Test Hahl Gitano aus AG 6-99

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D u r c h gecheckt

Swingtime Hahl „Gitano Swing Classic & Gitano Classic De Luxe“ Von Wolfgang Niemann

Wer meint, er kenne schon alles, wird beim Anblick und einem persönlichen Antesten dieser beiden Gitarren angenehm und effektvoll überrascht. Ist das Design nicht unbedingt neu und manchem auch wohl geläufig, stutzt man doch bei näheren Hinsehen: Beide Gitarren sind mit Nylonstrings besaitet, die ihren Halt wie selbstverständlich an einem klassischen Knüpfsteg finden.

Z

Konstruktion

Beiden Gitarren gemeinsam ist die äußerst kompakte und eigenständige Formgebung mit einem flach gehaltenen Cutaway (Korpusausschnitt), der einen komfortablen Zugang zu den oberen Bünden bietet. Sehr angenehm, gerade bei einem Halsansatz am 12. Bund. Auch die Formgebung des Schalllochs ist identisch. Wie beim Halsansatz Exzellente entschied sich Hölzer Gitarrenbauer Stefan Hahl für eine Orientierung am Ursprungsmodell. So findet sich die sowohl akustisch wie auch optisch ungemein reizvolle Variante eines Schalllochs in der Form eines großen D. Wird durch den Halsansatz am 12. Bund bereits der Steg mehr zur Mitte hin platziert, vergrößert das D-Loch die vor dem Steg liegende Schwingungsfläche.

66 AKUSTIK GITARRE 6/99

Großer Ton, neue Wege: die Hahl „Gitano Classic De Luxe“

Fotos (4): Schuhmann

unächst aber ein kleiner einleitender historischer Exkurs. Das Design stammt, wie so viele bedeutende Neuerungen, bereits aus den 30er Jahren. Diesmal nicht einer rührigen Konstruktionsabteilung eines großen amerikanischen Unternehmens entsprungen, sondern allein den Überlegungen und persönlichen Wünschen eines italienischen Konzertgitarristen: Mario Maccaferri. Wenngleich dieser den Eingang in die Welt der Gitarre zunächst über eine Ausbildung zum Gitarrenbauer fand, wurde seine Tätigkeit als Konstrukteur doch zunächst durch eine Karriere als Konzertgitarrist vorgelegt. Mit seinem Umzug nach London im Jahre 1929 änderte sich dies allerdings, als er seine selbst entworfene und gebaute Gitarre der Firma Selmer präsentierte. Maccaferris Design gefiel, und so einigte man sich auf eine Zusammenarbeit. Allerdings war diese nur von kurzer Dauer, denn bereits nach etwa einem Jahr trennte man sich wieder. Selmer/Paris baute dieses Design noch für weitere 19 Jahre, änderte aber 1934 den HalsKorpus-Übergang auf den 14. Bund und verkleinerte das D-Loch auf ein schmales Oval.

Toller Ton, variabel einsetzbar: die Hahl „Gitano Swing Classic“ Darüber hinaus wird zusätzlich die Statik dieses sensiblen Deckenbereichs positiv beeinflusst. An dieser Stelle enden nun die Gemeinsamkeiten. Wird bei der Hahl „Gitano Swing Classic“ der Korpus aus Fichte (30 Jahre abgelagerte Alpenfichte mit „SilkEffekt“) für die Decke und aus Riegelahorn (ausdrucksstark geflammt) für Boden/Zarge gefertigt, findet man bei der „Gitano Classic“ für diese Komponenten kanadische Rotzeder (Mastergrade, 30 Jahre abgelagert) und massives Rio-Palisander. Letzteres ist mittlerweile ein nur noch sehr schwierig erhältliches Tonholz; optisch und akustisch ein Genuss. Auch die Hälse unterscheiden sich sowohl bei den verwendeten Hölzern, beim Griffbrett und bei der Anzahl der Bünde wie auch bezüglich der Maße. Die „Swing Classic“ hat einen Hals aus Ahorn mit einer Mittelfuge aus französischem Walnuss, versehen mit einem Ebenholz-Griffbrett, in das 24 Bünde sauber eingelassen sind. Die letzten vier Bünde stehen einem allerdings nur für die oberen drei Saiten zur Verfügung. Dem Ursprungsmodell entsprechend findet man zur Orientierung in das Griffbrett eingelassene Perlmuttpunkte mit dezenter Entsprechung auf der Griffbrettkante. Traditionell auch die Holzauswahl für die „Classic De Luxe“. Verwendet wurde hier sehr gleichmäßig und fein gemasertes Mahagoni, ebenfalls mit einer Mittellage aus französischem Walnussholz versehen. Als Material findet sich für das Griffbrett fein strukturiertes Ebenholz, in das

bei der „Classic De Luxe“ „nur“ 20 Bünde eingelassen wurden. Folglich endet das Griffbrett in einer schönen Verrundung am Schallloch. Bis auf seitlich am 5. und 7. Bund eingelassene Punkte finden sich keine weiteren Orientierungsmöglichkeiten. Ganz in der klassischen Bauweise von Konzertgitarren. Beide Hälse sind einteilig gefertigt, sieht man einmal von dem angeleimten Halsfuß ab. Doch auch die „inneren Werte“ dieser beiden vermeintlich gleichen Gitarren unterscheiden sich. Stefan Hahl orientiert sich bei der „Swing Classic“ am Ursprungsmodell Maccaferris‘. Dessen Beleistung der Decke ist – wenn auch mit Anlehnung an die klassische Fächerbeleistung von Antonio Torres - deutlich spezieller. Dennoch ist die Auslegung der auf der gleichen Grundidee der „Classic De Luxe“ mehr an den Hahl-eigenen Solistenkonzertgitarren angelehnt. Auffallend ist die leichte Wölbung von Decke und Boden. Erreicht wurde diese durch eine geringfügige äußere Abflachung der Innenbeleistung und eine unter leichter Spannung durchgeführte Verleimung von Decke, Boden und Innenverstrebungen. Ein alter „Geigenbauertrick“, der nicht nur die Statik verbessert, sondern auch Lautstärke und Durchsetzungskraft erhöht.

