Ehepastoral-Konzept

Page 1

Ehe und Familie

Ehe-Pastoralkonzept Arbeitshilfe zur Vernetzung der Ehepastoral vor Ort


Ehepastoral weiterdenken Liebe Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Ehepastoral, mit dieser Arbeitshilfe möchten wir Sie einladen, einen neuen Blick auf die Ehepastoral bei Ihnen vor Ort zu gewinnen. Wir möchten Sie ermutigen, in diesem pastoralen Feld eine Bestandsaufnahme zu machen, Neues zu beginnen und Altes in neue Zusammenhänge zu stellen. Der leitende Gedanke, den wir Ihnen gerne nahe bringen wollen, ist der eines Netzwerks ‘Ehepastoral’ im Seelsorgebereich oder Dekanat: ein informeller Rahmen, in dem die verschiedenen Felder und Orte der Ehepastoral aufeinander bezogen werden. Wir erläutern die Konzeption eines solchen Netzwerkes und stellen Ihnen mögliche Kursmodelle und Praxisschritte vor. Vernetzung wird dabei mehr und mehr auch zum Stichwort für unser eigenes Vorgehen. So enthält diese Veröffentlichung Hinweise auf die Arbeit der verschiedenen Stellen und Einrichtungen des Erzbistums, einschließlich einer kurzen Übersicht (S. 92/93). Im übrigen haben wir den Inhalt dieser Broschüre so zusammengestellt, dass Sie von verschiedenen Stellen aus in das Thema einsteigen können, unterstützt durch klaren Satz und sachgerechte graphische Aufbereitung. Passende Literaturhinweise finden Sie immer in möglichst großer Nähe zum jeweils behandelten Abschnitt. Wir hoffen, Ihnen auf diese Weise einen neuen Zugang zum Aufgabenfeld ‘Ehepastoral’ zu ermöglichen, ebenso wie die zahlreichen ausgesuchten Zitate aus der Fachliteratur und aus kirchlichen Dokumenten Sie auf den Geschmack bringen möchten, die Arbeit vor Ort zu gestalten.

Impressum: ◗

Herausgeber: Erzbistum Köln

Verantwortlich: Prälat Dr. Heiner Koch (Leiter Hauptabteilung Seelsorge)

Konzeptions-Beratung: Alfred Lohmann (Abteilung Gemeindepastoral) Martin Degener (Abteilung Gemeindepastoral)

Texterstellung: Hans-Jakob Weinz (Abteilung Gemeindepastoral)

Projektleitung und Bildredaktion: Martin Degener

Korrektorat: Monika Etges Martin Degener

Photos: Achim Pohl, Essen (Seiten 3, 8, 10, 11, 14, 17, 23, 31, 38, 43, 44, 65, 75 und Register Nr. 1 und 4) Christian Wehrmann, Ratingen (Seiten 55, 82 und Register Nr. 2) permanent. Kommunikationsdesign, Düsseldorf Seite 59

Kreation/Layout/Satz: kw.design, Wuppertal

Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier

Alfred Lohmann, Leiter der Abteilung Gemeindepastoral Kontakt: Abteilung Gemeindepastoral, Hans-Jakob Weinz Tel.: 0221.1642-1588, Fax: 0221.1642-1140 e.mail: Hans-Jakob.Weinz@erzbistum-koeln.de Postadresse: Erzbischöfliches Generalvikariat, Abteilung Gemeindepastoral, 50606 Köln


Inhalt A Ehe – Pastoral – Konzept 1 Herzliche Einladung zur Ehepastoral

Ehe > eine Lebensform mit Zukunft Ehepastoral im Seelsorgebereich? Neuartiges Pastoralkonzept

2 4 5

2 Aktuelle Analyse

Die Situation von Ehe und Familie als Zeichen der Zeit deuten 8

3 Pastorale Option

Ehe als Sakrament der Gemeinschaft und Liebe stärken

10

4 Wichtige Qualitätskennzeichen der Ehepastoral

differenziert und vernetzt realitätsgerecht und ressourcenorientiert begleitend mystagogisch sakramental phasengerecht

12 12 14 15 16 17

5 Ehepastoral im Lebensraum Seelsorgebereich 6 Literatur > die weiterführt

Martyria > Diakonia > Liturgia

18 22

B Netzwerk Ehepastoral Netzwerk Ehepastoral

Einleitung

24

1 Kirchliche Ehevorbereitung

1.1 1.2 1.3 1.4 1.5

Doppelte Zielsetzung > allgemein und kirchlich Herausforderung > Ehevorbereitung im Seelsorgebereich Pastoraler Alltag > mit Grenzen leben Erzbistum Köln > zur Situation der Ehevorbereitung Ehekurse > Zielsetzung und 5 Modelle Modelle 1.6 Das Traugespräch 1.7 Literatur > die weiterführt

26 27 28 28 30 35 38 42

2 Kirchliche Ehebegleitung

2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6

Grundauftrag > im Blick behalten Netzwerk > Ehebegleitung als offenes Feld Orientierung > Konzeption von Ehebegleitung erstellen Konkret > Ehebegleitung in der Gemeindepastoral Gefragt > Ehebegleitung in Kursen Literatur > die weiterführt

44 45 46 48 50 51

3 Ehespiritualität

3.1 3.2 3.3 3.4

Inklusiv nicht exklusiv Goldwert > Exerzitien für Eheleute Freudenfest > Ehejubiläum spirituell erleben Literatur > die weiterführt

52 55 56 57

4 Eheberatung

4.1 4.2 4.3 4.4

Seelsorgliche Begleitung > in Krisen und Eheberatung Beratung im Kontext > von Gemeinde und Pastoral Kooperation > von Eheberatung und Seelsorge Literatur > die weiterführt

58 60 63 64

5 Beheimatung

5.1 Eine besondere Ressource > der Gemeinde 5.2 Literatur > die weiterführt

65 67

C Literatur und Anhang 1 Literatur 2 Anhang

Gesamtverzeichnis

68

2.1 Ehevorbereitung > Planungshilfen (4 Impulse) 74 2.2 Beziehungsstörungen > Präventionsprojekte (3 Impulse) 82 Kopiervorlagen für Kursausschreibungen 86/90 2.3 Übersicht > Anlaufstellen und Hilfen 92

D Nachklang 1 Befreites Fragment

94

2 Heiliger Boden

94

3 Maß der Liebe

95


A1 Ehe – Pastoral – Konzept > modern > konkret > vernetzt

In diesem Kapitel finden Sie Überlegungen zur Grundlegung und Konzeption von zeitgemäßer Ehepastoral: Analyse, die Formulierung einer pastoralen Option und von Qualitätsmerkmalen. All das wird schließlich bezogen auf den Lebensraum, der vor Ort den Rahmen Ihrer Arbeit bildet.

1 Herzliche Einladung zur Ehepastoral > neue Möglichkeiten vor Ort Ehe > eine Lebensform mit Zukunft Auch im 21. Jahrhundert zählt die Ehe, die eheliche Lebens- und Liebesgemeinschaft von Frauen und Männern, zu den „Lebensheiligtümern“ (Paul M. Zulehner, Pastoraltheologie, S. 138) Trotz eher düsterer Prognosen in Kirche und Öffentlichkeit zur Zukunft der Lebensform Ehe lebt die Mehrzahl der Menschen in unserem Land im Laufe ihres Lebens in einer Ehe. Vom Anfang bis zum Ende des 20. Jahrhunderts ist der Anteil der Verheirateten an den Frauen und Männern in unserem Lande niemals unter die Marke von 75% gesunken. Nichts deutet darauf hin, dass sich dies in Zukunft gravierend ändern wird. Wenn auch junge Menschen heute nicht mehr überwiegend der Meinung sind, dass zum Lebensglück das Leben in einer Ehe prinzipiell dazugehört, so gehört doch weiterhin zum Lebensplan der Mehrheit junger Menschen, in einer Ehe zu leben und Kinder zu haben, wenn auch oft über das ’Zwischenstadium’ einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Selbst das Scheitern vieler Ehen ist eher ein Hinweis dafür, welch hohe Erwartungen Menschen an die Ehe haben (hatten), wie viel an Lebensglück und Lebenssinn sie dieser – im Kontext heutiger gesellschaftlicher Verhältnisse – sensiblen und zerbrechlichen Lebensform abfordern. Noch in der Überhöhung und Überforderung der Ehe als säkulares Paradies zeigt sich eine Sehnsucht, die sich mit der christlichen Sicht der Ehe berührt: Die Ehe ist ein Geschenk des Schöpfergottes, Abbild und Ausfluss der göttlichen Liebe, eine Wirklichkeit, die Menschen zutiefst bewegt („Vater und Mutter verlassen“, Gen 2,24). Als Lebensgemeinschaft getaufter Christ/inn/en ist sie Sakrament: Ort der Gottesbegegnung in Jesus Christus, Raum der Gnade, Heilsweg.

2

3


A1 Ehepastoral im Seelsorgebereich? Wenn Ehe den Menschen und der Kirche so viel bedeutet und sie gleichzeitig so zerbrechlich geworden ist, dann wird die Ehepastoral als tätige Mitsorge darum, dass Menschen leben können, was sie sich und einander versprechen, zu einem zentralen Aufgabenfeld kirchlicher Pastoral auf allen Ebenen (Pfarrgemeinde, Seelsorgebereich, Dekanat, Stadt-/Kreisdekanat). Dass in vielen seelsorglichen Einheiten vor Ort das Thema Ehepastoral in den Pastoralkonzepten nicht ausdrücklich vorkommt, bedeutet nicht, dass dort nichts Hilfreiches und Stützendes für Paare geschieht – es ist eher Ausdruck einer Unsicherheit, wie Kirche und Seelsorge heute der „institutionalisierten Privatsphäre“ (Franz-Xaver Kaufmann) der Ehe in ihrer komplexen und individualisierten Gestalt kompetent und hilfreich begegnen können. Die folgenden Skizzen zu einem Konzept von Ehepastoral wollen die Pastoral der Gemeinden anstoßen, ein realitätsgerechtes pastorales Konzept für den Dienst an Ehepaaren zu entwickeln und in der Vernetzung mit übergemeindlichen Einrichtungen und Initiativen die in der Region vorhandenen Ressourcen und Kompetenzen zu nutzen.

Neuartiges Pastoralkonzept Die hier ausgesprochene Einladung zur Ehepastoral hat die Schaffung oder Weiterentwicklung eines Netzwerkes ‘Ehepastoral’ in den Seelsorgebereichen und Regionen des Erzbistums zum Ziel. Das Konzept für ein solches Netzwerk kann nicht auf Bistumsebene entwickelt werden. Der Praxisort hierfür ist vielmehr der Seelsorgebereich, das Dekanat oder das Stadt- und Kreisdekanat. Diese Handreichung steht in Zusammenhang mit anderen Veröffentlichungen der Abteilung Gemeindepastoral, die die Erarbeitung von Pastoralkonzepten anregen und unterstützen wollen. Solche Anregungen verstehen sich als Eckpunkte oder Bausteine, die im Kontext vieler Fachberatungen gemeinsam mit Pastoralteams und Pfarrgemeinderäten entwickelt wurden. Prägend ist der Leitgedanke des pastoralen Netzwerkes (vgl. dazu auch die Seiten 6f.).

Besonders wichtig sind uns die folgenden Knotenpunkte oder Dimensionen für ein Netzwerk Ehepastoral:

Eine gute Analyse der Situation von Ehe und Familie (A.2)

Die Verständigung auf eine pastorale Option (A.3)

Pastorale Standards und Qualitätskennzeichen für das Feld der Ehepastoral (A.4)

Die Ausrichtung an den Lebensräumen der Menschen im Seelsorgebereich und in der Region (A.5)

Wollen Sie in Ihrem Seelsorgebereich oder in Ihrer Region die Ehepastoral in den Blick nehmen und konzeptionell weiterentwickeln und unterstützen, begleiten wir Sie hierbei vor Ort. Um diese vor Ort zu leistende Arbeit zu erleichtern, versucht diese Handreichung 1. für die Reflexion der bestehenden Praxis: der Auseinandersetzung mit einer möglichen Neuausrichtung der Ehepastoral eine Grundorientierung zu geben, 2. durch Information, konkrete Praxisbeispiele, Kursmodelle und Veranstaltungsformen Hilfestellung zu bieten (Anhang), 3. und durch die Darstellung von Grundzügen einer modernen Ehepastoral die konzeptionelle Arbeit vor Ort zu erleichtern.

Alfred Lohmann, Leiter der Abteilung Gemeindepastoral

4

5


A1 1 > Lebens- und Sozialraum

3 > Kirche vor Ort

Vertraut und vielgestaltig: Der Lebens- und Sozialraum, den Kirche vor Ort auch in Zukunft mitgestalten will. In dem Maße, in dem zunehmende Mobilität Grenzen und Begrenzungen überwindet, wird bei den Menschen der Wunsch nach Identität und Beheimatung lebendiger. Als Fachleute und Interessierte in der Pastoral wissen Sie das und zugleich haben Sie die besten Kenntnisse über die Lebensverhältnisse vor Ort.

2 > Seelsorgebereich und Pfarrgemeinden

Zur Gestaltung der Pastoral verfügt die Kirche vor Ort über vielfältige personelle und institutionelle Ressourcen und Einrichtungen. Oft ist man aber wenig miteinander bekannt oder Berührungsängste verhindern näheren Kontakt. Dabei bieten gegenseitige Information und effektive Zusammenarbeit viele Möglichkeiten. Nehmen Sie die konkreten Personen und Einrichtungen in Ihrem Seelsorgebereich und Dekanat in den Blick. Überlegen Sie, wer im Feld ’Ehepastoral’ ein (vielleicht neuer) Partner für Sie sein könnte.

4 > Vernetzung

Der Seelsorgebereich und die Pfarrgemeinden sind eine klar umrissene, feste Größe im Lebensraum vor Ort. Sie bilden den lokalen Rahmen für die Pastoral, für die Begleitung und Beratung von Menschen, die mit der Kirche Schritte gehen – mitten im Alltag.

6

Knüpfen Sie das für Ihre Pfarrgemeinden passende Netz im Seelsorgebereich. Finden Sie Formen der Zusammenarbeit, von der alle Beteiligten profitieren. Es geht dabei nicht um die Errichtung eines ’idealen’ Netzwerks, sondern um Entlastung und pragmatische Schritte, mit denen Sie sich stille oder ’ruhende’ Reserven erschließen. Auf diese Weise lassen sich pastorale Perspektiven neu gestalten.

7


A2 2 Aktuelle Analyse > Die Situation von Ehe und Familie als Zeichen der Zeit deuten Ehepastoral muss sich in der Gestaltung ihres Dienstes und in den Formen ihrer Arbeit beziehen auf die reale Situation und die Herausforderungen, vor denen Paare bei der Gestaltung ihrer Ehe in ihrer jeweiligen Zeit stehen. Im Zusammenleben der Menschen, in Partnerschaft und Ehe hat sich ein tiefgreifender Wandel vollzogen. Epochale Veränderungen in den Bereichen Recht, Bildung, Arbeitsmarkt und Wirtschaft haben ebenso Auswirkungen auf die Voraussetzungen der Gestaltung ehelicher Partnerschaft, wie die veränderte Sicht von Sexualität, von Liebe, Partnerschaft und Ehe. Dazu kommt auch die höhere Lebenserwartung der Menschen, welche die Ehezeit wirklich zu einer langen Zeit macht.

