www.oehboku.at | Sommer 20201
Wald
ÖH Vorsitz
Klimarettung
Borkenkäfer
Nach zwei Jahren im ÖH BOKU Vorsitz-Team.
Wie ein Industriezweig zum Klimaretter werden kann.
Freund oder Feind in den heimischen Wäldern?
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Weil ich meine Zukunft selbst in der Hand haben will.
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ÖH BOKU
ÖH Magazin | Sommer 2021
Inhalt & Editorial ÖH BOKU Vorsitz ............................................................................. 4 ÖH Wahlergebnisse 2021 .............................................. 6 Tipps zum Bienenschutz ................................................ 7 Die Euroleague for Life Sciences ................................... 8 TÜWI – was heißt das? ................................................. 10 Sexuelle Belästigung und die BOKU ........................... 12
Wald Klimarettung durch Holz .............................................. 14 Super, Holz! .................................................................. 17 Über Paulownia, Nachhaltigkeit und Surfboards ......... 18 Forstwirtschaft mal anders! .......................................... 19 Der Borkenkäfer, Freund oder Feind? ...........................20 Von flüsternden Bäumen und pfiffigen Pilzen ...............22 Trude Trautsich...............................................................24
“And into the forest I go, to lose my mind and find my soul” ― John Muir
Wald… was für ein vielseitiges Thema, das wir uns da vorgenommen haben. Ob Wald als Geldanlage, als Ort der Erholung oder als Schutz vor Naturereignissen. Jede*r von uns hat eine eigene Vorstellung was Wald ist. In dieser Ausgabe des ÖH Magazins wollen wir dir noch mehr Facetten des Waldes vorstellen. Hast du gewusst, dass Bäume über Wurzeln und Pilzen miteinander kommunizieren (S. 22)? Oder wie man mit Holz das Klima retten kann (S. 14) und was eigentlich Superholz ist (S. 17)? Außerdem findest du in dieser Ausgabe des ÖH Magazins spannende Interviews und Artikel zum Thema Borkenkäfer im Nationalpark Gesäuse (S. 20) und die Ansicht von einem dänischen Forstwirtschaftsstudent zum Thema Monokultur vs. Mischwald (S. 19). Übrigens: Wer nun deine Interessen die nächsten zwei Jahre vertreten darf, findest du bei den Wahlergebnissen der ÖH Wahl auf Seite 6. Wir verabschieden uns in den Sommer und wünschen dir viel Spaß beim Lesen!
Agnes Straßer Agnes Straßer Chefredakteurin
Das neue ÖH Magazin Abosystem!
Hochschüler*innenschaft an der Universität für Bodenkultur Wien (ÖH BOKU) Peter Jordan Straße 76, 1190 Wien (2. Stock)
Um unser aller Ressourcen zu schonen, gibt es jetzt ein Abosystem fürs ÖH Magazin! Nähere Infos zur Anmeldung gibts auf unsere Social Media Kanälen und im Newsletter.
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ÖH BOKU
Zwei Jahre ÖH Vorsitz Unsere Zeit im ÖH BOKU Vorsitz neigt sich dem Ende zu – es ist an der Zeit danke zu sagen! Autor*innen: Vorsitz-Team ÖH BOKU) / Fotos: Archiv der ÖH BOKU
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ach zwei Jahren im ÖH BOKU Vorsitz-Team neigt sich unsere Funktionsperiode dem Ende zu. Die vielen schönen Erinnerungen, umgesetzte Projekte, Seminare, Workshops und Erfahrungen aus diesen zwei Jahren wären ohne die zahlreichen ehrenamtlich in der ÖH BOKU engagierten Kolleg*innen nicht möglich gewesen! Auch wenn wir uns diese zwei Jahre anders vorgestellt hatten, waren sie mit ihren Herausforderungen einzigartig und es konnte trotz der besonderen Umstände viel für die Student*innen der BOKU erreicht und umgesetzt werden. Wir möchten nun unseren letzten Artikel im ÖH Magazin dazu nutzen, allen Personen in der ÖH BOKU danke zu sagen und einige Projekte der Referate und Studienvertretungen vor den Vorhang holen. Immer zu Semesterbeginn wurde gemeinsam mit dem Referat für Organisation und den Studienvertretungen das Erstesemestrigentutorium organisiert, um die Studienanfänger*innen der BOKU zusammenzubringen und gut in ihr Studium starten zu lassen. Auch wenn während der Pandemie die ansonsten zahlreichen Feste und Vernetzungsveranstaltungen nicht möglich waren, konnte trotzdem ein Programm für die Erstsemestrigen auf die Beine gestellt werden. Im Gegensatz zu Veranstaltungen bleibt auch viel Arbeit der ÖH im Verborgenen, ist dadurch aber nicht weniger wichtig! Die Mitarbeit in den Fachstudien-Ar-
Timon Kalchmayr
Christina Seiringer
Johannes Schützenhofer
Lebensmittelu. -Biotechnologie
Agrarwissenschaften
Kulturtechnik u. Wasserwirtschaft
beitsgruppen bei der Curriculagestaltung, das Engagement im Senat zur Verbesserung der Studienbedingungen, das Kämpfen gegen Diskriminierung im Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen, aber auch zahlreiche Diskussionen in der Universitätsvertretung und in Arbeitsgruppen – all das erfordert Zeit, Know-How und Einsatz vieler Kolleg*innen, die sich tagtäglich für alle Studierenden an der BOKU einsetzen! Auch in den Referaten der ÖH BOKU werden laufend tolle Projekte umgesetzt, wie zum Beispiel die Mental-Health Workshops, Queere Tage, die Frauenwoche, Veranstaltungen zu Kunst und Kultur oder das umfangreiche Sportkursangebot. Während dem Lockdown war das alles zwar nur digital möglich, aber dennoch konnte einiges geboten werden! Bedingt durch die Corona-Pandemie kam es zu einigen Änderungen in der -4-
Lehre. Hier wurde durch die Kolleg*innen der Studienvertretung und der Referate nicht nur zahlreiche Beratungen für Studierende durchgeführt, sondern auch Probleme im Distance Learning gesammelt, damit wir uns anschließend gegenüber der BOKU für Verbesserungen einsetzen konnten. Auch ein Härtefonds für Studierende mit Einkommenseinbußen durch die Pandemie konnte eingerichtet werden, um Personen in finanziellen Schwierigkeiten unterstützen zu können. All die genannten Projekte und Tätigkeiten konnten nur durch die tatkräftige Unterstützung und das unglaubliche Engagement von mehr als 200 Ehrenamtlichen in der ÖH BOKU umgesetzt werden! Die ÖH BOKU ist das was ihr daraus gemacht habt - und wir finden sie ist großartig! Danke für euer Engagement! Alles Liebe, Johannes, Christina und Timon
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Erinnerungen aus zwei Jahren ÖH Arbeit
Weiterbildung
Demonstration gegen die UG Novelle
Universitätsvertretung
Vertretungswerkstatt 2019
Podiumsdiskussion zur ÖH Wahl
BOKU Ball Eröffnung
Eröffnung des neuen Gebäudes
Ersti Sackerl Kontakt Hochschüler*innenschaft an der Universität für Bodenkultur Wien (ÖH BOKU) Peter-Jordan-Straße 76, 1190 Wien (2. Stock) Tel.: +43/1/47654-19100 Mail: vorsitz@oehboku.at Erfahre mehr über die ÖH BOKU facebook.com/oehboku twitter.com/oehboku instagram.com/oehboku oehboku.at
ÖH bei der BOKU Klausur Lehre
Erstsemestrigentutorium
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ÖH BOKU
Ergebnisse der ÖH Wahl 2021 Alle zwei Jahre werden alle Ebenen der ÖH von den Studierenden neu gewählt. Dieses Jahr fand die ÖH Wahl von 18.-21. Mai 2021 statt. Hier findest du die Ergebnisse. Autor: Timon Kalchmayr (Vorsitz-Team ÖH BOKU)
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ei der ÖH Wahl 2021 nutzten auf der BOKU 2202 Studierende ihr Wahlrecht, was einer Wahlbeteiligung von 24,05% entspricht. Wir möchten uns herzlich bei allen bedanken, die wählen gegangen sind! Gewählt wurde auf drei
Ebenen: Studienvertretung, Universitätsvertretung und Bundesvertretung. Für die Universitätsvertretung an der BOKU gibt es 11 Mandate zu vergeben. Die Ergebnisse im Detail:
FL BOKU Bagru*GRAS*boku AG-BOKU VSStÖ KSV-KJÖ JUNOS Studierende
38,69 % 27,15 % 16,71 % 10,53 % 3,71 % 3,21 %
5 Mandate 3 Mandate 2 Mandate 1 Mandat Kein Mandat Kein Mandat
Mandate Universitätsvertretung 2021-2023
1 2
1
FL BOKU FL BOKU bagru*GRAS*boku bagru*GRAS*boku
2
5
5
AG-BOKU AG-BOKU VSStÖ VSStÖ
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Wer für die Studienvertretungen gewählt wurde findest du in der Verlautbarung, die wir in der Info-Box verlinkt haben.
