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OHNE PANTOFFEL, OHNE FEE, ABER NICHT OHNE CHARME

Jean-Michel Brèque

Die Ursprünge von Aschenbrödel, neben Rotkäppchen eines der beliebtesten Märchen, gehen weit in die Vergangenheit zurück. Vermutlich ist es eine orientalische Geschichte, genauer gesagt, eine chinesische, was zwei Details belegen: Der aus einem kostbaren und seltenen Material gefertigte Pantoffel und vor allem der kleine Fuss der Titelheldin, in China Zeichen aussergewöhnlicher Schönheit und gleichzeitig starker erotischer Anziehungskraft – man weiss, welchen Torturen die jungen Chinesinnen früher unterzogen wurden, um das Wachstum ihrer Füsse einzuschränken! Die erste uns bekannte und schriftlich festgelegte Version von Aschenbrödel stammt tatsächlich aus China und datiert aus dem 9. Jahrhundert v. Chr. Aber man kann noch weiter zurückgehen: Strabon (Amaseia Strabon, griech. Geograf und Geschichtsschreiber, um 63 v. Chr. bis um 28 n. Chr.) erwähnt in seiner Geographia eine Geschichte aus dem alten Ägypten, in der ein Pharao sein Reich beinahe auf den Kopf stellt, um die Besitzerin einer Sandale zu finden, die ein Adler zu seinen Füssen hat fallen lassen und die der Kurtisane Rhodope gehört. Wir haben hier zwar noch kein Aschenbrödel, aber bereits seinen berühmten Pantoffel.

Das «Aschenbrödel» von Basile

In Europa, Asien und Afrika sind mehrere Hundert Fassungen des AschenbrödelMärchens bekannt. Jedes europäische Land kennt mindestens eine, noch häufig mehrere, wenn nicht gar dutzende. Die Szenarios sind selbstverständlich verschieden. In der westlichen Welt ist die erste gedruckte Version vermutlich die des Neapolitaners Basile (Giambattista Basile, 1575­1632, Verfasser von Lo

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