Das gesellschaftliche Umfeld mit seinem Zwang zur Veränderung macht aber vor dem ’Schutzraum’ Partnerschaft nicht halt, sondern beeinflusst und prägt ihn, weil einerseits viele gesellschaftliche Stützen der Ehe weggebrochen sind und andererseits aufgrund der Pluralität der Leitbilder und Werte im Blick auf Ehe und Partnerschaft Paare ihre Partnerschaft ohne sichere Orientierung von außen als je eigene Welt gestalten müssen. Nicht selten scheitern sie bei diesem anspruchsvollen Projekt. Hinzu kommt eine Veränderung, die die innere Struktur der Ehe betrifft: Ehe wird immer deutlicher als Prozess verstanden, in dem Menschen verschiedene Phasen in ihrer Paarentwicklung durchlaufen – hier spielen Faktoren, wie Geburt, Erziehung und Ablösung der Kinder eine Rolle, aber auch ein Rhythmus von Nähe und Distanz in der Paarbeziehung und jeweils persönliche Krisenphasen sowie Reifungsschritte der Partner. Diese innere Paardynamik ist zugleich Ausdruck und Spiegelung der vielfältigen äußeren verändernden Faktoren. In dieses – oft belastende – Spannungsfeld sind partnerschaftliche Beziehungen heute gestellt. Es ist angesichts dieser Situation eine große Herausforderung, Partnerschaft und Ehe neu zu gestalten. Christliche Paare stehen in unserer säkularisierten Gesellschaft vor einer weiteren Herausforderung, vor der Frage nämlich, wie sie nach dem Ende der christentümlichen Gesellschaft mit ihren tragenden christlichen Milieus Ehe als Sakrament leben und gestalten können. Immer weniger kirchlich getraute Paare finden ohne weiteres im Zuspruch des Evangeliums, in den Leitbildern und Werten des christlichen Glaubens und in der Mitfeier der heiligen Geheimnisse Halt und Orientierung für ihre Ehe; als ’Anfänger des Glaubens’ sind sie oft erst auf der Suche nach dem Grund und Ziel ihres Lebens, stehen sie vor der Aufgabe, in den christlichen Glauben und die Glaubenspraxis hineinzuwachsen, damit sie Gott als Halt gebenden und tragenden Grund auch für ihre eheliche Liebe entdecken und erfahren können. Wenn Kirchen und christliche Gemeinden diese Zeichen der Zeit ernst nehmen und ihre Verantwortung für das Glaubenswachstum und die Lebendigkeit christlicher Ehen wahrnehmen wollen, sind sie im Bereich der Ehepastoral als Hilfe zum Glauben und zum Leben zu einem intensiveren Einsatz denn je herausgefordert.

Die Veränderungen der gesellschaftlichen Strukturen, der Wandel der Werte, der Normen und Verhaltensmuster, mit denen sich der/die Einzelne und auch die einzelnen Paare konfrontiert sehen, haben verschiedene Auswirkungen: Einerseits bringen sie eine größere Freiheit, die eigene Lebensgestaltung wählen zu können – andererseits trägt diese Wahlfreiheit auch oft zu einer tiefen persönlichen Verunsicherung bei. Dies wird noch verstärkt durch die Tendenzen der Pluralisierung und Individualisierung in unserer Gesellschaft. Im Wunsch nach Beheimatung in einer offenen Welt werden für manche Paare die partnerschaftlichen Bindungen zum nicht selten überforderten privaten Refugium, in das sie sich zurückziehen möchten.

8

Dies bedeutet einerseits eine Intensivierung ihres Engagements, die angesichts der pastoralen Situation und der Knappheit der seelsorglichen Ressourcen nur in einer Schwerpunktsetzung einerseits und in einer Koordinierung und Konzentrierung der vorhandenen Ressourcen andererseits erfolgen kann. Das Pastoralgespräch im Erzbistum Köln hat diese neue Herausforderung für die Ehepastoral wahrgenommen und entsprechend eine Intensivierung von Ehevorbereitung und Ehebegleitung und eine stärkere Koordinierung der Initiativen und Kräfte im Feld der Ehepastoral gewünscht.

9


A3 3 Pastorale Option > Ehe als Sakrament der Gemeinschaft und Liebe stärken Ehepastoral ist Dienst am Ehesakrament. Als begleitende Seelsorge und Diakonie will sie Paaren Hilfen anbieten, ihr Leben in der Ehe zu gestalten (Beziehungskultur), Wachstumsprozesse und -krisen zu bewältigen, im Lebensraum der Ehe den Glauben zu entfalten und den Glauben als Kraft und Orientierung für das Leben in der Ehe zu erschließen. Weil Gnade auf der Natur aufbaut und im Ehesakrament Schöpfungswirklichkeit und Erlösungswirklichkeit zur Einheit verbunden sind, bilden auch die katechetisch-spirituelle und die diakonische Dimension der Ehepastoral eine Einheit. In den verschieden Formen und Feldern von Ehepastoral kommen diese Dimensionen allerdings in unterschiedlicher Akzentuierung zum Tragen. Wie jede Pastoral sich die „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute“ (Gaudium et spes 1) zueigen macht, ist die Ehepastoral kairologisch, d. h. sie versucht in der heutigen Gestalt von Ehe und ihren heutigen Lebenskontexten die „Zeichen der Zeit“ zu entdecken, wie Gott heute den Menschen in der Ehe begegnen und sie zu einem Leben in Fülle führen möchte.

„Aufgabe der Ehepastoral ist es, den Christen in ihrer Ehe zu helfen, ihre ‘Gemeinschaft des Lebens und der Liebe’ (Vaticanum II) zu gestalten und durch die Wechselfälle des Lebens lebendig zu halten, ihnen zu helfen, ihre gelebte Liebe zueinander, ihre gegenseitige Annahme und Treue, ihre Freude aneinander und ihr gemeinsames Tragen von Last und Leid, ihre Bereitschaft zum Dienen und zum Vergeben als ein Geheimnis wahrzunehmen, zu leben und zu feiern, indem sie die durch Jesus Christus geoffenbarte Liebe Gottes füreinander vergegenwärtigen und wirksam werden lassen. Vorrang hat dabei der Zuspruch des stärkenden und heilenden Geistes Jesu Christi für ihre Liebe. Nur von diesem Zuspruch her, der ihnen die Kraft der Liebe schenkt, können sie sich auch beanspruchen lassen. Die Lehre von der Sakramentalität der Ehe von Christen darf nicht bloße theologische Behauptung bleiben. Es kommt gerade darauf an, dass Eheleute erfahren und bezeugen, wie sie aus ihrer Christusgemeinschaft – in der Gemeinschaft der Kirche und durch deren Dienst – Berufung und Kraft, Hilfe und Erneuerung für ihre Liebe zueinander und für ihren Dienst am Leben finden.“ (Die Deutsche Bischofskonferenz, Orientierungsrahmen für die Ehe- und Familienpastoral, S. 11)

10

11


A4 4 Wichtige Qualitätskennzeichen der Ehepastoral differenziert In unseren modernen Gesellschaften, die von Pluralisierungs- und Individualisierungsprozessen geprägt sind, treffen wir weniger denn je auf ’die Ehe an sich’, sondern auf konkrete Ehepaare, die ihre Ehe als ein individuelles und höchstpersönliches Projekt verstehen und sich bemühen, ihrer Liebe im Kontext ihrer Biographie, ihrer sozialen Situation, ihrer Wünsche und Hoffnungen an Beziehung und eheliche Gemeinschaft eine unverwechselbare, für sie stimmige Gestalt zu geben. Als Christen stehen sie zudem in unterschiedlicher Nähe und Distanz zu Gemeinde und Kirche, stehen in ihrer Glaubensentwicklung an ganz unterschiedlichen Orten mit unterschiedlichen Erwartungen an kirchliche Zuwendung und Unterstützung. Diese Differenzierung von Ehewirklichkeit führt notwenig zu einer Differenzierung auch der Ehepastoral nach Zugängen, Angebotsformen, Inhalten und Orten.

vernetzt Eine differenzierte Ehepastoral ist eine vielfältige Ehepastoral: Vielfalt der Zugänge, Vielfalt der Angebote, Vielfalt der Träger und Anbieter. Damit Vielfalt nicht verwirrt, bedarf sie als Gegenpol der Vernetzung. Vernetzung fördert Übersichtlichkeit, schafft Übergänge zwischen den verschiedenen Angeboten, dient der Abstimmung zwischen den Anbietern und Angeboten, dient der Entlastung der einzelnen Träger und Institutionen und hilft, die knappen Ressourcen an Personal, Finanzmitteln etc. effizienter zu nutzen. Um die Vernetzung auf Bistumsebene zu gestalten und u. a. die Vernetzung vor Ort zu fördern, arbeiten seit einigen Jahren Vertreter/ innen der Bereiche Pastoral, Bildung und Beratung in der ’Diözesanarbeitsgemeinschaft Ehevorbereitung / Ehebegleitung’ zusammen.

Die christliche Ehevision ist ja keine Steigerung menschlicher Idealisierung von Wirklichkeit, sondern ein Anstoß zur Annahme und Gestaltung begrenzter menschlicher Realität unter dem liebenden Blick Gottes, der alle Vollendung schenkt. Aufgabe der Ehe-Seelsorge ist nicht, eine idealistisch überhöhte Ehevision als normativen Maßstab anzulegen, „von dem aus gemessen die betroffenen Menschen ihre faktisch gelebte Eherealität immer nur als die von Unvollkommenheiten, Unwägbarkeiten und Verfehlungen belastete Defizitform erleben können. Ihr primäres Ziel findet eine Ehepastoral darin, die Ehepartner förderlich zu begleiten bei der Entwicklung und Konsolidierung eines je für sie stimmigen Ehekonzepts, das umso mehr als geglückt und auch ethisch gut erlebt gelten darf, je tragfähiger es sich in der Alltagsrealität erweist, und das sich nicht ständig durch ein realitätsfremdes und somit destruktives Ehe-Ideal desavouiert sehen muss. Erst im Rahmen dieser Zielbestimmung ergibt sich dann für die Ehepastoral die Aufforderung, die Ehe als vielschichtige, ambivalente Lebensrealität, also in ihren Momenten des Glücks, der Lust, des Vertrauens, der verlässlichen Solidarität, der freudevollen Erlebnisse, aber auch in den Momenten der Enttäuschung, der schicksalhaften Ereignisse, der gegenseitigen Fremdheit, der Schuld, des Leidens, zu reflektieren“ (Stefan Dinges, Artikel ’Lebensgemeinschaften’, in: Herbert Haslinger (Hg.), Handbuch Praktische Theologie, Band 2, S. 95). Eine realitätsgerechte Orientierung der Ehepastoral setzt voraus, dass die Seelsorger mit der Realität von Ehe in Kontakt treten über die konkrete Begegnung mit Ehepaaren, mit ihren Lebensgeschichten, dass sie interessiert sind an ihren Erfahrungen, Sorgen und Freuden. Je mehr Seelsorger im Kontakt mit den Menschen diese als Subjekt ihrer Lebensgeschichte entdecken und ihr Lebenswissen als Paar und ihre Sorge umeinander zu würdigen wissen, umso mehr werden sie in der Lage sein, für die Inspiration des Evangeliums im Blick auf die Ehe eine Sprache zu finden, die den Paaren weiterhilft.

Wer liebt, sucht im letzten einen Gott, d. h. einen, der ihn so erfüllt, dass weder Maß noch Grenze vorhanden sind: also Ewigkeit, Unendlichkeit.

realitätsgerecht und ressourcenorientiert Angesichts der Idealisierung von Ehe und überhöhten Erwartungen von Paaren an ein permanentes Glück in der Liebesbeziehung, das kontrastiert mit vielfältigen Erfahrungen des Scheiterns und einer Skepsis gegenüber der Dauerhaftigkeit von Liebe, braucht die Ehepastoral einen realistischen Blick auf die Möglichkeiten und Grenzen heutiger Ehewirklichkeit, um Paaren zu helfen, sich von überhöhten Idealen zu entlasten und mit realistischem Blick für ihre Möglichkeiten das ’Fragment ihrer Liebe’ zu gestalten.

12

Der eine Mensch verheißt dem anderen eine solche Erfüllung. Welcher Mensch kann dafür einstehen? Die erste Tugend der Liebe heißt: das Erbarmen. In ihm vergebe ich dem anderen, dass er mein Gott nicht sein kann. (Roman Bleistein: Die jungen Menschen und die alte Kirche, Freiburg 1975, S. 72)

13


A4 begleitend Junge Paare bezeichnen, wenn sie heiraten, ihre Ehe manchmal als Bauplatz, auf dem ständig gebaut wird und weiter gebaut werden muss. Die moderne, auf Liebe basierende Form der partnerschaftlichen Ehe wird heute mehr als lebendiger Prozess verstanden und gelebt, und Paare sehen sich vor der Herausforderung, dass ihre Ehe nur stabil bleibt, wenn sie sich immer wieder verändert.

mystagogisch

Für die Ehepastoral bedeutet dies, dass es – um im Bild zu bleiben – immer weniger darauf ankommt, fertige Häuser, Haustypen zu ’propagieren’, sondern Paare bei ihren Bauvorhaben und Bauprozessen zu stützen und zu unterstützen.

Mystagogische Seelsorge geht davon aus, dass die geschöpfliche menschliche Wirklichkeit immer schon umgriffen und durchdrungen ist von der Liebe Gottes. Die Liebe von Mann und Frau, die eheliche Liebe ist so immer schon Geschenk und Ausdruck dieser Liebe Gottes; sie ist geheimnishafter Ort der Präsenz Gottes.

Ehepastoral wird immer mehr zu Begleitung konkreter Wachstumsund Lernprozesse von Paaren; der Seelsorger wird aktiver Teilnehmer an der Entwicklung von Lebensgeschichten und Glaubensgeschichten. Er ist nicht mehr Wissender, sondern Mitsuchender, der versucht, seine besondere Kompetenz, sich am Evangelium zu orientieren, in die Suche einzubringen und mit den Paaren herauszufinden, wohin sie ihr Weg als christliche Paare führt. Hier sind nicht nur der Glaube und die Liebe des Paares herausgefordert, sondern auch der Glaube des Seelsorgers, nämlich, ob er glaubt und vielleicht auch sieht, dass für ihn selbst in dieser fragmentarischen und manchmal auch gottfern scheinenden Wirklichkeit Spuren Gottes sichtbar werden, dass er in der Begegnung mit diesem Paar ’heiligen Boden’ betritt. Dieser Glaube kann ihm helfen, die Fähigkeiten des Paares wahrzunehmen und gezielt seine Ressourcen zu wecken. Er kann dem Paar helfen, an sich selbst zu glauben, indem es am Glauben des Seelsorgers lernt: dem zu vertrauen, der der Grund ihrer Liebe ist.