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Verlautbarung der BOKU Wahlergebnisse (Download): https://t1p.de/a7vo
Mandate Bundesvertretung 2021-2023 VSStÖ VSStÖ
2 21 2 21 6 6
6
14 14
AG AG JUNOS JUNOS
6 12 12
GRAS GRAS
FLÖFLÖ 12 12
KSV KSV LiLi LiLi KSV KSV - KJÖ - KJÖ RFS RFS
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Wahlergebnisse für die Bundesvertretung und alle anderen Hochschulen findest du hier: https://wahlergebnisse2021. oeh.ac.at
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Tipps zum Bienenschutz „Wenn 73% der Wildbienen verschwinden, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben!“ - Albert Einstein Autorin: Eva Hütter / Foto: Meyer
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ass die Bienen immer weniger werden, aber eigentlich besonders schützenswert sind (zwecks Bestäubung, Essen, etc.) habt ihr wahrscheinlich schon mitbekommen. Diese Info bekommt ihr bei Zoomvorlesungen, durch die Imkercommunity eures Vertrauens, eine furchteinflößende Überschrift in einer Gratiszeitung oder die „Bienenfreundlich-“Aufdrucke (Achtung, meist „Beewashing“ !) auf vielen Lebensmitteln. Durch die Welt zu gehen, ohne mitzubekommen, dass es hier ein Problem gibt, ist also sehr schwer. Nichts gegen die Missstände zu tun hingegen sehr einfach. Dabei können wir alle relativ einfach einen Beitrag zum Bienenschutz leisten:
3 Tipps wie ihr ganz einfach etwas zum Bienenschutz tun könnt 1. Bienen Nahrung bieten Einfach ist, das, was schon da ist, zu verwenden: Sprich die Wiese vor der Haustüre nicht gleich beim ersten Wachstum in einen englischen Stoppelrasen verwandeln, sondern höher wachsen lassen und sich an den Bienen erfreuen, die die ersten Blüten besuchen. Das gleiche gilt für diverse Kräuter auf Balkon und Fensterbank: lässt man sie blühen, ist es ein attraktives Angebot. 2. Der asiatischen Mörtelbiene auf der Spur sein Die asiatische Mörtelbiene ist die erste eingeschleppte Wildbiene Europas und sie breitet sich gerade rasant aus.Besonders gerne hält sie sich in
sogenannten „Insektenhotels“ auf, da sie für ihre Nachkommen die Hohlräume im Totholz (bzw. im Insektenhotel die vorgefertigten Löcher) benötigt. Bei der Nahrungssuche ist sie vor allem auf exotischen Pflanzen anzutreffen, welche bei uns zu Zierzwecken wachsen. Dazu zählen der japanische Schnurbaum, Lavendel und Blauregen. Es wurde auch schon beobachtet, dass die asiatische Mörtelbiene Nester heimischer Wildbienen ausräumt. Aufgrund dieses aggressiven Verhaltens wurde sie als invasive Art eingestuft. Um die Ausbreitung und die Konsequenzen fürs Ökosystem zu erforschen, brauchen wir unbedingt DEINE Hilfe! Schau im Sommer einfach, ob du sie siehst, und melde uns deine Sichtung(en).
tern, Freund*innen, Tinder-Dates und Co. überzeugen, mitzuforschen – Je mehr, desto besser!) 3. Schreibe eine Arbeit zum Thema Wildbienen Bist du vielleicht sowieso gerade auf der Suche nach einem Thema für die Bachelor- oder Masterarbeit? Dann schreib doch bei uns am Institut für Integrative Naturschutzforschung eine Arbeit zum Thema Wildbienen! Tritt dafür einfach mit uns über die angegebene Email-Adresse in Kontakt.
Genaue Infos zur Bestimmung findest du auf unserer Homepage und Instagram. (Sichtungen kann übrigens jede Person melden, denn es ist ein Citizen Science Projekt! Du kannst also gerne auch deine El-
Quellen: 1Frei erfundenes, mit einprägsamer Prozentzahl, falsch zugeordnetes Zitat, um eure Aufmerksamkeit zu erregen | 2 Eine Form von Greenwashing, bei der ein Produkt, eine Dienstleistung oder eine Organisation als "bienenfreundlicher" beworben wird, als es tatsächlich ist (Definition: https://www.bee-washing.com/)
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Die Euroleague for Life Sciences Prag, Hohenheim, Wien, Kopenhagen, Wageningen, Uppsala und Warschau. Was haben diese Städte gemeinsam? – Richtig! Sie beheimaten alle eine der führenden Universitäten im Bereich Life Sciences und bilden gemeinsam das Netzwerk Euroleague for Life Sciences (ELLS). Autorinnen: Nora Korp, Sarah Sperrer / Fotos: Euroleague for Life Sciences, Warsaw University of Life Sciences - SGGW
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ieses Netzwerk bietet Student*innen die Möglichkeit internationale Erfahrung zu sammeln und Kolleg*innen aus aller Welt bei einem der ELLS Master Programme, der Summer Schools, der Research Internships oder bei der Scientific Student Conference kennen zu lernen. Welche unterschiedlichen ELLS Programme es gibt und wie du dich dafür bewerben kannst erfährst du hier!
Die ELLS Scientific Student Conference (SSC) Die SSC findet jedes Jahr an einer der ELLS Partneruniversitäten statt und bietet Studierenden die Möglichkeit ihre Bachelor- oder Masterarbeiten zu präsentieren. Letztes Jahr hatte die BOKU die Ehre, die erste online Version der SSC zu veranstalten. Mit einer virtuellen Konferenzplattform, die die Gebäude der BOKU widergespiegelt hat, konnten sich Teilnehmende miteinander austauschen, verschiedene Räume betreten, den Präsentationen zuhören und sogar eine Schnitzeljagd machen. Trotz neuem Terrain und viel Aufwand haben wir eine sehr erfolgreiche SSC abhalten können. Die Begeisterung war von allen Seiten groß. BOKU Rektor Hubert Hasenauer meinte sogar, es wäre die beste Online-Konferenz gewesen, an der er je teilgenommen hätte. Das freut uns als Mitorganisatorinnen besonders. Es haben 269 Personen an der Konferenz aktiv teilgenommen, wovon
77 Personen ihre Arbeit über Poster oder PowerPoint Präsentationen vorgestellt haben. Von den 21 verliehenen Preisen gingen satte 8 an BOKU-Studierende. Herzliche Gratulation! Wir freuen uns mit den Gewinner*innen! Nun wurde hoffentlich eure Neugier und euer Ehrgeiz geweckt, denn die Scientific Student Conference findet jedes Jahr statt. Heuer wird die Naturwissenschaftliche Universität Warschau (SGGW) die SSC 2021 organisieren, auch dieses Jahr im online Format. Das breitgefächerte Thema „Green (r)evolution: from molecules to ecosystems“ lädt Studierende aus allen Disziplinen ein, ihre Projekte vorzustellen. Je nach Thema wird die Präsentation in eines der Subthemes – Molecule, Organism, Community und Ecosystem eingeteilt. Die BOKU lädt alle Studierende herzlich ein, an der SSC teilzunehmen, zuzuhören oder zu präsentieren. Es wird Möglichkeiten zum Netzwerken geben, ihr könnt Einblick in die verschiedenen Forschungsprojekte in Warschau bekommen und gleichzeitig seht ihr viele spannende Beiträge von euren internationalen Kommiliton*innen. Die Frist für die Abstract Einreichung endet bald. Darum: be fast!
Weitere ELLS Programme Wenn du neben der SSC gerne weitere internationale Erfahrung sammeln möchtest und du gemeinsam mit Kolleg*innen aus dem Life Scien-8-
ce Bereich an Lösungen für aktuelle globale Herausforderungen arbeiten und dich austauschen möchtest, bietet das ELLS Netzwerk auch Summer Schools, Case Study Competitions, Research Internships und Master Programme an! NEWS! - Neben den bereits bestehenden internationalen ELLS Master Programmen · EnvEuro - Environmental Science in Europe · NARMEE - Natural Resources Manag ement and Ecological Engineering · Safety in The Food Chain · EUR-Organic - Organic Agriculture and Food Systems · Animal Breeding and Genetics wird ein neues ELLS Master Programm als Kooperation der ELLS Universitäten SLU und BOKU und 4 weiteren führenden europäischen Universitäten im naturwissenschaftlichen Bereich in Frankreich, Ungarn, Spanien und Italien angeboten, nämlich: emPLANT+ Das Programm bietet allen Studenten*innen, die sich für Pflanzenzucht interessieren, eine hervorragende wissenschaftliche Ausbildung in Kombination mit Management, Recht, Sprachen und Soft Skills, welche in diesem Bereich von der Saatgutindustrie und den Forschungsinstituten benötigt wird. Bewirb dich rechtzeitig und sichere dir deinen Studienplatz! Weiter Informationen zum Joint Master Degree findest du unter: https://emplant-master.eu/
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ELLS Scientific Student Conference 2021
Green
(r)evolution
from molecules to ecosystems ONLINE EDITION
19-20 November
HOSTED BY:
WARSAW UNIVERSITY OF LIFE SCIENCES SGGW MORE INFORMATION:
www.ells2021.sggw.edu.pl
Deadline for Abstract Submission: 18th of June 2021
Member Universities
Make your summer special & study ELLSwhere! Mit ELLS kannst du auch im Sommer ECTS in einer außergewöhnlichen Umgebung verdienen, dein theoretisch erlerntes Wissen mit praktischen Übungen kombinieren, Student*innen aus der ganzen Welt kennenlernen und soziale Aktivitäten in einer offenen, vielfältigen und neuen Umgebung genießen. Dafür bieten die ELLS Universitäten, verschiedene Summer Schools in den Bereichen Agriculture and Soil Science, Landscape Planning
Partner Universities
