lich der deutschen Regierung lassen sich in den

zent aller Beiträge am häufigsten durch andere

65


„Die Griechen provozieren!”

Kaum positive Aussagen

Akteure bewertet. 3,7 Prozent der gesamten

Wertungen in berichteten Akteursaus­sagen

hier untersuchten Berichterstattung wiesen

in den Hauptnachrichtensendungen

Bewertungen von Finanzminister Wolfgang

„Tagesschau“ und „heute“

Schäuble auf. Beide deutschen Regierungs-

Allgemein betrachtet kann für die Nachrichten-

akteure wurden häufiger kritisch betrachtet,

sendungen „Tagesschau“ und „heute“ festge-

als dass ihnen Positiv-Wertungen zugeschrie-

stellt werden, dass das Verhältnis der durch

ben wurden. So wurde Bundeskanzlerin Ange-

Akteure vorgebrachten Wertungen der griechi-

la Merkel in 4,7 Prozent der Beiträge negativ

schen Regierung bei beiden Sendungen nahe-

von anderen Personen(kreisen) bewertet, in

zu gleich ist.

0,8 Prozent positiv und in 0,5 Prozent neutral.

So wurde in 37,1 Prozent der Beiträge der

In 3,4 Prozent der Beiträge wurde Finanzmi-

„Tagesschau“ und in 24,2 Prozent der Beiträge

nister Wolfgang Schäuble negativ von Akteu-

von „heute“ die griechische Regierung von Ak-

ren bewertet, in nur 0,2 Prozent positiv sowie

teuren bewertet; wobei hier nicht unterschieden

in 0,2 Prozent der Beiträge neutral.

wird, ob dies durch direkte oder indirekte Zitate

Zusammengefasst zeigen die Ergebnis-

geschah. In beiden Nachrichtensendungen do-

se, dass Griechenlands Regierung mit rund

minierte eine negative Tonalität hinsichtlich der

34 Prozent der Beiträge deutlich häufiger von

Attribuierungen. Denn 18,8 Prozent der Beiträge

Akteuren bewertet wurde als die deutsche

der „Tagesschau“ und 12,7 Prozent der Beiträ-

Regierung mit rund 9 Prozent. In nahezu 21

ge von „heute“ wiesen kritische Bewertungen

Prozent der Beiträge waren die Wertungen ge-

der griechischen Regierung durch Akteure auf.

genüber der griechischen Regierung negativ

Im Vergleich dazu wurde diese in der „Tages-

ausgerichtet, während dies für Deutschlands

schau“ in nur 5,7 Prozent und in „heute“ in gera-

Regierung nur in rund 6 Prozent der Beiträ-

de einmal 3,2 Prozent der Beiträge mit positiven

ge der Fall war. Es wurden also dreimal so

Wertungen belegt. Eine neutrale Bewertung der

häufig negative Akteursaussagen über die

griechischen Regierung fand sich in 12,7 Pro-

griechische Regierung gesendet wie über die

zent der „Tagesschau“- und in 8,3 Prozent der

deutsche. Positive Wertungen durch Akteure

„heute“-Beiträge (vgl. Abbildung 23).

fanden sich in der gesamten Berichterstattung für beide Regierungen kaum.

Bezogen auf einzelne Personen der griechischen Regierung wurde Ministerpräsident

Im Folgenden soll nun für die untersuchten

Alexis­Tsipras in beiden Nachrichtensendungen

Nachrichtensendungen und Sondersendungen

am häufigsten durch andere Akteure bewertet.

der ARD und des ZDF gezeigt werden, wie häu-

Dies war in 16,2 Prozent der „Tagesschau“-Bei-

fig Wertungen der griechischen Regierung in O-

träge und in 16,7 Prozent der „heute“-Beiträge

Tönen auftreten und welche Ausrichtung diese

der Fall. Hiervon beinhalteten 7,9 Prozent der

annehmen.

„Tagesschau“-Beiträge und 8,3 Prozent der „heute“-Beiträge negative Zuschreibungen in

66


Ergebnisse der Untersuchung

Abbildung 23:

Anteil der Beiträge mit Wertungen von Akteuren in den Sendungen „Tagesschau” und „heute” 40 %

35 %

30 % 18,8 %

Anteil der Beiträge

25 %

20 % 12,7 %

15 % 12,7 %

7,9 %

8,3 %

10 % 8,3 %

4,8 % 4,8 %

5 %

3,5 % 5,7 % 3,5 %

0 % Alexis Tsipras

4,4 % 4,4 %

3,1 % 1,7 %

Yanis Varoufakis

4,4 %

4,4 %

0,9 % Griechische Regierung

4,4 %

3,9 %

Deutsche Regierung

3,2 %

4,0 %

Griechische Regierung

Alexis Tsipras

0,9 % Angela Merkel

Wolfgang Schäuble

2,4 %

0,8 % Yanis Varoufakis

Tagesschau

2,8 % 4,4 %

Deutsche Regierung

2,8 %

Angela Merkel

Wolfgang Schäuble

heute positiv

neutral

negativ

Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „Tagesschau“ n=229, „heute“ n=252, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

67


„Die Griechen provozieren!”

Bezug auf den Ministerpräsidenten. Positive

mein ist aber beiden Regierungen, dass diese

Zuschreibungen fanden sich in 3,5 Prozent der

Wertungen mehrheitlich negativ waren. Denn

„Tagesschau“- und in 4,0 Prozent der „heute“-

3,5 Prozent der „Tagesschau“-Beiträge und 4,4

Beiträge. Neutrale Attribuierungen waren in

Prozent der „heute“-Beiträge beinhalteten Ne-

beiden Nachrichtensendungen ähnlich häufig

gativ-Wertungen der Regierung Deutschlands.

vorhanden – in der ARD in 4,8 Prozent der Fälle

Im Vergleich zu den Negativ-Wertungen wiesen

und im ZDF in 4,4 Prozent der Fälle (vgl. Abbil-

nur 0,4 Prozent der Beiträge beider Sendungen

dung 23).

positive Zuschreibungen auf. Neutrale Wertun-

Finanzminister Yanis Varoufakis wurde

gen der deutschen Regierungen durch Akteure

insgesamt bei beiden Nachrichtensendungen

ließen sich in 1,7 Prozent der „Tagesschau“-

erkennbar seltener bewertet. So wiesen 3,9

Beiträge und in 2,4 Prozent der „heute“-Beiträ-

Prozent der Beiträge der „Tagesschau“ und

ge finden. Die Anzahl der Negativ-Wertungen

4,4 Prozent der „heute“-Beiträge Negativ-Wer-

der deutschen Regierung ist somit zwar gerin-

tungen auf. Positive ließen sich bei den ARD-

ger als die der griechischen Regierung. Relativ

Nachrichten nur in 0,9 Prozent der Fälle und bei

betrachtet wurde sie jedoch deutlich kritischer

den ZDF-Nachrichten in 0,4 Prozent der Fälle fin-

bewertet (vgl. Abbildung 23).

den. Neutrale Wertungen hingegen waren in der

Hinsichtlich der Bewertung einzelner Re-

„Tagesschau“ mit 3,1 Prozent der Beiträge fast

gierungsmitglieder ist festzustellen, dass Bun-

genauso oft vertreten wie Negativ-Wertungen.

desfinanzminister Wolfgang Schäuble insge-

Im Vergleich dazu waren neutrale Wertungen

samt sogar etwas häufiger als Bundeskanzlerin

des griechischen Finanzministers nur selten in

Angela Merkel durch Akteure bewertet wurde.

Wolfgang Schäuble

„heute“ vorzufinden. Hier wiesen gerade einmal

Mit Bezug zur Ausrichtung der Wertungen ist zu

häufiger bewertet als

0,8 Prozent der Beiträge neutrale Wertungen

erkennen, dass der deutschen Bundeskanzle-

durch Akteure auf (vgl. Abbildung 23).

rin sowohl in den „Tagesschau“-Beiträgen als

die Kanzlerin

68

In Anlehnung an zuvor referierte For-

auch in den „heute“-Beiträgen mit jeweils 0,4

schungsergebnisse sollen nun die Ergebnisse

Prozent sehr selten Positiv-Wertungen durch

hinsichtlich der deutschen Regierung vorge-

Akteure zugeschrieben wurden. Die Wertung

stellt werden.

der deutschen Kanzlerin in der Berichterstat-

Wertungen der deutschen Regierung durch

tung durch Akteure ist somit primär kritisch. So

Akteure lassen sich bei beiden Nachrichten-

wiesen 4,4 Prozent der „Tagesschau“-Beiträge

sendungen des öffentlich-rechtlichen Fernse-

und 4,8 Prozent der „heute“-Beiträge negati-

hens deutlich seltener finden als solche der

ve Äußerungen über Bundeskanzlerin Angela

griechischen Regierung. So wiesen nur 5,6 Pro-

Merkel auf. Neutrale Wertung ließen sich –

zent der untersuchten „Tagesschau“- und 7,2

ähnlich wie positive – in nur 0,9 Prozent der

Prozent der „heute“-Beiträge Wertungen der

„Tagesschau“- und 0,4 Prozent der „heute“-

deutschen Regierung durch Akteure auf. Ge-

Beiträge finden.


Ergebnisse der Untersuchung

In Bezug auf Finanzminister Wolfgang

spezial“ vorgestellt. Es geht hier zunächst um

Schäuble sind die Ergebnisse insofern auffällig,

Bewertungen, die von Akteuren direkt oder in-

als dass relativ große Unterschiede in den Wer-

direkt ausgingen.

tungen zwischen den Nachrichtensendungen

In 55,5 Prozent der Beiträge der Sonder-

„Tagesschau“ und „heute“ erkennbar sind. So

sendung „Brennpunkt“ und in 47,1 Prozent der

wurde dieser in 4,8 Prozent der „Tagesschau“-

Beiträge des „ZDF spezial“ wurde die griechi-

Beiträge negativ bewertet, hingegen in nur 0,4

sche Regierung von Akteuren bewertet. Somit

Prozent der „heute“-Beiträge. Folglich waren

ist der Anteil von Beiträgen mit Bewertungen

auch die Werte hinsichtlich der Positiv-Bewer-

der griechischen Regierung an der Gesamtzahl

tung gegensätzlich. So wurde der Finanzminister

der Beiträge in den Sondersendungen höher

In den Sonder-

in nur 0,4 Prozent der „Tagesschau“-Beiträge,

als in den regulären Nachrichtensendungen. In

sendungen noch

aber in 2,8 Prozent der „heute-Beiträge positiv

der „Tagesschau“ liegt der Anteil der Beiträge

mehr Wertungen

bewertet. In 4,4 Prozent der „Tagesschau“-Bei-

mit Wertungen, die die griechische Regierung

träge und in 2,8 Prozent der „heute“-Beiträge

betreffen, nur bei 37 Prozent und in „heute“

fanden sich neutrale Wertungen (vgl. Abbildung

sogar nur bei 24 Prozent. Demzufolge kam es

23). So lässt sich feststellen, dass der Bundes-

in den Sondersendungen in Relation häufiger

finanzminister in der „Tagesschau“ durch dar-

zu wertenden Aussagen über die griechische

gestellte Akteursaussagen kritischer bewertet

Regierung als in den Hauptnachrichtensendun-

wurde als in „heute“.

gen (vgl. Abbildung 24).

Abschließend betrachtet zeigt sich, dass in

Die meisten dieser wertenden Aussagen

beiden Nachrichtensendungen Bewertungen,

sind in ihrer Ausrichtung analog zu den Haupt-

die Akteure in den Beiträgen über die Regierun-

nachrichtensendungen negativ. 44,4 Prozent

gen vornahmen, mehrheitlich die griechische

der Beiträge im „Brennpunkt“ und 38,8 Pro-

Regierung betrafen. In ihrer Tendenz sind die

zent der Beiträge in „ZDF spezial“ wiesen dem-

Ergebnisse dahingehend einheitlich, dass die

nach negative Bewertungen der griechischen

griechische Regierung, sofern Akteure Wertun-

Regierung durch Akteure auf. Eine neutrale Be-

gen vornehmen, eher negativ als positiv be-

wertung der griechischen Regierung findet sich

wertet wurde.

in 2,2 Prozent der „Brennpunkt“-Beiträge und in 5,9 Prozent der „ZDF spezial“-Beiträge. Eine

Wertungen in berichteten Akteursaussagen

positive Wertung gegenüber der griechischen

in den Sondersendungen „Brennpunkt“

Regierung fand in 8,9 Prozent der Beiträge der

und „ZDF spezial“

ARD-Sondersendung und in 2,4 Prozent der

Im folgenden Abschnitt werden nun die Ergeb-

Beiträge der ZDF-Sondersendung statt.

nisse hinsichtlich der von Akteuren vorgenom-

Hinsichtlich der Regierungsmitglieder lässt

menen Bewertungen innerhalb der Beiträge

sich feststellen, dass der griechische Minister-

der Sondersendungen „Brennpunkt“ und „ZDF

präsident Alexis Tsipras in beiden Sondersen-

69


„Die Griechen provozieren!”

Abbildung 24:

Anteil der Beiträge mit Wertungen von Akteuren in den Sondersendungen „Brennpunkt” und „ZDF spezial” 60 %

50 %

40 %

Anteil der Beiträge

44,4 % 38,8 %

30 %

20 %

10 %

13,3 %

17,8 %

4,4 %

2,2 %

11,8 %

8,9 %

8,9 %

4,4 %

0 % Griechische Regierung

2,2 %

2,2 %

Alexis Tsipras

Yanis Varoufakis

4,4 %

4,4 %

Deutsche Regierung

Angela Merkel

5,9 %

10,6 % 5,9 %

2,2 % 2,2 %

2,4 %

Wolfgang Schäuble

Griechische Regierung

1,2 % Alexis Tsipras

2,4 %

Yanis Varoufakis

Brennpunkt

3,5 %

Deutsche Regierung

1,2 % Angela Merkel

3,5 %

Wolfgang Schäuble

ZDF spezial positiv

neutral

negativ

Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „Brennpunkt“ n=49, „ZDF spezial“ n=85, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

70


Ergebnisse der Untersuchung

dungen am häufigsten durch andere Akteure

Prozent der „ZDF spezial“-Beiträge negativ be-

bewertet wurde. Allerdings liegen hier hin-

wertet. Im „Brennpunkt“ ließen sich in 4,4 Pro-

sichtlich der Ausrichtung der Wertung teilweise

zent der Fälle neutrale Wertungen finden, was

Unterschiede zwischen den beiden Sondersen-

in „ZDF spezial“ gar nicht der Fall war. Relativ

dungen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens

hoch war beim „Brennpunkt“ die Anzahl der

vor. So beinhalteten 2,2 Prozent der Beiträge

Beiträge, die positive Wertungen gegenüber

des „Brennpunkts“ positive Wertungen des Mi-

der deutschen Regierung aufweisen. Dies ist

nisterpräsidenten Alexis Tsipras, während die-

in 8,9 Prozent der „Brennpunkt“-Beiträge der

Deutsche Regierung

se in „ZDF spezial“ gar nicht vorkamen. Auch

Fall. In „ZDF spezial“ wurde die deutsche Re-

im „Brennpunkt“

finden sich neutrale Wertungen Tsipras‘ zwar

gierung in nur 3,5 Prozent der Beiträge positiv

positiver bewertet als

in 4,4 Prozent der „Brennpunkt“-Beiträge, aber

bewertet (vgl. Abbildung 24).

in „ZDF spezial“

nur in 1,2 Prozent der „ZDF spezial“-Beiträge.

Dieses Ergebnis spiegelt sich auch in den

Im Verhältnis ähnlich fallen hingegen die Ne-

Akteursbewertungen in Bezug auf deutsche

gativ-Wertungen des Ministerpräsidenten bei

Regierungsmitglieder wider. 4,4 Prozent der

beiden Sendern aus. So ließen sich kritische

„Brennpunkt“-Beiträge beinhalteten Negativ-

Wertungen in 17,8 Prozent der Beiträge des

Wertungen der Bundeskanzlerin Angela Merkel

„Brennpunkt“ und in 10,6 Prozent der „ZDF

von Akteuren, 5,9 Prozent waren dies in den

spezial“-Beiträge finden (vgl. Abbildung 24).

„ZDF spezial“-Beiträgen. Positive Äußerun-

In Bezug auf den griechischen Finanzmi-

gen über die Kanzlerin wiesen 4,4 Prozent der

nister Yanis Varoufakis ist hervorzuheben,

„Brennpunkt“-Beiträge und 1,2 Prozent der

dass dieser sowohl im „Brennpunkt“ als auch

„ZDF spezial“-Beiträge auf. Neutrale Wertun-

in „ZDF spezial“ nur äußerst selten bewertet

gen fanden sich in beiden Sendungen gar nicht.

wurde. Hinsichtlich der Ausrichtung der Wer-

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäub-

tungen sind demzufolge die Zahlen niedrig:

le wurde in den Sondersendungen insgesamt

2,2 Prozent der „Brennpunkt“-Beiträge und 2,4

seltener bewertet als Bundeskanzlerin Angela

Prozent der „ZDF spezial“-Beiträge beinhalte-

Merkel. Aber auch er wurde primär negativ von

ten Negativ-Bewertungen des griechischen Fi-

den Akteuren bewertet. Denn 2,2 Prozent der

nanzministers. Neutrale oder gar positive Wer-

Beiträge des „Brennpunkts“ und 3,5 Prozent

tungen lagen für ihn bei beiden untersuchten

der „ZDF spezial“-Beiträge wiesen Negativ-

Sondersendungen gar nicht vor (vgl. Abbildung

Wertungen des deutschen Finanzministers auf.

24).

Positive Wertungen von Akteuren fanden sich

Die deutsche Regierung wurde in beiden

in 2,2 Prozent der „Brennpunkt“-Beiträge, bei

Sondersendungen seltener bewertet, aller-

„ZDF spezial“ hingegen gar nicht. Auch waren

dings – wie die griechische Regierung auch

in beiden Sondersendungen keine neutralen

– überwiegend negativ. So wurde sie in 13,3

Wertungen des Finanzministers Schäuble von

Prozent der „Brennpunkt“-Beiträge und in 11,8

Akteuren zu finden (vgl. Abbildung 24).

71


„Die Griechen provozieren!”

Für die Sondersendungen „Brennpunkt“

Geber*innen kritisch über die griechischen

und „ZDF spezial“ lässt sich festhalten, dass

Regierung, während eine positive Wertung nur

Akteure mit Wertungen insgesamt häufiger vor-

in 5,5 Prozent aller Beiträge der Fall war (vgl. für

zufinden waren als in den Nachrichtensendun-

eine detailliertere Verteilung der Wertungspo-

gen „Tagesschau“ und „heute“. Wertungen der

sitionen auf verschiedenen Akteure Anhang 4).

griechischen Regierung waren deutlich öfter negativ als positiv, was darin begründet liegen

Wertungen in O-Tönen in „Tagesschau“

könnte, dass griechische Akteure generell in

und „heute“

der Berichterstattung eher unterrepräsentiert

In „Tagesschau“ und „heute“ dominierte ein

waren.

ausgeglichenes Verhältnis der Positionen zur griechischen Regierung innerhalb der durch

Ausgewogenheit der Wertungen in O-Tönen

O-Töne ausgedrückten Wertungen. Die Vertei-

Ausgewogene O-Töne

Im Folgenden sollen nun die Bewertung der

lung war zwischen „Tagesschau“ und „heute“

dominieren

griechischen Regierung in O-Tönen von Akteu-

nahezu kongruent. In „heute” wiesen nahezu

ren untersucht werden. Hierbei wird auch auf-

55 Minuten der O-Töne ein ausgeglichenes

gezeigt, inwiefern eine positive oder negative

Verhältnis zwischen positiven, negativen oder

Wertung innerhalb dieser O-Töne vorzufinden

neutralen Wertungen der griechischen Regie-

war. Es wurde auch erfasst, ob in den O-Tönen

rung auf. Annähernd 15 Minuten beinhalteten

eines Beitrags sowohl kritische als auch akriti-

Negativ-Wertungen und ca. 7 Minuten Positiv-

sche Aussagen in gleichen Anteilen auftraten.