Mystagogische Ehepastoral ist Einführung in dieses Geheimnis. In Verkündigung und in unterschiedlichsten Begegnungssituationen bringt sie das Paar in Berührung mit dem Glauben an das lebendige Wirken Gottes in seiner Lebens- und Liebesgeschichte (vgl. Auf dem Weg zum Sakrament der Ehe. Überlegungen zur Trauungspastoral im Wandel, Die Deutschen Bischöfe 67, herausgegeben vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, S.12); sie hilft die Augen zu öffnen für das, was schon da ist. Sie begegnet den Menschen so, dass ihnen das Geheimnis der Gegenwart Gottes in ihrer Geschichte bewusst wird und dass sich dieses Bewusstsein in der Gestaltung ihres Lebens und ihrer Liebesbeziehung auswirken kann.

„Die Seelsorger stehen vor der Herausforderung, die Brautleute [und die Ehepaare] dabei zu unterstützen, ihr Bekenntnis oder ihre religiöse Suche zu entdecken, zu bestärken, weiterzuführen und in Verbindung zu bringen mit dem Glauben an das lebendige Wirken Gottes in ihrer Lebens- und Liebesgeschichte. Das ganze Leben ist ja ’immer schon umfasst und durchdrungen vom Geheimnis der gnadenhaften Selbstmitteilung Gottes. Zu diesem Geheimnis des Lebens hinzuführen und es nach und nach zu erschließen, darin liegt das Bemühen einer ’mystagogischen’ Seelsorge. Ausgangspunkt für solche Prozesse sind die Lebenserfahrungen der Menschen, das, was sie bewegt, ihre Freuden und Leiden, ihre Fragen und Hoffnungen. Menschen sind eingeladen, die eigene Lebensgeschichte immer tiefer als Glaubensgeschichte, d. h. als Leben in Beziehung zu Gott, verstehen zu lernen und so in ihren ’Lebenstexten’ die Nähe Gottes wahrzunehmen. Die Sakramente werden dann im mystagogischen Prozess als Höhepunkte und Verdichtungen der Geschichte Gottes mit den Menschen zu erschließen sein. In ihnen wird die gnadenhafte Zuwendung Gottes durch den Dienst der Kirche ausdrücklich, im Zeichen sinnenhaft erfahrbar’.“ (Auf dem Weg zum Sakrament der Ehe. Überlegungen zur Trauungspastoral im Wandel, Die Deutschen Bischöfe 67, herausgegeben vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, S. 12)

14

15


A4 sakramental

phasengerecht

Die kirchliche Deutung der Ehe als Sakrament wird von nicht wenigen Zeitgenossen beargwöhnt als relativ nutzlose religiöse Überhöhung der Ehewirklichkeit oder als ’Einzäunung’ der Ehe mit moralischen und religiösen Vorschriften. Gerade wenn Seelsorger und Mitarbeiter/innen in der Ehepastoral solche Vor-Behalte ernst nehmen, können diese zur Chance werden, ’Ehe-Sakrament’ in die Situation der Paare hinein neu zu buchstabieren und den Reichtum des Sakramentes zu entdecken als Weg zur „Fülle des Lebens“: z. B. zu erfahren, dass ihre Liebe sich weitet in die Welt Gottes, dass sie einander geschenkt und füreinander kostbar sind, dass sie – in ihrer Begrenztheit – getragen sind im Ja Gottes, dass sie entlastet sind vom ’Zwang’, füreinander alles bedeuten zu müssen, dass sie Durststrecken ihrer Liebe aushalten, Konflikte austragen, Verzeihung schenken können aus der Hoffnung, dass ihnen Gott liebevoll, verzeihend, barmherzig nahe ist.

Paargeschichten entfalten sich zwar in höchst individualisierten Prozessen, dennoch gibt es typische Phasen und Phasenübergänge, in denen die Paargeschichten einander ähnlich sind, z. B. Paarbildung und junge Ehe, Familiengründung, Familienphase, Aufgaben / Krisen der mittleren Jahre, Auszug der Kinder und ’empty nest’, Ehe im Alter oder spezifische Situationen wie Kinderlosigkeit, Schwangerschaftskonflikt, Trennung /Scheidung, Sorge um die alten Eltern u. a. Angebote und Zugänge der Ehepastoral müssen sich an diesen Phasen und spezifischen Situationen orientieren, um so passgenau Hilfestellungen anbieten zu können, die Paaren helfen, die jeweils unterschiedlichen Herausforderungen, Aufgabenstellungen und (Übergangs-) Krisen zu bewältigen.

„Gestern Abend hast du mich glücklich gemacht, als wir weit nach Mitternacht um unser Glas Sekt saßen, über den Film redeten, den du gesehen hast, – und dabei zu uns selbst kamen und diese Gefühle füreinander erlebten. Was ich dabei auch spürte, war, wie wenig diese Liebe machbar ist, wie sehr Gottes Liebe und Wirken darin erlebbar ist. Ich habe es so erlebt und bin dankbar für dein Geschenk, für Sein Geschenk, für dich als Geschenk.“ „Als wir unser erstes Kind bekamen, schwer behindert, habe ich geweint, gehadert und war verzweifelt. Du bist nach Hause gegangen und hast auch geweint, aber du hast gebetet. So begleitest du mich nun schon viele Jahre durch unser gemeinsames Leben, mit deinem festen Glauben an einen Gott, der zu uns hält und uns nicht fallen lässt, der uns nicht allein lässt. Durch dich ist auch meine Beziehung zu Gott tiefer geworden.“

„Gott segne dich. Du hast mir Zeit geschenkt, dass ich mit dir sprechen kann. Ich danke dir.“

„Gott segne dich. Du versuchst mich zu verstehen. Du teilst mit mir Trauer und Hoffnung.“

„Gott segne dich. Es ist nicht leicht, bei mir zu sein, Person zu sein in Würde, mit innerem Frieden, in Freiheit und trotzdem in Beziehung.“

„In all dem Alltag, der Berufshetze, der Energie, die für die Kinder in diesem Alter erforderlich ist. Bestimmt ist es auch für dich nicht leicht. Das weiß ich. Ich danke Gott, dass ich dir wichtig bin. Du bist wichtig für mich.“

(Statements aus: Maria-Theresia Brantzen / Hubertus Brantzen: Du hast mich glücklich gemacht. Mainz 2000, S. 67f.)

16

17


A5 5 Ehepastoral im Lebensraum Seelsorgebereich > Martyria > Diakonia > Liturgia Wie in allen Feldern der Seelsorge müssen auch in der Ehepastoral die drei Grundfunktionen kirchlichen Handelns verknüpft bleiben bzw. verknüpft werden. Selbstverständlich ist dabei, dass diese Dimensionen je nach Angebot und Begegnungsform unterschiedlich stark ausgeprägt sind. In der Ehepastoral geschieht in unterschiedlichen Formen und Gelegenheiten (z. B. in der Verkündigung, in der seelsorglichen Begegnung, im Traugespräch, in Ehekursen) Deutung der ehelichen Lebenswirklichkeit aus dem Glauben (Martyria), Hinführung zu einer christlichen Sicht der Ehe und einer christlichen Lebenspraxis. Je mehr sie sich dabei anschließt an die Realität des alltäglichen Lebens der Paare und eine angemessene Sprache findet, umso mehr wird sie auch Lebenshilfe für die Paare, Diakonia, bietet sie Perspektiven und Motive, den ehelichen Alltag zu gestalten. Kommunikationskurse für Paare z. B. oder Angebote der Eheberatung sind eher unter dem diakonalen Aspekt zu sehen, als Lebenshilfe, als Hilfe zur Lebens- und Krisenbewältigung in der Ehe. Aber als Angebot der Kirche sind sie zugleich Zeichen und Ausdruck des Interesses Gottes an den Menschen, Verkündigung ohne Worte, Begegnungsräume, die einen Zugang erschließen können zur Lebensdeutung aus dem Evangelium. Der liturgische Aspekt spielt vor allem im Kontext der Ehevorbereitung als Hinführung zur kirchlichen Trauung eine zentrale Rolle, er kommt aber auch in anderen Situationen ins Spiel, z. B. bei der Feier von Ehejubiläen, bei liturgischen Feiern der Eheerneuerung, bei Versöhnungsgottesdiensten für Paare in der österlichen Bußzeit usw. Wenn – wie ja die Traufeier eindrücklich signalisiert – die Liturgie ein wichtiger Lebens-Raum für die Lebensgeschichten von Paaren ist, so ist es wichtig, weitere Orte und Gelegenheiten zu entwickeln, Geschichten und Übergänge ehelichen Lebens in der Liturgie aufzunehmen, z. B. Segensformen und Rituale zu entwickeln, die Paaren helfen, Stationen ihres Weges in der Feier des Glaubens zu bewältigen.

18

„Da die Feier der Liturgie intensivste Lebensdarstellung von Kirche und Gemeinde ist, muss sich auch in ihr die Bedeutung von Ehe widerspiegeln. Dabei ist an weit mehr zu denken, als an eine gottesdienstliche Ausschmückung der Silberoder Goldenen Hochzeit. Letztlich rufen alle Lebensabschnitte danach, auch in der Liturgie Antworten auf die ihnen spezifischen Fragen zu finden. Anders als eine therapeutische Beratungssituation, die überaus hilfreich für jedes Paar sein kann, kann die psychohygienische Funktion von Liturgie viel früher greifen: Liturgie ist öffentlich und doch intim. Jeder und jede kann den Grad seines oder ihres Anschlusses an das Geschehen selbst bestimmen. Begegnung in der Liturgie öffnet transzendente Dimensionen, von denen man sich berühren lassen kann. In der Liturgie kann auf tiefe Weise Sinndeutung und Sinnfindung geschehen.“ (Birgit Jeggle-Merz, Themenheft Ehepastoral, Bibel und Liturgie, S. 71f.)

„Die Anlässe, in denen die Ehe gefeiert wird, dürfen nicht allein auf die Eheschließung und Ehejubiläen (Silber- oder Goldhochzeit) beschränkt bleiben. Kritische Lebensereignisse, die die Ehebiographie strukturieren, etwa der Auszug des jüngsten Kindes, der Eintritt eines oder beider Partner in den Ruhestand, bedürfen der Begleitung und einer Feier, die zu einer bewussten Wahrnehmung der Chancen des neuen EheLebensabschnitts ermutigt.“ (Martin Blasberg-Kuhnke, Themenheft Ehepastoral, Bibel und Liturgie, S. 94)

19


A5 Ehepastoral ist Auftrag der Seelsorge vor Ort, der Seelsorge im Lebensraum (Gemeinde, Seelsorgebereich) und ebenso der übergreifenden Strukturen auf Dekanats- oder Kreis- und Stadtdekanatsebene (Bildungseinrichtungen, Beratungsstellen). Auch wenn nicht wenige Paare in Distanz zur örtlichen Pfarrgemeinde leben und Hilfe und Anregungen durch die Kirche auch im überpfarrlichen Kontext suchen, ist sie doch weiterhin ein primärer und offen zu gestaltender Erfahrungsraum von Kirche, dem Paare in ihrem Alltag begegnen können. Ehepastoral vor Ort hat dafür Sorge zu tragen, dass Ehepaare Unterstützung und Anregung erhalten für den Bestand und das Wachsen ihrer Ehe als Lebens- und Glaubensgemeinschaft. Diese Verantwortung der Seelsorgestrukturen vor Ort bedeutet nicht eine überfordernde Zusatzbelastung. Gerade mit Blick auf die differenzierte Situation von Paaren und deren Bedürfnisse und die hierin begründete Differenzierung und Professionalisierung der Ehepastoral haben sich oberhalb der Gemeindeebene Formen der Ehepastoral und der Ehebegleitung ausdifferenziert, die – getragen von Bildungswerken, Familienbildungsstätten, Beratungsstellen und caritativen Einrichtungen – den Paaren vielfache konzeptionelle und organisatorische Hilfestellungen bieten. Der Gewinn dieser Ausdifferenzierung ist die Professionalisierung ehepastoraler Angebote und die subsidiäre Unterstützung der Seelsorgsstrukturen vor Ort. Zugleich bleibt die Herausforderung, alle Aktivitäten zugleich immer auch an das Leben der Pfarrgemeinde zurückzubinden. Es gehört deshalb zur Verantwortung der Pfarrgemeinden und Seelsorgsstrukturen vor Ort zu überprüfen, welche Ziele und Vorstellungen sie in der Ehepastoral erreichen wollen und können. In diesem Bemühen finden sie in den genannten Bildungseinrichtungen und Beratungsstellen kompetente Ansprechpartner. In vielfach schon bewährter Zusammenarbeit ist eine ständige Weiterentwicklung und Differenzierung der Ehepastoral möglich. Durch eine zunehmend bessere Vernetzung und Abstimmung der unterschiedlichsten Strukturen und personellen Ressourcen könnte eine bessere Zugänglichkeit und Transparenz der Angebote für die Ehepaare erreicht werden und durch Bündelung aller Kräfte zugleich eine höhere Effizienz der ehepastoralen Arbeit insgesamt. Kooperation und Vernetzung der Ehepastoral in einer Region bedeutet das Zusammenarbeiten auf allen Ebenen – angefangen bei der wechselseitigen Kenntnisnahme und Kenntnisgabe aller ehepastoralen Angebote bis hin zur expliziten Zusammenführung und Organisation auf der regionalen, dekanats- oder stadt- und kreisdekanatsumgreifenden Ebene. Seelsorgebereiche (Ortsgemeinden) können also in diesem Netzwerk verschiedene Funktionen wahrnehmen: z. B. als mögliche Träger von ehepastoralen Angeboten vor Ort oder (auch) als Kooperationspartner anderer Einrichtungen im Bereich der Ehepastoral. Oft fungieren sie wohl vor allem als ’Passagen’, über die Menschen in der und um die Gemeinde Zugang finden zu den unterschiedlichen Hilfen und Anregungen, die in der Region und auf Bistumsebene zur Verfügung stehen.

20

Zu einer solchen Vernetzung gehört nicht nur eine Kenntnis der unterschiedlichen Angebote in der Region, sondern auch eine genauere Kenntnis der Arbeit der unterschiedlichen Einrichtungen und – idealerweise – der wichtigsten Bezugsperson dieser Einrichtungen. Seelsorgeteams bzw. Seelsorger, Pastorale Dienste und Dechanten sollten deshalb regelmäßigen Kontakt und persönlichen Austausch pflegen mit den Leiter/innen der Eheberatungsstellen und der Bildungswerke und mit den verantwortlichen Mitarbeiter/innen für die Ehekurse in den Bildungswerken. Langfristig können solche Kontakte ermöglichen, ein Rahmenkonzept für die Ehepastoral in der Region zu entwickeln und abzustimmen. Abstimmung bedeutet nicht, die Unterschiede der jeweiligen Konzeptionen zu verwischen (Pastoralkonzept,Bildungskonzept, Beratungskonzept), sondern diese Unterschiede als Ressourcen zu nutzen. So bieten z. B. Bildungseinrichtungen und Beratungsstellen aufgrund ihrer überpfarrlichen Struktur die Chance, Paaren, die sich eher am ’Rand’ der Ortsgemeinden bewegen, Zugang zu kirchlichen Angeboten zu ermöglichen, ohne dass diese Sorge haben müssten, in den Binnenraum von Kirche ’vereinnahmt’ zu werden.

