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BRAUT-COUPÉ S

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BRAUT-COUPÉ

Basel galt um 1900 als die Schweizer Stadt mit den schönsten Kutschen und Pferden. Hier hatten sich mit den Carrosserien Kauffmann (nach 1894 in Reinbolt & Christé umfirmiert) und Heimburger zwei Kutschenproduzenten angesiedelt, die zu den besten des Landes gehörten.

Ihre Kunden waren vor allem reiche Patrizier der Stadt. Im sozialen Leben dieser Oberschicht nahmen standesgerechte Jagd- und Stadtwagen einen hohen Stellenwert ein. Dazu gehörte besonders das elegante Kutschenmodell «Coupé».

Es diente als geschlossener Wagen zur abendlichen Fahrt ins Theater und vor allem für formelle Anlässe. So war der zweiplätzige Wagen mit heller Ausstaffierung die unabdingbare Hochzeitskutsche. Das hier präsentierte Coupé konnte von 1925 bis um 1960 bei der Droschkenanstalt Settelen samt Kutscher und zwei herausgeputzten Pferden als «Brautwagen» gemietet werden. Es war zu diesem Zweck 1925 von der Basler Carrosserie Reinbolt & Christé vollständig revidiert worden.

Vorher stand das Coupé in der Basler Familiendynastie Bachofen als Privatwagen in deren Remisen. Nach der Machart wurde das Fahrzeug um 1860/70 gebaut. Der bekannte Mutterrechtsforscher Johann Jakob Bachofen (1815–1877) hatte es wohl zur Vermählung mit seiner 30 Jahre jüngeren Frau, Louise Elisabeth Burckhardt, als Hochzeitswagen im Jahre 1865 angeschafft.

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DIE «LAUFMASCHINE» DES MARQUARD WOCHER VON 1817

Er gestaltete erfolgreich Porträts, Miniaturen, Genre- und Landschaftsbilder, Wappen, Briefköpfe oder Siegel, u.a. das Staatssiegel der Helvetischen Republik. 1808−1814 konstruierte er bei seinem Haus an der Sternengasse einen Rundbau für ein monumentales, gemaltes Panorama der Stadt Thun von 38,3 m × 7,5 m. Es blieb jahrzehntelang eine Basler Touristenattraktion und ist das älteste erhaltene Rundbild (heute als Depositum der Gottfried-Keller-Stiftung im Schadaupark Thun).

Denkbar ist, dass sich Wocher und der badische Erfinder Karl von Drais (1785−1851) bei einer Besichtigung in Basel begegneten und sich über die neuste Idee des badischen Erfinders austauschten: Im gleichen Jahr 1817 präsentierte dieser nämlich sein gelenktes Zweirad, das als «Ur-Fahrrad» gilt. Völlig unerhört war, dass man sich damit «pferdelos» bis zu 15 km/h schnell fortbewegen konnte. Wocher skizzierte seinerseits ein Gefährt, mit dem zwei Personen gemeinsam fahren konnten: Die eine trieb es rittlings hinter dem lenkbaren Vorderrad mit den Beinen voran, während die andere dahinter über zwei grossen Rädern sitzend zwei Hebel vom Boden abstiess. Wochers Entwurf wurde trotz der eleganten technischen Zeichnung nie realisiert: Man stelle sich vor, dass ein Biedermeier-Bürger sich wie ein Pferd vor ein «Sulky» spannt und seine Ehefrau zieht, die ihrerseits im eleganten Ausgehkleid kraftvoll mit den Stöcken vorwärtshebelt!

1980 schenkte der Freiwillige Museumsverein dem Schweizer Sportmuseum in Basel den am Anfang der Ausstellung präsentierten Nachbau (Leihgabe Verkehrshaus Luzern). Erbauer war der bekannte experimentelle Archäologe Dr. h.c. Alfred Mutz. Seine möglichst getreue Umsetzung von Wochers Zeichnung deckte weitere Mängel auf: So wiegt das fahrtüchtige Exemplar 151 kg, die badische «Draisine» dagegen knapp 25 kg, fast wie ein heutiges Velo. Wocher war ein kreativer Künstler, aber kein Konstrukteur!

