Einführung ins elektronische basteln (aka synth diy)

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Elektronische Bastelstunde Löten unter Aufsicht

von und mit

Kai Niggemann & Stan Pete

Eine weiterführende Einführung für alle Workshop-Teilnehmer*innen

Der BOCHUM SYNTH. “Chef Privat” Version. Konzept & Design: Stan Pete

für Fragen und Kommentare schreib uns bitte eine E-Mail:

elektronischebastelstunde@kainiggemann.com

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Buchtipps Nicolas Collins - Handmade Electronic Music (2nd Edition). Super Buch für Einsteiger*innen. Fängt wirklich bei null an und endet mit Synthesizern, Mischern, Verstärkern und Effekten. Viele Beispiele von Künstler*innen. Extrem nützliche und leicht nachzuvollziehende Schaltungen. Du lernst unter anderem, wie man ein Kontaktmikrofon baut, einen ElektrosmogSchnüffler oder ein Unterwasser-Mikro (Hydrofon).Die zweite Edition ist umfassender und überarbeitet

Ray Wilson - Analog Synthesizers Dieses Buch aus der MAKE Reihe erklärt anhand des Bausatzes “Noise Toaster” von Ray Wilsons Webseite “Music from Outer Space” (eine KultWebseite über die man alles erfährt, was man wissen muss, um einen modularen Synthesizer selbst zu bauen (Open Source). Leider ist Ray vor einiger Zeit verstorben, sein Erbe ist die Webseite und das Wissen dort, was von einer Initiative erhalten wird.

Auf Webseite und Buch erfährt man aber auch Hintergrund und Grundsätzliches über die verwendeten Bauteile und über die elektronische Struktur eines Synthesizers und seiner Funktionsgruppen.

Reed Ghazala - Circuit-Bending Circuit-Bending ist die Kunst alten und vermeintlich simplen uncoolen Geräten, durch grobe Hacks und Modifikationen Coolness und Noise einzuhauchen. Plötzlich kann das Kinderkeyboard seine Samples langsamer, Rückwärts und digital geglitcht abspielen, das 50€ Drummachine-Ebay-Schnäppchen wird plötzlich zum Industrial Hammer und der Speak and Spell kann wirklich nach Hause telefonieren — all dies lernt man. Und die Scheu davor abzulegen, dass man etwas zerstören könnte (denn man lernt die Gewissheit, dass man etwas zerstören wird!)

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Webseiten http://musicfromouterspace.com/

https://www.sequencer.de/synthesizer/forums/loetkunst.13/

https://www.muffwiggler.com/forum/viewforum.php?f=17

https://www.lookmumnocomputer.com/

Bezugsquellen: reichelt.de

Hat sehr breites Sortiment ist aber nicht günstig und hoher Mindestbestellwert

conrad.de

nicht so breites Sortiment wie Reichelt, dafür mit Shops in vielen deutschen Städten. Nicht günstig, aber wenn man lokal kaufen kann, ist man häufig flexibler.

mouser.de

der größte Anbieter, hoher Mindestbestellwert, ab 50€ portofrei

pollin.de

eine Art “Resterampe”. häufig wechselndes Sortiment. Ziemlich günstig

musikding.de

gute Quelle für Effekt-Gerät-Bausätze und bestimmte Parts (z.b. Potis)

Lokale Elektronikshops - werden immer seltener, sind aber oft einen Besuch wert. Aus irgendeinem Grund hält die “alte Schule” noch immer die Tradition einer n00b-feindlichen Arroganz sehr hoch. Nicht beirren lassen und dran denken, dass man als Kund*in die Macht hat — auch laut zu werden und/oder nicht zu kaufen, wenn es gar zu bunt wird. In Münster gab es einen Laden in dem die Kundenverhöhnung ein wichtiger Teil des Verkaufsgesprächs war. Neuere Läden sind oft anders, derartiges ist mir aber auch schon bei Conrad widerfahren.