and Architecture, Environmental Management and Economy, Food Science and Animal Science und eine jährliche Case Study Competition (CSC) zu aktuellen naturwissenschaftlichen Themengebieten. Oder du möchtest nun endlich dein theoretisches Wissen in die Praxis umsetzen? Dann bewirb dich für eine der ELLS Research Internships. Derzeit werden diese als Pilotversuch an der Universität für Hohenheim angeboten – bei Erfolg aber mit Sicherheit auf weitere ELLS Universitäten ausgeweitet. Weitere Infos zu allen ELLS Program-9-
men findest du auf der ELLS homepage: https://www.euroleague-study.org/en
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TÜWI – was heißt das? Autor: Moritz Suchentrunk
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iese vermeintlich simple Frage wird in regelmäßigen Abständen, sowohl von Leuten gestellt, die zum ersten Mal vom TÜWI hören oder ihn gar betreten, als auch von langjährigen Vereinsmitgliedern, die sie an sich selbst und ihre Kolleg*innen richten. Aber wie beantworten? Ist es mit einem bloßen „TürkenWIrt“ getan? Oder doch lieber mit Blick auf die Geschichte – also ganz von Anfang an? Aber wo beginnt der Anfang? 1985 – mit der Gründung des alten Vereins? Oder am 5. Mai 1996 – als der TÜWI neu gegründet wurde? Hat das überhaupt noch Relevanz? Haben wir uns nicht seither in etwas völlig anderes verwandelt? Wen interessierts überhaupt? „Hauptsache ich kann billig Bier trinken!“ höre ich manche Stimme aus dem Off verkünden. „He, das Bier ist aber gar nicht mehr so billig wie früher!“ „Dann trink halt ´ne Mate...“ „Mit Vodka?“ „Vodka gibts nicht.“ „Das TÜWI is auch nicht mehr das was es war!“ „Aber was war es denn? Und was ist es jetzt?“ „Ich glaub wir drehen uns im Kreis. Mir wird schwindlig – ich leg mich jetzt hin.“ „Kann ich vorher noch ein Wegbier haben?!“ „Na gut, LETZTE RUNDE!!!“ Zu unserer Freude und unserem Leidwesen gleichermaßen, ist unsere kollektive Existenz eng verknüpft mit dem Beisl und dem – der Natur der Sache innewohnenden – hochfrequenten Alkoholkonsum. Unzähligen Menschen hat diese Tatsache unzählige lustige Abende und billige Räusche beschert. Die Schattenseiten wie ständig vollgekotzte Klos und Alkoholismus wurden oft verdrängt und ausgespart (was im
Übrigen ja auch ein Effekt vom Saufen ist – nur schreibe ich hier nicht von der individuellen Ebene). Bis heute ranken sich Geschichten darum, dass früher einige Leute aus Ekel nie auf dem TÜWI- Klo waren. Doch TÜWI allein auf Parties, Konzerte oder auch nur eine ranzige Kneipe zu reduzieren, wäre verkürzt und würde dem Anspruch nicht gerecht, den zumindest manche von Zeit zu Zeit noch mitbringen. „Hä?! Anspruch? Glaubst du bist was besseres?“ „I hob a ‚An Spruch‘ für di: GEH IN OASCH, GSTUDIERDER!“ „Ok, es reicht. SPERRSTUNDE!!!“ Vor allem die Situation im ‚TÜWItainer‘, während des Umbaus und danach, in dem Desaster eines neuen Gebäudes, die beide im Vergleich zu unserem alten Zuhause bisher nur in sehr eingeschränktem Maße Veranstaltungen erlaubten, führte zu einer Verlagerung der Prioritäten unseres Vereinslokals. Mehr und mehr Menschen kamen unter Tags und vor allem fürs Mittagessen und zum Einkaufen in den Hofladen. Auch die Qualität - 10 -
hat sich in diesen Bereichen enorm verbessert, wie uns regelmäßig von Gästen, die die alten Zeiten noch kennen bestätigt wird. Gleichzeitig wurde jedoch aufgrund des Wegfallens der Veranstaltungen unser Schuldenberg immer größer. Vieles was früher ohne weiteres aufgrund höherer Einnahmen mitgetragen werden konnte, war plötzlich nicht mehr leistbar. Als nicht-gewinnorientiertes Vereinsunternehmen stecken wir nach wie vor allen Überschuss in diverse Projekte, aber wenn weniger übrigbleibt, fallen die Möglichkeiten auch geringer aus. Das Anpassen der Preise und der Ausbau unseres Tagesbetriebs haben uns vor dem Schlimmsten bewahrt, doch auch darum sollte es im Kern der Sache doch eigentlich nicht gehen. Dann hätten wir ja nur ein kommerzielles Konzept gegen ein anderes getauscht auf dessen Grundlage wir uns konstituieren. „Also so darfst du das auch nicht sehen. Wir haben ja gerade mit und auf unseren Parties politische Botschaften mittransportiert und Zeichen gesetzt.“ „Und in gewisser Weise tun wir das ja
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auch immer noch mit dem Hofladen, vor allem, wenns um Ernährungssouveränität und Nachhaltigkeit geht.“ „Ja stimmt schon. Aber trotzdem muss es doch noch mehr geben, was uns ausmacht oder?“ „Na klar – die Leute, oder?“ Der TÜWI hat schon immer von den Menschen gelebt, die sich im Verein engagieren und etwas mehr geben wollen als sie sich rausnehmen. Ob es jetzt die Herausbildung eines eigenen Hofladens ist, das Verfeinern unserer basisdemokratischen Skills im Rahmen von Workshops, das Organisieren des Kulturprogramms, oder einfach nur die Verschönerung der Räumlich-
keiten. Umgekehrt ist damit aber auch die Ausgestaltung dessen, was der Verein darstellt, von diesen Personen abhängig. Umso trauriger ist es daher auch, dass uns aufgrund der Veränderung der Lebensverhältnisse (zum Glück oft aus dem Prekariat heraus), nur wenige auf lange Frist als aktive Mitglieder erhalten bleiben. Und damit sind wir auch schon mittendrin in der Kapitalismuskritik und den Abgründen der symptomatischen Selbstausbeutung linker Kollektive (oder wären wir, wenns nicht schon so spät wäre und langsam die Konzentration flöten geht). Ok, ein After-Work-Bier trink ich noch. Ihr auch?“
„Klar!“ „Wer hat Lust auf Käsetoast? Ich mach uns noch welche.“ „Geil! Ich kümmer mich um Musik!“ „Und ich um den Rest!“ Jedenfalls war der TÜWI schon immer ein Ort, der offen für Selbstversuche war und Möglichkeiten für alle bot, sich auszuprobieren. Insofern war es seit jeher vor allem dieses organische Moment, das sich dauernd Verändernde – sich neu Erfindende – das im Zentrum unserer Vereinsarbeit steht und den Kunstgriff vollbringt, sich dem konstanten Zwang einer Kategorisierung zu verwehen. Stets war das Erscheinungsbild geprägt vom jeweiligen Fokus der gebündelten individuellen Perspektiven und leider manchmal auch von seinem Fehlen. Denn nicht selten wurde über vieles einfach hinweggesehen, manche Konflikte und Problematiken einfach verdrängt. Versuche einer Bearbeitung, oder der Verbesserung Vereins-interner Strukturen aus denen oft Unstimmigkeiten erwachsen, scheiterten zumeist, oder verliefen im Sand. Oft auch wegen des Wegfallens engagierter Mitglieder. Umso mehr aufgrund der Krise des letzten Jahres. „Also denkst du, TÜWI ist ein gescheitertes Projekt?“ „Nein, das würd ich so nicht sagen.“ „Vielleicht ist ja genau dieses Scheitern das was uns ausmacht. Sozusagen unsere einzige Konstante.“ „Naja das und Michi vielleicht.“ Tja und so sitz ich jetzt hier und diskutiere, statt mit richtigen Menschen, mit den Stimmen in meinem Kopf, ohne recht vom Fleck zu kommen. Ach, wie ich die Afterhours im TÜWI vermisse...
Kontakt https://tuewi.action.at/
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Sexuelle Belästigung und die BOKU Sexuelle Belästigung ist selten ein Thema, über das laut geredet wird. Angesichts des aktuellen Fellner-Prozesses möchte ich die Aktualität nutzen, um darauf aufmerksam zu machen, dass dieses Problem auch an der BOKU existiert. Autor*innen: Anonym / Illustration: vectorjuice / Freepik
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ein Bezug zur BOKU sind ziemlich genau die letzten 10 Jahre, und zwar als Studierende und schlussendlich als Mitarbeiterin in Forschung und Lehre. Insgesamt habe ich mich hier immer wohl gefühlt. Der Umgang war grundlegend respektvoll und meistens freundlich, so habe ich die BOKU in Erinnerung. Was nicht in dieses Bild passt, ist die Erinnerung an meinen damaligen Vorgesetzten und Dissertations-Betreuer, der mich gefragt hat, ob ich mit ihm ins Bett gehen würde. Mal davon abgesehen, dass der Mann verheiratet ist und kleine Kinder zuhause hat. Es kommt aufgrund der Konstellation Vorgesetzter – Mitarbeiterin zu einem potenziell gefährlichen Machtgefälle, was die Situation auch so kompliziert und vielschichtig macht. Der Gesetzgeber macht hier klar, dass sexuelle Belästigung ein Angriff auf die Menschenwürde ist. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist im Gleichbehandlungsgesetz definiert und schließt eine ganze Bandbreite von Handlungen mit ein. Der Interpretationsspielraum ist groß, denn diese Art von Belästigung beginnt dort, wo sich die betroffene Person unwohl bzw. eingeschränkt fühlt, und ist daher höchst subjektiv. Man kann sagen, ich hatte „Glück“. Denn es ist nur bei der Frage geblieben, es ist nicht mehr passiert. Stimmt grundsätzlich. Aber selbst das gilt als sexuelle Belästigung und ist ein klares No-Go. Was das Thema so schwierig macht, ist die Bandbreite an Handlungen, die hier zusammengefasst wer-