Wertungen. Für die „Tagesschau” sind die Er-

In diesen Fällen wird von einem „ausgegliche-

gebnisse ähnlich. So waren ca. 52 Minuten der

nen“ Verhältnis gesprochen. Sind die O-Töne

O-Töne ausgewogen in ihrer Bewertung der

innerhalb der Beiträge nicht ausgeglichen, so

griechischen Regierung, ca. 20 Minuten nega-

sollten sie über alle Beiträge hinweg zumin-

tiv und ca. 9 Minuten positiv (vgl. Abbildung

dest in gleichem Umfang positive wie negative

25).

Bewertungen der griechischen Regierung enthalten.

72

Auch die Anzahl der Beiträge mit Wertungen der griechischen Regierung durch O-

In insgesamt 63,4 Prozent aller Beiträge ka-

Ton-Geber*innen bestätigt dieses Ergebnis.

men Akteure direkt vor der Kamera mit O-Tönen

In 32,8 Prozent der „Tagesschau“-Beiträge

zu Wort. Hierbei wurde in 49,9 Prozent aller

wiesen O-Töne sowohl kritische als auch akri-

Beiträge die griechische Regierung bewertet,

tische Bewertungen der griechischen Regie-

wobei die Beiträge ein überwiegend ausgegli-

rung auf und können daher als ausgeglichen

chenes Verhältnis hinsichtlich der Wertung der

bezeichnet werden. 14,8 Prozent der Beiträge

griechischen Regierung aufwiesen. Dies war

wiesen O-Töne mit negativen Wertungen der

in 26,5 Prozent aller Beiträge der Fall. In 17,8

griechischen Regierung auf, 6,1 Prozent waren

Prozent aller Beiträge äußerten sich O-Ton-

positiv. In 23,6 Prozent der „heute“-Beiträge


Ergebnisse der Untersuchung

Abbildung 25:

Länge der O-Töne mit Wertungen der griechischen Regierung in den Sendungen „heute” und „Tagesschau”

heute

6:33

54:43

8:43

Tagesschau

0 :00

14:53

51:50

19:35

5:00 10:00 15:00 20:00 25:00 30:00 35:00 40:00 45 :00 50:00 55:00 60:00 65:00 70:00 75:00 80:00

positiv

neutral

negativ

Länge in Minuten

Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „Tagesschau“ n=229, „heute“ n=252, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

wiesen O-Töne sowohl kritische als auch akri-

festgestellt werden, dass sich beide Redakti-

tische Bewertungen der griechischen Regie-

onen um ein ausgewogenes Verhältnis positi-

rung auf und können daher als ausgeglichen

ver und negativer Wertungen durch O-Töne in

bezeichnet werden. 11,5 Prozent der Beiträge

Nachrichten sowie in Berichten bemühten. Die

wiesen O-Töne mit negativen Wertungen der

Verteilung von O-Tönen auf politische Akteure

griechischen Regierung auf, 6,7 Prozent waren

war in beiden Nachrichtensendungen kongru-

positiv.

ent. Diese waren mehrheitlich ausgeglichen,

So kann abschließend festgehalten werden, dass in „Tagesschau“ und „heute“ aus-

wobei positive Wertungen jedoch seltener zu finden waren als negative.

gewogene O-Töne überwogen, negative Äußerungen zur griechischen Regierung kamen

Wertungen in O-Tönen in den Sonder-

jedoch in beiden Sendungen in einem erkenn-

sendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“

bar größeren zeitlichen Umfang vor als positi-

Im Folgenden sollen die Ergebnisse hinsicht-

ve – jeweils mehr als doppelt so oft. Es kann

lich der Bewertung der griechischen Regierung

73


„Die Griechen provozieren!”

in O-Tönen in den Sondersendungen „Brenn-

Prozent der Beiträge im „Brennpunkt“ bewer-

punkt“ und „ZDF spezial“ unterschieden wer-

teten Akteure in O-Tönen die griechische Re-

den.

gierung negativ, in 10,2 Prozent positiv, in 28,6

O-Töne in

Der zeitliche Umfang von O-Tönen mit

Prozent der Beiträge fand sich ein ausgegliche-

Sondersendungen

Bewertungen der griechischen Regierung in

nes Verhältnis. In 41,2 Prozent der Beiträge in

häufiger

Beiträgen der untersuchten Sondersendun-

„ZDF spezial“ bewerteten Akteure in O-Tönen

unausgewogen

gen macht deutlich, dass auch hier erkennbar

die griechische Regierung negativ, in 2,4 Pro-

mehr Negativ-Bewertungen der griechischen

zent positiv, in 18,8 Prozent der Beiträge fand

Regierung vorliegen, als positive Wertungen

sich ein ausgeglichenes Verhältnis.

vorkamen. Dies ist im Verhältnis betrachtet

Zusammenfassend lässt sich festhalten,

insbesondere bei der Sendung „ZDF spezial“

dass der „Brennpunkt“ zwar unter den unter-

der Fall.

suchten Sendungen häufiger positiv wertende

So wurden in „ZDF spezial“ rund 53 Minu-

O-Töne zu Griechenlands Regierung beinhalte-

ten negative und nur rund 3 Minuten 30 Se-

te als das „ZDF spezial“, jedoch auch zweimal

kunden positive Äußerungen gesendet. Der

so viel Negativ- wie Positiv-Wertungen aufwies.

zeitliche Umfang hinsichtlich neutraler O-Töne

Die Sondersendungen setzten O-Töne nicht in

lag bei in „ZDF spezial“ bei 16 Minuten und

einem ausgeglichenen Verhältnis ein. Das Er-

32 Sekunden. Dies erscheint mit Blick auf den

gebnis zur Sendung „ZDF spezial“ zeigt dies

gesamten Zeitumfang (ca. 75 Minuten), in dem

sehr deutlich. So sendete das „ZDF spezial“

Wertungen in Form von O-Tönen enthalten sind,

rund 53 Minuten Negativ-Äußerungen und nur

erstaunlich wenig.

rund 4 Minuten Positiv-Äußerungen über die

Auch bei den „Brennpunkt“-Beiträgen sind mit 22 Minuten und 51 Sekunden mehr Negativ-

74

griechische Regierung, also mehr als 13-mal so viel Negativ- wie Positiv-Wertungen.

Äußerungen vorhanden, als sich positive Be-

In diesem Abschnitt stand die Ausgewo-

wertungen der griechischen Regierung finden

genheit der Berichterstattung im Mittelpunkt.

lassen. So weist die ARD-Sondersendung nur

Untersucht wurde, ob die Darstellung von Ak-

insgesamt 10 Minuten und 16 Sekunden O-Töne

teuren und die dargestellten Wertungen und

mit positiven Wertungen der griechischen Re-

Meinungen von Akteuren, Journalist*innen und

gierung auf. O-Töne mit ausgeglichenen Posi-

O-Ton-Geber*innen in einem ausgewogenen

tionen gegenüber der griechischen Regierung

Verhältnis zueinander standen. Die zentralen

konnten in insgesamt 12 Minuten und 4 Se-

Ergebnisse der Analyse im Hinblick auf die

kunden der „Brennpunkt“-Beiträge festgestellt

Wertungen durch Akteure in den untersuchten

werden (vgl. Abbildung 26).

Beiträgen lassen sich folgendermaßen zusam-

Auch die Anzahl der Beiträge mit Wertun-

menfassen. Zunächst sollen die Ergebnisse

gen der griechischen Regierung durch O-Ton-

hinsichtlich der Akteursausgewogenheit dar-

Geber*innen bestätigt dieses Ergebnis. In 30,6

gestellt werden:


Ergebnisse der Untersuchung

Abbildung 26:

Länge der O-Töne mit Wertungen der griechischen Regierung in den Sondersendungen „ZDF spezial” und „Brennpunkt”

ZDF spezial

3:37

16:32

10:16

Brennpunkt

0 :00

53:01

12:04

22:51

5:00 10:00 15:00 20:00 25:00 30:00 35:00 40:00 45 :00 50:00 55:00 60:00 65:00 70:00 75:00 80:00

positiv

neutral

negativ

Länge in Minuten

Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „Brennpunkt“ n=49, „ZDF spezial“ n=85, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

Die griechische Regierung wurde häufiger

erkennbar häufiger über die griechische

genannt oder gezeigt als andere Akteure.

Regierung gesprochen, als dass diese in

Die griechische Regierung trat aber nur in

der Berichterstattung selbst mit Aussagen

11,4 Prozent der Beiträge als Sender von

vertreten war. Dies zeigt sich besonders

Aussagen auf, in 41,5 Prozent der Beiträge

deutlich in den O-Tönen, der Möglichkeit,

wurden Aussagen über sie getroffen.

durch wörtliche Rede direkt seine Positio-

Fehlende Ausgewogenheit lässt sich auch

nen wiederzugeben. Die griechische Regie-

bei den direkt zu Wort kommenden Akteu-

rung kam im Vergleich zu anderen Akteuren

ren feststellen. Die deutsche Regierung

in „Tagesschau“ und „heute“ seltener zu

sprach in O-Tönen fast mehr als doppelt so

Wort. Gerade einmal 10,7 Prozent des Um-

lang zur Staatsschuldenkrise in Griechen-

fangs der O-Töne wurden durch die griechi-

land als die griechische Regierung. Das

sche Regierung besetzt.

Verhältnis der Redeanteile zwischen beiden

Die deutsche Regierung war in allen unter-

Akteuren ist nicht ausgewogen. Es wurde

suchten Sendungen in Beiträgen zur grie-

75


„Die Griechen provozieren!”

chischen Staatsschuldenkrise erheblich

In O-Tönen und indirekten Aussagen über

präsenter. 23,8 Prozent der O-Töne lassen

Akteure in der hier untersuchten Berichter-

sich der deutschen Regierung zuordnen.

stattung zur griechischen Staatsschulden-

Dies spricht für ein fehlendes Gleichgewicht

krise zeigten sich in hohem Maße Meinun-

bei der Behandlung von Akteuren und für

gen und Bewertungen. In fast vier von fünf

eine Unausgewogenheit bei den Redezeiten

Beiträgen, in denen ein O-Ton enthalten

zu Ungunsten der griechischen Regierung.

war, wurde die griechische Regierung bewertet. Auch bei berichteten Aussagen und

Die Ergebnisse der Untersuchung der Bewer-

O-Tönen zeigte sich dieses Missverhältnis,

tungsausgewogenheit zeigen ebenfalls Defizi-

die griechische Regierung wurde häufiger

te auf:

bewertet als andere. In 34,3 Prozent aller

Die griechische Regierung wurde sehr häu-

Beiträge trafen Akteure wertende Aussagen

fig durch Journalist*innen und Akteure in-

über die griechische Regierung. Über die

nerhalb der untersuchten Beiträge bewertet

deutsche Regierung wurden in nur 9,1 Pro-

– erkennbar häufiger als andere Akteure. In

zent der Beiträge wertende Aussagen von

20,3 Prozent der Beiträge zur griechischen

Akteuren getroffen. Dies spricht auch hier

Staatsschuldenkrise wurden Wertungen

für fehlende Ausgewogenheit der Bewer-

der griechischen und/oder der deutschen

tungen.

Regierung von Journalist*innen vorgenommen. In 18,4 Prozent der Beiträge betrafen

Wenn Journalist*innen Wertungen vornehmen,

diese Wertungen die griechische Regierung.

positionierten sie sich mehrheitlich kritisch

In nur 7,8 Prozent der Beiträge wurde die

gegenüber der griechischen Regierung. Ein

deutsche Regierung von Journalist*innen

Mangel an Ausgewogenheit in der Bewertung

Wertungen durch

bewertet. Das Ausmaß der Wertungen

durch Journalist*innen zeigt sich im Vergleich:

Journalist*innen

durch Journalist*innen ist in einem erwar-

Positive Aspekte wurden bei der griechischen

in jedem fünften

teten Umfang: Etwa jeder fünfte Beitrag be-

Regierung im Gegensatz zur deutschen Regie-

Beitrag

inhaltet Wertungen durch Journalist*innen.

rung kaum herausgestellt. Die vorgefundenen

Maurer (2005) fand in einer Analyse von

Wertungen sind demnach nicht ausgewogen.

76

Hauptnachrichtensendungen 2001 bei der

Die griechische Regierung wurde in be-

ARD in 16 Prozent und beim ZDF in 29 Pro-

richteten Akteursaussagen häufiger negativ

zent der Beiträge explizite Wertungen

bewertet als positiv. Jedoch wurden über alle

durch Journalist*innen. Das Verhältnis ist

Akteure, die bewertet wurden, mehrheitlich ne-

allerdings nicht ausgeglichen, die griechi-

gative bzw. kritische Aussagen getroffen.

sche Regierung wurde häufiger bewertet als

Die Bewertungen der griechischen Regie-

andere. Dies spricht für fehlende Ausgewo-

rung durch Akteure waren in den Hauptnach-

genheit der Bewertungen.

richtensendungen mehrheitlich ausgeglichen,


Ergebnisse der Untersuchung

in den untersuchten Sondersendungen mehr-

sprechend nicht in Off-Texten von Nachrich-

heitlich negativ. In 17,8 Prozent aller Beiträge

ten oder Berichten stattfinden. Innerhalb von

insgesamt äußerten sich O-Ton-Geber*innen

Aufsagern und Korrespondent*innen-Schalten

kritisch gegenüber der griechischen Regierung,

sind Wertungen hingegen möglich, da bei bei-

während eine positive Wertung nur in 5,5 Pro-

den für den Rezipienten erkennbar ist, dass

Rezipient*innen

zent aller Beiträge der Fall war. Während sich

es sich um eine Meinung des Journalist*innen

sollen Meinung

die Journalist*innen in den Hauptnachrichten-

handelt, weil dieser im Bild zu sehen ist.

erkennen können

sendungen um eine ausgewogene Bewertung

Bei 16,8 Prozent der Beiträge handelte es

der griechischen Regierung bei der Zusammen-

sich um einfache Nachrichtenmeldungen, die

stellung der O-Töne bemühten, tendierte die

von den Nachrichtensprecher*innen gelesen

Mehrheit der O-Töne in den Sondersendungen

wurden. 43,9 Prozent dieser vorgelesenen

zu einer kritischen Position gegenüber der

Meldungen wurden mit Bewegtbild hinter-

griechischen Regierung. Die in O-Tönen darge-

legt. Die häufigste Darstellungsform waren

stellten Meinungen waren in Sondersendun-

mit 50,9 Prozent Berichte. An dritter Stelle

gen demnach weniger ausgewogen als in den

standen Korrespondent*innen-Schalten der

Hauptnachrichtensendungen.

Reporter*innen mit 23,6 Prozent aller Beiträge. Es wurden zudem in 7,8 Prozent der Beiträge

5.4 Neutralität der Berichterstattung Insbesondere

für

Aufsager in Nachrichten und Berichten identifiziert (in Abbildung 27 hellblau markiert). Bei

Nachrichtensendungen

8,1 Prozent aller Beiträge handelte es sich um

ist die Trennung von Nachricht und Mei-

Interviews. Diese kamen jedoch nahezu aus-

nung ein zentraler Aspekt der Unparteilich-

schließlich in den untersuchten Sondersen-

keit. Zunächst wird daher im folgenden Ab-

dungen vor.

schnitt dargestellt, in welchem Ausmaß und

Unterscheidet man zwischen den verwende-

in welcher Ausrichtung Wertungen durch

ten Darstellungsformen (vgl. Abbildung 28), ist

Journalist*innen in den Fernsehnachrichten

feststellbar, dass die Nachricht weitestgehend

zur griechischen Staatsschuldenkrise vorge-

frei von Bewertungen durch Journalist*innen

nommen wurden.

war. Nur in 3,9 Prozent der Beiträge fanden sich

Es geht insbesondere um die Frage, ob

positive oder negative Wertungen der griechi-

Journalist*innen in den untersuchten Nachrich-

schen oder der deutschen Regierung durch

tensendungen eine Position einnahmen. Hie-

Journalist*innen im Off-Text. In Bezug auf die

raus können Rückschlüsse gezogen werden,

Darstellungsform des Berichtes war dieser An-

inwiefern die Berichterstattung dem Kriterium

teil schon erkennbar höher: 10,2 Prozent der

der Neutralität entspricht.

hier untersuchten Berichte wiesen Wertungen

Wertungen durch Journalist*innen sollten

durch Journalist*innen im Off-Text auf. So hieß

dem Qualitätskriterium der Neutralität ent-

es beispielsweise im Off-Text eines Berichtes

77


„Die Griechen provozieren!”

Abbildung 27:

Anteil der Beiträge nach Darstellungsform

60 %

Anteil der Beiträge

50 %

50,9 %

40 %

30 %

20 %

23,6 % 16,7 %

10 % 8,1 %

0,7 %

MIT AUFSAGER

0 % Nachricht

Bericht

Interview

Korrespondent*innenSchalte

Sonstige

Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

„Nur er hier hat ein Dauergrinsen“

78

der „Tagesschau“ vom 18. September 2015

sich im Gegensatz zu Nachrichten und Be-

über Ministerpräsident Alexis Tsipras: „Doch

richten deutlich häufiger Bewertungen durch

er hat an Strahlkraft verloren.“ Oder in der

Journalist*innen. So wiesen 39,4 Prozent aller

„heute“-Sendung vom 4. April 2015: „Politi-

Korrespondent*innen-Schalten und Aufsager

sche Kapriolen in Athen sorgen auch bei der

Wertungen der griechischen oder deutschen

SPD für Stirnrunzeln.“ Aber auch in der Sonder-

Regierung durch Journalist*innen auf. Bei der

sendung „ZDF spezial“ (29. Juni 2015) ließen

Darstellungsform des Interviews war dies nur

sich derartige Beispiele für Kommentierungen

in 8 Prozent aller Fälle so. Ein Beispiel für eine

von Journalist*innen im Off-Text finden. Über

durch Journalist*innen vorgenommene Mei-

den griechischen Finanzminister findet man

nungsäußerung während eines Interviews fin-

den Satz: „Nur er hier hat ein Dauergrinsen.

det sich im „Brennpunkt“ vom 29. Juni 2015:

Die Griechen provozieren.“

„Darf ich noch eine Frage stellen? Jahrelang

In den für Kommentierungen vorgese-

sind ja Reformen verschleppt worden in diesem

henen Berichterstattungsbereichen fanden

Land (...)“ Daran zeigt sich, dass auch in Inter-


Ergebnisse der Untersuchung

Abbildung 28:

Anteil der Beiträge mit Bewertungen der griechischen oder der deutschen Regierung durch Journalist*innen nach Darstellungsform

8,0 %

Interview

Schalten und Aufsager

39,4 %

Bericht

10,2 %

Nachricht

3,9 %

0 %

5 %

10 %

15 %

20 %

25 %

30 %

35 %

40 %

45 %

Anteil der Beiträge Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, Nachricht: n=103, Bericht: n=313, Schalten u. Aufsager: n=193, Interview: n=50, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

viewfragen Wertungen durch Journalist*innen

in 36,7 Prozent der Beiträge Wertungen von

vorgenommen wurden.

Journalist*innen finden, wobei solche in „ZDF

Hinsichtlich meinungsorientierter Äußerungen durch Journalist*innen zeigen sich

spezial“ nur in rund 7 Prozent der Fälle zu finden waren (vgl. Abbildung 29).

zwischen den Nachrichtensendungen bei-

Im folgenden Abschnitt findet eine weiter-

der öffentlich-rechtlicher Sender nur gerin-

gehende Differenzierung der Ergebnisse statt.

ge Unterschiede. So wurden in 19,7 Prozent

So soll dargestellt werden, inwieweit Wertun-

der „Tagesschau“-Beiträge Wertungen von

gen der griechischen und deutschen Regierung

Journalist*innen vorgenommen, in „heute“

in den untersuchten Sendungen zu finden wa-

lag dieser Wert bei 22,2 Prozent. Bei den Son-

ren und welche Unterschiede zwischen den

dersendungen hingegen war ein deutlicher

Nachrichtensendungen und Sondersendungen

Unterschied in Bezug auf eine meinungsori-

festgestellt werden konnten.

entierte Berichterstattung erkennbar. Denn in

Im Weiteren sollen nun die Ergebnisse

der ARD-Sendung „Brennpunkt“ ließen sich

hinsichtlich der Wertungen mit Bezug zu den

79


„Die Griechen provozieren!”

