Present Shock – Wenn alles jetzt passiert

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Douglas Rushkoff

Present Shock Wenn alles jetzt passiert

orange

press

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Aus dem Amerikanischen von Gesine Schrรถder und Andy Hahnemann



Douglas Rushkoff

Present Shock Wenn alles jetzt passiert


Douglas Rushkoff: Present Shock. Wenn alles jetzt passiert. Übersetzt von Andy Hahnemann und Gesine Schröder. Freiburg: orange-press 2014 © 2013 by Douglas Rushkoff. All rights reserved. Titel der Originalausgabe: Present Shock. When Everything Happens Now. © für die deutsche Ausgabe 2014 bei Alle Rechte vorbehalten. Gestaltung: Katharina Gabelmeier, unter Verwendung der Illustration von Harry Clarke zu Edgar Alan Poes Erzählung »A Descent into the Maelström« (1919) Lektorat: Undine Löhfelm, Torben Pahl Korrektorat: Birgitta Höpken Gesamtherstellung: fgb Im Text angegebene URLs verweisen auf Websites im Internet. Der Verlag ist nicht verantwortlich für die dort verfügbaren Inhalte, auch nicht für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität der Informationen. ISBN: 978-3-936086-72-0 | www.orange-press.com


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F端r meine Tochter Mamie, meine Gegenwart


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Inhalt 11

1 | Narrativer Kollaps

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2 | Digiphrenie

77

3 | Ăœberspanntheit

137

4 | Fraktalnoia

201

5 | Apokalypsie

245

Dank

269

Literaturnachweis

273

Auswahlbibliografie

281

Stichwortregister

283

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Vorwort


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Vorwort

Er ist einer der wachsamsten Hedgefonds-Manager der Wall Street, und doch scheint er mit seinen Transaktionen immer zu spät zu kommen. Händler größerer Firmen mit schnelleren Computern bemerken sofort, wenn er eine Order platziert, und nehmen diese vorweg. Der Kurs steigt dadurch um den Bruchteil eines Cents, was sein Geschäft weniger renta­ bel macht als gedacht. Er agiert in der Vergangenheit, weil ihm Software und Rechenleistung fehlen, um zur Gegenwart aufzuschließen. Und seine Kunden halten sowieso nichts mehr davon, in die Zukunft von Unternehmen zu investieren; sie wollen am Handel selbst verdienen, und zwar sofort. Sie sitzt in einer Bar in der Upper East Side von Manhattan, scheint sich aber weder für die Leute drumherum noch die Musik zu interessieren. Statt mit jemandem zu reden, scrollt sie durch Textnachrichten von Freundinnen, die an einem anderen Ort feiern – schließlich muss sie ent­ scheiden, ob sie hierbleiben oder ob anderswo etwas Besseres geboten wird. Tatsächlich weckt etwas auf dem Bildschirm ihres Smartphones ihr Interesse, und Sekunden später ist sie mit ihrer Clique im Taxi Richtung East Village unterwegs. Sie betritt eine zweite, fast identische Bar und beschließt, das hier sei the place to be – aber statt die Party zu genießen, macht sie eine Stunde lang mit ihrem Handy Fotos von sich und ihren Freundinnen, die sie sofort hochlädt, damit die ganze Welt sie sehen kann.

Das ist das neue »Jetzt«.

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Er sieht die Zeichen überall: eine neue »Naturkatastrophe« in den Abendnachrichten, die Schwankungen der Benzinpreise, Diskussionen um eine einheitliche Weltwährung. Die Flut der Informationen bedeutet nicht, dass mehr passiert. Aber mehr von dem, was passiert, dringt zu uns durch. Prophezeiungen scheinen nicht mehr die Zukunft zu beschreiben, sondern einen Leitfaden für die Gegenwart darzustellen. Ob man der Quantenphysik vertraut oder dem Maya-Kalender: Das Ende aller Zeiten steht ohnehin bald bevor. Wir müssen uns nicht mehr auf das messianische Zeitalter vorbereiten; wir sind schon mittendrin.