den. Sei es eine Frage, eine lüsterne Aussage, Blicke. Aber auch die Hand am Hintern, zufällige Berührungen bis hin zu Vergewaltigung. Das alles ist sexuelle Belästigung, und der Großteil aller Frauen hat schon einschlägige Erfahrungen gemacht. Oft genug wird so etwas auch als harmloser Alltagssexismus abgetan, als etwas, mit dem man eben leben müsste. Weil „Boys will be boys“, daran ist anscheinend nicht zu rütteln. Und dann liest man im April von 13 Frauenmorden alleine dieses Jahr, von denen in den Zeitungen als „Beziehungstaten“ geschrieben wird. Diese passive Berichterstattung, das Herunterspielen eines Mordes, verschleiert die Realität und bringt den Fokus weg vom Täter und hin zum Opfer. Richtig wäre, direkt zu benennen, was passiert ist. Ein Mann hat eine Frau ermordet. Durch die passive Formulierung, der Frau wäre etwas passiert, fällt die Tatsache, dass es auch eine ausführende Person gibt, unter den Tisch. Der Ursprung ist der gleiche, das Resultat ein anderes. Ich will darauf hinaus, dass es System hat. Frauen werden tendenziell anders behandelt als Männer, werden nicht so ernst genommen, belächelt, unterbrochen oder erst gar nicht gehört. Oft sind diese Dinge sehr subtil, dass sie gar nicht richtig auffallen, wenn man nicht ganz bewusst hinsieht. Immerhin sind wir auch sehr daran gewöhnt. Worauf ich eigentlich hinaus wollte, ist, dass sexuelle Belästigung viele Gesichter hat. Das macht es auch so schwierig, nicht gar zu verallge- 12 -
meinernd damit umzugehen. Meine erste Assoziation, wenn ich diese Worte höre, ist ein traumatisierendes, angsteinflößendes Ereignis. Deswegen war es für mich auch seltsam, warum es mich so unfassbar wütend machte, dass mein Vorgesetzter mir diese Frage stellte. Es hat mich nicht verletzt oder traumatisiert, Angst gemacht hat er mir auch nicht. Es wurde mir körperlich nichts aufgezwungen, was ich nicht wollte, und trotzdem hatte ich ziemliche Probleme, wie ich mit dem Vorfall umgehen sollte. Zwei Wochen später entschuldigte er sich dann bei mir für den Vorfall. Es sei dumm und falsch gewesen. Und immerhin gehe es ihm ja jetzt sicher schlechter als mir, er könne nicht einmal schlafen, so peinlich sei ihm das alles. Das machte mich noch wütender, als ich ohnehin schon war. Jetzt sollte ich auch noch Mitleid haben, weil er nicht weiß, wo die Grenzen sind? Die Selbstverständlichkeit, mit der hier von mir Rücksichtnahme und Verständnis gefordert wurde, empfand ich als Frechheit. Ich sollte so nett sein und so tun, als hätte er mich und meinen Körper nicht sexuell objektifiziert. Hat er aber, und diese Tatsache hat jeglichen Respekt, den ich für den Mann hatte, ausradiert. Das Gute ist, dass es mittlerweile in den meisten größeren Institutionen Ansprechpersonen für Anliegen der Ungleichbehandlung gibt. An der BOKU gibt’s das Referat für Gleichbehandlungsfragen. Das sind einige Frauen aus unterschiedlichen
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Funktionen und Fachbereichen von der BOKU, die sich um das Thema Gleichbehandlung kümmern. Egal ob ihr jemanden zum Reden braucht und eure Geschichte einfach wo deponiert wissen wollt, oder ob ihr bei konkreten Handlungsschritten Hilfe braucht – das ist eure Anlaufstelle. Selbst wenn ihr noch nicht wisst, ob ihr überhaupt Schritte einleiten wollt oder welche Optionen es überhaupt gibt, diese Frauen werden euch da durch- begleiten. Da die ganze Angelegenheit aber anonym und freiwillig passiert, ist es wirklich eure Entscheidung, ob etwas gemacht wird oder nicht, und ihr werdet zu nichts gedrängt. Zu den Optionen zählt ein klärendes Gespräch mit allen Parteien, als Mediation. Oder es wird einfach nur der Vorfall aufgenommen, der betreffende Name wäre bei Wiederholung also schon aktenkundig – was die Handha-
be für weitere Schritte deutlich vereinfachen würde. Denn kommt so etwas wiederholt vor, wird anders vorgegangen als bei einem Einzelfall, und die Konsequenzen werden härter. Zusätzlich gibt es auch Schulungen zum Thema Gleichbehandlung, Mitarbeiterführung und Fürsorgepflichten von Vorgesetzten etc., um die Aufmerksamkeit auf das Thema zu richten. Ich hatte mein Dienstverhältnis schon beendet, als ich die weiteren Schritte über das Referat für Gleichbehandlungsfragen eingeleitet habe. Das hatte verschiedene Gründe. Ich habe lange nichts gemacht, weil ich dachte, es könnte negative Auswirkungen haben. Die hatte es aber so oder so. Wenn Dinge nicht besprochen werden, können sie auch nicht gelöst werden. Mir hat es schlussendlich gutgetan, das Thema auch von offizieller Seite her nicht unter den Tisch fallen zu lassen. - 13 -
Es gab ein ausführliches Gespräch, und er bekam nachträglich eine Verwarnung sowie eine Schulung, um so etwas in Zukunft hoffentlich zu vermeiden. Es gibt also Dinge, die man tun kann. Der erste und wichtigste Schritt ist, den Mund aufzumachen. Hört Freundinnen, Schwestern, Frauen im Allgemeinen einfach zu und stellt nicht als erstes infrage, ob es stimmt, was sie euch sagen, sondern versucht einfach zu verstehen, dass diese Frau da dir gegenüber ziemlich sicher ordentlich Mut aufbringen musste, um die Worte auch wirklich zu sagen. Kontakt https://www.arbeiterkammer. at/sexuelle-belaestigung
Wald
Wie ein Industriezweig zum Klimaretter werden kann Ein Gedankenexperiment zur Nutzung nachwachsender Rohstoffe Autor: Richard Fitzthum Mitautor: Stefan Ebner / Fotos: Freepik.com
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m³ Holz bindet 1 Tonne CO2. Diese etwas saloppe Aussage dürfte jeder und jedem Studierenden auf der BOKU wahrscheinlich bekannt sein. Natürlich bindet Holz eigentlich kein CO2 sondern Kohlenstoff – aber zur Synthese von 1 m³ Holz im Zuge der Photosynthese muss ein Baum rund 1 Tonne CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen. Bäume sind also das wohl einfachste und effizienteste CO2 Filtergerät, welches wir aktuell, und vermutlich auch in naher Zukunft, haben. Der Haken an der Sache ist, dass dieses aus der Atmosphäre entfernte CO2 im Zuge der Verbrennung von Holz wieder in die Atmosphäre zurückgegeben wird. Dasselbe passiert auch beim Abbau der Holzmasse im Wald durch Destruenten. Damit wird klar, dass die CO2 Bilanz von außer Nutzung gestellten Wäldern grundsätzlich nicht besser ist als jene von unter Nutzung stehenden Wirtschaftswäldern. Ganz im Gegenteil, langfristig gesehen haben „Urwälder“ eine CO2 Bilanz von 0.
Wie kann also die Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen wie Holz eine positive Wirkung auf unser Klima haben? Die Antwort ist recht einfach – es geht um den „Stock“ – also um die Speicherwirkung von sich im Umlauf befindlichem Holz. Wie kann man sich das alles vorstellen? Wir haben seit dem Jahr 1850 ca. 2400 Gigatonnen CO2 in die Atmosphäre ausgestoßen [1]. Diese sind, unter anderem, für die aktuell herrschende Klimakrise verantwortlich. Kohlenstoff, der in Form von Erdöl, Erdgas und Kohle in der Erdkruste gebunden war, wurde von der Menschheit in den letzten knapp 200 Jahren verbrannt
und damit der Atmosphäre in Form von CO2 zugeführt. Wenn wir die Klimakrise also bewältigen wollen, müssen wir einerseits unseren CO2 Ausstoß stark verringern oder/und CO2 wieder aus der Atmosphäre entfernen und in einen langfristigen CO2-Speicher überführen. Holz ist so ein Speicher und Bäume übernehmen für uns die Arbeit der Umwandlung von CO2 in das Speichermedium. Wie können wir aber einen derartigen Holzspeicher aufbauen?
Grundsätzlich könnte man die immer wieder diskutierte Maßnahme der großflächigen Aufforstung von Nichtwaldflächen in Betracht ziehen. Wir können eine kurze (sehr vereinfachte) überschlagsmäßige Berechnung durchführen wie viel wir aufforsten müssten, um die gesamten von uns ausgestoßenen Mengen an CO2 (2400 Gigatonnen) wieder im zusätzlichen Speicher Wald zu binden: - 14 -
Annahmen: 337 VFm/ha mittleres Holzvolumen eines österreichischen Waldbestandes [2]; 1m³ Holzmasse = 1 Tonne CO2; globale Waldfläche aktuell = 4 058,1 Mio ha [3] Damit wären zusätzlich 2400 Gigatonnen CO2 (337 VFm/ha*1 Tonne CO2/m3 Holz = 7121,66 Mio ha globale Waldfläche notwendig, damit die gesamte von uns ausgestoßene CO2 Menge im Speicher Wald gebunden werden könnte. Das sind ist etwa das 1,75-fache der aktuellen global vorhandenen Waldfläche! Dabei müsste wohl selbst die Umsetzbarkeit einer 25%igen Erhöhung der globalen Waldfläche in Frage gestellt werden. Und die Zeitspanne, die ein Wald braucht, um einen solchen Holzvorrat aufzubauen, ist dabei noch gar nicht berücksichtigt. Von der dazu benötigten Dauer will ich hier noch gar nicht reden.
Eine weitere mögliche Speichermaßnahme wäre die vermehrte Verwendung von Holzprodukten. Denn es macht für die langfristige Kohlenstoffspeicherung keinen Unterschied, ob dieser in Bäumen oder in verarbeiteten Holzprodukten steckt. Man stelle sich vereinfacht vor, jedes Gebäude und jedes Fahrzeug auf dieser Erde würde zu 50% aus Holz bestehen. Das wäre eine Riesenmenge an Holz und damit an gebundenen Kohlenstoff, der da weltweit an der Erdoberfläche „herumliegenherumstehen und herumfahren“ würde. Synthetisiert wäre dieser gebundene Kohlenstoff im Holz irgendwann aus CO2 aus der Atmosphäre geworden. Weiters würden wir damit große globale CO2 Emittenten wie die Zementproduktion Zement- oder die Stahlproduktion einbremsen können.