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Im Basler Kupferstichkabinett befindet sich ein signiertes Aquarell (37,4 × 44,9 cm) von 1817 des Basler Künstlers, Händlers und Restaurators Marquard Fidel Dominikus Wocher (1760–1830).

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DIE ENTWICKLUNG DES FAHRRADES

Die Geschichte des Fahrrades beginnt mit dem Karlsruher Karl Drais von Sauerbronn (1785–1851). Er experimentierte zuerst mit vierrädrigen Fahrzeugen bis er, durch den Eislauf inspiriert, das einspurige Laufrad oder Veloziped (Schnellfuss) entwickelte und 1817 patentieren liess. Der Badische Forstmeister und Professor der Mechanik ist somit der Erfinder der Laufmaschine, des ersten Zweirades.

Der Franzose Ernest Michaux hat als erster ein Laufrad mit einer Tretkurbel versehen (andere Quellen nennen Pierre Lallement). Der Antrieb erfolgte nun direkt durch das Vorderrad. Diese Konstruktion, das Tretkurbelrad, hatte einen geschmiedeten Metallrahmen, eine gefederte Sattelaufnahme, eine Bremse und eisenbereifte Holzräder. Ernest und Pierre Michaux produzierten um 1865 diese «Michaulinen» in grösseren Stückzahlen.

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Um mehr Tempo zu erreichen wurde das Antriebsrad ständig vergrössert. Vorerst noch mit Holzrädern ausgerüstet, waren die Fahrzeuge um 1880 nun ganz aus Stahl undhatten Hartgummireifen. Die hohe Sitzposition bewirkte einenhohen Schwerpunkt und es kam oft zu gefährlichen Stürzen. Der Brite James Starley gilt als Schöpfer dieser deutlich leichteren und schnelleren Hochräder. Alleine in England gab es um 1884 mehrere hundert Hersteller. Noch immer waren diese Fahrzeuge aber für die meisten Leute unerschwinglich.

Mit den Sicherheits-Niederrädern begann um 1885 eine neue Epoche. Der Antrieb erfolgte nun über eine Kette. Noch waren die Stahlrahmen schwer und instabil, aber das Fahren war nun weniger gefährlich. Verschiedene Konstrukteure erprobten Niederräder. Den grössten Erfolg hatten J.K. Starley und W. Sutton mit ihrem Rover III Modell, welches sich schliesslich durchsetzte.

Bereits ab 1890 wurden Fahrräder mit geschlossenem Trapezrahmen angeboten, welcher sich noch heute bewährt. Der vom irischen Tierarzt John Boyd Dunlop um 1888 erfundene Luftreifen steigerte zusätzlich den Fahrkomfort und verhalf dem Velo endgültig zum Durchbruch. Der Freilauf und die Gangschaltungen, welche ab 1900 eingesetzt wurden, bilden die letzten bedeutenden Entwicklungsschritte.

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Jakob Iten-Jenny, einer der ersten Velohändler Basels, lehrt seine Tochter das Fahren auf einem Doppelsitzdreirad. Albert Aichele gewann 1885 die erste Bundesmeisterschaft in Interlaken (Schweizermeisterschaft) und stellte 1887 in München einen Stundenweltrekord mit 37,075 km/h auf dem Hochrad auf. Später wurde er Direktor und Erfinder bei der BBC Baden.

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Historische Velonummern

Ab 1894 mussten die Fahrräder eine Laterne sowie einen «Signalapparat» aufweisen, ein deutlich sichtbares Nummernschild zuerst vorne, dann hinten tragen und die Fahrenden brauchten eine persönliche Ausweiskarte. Obligatorische Rückstrahler bzw. elektrische Schlusslichter kamen 1933 bzw. 1966 dazu.

Basler Fahrradschilder veränderten sich mit der Zeit: bis 1942 gab es verschiedene Formate mit schwarzen Zeichen auf Aluminium-Grundfläche; bis 1951 waren sie querformatig 9 × 4 cm mit jährlichem Farb- und Bildwechsel, bis 1989 hochformatig 8 × 5 cm auf grauer bzw. roter Grundfläche; danach genügte eine aufgeklebte Vignette bis 31.5.2012, als man die Fahrradschilder und Kontrollen ganz abschaffte, da seither die private Haftpflichtversicherung die Unfälle abdeckt.