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Unsere Gesellschaft konzentriert sich auf den gegenwärtigen Moment. Wir erleben alles im Liveticker, in Echtzeit, always-on. Auch wenn neue Technologien und ein veränderter Lebens­stil dafür gesorgt haben, dass wir alles immer schneller tun: Es geht nicht nur um Be­schleunigung. Es geht um den Bedeutungsverlust von allem, was nicht gegenwärtig ist – weil der Ansturm von allem, was genau jetzt passiert, so gewaltig ist. Es geht darum, dass sich die weltweit führende Suchmaschine zu einem in Echtzeit generierten Datenstrom namens Google Now weiterentwickelt, der sich ungefragt individuell anpasst und unsere Bedürfnisse anti­zipiert; darum, dass die Sofortnachricht die E-Mail verdrängt und Twitter-Feeds die Blogs ablösen. Es geht um die Frage, warum Schüler keiner linearen Argumentation mehr folgen können, warum Reality-TV einen so großen Platz im Fernsehen einnimmt und wir uns schon über Bücher und Platten aus dem letzten Monat kaum noch sinnvoll unterhalten kön­nen; geschwei­ ge denn über globale Probleme, die uns noch langfristig beschäftigen werden. Es geht um eine Finanzwirtschaft, die Unterneh­mern nicht mehr das nötige Kapital für ihre Investitionen zur Verfü­gung stellen kann. Und es geht um die Sehnsucht nach der »Sin­gu­la­ri­tät«, nach irgendeiner Form von Apokalypse, in der das lineare Zeit­er­lebnis ab­gelöst wird durch eine posthistorische, ewige Gegenwart, zur Not auf Kosten der menschlichen Freiheit oder der Zivilisation als Gan­zes. Das neue Jetzt bedeutet aber auch, dass wir erfahren, was auf den Stra­ßen von Teheran, Istanbul und Kiew passiert, bevor CNN ein Kamera­ team zusammenstellen kann. Es bedeutet, dass ein erfolgreicher Mana­ ger den Traum, mit seiner Familie nach Vermont zu ziehen und Kajaks zu produzieren, nicht auf den Ruhestand verschiebt, sondern jetzt verwirklicht. Es bedeutet, dass Millionen Menschen mit neuen Formen von Aktivismus experimentieren können, bei denen Konsens mehr gilt und mehr bewirkt als die Durchsetzungsfähigkeit eines Einzelnen. Es bedeu­ tet, dass Firmen wie H&M oder Zara Überproduktion vermeiden können, indem sie quasi on demand produzieren: Sie reagieren fast in Echtzeit auf die Daten eines Etiketts, das in fünftausend Meilen Entfernung über den Kassenscanner läuft. Es bedeutet, dass ein Präsidentschaftskandidat die Wahl gewinnen kann, der weder die glorreiche Ver­gangenheit noch