Wald
Mit der Verwendung von Holzprodukten können wir also „zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen“. Grundvoraussetzung dafür ist natürlich eine nachhaltige Nutzung des Rohstoffes Holz, was bedeutet, dass in einer Zeitperiode nicht mehr Holz entnommen werden darf als in derselben Zeitperiode nachwächst. Wieder können wir eine sehr einfache und überschlagsmäßige Berechnung zur Veranschaulichung durchführen: Annahmen: 2 800 Mio. Tonnen CO2 Emissionen/Jahr weltweit durch Zementproduktion [4]; 36 441 Mio. Tonnen Emissionen/Jahr weltweit gesamt [5] Die vereinfachte Berechnung zur Ermittlung des zukünftigenaktuellen CO2 „Stocks“ in der Atmosphäre beginnend bei 2400 Gigatonnen: x(i) = CO2 „Stock“ in Atmosphäre in bestimmtem Jahr x(i-1) = CO2“ „Stock“ in Atmosphäre des vorherigen Jahres c = CO2 Emissionen/Jahr weltweit ohne Zementproduktion (eine jährliche Verringerung um 10% lt. EU-Ziel ist miteinberechnet lt. EU-Ziel [6]) e = CO2 Emissionen/Jahr durch Zementproduktion v = Anteil der Verdrängung Substitution von Beton durch Holz w = Waldfläche global gesamt n = Anteil Ertragswald an der gesamtenr Waldfläche z = Zuwachs in VFm / ha und Jahr a = Ausbeute nutzbares Holz aus VFm k = Anteil des jährlichen nutzbaren Holzes, das jährlich verbrannt wird (zur Berechnung des Netto-Zuwachses des „Holz-Stocks“) x(i)=x(i-1)+c+(e*(1-v))-(w*n*z*a*(1-k)) Als veränderbare Entscheidungsvariablen setzen wir dabei v, n, z, a und k. Da wir wissen wollen, welches Potential ein Kohlenstoffspeicher durch Holzprodukte hat, werden wir nun sehr optimistische Werte für die Entscheidungsvariablen wählen – und zwar: v = 0.75, n = 0.9, z = 20, a = 0.85, k = 0.1 Simuliert man die Entwicklung mit
diesen statischen Werten, und durch Verwendung dieser sehr vereinfachten Berechnung zum Beispiel mithilfe eines Python-Codes, dann können die 2400 Gigatonnen CO2 in nur 51 Jahren vollständig im langfristigen Speicher Holzprodukte in Form von Kohlenstoff Holzprodukten gebunden werden. Das heißt nicht nur, dass wir damit eine Klimakatastrophe verhindern können, sondern dass in 51 Jahren die CO2 Konzentration in der Atmosphäre auf vorindustriellem Niveau (Jahr 1850) liegen würde. Oder anders gedacht: wir könnten damit vielleicht auch eine Klimakatastrophe wahrscheinlich recht leicht vermeiden, wenn das Ziel der jährlichen Reduktion des CO2 Ausstoßes um 10% nicht erreicht wird.
Abbildung 2: Entwicklung der gegenüber dem Jahr 1850 erhöhten CO2-Konzentration in der Atmosphäre bei ausbleibender Forcierung der Nutzung nachwachsender Rohstoffe wie Holz (stark vereinfacht) y-Achse: menschengemachter CO2 „Stock“ in Teratonnen; x-Achse: Jahre ab heute (0)
Zum Abschluss eine eher moderate Einschätzung: v = 0.5, n = 0.7, z=10, a=0.7, k=0.5 Mit diesen Entscheidungsvariablen würde es gelingen, die 2400 Gigatonnen CO2 in 322 Jahren vollständig aus der Atmosphäre zu entfernen und in Holzprodukte zu binden.
Abbildung 1: Entwicklung der gegenüber dem Jahr 1850 erhöhten CO2-Konzentration in der Atmosphäre bei starker Forcierung der Nutzung nachwachsender Rohstoffe wie Holz (stark vereinfacht) y-Achse: menschengemachter CO2 „Stock“ in Teratonnen; x-Achse: Jahre ab heute (0)
Nun betrachten wir die Gesamtsituation sehr pessimistisch (keine forcierte Nutzung des nachhaltigen Rohstoffes) und rechnen mit folgenden Entscheidungsvariablen: v = 0.25, n = 0.5, z = 5, a = 0.5, k = 0.9 In diesem Fall würde das CO2-Niveau in der Atmosphäre laufend steigen, obwohl eine jährliche Reduktion der CO2-Emissionen um 10% (mit Ausnahme jener bei der Zementproduktion) hier eingerechnet ist. Der gleichbleibende Ausstoß der Zementproduktion allein würde demnach die CO2 Konzentration in der Atmosphäre weiter steigen lassen. - 15 -
Abbildung 3: Entwicklung der gegenüber dem Jahr 1850 erhöhten CO2-Konzentration in der Atmosphäre bei moderater Forcierung der Nutzung nachwachsender Rohstoffe wie Holz (stark vereinfacht) y-Achse: menschengemachter CO2 „Stock“ der Atmosphäre in Teratonnen; x-Achse: Jahre ab heute (0)
Diese experimentellen Berechnungen sollen keineswegs einen Anspruch daraufstellen, in wissenschaftlichem Sinne korrekt zu sein oder die realen Gegebenheiten detailgetreu abzubilden. Jedoch kann dieses rechnerische Gedankenexperiment einen wichtigen Beitrag
Wald
dazu leisten, die Wirkung der Nutzung von Holzprodukten anschaulich vorzuführen. Mit der, dafür verwendeten, recht einfachen Berechnungsformel wird auch sofort klar, welche Entscheidungspunkte für uns in dieser Hinsicht bestehen: • Damit „v“ möglichst hoch wird, muss es gelingen den Klimasünder Beton durch klimafreundlichere Baustoffe wie Holz zu substituieren. Hier sind neben politischen Rahmenbedingungen (im EU-Green Deal wird bereits eine Überarbeitung der Bauprodukteverordnung zugunsten von nachhaltigen Baumaterialien angekündigt) auch eine stärkere Innovationsfreudigkeit in der Holzverarbeitenden Industrie unbedingt notwendig. Erst dadurch kann der Baustoff Holz auf breiter Ebene konkurrenzfähig werden und auch bleiben. Gut ausgebildete Absolvent*innen unserer Universität für Bodenkultur leisten dazu einen wichtigen Beitrag. • Damit „n“ steigt, muss die Waldfläche von nachhaltig genutzten Wirtschaftswäldern erhöht werden. Je größer die Rohstoffquelle, desto größer ist auch der jährlich mögliche Speicherzuwachs an Holzprodukten im Umlauf. • Damit „z“ möglichst hoch wird, muss der globale Holzzuwachs erhöht wer-
den. Von der richtigen Baumartenwahl bis hin zum professionellen Waldmanagement gibt es zu diesem Punkt vielerlei verschiedene Ansätze. In Österreich sind etwa 50% der Waldfläche im Eigentum von Kleinwaldbesitzer*innen [7]. Eine Unterstützung dieser bei der fachlich korrekten und nachhaltigen Bewirtschaftung ist beispielsweise ein zentrales Aufgabengebiet der österreichischen Forst- und Holzbranche. Auch die allgemein eher negativ behaftete Plantagenwirtschaft auf äußerst produktiven Standorten mit Zuwächsen von 20 bis 40 VFm pro ha und Jahr [8] könnte zur ökonomischen Entlastung von Wäldern beitragen. • Damit „a“ möglichst groß wird, sind neben der Baumartenwahl vor allem die forsttechnischen Aspekte entscheidend. Die standortsangepasste Ernte- und Bringungsverfahren sowie die Ausformung der Bäume zu einzelnen, transportfähigen Einheiten sind ausschlaggebend für einen niedrigen Ernteverlust. • Damit „k“ möglichst hoch wird, ist eine möglichst kaskadische und effiziente Nutzung des Rohstoffs das oberste Ziel. Holz und andere Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen sollen erst dann verbrannt werden, wenn
keine andere Verwendungsmöglichkeit mehr besteht. In jedem Verarbeitungsschritt muss das Maximum an Wertschöpfung erreicht werden. Wiederverwendung sowie intelligentes Recycling sind hier genauso wichtig wie technologischer Fortschritt in der gesamten Verarbeitungskette von Holzprodukten. Dazu braucht es Unternehmen, die erfolgreich auf Innovation setzen und damit zu „Role Models“ für die gesamte Holzbranche werden können. Genauso sind staatliche Investitionen in universitäre Holzforschung notwendig, um (anwendungsorientierte) Grundlagenforschung in diesem wichtigen Bereich zu fördern.
Zur Erreichung oben erwähnter Maßnahmen sind Aktionen von politischer Seite unerlässlich. Trotzdem kann jede und jeder von uns seinen Beitrag dazu leisten, wenn sie oder er die Relevanz von Holzprodukten zur Bekämpfung der Klimakriese verinnerlicht hat und eine klimafreundliche und nachhaltige Lebensweise verfolgt. Ohne einer Forcierung der nachhaltigen Nutzung des Rohstoffes Holz im Sinne der Bioökonomie werden wir den globalen Klimawandel nicht ansatzweise bekämpfen können.
Quellen: [1]: https://www.theworldcounts.com/challenges/climate-change/global-warming/global-co2-emissions/story | [2]: https://www.proholz.at/zuschnitt/51/der-oesterreichische-wald | [3]: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/37118/umfrage/waldbestand-weltweit/ | [4]: https://www.handelsblatt.com/unternehmen/energie/klimaschutz-klimakiller-beton-so-will-die-deutsche-zementindustrie-co2-neutral-werden-/26652040.html?ticket=ST-8208198-TWafUcnNEKukFfcy64ki-ap3#:~:text=Global%20werden%20j%C3%A4hrlich%20 %C3%BCber%204,Flugverkehr%20und%20Rechenzentren%20zusammen%20aussto%C3%9Fen. | [5]: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/37187/umfrage/der-weltweite-co2-ausstoss-seit-1751/ | [6]: https://ec.europa.eu/clima/policies/strategies/2030_de | [7]: http://bfw.ac.at/cms_stamm/050/PDF/folder_wem_gehoert_oesterreichs_wald_end.pdf | [8]: https:// www.winterkolloquium.uni-freiburg.de/WK-Vortraege/2014/pircher_kurzfassung.pdf
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Wald
Super, Holz! Okay, der Text beginnt und er bekommt ein Thema: Holz! Was ist so besonders daran? Was kannst du über gewöhnliches Holz noch Neues lernen? Lass mich dir ein Holz näher bringen, das alles andere als gewöhnlich ist, sondern super! Im wahrsten Sinne des Wortes geht es um Superholz. Autorin: Elisabeth Muck / Foto: Freepik.com
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kay, der Text geht weiter und er behält sein Thema: Holz! Ein wichtiges Ziel der gemeinsamen Zukunft ist Nachhaltigkeit. Spätestens seit den „Fridays for Future“-Bewegungen hat sich die Reichweite jener Thematik erhöht. Einige Wege sind bereits bekannt: Regionaler und zusätzlich biologischer Lebensmitteleinkauf, kein Einweggeschirr verwenden und vieles mehr. Auch Holz kann helfen! Schön und gut, aber Holz als nachhaltigen Rohstoff kennen wir nun doch eh schon.
Schmuck und Autoindustrie haben bereits ihr Interesse an jener Holztechnologie bekundet.