Werkzeuge Wenn du anfängst zu löten, ist es sinnvoll einige Werkzeuge zu kaufen. Man braucht nicht viel, aber ohne die Basics ist es zu umständlich. Was man wirklich braucht, und was man lieber nicht kaufen sollte:

Lötkolben Ersa Lötkolben.

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Es reicht ein 15W Lötkolben für das bleihaltige Löten, für bleifrei braucht man mehr Hitze, da sollte man schon bei den 40W Lötkolben beginnen. Zwischen 15-30 EUR muss man ausgeben.

Sinnvolle (aber hässliche) Lötstationen gibt es ab ca. 50 EUR. dort kann man dann die Temperatur genau einstellen. Teurere Lötkolben heizen schneller auf, Lötstationen halten sehr genau eine einmal eingestellte Temperatur. ZUm Lötkolben gehört unbedingt ein Schwamm oder Metallwolle (siehe Bild), um bei der Arbeit immer wieder die Lötspitze zu reinigen. Außerdem natürlich eine Ablage für den heißen Lötkolben, damit er Diese Ersa Lötstation icon pico liegt bei etwas unter 200EUR. Ist dafür aber auch nicht so hässlich.

nicht Tisch, Kabel oder andere herumliegende Teile anschmurgeln kann.

Lötfett oder Flussmittel braucht man selten, am Anfang ist dies eher überflüssig.

Was man vermeiden sollte, sind Lötkolben aus Komplett-Kits, in denen inklusive Lötzinn das gesamte Starter-Paket angeboten wird — die Lötkolben in solchen Paketen sind oft nah an der Schrottgrenze.

Zangen Du brauchst mindestens eine Feinmechaniker-Spitzzange (Feinmechanik weil sie sonst zu groß ist, um auf der Platine zwischen die Bauteile zu passen, die aus dem Baumarkt sind meist zu grob) und einen Seitenschneider (auch in der kleinen Version). Es lohnt sich, die 12-15€ auszugeben und nicht das ganz günstige Material für 2-4 € von ebay zu nehmen. Gerade die Spitzzangen in der Kategorie schließen dann oft nicht richtig, Bauteile fallen einem aus der Zange.

Hilfreich ist eine Abisolierzange. Die gibt es in mehreren Bauformen, wir empfehlen diese:

Beispiele für Zangen bei Reichelt:

Spitzzange

Seitenschneider

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Hilfsmittel Dritte Hand - ein kleiner schwerer Fuß mit einer Mechanik mit deren hilfe man an zwei Krokodilklemmen Bauteile und/oder Platinen festklemmen kann, um die Hände frei zu haben. ac. 3 € in der Resterampe.

Entlötpumpe - gibt es für unter 1,50 € bei Pollin. Ist etwas das Tool fürs Grobe, soll es fein sein, nimmt man besser Entlötlitze, ein Kupfergeflecht, das man auf die Lötstelle anlegt, durch die Oberflächenspannung nimmt dann die Kupferlitze das Lötzinn auf und hinterlässt die Lötstelle sauber. Ist eine Glaubensfrage, Profis sagen, dass man mit der Pumpe aufpassen muss, nicht die Kupferpads von der Platine gleich mit abzusaugen.

Multimeter - Multimeter gibt es wie Sand am Meer. Digitale sind zu empfehlen, Faustregel ist: je mehr “counts” desto besser, ab mindestens 2000 Counts ist es sinnvoll. Wichtig ist, dass die Funktion der Durchgangsprüfung piepst — bei billigen tut sie das oft nicht - dann kann man ohne aufs Display gucken zu müssen, hören, ob es eine elektrische Verbindung gibt, oder nicht. Nach oben ist der Preis mal wieder offen, aber mit Geräten für ca. 25 € ist man gut versorgt. Lötrauchabsaugung - ist nicht unbedingt nötig, lenkt aber den Blick auf die Notwendigkeit eines belüfteten Arbeitsplatzes, vor allem, wenn man häufig oder große Projekte lötet. Der Lötrauch ist nicht tödlich, aber gesund bestimmt auch nicht. “I say don’t breathe that shit in!” singt die Singer/Songwriterin Kimya Dawson. Bestimmt hat sie recht. Absaugungen die den Rauch durch Kohlefilter ziehen gibt es für ca. 30€ und sind kein Unsinn.