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die drohende Zukunft ins Feld führt, sondern seinen Wählern zuruft: »Wir sind diejenigen, auf die wir gewartet haben.« Tja, das Warten hat ein Ende. Wir sind da. So wie das Ende des 20. Jahrhunderts vom Futurismus geprägt war, steht das beginnende 21. im Zeichen des Präsentismus. Der Blick nach vorn, der in den späten 1990ern so verbreitet war, hatte sich mit dem Beginn des neuen Jahrtausends erledigt. Wie einige ande­re prophezeite auch ich damals ein gesteigertes Gegenwartsbewusstsein, ein Interesse an echten Erfahrungen und dem Wert der Dinge im Augenblick. Dann kam 9/11 und verstärkte diese Tendenz noch. Der Ter­ ror zwang Amerika dazu, sich mit der eigenen Endlichkeit auseinander­ zusetzen. Die Menschen zeugten reihenweise Kinder1 oder reichten die Scheidung ein2, weil sie – zumindest unbewusst – spürten, dass wir nicht ewig leben, und weniger bereit waren, Entscheidungen immer weiter auf­zuschieben. Wenn dann noch die Echtzeittechnologien von Smartphone bis Twitter dazukommen, permanentes Multitasking, kurzlebige Konsumkreisläufe und eine Wirtschaft, die darauf basiert, dass wir jetzt mehr ausgeben, als wir im ganzen Leben verdienen werden, dann kann man schon mal die Orientierung verlieren. Die Ausgangslage ist vergleich­ bar mit der, die der Futurologe Alvin Toffler in den 1960er-Jahren als »Zukunftsschock« bezeichnete. Nur dass es heute ein Gegenwartsschock ist, den wir erleben. Und ob­ wohl dieser ein Phänomen unserer unmittelbaren Gegenwart ist, hat er doch wenig mit Unmittelbarkeit und Gegenwärtigkeit zu tun. Viele haben richtig vorausgesagt, wie dieser neue Präsentismus Investitio­ nen und die Finanzwelt beeinflussen würde und wie sich Technologien und Medien weiterentwickeln müssten. Aber wir hatten keine Ahnung, was es für uns als Menschen bedeuten würde, im »Jetzt« zu leben. So hat uns unsere Konzentration auf die Gegenwart etwa von den großen Ideologien des 20. Jahrhunderts befreit. Niemand – na ja: fast niemand – lässt sich heute noch einreden, dass irgendwelche mythischen Zwecke alle Mittel heiligen. Arbeitnehmer und Konsumenten fallen nicht mehr so leicht auf die Loyalitätsrhetorik der Unternehmen herein. Aber der Wan­del hat uns nicht dazu gebracht, genauer wahrzunehmen, was um uns herum vorgeht. Wir nähern uns keinem zenbuddhistischen Zustand


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der ewigen Gegenwart, in dem wir ganz mit uns selbst und unserer Um­ gebung eins werden und zu einer fundamentalen Erkenntnis unseres Selbst gelangen würden. Stattdessen leben wir in einem Zustand ständiger Ablenkung, in dem wir das Unwichtige nicht mehr vom Wichtigen unterscheiden können. Unsere Fähigkeit, einen Entschluss zu fassen – geschweige denn ihm zu folgen –, leidet unter dem Bedürfnis, auf unzählige externe Impulse zu reagieren, die uns jeden Moment aus der Bahn werfen können. Wir sind im Hier und Jetzt nicht etwa sicher verankert, sondern reagieren nur noch auf den allgegenwärtigen Ansturm simultaner Impulse und Anfor­ derungen. In gewisser Weise entspricht das sogar dem, was die Entwickler unse­rer heutigen Rechner und Netzwerke erreichen wollten. Computer-Visionä­re wie Vannevar Bush und J.C.R. Licklider träumten Mitte des 20. Jahrhun­ derts von Maschinen, die uns die Erinnerungsarbeit abnehmen würden. Sie sollten uns von der Last der Vergangenheit – und vom Schrecken des Zweiten Weltkriegs – befreien, indem sie es uns ermöglichten, uns ganz auf die Lösung gegenwärtiger Probleme zu konzentrieren und alles Zu­ rückliegende zu vergessen. Die Informationen über die Vergangenheit sollten erhalten bleiben, aber außerhalb unseres Körpers, im Speicher der Maschine. Und tatsächlich ist es ihnen gelungen, die Gegenwart von der Bürde der Erinnerung zu befreien, ohne diese zu verlieren. Wir können jetzt sozu­ sagen mehr Rechenkapazitäten unseres Gehirns auf das RAM verwenden, den Prozessor, statt nur unsere zerebralen Festplatten ordentlich zu befüllen. Aber wir laufen Gefahr, diesen kognitiven Überschuss an die Be­schäftigung mit Trivialitäten zu verschwenden, anstatt uns mit den Herausforderungen auseinanderzusetzen, die auf uns zukommen. Verhaltensökonomen nutzen die wachsende Kluft zwischen unserem kognitiven Zugriff auf die Gegenwart und auf die Zukunft. Sie ermuntern uns, zukünftige Schulden als weniger wichtig zu erachten als gegenwärtige Kosten, und drängen uns zu finanziellen Entscheidungen, die eigentlich nicht in unserem Interesse liegen. Wo diese Kurzsichtigkeit auch das Bankwesen und die wirklich großen Budgets erfasst – etwa die der Federal Reserve oder der Europäischen Zentralbank –, tappen ganze