Was ist Superholz? Die Herstellung beruht auf einer chemischen Vorbehandlung, welche den Verlust des Stoffes Lignin bewirkt. Lignin ist für die Stabilität von Holz verantwortlich. Es entstehen Risse im Material. In einem nachfolgenden Schritt werden jene Risse durch ein Kunstharz-Polymer gefüllt. Abschließend härtet es unter Hitze und Druck aus. Aufgrund der Verschließung jener luftigen Risse kann das Holz nun Wärme leiten und sich sogar als Touchscreen eignen. Eine weitere Idee der Nachhaltigkeit besteht darin, auch schnell nachwachsende, aktuell weniger genutzte Holzsorten zu verwenden.
Und was ist nun so besonders daran? Jenes Material kann Berührungen weiterleiten und so als Sensor fungieren. Firmen aus den Bereichen Technik,
Wie und wer kommt denn auf so eine verrückte und geniale Idee? Der Erfinder, Architekt Thimothé Boitouzet, hat sich stark von der japanischen Bauweise inspirieren lassen, welche sehr viel mehr Holz aufgrund ästhetischer Gründe verwendet. Jene Ansätze kombinierte er mit der europäischen Langlebigkeit von Gebäuden. Sein Studium der Materialwissenschaften am MIT verhalf ihm zum Durchbruch und er gründete das Start-Up „Woodoo“. - 17 -
Was kann Holz noch? Diverse Wissenschaftler weltweit arbeiten daran, weitere nützliche Eigenschaften in Holz zu generieren. Beispielsweise wird an einem undurchsichtigen Holz geforscht. In Schweden wird z.B. an einem Holz geforscht, welches Glas ersetzen könnte. Warum sollte man denn lieber Holz als Glas verwenden? Ganz einfach! Holz ist viel stärker und bruchsicherer und könnte z.B. als Fenster eingesetzt werden. Dies bedeutet, es ist weniger gefährlich und bietet zusätzlich einen Einbruchsschutz. Weitere spannende Forschungen lassen Holz unter UV-Licht fluoreszieren oder auch als Wärmedämmung agieren, indem es Hitze von außen aufnimmt und nicht direkt nach innen weiterleitet, anders als Glas. Na, hat dieser Artikel dein Interesse an der Forschung nachhaltiger Rohstoffe geweckt? Erzählst du nächstes Wochenende auch deiner Oma oder deinem Frisör, dass Autos bald Fensterscheiben aus Holz haben könnten? Inspiriert dich jener Artikel selbst, aktiv an nachhaltigen Ansätzen zu brainstormen und zu forschen? Was hält die Zukunft für die Student*innen der Universitäten bereit und was halten die Student*innen der Universitäten für die Zukunft bereit? Wir werden sehen.
Quelle: https://www.wissen.de/holz-mit-led-anzeige-dassuperholz-der-zukunft Zugriff am 21.05.2021 14:42 Uhr
Wald
Über Paulownia, Nachhaltigkeit und Surfboards Der Paulownia Baum ist in Europa stark im Kommen. Investor*innen, Plantagenbesitzer*innen und Forscher*innen steigen ein in den Hype-train. Was genau hat es auf sich mit dieser invasiven Art? Welche Nutzen & Nachteile hat dieser Baum? Autor & Fotos: Gabriel Dos Santos
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er Blauglockenbaum wurde um 1800 als Zierbaum in Europa eingeführt. Als Ehre zur Schönheit der russischen Zarentochter Anna Pawlowna wurde er Paulownia benannt, mit seinen wohlduftenden purpurfarbenen Blüten. Die Gattung Paulownia zählt zur Familie der Braunwurzgewächse (Scrophulariaceae) und kommt ursprünglich aus China. Agrarisch relevant sind heute die drei Arten Paulownia tomentosa, p. elongata und p. fortunei (sowie deren Hybride und Dreifachkreuzungen). Paulownia gehört zu den am schnellsten wachsenden Bäumen der Welt, mit bis zu fünf Metern Höhenwachstum pro Jahr unter idealen Bedingungen. Im sonnigen Portugal und Spanien z.B. werden Kurzumtriebsplantagen nach rund 7 Jahren (Stammdurchmesser 30 bis 40 cm) für besonders astfreies und gerades Wertholz geerntet. Zusammen mit dem Götterbaum Ailanthus Altissima gilt Paulownia als invasive Art aufgrund des enormen Wachstumsund Anpassungspotentials (-20°C bis +40°C). Den Blauglockenbaum findet man oft auf Ruderalflächen, zwischen Mauern in der Stadt und an anderen suboptimalen Standorten. Inwieweit heimische Wälder dadurch bedroht sind, bleibt unklar, und erfordert weitere Forschung. Auf jeden Fall wird durch die Klimaerwärmung eine Änderung der Verbreitungszone in nördliche Regionen vermutet. Verwendungen. Das extrem geringe Holzgewicht (bis zu 200 kg/m³ bei einigen Hybriden) ist vergleichbar mit Bal-
saholz, bei gleichzeitiger mechanischer Stärke der Harthölzer. Durch die große Zellstruktur saugt das schnell trocknende Holz kaum Wasser auf und verbiegt sich nicht während der Trocknung. Aufgrund des hohen Flammpunkts verwenden es die Japaner seit Jahrhunderten für den Haus- und Tempelbau. Diverse andere Anwendungen finden sich in den Bereichen Tischlerei, Möbelbau, Bootsbau, Surfbretter, Ski & Snowboards und Musikinstrumente. Agrarökologische Aspekte. Bienen lieben die duftenden Paulownia-Blüten und machen daraus während der Blütezeit (bei uns im Mai) einen qualitativ hochwertigen Honig, vergleichbar mit Akazienhonig. Durch sein tiefes Wurzelsystem konkurriert Paulownia wenig um Wasser und Nährstoffe mit Ackerkulturen, und wird deshalb weltweit (vor allem in China) in Agroforstwirtschaft betrieben. Oft ist zwischen den windbrechenden Baumreihen ein Abstand von 24 Metern, wo flachwurzelnde Kulturen wie z.B. Weizen angebaut werden. Im Sinne einer Mehrfachernte fungieren die etablierten Baumstämme als Aufstiegshilfe für Kletterpflanzen, wie etwea schwarzen Pfeffer in Indien. Auch Mehrfachnutzungen mit Weidegänsen, Schafen, Ziegen und Hühnern werden in Europa betrieben (eng.: Agro-Silvo-Pastoralism). Jedoch muss darauf geachtet werden, dass die Bäume bzw. die Rinden nicht beschädigt werden, falls Tiere den Baum als Nahrungsangebot wahrnehmen. In Deutschland werden - 18 -
viele Kurzumtriebsplantagen zur Biomassegewinnung betrieben, da die Wachstumsraten schneller als die von Pappeln sind. Durch verschiedenste Eigenschaften, wie etwa Bodenverbesserung und hohes Potential zur CO2-Fixierung, ist Paulownia ein beliebter Baum in Agroforstwirtschaft, Permakultur und regenerativer Landwirtschaft. Surfboards. Der Trend der Gesellschaft zur Dekarbonisierung macht auch vor der Surfboardindustrie nicht Halt. Konventionelle Surfbretter werden aus Erdölderivaten (EPS/Polystyrol Dämmschaum und Polyester Harz) hergestellt. Seit einigen Jahren geht aber der Trend zurück zu Holz, weil es ästhetischer ist und einem erhöhten ökologischen Bewusstsein der Konsumenten*innen entspricht. Normale Boards haben eine durchschnittliche Lebensdauer von einigen Jahren, während die Holzalternative ein Leben lang verwendbar ist. Wasserdicht gemacht werden Holzboards entweder mit Bio-Leinöl oder pflanzenbasiertem Epoxyharz. Holzboards sind im Schnitt 30% schwerer, was mehr Momentum und Geschwindigkeit auf der Welle bedeutet. Eine win-win Situation für Surfer*innen und Planet! Links www.plantownia.at https://gdossantos03.wixsite.com/heolsurfboards
Wald
Forstwirtschaft mal anders! Was genau ist die Definition von Wald? Ist es eine Monokultur mit Fichtenwald (Picea abies) bzw. Plantage oder etwas ganz anderes? Autor & Foto: Bruno Mikkelsen, Forstwirtschaftsstudent an der Universität in Kopenhagen
[Wald ist] Flächen, die größer als 0,5 ha sind und mit Bäumen bedeckt sind, die an der Stelle eine Höhe von mindestens 5 Metern erreichen können, wo Baumkronen mindestens 10 % der Fläche abdecken und wo die Hauptnutzung des Bodens nicht die Landwirtschaft ist. Quelle: Food and Agriculture Organization (FAO)
Waldbäuerin langfristig zugutekommen. Die Laubbäume produzieren Laub, das im Herbst zu Boden fällt und langsam kompostiert, wodurch der versauernden Wirkung der Fichtennadeln auf den Boden entgegengewirkt wird. Das Laub schafft so ein Gleichgewicht im pHWert des Bodens. Gleichzeitig wird das Laub zu Humus und wirkt somit bodenverbessernd.
wenn die Fichtenwälder in der Reifungsphase sind.Dem kann eine Mischkultur mit Laub- und Nadelbäumen entgegenwirken. In den Steiermärkischen Landesforsten und im Nationalpark Gesäuse haben wir auf gefährdeten Böden mit Pferden statt Maschinen gearbeitet und so den Boden und damit die Wurzeln der Bäume vor der Verdichtung des Bodens ge-
Ein weiterer Effekt, der durch eine vernünftige Mischung aus Laubbäumen und Nadelbäumen erreicht wird, ist die Verteilung von Wasser. Laubbäume haben Äste, die das Wasser zum Stamm führen, wo Nadelbäume Äste haben, die das Wasser vom Stamm wegführen. Wenn es ein gesunder Mischwald ist, wird die natürliche Aufteilung des Wassers im Wald gewährleistet und sorgt somit für eine bessere Verteilung des Wassers im Wald. Ein dritter Effekt ist die Stabilität des Waldes in Bezug auf den Wind. Da die Laubhölzer durch den Wald verstreut sind, brechen sie den Wind und minimieren so das Risiko, dass die kleineren, sturminstabilen Nadelbäume umstürzen. Wir wissen, dass es in Monokulturen Probleme mit Windwurf gibt, da Fichten ein oberflächliches Wurzelsystem (Tellerwurzeln) entwickeln und leicht bei Stürmen umkippen. Speziell,
schont, die die Maschinen sonst erzeugt hätten. Dies kann nur empfohlen werden, wo es möglich ist, da das Ergebnis ein weitgehend unberührter Waldboden ist, in dem die wenigen „Schäden“ dort nur oberflächlich sind und darüber hinaus als Beet für die neue Waldgeneration dient. Somit schafft man ein gesundes und gewinnbringendes Ambiente für den bewirtschafteten Wald.