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BASELS ERSTE «AUTLER»: FAHRTEN INS GRÜNE, AUTOFALLEN UND REGULIERUNGEN

Gemäss dem erhaltenen, ersten Basler «Automobilkassenbuch» wurden 1898 Nummernschilder von 1−19 à 2 CHF abgegeben. Diese 19 AutoPioniere unterstanden der bereits 1894 erlassenen Radfahr-Verordnung. Es galt die Bestimmung: «Innerhalb der Stadt und der Dörfer darf … die Geschwindigkeit eines Pferdes im Trab nicht überschritten werden (d.h. maximal 10 km/h). Überall bei starkem Verkehr, … auf Brücken, bei Strassenkreuzungen … muss die Geschwindigkeit auf diejenige eines Pferdes im Schritt herabgemindert werden (6 km/h).»

Bei der ländlichen Bevölkerung provozierten die progressiven, betuchten Ausflügler aus der Stadt handfeste Widerstände: Autos erzeugten Staub, Lärm, Gestank und viele Fahrer beherrschten die unzuverlässige Technik kaum. Es ging um überfahrene Hühner, Hunde, Kinder, durchgebrannte Rinder und Pferde. Man berichtete von Pflastersteine werfenden Kindern, Strassenbarrieren, an denen Lokalpolizisten angebliche Geschwindigkeitsübertretungen büssten und ihren Anteil kassierten (die gefürchteten «Autofallen»), bis hin zu hinterhältig platzierten Querbalken oder Drahtseilen im Wald, die zu fatalen Kollisionen führten.

Ab 1904 vereinbarten 21 Kantone inkl. Basel das erste «Automobil-Konkordat». Seitdem wurden Fahrer wie Fahrzeuge amtlich geprüft. Die Autos mussten zwei unabhängige Bremsen aufweisen, eine grüne und weisse Laterne vorne, eine rote hinten, sowie ein bei allen erdenklichen Gefahrenmomenten zu betätigendes «Horn mit tiefem Ton». Vorne und hinten gab es für 20 CHF jährlich Kontrollschilder mit dem Kantonswappen und einer vierstelligen Nummer auf schwarzem Grund, in Basel die Nummern 4101 bis 4600. Nach zähem politischen Ringen entstand 1932 das erste, eidgenössische Strassenverkehrsgesetz mit landesweiten Standards, auch für die Schilder.

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Die Bilder zeigen Mitglieder des 1898 gegründeten Automobilclubs Basel bei einer Ausfahrt mit Handicap kurz nach 1900.

Die Aufnahme entstand kurz nach 1904: Der dritte Wagen von links mit der neuen Konkordats-Nr. 4134 gehörte dem Basler Eugen Soller, dem bekannten Lastwagenfabrikanten an der Clarastr. 43.

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AUTO- UND MOTORRADRENNEN AUF BASLER STADTBODEN

Ein Bonmot sagt, dass das erste Autorennen stattfand, nachdem das zweite Auto gebaut war. Tatsächlich waren Langstreckenrennen um die Wende zum 20. Jahrhundert sehr populär, denn es galt die Zuverlässigkeit der Motorräder und Automobile unter Beweis zu stellen. Basel diente jedoch vor 1921 nur dreimal als Start-, Ziel- oder Etappenort. Ein erster Höhepunkt des baselstädtischen Renngeschehens war die «Bergprüfungsfahrt Riehen – St. Chrischona». Die Automobilsektion Basel des TCS trug sie zusammen mit zwei Motorrad-Clubs zwischen 1923 und 1925 dreimal hintereinander aus. Nachdem Publikum und Behörden 1923 das Chrischona-Rennen begrüssten, entstand in den Folgejahren Widerstand. Nach dem zweiten Rennen protestierte der Anwalt eines Bewohners des Wenkenhofs und verlangte vom Polizeidepartement, dass Massnahmen gegen das Zertrampeln seines Parks durch die Zuschauer ergriffen würden, die sich an den interessanten Kurven drängelten.