Abbildung 29:

Anteil der Beiträge mit Wertungen durch Journalist*innen

ZDF spezial

7,1 %

92,9 %

Brennpunkt

36,7 %

63,3 %

22,2 %

heute

77,8 %

19,7 %

Tagesschau

0 %

10 %

80,3 %

20 %

30 %

40 %

50 %

60 %

70 %

80 %

90 %

100 %

Anteil der Beiträge Beiträge mit Wertungen der griechischen oder der deutschen Regierung Beiträge ohne Wertungen der griechischen oder der deutschen Regierung Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „Tagesschau“: n=229, „heute“: n=252, „Brennpunkt“: n= 49, „ZDF spezial“: n= 85, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

80

unterschiedlichen Darstellungsformen diffe-

Prozent aller Korrespondent*innen-Schalten

renziert werden.

und Aufsager von „heute“ Meinungen von

In der „Tagesschau“ fanden in 3 Prozent

Journalist*innen finden; wohingegen in der

der Beiträge Wertungen durch Journalist*innen

„Tagesschau“ mit 37,3 Prozent diese Berichter-

statt, in „heute“ waren diese in 5,6 Prozent

stattungsformen etwas weniger für Wertungen

der Beiträge zu finden. Die Darstellungs-

genutzt wurden (vgl. Abbildung 30). Zusam-

form Bericht wurde von den „Tagesschau“-

menfassend lässt sich also feststellen, dass

Redakteur*innen in 7,2 Prozent der Fälle für

alle Darstellungsformen im Vergleich beider

Wertungen genutzt. Im Vergleich dazu lag die-

Sender ähnlich intensiv für Wertungen durch

ser Wert bei den „heute“-Berichten bei 8,5 Pro-

Journalist*innen genutzt wurden.

zent. Die Korrespondent*innen-Schalten und

Die Darstellungsformen wurden auch in den

Aufsager beinhalteten die meisten Wertungen

Sondersendungen unterschiedlich intensiv für

von Journalist*innen. Hier ließen sich bei 41,8

Bewertungen durch Journalist*innen genutzt.


Ergebnisse der Untersuchung

Abbildung 30:

Anteil der Beiträge mit Wertungen durch Journalist*innen nach Darstellungsform in den Sendungen „heute” und „Tagesschau”

Interview

0,0 %

41,8 %

Korrespondent*innen-­ Schalten und Aufsager

37,3 % 8,5 %

Bericht

7,2 % 5,6 %

Nachricht

3,0 %

heute Tagesschau 0 %

5 %

10 %

15 %

20 %

25 %

30 %

35 %

40 %

45 %

Anteil der Beiträge Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise; „Tagesschau“: Nachricht: n=67, Bericht: n=111, Schalten und Aufsager: n=83, ­Interview: n=0; „heute“: Nachricht: n=36, Bericht: n=129, Schalten und Aufsager: n=91, Interview: n=0; 2015 Quelle: eigene Darstellung.

Wie zuvor beschrieben, bewerteten die Journalist*innen im „Brennpunkt“ insgesamt

dungen und somit das Postulat der Neutralität verletzt wurde.

erkennbar häufiger. So fanden in der Darstel-

Vor der Kamera bewerteten Journalist*innen

lungsform Bericht beim „Brennpunkt“ in 28

die griechische oder deutsche Regierung in 54,5

Prozent der Fälle Bewertungen statt, während

Prozent der Korrespondent*innen-Schalten und

dies für das „ZDF spezial“ nur bei 12,5 Prozent

Aufsager sowie in 21,4 Prozent der Interviews

der Berichte der Fall war. Betrachtet man diese

der Sendung „Brennpunkt“. In „ZDF spezial“

Ergebnisse für die Darstellungsform Bericht

wurden, abgesehen von den Berichten, in kei-

im Vergleich zu den Nachrichtensendungen

ner weiteren Darstellungsform Wertungen der

Neutralität in allen

der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten, so

griechischen oder deutschen Regierung durch

Sendungen verletzt

fällt auf, dass in den Sondersendungen häufi-

Journalist*innen gefunden (vgl. Abbildung 31).

ger die Trennung von Nachricht und Meinung

Die Neutralität der Berichterstattung, also

missachtet wurde als in den Nachrichtensen-

die die Trennung von Nachricht und Meinung,

81


„Die Griechen provozieren!”

Abbildung 31:

Anteil der Beiträge mit Wertungen durch Journalist*innen nach Darstellungsform in den Sondersendungen „ZDF spezial” und „Brennpunkt”

0,0 %

Interview

21,4 % 0,0 %

Korrespondent*innen-Schalten und Aufsager

54,5 % 12,5 %

Bericht

28,0 %

0,0 %

Nachricht „ZDF spezial“ „Brennpunkt“ 0 %

10 %

20 %

30 %

40 %

50 %

60 %

Anteil der Beiträge Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise; „Brennpunkt“: Nachricht: n=0, Bericht: n=25, Schalten und Aufsager: n=11, Interview: n=14; „ZDF spezial“: Nachricht: n=0, Bericht: n=48, Schalten und Aufsager: n=8, Interview: n=29; 2015 Quelle: eigene Darstellung.

ist ein zentrales Kriterium journalistischer Pro-

gative Bewertungen der griechischen oder

fessionalität. Dieses wichtige Qualitätskriteri-

der deutschen Regierung vor. Off-Texte

um wurde in der Berichterstattung zur griechi-

von Berichten wurden in den untersuchten

schen Staatsschuldenkrise nicht durchgängig

Nachrichtensendungen also in jedem zehn-

eingehalten:

ten Fall für Wertungen genutzt. Damit wurde

Klassische Nachrichten waren weitestgehend frei von Bewertungen durch

82

das Gebot der Neutralität sowohl in Nachrichten als auch in Berichten verletzt.

Journalist*innen. In 3,9 Prozent der Nach-

3,0 Prozent der Nachrichten und 7,2 Prozent

richten fanden sich positive oder negative

der Berichte in der „Tagesschau“ enthielten

Wertungen der griechischen oder der deut-

Wertungen der griechischen oder der deut-

schen Regierung durch Journalist*innen.

schen Regierung durch Journalist*innen

In 10,2 Prozent der Berichte nahmen

im Off-Text. In „heute“ wurden häufiger

Journalist*innen jedoch positive oder ne-

als in der „Tagesschau“ auch in Nach-


Ergebnisse der Untersuchung

richten und Berichten Bewertungen von Journalist*innen vorgenommen. 5,6 Prozent der Nachrichten und 8,5 Prozent der Berichte in „heute“ enthielten Wertungen der griechischen oder der deutschen Regierung durch Journalist*innen im Off-Text. Damit wurde in beiden Hauptnachrichtensendungen das Gebot der Neutralität von Nachrichten und Berichten in Einzelfällen verletzt. Da keine Vergleichszahlen zu Neutralitätsverletzungen in den Darstellungsformen Nachricht und Bericht zu anderen Themen vorliegen, kann das Ausmaß der Neutralitätsverletzung hier nur zwischen den untersuchten Sendungen vergleichend bewertet und eingeordnet werden. Unter

den

untersuchten

Sendungen

wurde im „Brennpunkt“ am häufigsten auch in Berichten Bewertungen durch Journalist*innen vorgenommen. 28 Prozent der Berichte im „Brennpunkt“ enthielten Wertungen der griechischen oder der deutschen Regierung durch Journalist*innen im Off-Text. In „ZDF spezial“ wurden seltener als im „Brennpunkt“, aber häufiger als in den Hauptnachrichtensendungen „Tagesschau“ und „heute“, auch in Berichten Bewertungen durch Journalist*innen vorgenommen. 12,5 Prozent der Berichte in „ZDF spezial“ enthielten Wertungen der griechischen oder der deutschen Regierung durch Journalist*innen im Off-Text. Damit wurde das Gebot der Neutralität von Nachrichten und Berichten im „Brennpunkt“ und im ZDF spezial“ verletzt.

5.5 Analytische Qualität der Darstellung der griechischen Reformagenda in der Berichterstattung In diesem Abschnitt steht die Frage im Mittepunkt, wie viel Hintergrundberichterstattung zur griechischen Staatsschuldenkrise die öffentlichen-rechtlichen Nachrichtensendungen lieferten. Damit kann die analytische Qualität der öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen beurteilt werde. Dazu wurde erhoben, ob die Berichterstattung sachorientiert war, über welche Politikfelder der griechischen Reform-

Reformvorschläge und

politik und über welche konkreten Reformen

Politikfelder

berichtet wurde. Um erfassen zu können, über welche Politikfelder und Reformen berichtet wurde, wurden zuvor 139 Reformen und 16 Politikfelder aus den folgenden vier zentralen Dokumenten ausgewählt: der Reformliste der griechischen Regierung vom 24. Februar 2015, dem griechischen Regierungsprogramm, dem Fortschrittsbericht der EU und dem Kompromisspapier über ein neues ESM-Programm des Eurogipfels in Brüssel vom 12. Juli 2015. Darüber hinaus wurden weitere Diskussionen, die am Rande der Reformpolitik und der Staatsschuldenkrise auftauchten, ebenfalls erfasst, wie beispielsweise die Diskussionen über deutsche Reparationszahlungen an Griechenland, das Privatleben politischer Akteure oder die Diskussion über einen griechischen Euro-Austritt.

83


„Die Griechen provozieren!”

Im folgenden Abschnitt wird beleuchtet, wie sich die Berichterstattung mit zentralen

Rechtspolitik und Medienpolitik

Politikfeldern befasste. Im darauffolgenden

zugeordnet. Einzelne weitere Themen (z. B.

Abschnitt soll es um die Berichterstattung über

Grexit, Reparationszahlungen) wurden darüber

konkrete Reformvorschläge gehen. Anschlie-

hinaus separat untersucht.

ßend wird das Ausmaß der Berichterstattung über andere Themen dargestellt.

Die Analyse zeigt, dass sich 51,1 Prozent aller Beiträge mit Haushaltspolitik befassten (vgl. Abbildung 32). Dieses Politikfeld nahm

Haushaltspolitik dominiert

5.5.1 Politikfelder in der

demnach eine herausgehobene Stellung in der

Nachrichtenberichterstattung

Berichterstattung ein. Hierzu zählen beispiels-

Im Folgenden geht es um die Frage, wie in-

weise Vorschläge wie ein Schuldenschnitt oder

tensiv über welche Politikfelder während der

erlass und der vielfach thematisierte Staats-

griechischen Staatsschuldenkrise berichtet

bankrott Griechenlands. Es folgte mit großem

wurde. Dadurch lassen sich Erkenntnisse dar-

Abstand das Politikfeld der Steuer- und Fi-

über gewinnen, welche Politikfelder im Fokus

nanzpolitik mit 21,5 Prozent der Beiträge. Zu

der Berichterstattung standen und welche

diesem Politikfeld wurden – unter anderem –

vollständig oder weitestgehend ausgeklam-

alle Diskussionen über Steuereinnahmen und

mert wurden.

Steuererhöhungen gezählt, aber auch die Ver-

Die in der Berichterstattung in der griechi-

folgung von Steuerhinterziehung oder der Vor-

schen Staatsschuldenkrise thematisierten Re-

schlag einer Modernisierung der griechischen

formvorschläge wurden den Politikfeldern

Finanzverwaltung.

Haushaltspolitik Steuer- und Finanzpolitik

zug zur Wirtschaftspolitik thematisiert – dies

Geld- und Währungspolitik

geschah nur in 13,7 Prozent aller Beiträge. Die-

Wirtschaftspolitik

sem Politikfeld werden z. B. Diskussionen über

Arbeitsmarktpolitik

Privatisierungen von Staatsbetrieben sowie

Tarif- und Lohnpolitik

Themen der Wirtschaftsförderung und einzelne

Infrastrukturpolitik

Reformen des Wettbewerbsrechts zugeordnet.

Energiepolitik

Es folgten die Rentenpolitik als viert-

Sozialpolitik

wichtigstes Thema mit 12,8 Prozent und die

Rentenpolitik

gesellschaftliche und politische Ordnung in

Gesundheitspolitik

Griechenland mit 11,7 Prozent. Hierzu wurden

Wohnungsbau

Vorschläge zur Bekämpfung der Korruption im

gesellschaftliche und

Staatsapparat und zur Reduzierung der Zahl

politische Ordnung

der Beamten, aber auch Diskussionen über

Verteidigungspolitik

84

Noch seltener wurden Sachverhalte mit Be-

Neuwahlen gezählt.


Ergebnisse der Untersuchung

Abbildung 32:

Anteil der Beiträge differenziert nach Politikfeldern 60 % 55 %

51,1 %

50 %

Anteil der Beiträge

45 % 40 % 35 % 30 % 25 %

21,5 %

20 % 15 %

13,7 % 12,8 % 11,7 %

10 %

9,8 % 5,0 % 5,0 %

5 %

2,1 % 2,0 % 1,8 % 1,6 % 1,1 % 0,5 % 0,0 % 0,0 %

Ha St us eu ha er -u lts nd p Ge Fin oliti k se an W lls zp irt ch ol sc af iti ha tli k fts ch e p ol un Re iti d nt k po en Ge lit po is ld lit ch -u ik e nd Or W dn äh un ru g ng sp ol Ar iti be k its po lit So ik Ve zia rte l po id lit ig Ta u ik n rif g -u sp ol nd iti Lo k hn po lit Re ik ch Ge t sp su ol nd iti he k its po En lit er ik gi ep ol M iti ed W k oh ie np nu o ng lit sb ik In a up fra ol st iti ru k kt ur po lit ik

0 %

Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, Mehrfachnennungen, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

Themen mit Bezug zur Geld- und Währungs-

zug zur Tarif- und Lohn-, Rechts- und Gesund-

politik spielten mit 9,8 Prozent aller Beiträge

heitspolitik sowie Energie- und Medienpolitik.

nur eine untergeordnete Rolle in der Nachrich-

Beiträge, in denen die Themen Wohnungsbau

tenberichterstattung. Aber auch Sachverhalte

und Infrastrukturpolitik angesprochen wurden,

hinsichtlich der Arbeits-, Sozial- und Verteidi-

ließen sich in den untersuchten Sendungen gar

gungspolitik ließen sich in den Beiträgen nur

nicht finden (vgl. Abbildung 32). Diesen Politik-

selten finden. Gleiches gilt für Themen mit Be-

feldern wurde z. B. das Programm zur Siche-

85


„Die Griechen provozieren!”

rung von Wohnraum, das geplante Aussetzen

dem Hintergrund, dass in Griechenland in al-

der Versteigerung von Hauptwohnungen oder

len 16 Politikfeldern 139 Reformen diskutiert

Reformen im Bereich Landnutzung, Raumord-

und teilweise umgesetzt wurden, fehlte es

nung und Katasterwesen zugeordnet.

an analytischer Qualität in der Berichterstat-

Die geringe Präsenz dieser Politikfelder in den Nachrichtensendungen von ARD und ZDF

tung über die Breite des Reformprozesses in Griechenland.

ist insofern erstaunlich, da in allen genannten

Zwischen den untersuchten Sendungen

Politikfeldern in Griechenland Reformen dis-

gab es Unterschiede hinsichtlich der Politik-

kutiert und sogar teilweise durchgeführten

felder, über die berichtet wurde. Im Folgenden

wurden. So wurde zum Beispiel das Insolvenz-

soll zwischen den Hauptnachrichtensendun-

recht reformiert, um Firmenneugründungen zu

gen und den Sondersendungen noch einmal

erleichtern. Dies wurde gar nicht thematisiert

unterschieden werden:

wurde. Rechtspolitische Reformen, wie z. B. eine Zivilrechtsreform, wurden nur in 1,8 Pro-

Politikfelder in den Hauptnachrichten-

zent der Beiträge zum Thema. Außerdem wurde

sendungen „Tagesschau“ und „heute“

die Unabhängigkeit der griechischen Statistik-

Die

behörde gestärkt. In nur einem Beitrag wurde

schau“ und „heute“ wiesen kaum Unterschie-

darauf eingegangen.

de in der Berichterstattung über verschiedene

Wie intensiv einzelne Politikfelder in den Nachrichtensendungen im Mittelpunkt stan-

Breite des Reform-

86

Hauptnachrichtensendungen

„Tages-

Politikfelder in der griechischen Staatsschuldenkrise auf.

den, ist zudem an der Zeit, in der über sie be-

Das Thema Haushaltspolitik war in beiden

richtet wurde, erkennbar. So ließen sich zur

Sendungen das wichtigste Politikfeld. In der

Haushaltspolitik ca. 80 Minuten Sendungsma-

„Tagesschau“ wurde dieses Politikfeld in 51,9

terial finden, zur Steuer- und Finanzpolitik ca.

Prozent aller Beiträge thematisiert, in „heute“

35 Minuten, zur gesellschaftlichen und politi-

in 46,8 Prozent der Beiträge. Auch das Politik-

schen Ordnung ca. 28 Minuten sowie zur Wirt-

feld Steuer- und Finanzpolitik fand in nahezu

schaftspolitik ca. 25 Minuten. Über die Geld-

identischem Ausmaß Berücksichtigung in bei-

und Währungspolitik wurde insgesamt nur ca.

den Sendungen: in der „Tagesschau“ in 18,8

13 Minuten lang berichtet; die Thematisierung

Prozent, in „heute“ in 15,8 Prozent der Bei-

aller weiteren Politikfelder blieb jeweils unter

träge. Die Rentenpolitik wurde in der „Tages-

zehn Minuten (vgl. Anhang 5).

schau“ mit 15,3 Prozent der Beiträge häufiger

prozesses nicht

Zusammenfassend stand mit fast jedem

thematisiert als in „heute“, wo es nur 9,9 Pro-

abgebildet

zweiten Beitrag die Haushaltspolitik im Mit-

zent waren. Dafür wurde die Geld- und Wäh-

telpunkt der Berichterstattung. Es folgten mit

rungspolitik in „heute“ häufiger in Beiträgen

weitem Abstand das Politikfeld Steuer- und

thematisiert (11,5 Prozent) als in der „Tages-

Finanzpolitik sowie die Wirtschaftspolitik. Vor

schau“ (6,6 Prozent). Sozialpolitik wurde in der


Ergebnisse der Untersuchung

Abbildung 33:

Anteil der Beiträge differenziert nach Politikfeldern in „heute“ und „Tagesschau“ heute

0,4 %

Medienpolitik

1,6 % 1,6 % 2,0 %

Energiepolitik Verteidigungspolitik Tarif- und Lohnpolitik

0,8 % 1,6 %

Gesundheitspolitik Rechtspolitik

6,0 %

Arbeitspolitik

11,5 %

Geld- und Währungspolitik

2,8 %

Sozialpolitik

13,1 %

Gesellschaftliche und politische Ordnung

11,1 % 9,9 %

Wirtschaftspolitik Rentenpolitik

15,9 %

Steuer- und Finanzpolitik

46,8 %

Haushaltspolitik

Tagesschau

Medienpolitik Energiepolitik Verteidigungspolitik Tarif- und Lohnpolitik Gesundheitspolitik Rechtspolitik Arbeitspolitik Geld- und Währungspolitik Sozialpolitik

0,0 % 1,3 % 1,7 % 1,7 % 1,7 % 2,6 % 3,5 % 6,6 % 7,4 % 12,7 % 13,1 % 15,3 %

Gesellschaftliche und politische Ordnung Wirtschaftspolitik Rentenpolitik

18,8 %

Steuer- und Finanzpolitik

52,0 %

Haushaltspolitik

0 %

10 %

20 %

30 %

40 %

50 %

60 %

Anteil der Beiträge Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „heute“: n=252, „Tagesschau“: n=229, Mehrfachnennungen, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

„Tagesschau“ mehr als doppelt so oft (7,4 Pro-

fang in die Berichterstattung einbezogen (vgl.

zent) zum Thema als in „heute“ (2,8 Prozent).

Abbildung 33).

In diesen Politikfeldern lagen jedoch schon die

Das heißt, die Hauptnachrichtensendun-

deutlichsten Unterschiede. Alle weiteren Poli-

gen „Tagesschau“ und „heute“ unterscheiden

tikfelder wurden in nahezu identischem Um-

sich kaum in der Intensität, in der sie über

87


„Die Griechen provozieren!”