Diese Definition ist sehr weit gefasst und deckt fast alle Bereiche ab, auf denen Bäume wachsen. Aber es sagt nichts darüber aus, was Wald eigentlich ist, z.B. welche Arten von Bäumen sollten in einem Wald sein und welchen Anteil der jeweiligen Arten muss es geben, bevor man es Wald nennen kann. Es ist also die Frage, ob wir als Forstwirt*innen etwas tun können, um ein natürlicheres Waldbild zu erreichen und gleichzeitig Geld zu verdienen. Ja, ich glaube auf jeden Fall, dass dies möglich ist. Durch mein Praktikum im Gesäuse-Nationalpark und bei den Steiermärkischen Landesforsten habe ich gelernt, wie man Naturüberlegungen und Massenproduktion miteinander in Einklang bringt, und dass Monokulturen der Vergangenheit angehören und damit auch der traditionelle Plantagenbetrieb. Relativ einfache Methoden, wie die Arbeit mit natürlicher Verjüngung und das Minimum an Maschinen, ergeben ein Waldbild, bei dem die tiefen Rückegassen der Harvester fehlen und das bekannte Fichtenbild in einer Reihe den Wald nicht charakterisieren. Das Ergebnis ist ein Wald, in dem Nadelbäume und Laubbäume ein abwechslungsreiches und natürliches Erscheinungsbild schaffen, zum Nutzen der biologischen Vielfalt, und gleichzeitig dem Waldbauern/der
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Durch die Arbeit mit diesen relativ einfachen Methoden wurde ein Wald geschaffen, der auch in die Zukunft eine nachhaltige Massenproduktion liefern kann und gleichzeitig für die gesamte Artenvielfalt von Vorteil ist. Zum Wohle des Waldbauers/der Waldbäuerin, des Läufers/der Läuferin, des Wanderers/der Wanderin, des Reiters/ der Reiterin, des Mountainbikers/der Mountainbikerin und all den anderen, die gerne im Wald verweilen.
Wald
Der Borkenkäfer, Freund oder Feind? Der Borkenkäfer ist wegen großflächigen Schäden an Waldbeständen immer wieder in den Medien. Dabei würde er in einem natürlichen Ökosystem eine wichtige Rolle spielen. Was können wir daraus für die Forstwirtschaft lernen? Autorinnen: Rebekka Jaros, Agnes Straßer / Fotos: Laurens Pichler
K
aum ein Waldschädling hat so viel Aufsehen erregt wie der Borkenkäfer. Rindenbrütende Borkenkäferarten verursachen seit den 1990er-Jahren zunehmende Schäden an Wirtschaftswäldern. Besonders seit dem Jahr 2015 kam es zu einem starken Anstieg von, durch Käferarten dieser Gattung verursachten, Schadholzmengen. Zwar waren die Zahlen ab 2019 wieder leicht rückläufig, Entwarnung gibt es dem Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) zufolge jedoch keine.[1] „Für die Forstwirtschaft interessant sind vor allem zwei Arten: Der Buchdrucker und der Kupferstecher, welche zur Massenvermehrung neigen.“, so Klaus Katzensteiner vom Institut für Waldökologie der BOKU. Zwar gebe es noch andere Borkenkäferarten, die sich ebenfalls stark vermehren könnten, die beiden oben genannten seien jedoch auf die Fichte, die (ehemalige) Brotbaumart der Forstwirtschaft, spezialisiert. Buchdrucker haben ein ausgeprägtes Kommunikationssystem, wie Sigrid Netherer vom Institut für Forstentomologie, Forstpathologie und Forstschutz erklärt. Bei einem guten Wirtsbaum produzieren Buchdruckermännchen Aggregationspheromone auf Basis der Rindeninhaltsstoffe des Baumes. Dadurch werden weitere Artgenossen angelockt, welche bei starkem Befall sogar die natürlichen Abwehrmechanismen gesunder Bäume überwinden können. Das unterscheide den Buchdrucker von harmloseren Borkenkäferarten, welche zumeist nur tote und kranke Bäume befallen. Zudem komme es bei Buchdruckern unter günstigen Bedingungen
Frassbild des Borkenkäfers
häufig zu bis zu drei Generationen pro Jahr. Insbesondere im Zuge des voranschreitenden Klimawandels ist das problematisch: „Je wärmer es wird, desto mehr werden auch solche multivoltine (sich mehrmals jährlich fortpflanzenden) Generationen begünstigt“, so Netherer. Neben besseren Brutbedingungen führen zudem veränderte Temperatur- und Niederschlagsmuster zu stärker gestressten Bäumen, was diese anfälliger für Borkenkäferschäden macht.[2] Auch in naturnahen Wäldern können starke Borkenkäferbefälle auftreten. „Es gibt auch natürliche Ökosysteme, in denen Massenvermehrungen stattfinden.“, so Katzensteiner. Zwar gebe es Antagonisten wie den Dreizehenspecht, und meist bestehe ein gewisses Gleichgewicht, „Wenn aber eine größere Störung eintritt oder es zu Klimaextremen kommt, kann diese Antagonistenpopulation nicht so schnell nachziehen und es kommt zu einer zeitlichen Verzögerung. - 20 -
Da kann es auch in natürlichen Systemen zu Massenvermehrungen kommen“. Das Risiko, dass dies einem natürlichen Waldökosystem mit verschiedenen Bestandesentwicklungsphasen und unterschiedlichen Baumartenmischungen geschieht, sei jedoch verhältnismäßig geringer. Im Nationalpark Gesäuse experimentiert man mit den Auswirkungen des Borkenkäfers in naturnahen Wäldern. „Der Nationalpark Gesäuse ist ein Schutzgebiet der IUCN-Kategorie II. Das bedeutet, dass das vorrangige Naturschutzziel auf drei Viertel der Fläche ist, die Natur sich selbst zu überlassen und keine Eingriffe vorzunehmen. Es gibt in Österreich jede Menge eingriffsfreie Flächen, die sich jedoch zum Großteil im Hochgebirge befinden. Wilde Wälder wie im Gesäuse sind selten.“, erklärt Magdalena Kaltenbrunner. Die BOKU-Absolventin arbeitet im Nationalpark als Fachassistentin im Bereich Naturschutz & Forschung.
©Nationalpark Gesäuse GmbH
Wald
Magdalena Kaltenbrunner
Während Waldbesitzer*innen in Österreich forstrechtlich dazu verpflichtet sind, Borkenkäferbefälle bestmöglich einzudämmen und befallenes Material zu räumen, lässt man im Nationalpark Gesäuse der Natur freien Lauf. „Die Möglichkeit, Sukzession auf Borkenkäferflächen ohne Aufräumungstätigkeit zu erforschen, gibt es sonst kaum.“ so Kaltenbrunner. Neben den Naturschutzaspekt ließen sich daher aus den Abläufen in Prozessschutzgebieten wichtige Erkenntnisse in der Waldökologie, der nachhaltigen Waldbewirtschaftung und für phytosanitäre Waldschutzstrategien gewinnen. In einem naturnahen Wald habe der Borkenkäfer eine wichtige ökologische Rolle. „Ohne menschliches Zutun gibt er den Anstoß zur Entwicklung standorts- und klimaangepasster Wälder. Das vermeintliche Chaos, das ein Borkenkäferbefall hinterlässt, ist der Natur egal. Eigentlich hat sie für jeden Fall die passenden Antworten parat.“, so Kaltenbrunner. Der Natur gänzlich freien Lauf lassen – das ist so natürlich nicht auf Wirtschaftsforste umlegbar, dennoch gibt es einige Dinge, die wir aus Prozessen in natürlichen Ökosystemen lernen können. So sind vielfältige, artenreiche Bestände weniger
anfällig für Borkenkäfer-Massenausbreitungen: „Gleichaltrige Bestände, die sich in in einer kritische Phase befinden, sind gefährdeter als gut strukturierte, altersmäßig oder von der Baumartenzusammensetzung gemischte Bestände.“, so Katzensteiner. Artenreiche Waldbestände haben zudem viele Vorteile. Zum einen bieten sie Habitate für Antagonisten, wie Netherer erläutert: „Sehr viele Parasitoide haben ihren Lebensraum auf Blühpflanzen. Sie ernähren sich beispielsweise zwischenzeitlich auch von Nektar. Es siedeln dann vielleicht auch andere Strauch- und Baumarten, auf denen sie andere Wirte finden, falls sie nicht spezialisiert sind.“ Andererseits habe ein Mischwald eine abwehrende Wirkung für den Buchdrucker: „Die Geruchssignale, die von Laubbäumen kommen, kennt der Buchdrucker zwar, aber vermeidet sie. Er wird also zurückgestoßen von diesen Duftstoffen und findet damit auch weniger leicht seine Wirtsbaumart.“ In vielen forstwirtschaftlichen Betrieben ist hierfür bereits Bewusstsein vorhanden: „Bei vielen Betrieben setzt man bereits auf eine Baumartenkombination, die sich an naturnahen Waldzuständen orientiert“, so Kaltenbrunner. „Was die Wissenschaft und letztlich auch die Natur selbst zeigen ist, dass Mischwälder allein durch die Streuung des Risikos auf verschiedene Altersklassen und Baumarten viel resilienter gegenüber unterschiedlichsten Störungen, so auch Borkenkäferkalamitäten“. Eine Räumung befallener Bäume ist zudem zwar gesetzlich vorgeschrieben, es hat sich jedoch gezeigt, dass die Entfernung von Totholz nicht immer notwendig ist. „Einzelne durch den Borkenkäfer abgestorbener Bäume in den Wäldern sind nicht schlimm. Bei frischem Befall ist es
natürlich gut, sie zu entfernen, um die Ausbreitung einzudämmen. Wenn die Käfer allerdings schon ausgeflogen sind, bietet stehendes Totholz extrem wertvollen Lebensraum für viele verschiedene Arten, die darauf angewiesen sind.“, so Kaltenbrunner. Dieses Totholz kann zudem die freigewordenen Flächen vor Degradation schützen und eine natürliche Verjüngung ermöglichen, wie Katzensteiner erklärt: „In einer natürlichen Dynamik, wie man es beispielsweise im Nationalpark Bayerischer Wald ablaufen lässt, hat man sehr stark strukturiert stehendes, liegendes Totholz. Man hat Pioniergehölze und man ist sehr erstaunt, dass sich die Baumart, von welcher die Altbestände abgestorben sind, trotzdem relativ gut verjüngt.“. Diskutiert werde dies vor allem im Zusammenhang mit Schutzwäldern. „Im Nationalpark wird das ja im Prinzip genauso gehandhabt, im Nationalpark Bayerischer Wald haben sie beispielsweise Pufferzonen, wo sehr wohl darauf geachtet wird, ob der Buchdrucker auftritt. Man könnte das genauso auf Schutzwald mit Ertrag auslegen.“, so Netherer. Inwieweit das möglich ist, sei jedoch vom jeweiligen Wald und seiner Nutzung abhängig, daher könne man hier auch keine 100%ige Empfehlung abgeben. Fazit: Wirtschaftswälder sind mit naturnahen Ökosystemen nicht vergleichbar. Während Borkenkäferbefälle in einem naturnahen Wald Teil eines natürlichen Prozesses sind, kommt es bei ersterem zu Konflikten mit forstwirtschaftlichen Interessen. Trotzdem gilt: Desto vielfältiger und artenreicher ein Forst, desto besser kann dieser auch mit der Herausforderung Borkenkäfer umgehen. Gleichzeitig wird man dieses Risiko nicht vollständig eliminieren können.
