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JERA ON AIR / PUNK ROCK HOLIDAY
from FUZE.94
Foto: Portraits by Trix
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Foto: Stipe Surac
ENDLICH WIEDER FESTIVALS. Nach zwei Jahren der Dürre darf man sich wieder vorsichtig auf einen Festivalsommer freuen. Aber wie verliefen die letzten Jahre für die Veranstalter? Wir sprechen mit Thijs Vogels, Booker beim niederländischen Festival Jera On Air, und Andrej Sevšek, Promoter des Punk Rock Holiday in Slowenien, über die letzten Jahre und die Zukunft.
Nach zwei langen Jahren sieht es so aus, als wären die Konzerte und Festivals wieder da – wie habt ihr die letzten zwei Jahre überstanden? Thijs: Wir arbeiten alle ehrenamtlich beim Festival, so dass mein bezahlter Job einfach weiterlief. Außerdem habe ich eine Tochter bekommen, als Corona anfing, also war ich mit anderen Dingen beschäftigt. Andrej: Sehr aktiv. Zusammen mit befreundeten Veranstaltern und Musikern haben wir einen slowenischen Ableger der WeMakeEvents-Bewegung namens MiDelamoDogodke gegründet und viele Aktionen durchgeführt, um auf die Probleme der Live-Musikbranche während der Epidemie aufmerksam zu machen. Leider bekamen wir in derselben Woche, in der die Epidemie begann, eine rechtsgerichtete Regierung, und es gab ein großes Problem in der Kommunikation mit den Behörden, insbesondere mit dem Kulturministerium, das alle unsere Appelle, dem Sektor zu helfen, ignorierte und praktisch darauf hinarbeitete, alternative Kulturzentren wie das Metelkova in Ljubljana sowie NGOs im Allgemeinen, aber auch die unabhängigen Medien auszuschalten. Zum Zeitpunkt dieses Interviews stehen wir zwei Tage vor Neuwahlen und ich hoffe wirklich, dass die dunkle Ära in Slowenien dann endlich ein Ende hat.
Was, glaubt ihr, waren die größten Probleme für euer Festival in den letzten zwei Jahren? Gab es jemals einen Moment, in dem du dachtest, dass es nie wieder stattfinden wird? Thijs: Das Schwierigste ist, alle Freiwilligen zu motivieren, dem Festival treu zu bleiben. Ohne Freiwillige gibt es kein Festival. Aber wir sind eine sehr motivierte und eingeschworene Truppe, so dass wir nie die Hoffnung verloren haben! Andrej: Zum Glück hat das PRH die beste Fangemeinde, die sich ein Veranstalter wünschen kann, so dass jeder, der ein Ticket für das PRH2020 gekauft hat, sein Ticket für 2022 behalten hat, was das Festival gerettet hat. Außerdem haben wir 2020 ein sehr erfolgreiches Crowdfunding durchgeführt, das uns das Überleben für die folgenden zwei Jahre gesichert hat. Wir hatten auch das Glück, 2021 in letzter Minute ein kleineres Festival namens Punk Rock Camp veranstalten zu können, das für uns alle eine großartige Oase und eine Brücke der Hoffnung war, so dass 2022 ohne Einschränkungen über die Bühne gehen sollte. Das Problem ist nun, dass alle Preise von A bis Z in die Höhe geschossen sind und das Festival, das schon vor dem Start ausverkauft war, keinen Spielraum hat, die Ticketpreise entsprechend anzupassen. Aber ich denke, wir werden es schon irgendwie schaffen zu überleben. Wir sind einfach nur froh, dass das Festival endlich stattfindet und wir erwarten eine große Wiedersehensparty mit unserer Familie aus aller Welt. Ich hätte nie gedacht, dass es tatsächlich zwei Jahre dauern würde, aber wir haben die Hoffnung nie aufgegeben.