Außerdem häufig sehr nützlich:

- Cuttermesser/Skalpell

- Pinzette

- Schraubendreher flach und Kreuzschlitz in verschiedenen (kleinen) Größen

- Lupe

Oszilloskop Spätestens, wenn du eigene Projekte kalibrieren möchtest, wirst du ein Oszilloskop brauchen. Dieses Messgerät ist nicht nur unfassbar dekorativ (es lässt alle denken, dass du es sehr ernst meinst, mit deinem neuen nerdigen Hobby!), sondern hilft tatsächlich sehr bei der Fehlersuche und beim Einmessen (Kalibrieren) von bestimmten Funktionen. Ein gebrauchtes Elektronische Bastelstunde

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analoges Oszilloskop kostet ca. 70 € auf ebay, ein digitales manchmal 150 €, neue sind entsprechend teurer. Für Audio-Anwendungen wie sie beim Synthesizer-Bauen hilfreich und wichtig sind, reichen die mittelmäßig ausgestatteten (15-20 MHz), hohe Abtastraten wie 100MHz und drüber sind Kanonen auf Spatzen, da Audio sich im Bereich zwischen 20Hz-20KHz bewegt. Wichtig sind aber zwei Eingänge, um die Korrelation zweier Signale messen zu können.

Bauteile und Materialien Wenn du dir Bauteile kaufen möchtest, um eine Löt- und Experimentierwerkstatt einzurichten, empfehlen wir das Buch von Ray Wilson (s.o.). Er gibt sehr gute Tipps, welche Bauteile (“Parts”) mit welchen Werten du zur Hand haben solltest, um flexibel zu sein.

Wenn du viele Experimente machen möchtest, ist es sinnvoll, dir von einigen Bauteilen kleine Sortimente mit Standardwerten zuzulegen, die du dann immer zur Hand hast. Außerdem brauchst du natürlich von verschiedenen Verbrauchsmaterialien einiges, z.b.:

- Widerstände

- Kondensatoren

- Potis (Drehregler)

- Schalter

- Taster

- Prototyp Platinen (sog. Perfboards, gibt es in vielen Varianten)

- Dioden

- Leuchtdioden (LEDs)

- Transistoren

- Verschiedene ICs (z.b. den 40106 den wir für den Bochum Synth verwendeten)

- Lötzinn

- Entlötlitze

- Litze (kleine, dünne Kabel, die aus vielen haargleichen Strängen Kupfer o.ä. bestehen)

- Isolierklebeband in mehreren Farben (um Kurzschlüsse zu vermeiden und kabel farbig zu markieren)

- (kleine) Kabelbinder um die Verkabelung auf der Platine zu bändigen

- Heißkleber (immer wieder praktisch)

- Dünner Marker (Edding) zum Beschriften von Platinen, Bauteilen und Gehäuse-Innenseiten

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Mach dir keine Sorgen, wenn du jetzt noch nicht weißt, wozu du etwas brauchen solltest — kauf die Teile erst, wenn sie irgendwo auftauchen oder du ein Projekt im Sinn hast, wozu du sie brauchen könntest.

Aber schon wenn du deine ersten Experimente machst, ist es sinnvoll, dir einige “Breadboards” zu kaufen, das sind dicke Plastik-Platinen, in die du die Bauteile einsteckst statt zu löten. Das ermöglicht sehr einfach mit verschiedenen unterschiedlichen Werten von Widerständen und Kondensatoren zu experimentieren und zu lernen.