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Volkswirtschaften in dieselben logischen Fallen wie die einzelnen Dar­ le­hens­nehmer und Kreditkartennutzer. Wie wir unsere Entscheidungen treffen, beschäftigt eine ganze Reihe Neuro­wissenschaftler, meist im Auftrag von Konzernen, die auf gefügi­ ge­re Angestellte und Konsumenten hoffen. Aber egal wie viele Proban­ den sie in ihre Kernspintomographen schieben: Im Mittelpunkt ihrer Untersuchungen stehen immer die Gehirnbereiche, die bei kurzfristi­gen, impulsiven Entscheidungen aktiv werden, und nicht die, die für rationa­le Erwägungen zuständig sind. So werden letztere zunehmend in den Hin­ tergrund gerückt, und wir werden damit ermutigt, uns ganz auf spontanes, instinktgesteuertes Verhalten zu verlassen – so als sei es der ein­zi­ge Schlüssel. Diese Betonung des Augenblicks hilft den Neurotechnologen vermutlich, ihre Dienstleis­tun­gen an Konzerne zu verkaufen, aber in Wirklichkeit wird das menschliche Verhältnis zum Augenblick dadurch nicht angemessen dargestellt. Obwohl ihr Arsenal an Forschungsmethoden wächst und zunehmend in­vasiver wird, kommen Marketingexperten und Meinungsforscher doch nie an den lebendigen Prozess heran, in dem die Wahl auf ein Produkt oder auf einen bestimmten Kandidaten fällt. Ihre Hochrechnungen basieren immer nachträglich darauf, was die Probanden gerade gekauft oder beschlossen haben. Das »Jetzt«, mit dem sie sich befassen, verrät ihnen nichts über Wünsche, Gründe und Kontexte. Sie versuchen, aus Entscheidungen, die bereits getroffen wurden, künfti­ge Entscheidungen abzuleiten – und zu beeinflussen. Ihre Kampagnen gaukeln uns vor, dass wir im Augenblick leben, und spornen uns zu entsprechend impulsiven Verhaltensweisen an. In Wirklichkeit macht uns das nur empfänglicher für Manipulationen. In Wirklichkeit gibt es dieses »Jetzt« gar nicht – jedenfalls nicht das Jetzt, von dem die Marketingexperten sprechen. Es liegt in seiner Natur, dass es nicht festgehalten werden kann, und eigentlich spielt es auch gar keine Rolle. In dem Moment, wo das »Jetzt« wahrgenommen wird, ist es auch schon vorüber. Wie bei gesichtsgelähmten Botox-Junkies, die einer immer kleiner werdenden Schönheits­rendite nachjagen, nimmt uns gerade der Versuch, die Zeit anzuhalten und den Augenblick zu bewah­ ren, unsere Fähigkeit, diesen Augenblick wirklich zu erleben.


