PROJEK TE
Die Kraft der Hoffnung Ungeahnte Ziele erreichen: Das Schweizer Paraplegiker-Zentrum setzt Hoffnung gezielt für die Rehabilitation ein – und macht sie auf einem spannenden Rundgang erlebbar.
Drei lange Stunden lag der junge Landwirt Gerold Solèr bewegungslos an Armen und Beinen in einem Tobel, bis er gerettet werden konnte. «Nur nicht sterben», ging ihm durch den Kopf. Noch ahnte er nicht, dass bei seinem Unfall mit dem Misttransporter sein Rückenmark im Halswirbelbereich erheblich verletzt wurde. Er wusste einzig, dass er nicht aufgeben, sondern kämpfen wollte. Der Vater alarmierte die Rettungskräfte und per Helikopter wurde Gerold Solèr ins Schweizer Paraplegiker-Zentrum (SPZ) nach Nottwil gebracht. Der Hoffnungsort Menschen mit einer Querschnittlähmung verbinden das SPZ aufgrund seiner hohen Kompetenz mit grösster Hoffnung. «Diese in uns gesetzte Hoffnung nehmen wir sehr ernst», sagt Romina Miracco. Die Leiterin Pflegeentwicklung hat mit ihrem Team Massnahmen für den Behandlungsalltag entwickelt, um die geäusserten Hoffnungen der Patientinnen und Patienten für die Rehabilitation verwenden zu können. «Hoffnung ist eine enorme Kraftquelle», sagt sie. «Wir sehen jeden
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Tag, was sie auslösen kann und wie manchmal auch ungeahnte Ziele erreicht werden.» Um diese Kraftquelle erfolgreich zu nutzen, braucht es Aufklärung und ehrliche Gespräche über den Gesundheitszustand der Patientinnen und Patienten. Wenn ihre Hoffnung in das Therapieziel mit einfliesst, erleichtert das die gemeinsame Arbeit, erklärt Miracco. Was aber, wenn ihre Hoffnung stark von der medizinischen Prognose abweicht und den Rehabilitationsprozess blockiert? Wenn etwa ein Patient keinen Rollstuhl bestellen will, weil er hofft, die Klinik auf eigenen Beinen zu verlassen? Dann ist das Behandlungsteam gefordert. Es muss mit dem Betroffenen versuchen, die Hoffnung auf andere Ziele umzulenken. Zwischenziele wie sich selber anziehen zu können oder den Transfer vom Bett in den Rollstuhl ohne Hilfe zu bewältigen, werden so zu Erfolgserlebnissen. Kraft für die Rehabilitation Mit wachsender Erfahrung anerkennen Romina Miracco und ihre Teamkolleginnen und -kollegen zunehmend auch Hoffnungen, die aus fachlicher
Gerold Solèrs Geschichte steht im Zentrum eines der «Orte der Hoffnung». Romina Miracco erklärt, wie Hoffnung in der Rehabilitation genutzt wird.