Was habt ihr in den letzten Jahren am meisten in der Live-Szene vermisst? Thijs: Den Kontakt mit all den netten Leuten in der Szene und natürlich die Live-Musik! Andrej: Wie jeder ... das soziale Leben, das sich um LiveShows herum abspielt. Freunde bei den Shows zu treffen, neue Leute aus der Szene und als Promoter kennen zu lernen und in der Lage zu sein, zu arbeiten und meine Familie zu versorgen. Nachdem ich mein „Geschäft“ 25 Jahre lang aufgebaut hatte, wurde mir alles, wofür ich gearbeitet hatte, weggenommen, und zum ersten Mal in meinem Leben konnte ich nichts dagegen tun. Absolut keine Kontrolle ... Und das Schlimmste war, monatelang zu warten und keine Ahnung zu haben, wann das endlich aufhören würde. Ich habe einfach versucht, nicht den Verstand zu verlieren.
Im Moment sind viele Leute, die ich kenne, besorgt darüber, dass der Live-Szene viele Leute hinter der Bühne fehlen. Bühnen-, Ton- und Lichttechniker sowie Backliner und viele mehr haben sich aus der Musikszene verabschiedet. Ist das etwas, womit ihr im Moment zu kämpfen habt? Andrej: Ja, natürlich, aber zum Glück leidet das Festival nicht so sehr darunter, da fast die gesamte Crew aus unseren Freunden aus der Alternative/PunkSzene besteht, so dass wir in ständigem Kontakt waren und versucht haben, positiv zu denken und zu überleben. Wie bereits erwähnt, gründeten wir die NGO MiDelamoDogodke/WeMakeEvents und machten sie zu einer Wohltätigkeitsorganisation, um Menschen aus der Live-Musikszene zu helfen, die ihren Job verloren hatten. Wir verkauften Waren und sammelten Spenden und halfen Menschen, die nicht einmal mehr ihre Rechnungen bezahlen konnten. Wie ich bereits erwähnt habe, hat die Regierung nichts dagegen unternommen ... Was, glaubst du, hast du in den letzten zwei Jahren gelernt? Thijs: Niemals die Hoffnung aufgeben und weiterhin das tun, was einen motiviert. Andrej: Dass man nichts für selbstverständlich halten kann. Und dass man, egal wie erfolgreich man ist, in eine Lage kommen kann, die man sich nie hätte vorstellen können.
Da Konzerte und Festivals endlich wieder möglich sind – glaubst du, dass sie sich verändern werden? Oder werden sie genauso sein wie im Jahr 2019? Thijs: Ich denke, es wird wie in den alten Tagen sein. Es könnte ein Jahr dauern, bis sich alle wieder daran gewöhnt haben, aber ich denke, die Atmosphäre wird wie früher sein. Andrej: Ja, es wird wieder so sein wie 2019. Das muss so sein. Wir alle vermissen es so sehr. Und dann geht es von dort aus weiter. Ich mache mir nur Sorgen, dass wir eine Generation von Festival- und Konzertbesuchern verloren haben, die keine Chance hatten, in diese schöne Welt der Live-Musik und -Szene einzutauchen. Aber das ist ein großes Problem im Allgemeinen. Gerade in dem ganzen Wahnsinn der gesellschaftlichen Digitalisierung. Die Musikszene verliert bereits viel von ihrer Atmosphäre, da alles gestreamt wird und die Leute nur noch kleine Teile der Musik konsumieren. Nicht einmal ganze Songs. Ich hatte schon Angst, dass sich irgendeine Plattform durchsetzt und auch Livestreams anbietet, was das Aus für echte Live-Shows mit Live-Publikum bedeuten würde. Aber jetzt, da die Shows wieder stattfinden, kann ich sagen, dass ich mich geirrt habe, denn die Shows sind voll und es gibt ein neues Publikum, was mich sehr freut.
Worauf freust du dich dieses Jahr am meisten bei deinem Festival? Thijs: All die netten Gesichter von Familienmitgliedern zu sehen, die ich in den letzten zwei Jahren vermisst habe, und viele großartige Auftritte von unseren Bands zu sehen! Andrej: Auf alles. Alles, was wir alle so sehr vermisst haben, findet endlich wieder statt. Und das ist fantastisch. Und Melonenkugeln! Dennis Müller