Die Seelsorge vor Ort (Gemeinde): ◗

ist verantwortlich für die Sorge um die Paare im Lebensraum,

verbindet sich dabei mit der Kompetenz der regionalen Einrichtungen,

erbringt – entsprechend ihren Möglichkeiten – Angebote für Paare,

kümmert sich (mit) darum, dass in der Region spezielle Angebote für Paare gemacht werden, die sie selbst nicht leisten kann,

macht die verschiedenen Möglichkeiten für Paare durch Werbung und Information zugänglich,

sorgt in Kooperation mit den Einrichtungen für eine Vernetzung und Abstimmung der Angebote,

ist interessiert am Austausch mit allen ’Mitspieler/innen’ im Bereich der Ehepastoral in der Region,

weiß sich mitverantwortlich dafür, dass den Mitarbeiter/innen in der Ehepastoral Möglichkeiten der Aus- und Weiterbildung angeboten werden.

21


A6 6 Literatur > die weiterführt Urs Baumann, Ehe als Sakrament, in: Theologisch-Praktische Quartalsschrift, Heft 1/1996 S. 5 -13

Ehe heute (Themenheft), Lebendige Seelsorge, Heft 5/1993

Ehepastoral (Themenheft), Lebendige Seelsorge, Heft 1/2001

Ehepastoral (Themenheft), Bibel und Liturgie, Heft 2/1999

Herbert Haslinger (Hg.), Handbuch praktische Theologie, Band 2: Durchführungen, Mainz 2000

Stefan Knobloch, Mystagogie und Subjektwerdung, in: Theologisch-Praktische Quartalsschrift, Heft 2/1993, S. 148 - 157

Orientierungsrahmen für die Ehe- und Familienpastoral, Arbeitshilfen 42, herausgegeben vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn 1985

Paul Michael Zulehner, Pastoraltheologie, Band 3: Übergänge. Pastoral zu den Lebenswenden, Düsseldorf 1990

22

23


B Netzwerk Ehepastoral > mehrdimensional > bedarfsgerecht

Das ’Netzwerk Ehepastoral’ lässt sich darstellen als Netz von Handlungs- bzw. Arbeitsfeldern der Ehepastoral. Es umfasst folgende zentrale Knotenpunkte:

Ehevorbereitung (1) als Ehepastoral im Kontext der kirchlichen Trauung: In unterschiedlichen Kursangeboten und in der seelsorglichen Begegnung des Traugespräches werden Brautpaare eingeladen, ihre Hoffnungen und Perspektiven für die Ehe zu besprechen, einen Zugang zu finden zur Deutung und Feier des Ehesakramentes und den ’Übergang’ der Eheschließung zu gestalten.

Ehebegleitung (2) als pastorale Begleitung des Lebens in der Ehe: In verschiedenen Gesprächsangeboten und Kursen (nicht nur im Kontext der Eheschließung!) erhalten Paare Anregungen, ihre Fähigkeiten partnerschaftlicher Kommunikation und Interaktion weiter zu entwickeln, ihre Beziehung zu reflektieren und zu vertiefen und sie vom Glauben her zu deuten und zu feiern.

Ehespiritualität (3) als Hilfe zur Entfaltung einer persönlichen Gottesbeziehung in der Ehe: Neben den allgemeinen Angeboten zur Glaubensvertiefung und zur Entwicklung einer persönlichen Spiritualität brauchen Paare – vor allem solche, die ganz bewusst ihre Ehe als gemeinsame Berufung zum Glauben und als Ort ihrer gemeinsamen Christusbeziehung verstehen und leben wollen – spirituelle Angebote. Sie sollen ihnen helfen, ihre persönliche und gemeinschaftliche Spiritualität weiterzuentwickeln und ihre Paarbeziehung ausdrücklich – immer wieder neu – auf Christus hin zu öffnen und Gott in ihrer Beziehung Raum zu geben.

Prävention (vgl. Anhang) als Einübung eines konstruktiven Miteinanders in der ehelichen Partnerschaft: Um – vorbeugend – Paare zu befähigen, aus eigener Kraft mit BeziehungsKrisen und Stress-Situationen umgehen zu können, ist es notwendig, ihnen den Zugang zu speziellen Kursen zu ermöglichen. Dort können sie in konkreten Übungs- und Trainingssituationen einen besseren Umgang mit Krisen erlernen und ihre Fähigkeit in der Paarkommunikation und im Austausch von Gefühlen in Konfliktsituationen verbessern.

Im Kapitel B finden Sie die zentralen Handlungsfelder eines Netzwerks ’Ehepastoral’ dargestellt und entfaltet (vgl. dazu auch Seite 5 - 7 im Kapitel A).

Beheimatung (5) als zentraler Dienst und zentrale Ressource der (Ehe-)Pastoral der Ortsgemeinde: Wenn Paare Heimat finden in der Gemeinde durch die Teilnahme am kirchlichen Leben, in Gottesdienst, in Begegnung und Austausch mit anderen Christen, in der Kindergarten-, Eltern- und Familienarbeit, wenn ihre Lebenswirklichkeit in verschiedenen Feldern der Gemeindepastoral mitgesehen und auch thematisiert wird, können die Erfahrungen dieses Lebensraumes Paare bereichern und stützen. Sie erfahren ihren Glauben und das Leben in ihrer Gemeinde als ’gemeinsames Drittes’. Die ’Knoten’ Ehevorbereitung, Ehebegleitung und Eheberatung benennen drei zentrale Arbeitsfelder, die sich in den letzten Jahrzehnten als sinnvolle und strukturierte Arbeits-Einheiten ausdifferenziert haben.

Ehespiritualität und Prävention sind demgegenüber zunächst durchlaufende Aspekte der Ehepastoral. Sie können aber auch als eigene Handlungsfelder gesehen werden, weil sich diesen Aspekten spezifische Handlungs- und Angebotsformen zuordnen lassen. Die Funktion der Beheimatung ist ebenfalls primär eine durchgängige Dimension der Ehepastoral. Aus gemeindlicher Sicht ist diese Dimension aber herauszuheben, weil sie eine zentrale Ressource der Gemeinden und eine Leitkategorie des Dienstes von Gemeinden an Ehe benennt (im Gegenüber zu anderen kirchlichen Orten der Ehepastoral wie z. B. Ehe- und Familienbildung oder Beratung). ’Netzwerk Ehepastoral’ macht die spezifische Qualität der Ehepastoral deutlich: Die einzelnen Felder und Ebenen der Ehepastoral sind aufeinander bezogen und hängen voneinander ab. Zugleich aber bedeutet Netzwerk, dass im Bereich der Ehepastoral nicht alle alles leisten müssen, sondern dass durch Akzentuierung und Schwerpunktsetzung, durch Arbeitsteilung und Vernetzung von Gemeinden, Bildungswerken, Familienbildungsstätten, Beratungsstellen usw. ein effizientes Netz entstehen kann, das die Leistungsfähigkeit und die Ressourcen aller beteiligten Kooperationspartner einbezieht.

Eheberatung (4) als Begleitung in Krisensituationen von Ehe: In der seelsorglichen Paarbegleitung und vor allem in Formen professionalisierter Eheberatung werden Paare in krisenhaften Situationen und gravierenden Paarkonflikten begleitet, Störungen zu bearbeiten, Verletzungen zu verarbeiten und neue Perspektiven und Handlungsmöglichkeiten für ihre Beziehung zu entwickeln. So lässt sich eine neue Basis für ihre Zukunft als Paar gewinnen.

24

25


B1 1 Kirchliche Ehevorbereitung 1.1 Doppelte Zielsetzung > allgemeine und kirchliche Ehevorbereitung Ehevorbereitung als Erlernen grundlegender Fähigkeiten zur Gestaltung von Partnerschaft und Ehe (Beziehungsfähigkeit) ist ein umfassender Lernprozess: Er hat zu tun mit der Erfahrung der eigenen Herkunftsfamilie, mit der Erfahrung der Partnerschaft der Eltern, mit dem Erlernen von Kommunikations- und Beziehungsfähigkeit in den verschiedensten Feldern des sozialen Lebens, mit Lernerfahrungen (und deren Begleitung) im Kontext von Freundschaft, Liebe, Sexualität und mit Erfahrungen aus Kirche und Glauben. Ehevorbereitung als Hinführung zur kirchlichen Trauung umfasst das Traugespräch mit einem Seelsorger und das Angebot von Ehekursen, die je nach örtlicher Situation, Zielsetzung und thematischer Schwerpunktsetzung in unterschiedlichen Formen angeboten werden. Gemeinsam ist beiden Feldern der Ehevorbereitung, dass hier Paare – nicht selten nach längerer Zeit zum ersten Mal – in persönlichen Kontakt kommen mit Vertretern der Kirche, die die Aufgabe haben, Paare vertraut zu machen mit der kirchlichen Sicht von Ehe und die ihnen Hilfestellung und Anregung geben für die Vorbereitung der kirchlichen Trauung und für eine Mit-Gestaltung der Traufeier. Hier bietet sich die Chance, in der Begegnung mit der Geschichte des Paares, mit seinen Hoffnungen und Sorgen einen Raum zu öffnen für ein mystagogisches Gespräch. Ehevorbereitung hat im Traugespräch deutlicher einen amtlich institutionellen Charakter; im Ehekurs dagegen steht der Austausch unter den Paaren über Fragen der Beziehungskultur und der Partnerschaft zwischen Mann und Frau sowie über die Aspekte des Glaubens und der Ehespiritualität im Mittelpunkt. Mit dieser Ehe-’Vorbereitung‘ sind die Paare nicht in der Weise auf die Ehe vorbereitet, dass sie im Voraus alle Wechselfälle ihrer Paargeschichte ’im Griff hätten’ oder gar ’scheidungs-resistent’ geworden wären; und auch ihr Glaube wird weiterhin eher ein suchender und schwankender Glaube bleiben, wird weitere Orte und Begegnungen brauchen, in denen er sich vertiefen kann oder neu buchstabiert wird. Vieles, was in der Paargeschichte und in den verschiedenen Phasen der Ehe als Krise oder Chance zu bearbeiten ist, wird erst in der entsprechenden Situation selbst Thema und möglicherweise dort (erst) zugänglich für Begleitung, Hilfestellung und für einen Austausch mit anderen Paaren. Von daher ist es notwendig, Ehevorbereitung als ’Eheschließungspastoral’ zu relativieren und zu integrieren in ein Gesamtkonzept von Ehepastoral und Ehebegleitung.

26

1.2 Herausforderung > Ehevorbereitung im Seelsorgebereich Nach dem Kirchenrecht ist der Pfarrer verantwortlich für die Ehevorbereitung. Eine Mit-Sorge für eine gute Begleitung junger Paare zum Sakrament der Ehe kommt auch dem Seelsorgebereich bzw. der Ortsgemeinde als ganzer zu. Diese kann neben dem Engagement im Rahmen des Traugespräches sichtbar werden im Interesse der Verantwortlichen in der Ortsseelsorge (haupt- wie ehrenamtlichen), sich für Möglichkeiten von ’Ehevorbereitung’ in den Ehekursen zu engagieren. Sie zeigt sich z. B. auch darin, dass die jungen Paare in ihrer Gemeinde erkannt werden und dass ihr Lebens-Übergang als Teil des Lebens dieser Gemeinde wahrgenommen wird, auch wenn die Trauung sich oft als privat-familiäres Ereignis darstellt. Eine Mit-Verantwortung für die Ehevorbereitung ergibt sich auch aus dem Anspruch, den die Feier der kirchlichen Trauung zum Ausdruck bringt: Wenn auch nach traditioneller kirchlicher Lehre sich das Ehepaar selbst das Ehesakrament spendet, so ist doch eine Präsenz der Gemeinde bedeutsam für die Feier der Trauung. Zusammen mit dem Priester bzw. Diakon, der den Konsens des Paares entgegennimmt, begleitet sie den Schritt des Paares, indem sie den gemeinsamen Glauben artikuliert, den Glauben des Paares stärkt und den Segen Gottes herabruft. Eine mitfeiernde Gemeinde hilft, den ekklesialen Charakter des Ehe-Sakramentes sinnenfällig zu machen. Der Segen Gottes, das Mit-Sein Gottes, das im Gottesdienst gefeiert und erbeten wird, wird im Mit-Sein der Gemeinde bekräftigt. „Als sakramentales Zeichen der Kirche muss die Trauungsfeier die christliche Gemeinde in einer vollen, aktiven und mitverantwortlichen Teilnahme aller Anwesenden einbeziehen, und dies entsprechend der Stellung und Aufgabe der einzelnen: Brautleute, Priester, Trauzeugen, Eltern, Freunde und andere Gläubige – sie alle Teilnehmer einer Versammlung, die das Geheimnis Christi und seiner Kirche kundtut und lebt“ (Enzyklika ’Familiaris Consortio’, Nr. 67). Daraus lässt sich eine Mitverantwortung der Ortsgemeinde für die Hinführung zur Ehe ableiten: Das Angebot der persönlichen Vorbereitung auf die Eheschließung (Codex Iuris Canonicis, Can. 1063, 2), die Hinführung zur Trauung sind wesentliche Hilfen für das Paar, sich dem An-Kommen Gottes in der Feier des Ehesakramentes zu öffnen. Die liturgisch-symbolische Unterstützung der Brautpaare durch die gemeindliche Präsenz bei der Traufeier wird gewissermaßen durch ’konkrete Taten’ eines Engagements im Rahmen der Ehevorbereitung plausibel gemacht. Zu solchen konkreten Taten gehört, dass sich die ’Räume gelebten Glaubens am Ort’ stark machen für das Lebens- und Glaubenswachstum der Paare in der Ehe und sie nach der Trauung nicht einfach in ihre Ehe-Geschichte entlassen.

27


B1 1.3 Pastoraler Alltag > mit Grenzen leben Natürlich sind die Kräfte der Seelsorger und pastoralen Dienste, sind auch die Möglichkeiten der Pfarrgemeinde begrenzt, was die Unterstützung und Begleitung von Paaren vor und nach der kirchlichen Eheschließung angeht. Es darf nicht darum gehen, die Möglichkeiten der Seelsorge vor Ort in falscher Weise zu idealisieren. Aber der Dienst an den Wachstumsprozessen christlicher Ehen ist – wenn auch nicht ausschließlich – ein genuiner Auftrag für die Seelsorgestrukturen vor Ort. Es ist eher die Frage, ob und wie sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten ihre begrenzten Kräfte bündeln und in der Weise ihre Verantwortung wahrnehmen, dass sie die Zusammenarbeit im Seelsorgebereich, Dekanat usw. vorantreiben und ’fließende Übergänge’ zu den subsidiär arbeitenden Bildungseinrichtungen, zu kirchlichen Gruppierungen, geistlichen Zentren und Beratungsstellen ermöglichen. Das Zusammenführen der vielfältigen personellen und strukturellen Ressourcen trägt zugleich auch der Tatsache Rechnung, dass viele Paare sich, wenn sie Unterstützung bei der Gestaltung ihres Zusammenlebens suchen, längst nicht mehr nur innerhalb der Grenzen ihrer Gemeinde bewegen.