Klang- und Spieleigenschaften

Das von Maccaferri erdachte Design ist in der Tat wirklich als äußerst komfortabel zu bezeichnen. Beide Gitarren liegen perfekt ausbalanciert auf dem Bein, nicht zuletzt auch


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Technische Daten Technische Daten

durch die schlanke Kopfplatte. Trotz ihrer massiven Halsmaße liegen beide Hälse angenehm in der Hand. Aber an dieser Stelle sei Weit in das Schallloch darauf hingewiesen, reichendes Griffdass bei Hahl – ähnbrett lich einer Bestellung von Maßschuhen – jede Gitarre dem Musiker „in die Hand“ gebaut wird. Alle Wünsche bezüglich Mensur und Halsmaßen sowie bestimmte Holzoptionen (siehe technische Daten) werden berücksichtigt. So ist es auch nicht als unbedingt Cutaway repräsentativ anzusehen, dass der Hals der „Gitano Swing Classic“ mit einem Maß von 52/62 (Sattel/12. Bund) deutlich breiter und gewöhnungsbedürftiger ist als der der „Classic De Luxe“ (48/58). Die Saitenlage ist ausreichend komfortabel eingestellt, ein Ansetzen der Saiten, auch bei starkem Anschlag, ist nicht der Fall. Und auch hier ist eine Einstellung des Instruments auf die individuellen Vorstellungen des Musikers möglich. Tonlich kann man beiden Instrumenten die Erfüllung hoher Ansprüche bescheinigen. Beiden Instrumenten ist gemein,

Modell „Gitano Swing Classic“ Herkunft Deutschland Decke Alpenfichte, massiv, Korpus Riegelahorn, Boden und Zargen massiv, Hals Ahorn/franz. Walnuss, 3-tlg. Bindings Mahagoni Griffbrett Ebenholz Mensur 650 mm Anzahl der Bünde 24 Halsbreite Sattel 52 mm Halsbreite 12. Bund 62 mm Mechaniken Schaller „Gold“ Lackierung Nitrocellulose, Hochglanz empf. Verkaufspreis 6.200,- DM inkl. Luxuskoffer Optionen Decke: Fichte o. Zeder, Boden/Zargen: Ahorn o. ostindischer Palisander, Hals: Ahorn o. Mahagoni, „De Luxe“- Ausführung: Rio-Palisander massiv für Boden/Zarge, Mensur, Halsbreite, Tonabnehmer-System (Aufpreis)

dass der Ton schnell und leicht anspricht, lange ausklingt und sich beim Ausschwingen feine Obertöne dem Grundton zumischen und so für eine angenehme Farbigkeit und Frische des Klanges sorgen. Über den Sinn der Griffbrett-Erweiterung bei der „Gitano Swing Classic“ lässt sich sicherlich streiten, da Nylonsaiten nun einmal umso schlechter schwingen, je mehr sie verkürzt werden. Aber kann es schaden? Der eine oder andere wird es vielleicht nutzen. In einem unmittelbaren Vergleich merkt man schließlich, weshalb Rio-Palisander die erste Wahl für hochwertige Gitarren ist. So weist der Ton der „Classic DeLuxe“ noch ein Quäntchen mehr an Eleganz, Klarheit und Tiefe auf. Doch Sensibili-

Modell Herkunft Decke Korpus Hals, Bindings Griffbrett Mensur Anzahl der Bünde Halsbreite Sattel Halsbreite 12. Bund Mechaniken Lackierung Empf. Verkaufspreis Optionen

„Gitano De Luxe“ Deutschland kanadische Rotzeder, massiv, Rio-Palisander, Boden und Zargen massiv, Mahagoni/franz. Walnuss, 3-tlg. Rio-Palisander Ebenholz 650 mm 20 48 mm 58 mm Reischel „De Luxe“ Nitrocellulose, Hochglanz 8.900,- DM inkl. Luxuskoffer Decke: Fichte o. Zeder, Mensur, Halsbreite, Griffbrett-Extension, Tonabnehmer-System (Aufpreis)

tät und Dynamik können beiden Instrumenten bescheinigt werden. Unterschiedliche Anschlagsarten werden sauber abgezeichnet und sind in der Dynamik gut zu kontrollieren.

Fazit

Beide Instrumente bieten Gitarrenbaukunst auf höchstem Niveau. Eine überzeugende Kombination aus besten Tonhölzern, Lack, Leim und kunstvollem Handwerk. Wem die klassische Nylonstring zu traditionell ist oder wer nach neuen tonlichen Ausdrucksmöglichkeiten sucht, für den könnte es interessant sein, sich mit diesen beiden Gitarren näher zu beschäftigen.


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