Nach einem schweren Unfall anlässlich des Internationalen Kilometerlancé-Rennens für Motorräder auf der Äusseren Grenzacherstrasse 1926 kippte die Stimmung. Das Polizeidepartement erhöhte die Anforderungen an die Haftpflichtversicherungen der Organisatoren, sodass sich diese ausserstande sahen, ein viertes Chrischona-Rennen durchzuführen. Wie der ACS Basel, der schon seit 1911 «sein» Gempenrennen ausserhalb der Kantonsgrenzen organisierte, evaluierte der TCS als Alternative auf dem Land ein Bergrennen zwischen Zwingen und Blauen, allerdings ohne Erfolg.

Erst 1933 gab es in Basel wieder ein «richtiges» Rennen: der Grosse Preis der Mustermesse für Motorräder. Im Seitenwagenrennen verunfallte das Gespann Kröner/Tanner, wobei der Beifahrer tödlich und der Fahrer schwer verletzt wurde. Darauf lehnten die Behörden das Gesuch auf eine weitere Durchführung 1935 ab: «Wir haben an den tagtäglichen Unfallereignissen gerade genug, sodass wir die mit der Veranstaltung eines Motorradrennens verbundenen Risiken nicht eingehen sollten. Der körperlichen Ertüchtigung dienen solche Veranstaltungen nicht. Dazu ist zu sagen, dass das Rennen in Basel doch mit zahlreichen Inkonvenienzen lokaler Natur (Strassenabsperrungen, Behinderung der Anwänder) verbunden wäre.»

Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg war die Stimmung in den Behörden dem Motorsport gegenüber deutlich aufgeschlossener. Unter Regierungsrat und Polizeidirektor Fritz Brechbühl beantragte das Polizeidepartement die Stiftung eines Ehrenpreises von 200 CHF am Gempenrennen 1947 zu Lasten des Lotteriefonds, was im Regierungsrat auf einhellige Zustimmung stiess. Ebenso war die Bewilligung des Grossen Preises der Mustermesse für Motorräder 1949 fast schon eine Formsache. Im Nachgang zum Rennen formierten sich mit Macht die kirchlichen Kreise und beklagten die Störung der Messe sowie der gesetzlichen Sonntagsruhe durch den Lärm der Rennen. Eine Einigung konnte nicht erzielt werden. Damit war das Kapitel «Geschwindigkeitsrennen» in der Stadt abgeschlossen.

Fortan fand der «Basler Motorsport», d. h. die Geschwindigkeitsrennen unter der Ägide der Basler Clubs, jenseits der Kantonsgrenzen statt. In der Stadt organisierte man 1959–1962 noch einige Go-Kart-Veranstaltungen sowie Geschicklichkeitsfahrten (sogenannte Gymkhanas).

Genau genommen wurde der ab 1952 jährlich stattfindende Eisslalom auf der Kunsteisbahn im Margarethenpark ebenfalls ausserhalb des Kantons ausgetragen, aber wenigstens auf Boden im Eigentum der Stadt. Er mutierte allerdings ab 1971 zu einem gesellschaftlichen Event und zählte nicht mehr zu der ab 1937 vom ACS Sektion Basel organisierten «Basler Meisterschaft». Auch der mitten in der Stadt veranstaltete «MubaSlalom/Sommernachtsfest auf dem Parkhausdach der Schweizer Mustermesse» des ACS Basel 1976 fügte sich in diese Tradition ein.

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HISTORISCHE STRASSENBELÄGE IN BASEL

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HISTORISCHE TANKSÄULEN

Hersteller unbekannt. Gehört zu den Previsible Pumps welche am Strassenrand standen zum Betanken der Fahrzeuge, ca. 1900 bis 1910. Air Pump (Luftdruckgerät), welches in den Jahren 1950 bis 1070 an den Tanksäulen stand. Sehr alte Fassäule aus der Jahrhundertwende. Stammt aus einer Garage, 1900 bis 1910.

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Visible Pump, 1910 bis 1920. Säule Brevo Horgen. Alte Gussäule aus der Schweiz, 1905 bis 1925. Wandsäule Brevo Horgen, 1905 bis 1920.

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