Die gleichen Politikfelder im Fokus

verschiedene Politikfelder in der griechischen

in den Hauptnachrichtensendungen. Dies hat

Staatsschuldenkrise berichteten. Sie haben

auch zur Folge, dass einzelne spezifische Poli-

die gleichen Politikfelder verstärkt in den Fo-

tikfelder wie Energiepolitik, Medienpolitik und

kus genommen (Haushaltspolitik, Steuer- und

Rechtspolitik hier in geringerem Umfang oder

Finanzpolitik) und andere in gleichem Maße

gar nicht vorkamen.

vernachlässigt (Medienpolitik, Energiepolitik, Gesundheitspolitik und Rechtspolitik).

Unterschiede zwischen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“ resultieren vielfach aus der un-

Zusammenfassend gibt es kaum Unter-

terschiedlichen Anzahl der Sendungen und

schiede zwischen den Nachrichtsendungen:

Beiträge der beiden Formate. Auffällig ist je-

Sowohl die „Tagesschau“ als auch die „heute“-

doch, dass das „ZDF spezial“ Rentenpolitik

Sendung berichteten in rund jedem zweiten

sowie die Steuer- und Finanzpolitik häufiger

Beitrag über das Politikfeld Haushaltspolitik.

thematisierte als der „Brennpunkt“. Relativiert

Es folgten mit weitem Abstand die Steuer- und

an der Gesamtzahl der Beiträge in diesen Sen-

Finanzpolitik. In der „Tagesschau“ wurden drei

dungen waren die Anteile jedoch ähnlich: Bei

Politikfelder gar nicht thematisiert: Medienpo-

der Rentenpolitik lag der Anteil in „ZDF spezial“

litik, Infrastrukturpolitik und Wohnungsbau. In

bei 15,3 Prozent, im „Brennpunkt“ bei 12,2 Pro-

„heute“ wurden Infrastrukturpolitik und Woh-

zent. Bei der Steuer- und Finanzpolitik lag der

nungsbau nicht angesprochen. Damit kann

Anteil in „ZDF spezial“ bei 38,8 Prozent, im

nicht von einer ausreichenden Hintergrund-

„Brennpunkt“ bei 32,3 Prozent. Der „Brenn-

berichterstattung in den Sendungen „Tages-

punkt“ berichtete dafür erheblich häufiger

schau“ und „heute“ über die Reformprozesse

über das Politikfeld Geld- und Währungspoli-

in Griechenland gesprochen werden.

tik als das „ZDF spezial“. Die gesellschaftliche

Im Folgenden soll zwischen den Sondersendungen noch einmal unterschieden werden.

und politische Ordnung war in „ZDF spezial“ ebenfalls häufiger Thema, was daran liegen mag, dass es hier bereits eine Sondersendung

88

Politikfelder in den Sondersendungen

zur Wahl von Syriza am 26. Januar gab, jedoch

„Brennpunkt“ und „ZDF spezial“

keinen „Brennpunkt“ (vgl. Abbildung 34).

Die Thematisierung der Politikfelder in der

So bleibt festzuhalten, dass in allen Sen-

Berichterstattung unterschied sich zwischen

dungen rund jeder zweite Beitrag das Politik-

Sondersendungen

Hauptnachrichten-

feld Haushaltspolitik thematisierte. Darunter

sendungen kaum: Die Haushaltspolitik domi-

fällt etwa ein Schuldenschnitt oder auch der

nierte, Steuer-, Finanz-, Wirtschafts- und Ren-

Staatsbankrott Griechenlands. In allen Sendun-

tenpolitik folgten auch hier. Die Sondersen-

gen folgten mit weitem Abstand die Politikfelder

dungen wurden nur zu bestimmten Anlässen

Steuer- und Finanzpolitik sowie die Wirtschafts-

ausgestrahlt, die Anzahl der Beiträge ist daher

politik. Das gilt im Besonderen für die Sonder-

geringer und die Anlässe sind begrenzter als

sendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“,

und


Ergebnisse der Untersuchung

Abbildung 34:

Anteil der Beiträge differenziert nach Politikfeldern in „ZDF spezial“ und „Brennpunkt“ ZDF spezial

Medienpolitik Energiepolitik

1,2 % 0,0 % 4,7 %

Verteidigungspolitik Tarif- und Lohnpolitik Gesundheitspolitik Rechtspolitik

1,2 % 2,4 % 1,2 % 7,1 %

Arbeitspolitik Geld- und Währungspolitik Sozialpolitik

0,0 % 4,7 % 10,6 %

Gesellschaftliche und politische Ordnung

15,3 % 15,3 %

Wirtschaftspolitik Rentenpolitik

38,8 %

Steuer- und Finanzpolitik

58,8 %

Haushaltspolitik

Brennpunkt

Medienpolitik Energiepolitik Verteidigungspolitik Tarif- und Lohnpolitik Gesundheitspolitik Rechtspolitik Arbeitspolitik

2,0 % 0,0 % 2,0 % 4,1 % 4,1 % 0,0 % 4,1 % 32,7 %

Geld- und Währungspolitik

6,1 %

Sozialpolitik Gesellschaftliche und politische Ordnung

2,0 % 26,5 %

Wirtschaftspolitik

12,2 %

Rentenpolitik

32,7 %

Steuer- und Finanzpolitik

55,1 %

Haushaltspolitik

0 %

10 %

20 %

30 %

40 %

50 %

60 %

Anteil der Beiträge Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „ZDF spezial“: n=85, „Brennpunkt“: n=49, Mehrfachnennungen, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

die sehr stark auf Haushalts- und Finanzpolitik

Breite abbilden. Es ist jedoch erkennbar, dass

eingingen. Natürlich kann von Sondersendun-

viele Themen in der Berichterstattung ausgelas-

gen nicht erwartet werden, dass sie auf alle Po-

sen wurden. Über viele Politikfelder wie Arbeits-

litikfelder der griechischen Reformpolitik einge-

politik, Tarif- und Lohnpolitik, Sozialpolitik oder

hen und den Reformprozess in seiner ganzen

Rechtspolitik wurde nur marginal berichtet;

89


„Die Griechen provozieren!”

Abbildung 35:

Thematisierung von Reformen

Reformen im Beitrag thematisiert

39,8 %

60,2 %

Keine Reformen im Beitrag thematisiert

Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

90

über andere Politikfelder, wie Infrastrukturpoli-

5.5.2 Berichterstattung über konkrete

tik, gar nicht. In Griechenland wurden in 16 Poli-

Reformvorschläge

tikfeldern Reformen diskutiert und zum Teil um-

Die griechische Regierung hat an mehreren

gesetzt. Vor diesem Hintergrund kann nicht von

Stellen konkrete Reformvorschläge gemacht,

einer intensiven Hintergrundberichterstattung

u. a. in einer Reformliste vom 24. Februar 2015

der untersuchten Nachrichtsendungen über

sowie in ihrem Regierungsprogramm. Auch

den Reformprozess der griechischen Regierung

im Fortschrittsbericht der EU und dem Kom-

in der Staatsschuldenkrise gesprochen werden.

promisspapier über ein neues ESM-Programm

Damit fehlte der Berichterstattung in den unter-

des Eurogipfels in Brüssel vom 12. Juli 2015

suchten Nachrichtensendungen die geforderte

finden sich einzelne Reformvorschläge der

analytische Qualität.

griechischen Regierung und anderer politi-

Im Folgenden wird die Berichterstattung zu

schen Akteure. Insgesamt konnten aus diesen

konkreten Reformvorschlägen in der griechi-

Dokumenten 139 Reformvorschläge ermittelt

schen Staatsschuldenkrise genauer betrachtet.

werden. Um das Ausmaß der Hintergrundbe-


Ergebnisse der Untersuchung

Abbildung 36:

Anteil der Beiträge mit Thematisierung einzelner Reformen 11,4 %

Erlass des Schuldenbetrags

8,1 %

Privatisierung

6,5 %

Kapitalverkehrskontrollen

5,0 %

Rückführung der Staatsverschuldung

4,7 %

Wirtschaftsförderung allgemein

4,6 %

Reform des Rentensystems

3,7 %

Mehrwertsteuerreform allgemein

3,6 %

Bekämpfung von Steuerhinterziehung

3,4 %

Erhöhung der Mehrwertsteuer allgemein

2,8 %

Rekapitalisierung der Banken

2,1 %

Reform der öffentlichen Verwaltung

2,0 %

Militärausgaben senken

2,0 % Gesetzliches Renteneintrittsalter mit 67

0 %

2 %

4 %

6 %

8 %

10 %

12 %

Anteil der Beiträge Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, Mehrfachnennungen, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

richterstattung und damit die analytische Qua-

formen wie intensiv berichtet wurde und über

lität der Berichterstattung der untersuchten

welche nicht.

Sendungen zur griechischen Staatsschulden-

Nur wenige Beiträge befassten sich mit

krise beurteilen zu können, soll im folgenden

konkreten Reformen. In 60,2 Prozent aller

Abschnitt untersucht werden, über welche Re-

Beiträge wurde kein einziger Reformvorschlag

91


„Die Griechen provozieren!”

Schuldenschnitt und Privatisierungen

92

aufgegriffen (vgl. Abbildung 35). Noch am häu-

träge thematisiert. In 4,7 Prozent aller Beiträ-

figsten wurde über den Vorschlag eines Schul-

ge wurden Vorschläge zur Wirtschaftsförde-

denschnitts berichtet (vgl. Abbildung 36). 11,4

rung thematisiert. Ähnlich häufig, nämlich in

Prozent der Beiträge thematisierten einen

4,6 Prozent der Beiträge, ging es um die Re-

Schuldenschnitt. Alexis Tsipras forderte einen

form des Rentensystems. Auch eine Erhöhung

Schuldenschnitt von Beginn seiner Amtszeit

der Mehrwertsteuer (3,4 Prozent) und eine

an. Die Geldgeber, insbesondere die deutsche

allgemeine Mehrwertsteuerreform (3,7 Pro-

Regierung, lehnten dies ab. In 8,1 Prozent der

zent) sowie konkrete Reformvorschläge zum

Beiträge wurde die Privatisierung von Staats-

Thema Mehrwertsteuer, wie Ausnahmen für

betrieben als Reformvorschlag genannt. In der

Inseln (0,6 Prozent) und Erhöhungen für Gas-

Nachrichtenberichterstattung wurden dem-

tronomie und Tourismus (0,8 Prozent), wurden

nach Privatisierungen von Staatbetrieben als

in der Nachrichtenberichterstattung selten

Ausweg und Lösung der Krise vergleichsweise

thematisiert.

häufig aufgegriffen und thematisiert.

Weitere Reformen und Lösungsoptionen

An dritter Stelle, in 6,5 Prozent der Beiträ-

wurden weniger häufig thematisiert: in 3,6 Pro-

ge, wurden Kapitalverkehrskontrollen themati-

zent der Beiträge die Bekämpfung von Steu-

siert. Am 28. Juni 2015 wurden in Griechenland

erhinterziehung, in 2,1 Prozent der Beiträge

Kapitalverkehrskontrollen eingeführt, gefor-

die Reform der öffentlichen Verwaltung oder

dert wurden sie bereits vorher. Um das Banken-

in 2,0 Prozent der Beiträge die Erhöhung des

system zu stabilisieren, führte die griechische

Renteneintrittsalters. In den Beiträgen zur grie-

Regierung Kapitalverkehrskontrollen ein. Dies

chischen Staatsschuldenkrise ging es jedoch

führte zu Begrenzungen von Bargeldabhebun-

nur sehr selten um andere zentrale Reform-

gen und Schlangen an den Geldautomaten.

vorschläge wie die Einführung einer Großver-

Die Medien berichteten darüber sehr umfang-

mögenssteuer (1,1 Prozent), die Bekämpfung

reich, schließlich waren dies sichtbare Folgen

von Korruption (1,3 Prozent), die Bekämpfung

der Staatsschuldenkrise in Griechenland. Erst

von Schwarzhandel und Schmuggel (0,6 Pro-

nach der Einigung Griechenlands mit den Gläu-

zent), eine Unternehmenssteuerreform (0,5

bigern über ein neues Rettungspaket öffneten

Prozent), die Kontrolle von Gesundheitsaus-

die Banken am 22. Juli 2015 nach dreiwöchi-

gaben (0,3 Prozent), die Reform der Besteu-

ger Bankenschließung wieder. Kontoinhaber

erung griechischer Reeder (0,2 Prozent) oder

konnten dann pro Woche 420 Euro abheben.

die Bekämpfung von Schwarzarbeit (0,2 Pro-

Die Kapitalverkehrskontrollen wurden in den

zent). Hinzu kommen einzelne Reformvor-

folgenden Monaten schrittweise gelockert, je-

schläge der griechischen Regierung, die gar

doch nicht aufgehoben.

nicht thematisiert wurden, u. a. eine Reform

Maßnahmen zur Rückführung der Staats-

der Gehaltsstrukturen im öffentlichen Sektor,

verschuldung wurden in 5,0 Prozent der Bei-

eine Reform der Wettbewerbsbedingungen,


Ergebnisse der Untersuchung

eine Grundsteuerreform, eine Einkommens-

richterstattung als Ausdruck der analytischen

steuerreform oder die Reform der Steuer- und

Qualität der Sendungen zu gewinnen.

Finanzverwaltung. Die Berichterstattung beschränkte sich

Spezifische Reformen in den Hauptnachrichten-

erkennbar auf wenige Lösungsoptionen der

sendungen „Tagesschau“ und „heute“

Staatsschuldenkrise:

„Tagesschau“ und „heute“ unterschieden sich

Kapitalverkehrskontrollen möglicherwei-

– wie bei den thematisierten Politikfeldern – in

se aufgrund ihrer Visualisierbarkeit in den

der Thematisierung spezifischer Reformen in

Schlangen vor den Geldautomaten;

ihrer Berichterstattung kaum. Die Hauptnach-

Mehrwertsteuererhöhungen, weil Steuererhöhung zur Rückführung von Schulden eingesetzt werden;

richtensendungen wählten weitestgehend gleich aus. Am häufigsten wurde über einen Schulden-

Privatisierungen, weil der Staat Besitz ver-

schnitt in beiden Sendungen gesprochen. In

äußern soll, um Schulden bei den Gläubi-

der „Tagesschau“ in 13,5 Prozent aller Beiträge

gern zu begleichen.

der Sendung, in „heute“ in 10,3 Prozent. Auf den vorderen Plätzen waren bei beiden Haupt-

Zusammenfassend wurden von 139 Reformen

nachrichtensendungen auch die Reform des

nur 63 in der Berichterstattung zur griechi-

Rentensystems, die Rückführung der Staats-

schen Staatsschuldenkrise thematisiert. Das

verschuldung und Privatisierungen (vgl. Abbil-

entspricht 45,3 Prozent. In 60,2 Prozent der

dung 37 und für eine vollständige Auflistung

Beiträge wurde keine einzige Reform themati-

der Reformen Anhang 6).

siert. Am häufigsten wurde in 11,3 Prozent der

Auffällig ist im Vergleich zwischen den Sen-

Beiträge der Schuldenschnitt thematisiert, es

dungen, dass in der „Tagesschau“ 9,6 Prozent

„Tagesschau“ präsenter

folgte mit 8,1 Prozent die Privatisierung von

der Beiträge Privatisierungen von Staatsbetrie-

als in „heute“

Staatsbetrieben, danach mit 6,5 Prozent die

ben thematisierten, in „heute“ nur 4,8 Prozent.

Kapitalverkehrskontrolle. Von einer gründli-

Der Privatisierungen von Staatsbetrieben wur-

chen Hintergrundberichterstattung zu dem

de in der „Tagesschau“ demnach eine höhere

griechischen Reformprozess in den Nachrich-

Bedeutung zugemessen als in „heute“. Ähnlich

tensendungen von ARD und ZDF kann also nicht

verhält es sich mit Vorschlägen zur Wirtschafts-

gesprochen werden.

förderung – auch sie wurden häufiger in der

Im Folgenden soll zwischen den Hauptnach-

„Tagesschau“ thematisiert als in „heute“. Die

richtensendungen und den Sondersendungen

Fallzahlen sind bei allen Sendungen sehr ge-

noch einmal unterschieden werden. Es soll ge-

ring, die meisten Reformvorschläge wurden

zeigt werden, welche spezifischen Reformen

nur selten thematisiert.

besonders fokussiert wurden, um so einen ver-

Die Sendung „heute“ bezog sich etwas

gleichenden Überblick über die Hintergrundbe-

häufiger als die „Tagesschau“ auf einzelne

Privatisierungen in der

93


„Die Griechen provozieren!”

Abbildung 37:

Anteil der Beiträge mit Thematisierung einzelner Reformen in „heute“ und „Tagesschau“

heute

2,0 %

Rekapitalisierung der Banken Einführung von Bürgerentscheiden

0,0 % 1,2 % 1,2 %

Reform der öffentlichen Verwaltung Korruption bekämpfen

2,4 %

Kapitalverkehrskontrollen

1,2 %

Gesetzliches Renteneintrittsalter mit 67

2,8 % 2,8 % 3,2 %

Erhöhung der Mehrwertsteuer allgemein Bekämpfung von Steuerhinterziehung Mehrwertsteuerreform allgemein Wirtschaftsförderung allgemein

1,2 % 6,0 %

Rückführung der Staatsverschuldung

4,0 % 4,8 %

Reform des Rentensystems Privatisierung

10,3 %

Erlass des Schuldenbetrags

Tagesschau

Rekapitalisierung der Banken

0,4 % 1,7 % 1,7 % 1,7 % 2,2 % 2,6 %

Einführung von Bürgerentscheiden Reform der öffentlichen Verwaltung Korruption bekämpfen Kapitalverkehrskontrollen Gesetzliches Renteneintrittsalter mit 67

3,5 % 3,9 % 3,9 % 4,4 % 4,4 %

Erhöhung der Mehrwertsteuer allgemein Bekämpfung von Steuerhinterziehung Mehrwertsteuerreform allgemein Wirtschaftsförderung allgemein Rückführung der Staatsverschuldung

5,7 %

Reform des Rentensystems

9,6 %

Privatisierung

13,5 %

Erlass des Schuldenbetrags

0 %

2 %

4 %

6 %

Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise,

8 %

10 %

12 %

14 %

16 %

Anteil der Beiträge

„Tagesschau“: n=229, „heute“: n=252, Mehrfachnennungen, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

94

Initiativen der griechischen Regierung, ihre

Bücher, Theater und Medikamente oder das

Bürger*innen zu entlasten oder nicht zu stark

Programm zur Bewältigung der humanitären

zu belasten: Eine Anhebung des Mindestlohns,

Krise in Griechenland wurden von „heute“ häu-

eine kostenfreie medizinische Versorgung,

figer thematisiert, wobei auch hier die Fallzah-

Ausnahmen von der Mehrwertsteuerreform für

len sehr gering sind (vgl. Anhang 6).


Ergebnisse der Untersuchung

Das Thema Kapitalverkehrskontrollen spielte in den Hauptnachrichten über den gesamten

Spezifische Reformen in den Sondersendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“

Untersuchungszeitraum hinweg eine erkenn-

Die Sondersendungen konzentrierten sich

bar geringere Rolle als in den Sondersendun-

noch seltener als die Hauptnachrichtensen-

gen. Kapitalverkehrskontrollen wurden nur

dungen auf die spezifischen diskutierten Re-

in 2,2 Prozent der Beiträge der „Tagesschau“

formvorschläge. Die Vielfalt der thematisier-

Nur wenige Reformen

und in 2,4 Prozent der Beiträge von „heute“

ten Reformen war hier begrenzt – auch durch

in Sondersendungen

(2,4 Prozent) thematisiert. Bei den Sonder-

die wenigen Sendetermine zu einzelnen Ereig-

thematisiert

sendungen waren es 26,5 Prozent im „Brenn-

nissen, wie dem Scheitern des EU-Gipfels am

punkt“ und 18,8 Prozent der Beiträge in „ZDF

29. Juni 2015 oder dem Referendum in Grie-

spezial“. Die Ursache wird darin gesehen, dass

chenland am 5. Juli 2015.

diese Sondersendungen zum Höhepunkt der

Am häufigsten trat das Thema Kapital-

Krise, zu dem auch die Kapitalverkehrskont-

verkehrskontrollen in den Sondersendungen

rollen eingeführt wurden, ausgestrahlt wurden

auf (vgl. Abbildung 38). Es wurde im „Brenn-

und sich daher viel stärker als die Hauptnach-

punkt“ in 26,5 Prozent der Sendungen the-

richtensendungen auf die Kapitalverkehrskon-

matisiert, in „ZDF spezial“ in 18,8 Prozent.

trollen als Symbol der Krise fokussierten.