Quellen: [1] https://www.bfw.gv.at/waldschutz-situation-2020-borkenkaeferschaeden/ | [2] https://www.bfw.gv.at/wp-content/uploads/31_zunehmende-schaeden-durch-borkenkaefer_20200806.pdf
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Wald
Von flüsternden Bäumen und pfiffigen Pilzen Bäume sind besondere Lebewesen. Sie sind keine stummen, dahinvegetierenden Zellansammlungen, sondern soziale Wesen mit einer eigenen Sprache. In gesunden Ökosystemen ziehen sie ihren Nachwuchs groß und teilen Nährstoffe. Autorin & Foto: Magdalena Gnigler Wer im Sommer in einer duftenden Blumenwiese sitzt oder einen Waldspaziergang macht, befindet sich inmitten einer Unterhaltung zwischen Pflanzen und Insekten. Blüten entsenden Botenstoffe und ziehen damit Insekten an, die für Bestäubung sorgen. Doch pflanzliche Kommunikation geht viel weiter. Bäume tauschen untereinander Informationen aus und holen sich aktiv Hilfe. Bäume erkennen anhand des Speichels von Insekten, wer an ihnen frisst und reagieren entsprechend: Sie locken mit Botenstoffen Fressfeinde ihrer Peiniger heran oder lagern giftige oder ungenießbare Gerbstoffe in ihre Blätter ein. Ein Beispiel dafür sind Akazienbäume in der Savanne. Wenn Giraffen sich über deren Blätter hermachen, werden diese vorübergehend bitter und damit ungenießbar. Das dauert eine Weile, weil Bäume Signale nur langsam übertragen. Damit umliegende Akazien sich vorbereiten können entsenden sie Ethylen als Warngas, das über den Wind verbreitet wird. Bei Ankunft der Giraffen sind die Blätter der anderen Bäume ebenfalls bitter und die Tiere müssen einige hundert Meter weiterziehen, bis sie auf ahnungslose Verwandte stoßen.
derde mehr als einen Kilometer Pilzmyzel enthalten kann. Über elektrische und chemische Signale werden Informationen geteilt. Die Symbiose zwischen Bäumen und Pilzen ermöglicht aber noch mehr: Mykorrhizapilze helfen Bäumen bei der Nährstofferschließung und filtern Schwermetalle aus dem Boden. Diese würden den Bäumen schaden und machen den Pilzen wenig aus. Pilze können außerdem steuernd eingreifen, wenn die Lebensbedingungen nicht optimal für die Bäume oder sie selbst sind. So können sie Pflanzenhormone produzieren, die den Baum zum Wachstum anregen. Sie können auch giftige Stoffe absondern, die
kleine Lebewesen wie Springschwänze töten und deren organischen Überreste als Dünger verwerten. Im Gegenzug versorgen die Bäume die Pilze mit Energie, da diese keine Photosynthese betreiben können.
Hilfe füreinander „Wälder sind nicht hauptsächlich Holzfabriken und Rohstofflager und nur nebenbei komplexe Lebensräume für Tausende von Arten, wie es die aktuelle Forstwirtschaft praktiziert.“ Peter Wohlleben, Förster und Autor
Das wood wide web Weil der Wind nicht immer zuverlässig ist, teilen Bäume Informationen und Nährstoffe auch über ein riesiges unterirdisches Netzwerk, das „wood wide web“. Dort sind Baumwurzeln und Mykorrhizapilze eng verbunden. Das Netzwerk ist so dicht, dass bereits ein Teelöffel WalBäume gleicher Art lassen Abstände zwischen ihren Kronen, um sich nicht gegenseitig Licht wegzunehmen
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Wald
Bäume kümmern sich nicht nur um ihre Pilze. Innerhalb einer Art helfen sie sich gegenseitig. Buchen sind besonders sozial und ziehen ihre Sprösslinge regelrecht auf. Junge Bäume hätten kaum Chancen, am dunklen Waldboden zu überleben, wenn die großen Buchen sie nicht zusätzlich versorgen würden. Dafür pumpen diese über das Wurzelnetzwerk Zuckerlösung zu den Kleinen hinüber. Auch kranke Bäume werden von gesunden vorrübergehend unterstützt.
In gepflanzten Monokulturen ist dies kaum möglich. Da die Wurzeln vor oder bei der Pflanzung beschädigt werden ist die Vernetzung sehr eigeschränkt. Zudem sind die Bäume meist gleich alt und können keine Hilfe von Bäumen, die schon seit Jahrzehnten am Standort stocken bekommen. Ein gesundes Waldökosystem, in dem Bäume sich gegenseitig warnen und unterstützen können, ist hingegen sehr resilient gegen Schädlinge, Naturkatastrophen und den Klimawandel. Zu
unserem eigenen Schutz und zu dem der Natur sollten wir besonderes Augenmerk auf die Vielfalt und Funktionalität unserer Wälder legen.
Zusatzinfo https://t1p.de/mpmh
Quellen: Wohlleben, P., 2015. Das geheime Leben der Bäume. Was sie fühlen, wie sie kommunizieren – die Entdeckung einer verborgenen Welt. München: Ludwig Verlag. Scinexx. Das Wissensmagazin. 2008. Forscher belauschen Gespräche zwischen Pilz und Baum. Neue Erkenntnisse über Symbiosen. https://www.scinexx.de/news/biowissen/ forscher-belauschen-gespraeche-zwischen-pilz-und-baum/ (05.06.21) Shortlink: https://t1p.de/7e95
Totholz ist Teil eines funktionierenden Waldökosystems
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Trude Trautsich Ein Kommentar Autor*innen: Anonym / Illustration: Manuela Kraft
Inklusion an der BOKU? Mit Ketten bekämpfen! Das wunderschöne TÜWI, als Betonklotz mit Holz verkleidet hat es schon den ein oder anderen Preis abgeräumt. Und auch barrierefrei wäre es, eigentlich. Nur ist die einzige barrierefreie Türe oft mit einer dicken Metallkette verschlossen. Falls ihr euch jetzt denkt: „Wie? Hä? Verkettet wie im Verlies?“ Ja, genau so. Von Innen wurde eine massive Metallkette mehrfach um die Türklinke gewickelt und bei einem Fixpunkt befestigt, sodass sich die Tür nur für ein paar Zentimeter öffnen lässt. Ich habe diese Technik übrigens vor geschätzten 100 Jahren in meiner Kindheit häufig selbst angewendet, um Geschwister und Eltern aus meinem Zimmer fernzuhalten. Der einzige Unterschied war lediglich, dass die Kette eine Schnur oder Gummiband war. Falls ihr euch jetzt fragt, warum die BOKU körperlich beeinträchtigten Personen den Zugang erschwert bis unmöglich macht. Die Antwort ist komplex, läuft aber darauf hinaus, dass es einfach keinen interessiert, ein kleines Problem endgültig zu lösen. Lasst mich zusammenfassen: Seit das neue TÜWI-Gebäude steht, gibt es das Problem immer wieder: Die Kette taucht auf. Grund dafür ist, dass die barrierefreie Tür auch die einzige auf dieser Seite ist, die mit der Schlüsselkarte geöffnet werden kann, wenn das Gebäude für die Öffentlichkeit geschlossen ist. Genau dieses Zutrittssystem wird scheinbar regelmäßig kaputt, und damit nicht jede*r um Mitternacht in die ÖH-Küche latscht, um sich einen Kaffee zu gönnen, wird die Türe mit der Kette verschlossen. Inklusionspunkt für die BOKU, so werden zu diesen Zeiten einfach alle ausgeschlossen. Warum bei dem fast neuesten Gebäude an der BOKU das Schlüsselkartensystem (welches übrigens die anderen Gebäude auch haben) immer wieder defekt wird, weiß ich nicht. Was ich schon weiß: Dass es überhaupt keine Priorität hat, das Problem zu beheben. Es sperrt nämlich nicht nur Personen aus, die auf die Hilfe einer barrierefreien Türe angewiesen sind, sondern macht auch ein Arbeiten für ehrenamtliche Studierende an der ÖH und Mitarbeiter*innen der Institute außerhalb der Öffnungszeiten unmöglich. Als Oma kenn ich mich zwar mit Technik nicht viel aus, aber ich bin mir sicher, dass die BOKU viel Geld für das Schlüsselsystem in die Hand genommen hat und es auch auf so etwas, etwas wie Garantie geben müsste. Aber da sind wir wieder bei der Antwort von oben: Es interessiert einfach keinen.
Trude Trautsich – und du?
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ÖH Magazin | Sommer 2021
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