Viele Seelsorger sind froh, aufgrund der Angebote vor allem der Bildungswerke und Familienbildungsstätten, aber auch von Beratungsstellen in ihrer Verantwortung für die Ehekurse (Organisation, Trägerschaft, Durchführung) oder für andere Formen von Ehevorbereitung (z. B. EPL) entlastet zu werden. Im konkreten Kontakt mit den zuständigen Leiterinnen und Leitern der Bildungseinrichtungen können sie sich zugleich Einblick in die Qualität und Leistungsfähigkeit der Angebote verschaffen und zur weiteren Qualifizierung der Angebotsformen beitragen. Die Angebote der Ehevorbereitung könnten z. B. zunehmend auch mit dem Traugespräch und der Vorbereitung des Traugottesdienstes verbunden sein; denn das Thema Trauung, das die Felder der Ehevorbereitung integral verknüpft, bildet in der Phase der konkreten Vorbereitung des Hochzeitsfestes für die Paare schon im Ansatz die vorherrschende Perspektive.

1.4 Erzbistum Köln > zur Situation der Ehevorbereitung Die Chance des Traugespräches im Kontext des Brautexamens wird von Seelsorgern sehr unterschiedlich genutzt, gelegentlich bleibt es bei amtlich-formalisierten Begegnungen mit den Paaren. Manche Seelsorger bereiten mit den Paaren zusammen die Feier der kirchlichen Trauung vor. In den meisten Stadt- und Kreisdekanaten unseres Bistums liegt die organisatorische und zum großen Teil konzeptionelle Verantwortung für die Ehekurse in den Händen der katholischen Bildungswerke. Relativ wenige Pfarreien, Seelsorgebereiche oder Dekanate führen Ehevorbereitungskurse in eigener Regie durch. In der Leitung des Ehekurses arbeiten an vielen Stellen des Bistums Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gemeindeseelsorge mit den Mitarbeiter/inne/n der Bildungseinrichtungen, der Beratungsstellen und freien Referent/inn/en zusammen.

28

29


B1 1.5 Ehekurse > Zielsetzung und 5 Modelle

3. Die Ehekurse

geben den Paaren die Möglichkeit, die eigene Situation im Gespräch mit anderen Teilnehmer/inne/n zu klären: Weshalb möchten wir kirchlich heiraten? Was hat die kirchliche Trauung mit unserem Leben zu tun?

leiten die Teilnehmer/inne/n dazu an, ihre eigene Geschichte als Paar mit ’gläubigen Augen’ anzuschauen und so neue Erfahrungen mit dem Glauben zu machen,

Wozu Ehekurse? 1. Die jungen Paare

kommen zur Kirche und wollen ihre Ehe unter den Segen Gottes stellen, weil sie spüren, dass sie diesen Segen brauchen,

suchen einen verbindlichen Rahmen für ihre Partnerschaft in der kirchlichen Eheschließung,

verbinden die notwendigen sakramentenrechtlichen Informationen mit dem Gespräch über Glauben und Leben,

erleben die Zeit vor der Trauung als ’hohe’, herausgehobene Lebenszeit und sind daher häufig in besonderer Weise religiös ansprechbar,

sind in ihrer Entscheidung für eine lebenslange Partnerschaft und vor allem in der praktischen Umsetzung dieser Entscheidung weitgehend auf sich allein gestellt,

vermitteln ein Gruppenerlebnis: mit Gleichaltrigen, Seelsorger/ innen und Referent/inn/en über Erfahrungen in Freundschaft, Liebe und Partnerschaft reden zu können,

geben den Paaren Anregungen, das Ziel der lebenslangen Treue konkret zu gestalten,

brauchen Impulse von außen zur inneren Vorbereitung auf die Trauung, um nicht in der äußeren Vorbereitung aufzugehen,

bilden einen Rahmen, in dem Christ/inn/en davon Zeugnis geben, wie das Christsein in Ehe und Familie verwirklicht werden kann,

brauchen Menschen, die sie in ihren Überlegungen unterstützen, anfragen und weiterführen und sie bei ihrem Schritt zur Ehe begleiten,

stellen für die Kirche eine Chance dar, mit jungen Paaren über emotionale und religiöse Aspekte des ’Lebens zu zweit’ ins Gespräch zu kommen,

sind häufig unsicher darüber, was Kirche von ihnen will, weil viele von Ihnen in Distanz zur Kirche leben und sich in Liturgie und Lehre nicht auskennen,

erwarten von der Kirche Unterstützung und Wohlwollen.

ergänzen das Gespräch zwischen dem Seelsorger und dem Brautpaar und schaffen einen ’öffentlichen’ Rahmen, in dem die Eheschließung und weitere damit zusammenhängende Fragen besprochen werden,

sind eine Ausdrucksform der Mitverantwortung der Kirche – und bei gemeindenaher Ehevorbereitung auch der konkreten Pfarrgemeinde – für das Gelingen der Ehe,

bedürfen der besonderen werbenden Unterstützung durch die Seelsorger.

2. Die Seelsorger

30

begegnen den Paaren, die sich zur Trauung anmelden, in einer Lebensphase, die diese so existentiell erleben, wie kaum eine Situation zuvor,

sind neben den Pfarramtssekretärinnen die ersten kirchlichen Vertreter, denen die jungen Paare meist nach vielen Jahren weitgehender Distanz zur Kirche persönlich begegnen,

suchen häufig nach Wegen, die Distanz der jungen Brautleute gegenüber Kirche und Gemeinde zu überwinden,

fühlen sich mitverantwortlich dafür, Paaren vor (und nach) der kirchlichen Trauung Hilfen zum Gelingen von Ehe und Partnerschaft zu geben,

nehmen sich Zeit zu einem oder mehreren Gesprächen mit jedem Paar, das die Trauung wünscht,

haben darüber hinaus wenig Zeit für eine intensivere Vorbereitung mit den einzelnen Paaren,

können in ihrem Bemühen auf die Unterstützung haupt- und ehrenamtlicher Mitarbeiter/innen sowie nebenberuflicher Fachreferent/ inn/en (Bildungswerke, Familienbildungsstätten und Katholische Jugendämter) zurückgreifen.

Die Kurse vor der kirchlichen Trauung bedeuten für alle Beteiligten eine Chance: Den jungen Paaren bieten sie die Gelegenheit, neue Erfahrungen mit Kirche und Gemeinde zu machen, indem sie ihre eigenen Lebensthemen in diesem Zusammenhang zur Sprache bringen. Den beteiligten Seelsorgern geben sie Entlastung in der ehevorbereitenden Pastoral. Es erscheint wichtig, diese Chance im Sinn der jungen Paare und der Kirche zu nutzen, da die Entfremdung zwischen beiden übergroß zu werden droht. (Im Jahr 1996 erarbeitet von der Arbeitsgruppe ’Ehevorbereitung im Erzbistum Köln’, der Hauptabteilung Bildung / Hauptabteilung Seelsorge unter Federführung von Dr. Josef Herberg und Hans-Jakob Weinz)

31


B1 Zielsetzung > präzise und kompakt „Wenn die Ehe von Christen in ihrer gelebten Beziehung ein Sakrament des lebendigen Gottes ist, gehören die Sorge um ihr Gelingen, die Sorge um die Beziehungsfähigkeit der Partner und die Sorge um ihre Glaubensgeschichte zusammen. Die Förderung der Beziehungsfähigkeit, die Vermittlung von sozialen und kommunikativen Kompetenzen und darüber hinaus der Einsatz für ehe- und familienfreundliche Rahmenbedingungen verbindet sich so mit der Vermittlung des christlichen Eheverständnisses, mit der Hinführung zum Geheimnis der Ehe als Sakrament und dem Gespräch über eine Ehespiritualität.“ (Auf dem Weg zum Sakrament der Ehe, Reihe: Die Deutschen Bischöfe, Nr. 67, S. 36)

Wo Paare um die kirchliche Trauung bitten, ist es notwendig, dass sie verstehen können, was eine kirchliche Trauung für sie selbst und für die kirchliche Gemeinschaft bedeutet. „Die Situation der Eheschließung ist eine der Situationen, in denen Menschen in besonderer Weise vor Grundentscheidungen stehen. Für Christen bedeutet dies, dass in ihren Ehen ihre Grundberufung durch die Taufe wirksam wird. In der Frage nach der Ehe kann so exemplarisch vertieft werden, was es heißt, vom Evangelium ergriffen zu sein und mit der Gabe des Geistes zu leben“ (Auf dem Weg zum Sakrament der Ehe, Reihe: Die Deutschen Bischöfe, Nr. 67, S. 38).

Das grundlegende Ziel, den Zusammenhang von Glaube und Alltag in der Ehe deutlich werden zu lassen, lässt sich in folgende Teilziele auffächern:

eheliche Grundhaltungen vermitteln und stärken Zu diesen Haltungen gehört die Offenheit für die eigenen Gefühle und die des anderen, die Bereitschaft, Sichtweisen und Erfahrungen zu teilen, das Loslassen von Vorbehalten, die Bereitschaft zur Hingabe und zur Sorge um das Gemeinsame, Offensein für Zärtlichkeit, Freude an erotisch-sexueller Begegnung, Bereitschaft für einander zu sorgen, Bereitschaft zur Versöhnung (vgl. Auf dem Weg zum Sakrament der Ehe, Reihe: Die Deutschen Bischöfe, Nr. 67, S. 38).

32

zur Ehe ermutigen Die Begegnung und der Austausch mit anderen Paaren kann Paaren helfen, ihre Wünsche, Hoffnungen und Ängste im Blick auf die Ehe deutlicher zu sehen und zu kommunizieren, ihre Perspektiven für ihre Ehe zu klären und in der Begegnung mit anderen Beziehungserfahrungen die eigenen Erwartungen und Befürchtungen wohltuend und entlastend zu relativieren.

vermitteln und bestärken: Fertigkeiten, die hilfreich sind, um die Beziehung zu erhalten und zu vertiefen Dabei geht es vor allem um die Vermittlung eines konstruktiven Gesprächsverhaltens als Einüben und Vertiefen von Fähigkeiten, Gefühle und Wünsche auszudrücken, Konflikte konstruktiv zu lösen, Probleme und Stress in der Paarbeziehung zu bearbeiten und die Spannung zwischen Nähe und Distanz bzw. zwischen Gemeinsamkeiten und Unterschieden zu gestalten.

Paare bekommen so die Möglichkeit, sich auseinander zu setzen mit der kirchlichen Sicht von der Ehe, ihre eigene Glaubensgeschichte zu reflektieren und zu erzählen, Glaubensfragen anzusprechen und sich zu öffnen für eine Deutung ihrer vergangenen und zukünftigen Liebesgeschichte als Geschenk und Ort der Liebe Gottes.

spezifische Anforderungen heutiger Ehewirklichkeit bewusst machen Es gilt, „überzogene Erwartungen und falsche Sinnansprüche, die Brautpaare an ihr zukünftiges Eheleben knüpfen, anzusprechen und angemessene Partnerschaftsvorstellungen und Erwartungen an die Ehe aufzubauen“ (Auf dem Weg zum Sakrament der Ehe, Reihe: Die Deutschen Bischöfe, Nr. 67, S. 37).

den Glauben vertiefen und das kirchliche Eheverständnis darlegen

zur kirchlichen Trauung hinführen Paare gewinnen Sicherheit, sich im ’Raum’ eines für sie oft eher fremden kirchlichen Ritus zu bewegen, indem sie den Ablauf der kirchlichen Trauliturgie kennenlernen und sich vertraut machen können mit dem Sinn der liturgischen Zeichenhandlungen, Symbole und Worte. Zu dieser Hinführung zur kirchlichen Trauung gehört auch, Paare über die Möglichkeiten der Mit-Gestaltung der Traufeier zu informieren und ihnen Anregung und Hilfestellung anzubieten.

33


B1 Im Blick auf die unterschiedliche Situation der Paare, die örtlichen Möglichkeiten, den Zeitrahmen und das jeweilige Gesamtkonzept des Kurses kommen diese genannten Ziele natürlich in unterschiedlicher Gewichtung und Akzentuierung zum Tragen. Manche Ziele lassen sich – in einem einzigen, oft kurzen Kurs – nur anfanghaft realisieren. Vollständigkeit ist meistens nicht erreichbar und würde eine Überforderung für die Kursgruppe und die Teamleitung bedeuten. Es ist wichtig, von einem Einzelkontakt nicht zu viel zu erwarten und sich mit der Begrenzung der Ehekurse anzufreunden. Das hilft, die gegebene Zeit konstruktiv und kreativ zu nutzen.

Gerade wegen dieser Begrenzung ist es nötig, die Ehevorbereitungskurse durch die Möglichkeit der Vernetzung mit dem Traugespräch, mit speziellen Kursformen (z. B. Kommunikationskurs für Paare, der nicht an den Zeitpunkt der kirchlichen Trauung gebunden ist) und durch weitere Angebote der Ehebegleitung zu ergänzen. In der Regel sind ja kirchliche Trauung, Ehevorbereitung bzw. Ehekurs nicht Höhepunkt, Abschluss einer Etappe des Weges mit der Kirche, sondern oft der vorsichtige Anfangspunkt eines möglichen intensiveren Weges mit Glaube und Kirche. Während die Traufeier als kirchliche Hochform eigentlich Christen mit ’Glaubenserfahrung’ voraussetzt, ist die Situation der Paare vor der Trauung häufig eher als katechumenale Situation zu sehen. Deshalb ist es wichtig, sich im pastoralen Handeln nicht zu blockieren, indem man die entgehenden oder entgangenen Möglichkeiten beklagt, sondern das, was in dieser (katechumenalen) Begegnung möglich ist, unter dem Gesichtspunkt der „Gradualität“ (vgl. die Enzyklika ’Familiaris Consortio’, Nr. 34) entschieden zu ergreifen.

Die katechumenale Situation bildet den Ausgangspunkt dafür, diesen momentanen, (zunächst) einmaligen Kontakt der Paare mit der Kirche positiv zu gestalten, sie so zu lassen, wie sie sind und ihnen damit die Chance zu geben, von sich aus später wieder auf die Kirche zuzugehen. Gerade in der kurzen Phase des Kontaktes liegt die Chance für die Kirche als Ermöglichungs- und Erkenntnisfaktor für Gottes Handeln mit den Menschen in dieser Lebensphase.

1. Modell > Tageskurs – ’Ehevorbereitung kompakt’ Am weitesten verbreitet ist der meist über einen Tag gehende Ehekurs, der in der Regel zwei Teile umfasst. Zum einen werden dort Themen von Partnerschaft und Beziehung bearbeitet, zum anderen wird die Ehe als Sakrament thematisiert, verbunden mit Informationen zum Ablauf und zur Gestaltung der kirchlichen Trauung. Dieser Basiskurs wird gelegentlich modifiziert, z. B. durch Verlängerung zu einem Wochenendkurs oder zu einer Kursreihe, die im Zeitraum etwa eines halben Jahres mehrere Tages- bzw. Abendveranstaltungen umfasst (vgl. Bernd Lutz, Stufen auf dem Weg zur Ehe – Überlegungen zur Ehevorbereitung, in: Lebendige Seelsorge, Heft 1/2001, S. 24 – 28). Eine andere Modifikation stellt der ’gemeindenahe’ Ehekurs dar, der sich bewusst als ortsnahes, gemeindebezogenes Angebot versteht und dessen Team aus einem Priester und aus Ehepaaren als ’Vertreter/inne/n’ der Gemeinde besteht (vgl. Abteilung Gemeindepastoral, ’Werkstattbrief Ehevorbereitung’, Nr. 2 bzw. Gemeindenahe Ehevorbereitung: Wir trauen uns – Wegbegleitung in die Ehe, herausgegeben vom Bistum Essen o. J.). Die Chance eines zeitlich umfangreicheren Ehekurses liegt darin, dass eine größere Zahl von Themen und Fragen zur Sprache kommen kann und dass die mystagogische Dimension des Ehekurses stärker zum Tragen kommt. Der Prozess, die eigene Lebens- und Liebesgeschichte zu erzählen und zu reflektieren, der Weg, diese Erfahrungen im Horizont des Glaubens zu deuten, die Suche nach den Spuren Gottes in der Lebens- und Paargeschichte – all dies braucht Zeit und Geduld. Für solche Prozesse eröffnet erst ein großzügiger Zeitrahmen einen angemessenen Raum. Die Bereitschaft, mehr Zeit in den Ehekurs zu investieren, wird vor allem bei Paaren sichtbar, die im Glauben ’zu Hause’ sind und die Interesse zeigen am Glaubensgespräch und an spiritueller Vertiefung.