Bei den weiteren Themen setzten die beiden

Zusammenfassend ist im Hinblick auf die Hintergrundberichterstattung

Sondersendungen unterschiedliche Schwer-

festzuhalten,

punkte. Das „ZDF spezial“ befasste sich mit

dass in der „Tagesschau“ in 62,2 Prozent der

einigen Reformen intensiver als der „Brenn-

Beiträge keine Reformen aufgegriffen wurden.

punkt“, u. a. mit dem Schuldenschnitt in

In „heute“ waren es 65,1 Prozent der Beiträ-

11,8 Prozent der Beiträge, während es beim

ge. Von 139 Reformen wurden in der „Tages-

„Brennpunkt“ nur 6,1 Prozent waren. Auch die

schau“ nur 53 thematisiert, was 38,1 Prozent

Reform der öffentlichen Verwaltung wurde in

entspricht. In der „heute“-Sendung waren es

„ZDF spezial“ häufiger (7,6 Prozent) themati-

40 Reformen, über die berichtet wurde, was

siert als im „Brennpunkt“ (0 Prozent). Dafür

28,8 Prozent entspricht. Am häufigsten wurde

befasste sich der „Brennpunkt“ häufiger mit

über einen Schuldenschnitt in beiden Sendun-

der Rekapitalisierung der Banken. Dies war in

gen gesprochen. In der „Tagesschau“ in 13,5

22,5 Prozent der Beiträge der Fall, in „heute“

Prozent aller Beiträge der Sendung, in „heute“

gar nicht. Auch Privatisierungen spielten im

in 10,3 Prozent. Insgesamt haben die beiden

„Brennpunkt“ eine größere Rolle. Sie wurden

Nachrichtensendungen „Tagesschau“ und

hier in 20,4 Prozent der Beiträge thematisiert,

„heute“ nur wenig Hintergründe zu einzelnen

in „heute“ nur in 7,1 Prozent.

Reformen geliefert.

Nur 25 Reformvorschläge wurden im

Im Folgenden soll noch einmal zwischen

„Brennpunkt“ thematisiert, 27 in „ZDF spezi-

den Sondersendungen unterschieden werden.

al“. Eine ganze Reihe von Reformvorschlägen

95


„Die Griechen provozieren!”

Abbildung 38:

Anteil der Beiträge mit Thematisierung einzelner Reformen in „ZDF spezial” und „Brennpunkt”

ZDF spezial

0,0 % 0,0 %

Rekapitalisierung der Banken Einführung von Bürgerentscheiden

7,1 %

Reform der öffentlichen Verwaltung

1,2 %

Korruption bekämpfen

18,8 %

Kapitalverkehrskontrollen

1,2 %

Gesetzliches Renteneintrittsalter mit 67

3,5 %

Erhöhung der Mehrwertsteuer allgemein

5,9 %

Bekämpfung von Steuerhinterziehung

2,4 %

Mehrwertsteuerreform allgemein

11,8 %

Wirtschaftsförderung allgemein

1,2 %

Rückführung der Staatsverschuldung

4,7 % 4,7 %

Reform des Rentensystems Privatisierung

11,8 %

Erlass des Schuldenbetrags

Brennpunkt

22,4 %

Rekapitalisierung der Banken

0,0 % 0,0 % 0,0 %

Einführung von Bürgerentscheiden Reform der öffentlichen Verwaltung Korruption bekämpfen

26,5 %

Kapitalverkehrskontrollen

4,1 %

Gesetzliches Renteneintrittsalter mit 67

6,1 %

Erhöhung der Mehrwertsteuer allgemein

2,0 %

Bekämpfung von Steuerhinterziehung

8,2 %

Mehrwertsteuerreform allgemein

12,2 % 10,2 %

Wirtschaftsförderung allgemein Rückführung der Staatsverschuldung

2,0 %

Reform des Rentensystems

10,2 %

Privatisierung

6,1 %

Erlass des Schuldenbetrags

0 %

5 %

10 %

Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „Brennpunkt“: n=49, „ZDF spezial“: n=85, Mehrfachnennungen, 2015

15 %

20 %

25 %

30 %

Anteil der Beiträge Quelle: eigene Darstellung.

wurde in Sondersendungen gar nicht thema-

Subventionen, die Besteuerung griechischer

tisiert – dies war hier erheblich öfter der Fall

Reeder, die Reform des Haushaltsrahmenge-

als in den Hauptnachrichtensendungen. Bei-

setzes oder Vorschläge zur Verbesserung des

spielsweise wurden der Kampf gegen Korrup-

Schuldenmanagements nicht thematisiert.

tion in der Verwaltung, die Abschaffung von

96


Ergebnisse der Untersuchung

Zusammenfassend berichteten die Sondersendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“

formagenda in der griechischen Staatsschuldenkrise berichtet wurde.

noch seltener als die Hauptnachrichtensendun-

In einer hohen Zahl von Beiträgen wurde

gen „Tagesschau“ und „heute“ über einzelne

nur allgemein von „den Reformen“ gesprochen.

Reformen. Im „Brennpunkt“ wurde in 44,9 Pro-

Dies war in 36,7 Prozent der Beiträge der Fall.

zent der Beiträge keine konkrete Reform thema-

So hieß es beispielsweise „Tsipras habe […]

tisiert, in „ZDF spezial“ war dies in 49,4 Prozent

einen neuen Reformplan vorgelegt“ („Tages-

der Beiträge der Fall. Von 139 Reformen wurde

schau“, 2. Juni 2015), „Die Regierung in Athen

im „Brennpunkt“ nur über 25 Reformen be-

verhandelt derzeit mit den internationalen

richtet, was 17,9 Prozent der Reformvorschläge

Geldgebern über weitere finanzielle Unterstüt-

entspricht. In der Sendung „ZDF spezial“ wurde

zung. Bedingung dafür sind Reformen“ („Tages-

über 27 Reformen berichtet, was 19,4 Prozent

schau“, 5. Mai 2015), „Griechenland will jetzt

der Reformvorschläge entspricht. Der Schwer-

mit konkreten Reformvorschlägen die Einigung

punkt der Sondersendung „Brennpunkt“ lag mit

im Schuldenstreit mit den Europartnern besie-

26,5 Prozent der Beiträge bei Kapitalverkehrs-

geln“ („Tagesschau“, 22. Februar 2015) oder

kontrollen. In „heute“ wurden in 18,8 Prozent

„Die Eurogruppe fordert weiter substantielle

der Beiträge ebenfalls Kapitalverkehrskontrol-

Reformen von Athen, bevor weitere Hilfsgelder

len am häufigsten thematisiert. Die Möglichkeit,

fließen können“ („heute“, 20. März 2015).

durch zusätzliche Sendezeit eine breitere jour-

Die Berichterstattung der Nachrichtensen-

nalistische Analyse zu betreiben und auf mehr

dungen blieb somit an der Oberfläche und be-

Reformen, aber nichts

Reformen und Reformvorschläge für Griechen-

nannte nur in geringer Fallzahl, um was es kon-

Konkretes

land einzugehen und über diese zu berichten,

kret ging. Selbst der am häufigsten genannte

wurde demnach nicht genutzt.

Reformvorschlag – ein Schuldenschnitt – kam nur in 11,3 Prozent der Beiträge vor. Die Dar-

5.5.3 Andere Themen im Fokus der

stellung des öffentlichen Konfliktes zur griechi-

Berichterstattung

schen Staatsschuldenkrise folgte folgendem

Spezifische Reformvorschläge wurden in der

Muster: Die Gläubiger fordern Reformen, die

Berichterstattung zur griechischen Staats-

griechische Regierung legt Reformvorschläge

schuldenkrise nur selten thematisiert. Im fol-

vor und dann wird darüber befunden, ob diese

genden Abschnitt soll daher aufgezeigt wer-

Reformvorschläge ausreichen. Konkrete Refor-

den, mit welchen Themen sich die Nachrich-

men oder Reformvorschläge wurden in der Be-

tenberichterstattung der öffentlich-rechtlichen

richterstattung selten thematisiert, wie oben

Rundfunksender stattdessen beschäftigten.

dargestellt wurde.

Daran soll erkennbar werden, worauf der Fokus

Die politische und auch die mediale Dis-

der Nachrichtenberichterstattung lag und mit

kussion drehten sich zudem in weiten Teilen

welchem Hintergrund über die griechische Re-

um Hilfsprogramme für die griechische Regie-

97


„Die Griechen provozieren!”

An der Oberfläche

98

rung. In 38,5 Prozent der Beiträge ging es all-

nannt wurden, dafür jedoch sehr oft eine mög-

gemein um Hilfsprogramme für die griechische

liche Konsequenz des Scheiterns von Verhand-

Regierung. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob

lungen: der Grexit. Der Begriff setzt sich aus

Hilfsprogramme verlängert werden und welche

den Wörtern Griechenland und Exit zusammen

Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen.

und meint einen Austritt Griechenlands aus

So hieß es beispielsweise „Varoufakis ist seit

der Währungsunion und somit ein Verlassen

Tagen bemüht, das Programm aufzuweichen“

der Währung „Euro“. Das „Schreckensszena-

(„Tagesschau“, 5. Februar 2015), „Die Zustim-

rio“ Euro-Austritt wurde von den untersuchten

mung zum Gesamtpaket gilt auch heute als si-

Nachrichtensendungen in 31,7 Prozent aller

cher“ („heute“, 22. Juli 2015), „Aber in 53 Stun-

Beiträge aufgegriffen. 58 Minuten und 33 Se-

den endet das zweite Hilfspaket und vielleicht

kunden beschäftigten sich die untersuchten

der europäische Gedanke“ („ZDF spezial“, 28.

Nachrichtensendungen mit einem Euro-Aus-

Juni 2015). Die Berichterstattung beschränk-

tritt. Zum Vergleich: Mit Wirtschaftspolitik

te sich auf die Darstellung eines politischen

beschäftigten sich die Sendungen nur etwa

Konflikts, bei dem es um die Frage geht, ob

25 Minuten, mit Steuer- und Finanzpolitik nur

ein Hilfspaket verlängert werden kann oder ein

ca. 35 Minuten.

neues Hilfsprogramm zustande kommt. Eine

Der Dramatik eines Scheiterns der Ver-

tiefergehende Darstellung der Forderungen

handlungen um Hilfspakete wurde durch die

und der Vorschläge fand indes kaum statt.

Konsequenz eines Grexits in der Berichter-

So bleibt festzuhalten, dass die Bericht-

stattung eine erhöhte Dramatik verliehen.

erstattung vielfach an der Oberfläche blieb.

So hieß es in einem „Brennpunkt“ am 5. Juli

Sie fokussierte in einer hohen Anzahl an Bei-

2015: „Die griechische Bevölkerung hat ent-

trägen nicht auf konkrete Reformvorschläge,

schieden. Ist dem Kurs der eigenen Regierung

sondern auf die politische Diskussion um die

gefolgt. Und hat beim Referendum heute wohl

Fortführung der europäischen Hilfspakete und

mehrheitlich mit Nein gestimmt. Nein zu ei-

die hierfür eingeforderten Reformen. Welche

nem Sparkurs. Aber vielleicht auch Nein zur

Reformvorschläge hierfür eingefordert und

Eurogruppe. Der Grexit: Er droht. Wie geht es

gemacht wurden, wurde kaum thematisiert –

jetzt in Griechenland weiter?“ Und in einem

diese Tiefe wurde nicht erreicht. Dies spricht

„Brennpunkt“ am 27. Juni 2015 „Ja, es ist heu-

für eine geringe analytische Qualität der

te noch nicht abzusehen, wie sich die Grie-

Nachrichtenberichterstattung.

chenlandkrise weiterentwickeln wird. Alles

Die Analyse der Nachrichtenberichterstat-

scheint möglich: die Pleite des Landes, ein

tung zur griechischen Staatsschuldenkrise

Euro-Austritt des Landes, möglicherweise das

zeigte, dass in vielen Beiträgen die Inhalte

völlige Chaos.“

und Reformen, über die zwischen Griechenland

Im zeitlichen Verlauf (vgl. Abbildung 39).

und den Geldgebern gestritten wurde, nicht be-

zeigt sich, dass der Anteil des Themas Euro-


Ergebnisse der Untersuchung

Abbildung 39:

Anteil der Beiträge mit dem Thema Grexit im Zeitverlauf 50%

46,6 %

45 % 38,2 %

40% 33,3 %

Anteil der Beiträge

35 %

33,3 %

30 % 25 % 20 %

17,4 %

15,6 %

17,1 %

12,9 %

15 %

11,1 %

10,0 %

10 % 5 % 0

Jan.

Febr.

März

Apr.

Mai

Juni

Juli

Aug.

Sept.

Okt.

0,0 %

0,0 %

Nov.

Dez.

Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

Austritt an der Berichterstattung bis April nur in

Mit der Einigung zwischen Griechenland

einem geringen Umfang stieg. Mit dem Auslau-

und den Geldgebern am 13. Juli 2015, bei de-

fen des zweiten Hilfspaketes Ende Juni 2015,

nen die Nachricht verbreitet wurde „Dramati-

dem Scheitern der Verhandlungen um ein neu-

scher ging’s kaum. Ein Gipfel in Rekordlänge.

es Hilfsprogramm und den dann eingeführten

Rechnen, verhandeln und ein Ergebnis: ‚Grexit

Kapitalverkehrskontrollen gewann das Szena-

is definitely off the table‘ [Jean Claude Juncker].

rio Grexit massiv an Bedeutung in der Bericht-

Grexit vom Tisch“, verlor das Thema im August

erstattung. Im Juni befassten sich 38,2 Prozent

an Bedeutung.

der Beiträge mit dem Grexit, im Juli 2015 sogar fast jeder zweite Beitrag (46,6 Prozent).

Zwischen den Hauptnachrichtensendungen und den Sondersendungen gibt es auch

99


„Die Griechen provozieren!”

Abbildung 40:

Anteil der Beiträge zum Thema Grexit in den Nachrichtensendungen 70 %

Anteil der Beiträge pro Sendung

60 %

61,2 %

50 %

40 %

40,0 %

30 % 27,1 %

27,4 %

20 %

10 %

0 % Tagesschau

heute

Brennpunkt

ZDF spezial

Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung.

100

einen erkennbaren Unterschied im Ausmaß

in 40,0 Prozent der Beiträge des „ZDF spezi-

der Berichterstattung über einen Euro-Austritt

al“ (vgl. Abbildung 40). Die Sondersendungen

Griechenlands. Während „Tagesschau“ und

verbreiteten somit das Szenario eines Euro-

„heute“ in nahezu gleichem Ausmaß in 27,1

Austritt Griechenlands relativiert an der Anzahl

bzw. 27,4 Prozent ihrer Beiträge über einen

ihrer Beiträge besonders intensiv.

Euro-Austritt berichteten, spielte das Thema in

Es kann daher zusammenfassend festge-

den Sondersendungen eine größere Rolle. Da

stellt werden, dass die untersuchten Sendun-

diese nur zu den Höhepunkten der Krise gesen-

gen vergleichsweise intensiv über einen mög-

det wurden, wurde hier das Schreckensszena-

lichen Euro-Austritt Griechenlands berichteten

rio Grexit besonders intensiv aufgegriffen: In

und dieses Szenario eines Ausgangs der grie-

61,2 Prozent der „Brennpunkt“-Beiträge und

chischen Staatsschuldenkrise oft und gerne


Ergebnisse der Untersuchung

bemühten. Dies trifft auf die Sondersendungen

Nur wenige Beiträge befassten sich mit

„Brennpunkt“ und „ZDF spezial“ in besonde-

konkreten Reformvorschlägen. In 60,2 Prozent

rem Maße zu. Die Auseinandersetzung mit den

aller Beiträge wurde kein einziger Reformvor-

Konsequenzen der Krise nahm größeren Raum

schlag aufgegriffen. Von 139 Reformen wurden

ein als die mit den meisten Lösungsansätzen

nur 63 Reformen in der Berichterstattung zur

der Reformvorschläge. Der Grexit als Sinnbild

griechischen Staatsschuldenkrise themati-

des Schreckens und des Chaos war als The-

siert. Das entspricht 45,3 Prozent. Dies spricht

ma damit auch Ausdruck eines Negativismus,

für eine geringe analytische Qualität der unter-

dem sich die Nachrichtenberichterstattung ein

suchten Sendungen. Die Nachrichtenberichter-

Stück weit hingegeben hatte. Vor allem vor dem

stattung fokussierte in einer hohen Anzahl an

Hintergrund, dass dieses Szenario erheblich

Beiträgen auf die politische Diskussion um die

häufiger thematisiert wurde als die meisten

Fortführung der europäischen Hilfspakete und

Politikfelder und Reformvorschläge.

die hierfür eingeforderten Reformen. Dabei

Die Ergebnisse dieses Analyseabschnitts beantworten die Forschungsfrage, wie inten-

blieb sie allgemein und benannte Reformvorschläge und -forderungen kaum.

siv über welche Politikfelder und welche kon-

Die Berichterstattung beschränkte sich

kreten Reformvorschläge im Zusammenhang

erkennbar auf wenige Lösungsoptionen der

mit der griechischen Staatsschuldenkrise be-

Staatsschuldenkrise, die sich dem Ziel der Aus-

richtet wurde. Dies gibt Aufschluss über die

teritätspolitik zuordnen lassen. Die untersuch-

analytische Qualität der Berichterstattung. Im

ten Sendungen konzentrierten sich stark auf

Folgenden werden die Ergebnisse vergleichend

Vorschläge wie Mehrwertsteuererhöhungen,

und differenziert zusammengefasst:

Privatisierungen und Rentenkürzungen als

Mit fast jedem zweiten Beitrag stand die

Antworten auf die Staatsschuldenkrise. Nach-

Haushaltspolitik im Mittelpunkt der Bericht-

frageorientierte Lösungsansätze wurden nur

erstattung. Es folgte mit weitem Abstand das

selten verfolgt und dargestellt. Diese mono-

Politikfeld Steuer- und Finanzpolitik sowie die

thematische Darstellung von Reformen ist Aus-

Wirtschaftspolitik. Einige Politikfelder wie die

druck einer begrenzten Vielfalt von Positionen.

Tarif- und Lohnpolitik, die Arbeitspolitik oder

Stattdessen wurde intensiv über einen

die Sozialpolitik waren stark unterrepräsen-

möglichen Euro-Austritt Griechenlands berich-

Grexit dominiert

tiert, Infrastrukturpolitik und Wohnungsbau

tet. Das Schreckensszenario „Grexit“ dominier-

Debatte

wurden gar nicht thematisiert. Vor dem Hinter-

te die Berichterstattung im Sommer 2015. Dies

grund, dass in Griechenland in 16 Politikfeldern

trifft insbesondere auf die Sondersendungen

Reformen diskutiert und teilweise umgesetzt

„Brennpunkt“ und „ZDF spezial“ zu. Die in ei-

wurden, kann nicht von einer intensiven Hin-

nigen Teilen hysterische Auseinandersetzung

tergrundberichterstattung über den Reform-

mit den Konsequenzen der Krise in Form eines

prozess in Griechenland gesprochen werden.

möglichen Euro-Austritts Griechenlands nahm

101


„Die Griechen provozieren!”

größeren Raum ein als die Befassung mit den

spricht dafür, dass einer Auseinandersetzung

meisten Lösungsansätzen der Reformvorschlä-

mit der Umsetzung von Reformvorschlägen von

ge. Hier wurde mehr auf Hysterie und Panik

den Redaktionen keine hohe Relevanz beige-

gesetzt als auf Analyse und Lösung.

messen wurde und stattdessen auf eine Dar-

Die Reformpolitik wurde im März und April 2015 als Thema der Nachrichtenberichterstat-

102

stellung des Konflikts zwischen Deutschland und Griechenland fokussiert wurde.

tung zur griechischen Staatsschuldenkrise von

Insgesamt kann nur von einer einge-

Randthemen wie der Diskussion über Forde-

schränkten Hintergrundberichterstattung zur

rungen Griechenlands nach Reparationszah-

griechischen Staatsschuldenkrise gesprochen

lungen für Schäden, die Griechenland im Zwei-

werden und damit fehlt es der Berichterstat-

ten Weltkrieg zugefügt wurden, verdrängt. Dies

tung zum Teil an analytischer Qualität.