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Der Versuch, den flüchtigen Moment einzufangen, macht aus unserer Kultur ein einziges entropisches, statisches Rauschen. Erzählstrukturen und Ziele lösen sich auf, und was übrig bleibt, sind verzerrte Aufnahmen vom Echten und Unmittelbaren in Form von Tweets und Status-Updates. Was wir gerade im Augenblick tun, wird wichtiger als alles andere – mit verheerenden Folgen. Denn dieser verzweifelte, narzisstische Zugriff auf die Zeit kann nicht ge­ lingen. Welches »Jetzt« soll denn wichtiger sein – das von gerade eben oder das, in dem ich mich jetzt befinde? In den folgenden Kapiteln untersuchen wir den Gegenwartsschock in verschiedenen Ausprägungen, auf unterschiedlichen Ebenen. Es wird darum gehen, wie wir Kulturgüter produzieren und erleben, wie wir unse­ re Ge­schäfte führen, unser Geld investieren, Politik machen, die Wissen­ schaften verstehen und uns die Welt erklären. Panikreaktionen auf den Gegenwartsschock werden ebenso betrachtet wie die erfolgreicheren Versuche, uns in der neuen Zeit zurechtzufinden. Das Buch ist in fünf Abschnitte unterteilt, die sich jeweils einer charakteristischen Manifestation des Gegenwartsschocks widmen. »Narrati­ver Kollaps« stellt die Frage, wie sich Geschichten erzählen und Werte vermitteln lassen, wenn wir nicht mehr dazu kommen, einer linearen Hand­ lung zu folgen. Die Popkultur kommt ohne traditionelle Plots aus – aber wie funktioniert Politik ohne Rückgriff auf die großen Erzählun­gen? In »Digiphrenie« befassen wir uns damit, dass es uns die Medien erlauben, an mehreren Orten gleichzeitig präsent zu sein, und was das für uns bedeutet. Wie jede andere Technologie davor prägt die Digitalität unser Zeitempfinden und stellt uns vor ganz neue Herausforderungen. »Überspanntheit« steht für den Versuch, große Zeitskalen in viel klei­ne­­re hineinzupressen, also in einem einzigen Augenblick Wirkun­gen zu erzielen, die sich eigentlich erst über einen längeren Zeitraum entfalten. Wie verändert das die Geschäfts- und Finanzwelt, die zunehmend mit Deri­va­ ten operiert? Im darauf folgenden Kapitel sehen wir uns an, was pas­siert, wenn wir die Welt ausschließlich aus der Gegenwart heraus interpretieren. Den verzweifelten Versuch, willkürlich und in Echtzeit Zu­sam­men­ hänge herstellen, ohne Einordnung von Ursache und Wirkung auf einer Zeitschiene, bezeichne ich als »Fraktalnoia«. Und zuletzt betrachten wir


die Symptome von »Apokalypsie – der Sehnsucht nach einem Ende an­ gesichts einer alles dominierenden, nicht enden wollen­den Gegenwart. Wir begegnen auf der Forschungsreise zu den verschiedenen Erschei­ nungs­­formen des Gegenwartsschocks Drohnenpiloten, die eben noch Bom­ben in einem entfernten Kriegsgebiet abgeworfen haben und wenig später in ihrem Vorstadthäuschen am Abendbrottisch sitzen. Wir erfahren, wie sich der Aktienhandel mit ultraschnellen Algorithmen sogar auf die Architektur der Gebäude in Manhattan auswirkt und was die Digi­ ta­lisierung des Börsengeschäfts für die menschlichen Händler bedeutet. Wir lernen »Preppers« kennen, die sich für den Weltuntergang bevorra­ ten und gleichzeitig den Klimawandel für eine Verschwörungstheorie halten.3 Und bei all diesen Themen geht es um die Frage, wie wir mit den Veränderungen umgehen sollen, wo wir doch gar keine Zeit mehr haben, um über all das einmal gründlich nachzudenken. Ich schlage vor, dass wir intervenieren – und zwar genau jetzt, in diesem Moment. Wenn sich alles unkontrollierbar beschleunigt, ist manchmal Geduld das Einzige, was hilft. Drückt auf Pause.

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Wir haben Zeit.


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