2. Modell > ’Ehevorbereitung für konfessionsverschiedene Paare’ Vor allem in größeren Städten des Bistums werden Kurse für konfessionsverschiedene Paare (katholisch/evangelisch) angeboten. Diese Kurse werden von einem Team von katholischen und evangelischen Seelsorger/inne/n und Christ/inn/en geleitet. Paare können hier ihre unterschiedliche konfessionelle Herkunft reflektieren und Fragen des Lebens in der konfessionsverbindenden Ehe – als Leben in zwei Kirchen – und Fragen der religiösen Kindererziehung besprechen (vgl. z. B. Karl Eveld / Ines Klekamp, Wer sich liebt, der traut sich – spezielle Vorbereitungswege für konfessionsverschiedenen Ehen, in: Lebendige Seelsorge, Heft 1/2001, S 37 - 39). Die Erfahrung zeigt, dass hier vor allem solche Paare teilnehmen, die im Leben ihrer Kirchen stärker verwurzelt sind.

34

Unter www.ehevorbereitungsangebote.de finden Sie auf Initiative der Diözesanarbeitsgemeinschaft ’Ehevorbereitung / Ehebegleitung’ die meisten Kursangebote im Erzbistum Köln mit Terminen und Informationen.

35


B1 3. Modell > ’Werkstatt Traugottesdienst’ Die ’Werkstatt Traugottesdienst’ – in der Regel eine Halbtagesveranstaltung – stellt das Ereignis der kirchlichen Trauung ganz in das Zentrum der Kursarbeit. Zugänge zum Verständnis der christlichen Ehe und zur Ehe als Sakrament werden hier primär über die Texte und Symbole des Traugottesdienstes gesucht und entwickelt. Ziel des Kurses ist vor allem, Paare vertraut zu machen mit der Trauliturgie, über Ablauf und Gestaltungsmöglichkeiten der Trauung zu informieren und Paare bei den ersten Schritten ihrer Überlegungen zur Gestaltung der Traufeier fachkundig zu begleiten. Eine notwendige Voraussetzung für diese Kursform ist, dass ihre Zielsetzung von den (Trau-)Seelsorgern der Region akzeptiert und mitgetragen wird.

Aufbau des EPL-Kurses

I. Vermitteln und Einüben der grundlegenden Kommunikations und Problemlösungsfertigkeiten: 1. Treffen: Reden und zuhören 2. Treffen: negative Gefühle äußern 3. Treffen: Probleme lösen

II. Anwendung der erlernten Fertigkeiten an speziellen Themenkreisen 4. Treffen: Erwartungen an die Ehe

„Wenn die Brautleute das liturgische Geschehen mit vollziehen sollen, sind sie bei der Vorbereitung entsprechend einzubeziehen. Sie sollen Einblick gewinnen in den Ablauf der Feier sowie Lesungstexte, Gebete, Fürbitten und Lieder mit auswählen können. Einzelne Gestaltungselemente der Feier wie Einzug, Gabenbereitung, Kelchkommunion, Segnungen und Unterzeichnung des Trauungsdokumentes sind mit ihnen abzusprechen. Wichtig ist, dass sie einen Zugang zum Sinn der Feier und ihrer Symbole gewinnen können.“

5. Treffen: Sexualität 6. Treffen: Christliche Ehe

Der EPL-Kurs wird z. Z. auf Bistumsebene angeboten, langfristig soll er – als Teil des Ehevorbereitungsangebotes in der Region – von den Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen als weitere Kursform angeboten werden.

(Auf dem Weg zum Sakrament der Ehe, Überlegungen zur Trauungspastoral im Wandel, Reihe: Die Deutschen Bischöfe, Nr. 67, herausgegeben vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, S. 51)

5. Modell > ’Ehevorbereitung intensiv’ – Ehespiritualität braucht Zeit 4. Modell > ’Ehevorbereitung – Ein partnerschaftliches Lernmodell’ (EPL) Einen deutlich diakonalen Akzent setzt der Kurs ’Ehevorbereitung – Ein Partnerschaftliches Lernprogramm’ (EPL). Dieser Kommunikationskurs wurde vom Institut für Forschung und Ausbildung in Kommunikationstherapie, München, entwickelt und wird mittlerweile in fast allen deutschen Bistümern angeboten. In dem Kurs für jeweils 4-6 Paare, in dem ein/e zertifizierte/r EPLTrainer/in für je 2 Paare zur Verfügung steht, geht es speziell um die Reflexion und (vor allem) um das Einüben (Trainingscharakter) von hilfreichen Formen partnerschaftlicher Kommunikation. In der Regel als Wochenendkurs angeboten, besteht er aus 2 Teilen mit insgesamt 6 Arbeitseinheiten.

36

Da sich die meisten Ehekurse und Kursformen – zu Recht – darauf einstellen, dass sich die Mehrzahl der teilnehmenden Paare in einer eher katechumenalen Situation befinden, ist es wichtig, auch die ’religiös begabten’ Paare in den Blick zu nehmen. Solchen Paaren, die bewusst als Christen ihre eheliche Verbindung eingehen und ihre Ehe als Glaubensweg verstehen und leben wollen, sollen Möglichkeiten einer vertieften Reflexion ihrer Lebens- und Glaubensgeschichte angeboten werden bzw. Formen einer spirituellen Vorbereitung (Exerzitien) auf den Schritt der kirchlichen Heirat. Entsprechende Kurse und Exerzitien werden in der Regel nur auf überregionaler oder diözesaner Ebene möglich sein oder auch im Kontext von geistlichen Gemeinschaften (z. B. Marriage Encounter). Darum ist es wichtig, auf allen Ebenen (Gemeinde / Region / Bistum) dafür zu sorgen, dass interessierte Paare Zugang bekommen zu den entsprechenden Informationen über solche Angebote.

37


B1 1.6 Das Traugespräch Während Ehekurse eher ein Angebot an die Paare darstellen und von den Prinzipien der Freiwilligkeit und der Einladung bestimmt sind, ist die Teilnahme am Traugespräch verpflichtend. Deshalb ist es wichtig, dass dieses ’Muss’ zur Chance von Begegnung wird und es nicht zu einem sich selbst verstärkenden Kreislauf von ’Pro-Forma-Anwesenheit’ des Paares und rein formal amtlichem Verhalten des Seelsorgers kommt. Es ist Auftrag des Seelsorgers und gehört zu seiner Professionalität, die Chancen und Möglichkeiten einer gegenseitigen Annäherung realistisch einzuschätzen und dafür zu sorgen, dass es im Gespräch zu einer Begegnung kommen kann zwischen Seelsorger und Paar. Je mehr ein Seelsorger sich bewusst darauf einstellt, dass er hier zwei erwachsenen Menschen mit Geschichte, mit Selbststand und eigenen Erfahrungen und Sichtweisen begegnet, je mehr er realisiert, dass er – selten genug – in einem ’intimen Raum’ in Kontakt kommt mit der Lebens- und Liebesgeschichte zweier Menschen, ihren Hoffnungen, Sehnsüchten und Ängsten, kann ein Begegnungs-Raum entstehen, in dem das Interesse (Dabei-Sein) Gottes, das Interesse der Kirche am Gelingen ihres Weges erfahrbar werden.

Dabei können auch im Gespräch über die eherechtlichen Fragen entlang des Trauprotokolls die ehefreundlichen Intentionen eherechtlicher Regelungen deutlich werden.

38

Wenn möglich, ist im Gespräch die Dimension des Glaubensgespräches zu suchen. „Um die Dimension des Glaubensgespräches zu erreichen,sollen die Paare ermutigt werden, etwas von dem zu erzählen, wie es ihnen mit Glaube und Kirche ergangen ist. Und der Priester oder Diakon, der die Trauung vornimmt, soll davon erzählen, was für ihn eine kirchliche Trauung bedeutet. Wenn die Trauung eine gemeinsame Handlung von Trauenden und Paaren ist, ist es wichtig, dass man für das gemeinsame Tun auch ein verbindendes Verständnis austauscht“ (Auf dem Weg zum Sakrament der Ehe, Reihe: Die Deutschen Bischöfe, Nr. 67, S. 46). Dabei können im Gespräch mit konfessionsverschiedenen Paaren auch ihre konfessionellen ’Geschichten’ zur Sprache kommen und die Unterschiede im Eheverständnis der Konfessionen. Bei der Frage der Gestaltung des zukünftigen Lebens als ’Paar in zwei Kirchen’ ist auch Raum zu geben für die Frage der religiösen Kindererziehung, da viele Eheschließungen heute mit dem Willen zur Familiengründung verbunden sind (kindorientierte Eheschließung). Ein zentrales Thema – und dies trifft ein wichtiges Interesse des Paares – ist die Besprechung der Traufeier und die Frage ihrer Gestaltung. „Die Paare bringen dazu sehr unterschiedliche Voraussetzungen ein. Entsprechend unterschiedlich müssen die Hilfestellungen sein. Alle Paare sollten erfahren können, an der Ausgestaltung der Feier beteiligt zu sein. Paare, die gewohnt sind mit Büchern und Texten umzugehen, können mit umfänglichen Anregungen etwas anfangen, während andere Paare einfachere Hilfestellungen brauchen“ (Auf dem Weg zum Sakrament der Ehe, Reihe: Die Deutschen Bischöfe, Nr. 67, S. 47). Da die Liturgie der Trauung die christliche Sicht der Ehe in verdichteter Sprache, in Symbolen und Zeichenhandlungen darstellt, bietet gerade die Anknüpfung an den Trauritus die Chance, über die Deutung der Ehe als Sakrament ins Gespräch zu kommen oder im Gespräch über mögliche biblische Texte in eine Art von Glaubensgespräch einzutreten. „Eine wichtige Chance für den Glaubensaustausch und die Vorbereitung der Predigt ist das Schriftgespräch mit Paaren über die Bibeltexte, die sie bei ihrer Trauung hören wollen. Nur wenige Paare haben ein so lebendiges Verhältnis zur Heiligen Schrift, dass sie ganz von sich aus angeben können, was sie sich aus der Bibel bei ihrer Trauung zusagen lassen wollen. Den meisten wird man eine Auswahl von Texten an die Hand geben müssen, die infrage kommen. Vielen Paaren wird dies zum Anlass, miteinander in ein Gespräch über das zu kommen, was ihnen für die kirchliche Trauung wichtig ist“ (Auf dem Weg zum Sakrament der Ehe, Reihe: Die Deutschen Bischöfe, Nr. 67, S. 47). Bei realistischer Einschätzung der Möglichkeiten der gegebenen Gesprächssituationen, die ein „Alles-oder-Nichts“ vermeidet (vgl. Auf dem Weg zum Sakrament der Ehe, Reihe: Die Deutschen Bischöfe, Nr. 67, S. 47) und die sich vom Glauben an den ’heiligen Boden’ der Liebe des Paares leiten lässt, kann sich das Traugespräch zu einem mystagogischen Gespräch entfalten, zur gemeinsamen Ahnung des Interesse Gottes an dieser konkreten Paargeschichte.

39


B1 Eine mystagogische Ehevorbereitung muss ihre didaktische Gestalt von ihren Zielen her suchen. Ziel ist es aber, dass die Liebenden in ihrer eigenen Lebensgeschichte einkehren, um dort die Spuren der wohlwollenden und herausfordernden Liebe Gottes zu entdecken. Das setzt ein intimes Zweiergespräch des Paares voraus.

Dieses wird um Fragen kreisen wie:

Was für einen Gott hast du im Lauf deines Lebens kennen gelernt?

Wie betest du?

Hast du Angst vor Gott, bist du zärtlich zu ihm?

Hat dein Gottesverhältnis Auswirkungen auf dein Leben?

Welchen Platz hat Religion überhaupt in deinem Leben?

Wie bist du zum Glauben gekommen?

Welche Auswirkungen hat dein Glaube auf unsere Liebe?

Wie ist dein Verhältnis zur Kirche? Wo solche Fragen, angestoßen und unterstützt durch kundige Mystagogen, besprochen werden, beginnt mystagogische Seelsorge. Die Liebenden werden ermutigt, ihre eigene Lebensgeschichte als ’kleine heilige Schrift’ zu entdecken. Eine solche mystagogische Entdeckungsreise weitet sich sodann auf die bisherige Lebensgeschichte aus. Auch in ihr wird das Handeln Gottes aufgespürt.

Das mystagogische Fragen kann weitergehen:

40

Erlebe ich die Geliebte, den Geliebten als Geschenk Gottes?

Kann ich der alten Aussage zustimmen, dass Gott uns zusammengeführt hat, weil er es gut mit uns meint?

Wie gehe ich mit diesem Geschenk Gottes, das die andere, der andere ist, um: verantwortlich, besorgt um sein/ihr Wachstum, aufmerksam für eine gerechte Verteilung der Lebenschancen zwischen uns, gemeinsam offen für die Menschen um uns herum?

Ist es uns sodann ein innerer Wunsch, Gott für dieses Geschenk des/der anderen zu danken: allein, miteinander, und schließlich in einer gläubigen Gemeinschaft, einer christlichen Gemeinde?

Ziehen wir, ziehe ich selbst aus der Erfahrung, dass Gott es bisher in seiner Treue mit uns gut gemeint hat, auch die tröstliche Konsequenz, dass derselbe Gott morgen, ja unser ganzes gemeinsames Leben mit uns unterwegs bleibt, in guten und in bösen Tagen?

Solches Lesen in der ’kleinen heilige Schrift’ wird sich sprachlich erheblich erleichtern, wenn es zu einem Verknüpfen dieser kleinen Heiligen Schrift mit der ’großen heiligen Schrift’ kommt, die der Kirche anvertraut ist. Im Spiegel biblischer Texte werden die eigenen gläubigen Erfahrungen noch klarere Gestalt gewinnen und zugleich auch geläutert werden können. Das subjektive Sprechen der Leute darf sich an die biblische Sprache anlehnen. Das ist gerade deshalb so wichtig, weil gerade in der Liebe so vieles nicht sagbar ist. Ein sorgloser Umgang mit Sprache schadet somit einer Ehevorbereitung mystagogischer Art. (Paul. M. Zulehner, Pastoraltheologie, Band 3: Übergänge. Pastoral zu den Lebenswenden, Düsseldorf 1990, S. 176f. )

Um die Chancen des Traugespräches besser nutzen zu können, ist es hilfreich, Ehekurs und Traugespräch stärker zu verknüpfen und im Austausch zwischen Seelsorgern und Verantwortlichen der Ehekurse die jeweiligen Inhalte und Zielsetzungen abzustimmen.