Zusammenfassung der Ergebnisse

6 Zusammenfassung der Ergebnisse

Die Leistungsanforderungen an den öffentlich-

rechtliche Rundfunk den an ihn gestellten

rechtlichen Rundfunk sind mehr oder weni-

Qualitätsanforderungen gerecht wird. Im Mit-

ger explizit in den Rechtsgrundlagen für den

telpunkt standen die Relevanz des Themas für

Rundfunk in der Bundesrepublik Deutschland

die untersuchten Sendungen, die analytische

formuliert: in der Verfassung, in den Landes-

Qualität, die Ausgewogenheit, die Vielfalt und

rundfunkgesetzen und Rundfunkstaatsverträ-

die Neutralität der Berichterstattung.

gen und in der Rechtsprechung des Bundes-

Zur Beantwortung der Fragestellung wur-

verfassungsgerichts. Der Rundfunk wird dabei

den im Untersuchungszeitraum – dem gesam-

als Medium und Faktor der öffentlichen Mei-

ten Jahr 2015 – 747 Sendungen der Hauptnach-

nungsbildung betrachtet, der eine Reihe von

richtensendungen „Tagesschau“ und „heute“

Anforderungen erfüllen muss. Die Funktion der

und der Sondersendungen „Brennpunkt“ und

Meinungsbildung sieht der Gesetzgeber nur

„ZDF spezial“ analysiert. Insgesamt wurden

dann erfüllt, wenn die angebotenen Informati-

615 Beiträge zur griechischen Staatsschul-

onen „breit“, „vollständig“ und „ausgewogen“

denkrise in 282 Sendungen erfasst und auf

sind (BVerfGE 12, 205).

Beitragsebene analysiert. Die Beiträge zur

Die gesetzlichen Vorgaben für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und die darin formu-

griechischen Staatsschuldenkrise haben eine Gesamtlänge von mehr als 19 Stunden.

lierten Leistungsvorgaben sind die Grundlagen

Die Ergebnisse werden im Folgenden struk-

seiner Existenzberechtigung. Der öffentlich-

turiert anhand der zentralen zu untersuchen-

rechtliche Rundfunk ist zur Ausgewogenheit

den Qualitätskriterien, übergreifend und sen-

verpflichtet. Dazu gehören das Gebot einer

dungsspezifisch vergleichend dargestellt:

fairen und unabhängigen Berichterstattung und die Verpflichtung zur Überparteilichkeit. Die Abbildung verschiedener Meinungen im

6.1 Ergebnisse für die gesamte Nach­ richtenberichterstattung

Programm soll insgesamt ausgewogen sein. Diese Vorgaben gelten in besonderem Maße für Nachrichtensendungen. Außerdem sind die

Relevanz des Themas Die

untersuchten

Nachrichtensendun-

Nachrichtensendungen dem Gebot der Neutra-

gen haben das Thema griechische Staats-

lität verpflichtet und sollen den Bürger*innen

schuldenkrise als sehr relevant angese-

wesentliche Hintergrundinformationen (analy-

hen. Im Jahr 2015 waren in 38 Prozent der

tische Qualität) zur Meinungsbildung liefern.

„Tagesschau“-Sendungen und 34 Prozent

Diese Studie hatte das Ziel herauszufinden,

der „heute“-Sendungen mindestens ein Bei-

wie über die griechische Staatsschuldenkrise

trag zur griechischen Staatsschuldenkrise

in den Nachrichtensendungen des öffentlich-

vertreten.

rechtlichen Rundfunks berichtet wurde. Es

Außerdem wurde in 22,6 Prozent der Beiträ-

wurde dabei untersucht, ob der öffentlich-

ge mit Bezug zur griechischen Staatsschul-

103


„Die Griechen provozieren!”

denkrise das Thema als Aufmacher für die

Die griechische Regierung trat nur in

Nachrichtensendungen genutzt. „Tages-

11,4 Prozent der Beiträge als Sender von

schau“ und „heute“ unterschieden sich in

Aussagen auf, in 41,5 Prozent der Beiträge

ihrer Berichterstattungsintensität kaum.

wurden Aussagen über sie getroffen.

Ein Großteil der Berichterstattung fand in

Der Anteil der griechischen Regierung an

den Monaten Februar, Juni und Juli 2015

den O-Tönen lag gerade einmal bei 10,7 Pro-

statt.

zent, der Anteil der deutschen Regierung

Fazit: Der griechischen Staatsschuldenkrise wurde in allen untersuchten Sendungen Relevanz beigemessen. Vielfalt Es zeigt sich, dass in den meisten Beiträgen, in denen O-Töne vorkommen, mehr als nur eine O-Ton-Geber*innen-Gruppe dargestellt wurde. Mehr als eine O-TonGeber*innen-Gruppe fand sich in 32,4 Prozent der Beiträge. Es wurden innerhalb der Beiträge also mehrheitlich vielfältige Akteure durch O-Töne dargestellt.

bei 23,8 Prozent. Das Auftreten der Akteure als O-Ton-Geber*innen war nicht ausgewogen: Die griechische Regierung kam deutlich seltener zu Wort als die deutsche Regierung. Die Wertungen, die in der Berichterstattung vorgenommen wurden, waren ebenfalls nicht ausgewogen: In 20,3 Prozent der Beiträge zur griechischen Staatsschuldenkrise wurden Wertungen der griechischen und/oder der deutschen Regierung von Journalist*innen vorgenommen. In 18,4 Prozent der Bei-

Fazit: Es wurden in den Beiträgen mehrheitlich

träge betrafen diese Wertungen die grie-

vielfältige Akteure dargestellt, das Kriterium

chische Regierung. In nur 7,8 Prozent der

der Vielfalt wurde daher mehrheitlich erfüllt.

Beiträge wurde die deutsche Regierung von Journalist*innen bewertet. Die griechische

Darstellungen und Wertungen von Akteuren nicht ausgewogen

104

Ausgewogenheit

Regierung wurde in 11,9 Prozent der Bei-

Die Darstellung der Akteure in der Berichter-

träge durch Journalist*innen negativ bewer-

stattung war nicht ausgewogen:

tet, nur in 1,1 Prozent positiv. Die deutsche

Die griechische Regierung wurde in 67,3 Pro-

Regierung wurde nur in 2,1 Prozent der

zent der Beiträge gezeigt oder genannt, die

Beiträge negativ durch Journalist*innen

deutsche Regierung nur in 41,6 Prozent der

bewertet, in 1,5 Prozent aller Beiträge posi-

Beiträge. Die Nennung und Darstellung der

tiv. Journalist*innen bewerteten demnach

Akteure war daher nicht gleichgewichtig

nicht ausgewogen: Die griechische Regie-

und demnach auch nicht ausgewogen: Die

rung wurde somit erheblich häufiger durch

griechische Regierung wurde häufiger ge-

Journalist*innen negativ bewertet als die

zeigt oder genannt.

deutsche Regierung und seltener positiv.


Zusammenfassung der Ergebnisse

In 34,3 Prozent aller Beiträge trafen Akteure wertende Aussagen über die griechische

ten und Berichten stattfinden, sondern vor der Kamera in Schalten und Aufsagern.

Regierung. Über die deutsche Regierung

Klassische Nachrichten waren weitest-

wurden in nur 9,1 Prozent der Beiträge

gehend frei von Bewertungen durch

wertende Aussagen von Akteuren getrof-

Journalist*innen. In 3,9 Prozent der Nach-

fen. In 20,8 Prozent der Beiträge fanden

richten fanden sich positive oder negative

sich negative Bewertungen von Akteuren

Wertungen der griechischen oder der deut-

über die griechische Regierung. Die deut-

schen Regierung durch Journalist*innen.

sche Regierung wurde nur in 5,7 Prozent

In 10,2 Prozent der Berichte nahmen

der Beiträge negativ von anderen Akteuren

Journalist*innen jedoch positive oder ne-

beurteilt. Die griechische Regierung wurde

gative Bewertungen der griechischen oder

erheblich häufiger negativ bewertet als die

der deutschen Regierung vor.

deutsche. Die Darstellung von Bewertungen durch Akteure war also nicht ausgewogen. In 26,5 Prozent aller Beiträge wurde die griechische Regierung in O-Tönen ausgewo-

Fazit: Berichte wurden in den untersuchten

Wertungen durch

Nachrichtensendungen in jedem zehnten Fall

Journalist*innen

für Wertungen genutzt. Damit wurde das Gebot

in jedem zehnten

der Neutralität in Berichten verletzt.

Bericht

gen bewertet. In 17,8 Prozent aller Beiträge äußerten sich O-Ton-Geber*innen kritisch

Analytische Qualität/

über die griechische Regierung, während

Hintergrundberichterstattung

eine positive Wertung nur in 5,5 Prozent al-

Mit fast jedem zweiten Beitrag stand die

ler Beiträge der Fall war. Die Bewertung der

Haushaltspolitik im Mittelpunkt der Be-

griechischen Regierung durch O-Töne inner-

richterstattung. Es folgte mit weitem Ab-

halb der Beiträge ist nicht ausgewogen: Es

stand das Politikfeld Steuer- und Finanz-

fanden häufiger negative als positive Be-

politik sowie die Wirtschaftspolitik. Einige

wertungen durch O-Töne statt.

Politikfelder wie die Tarif- und Lohnpolitik,

Fazit: Insgesamt war die Berichterstattung im Hinblick auf die griechische Regierung unausgewogen. Sie kam weniger zu Wort und wurde kritischer beurteilt als die deutsche Regierung.

die Arbeitspolitik und die Sozialpolitik waren stark unterrepräsentiert; Infrastrukturpolitik und Wohnungsbau wurden gar nicht thematisiert. Vor dem Hintergrund, dass in Griechenland in 16 Politikfeldern Reformen diskutiert und teilweise umgesetzt

Neutralität

wurden, kann nicht von einer intensiven

Wertungen durch Journalist*innen sollten in

Hintergrundberichterstattung über den Re-

Nachrichtensendungen dem Qualitätskriteri-

formprozess in Griechenland gesprochen

um der Neutralität folgend nicht in Nachrich-

werden.

105


„Die Griechen provozieren!”

Von 139 Reformen wurden nur 63 in der

tergrundberichterstattung zur griechischen

Berichterstattung zur griechischen Staats-

Staatsschuldenkrise gesprochen werden. Da-

schuldenkrise thematisiert. Das entspricht

mit fehlte es der Berichterstattung zum Teil an

45,3 Prozent. In 60,2 Prozent der Beiträge

analytischer Qualität.

wurde keine einzige Reform thematisiert. Am häufigsten wurde in 11,3 Prozent der Beiträge der Schuldenschnitt thematisiert, es folgte mit 8,1 Prozent die Privatisierung

6.2 Vergleich der untersuchten Nachrichtensendungen

von Staatsbetrieben, danach mit 6,5 Prozent die Kapitalverkehrskontrolle. Von einer

Relevanz des Themas

gründlichen Hintergrundberichterstattung

Die Sendung „heute“ maß der griechi-

zu dem griechischen Reformprozess in den

schen Staatsschuldenkrise im Jahr 2015

Nachrichtensendungen von ARD und ZDF

die höchste Relevanz bei. 252 Beiträge

kann nicht gesprochen werden.

zur

griechischen

Staatsschuldenkrise

Das „Schreckensszenario“ Euro-Austritt

konnten in „heute“ gezählt werden. Das

wurde von den untersuchten Nachrichten-

sind 23 Beiträge mehr als in der „Tages-

sendungen in 31,7 Prozent aller Beiträge

schau“. Die Sondersendung „Brennpunkt“

aufgegriffen. 58 Minuten und 33 Sekunden

erschien 7 Mal mit Bezug zur griechischen

beschäftigten sich die untersuchten Nach-

Staatsschuldenkrise im Jahr 2015. 49 Bei-

richtensendungen mit einem Euro-Austritt.

träge zur griechischen Staatsschuldenkri-

Zum Vergleich: Mit Wirtschaftspolitik be-

se konnten in diesen „Brennpunkt“-Sen-

schäftigten sich die Sendungen nur etwa

dungen gezählt werden. Das sind weniger

25 Minuten, mit Steuer- und Finanzpolitik

Sendungen und auch weniger Beiträge als

nur ca. 35 Minuten. Dieses Szenario wurde

in der Sondersendung des ZDF, dem „ZDF

somit erheblich häufiger thematisiert als

spezial“. Die ARD hat demnach in „Tages-

die meisten Politikfelder und Reformvor-

schau“ und „Brennpunkt“ in geringerer In-

schläge. Vor allem vor diesem Hintergrund

tensität über die griechische Staatsschul-

kann festgehalten werden, dass die Ausei-

denkrise berichtet und somit dem Thema

nandersetzung mit den Konsequenzen der

eine geringere Relevanz beigemessen als

Reformvorschläge kaum

Krise größeren Raum einnahm als die Be-

das ZDF.

thematisiert

fassung mit den meisten Lösungsansätzen der vorgeschlagenen Reformen.

Fazit: Die Nachrichtensendungen „Tagesschau“ und „Brennpunkt“ der ARD berichteten

106

Fazit: In einem Großteil der Berichterstattung

in geringerem Ausmaß als die ZDF-Sendungen

wurde keine Reform thematisiert. Insgesamt

„heute“ und „ZDF spezial“ über die griechische

kann nur von einer eingeschränkten Hin-

Staatsschuldenkrise.


Zusammenfassung der Ergebnisse

Vielfalt

Bei der Nennung und Darstellung der Akteu-

In der „Tagesschau“ kam in der Mehrzahl der

re zeigte sich bereits ein Ungleichgewicht:

Beiträge mehr als eine O-Ton-Geber*innen-

In der „Tagesschau“ wurde die griechische

Gruppe zu Wort kommt. Dies war in der „Ta-

Regierung in 66,4 Prozent der Beiträge ge-

gesschau“ in 40,2 Prozent der Beiträge der

zeigt oder genannt, die deutsche Regierung

Fall, mehr als in den anderen untersuchten

nur in 21,3 Prozent der Beiträge. In „heute“

Sendungen. Dies spricht für Akteursvielfalt

war beides häufiger der Fall. In den Sonder-

bei O-Tönen in der „Tagesschau“. In der

sendungen wurde die deutsche Regierung

ZDF-Nachrichtensendung „heute“ kamen in

häufiger genannt und gezeigt, das Verhält-

34,5 Prozent der Beiträge mehrere O-Ton-

nis war jedoch auch hier nicht gleichgewich-

Geber*innen-Gruppen zu Wort.

tig. Die Darstellung der beiden Akteure war

In den Sondersendungen war es erheblich

in beiden Sendungen nicht ausgewogen.

häufiger als in den Hauptnachrichtensen-

Auch die O-Töne waren nicht gleichgewich-

dungen der Fall, dass nur eine Gruppe von

tig unter den untersuchten Akteuren verteilt.

O-Ton-Geber*innen zu Wort kam. Das liegt

Während die griechische Regierung in allen

im Wesentlichen am Einsatz der Darstel-

Sendungen häufiger gezeigt und genannt

lungsform Interview. In der Sondersen-

wurde als andere Akteure, kam sie doch er-

dung „ZDF spezial“ kam in 75,3 Prozent der

kennbar seltener zu Wort. Die griechische

Beiträge nur eine Gruppe von Akteuren als

Regierung kam in der „Tagesschau“ in ca. 17

O-Ton-Geber*innen vor. Das „ZDF spezial“

Minuten direkt zu Wort, die deutsche Regie-

wies demnach eine geringere Vielfalt von O-

rung in ca. 32 Minuten. In „heute“ kam die

Ton-Geber*innen innerhalb eines Beitrags

griechische Regierung noch etwas seltener

auf als andere Sendungen.

zu Wort, die deutsche Regierung hingegen

Fazit: In den Hauptnachrichtensendungen „Tagesschau“ und „heute“ kamen vielfältige Akteure in O-Tönen zu Wort. In den Sondersendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“ war die Vielfalt durch den Einsatz von Interviews eingeschränkt. Ausgewogenheit Hinsichtlich der Akteursausgewogenheit fällt auf, dass diese in allen untersuchten Sendungen nicht erfüllt wird:

in größerem Umfang. Die Diskrepanz ist also noch größer. Am seltensten kam die griechische Regierung in „ZDF spezial“ zu Wort, nämlich nur in ca. einer Minute. Die Verteilung der O-Töne ist in allen untersuchten Nachrichtensendungen ungleichgewichtig und somit auch unausgewogen: Die griechische Regierung kam erheblich seltener zu Wort als andere Akteure. Neben der Akteursausgewogenheit zeigen sich auch Besonderheiten in der Bewertungsausgewogenheit im Vergleich zwischen den Sendungen:

107


„Die Griechen provozieren!”

Die griechische Regierung wurde in der „Ta-

deutsche Regierung wurde in 11,8 Prozent

gesschau“ durch Journalist*innen in 11,8

der Beiträge des „ZDF spezial“ negativ von

Prozent der Beiträge negativ bewertet. Die

Akteuren beurteilt. Alle untersuchten Sen-

deutsche Regierung wurde nur in 2,6 Pro-

dungen wiesen bei den dargestellten Wer-

zent der Beiträge negativ bewertet. In „heu-

tungen der Akteure ein Ungleichgewicht auf:

te“ wurde die griechische Regierung durch

Die griechische Regierung wurde erheblich

Journalist*innen ebenso häufig negativ be-

häufiger negativ bewertet als die deutsche

wertet wie in der „Tagesschau“, die deut-

Regierung. Dies spricht für eine Unausgewo-

sche Regierung jedoch nur in 0,8 Prozent

genheit der dargestellten Positionen.

der Beiträge. Im „Brennpunkt“ zeigte sich

Diese setzt sich teilweise in den O-Tönen

dieses Missverhältnis ebenfalls, in „ZDF

der Sendungen fort. In 32,8 Prozent der

spezial“ wurde die deutsche Regierung gar

„Tagesschau“-Beiträge waren die O-Töne

nicht bewertet. Negative Wertungen über-

ausgewogen. 14,8 Prozent der Beiträge wie-

wogen also bei der griechischen Regierung,

sen O-Töne mit negativen Wertungen der

das Verhältnis war nicht ausgewogen.

griechischen Regierung auf, 6,1 Prozent wa-

Auch die Wertungen, die von dargestellten

ren positiv. Auch in „heute“ ist das Verhält-

Akteuren ausgingen, waren unausgewogen

nis ähnlich: Die Mehrzahl der O-Töne mit

zu Ungunsten der griechischen Regierung.

Bewertungen der griechischen Regierung,

In der „Tagesschau“ fanden sich in 18,8 Pro-

nämlich 23,6 Prozent, waren ausgewogen.

Kritik trifft vor allem die

zent der Beiträge negative Bewertungen der

Die Sondersendungen hingegen folgten

griechische Regierung

griechischen Regierung durch dargestellte

dieser Ausrichtung nicht. Die Mehrzahl

Akteuren. Die deutsche Regierung wurde in

der O-Töne in „ZDF spezial“ bewertete die

3,5 Prozent der Beiträge negativ von ande-

griechische Regierung negativ – dies ist in

ren Akteuren beurteilt. Dargestellte Akteure

41,2 Prozent der Beiträge der Fall, nur in 2,4

bewerteten in „heute“ die griechische Re-

Prozent gab es positiv wertende O-Töne, nur

gierung in 24,2 Prozent der Beiträge, die

in 18,8 Prozent ein ausgeglichenes Verhält-

deutsche Regierung nur in 7,2 Prozent. Im

nis. Auch im „Brennpunkt“ überwogen ne-

„Brennpunkt“ wurde die deutsche Regie-

gativ wertende O-Töne, wenn auch nicht so

rung häufiger negativ bewertet, nämlich in

stark wie in „ZDF spezial“. Während also die

13,3 Prozent der Beiträge – die griechische

Hauptnachrichtensendungen zumindest in

Regierung hingegen in 44 Prozent der Bei-

den gesendeten O-Tönen auf ein ausge-

träge. In der Sendung „ZDF spezial“ war

glichenes Verhältnis der Bewertungen der

die Differenz geringer als im „Brennpunkt“,

griechischen Regierung achteten, war dies

hier fanden sich in 38,8 Prozent der Beiträ-

in den Sondersendungen nicht der Fall. Hier

ge negative Bewertungen der griechischen

sind die Bewertungen nicht ausgewogen.