Elektronische Bastelstunde - Zeugnis Der Bochum Synth ist ein etwas ungewöhnliches Projekt: auf der Platine sind gar nicht so viele Bauteile, einiges ist direkt an die Potis angelötet, die über Kabel an der Platine angeschlossen ist - “fliegend” nennt man diese Konstruktion.

Sie ist nicht die Einfachste, und einige Verbindungen sind durchaus tricky: Bauteil-Beinchen an Litze anzulöten oder gar an zwei Litzen, kann schon in ein schlimmes Geduldsspiel ausarten.

Aber: Das hast du gemeistert! Herzlichen Glückwunsch Würdest du jetzt weiter machen mit einem Bausatz, kämest du wahrscheinlich mit den meisten Anfänger*in-Fortgeschrittene*r Bausätzen sehr problemlos klar.

Wie kann es jetzt weiter gehen? Das hängt natürlich von deinen Interessen ab. Wenn du mehr elektronische Musikinstrumente, Klangverbieger und Drumherum bauen möchtest, empfehlen wir dir zunächst mit Bausätzen (“Kits”) weiter zu machen (z.b. von musikding.de). da musst du nicht Teile bestellen, alles ist dabei — du kommst schnell zu einem guten Ergebnis, aber es ist schon sehr “malen nach Zahlen”.

Die nächste Stufe wäre dann, diese Kits zu ergänzen, zu erweitern, zu modifizieren oder zu kombinieren.

Danach wirst du vielleicht mal ein Projekt bauen, bei dem du Platine (“PCB” “Printed Circuit Board”) und Bauteile (und eventuell ein Front Panel (Blende für die Vorderseite des Geräts mit allen Beschriftungen und Bohrlöchern für Knöpfe, Schalter, Stecker und LEDs) oder ein Gehäuse) einzeln, bei verschiedenen Händlern und Webseiten bestellst.

Meist benötigt man dann aus unterschiedlichen Quellen die folgenden Zutaten:

- PCB

- Gehäuse/Panel

- BOM (= Bill Of Materials - Liste der zu kaufenden Bauteile)

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- Schaltplan (“schematics”)

- Bauanleitung (build guide)

Es kann sehr hilfreich sein, wenn du ein Online-Forum konsultierst, in dem der Bau diskutiert wird, um häufige Fehler zu vermeiden oder Fragen zu stellen, wenn du mal nicht weiterkommst. Zum Beispiel gibt es gerade beim Klonen alter Synthesizer häufig Projekte, in denen “Rare Parts” eine wichtige Rolle spielen, also eigentlich veraltete Bauteile, die schwer zu bekommen sind, angeblich aber die Magie dieser alten Synthis ausmachen. Herauszufinden wo man sie bekommt, ohne über den Tisch gezogen zu werden (entweder sehr teuer in Europa kaufen müssen oder in China Fälschungen zu bekommen) wird erheblich durch die Foren erleichtert.

Je tiefer man in die DIY-Welt eindringt, desto weniger nimmt einen jemand an der Hand, für jedes Problem muss man sich eine Lösung einfallen lassen. mit der Zeit und durch die Foren in denen du dich bald tummeln wirst, lernst du schnell, was für Lösungen andere für ähnliche Probleme gefunden haben…

Zum Schluss: Eine wichtige Bemerkung, die für das gesamte DIY-Feld gilt: nur in seltenen Fällen lohnt sich DIY finanziell. Wenn man die Arbeitszeit einrechnet, die man fürs Bestellen, Sortieren und Löten braucht, ist es oft günstiger etwas zu kaufen. Aber das Gefühl, hinter die Kulissen zu schauen, Empowerment zu erfahren und die Welt und ihre Devices im Innersten beeinflussen und verändern zu können — das ist nicht für Geld zu haben…!

“because the people who are crazy enough to think they can change the world are the ones who do”

- Kai Niggemann & Stan Pete

Februar 2018

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