Darüber hinaus sollten die Seelsorger häufiger die Gelegenheit suchen, sich im Austausch über ihre Erfahrungen im Traugespräch gegenseitig zu unterstützen und gegebenenfalls auch die Möglichkeit von Weiterbildung ins Auge fassen, z. B. über Formen des mystagogischen Gespräches und geistlicher Gesprächsführung.

41


B1 1.7 Literatur > die weiterführt Auf dem Weg zum Sakrament der Ehe. Überlegungen zur Trauungspastoral im Wandel, Reihe: Die Deutschen Bischöfe, Nr. 67, herausgegeben vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn 2000

Otto Baur, Traugespräche. Die Trauung im Gespräch vorbereiten. Eine Handreichung für Seelsorger, herausgegeben vom Referat Erwachsenenpastoral / Erwachsenenbildung der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Rottenburg-Stuttgart 1995 Begleitung junger Paare. Grundlagen und Modelle für die Praxis, herausgegeben vom Bildungswerk der Diözese Mainz, Mainz o. J. Heinrich-Maria Burkard / Elfriede Sacha, Vor Gottes Angesicht nehme ich dich an. Biblisch-Katechetische Hilfen zur Vorbereitung und Gestaltung der kirchlichen Trauung, Stuttgart 1998

Die Feier der kirchlichen Trauung, Herausgeber: Katholische Erwachsenenbildung in Zusammenarbeit mit der Hauptabteilung Seelsorge, Referat Ehe und Familie, Bistum Osnabrück, Osnabrück 21996 Karl Eveld / Ines Klekamp, Wer sich liebt, der traut sich – spezielle Vorbereitungswege für konfessionsverschiedene Ehen, in: Lebendige Seelsorge, Heft 1/2001, S 37 - 39 Gemeindenahe Ehevorbereitung: Wir trauen uns – Wegbegleitung in die Ehe, herausgegeben vom Bistum Essen, Dezernat Seelsorge, Abteilung Sakramentenpastoral, Essen o. J.

Katholisch-Islamische Ehen. Eine Handreichung, herausgegeben vom Erzbischöflichen Generalvikariat Köln, Hauptabteilung Seelsorge, Köln 2000

Rosemarie Nave-Herz, Die Hochzeit: Ihre heutige Sinnzuschreibung seitens der Eheschließenden; eine empirisch-soziologische Studie, Würzburg 1997 Manfred Probst / Klemens Richter, Die kirchliche Trauung. Neues Werkbuch für die Praxis, Freiburg 1994

Franz Thurmaier / Joachim Engel / Kurt Hahlweg, Ehevorbereitung – Ein Partnerschaftliches Lernprogramm EPL. Kursleitermanual, herausgegeben vom Institut für Forschung und Ausbildung in Kommunikationstherapie, München 1995 Unterwegs zur Ehe. Wegweiser und Bausteine für die Ehevorbereitung, herausgegeben vom Deutschen Katechetenverein, München 1993

42

43


B2 2 Kirchliche Ehebegleitung 2.1 Grundauftrag > im Blick behalten Unter der Bezeichnung ’Ehebegleitung’ lassen sich alle Formen pastoralen Handelns zusammenfassen, die Paaren nach der Eheschließung auf dem Weg ihrer Ehe Begleitung und Unterstützung anbieten. „In der gemeinsamen Lebensgeschichte ist die Feier der Trauung Abschluss einer ersten, ganz wichtigen Phase: Zwei Menschen haben sich gefunden und sind ein Ehepaar geworden. Gleichzeitig beginnt mir ihr ein neuer, sehr langer Abschnitt in der Paargeschichte ... Nicht so sehr das Zustandekommen, als vielmehr die tägliche neue Einlösung des Versprechens, ein Leben lang in Treue zueinander zu stehen, stellt in unserer modernen Gesellschaft mithin die entscheidende Herausforderung an die Ehe dar. Hieraus ergibt sich die Aufgabe der Kirche, über die Eheschließung hinaus für die Ehe der Christen Sorge zu tragen. Eine verantwortliche Ehepastoral darf sich nicht mit der Vorbereitung auf Ehe und Familie begnügen. Ebenso wichtig ist eine Ehebegleitung, die für die verschiedenen Ehe- und Familienphasen mit ihren spezifischen Anforderungen und Schwierigkeiten spezielle Angebote bereitstellt. Diese Angebote sollten alle wichtigen Bereiche des Ehe- und Familienlebens umfassen, von der Umsetzung des Glaubens in den Familienalltag über die Vermittlung grundlegender Beziehungskompetenzen bis hin zu Hilfen beim Umgang mit ungewünschter Kinderlosigkeit.“ (Auf dem Weg zum Sakrament der Ehe, Reihe: Die Deutschen Bischöfe, Nr. 67, S. 52f.)

2.2 Netzwerk > Ehebegleitung als offenes Feld Während im Feld der Ehevorbereitung das Ereignis der kirchlichen Trauung Seelsorger/innen und Paare in Kontakt bringt und damit einen Anlass bietet, diesen Kontakt über Gespräche und Kursangebote zu gestalten, ist das Feld der Ehebegleitung eher wie ein offener Raum, der erst strukturiert werden muss: Ohne vorgegebene Anlässe müssen Begegnungsmöglichkeiten gesucht, müssen eigene Anlässe hergestellt werden. Durch die Differenziertheit der Paarsituationen und die Vielfalt der Paargeschichten wird die Situation oft so komplex und unübersichtlich in der Vielfalt ihrer Möglichkeiten, dass Seelsorger/ innen und Verantwortliche in den Gemeinden leicht geneigt sind, die Aufgabe, ein explizites Konzept für Ehebegleitung zu entwickeln, zurückzustellen. Erschwerend kommt hinzu, dass Seelsorger/innen und Gemeinden angesichts der ’Eigen-Sinnigkeit’ der Paarsysteme und einer strukturellen Distanz des ’Systems Paar’ zum ’System Kirche’ den Eindruck haben, die Paare ’wollten nichts mehr von ihnen’. Die Erfahrungen zeigen aber, dass dort, wo Seelsorge, Gemeinde und kirchliche Einrichtungen mit Selbstbewusstsein, Kompetenz und Interesse auf die Paare zugehen und ihnen im Rahmen ihrer Möglichkeiten Anregungen und Unterstützung anbieten, Paare solche Angebote zu würdigen wissen. So gibt es in vielen Regionen unseres Bistums durchaus eine Vielzahl und Vielfalt von Angeboten und Formen der Ehebegleitung in den Feldern (Gemeinde-) Seelsorge, Bildung und Beratung, die aber oft nicht voneinander wissen, weil sie nicht vernetzt sind. Ein wichtiges Element einer Konzeption Ehepastoral / Ehebegleitung ist deshalb, das Vorhandene überhaupt wahrzunehmen und seine Effizienz durch Verknüpfung der Angebote und Vernetzung der ’Mitspielenden’ zu erhöhen. Eine solche Vernetzung erhöht auch die Sichtbarkeit für die Paare, die gelegentlich etwas für sich suchen, aber es nicht finden, weil es im ’Verborgenen’ der Unübersichtlichkeit bleibt.

44

45


B2 2.3 Orientierung > Konzeption von Ehebegleitung erstellen Um ein für die Möglichkeiten vor Ort passendes Konzept von Ehebegleitung zu entwickeln, reicht es nicht, aus einem Katalog mit Standardformen von Ehebegleitung (die es sowieso nicht gibt bzw. geben kann) einzelne Angebotsformen auszuwählen und additiv zu einem Konzept von Ehebegleitung zusammenzubauen. Dazu sind die Lebenssituationen der Paare und die örtlichen Gegebenheiten zu komplex und zu unterschiedlich. Eine Konzeptionsarbeit muss deshalb grundlegend ansetzen.

Sie fragen nach der Situation der Paare:

46

Welche Paare leben in unserer Gemeinde /unserem Seelsorgebereich?

Wie verteilen sich die Paare nach Lebensphasen? (z. B. junge Paare im Übergang zur Familiengründung; Paare in der Familienphase; Paare, die wieder ohne Kinder leben; Paare ohne Kinder; Paare, die alte Eltern versorgen; alte Paare usw.)

Sie fragt nach den vorhandenen Ressourcen:

Was sind die Ressourcen (Personen, Finanzen, Interesse am Thema usw.) in unserem pastoralen Feld?

Welche Fachleute für unser Thema leben in unserer Gemeinde, im Seelsorgebereich?

Wo sind Paare, die aufgrund eigener Bedürfnislagen motiviert sind zum Engagement in eigener Sache und deshalb auch zum Engagement für andere in gleicher Lage?

Welche Ressourcen und Kooperationspartner im Umfeld von Gemeinde und Seelsorgebereich finden wir für ein ’Projekt Ehebegleitung’ (Bildung, Beratung, Caritas)?

Welche Paare unter uns in welcher Phase brauchen wohl am ehesten Unterstützung (von außen)?

Wo und wie ist der Lebensraum der Paare, wie ’bewegen’ sich die Paare im Lebensraum?

Welche kirchlichen und nichtkirchlichen Ressourcen (Institutionen, Einrichtungen, Gruppen) finden die Paare in ihrem Lebensraum vor?

Welche vorhandenen Formen und Angebote gibt es, die uns anregen könnten, eigene zu entwickeln?

Sie fragt nach den vorhandenen Formen der Ehebegleitung:

Welche Angebotsformen könnten wir übernehmen, weil sie zu uns passen?

Wo/wie nehmen Paare am Leben der Gemeinde(n) teil?

Welche Elemente, Aspekte unseres Gemeindelebens scheinen uns hilfreich und stützend zu sein für die Paare in unserer Gemeinde (ohne dass sie ausdrücklich Bezug nehmen auf das Thema ’Ehe und Partnerschaft’)?

An welchen Orten unseres Gemeindelebens (Verkündigung, Liturgie, Gruppen usw.) kommen die Paare mit ihrer Situation, kommen ihre Themen vor?

Welche speziellen Angebote für Paare ’als Paare’ kommen bei uns vor?

Welche kirchlichen Angebote und Unterstützungen finden Paare im Umfeld unserer Gemeinde, unseres Seelsorgebereiches?

Sie verständigt sich auf Leitvorstellungen von Ehepastoral.

vgl. hierzu S. 24f. dieser Arbeitshilfe!

47


B2 2.4 Konkret > Beispiele für Ehebegleitung in der Gemeindepastoral Die folgende Übersicht über mögliche, zum Teil realisierte Angebots- und Kursformen der ehebegleitenden Pastoral dient nicht als Rezeptur oder als Auswahlkatalog, sondern soll als exemplarische Übersicht die eigenen Konzeptionsüberlegungen stimulieren. Sie soll außerdem über vorhandene Angebote von Trägern auf regionaler und Bistumsebene informieren. Denn die Passage-Funktion – Zugangsort, Türöffner zu solchen Angeboten zu sein – stellt ein wichtiges Element der Ehebegleitung in Gemeinde und Seelsorgebereich dar.

„Eine der wichtigsten Formen der Ehebegleitung ist die gegenseitige Unterstützung im Glauben und im Leben, die Gruppen von Ehepaaren sich vor einem vergleichbaren Erfahrungshintergrund gegenseitig selber geben. Familienkreise, in denen Ehepaare und Familien auf der Basis freundschaftlicher Verbundenheit als Gruppe der Gemeinde zusammenfinden, realisieren in besonderer Weise die Bedeutung der Familie als kleinster Zelle von Gemeinde und Kirche. Diese Form der Pastoral kann gefördert werden, indem Räume und Gelegenheiten für gegenseitigen Austausch und wechselseitige Unterstützung geboten sowie spezielle Angebote für Ehepaare gemacht werden. Zusammenschlüsse von Ehepaaren und Familien sind weiterhin eine wichtige Voraussetzung für das gesellschaftspolitische Engagement von Familien und für den Einsatz für die Rechte und Interessen von Familien in der Politik.“

Es wurde eingangs darauf hingewiesen, dass – oft übersehen – schon die Beheimatung im Leben der Gemeinde Paaren einen Boden gibt, der ihre Beziehung stützen und anregen kann. Eine pastorale Investition für ein gutes Gemeindeleben ist also schon ein Dienst an Ehe und Partnerschaft. Dieser Gedanke sollte Gemeinden entlasten, die wenig Möglichkeiten sehen, ein spezielles Konzept ’Ehepastoral’ zu entwickeln. Darüber hinaus ist es hilfreich zu entdecken, an welchen Orten gemeindlichen Lebens das Leben in Ehe und Partnerschaft zur Sprache kommen kann, z. B.:

48

eine Predigt oder Predigtreihe anbieten zu Fragen von Ehe und Partnerschaft, vorbereitet im Gespräch mit Paaren bzw. als Anlass zu Gesprächsabenden mit Paaren (Predigtgespräch);

Trauungen und liturgische Feiern von Ehejubiläen als Fest der Gemeinde feiern und für Beteiligung der Gemeinde sorgen;

Ehejubilare eines Jahres zu einem Austausch- und Begegnungstreffen einladen mit anschließendem Gottesdienst und der Möglichkeit der Eheerneuerung für alle im Gottesdienst anwesenden Paare;

Raum geben für die Integration von Paarthemen bzw. Paarelementen in Formen der Familienarbeit, wie z. B. Elternkatechese, Familienwochenenden u. a.;

eine gemeindliche Veranstaltungsform einmal speziell für Paare ausrichten: z. B. Wallfahrt für Paare, Bußgottesdienst in der österlichen Zeit als Versöhnungsgottesdienst für Paare;

durch das Angebot von Familiengruppen Kontakt und Begegnungsmöglichkeiten für Paare schaffen. Durch die Vertrautheit der Gruppe und die Sicherheit im Kontakt entsteht die Chance, spontan über Aspekte von Ehe und Partnerschaft ins Gespräch zu kommen und einander auch in schwierigen Paarsituationen zu stützen.

(Auf dem Weg zum Sakrament der Ehe, Überlegungen zur Trauungspastoral im Wandel, Reihe: Die Deutschen Bischöfe, Nr. 67, herausgegeben vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, S. 54)

Angebote kultureller Bildung organisieren: Liebe und Ehe in Film und Literatur. Solche Formen bieten die Möglichkeit, die eigenen Themen nur indirekt anzusprechen und gerade dadurch für das eigene Leben viel zu lernen.

Informationen zugänglich machen und weitergeben: über Angebote für Paare auf regionaler Ebene und auf Bistumsebene bzw. von geistlichen Gemeinschaften und kirchlichen Gruppierungen (z. B. Focolare, Equipes Nôtre Dame, Marriage Encounter, Netzwerk Konfessionsverbindende Familien u. a.);

Als Seelsorger Bereitschaft signalisieren zu seelsorglicher Begleitung von Einzelnen und Paaren bei der Bewältigung von Krisen, Übergangs- und Notsituationen in Ehe und Partnerschaft (Ehekrisen; Trennung / Scheidung; Wiederheirat; Schwangerschaftskonflikt; Trauer). Wo Seelsorger im Kontakt mit den Menschen zu erkennen geben, dass sie sich sicher fühlen im Umgang mit solchen Situationen, ggf. auch in Aus- bzw. Weiterbildung eine spezifische Kompetenz erworben haben, da wird ein solcher Dienst in den Gemeinden auch nachgefragt.