Regierung durch dargestellte Akteuren. Die

108


Zusammenfassung der Ergebnisse

Fazit: Die Darstellung und Bewertung der griechi-

Fazit: In allen untersuchten Sendungen wurde

schen und der deutschen Regierung in den Nach-

das Gebot der Neutralität verletzt, am stärks-

richtenbeiträgen zur griechischen Staatsschul-

ten in den Sondersendungen „Brennpunkt“

denkrise war in allen untersuchten Sendungen

und „ZDF spezial“.

unausgewogen. Die griechische Regierung wurde in allen Sendungen erheblich häufiger nega-

Analytische Qualität/

tiv bewertet als die deutsche Regierung.

Hintergrundberichterstattung Es kann nicht von einer ausreichenden Hinter-

Neutralität In allen untersuchten Sendungen wurde das Gebot der Neutralität verletzt. In der

grundberichterstattung in den untersuchten Nachrichtensendungen über die Reformprozesse in Griechenland gesprochen werden.

„Tagesschau“ wurde das Gebot der Neut-

Alle untersuchten Nachrichtensendungen

ralität seltener verletzt als in den anderen

berichteten am häufigsten über das Politik-

untersuchten Sendungen. 3,0 Prozent der

feld Haushaltspolitik, andere Politikfelder

Nachrichten und 7,2 Prozent der Berichte

wurden erheblich seltener aufgegriffen.

in der „Tagesschau“ enthielten Wertungen

Erst mit weitem Abstand folgte die Steuer-

der griechischen oder der deutschen Re-

und Finanzpolitik. In der „Tagesschau“ wur-

gierung durch Journalist*innen im Off-Text.

den drei, in „heute“ zwei“ Politikfelder gar

Insgesamt wurde in „heute“ etwas häufi-

nicht thematisiert. Über viele Politikfelder

ger als in der „Tagesschau“ auch in Nach-

wie Arbeitspolitik, Tarif- und Lohnpolitik,

richten und Berichten Bewertungen von

Sozialpolitik oder Rechtspolitik wurde im

Journalist*innen vorgenommen und damit

„Brennpunkt“ nur marginal berichtet, über

das Gebot der Neutralität verletzt. 5,6 Pro-

andere Politikfelder wie Infrastrukturpoli-

zent der Nachrichten und 8,5 Prozent der

tik gar nicht. In „ZDF spezial“ wurden u. a.

Berichte in „heute“ enthielten Wertungen

Energiepolitik sowie Geld- und Währungs-

der griechischen oder der deutschen Regie-

politik nicht thematisiert.

rung durch Journalist*innen im Off-Text. Am

In der „Tagesschau“ wurden in 62,2 Pro-

stärksten wurde das Gebot der Neutralität

zent der Beiträge keine Reformen aufge-

in den Sondersendungen verletzt. 12,5 Pro-

griffen, in „heute“ waren es 65,1 Prozent

zent der Berichte in „ZDF spezial“ enthielten

der Beiträge. Von 139 Reformen wurden in

Wertungen der griechischen oder der deut-

der „Tagesschau“ nur 53 thematisiert, in

schen Regierung durch Journalist*innen im

„heute“ sogar nur 40. Am häufigsten wur-

Off-Text, 28 Prozent waren es beim „Brenn-

de in „Tagesschau“ und „heute“ ein Schul-

punkt“. Damit wurde das Gebot der Neu-

denschnitt für Griechenland thematisiert.

tralität von Nachrichten und Berichten im

Die Sondersendungen „Brennpunkt“ und

„Brennpunkt“ am häufigsten verletzt.

„ZDF spezial“ berichteten noch seltener

109


„Die Griechen provozieren!”

als die Hauptnachrichtensendungen „Ta-

litätsanforderungen also nur teilweise erfüllt.

gesschau“ und „heute“ über einzelne Re-

Die festgestellten Verletzungen zentraler Qua-

formen. Im „Brennpunkt“ wurde in 44,9

litätskriterien, wie Neutralität, Ausgewogen-

Prozent der Beiträge keine konkrete Reform

heit und Hintergrundberichterstattung, in der

thematisiert. Von 139 Reformen wurde im

Berichterstattung der Nachrichtensendungen

„Brennpunkt“ nur über 25 Reformen berich-

zur griechischen Staatsschuldenkrise weisen

tet, was 17,9 Prozent der Reformvorschläge

auf Mängel in der journalistischen Professio-

entspricht. In „ZDF spezial“ wurde über 27

nalität hin.

Reformen berichtet, was 19,4 Prozent der

Eine differenzierte Betrachtung, wie sie

139 Reformvorschläge entspricht. In beiden

oben vorgenommen wurde, lässt auch Unter-

Sondersendungen wurden Kapitalverkehrs-

schiede zwischen den Sendungen, insbeson-

kontrollen am häufigsten thematisiert. Na-

dere zwischen den Hauptnachrichtensendun-

türlich kann von Sondersendungen nicht im

gen und den Sondersendungen, erkennen. Die

gleichen Maße wie von Hauptnachrichten-

Sondersendungen verletzten die Qualitätskri-

sendungen erwartet werden, den griechi-

terien der Ausgewogenheit und der Neutralität

schen Reformprozess abzubilden. Die enge

stärker als die Hauptnachrichtensendungen.

Fokussierung auf die Haushaltspolitik zeigt

Als Konsequenz aus diesen Erkenntnissen

jedoch, dass viele Politikfelder und Refor-

sollten die öffentlich-rechtlichen Programme

men nicht in der Berichterstattung themati-

noch stärker darauf achten, die strengen Quali-

siert und analysiert wurden.

tätskriterien, die für die Hauptnachrichtensendungen gelten, auch auf die Sondersendungen

Fazit: Insgesamt kann nur von einer einge-

anzuwenden. Die Trennung von Nachricht und

schränkten Hintergrundberichterstattung der

Meinung muss konsequenter beachtet werden,

untersuchten Nachrichtensendungen zur griechi-

insbesondere in Off-Texten von Berichten.

schen Staatsschuldenkrise gesprochen werden.

Die Berichterstattung über die griechische

In einem großen Teil der Beiträge wurde keine

Reformpolitik und die Fixierung auf einen Gre-

konkrete Reform aufgegriffen und wenn, dann

xit als Szenario für einen Ausgang der Krise

beschränkte sich die Berichterstattung auf weni-

zeigen, dass die Berichterstattung einen en-

ge diskutierte Reformen. Damit fehlte es der Be-

gen Blick auf wenige Lösungen aufwies. Die

richterstattung zum Teil an analytischer Qualität.

Journalist*innen sollten stärker darauf achten, verschiedene Lösungsoptionen in die Bericht-

6.3 Schlussfolgerungen

erstattung einzubeziehen. Bei der Auswahl von O-Tönen und Interviewpartnern sollte insbe-

Qualitätskriterien

Die Journalist*innen der untersuchten Nach-

sondere in den Sondersendungen stärker auf

konsequenter

richtensendungen des öffentlich-rechtlichen

die Ausgewogenheit geachtet und alle Konflikt-

anwenden

Rundfunks haben die an sie gestellten Qua-

parteien einbezogen werden.

110


Anhang

Anhang

Literaturverzeichnis................................................................................... 112

Tabellarischer Anhang................................................................................ 115

Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen..................................................123

Hinweise zu den Autor*innen .....................................................................126

111


„Die Griechen provozieren!”

Literaturverzeichnis

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113


„Die Griechen provozieren!”

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114


Ausschreibung Anhang

Tabellarischer Anhang

Anhang 1:

Gesamtlänge aller O-Töne und durchschnittliche Länge der einzelnen O-Töne von Akteuren in Nachrichtensendungen 2015 (in Minuten, n=615)

Griechische Deutsche EU-Vertreter*innen Euro-Gruppen- Andere Regierung Regierung Vertreter*innen

Durchschnittliche Länge der O-Töne

0:15

0:34

36:04 80:13

Gesamtlänge

0:26 29:48

0:14

0:38

10:38

179:18

Quelle: eigene Darstellung.

Anhang 2:

Gesamtlänge aller O-Töne und durchschnittliche Länge der einzelnen O-Töne von Akteuren in Nachrichtensendungen 2015 im Vergleich zwischen den Sendungen (in Minuten, n=615)

Griechische Deutsche EU-Vertreter*innen Euro-Gruppen- Regierung Regierung Vertreter*innen

Andere

Tageschau Durchschnittliche Länge der O-Töne Gesamtlänge

0:13

0:29

16:30 31:40

0:15

0:13

0:20

5:46

4:49

0:15

0:15

7:51

5:15

0:53

0:08

32:26

heute Durchschnittliche Länge der O-Töne Gesamtlänge

0:13

0:39

15:19 35:10

0:24 36:01

Brennpunkt Durchschnittliche Länge der O-Töne

1:43

Gesamtlänge

3:27 7:57

6:12

0:16

Durchschnittliche Länge der O-Töne

0:15

1:25

0:18

Gesamtlänge

0:47 5:26

0:47

1:05 27:18

ZDF spezial 0:32

10:00

1:12

0:18

83:30

Quelle: eigene Darstellung.

115


„Die Griechen provozieren!”

Anhang 3:

Anzahl der Wertungen durch Journalist*innen nach Sendungen in 2015 Wertungen der griechichen Regierung

Tagesschau

heute

positiv 3

Brennpunkt

3

ZDF spezial

Gesamt

1 0 7

ausgewogen 9

21

2

0

32

negativ 27

30

10 6 73

Gesamt 39

54

13 6 112

Wertungen der deutschen Regierung

Tagesschau

heute

Brennpunkt

ZDF spezial

Gesamt

positiv 3

1 5 0 9

ausgewogen 2

2

0

negativ 6

2

5 0 13

Gesamt 11

5 10 0 26

0

4

Quelle: eigene Darstellung.

Anhang 4:

Anzahl und Tonalität der O-Töne zur griechischen Regierung in Beiträgen 2015, unterschieden nach Beteiligung von O-Ton-Geber*innen an diesen O-Tönen

Gesamt* Griechische Deutsche EU-Vertreter*innen Euro-Gruppen- Andere Regierung Regierung Vertreter*innen

positiv

19 11 5 5 22 34*

ausgeglichen

70

66

32

17

113 163*

negativ

27

35

23

14

82 110*

Gesamt

116

112

60

36

217 307*

* Die Gesamtzahl in der Randsumme rechts ist nicht die Summe der Spalten. O-Ton-Geber*innen sind Mehrfachnennungen Quelle: eigene Darstellung.

116


Anhang

Anhang 5:

Länge der Berichterstattung in 2015 über einzelne Politikfelder (in Minuten, n=615) Haushaltspolitik

79:47

Finanzpolitik

34:36

Gesellschaftliche und politische Ordnung

27:54

Wirtschaftspolitik

24:28

Geld- und Währungspolitik

12:42

Rentenpolitik

7:33

Sozialpolitik

6:13

Gesundheitspolitik

5:37

Arbeitspolitik

2:19

Rechtspolitik

1:50

Verteidigungspolitik

1:30

Energiepolitik

1:09

Tarif- und Lohnpolitik

0:58

Medienpolitik

0:20 Quelle: eigene Darstellung.

Anhang 6:

Anzahl der Beiträge mit spezifischen Reformvorschlägen zur griechischen Staatsschuldenkrise bzw. deren Anteil an allen Beiträgen der Sendungen in 2015 (Tagesschau: n=229, heute: n=252, Brennpunkt: n=49, ZDF spezial: n=85) Reformvorschläge Erlass des Schuldbetrags Kapitalverkehrskontrollen Rückführung der Staatsverschuldung Wirtschaftsförderung allgemein

Tagesschau 31

heute 26

Brennpunkt

ZDF spezial

3

Gesamt

10

13,54% 10,32% 6,12% 11,76% 5 2,18% 10 4,37% 10 4,37%

6

13

16

2,38% 26,53% 18,82% 15

5

5,95% 10,20% 3

6

1 1,18% 10

1,19% 12,24% 11,76%

70 – 40 – 31 – 29 –

117


„Die Griechen provozieren!”

Anhang 6: Fortsetzung Reformvorschläge Reform des Rentensystems Privatisierung allgemein Mehrwertsteuerreform allgemein Bekämpfung von Steuerhinterziehung Erhöhung der Mehrwertsteuer allgemein Rekapitalisierung der Banken Reform der öffentlichen Verwaltung Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters auf 67 Jahre Militärausgaben senken Einrichtung eines Fonds Programm zur Bewältigung der humanitären Krise Privatisierung von Hafenkonzessionen Korruption bekämpfen

118

Tagesschau 13

heute 10

Brennpunkt

ZDF spezial

1

Gesamt

4

5,68% 3,97% 2,04% 4,71% 12

6

5

5,24% 2,38% 10,20% 9

8

4

4 4,71% 2

3,93% 3,17% 8,16% 2,35% 9

7

1

5

3,93% 2,78% 2,04% 5,88% 8

7

3

3

3,49% 2,78% 6,12% 3,53% 1 0,44% 4

5

11

0

1,98% 22,45% 0,00% 3

0

6

1,75% 1,19% 0,00% 7,06% 6

3

2

1

2,62% 1,19% 4,08% 1,18% 4

3

1

4

1,75% 1,19% 2,04% 4,71% 1

5

2

3

0,44% 1,98% 4,08% 3,53% 2

3

2

2

0,87% 1,19% 4,08% 2,35% 3

3

2

1

1,31% 1,19% 4,08% 1,18% 4

3

0

1

1,75% 1,19% 0,00% 1,18%

28 – 27 – 23 – 22 – 21 – 17 – 13 – 12 – 12 – 11 – 9 – 9 – 8 –


Anhang

Anhang 6: Fortsetzung Reformvorschläge

Tagesschau

Konzentrierung der Prüftätigkeit auf internationale Steuerhinterziehung Einführung einer Großvermögenssteuer Privatisierung der Flughäfen Modernisierung der Steuer- und Finanzverwaltung Mindestlohn anheben Erhöhung der Mehrwertsteuer für Gastronomie/Tourismus Verbesserung des Schulden- und Liquiditätsmanagements Steuerrabatte/Subventionen für Landwirte (z. B. Diesel) Reform des Bankensektors allgemein Einführung von Bürger*innenentscheiden Bekämpfung von Schwarzhandel/Schmuggel Kampf gegen Korruption in der Verwaltung

2

heute

4

Brennpunkt

1

ZDF spezial

Gesamt

0

0,87% 1,59% 2,04% 0,00% 3

1

0

3

1,31% 0,40% 0,00% 3,53% 2

2

1

1

0,87% 0,79% 2,04% 1,18% 3

1

0

2

1,31% 0,40% 0,00% 2,35% 1

3

0

1

0,44% 1,19% 0,00% 1,18% 3

2

0

0

1,31% 0,79% 0,00% 0,00% 2

3

0

0

0,87% 1,19% 0,00% 0,00% 3

2

0

0

1,31% 0,79% 0,00% 0,00% 3

0

1

0

1,31% 0,00% 2,04% 0,00% 4

0

0

0

1,75% 0,00% 0,00% 0,00% 1

2

0

1

0,44% 0,79% 0,00% 1,18% 3

1

0

0

1,31% 0,40% 0,00% 0,00%

7 – 7 – 6 – 6 – 5 – 5 – 5 – 5 – 4 – 4 – 4 – 4 –

119


„Die Griechen provozieren!”

Anhang 6: Fortsetzung Reformvorschläge Ausnahmen von der Mehrwertsteuererhöhung für Inseln Privatisierung der Eisenbahnbetriebe Privatisierung der Stromversorgung Steuerrabatte/Subventionen abschaffen Nahrungsmittelhilfe durch Lebensmittelgutscheine Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten Unternehmens- und Körperschaftssteuerreform Reform des Haushaltsrahmengesetzes Reform der Zusatzaltersvorsorge Reform des Energiemarktes Beschäftigungsanreize für kleine und mittelständische Unternehmen Anzahl der Ministerien auf 10 reduzieren

120

Tagesschau

2

heute

1

Brennpunkt

0

ZDF spezial

Gesamt

1

0,87% 0,40% 0,00% 1,18% 2

1

1

0

0,87% 0,40% 2,04% 0,00% 3

0

0

0

1,31% 0,00% 0,00% 0,00% 2

1

0

0

0,87% 0,40% 0,00% 0,00% 3

0

0

0

1,31% 0,00% 0,00% 0,00% 2

1

0

0

0,87% 0,40% 0,00% 0,00% 1

1

0

1

0,44% 0,40% 0,00% 1,18% 1

2

0

0

0,44% 0,79% 0,00% 0,00% 1

1

0

0

0,44% 0,40% 0,00% 0,00% 2

0

0

0

0,87% 0,00% 0,00% 0,00% 1

0

1

0

0,44% 0,00% 2,04% 0,00% 1

1

0

0

0,44% 0,40% 0,00% 0,00%

4 – 4 – 3 – 3 – 3 – 3 – 3 – 3 – 2 – 2 – 2 – 2 –


Anhang

Anhang 6: Fortsetzung Reformvorschläge

Tagesschau

Kostenfreie medizinische Versorgung Rückgabe eines Großteils der vom EFSF für die Rekapitalisierung der Banken gehaltenen Anleihen Verbesserung der Gesetzgebung zur Rückzahlung von Steuern Ausnahmen von der Mehrwertsteuererhöhung für Essen, Hotelgewerbe und Wasser Steuererhöhung für Glücksspiel und Lotterie Besteuerung griechischer Reeder/Tonnagesteuer Elektronischen Zahlungsverkehr ausbauen Reform des Verwaltungsaufwands Reform der Bagatellgebühren Progressive Erhöhung der Renten Vereinheitlichung aller Pensionsfonds

0

heute 1

Brennpunkt 0

ZDF spezial

Gesamt

1

0,00% 0,40% 0,00% 1,18%

0

0

2

0

0,00% 0,00% 4,08% 0,00% 1

0

0

0

0,44% 0,00% 0,00% 0,00%

1

0

0

0

0,44% 0,00% 0,00% 0,00% 1

0

0

0

0,44% 0,00% 0,00% 0,00% 1

0

0

0

0,44% 0,00% 0,00% 0,00% 1

0

0

0

0,44% 0,00% 0,00% 0,00% 1

0

0

0

0,44% 0,00% 0,00% 0,00% 1

0

0

0

0,44% 0,00% 0,00% 0,00% 1

0

0

0

0,44% 0,00% 0,00% 0,00% 1

0

0

0

0,44% 0,00% 0,00% 0,00%

2 –

2 – 1 –

1 – 1 – 1 – 1 – 1 – 1 – 1 – 1 –

121


„Die Griechen provozieren!”

Anhang 6: Fortsetzung Reformvorschläge

Tagesschau

Entlastung von Arbeitslosen, Niedriglohnempfängern, Niedrigrentnern, Kleineigentümern, Kleinaktionären und kleinen Anleihegläubigern Sonderkarte zur kostenfreien Beförderung Ausnahmen von der Mehrwertsteuer für Bücher, Medikamente und Theater Einführung einer Großgrundsteuer (FMAP) Modernisierung der Bankrottgesetze Privatisierung der Staatslotterie Reform des Rechtsrahmens für Massenentlassungen Schwarzarbeit bekämpfen Pfändungsregelungen ändern Unabhängigkeit für ELSTAT

1

heute

0

Brennpunkt

0

ZDF spezial

Gesamt

0

0,44% 0,00% 0,00% 0,00% 1

0

0

0

0,44% 0,00% 0,00% 0,00% 0

1

0

0

0,00% 0,40% 0,00% 0,00% 0

0

1

0

0,00% 0,00% 2,04% 0,00% 0

0

1

0

0,00% 0,00% 2,04% 0,00% 0

0

1

0

0,00% 0,00% 2,04% 0,00% 0

1

0

0

0,00% 0,40% 0,00% 0,00% 0

0

0

1

0,00% 0,00% 0,00% 1,18% 0

1

0

0

0,00% 0,40% 0,00% 0,00% 0

0

0

1

0,00% 0,00% 0,00% 1,18%

1 – 1 – 1 – 1 – 1 – 1 – 1 – 1 – 1 – 1 –

Quelle: eigene Darstellung.

122


Ausschreibung

Otto Brenner Preis 2016 Anhang

Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen

Tabelle 1:

Zuschauer*innen und Marktanteile der Fernsehnachrichten

in Deutschland........................................................................................... 15

Tabelle 2:

Forschungsansätze zu Qualitätskriterien..................................................... 19

Tabelle 3:

Anteil der Beiträge mit Attribuierungen von politischen Akteuren.................. 52

Abbildung 1:

Qualitätsdimensionen und -kriterien...........................................................22

Abbildung 2:

Operationalisierung der Qualitätsdimensionen und -kriterien....................... 32

Abbildung 3:

Anzahl der Beiträge in den Nachrichtensendungen.......................................38

Abbildung 4:

Durchschnittliche Länge der Beiträge in den Nachrichtensendungen............. 39

Abbildung 5:

Anteil der Beiträge in den Untersuchungsmonaten im zeitlichen Verlauf........ 40

Abbildung 6:

Anzahl der Beiträge nach Sendungen im zeitlichen Verlauf............................ 41

Abbildung 7:

Durchschnittliche Anzahl der Beiträge in den Nachrichtensendungen............42

Abbildung 8:

Positionierung von Beiträgen in den Nachrichtensendungen......................... 43

Abbildung 9:

Beiträge an erster Position der Nachrichtensendungen

im zeitlichen Verlauf...................................................................................44

Abbildung 10: Anteil der Beiträge differenziert nach Vielfalt der O-Ton-Geber*innen............. 45 Abbildung 11: Anteil der Beiträge differenziert nach Vielfalt der O-Ton-Geber*innen

und Sendung.............................................................................................46

Abbildung 12: Anteil der Beiträge mit Nennung oder Darstellung von Akteuren....................49 Abbildung 13: Anteil der Beiträge mit Nennung oder Darstellung

der griechischen und deutschen Regierung.................................................. 50

Abbildung 14: Anteil der Beiträge mit politischen Akteuren als Adressaten bzw.

Sendern von Aussagen............................................................................... 51

Abbildung 15: Länge der O-Töne der politischen Akteure in den Nachrichtenbeiträgen......... 53 Abbildung 16: Länge der O-Töne der politischen Akteure in den Nachrichtensendungen....... 56 Abbildung 17: Länge der Redezeit in Interviews in den Sondersendungen

„Brennpunkt“ und „ZDF spezial“................................................................. 57

123


„Die Griechen provozieren!”

Abbildung 18: Anteil der Beiträge mit Bewertungen der deutschen und

der griechischen Regierung durch Journalist*innen

in den Nachrichtensendungen „Tagesschau” und „heute”............................ 59

Abbildung 19: Anteil der Beiträge mit unterschiedlichen Bewertungen

der deutschen oder der griechischen Regierung durch Journalist*innen

in den Nachrichtensendungen „Tagesschau” und „heute”............................ 61

Abbildung 20: Anteil der Beiträge mit Bewertungen der deutschen oder

der griechischen Regierung durch Journalist*innen in

den Sendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial”.........................................62

Abbildung 21: Anteil der Beiträge mit unterschiedlichen Bewertungen

der deutschen und der griechischen Regierung durch Journalist*innen

in den Sendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial”..................................... 63

Abbildung 22: Anteil der Beiträge mit Wertungen von Akteuren........................................... 65 Abbildung 23: Anteil der Beiträge mit Wertungen von Akteuren in den Sendungen „Tagesschau” und „heute”.............................................. 67

Abbildung 24: Anteil der Beiträge mit Wertungen von Akteuren

in den Sondersendungen „Brennpunkt” und „ZDF spezial”........................... 70

Abbildung 25: Länge der O-Töne mit Wertungen der griechischen Regierung

in den Sendungen „heute” und „Tagesschau”.............................................. 73

Abbildung 26: Länge der O-Töne mit Wertungen der griechischen Regierung

in den Sondersendungen „ZDF spezial” und „Brennpunkt”........................... 75

Abbildung 27: Anteil der Beiträge nach Darstellungsform................................................... 78 Abbildung 28: Anteil der Beiträge mit Bewertungen der griechischen oder der

deutschen Regierung durch Journalist*innen nach Darstellungsform............. 79

Abbildung 29: Anteil der Beiträge mit Wertungen durch Journalist*innen ........................... 80 Abbildung 30: Anteil der Beiträge mit Wertungen durch Journalist*innen nach

Darstellungsform in den Sendungen „heute” und „Tagesschau”................... 81

Abbildung 31: Anteil der Beiträge mit Wertungen durch Journalist*innen

124

nach Darstellungsform in den Sondersendungen „ZDF spezial”

und „Brennpunkt”......................................................................................82


Anhang

Abbildung 32: Anteil der Beiträge differenziert nach Politikfeldern...................................... 85 Abbildung 33: Anteil der Beiträge differenziert nach Politikfeldern in „heute“

und „Tagesschau“...................................................................................... 87

Abbildung 34: Anteil der Beiträge differenziert nach Politikfeldern in „ZDF spezial“

und „Brennpunkt“......................................................................................89

Abbildung 35: Thematisierung von Reformen.....................................................................90 Abbildung 36: Anteil der Beiträge mit Thematisierung einzelner Reformen........................... 91 Abbildung 37: Anteil der Beiträge mit Thematisierung einzelner Reformen in „heute“

und „Tagesschau“......................................................................................94

Abbildung 38: Anteil der Beiträge mit Thematisierung einzelner Reformen

in „ZDF spezial” und „Brennpunkt”.............................................................96

Abbildung 39: Anteil der Beiträge mit dem Thema Grexit im Zeitverlauf...............................99 Abbildung 40: Anteil der Beiträge zum Thema Grexit in den Nachrichtensendungen........... 100

Anhang 1:

Gesamtlänge aller O-Töne und durchschnittliche Länge der einzelnen

O-Töne von Akteuren in Nachrichtensendungen 2015................................... 115

Anhang 2:

Gesamtlänge aller O-Töne und durchschnittliche Länge der einzelnen

O-Töne von Akteuren in Nachrichtensendungen 2015 im Vergleich

zwischen den Sendungen ......................................................................... 115

Anhang 3:

Anzahl der Wertungen durch Journalist*innen nach Sendungen in 2015........116

Anhang 4:

Anzahl und Tonalität der O-Töne zur griechischen Regierung

in Beiträgen 2015, unterschieden nach Beteiligung von

O-Ton-Geber*innen an dieses O-Tönen........................................................116

Anhang 5:

Länge der Berichterstattung in 2015 über einzelne Politikfelder ................... 117

Anhang 6:

Anzahl der Beiträge mit spezifischen Reformvorschlägen zur

griechischen Staatsschuldenkrise bzw. deren Anteil

an allen Beiträgen der Sendungen in 2015.................................................. 117

125


„Die Griechen provozieren!”

Hinweise zu den Autor*innen Prof. Dr. Kim Otto ist Professor für Wirtschaftsjournalismus an der Universität Würzburg und forscht dort u. a. zur Qualität im wirtschaftspolitischen Journalismus. Als Journalist arbeitet er für das ARD-Politikmagazin „Monitor“ sowie für die Reihe „die story“. 2007 wurde er mit dem AdolfGrimme-Preis ausgezeichnet. Er studierte Politikwissenschaft, Rechtswissenschaften und VWL in Duisburg und promovierte in Journalistik in Dortmund. Andreas Köhler, M. A. ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Professur für Wirtschaftsjournalismus an der Universität Würzburg und forscht in den Bereichen Journalismus, politische Kommunikation und Social Media. Er studierte Politikwissenschaft, Medienwissenschaften und Soziologie an der Technischen Universität Braunschweig und ist Doktorand an der Universität der Bundeswehr in München. Kristin Baars, B. A. ist wissenschaftliche Hilfskraft der Professur für Wirtschaftsjournalismus an der Universität Würzburg. Sie studierte Journalistik an der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen.

126


127


„DieJochen Griechen provozieren!” Roose OBS-Arbeitspapiere

128

Der junge Osten: Aktiv und Selbstständig Infos und Download: www.otto-brenner-stiftung.de

Nr. 23

Informationsfreiheit – Mehr Transparenz für mehr Demokratie (Arne Semsrott)

Nr. 22

Journalist oder Animateur – ein Beruf im Umbruch. Thesen, Analysen und Materialien zur Journalismusdebatte (Hans-Jürgen Arlt und Wolfgang Storz)

Nr. 21

Ausverkauf des Journalismus? – Medienverlage und Lobbyorganisationen als Kooperationspartner (Marvin Oppong)

Nr. 20

Die AfD vor den Landtagswahlen 2016 – Programme, Profile und Potenziale (Alexander Hensel, Lars Geiges, Robert Pausch und Julika Förster)

Nr. 19

Bürgerbeteiligung im Fernsehen – Town Hall Meetings als neues TV-Format? (Nils Heisterhagen)

Nr. 18

„Querfront“ – Karriere eines politisch-publizistischen Netzwerks (Wolfgang Storz)

Nr. 17

Information oder Unterhaltung? – Eine Programmanalyse von WDR und MDR (Joachim Trebbe, Anne Beier und Matthias Wagner)

Nr. 16

Politische Beteiligung: Lage und Trends (Rudolf Speth)

Nr. 15

Der junge Osten: Aktiv und Selbstständig – Engagement Jugendlicher in Ostdeutschland (Jochen Roose)

Nr. 14

Wettbewerbspopulismus – Die Alternative für Deutschland und die Rolle der Ökonomen (David Bebnowski und Lisa Julika Förster)

Nr. 13

Aufstocker im Bundestag – Nebeneinkünfte und Nebentätigkeiten der Abgeordneten zu Beginn der 18. Wahlperiode (Herbert Hönigsberger)

Nr. 12

Zwischen Boulevard und Ratgeber-TV. Eine vergleichende Programmanalyse von SWR und NDR (Joachim Trebbe)

Nr. 11

Die sechste Fraktion. Nebenverdiener im Deutschen Bundestag (Herbert Hönigsberger)

Nr. 10

Chancen der Photovoltaik-Industrie in Deutschland (Armin Räuber, Werner Warmuth, Johannes Farian)

Nr. 9

Logistik- und Entwicklungsdienstleister in der deutschen Automobilindustrie – Neue Herausforderungen für die Gestaltung der Arbeitsbeziehungen (Heinz-Rudolf Meißner)

Nr. 8

Wirtschaftsförderung und Gute Arbeit – Neue Herausforderungen und Handlungsansätze (Martin Grundmann und Susanne Voss unter Mitarbeit von Frank Gerlach)

Nr. 7

Wahlkampf im medialen Tunnel – Trends vor der Bundestagswahl 2013 (Thomas Leif und Gerd Mielke)

Nr. 6

Wer sind die 99%? Eine empirische Analyse der Occupy-Proteste (Ulrich Brinkmann, Oliver Nachtwey und Fabienne Décieux)

Nr. 5

Wie sozial sind die Piraten? (Herbert Hönigsberger und Sven Osterberg)

Nr. 4

Solarindustrie: Photovoltaik. Boom – Krise – Potentiale – Fallbeispiele (Ulrich Bochum und Heinz-Rudolf Meißner)

Nr. 3

Gewerkschaftliche Netzwerke stärken und ausbauen (Anton Wundrak)

Nr. 2

Werkverträge in der Arbeitswelt (Andreas Koch)

Nr. 1

Soziale Ungleichheit und politische Partizipation in Deutschland (Sebastian Bödeker)


Die Otto Brenner Stiftung …

OBS-Arbeitsheft 87 ISSN-Print 1863-6934 ISSN-Online 2365-2314

... ist die gemeinnützige Wissenschaftsstiftung der IG Metall. Sie hat ihren Sitz in Frankfurt am Main. Als Forum für gesellschaftliche Diskurse und Einrichtung der Forschungsförderung ist sie dem Ziel der sozialen Gerechtigkeit verpflichtet. Besonderes Augenmerk gilt dabei dem Ausgleich zwischen Ost und West.

Herausgeber: Otto Brenner Stiftung Jupp Legrand Wilhelm-Leuschner-Straße 79 60329 Frankfurt am Main Tel.: 069 6693-2810 Fax: 069 6693-2786 E-Mail: info@otto-brenner-stiftung.de www.otto-brenner-stiftung.de

... initiiert den gesellschaftlichen Dialog durch Veranstaltungen, Workshops und Koopera­ tionsveranstaltungen (z.  B. im Herbst die OBS-Jahrestagungen), organisiert internationale Konferenzen (Mittel-Ost-Europa-Tagungen im Frühjahr), lobt jährlich den „Brenner-Preis für kritischen Journalismus“ aus, fördert wissenschaftliche Untersuchungen zu sozialen, arbeitsmarkt- und gesellschaftspolitischen Themen, vergibt Kurzstudien und legt aktuelle Analysen vor.

Autor*innen: Prof. Dr. Kim Otto Professor für Wirtschaftsjournalismus Universität Würzburg Kontakt: kim.otto@uni-wuerzburg.de

... macht die Ergebnisse der Projekte öffentlich zugänglich.

Andreas Köhler, M. A. Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Professur für Wirtschaftsjournalismus Universität Würzburg Kontakt: andreas.koehler1@uni-wuerzburg.de Kristin Baars, B. A. Wissenschaftliche Hilfskraft der Professur für Wirtschaftsjournalismus Universität Würzburg Redaktion: Benedikt Linden Otto Brenner Stiftung Lektorat: Dr. Sabine Giehle TEXT + FAKT, Mainz www.text-und-fakt.de Satz und Gestaltung: www.complot-mainz.de Titelbild: Collage: com.plot, Foto: Fotolia Druck: mww.druck und so ... GmbH, Mainz-Kastel Redaktionsschluss: 29. Juli 2016

... veröffentlicht die Ergebnisse ihrer Forschungsförderung in der Reihe „OBS-Arbeitshefte“ oder als Arbeitspapiere (nur online). Die Arbeitshefte werden, wie auch alle anderen Publikationen der OBS, kostenlos abgegeben. Über die Homepage der Stiftung können sie auch elektronisch bestellt werden. Vergriffene Hefte halten wir als PDF zum Download bereit. ... freut sich über jede ideelle Unterstützung ihrer Arbeit. Aber wir sind auch sehr dankbar, wenn die Arbeit der OBS materiell gefördert wird. ... ist zuletzt durch Bescheid des Finanzamtes Frankfurt am Main V (-Höchst) vom 9. April 2015 als ausschließlich und unmittelbar gemeinnützig anerkannt worden. Aufgrund der Gemeinnützigkeit der Otto Brenner Stiftung sind Spenden steuerlich absetzbar bzw. begünstigt.

Aktuelle Ergebnisse der Forschungsförderung in der Reihe „OBS-Arbeitshefte“

Hinweis zu den Nutzungsbedingungen: Dieses Arbeitsheft darf nur für nichtkommerzielle Zwecke im Bereich der wissenschaftlichen Forschung und Beratung und ausschließlich in der von der Otto Brenner Stiftung veröffentlichten Fassung – vollständig und unverändert – von Dritten weitergegeben sowie öffentlich zugänglich gemacht werden. In den Arbeitsheften werden die Ergebnisse der Forschungsförderung der Otto Brenner Stiftung dokumentiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Für die Inhalte sind die Autorinnen und Autoren verantwortlich. Bestellungen: Über die Internetseite der Otto Brenner Stiftung können weitere Exemplare dieses OBS-Arbeitsheftes kostenlos bezogen werden – solange der Vorrat reicht. Dort besteht auch die Möglichkeit, das vorliegende und weitere OBS-Arbeitshefte als pdf-Datei herunterzuladen. Die Texte der Otto Brenner Stiftung verwenden eine gendersensible Sprache. Es werden entweder geschlechtsneutrale Bezeichnungen gebraucht (z. B. Mitarbeitende) oder auf die Schreibweise mit Gender-Sternchen zurückgegriffen (z. B. Bürger*innen). Diese Schreibweise betont die soziale Konstruktion von Geschlecht und die Vielfältigkeit von Geschlechtsidentitäten.

Spenden erfolgen nicht in den Vermögensstock der Stiftung, sie werden ausschließlich und zeitnah für die Durchführung der Projekte entsprechend dem Verwendungszweck genutzt. Bitte nutzen Sie folgende Spendenkonten: Für Spenden mit zweckgebundenem Verwendungszweck zur Förderung von Wissenschaft und Forschung zum Schwerpunkt: • Förderung der internationalen Gesinnung und des Völkerverständigungsgedankens

Kim Otto, Andreas Köhler, Kristin Baars

„Die Griechen provozieren!“

Die öffentlich-rechtliche Berichterstattung über die griechische Staatsschuldenkrise

OBS-Arbeitsheft 86 Lutz Frühbrodt

Content Marketing

Wie „Unternehmensjournalisten“ die öffentliche Meinung beeinflussen

OBS-Arbeitsheft 85*

Sabine Ferenschild, Julia Schniewind

Folgen des Freihandels

Das Ende des Welttextilabkommens und die Auswirkungen auf die Beschäftigten

OBS-Arbeitsheft 84* Fritz Wolf

„Wir sind das Publikum!“

Autoritätsverlust der Medien und Zwang zum Dialog

OBS-Arbeitsheft 83

Thomas Goes, Stefan Schmalz, Marcel Thiel, Klaus Dörre

Gewerkschaften im Aufwind?

Unterstützen Sie unsere Arbeit, z. B. durch eine zweckgebundene Spende

OBS-Arbeitsheft 87

Stärkung gewerkschaftlicher Organisationsmacht in Ostdeutschland

OBS-Arbeitsheft 82

Silke Röbenack, Ingrid Artus

Betriebsräte im Aufbruch?

Vitalisierung betrieblicher Mitbestimmung in Ostdeutschland

OBS-Arbeitsheft 81* Bernd Gäbler

„... den Mächtigen unbequem sein“

Anspruch und Wirklichkeit der TV-Politikmagazine

OBS-Arbeitsheft 80* Wolfgang Merkel

Nur schöner Schein? Bank: IBAN: BIC:

HELABA Frankfurt/Main DE11 5005 0000 0090 5460 03 HELA DE FF

Für Spenden mit zweckgebundenem Verwendungszweck zur Förderung von Wissenschaft und Forschung zu den Schwerpunkten: • Angleichung der Arbeits- und Lebensverhältnisse in Ost- und Westdeutschland (einschließlich des Umweltschutzes) • Entwicklung demokratischer Arbeitsbeziehungen in Mittel- und Osteuropa • Verfolgung des Zieles der sozialen Gerechtigkeit Bank: IBAN: BIC:

HELABA Frankfurt/Main DE86 5005 0000 0090 5460 11 HELA DE FF

Geben Sie bitte Ihre vollständige Adresse auf dem Überweisungsträger an, damit wir Ihnen nach Eingang der Spende eine Spendenbescheinigung zusenden können. Oder bitten Sie in einem kurzen Schreiben an die Stiftung unter Angabe der Zahlungsmodalitäten um eine Spendenbescheinigung. Verwaltungsrat und Geschäftsführung der Otto Brenner Stiftung danken für die finanzielle Unterstützung und versichern, dass die Spenden ausschließlich für den gewünschten Verwendungszweck genutzt werden.

Demokratische Innovationen in Theorie und Praxis

OBS-Arbeitsheft 79*

Fabian Virchow, Tanja Thomas, Elke Grittmann

„Das Unwort erklärt die Untat“

Die Berichterstattung über die NSU-Morde – eine Medienkritik

OBS-Arbeitsheft 78*

Hans-Jürgen Arlt, Wolfgang Storz

Missbrauchte Politik

„Bild“ und „BamS“ im Bundestagswahlkampf 2013

OBS-Arbeitsheft 77*

Werner Rügemer, Elmar Wigand

Union-Busting in Deutschland

Die Bekämpfung von Betriebsräten und Gewerkschaften als professionelle Dienstleistung

* Printfassung leider vergriffen; Download weiterhin möglich. Diese und weitere Publikationen der OBS finden Sie unter www.otto-brenner-stiftung.de Otto Brenner Stiftung | Wilhelm-Leuschner-Straße 79 | D-60329 Frankfurt/Main


OBS-Arbeitsheft 87

OBS-Arbeitsheft 87

OBS-Arbeitsheft 87

Otto, Köhler, Baars – „Die Griechen provozieren!“

Otto Brenner Stiftung

„Die Griechen provozieren!“

Kim Otto, Andreas Köhler, Kristin Baars

„Die Griechen provozieren!“ Die öffentlich-rechtliche Berichterstattung über die griechische Staatschuldenkrise

www.otto-brenner-stiftung.de ­

Eine Studie der Otto Brenner Stiftung Frankfurt am Main 2016


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