49


B2 2.5 Gefragt > Ehebegleitung in Kursen Das Angebot und die Durchführung von speziellen Paarkursen setzt in der Regel eine spezifische Kompetenz voraus. Deshalb werden sie normalerweise auf regionaler oder Diözesanebene angeboten (von Trägern aus den Bereichen Bildung, Pastoral, Beratung). Manchmal ist es für Paare wichtig, ihre Themen und Fragen außerhalb ihres Wohnortes zu bearbeiten und Paaren zu begegnen, mit denen sie nicht in Nachbarschaft oder Gemeinde zusammenleben. Dennoch sollte, z. B. im Seelsorgebereich, geprüft werden, ob Ressourcen, Kompetenzen und Interesse da sind, einen speziellen Paarkurs ’in eigener Regie’ oder auch in Zusammenarbeit mit Beratungsstellen oder Bildungseinrichtungen zu entwickeln und anzubieten. Die Kursangebote lassen sich nach verschiedenen Aufgabenprofilen und Zielsetzungen unterscheiden:

Die Kurse werden regional von den Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen angeboten als Element der Ehepastoral in der Region. Ausschreibung und Durchführung der Kurse geschehen in Zusammenarbeit mit der Abteilung Gemeindepastoral. In der Regel umfasst der KEK-Kurs 2 Wochenenden und wird von zertifizierten KEK-Trainer/inne/n (1 Trainer/in für 2 Paare) geleitet.

2.6 Literatur > die weiterführt Guy Bodenmann, Kompetenzen für die Partnerschaft. Freiburger Stresspräventionstraining für Paare, Weinheim / München 2000

Dieter Emeis, Orientierungen für die Ehepastoral und -katechese, in: Bibel und Liturgie, Heft 2/1999, S. 59 - 65 Herbert Haslinger, Was ist Mystagogie? Praktisch-Theologische Annäherung an einen strapazierten Begriff, in: Stefan Knobloch / Herbert Haslinger (Hg.), Mystagogische Seelsorge, Mainz 1991

’Zeit für mich – Zeit für Dich’ In solchen Kursformen geht es darum, dass Paare außerhalb ihres Alltags Zeit bekommen, ihre Beziehung ’aufzufrischen’, Raum zu finden, sich ungestört zu begegnen, sich über Aspekte ihrer Beziehung, ihre Wünsche aneinander, ihre Perspektiven und Erfahrungen auszutauschen und einander neu zu spüren.

Katholisch-Islamische Ehen. Eine Handreichung, herausgegeben vom Erzbischöflichen Generalvikariat Köln, Hauptabteilung Seelsorge, Köln 2000

Peter Kaiser (Hg.), Partnerschaft und Paartherapie, Göttingen 2000

’Leben im Übergang’ In diesen Kursen steht eine spezifische Lebensphase bzw. ein spezifischer Phasenübergang im Zentrum der Arbeit. Paare in gleicher Lebenssituation (z. B. ’Paare werden Eltern’, ’Die Kinder gehen aus dem Haus’ oder ’Wir treten in den Ruhestand’) erhalten Unterstützung für die Bewältigung ihrer Situation: durch Hilfestellung und Anregung von Seiten der Kursleitung und durch den Austausch mit anderen betroffenen Paaren. Beide genannten Kursformen bieten die Chance, durch die Art des Zugangs zur jeweiligen Thematik und durch Einbettung und Vertiefung der thematischen Arbeit in gottesdienstliche bzw. spirituelle Formen Lebensgeschichte und Glaubensgeschichte, Lebensfragen und Glaubensfragen zu verbinden.

’Ein Kick mehr Partnerschaft’ Kommunikationskurse für Paare haben das Ziel, Paare durch inhaltliche Anregungen und durch Übungen zu unterstützen, ihr Kommunikationsverhalten in Stress-Situationen wahrzunehmen, ihre Fähigkeit zum partnerschaftlichen Austausch und zur Konfliktlösung zu verbessern und eingefahrene Kommunikationsmuster zu verändern. In unserem Bistum, wie auch in anderen Bistümern, wird der Kurs ’Ein Kick mehr Partnerschaft’ – Konstruktive Ehe und Kommunikation (KEK) angeboten. Er arbeitet nach ähnlichen Prinzipien wie der EPL-Kurs (vgl. S. 36f.), ist aber zugeschnitten auf die spezifische Situation von längerer Partnerschaft (etwa ab 5 Ehejahren).

50

Kurt Küppers, „... bis der Tod euch scheidet“. Ehejubiläen als Zeugnis christlich gelebter Ehe, in: Die Feier der Sakramente in der Gemeinde, Festschrift für Heinrich Rennings, Kevelaer 1986, S. 307 - 317

Orientierungsrahmen für die Ehe- und Familienpastoral, Arbeitshilfen 42, herausgegeben vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn 1985 Agnes Passauer, Lernprogramm Partnerschaft. EPL und KEK, in: Bibel und Liturgie, Heft 2/1999, S. 81 - 84

Günther Sick, Konstruktive Ehe und Kommunikation (KEK), in: Lebendige Seelsorge, Heft 1/2001, S. 35 - 35

Joachim Engel / Franz Thurmaier, Konstruktive Ehe und Kommunikation (KEK). Kursleitermanual, herausgegeben vom Institut für Forschung und Ausbildung in Kommunikationstherapie, München 1998 Maria und Hermann Uihlein, Tagungen für Ehepaare zum Thema Sexualität, in: Lebendige Seelsorge, Heft 1/2001, S. 42 - 46 Lorenz Wachinger, Paare begleiten, Mainz 1989 Lorenz Wachinger, Geschiedene begleiten, Mainz 1995

51


B3 3 Ehespiritualität 3.1 Inklusiv nicht exklusiv > der Wert der Ehespiritualität In der Verkündigung des Evangeliums – auch im Blick auf die Ehe – geht es grundlegend darum, „die Erfahrung zu bezeugen, wie von der Begegnung mit dem Wort und Werk, mit der Geschichte und mit der heute gewährten Gegenwart Jesu Christi eine reale Kraft ausgeht, die die Glaubenden in ihrer Fähigkeit, Gott und einander zu lieben, grundlegend erneuert. Es stimmt nachdenklich, dass in der traditionellen Theologie der Ehe fast nirgendwo vom Heiligen Geist die Rede ist. Dabei ist es der Geist, der aus Christen neue Menschen macht. Nicht in dem Sinne, als hätten sie den ’alten Menschen’ mit seinen vielfältigen Behinderungen einfach hinter sich; wohl aber in dem Sinne, dass den Glaubenden in ihrer Gemeinschaft mit Jesus Christus eine wirkliche und wirksame Kraft gegeben wird, in einer Beziehung zu Gott und zueinander zu leben, über die die Sünde keine letzte Macht mehr hat. Diese Gabe erneuert die Christen auch in ihrer Fähigkeit, die Ehe zu leben. Das Besondere an der christlichen Ehe ist, das es eine Ehe von Christen ist, d. h. von Menschen, die in ihrer glaubenden Beziehung zu Jesus Christus die Quelle gefunden haben und suchen, an der sie ihre Fähigkeit zum Lieben, zum Teilen, zum Verzicht auf Herrschaft, zur Versöhnung dauernd erneuern können … Erfahrungen mit Jesus Christus, als dem Ursakrament der Liebe Gottes im Heiligen Geist und mit dem Raum der Kirche, in dem diese Erfahrungen ermöglicht und geteilt werden, tragen die Rede von der Ehe der Christen als Sakrament. Christen sind berufen, werden ausgerüstet und gesandt, in ihrer menschlichen Liebe zugleich wirklich und wirksam die Liebe Gottes in die alltägliche Liebe des anderen Menschen zu bringen und so zum heilenden, erneuernden, tröstenden, kritischen, ermutigenden, vergebenden Zeichen zu werden. Sakrament sind die Eheleute zuerst füreinander …

Wenn Ehespiritualität hier eigens thematisiert wird, soll damit nicht der Eindruck erweckt werden, als sei Ehespiritualität ein eigenes, spezielles Feld der Ehepastoral, das vor allem ’religiöse Virtuosen’ in der Ehe in den Blick nimmt. Ehespiritualität ist vielmehr eine durchgehende Dimension der Ehepastoral, weil Spiritualität ein zentraler Aspekt des Glaubens ist. Spiritualität meint, die Beziehung zu Gott, in welcher der Glaubende steht, zu gestalten und zu pflegen, Gott in allen Dingen zu suchen (Ignatius), sein Leben zu öffnen für die Gegenwart Gottes und aus dieser Gegenwart zu leben als Inspiration und Kraftquelle für die Gestaltung des Lebens. Wenn die ’Welt der Ehe’ nicht neben der ’Welt des Glaubens’ steht, sondern als sakramentale Welt, Ort der Gegenwart Gottes, Heilsweg ist, so meint Ehespiritualität: Ehepaare, die ihren Glauben – in welch rudimentärer Form auch immer – leben wollen, öffnen bewusst und ausdrücklich die Welt ihrer Liebe und ihrer ehelichen Gemeinschaft auf die Welt Gottes hin, um aus dieser Öffnung, aus der Gottesbeziehung, (miteinander) zu leben. Sie sind so nicht nur Lebens-, sondern auch Glaubensgefährten, die einander auf dem Weg des Glaubens, auf dem Weg der Gottsuche „in allen Dingen“ ihres ehelichen Lebens begleiten und einander „in die Nähe Gottes bringen“ (Dieter Emeis). Wie jede Spiritualität, die ja Lebensvollzug ist, brauchen auch die Ehepaare auf ihrem spirituellen Weg den Lebensraum des Glaubens, Glaubensgemeinschaft, welche die Pflege und Gestaltung der Gottesbeziehung in der Ehe trägt, inspiriert und fördert.

Für diese Sicht der Ehe als Sakrament hat nicht nur die Taufe grundlegende Bedeutung. Damit die sakramentale Ehe dauernd aus ihrer Quelle lebt, brauchen die Christen in ihr das Bleiben und Wachsen in der Christusgemeinschaft. Die Ehe als Sakrament lebt davon, dass die Christen Hörerinnen und Hörer des Wortes des Evangeliums sind und dass sie betend antworten. Die Ehe als Sakrament wird genährt vor allem in der Feier der Eucharistie als dem hervorragenden Geschehen des Bleibens und Wachsens in der Gemeinschaft mit Christus. In der Eucharistie ist der Heilige Geist die dauernde Gabe der Liebe Gottes für die Liebe der Glaubenden“. (Dieter Emeis, Orientierungen für Ehepastoral und Katechese, in: Bibel und Liturgie, Heft 2/1999, S. 62)

52

53


B3 „Dabei braucht die Entfaltung einer ehelichen Spiritualität nicht zwingend besondere spirituelle Kursangebote, geistliche Gemeinschaften, Exerzitienhäuser usw., sie geschieht nicht erst da, wo ausdrücklich ’Ehespiritualität’ thematisiert wird. Vielmehr ist dort schon Wachstum ehelicher Spiritualität möglich, wo Paare als ihr ’gemeinsames Drittes’ eine Gemeinde finden, in der sie jetzt für sich und gemeinsam zu Hause sein können, die in ihren Gottesdiensten lebendig ist, wo Raum ist für Glaubensgespräche, wo geistliche Gruppen oder Gemeinschaften willkommen sind, wo in Verkündigung und Liturgie Ehe-Geschichten thematisiert und gefeiert werden. Hier lernen Paare im Miteinander der Glaubenden auch für ihr MiteinanderChristsein in der Ehe.“ (Hans-Jakob Weinz, Ehespiritualität – Der Sehnsucht einen Namen geben, in: Lebendige Seelsorge, Heft 1/2001, S.10)

Förderung einer Ehespiritualität im gemeindlichen Kontext kann so bedeuten: ◗

Sich sorgen um eine spirituelle Kultur der Gemeinde als Sorgen um eine differenzierte liturgische Kultur und eine Kultur des Glaubensaustauschs,

Sich sorgen um spirituelle Angebote in der Gemeinde und Schaffen von Zugängen (Informationen usw.) zu spirituellen Angeboten auf regionaler und diözesaner Ebene,

Thematisieren und Aufgreifen der spirituellen Dimension von Ehe in den allgemeinen spirituellen Angeboten (z. B. Exerzitien im Alltag) in der Liturgie und der Verkündigung,

Raum geben für spirituelle Aspekte in den verschiedenen Formen der Ehebegleitung durch Integration, z. B. von Meditation, Gebet, Gottesdienst, spirituellen Impulsen,

Sich öffnen für spirituelle Gemeinschaften und ihre unterschiedlichsten Charismen,

Beteiligen ’religiös begabter’ Paare bei der Entwicklung einer spirituellen Kultur der Gemeinde und bei der Förderung von Ehespiritualität.

3.2 Goldwert > Exerzitien für Eheleute Natürlich braucht es auch besondere Zeiten und Orte, weil der Rhythmus von Alltagszeit und Hoch-Zeit, von Alltags-Leben und ’Rückzug – Innehalten – Ausschauen’ zum Leben und auch zum geistlichen Leben gehört. Zunehmend gibt es auf regionaler oder Bistumsebene, in Klöstern und geistlichen Gemeinschaften solche Angebote bzw. entsprechende Planungen:

Exerzitien im Alltag für Ehepaare,

Ehepaarexerzitien,

Familienexerzitien mit Paarelementen,

Kurse für Paarspiritualität usw.

Dabei ist zweierlei bedeutsam: Es ist gar nicht immer wichtig, dass in solchen Angeboten die eheliche Beziehung selbst thematisch im Mittelpunkt steht, die Paare im Kurs gewissermaßen face-to-face sind, sondern dass sie wieder neu lernen, sich (gemeinsam) auf Gott auszurichten, die Zielrichtung ihres gemeinsamen Weges in den Blick zu nehmen, weil das gemeinsame AusSchauen auf den Dritten in ihrem Bunde ihr Miteinander stärkt: Die Weite Gottes bringt Weite in ihr Miteinander. (Vgl. dazu auch: Hans-Jakob Weinz, Ehespiritualität – Der Sehnsucht einen Namen geben, in: Lebendige Seelsorge, Heft 1/2001, S. 10)

54

55


B3 Ein ideales Geschenk für Jubiläumspaare und junge Paare

3.3 Freudenfest > Ehejubiläum spirituell erleben

Im Nachgang zum Kölner Treffen entstand ein kleines Buch mit ‚Eheweisheiten’: Ältere Paare sagen, was ihnen geholfen hat, zusammenzubleiben. Dazu: Trausprüche, Gedichte und Gebete.

Der Sinn für die Nähe Gottes in der Ehe kann nur dann lebendig bleiben und sich entfalten, wenn die Ehepartner jeder für sich und gemeinsam immer wieder die ausdrückliche Begegnung mit Gott in Jesus Christus suchen z. B. in Formen des persönlichen Gebets, wenn sie ihr Leben als Paar zur Sprache bringen und feiern im Gottesdienst und in der Liturgie. Neben der ’Feier des Alltags’ ist es wichtig, dass Paare ermutigt und eingeladen werden, die besonderen Knoten- und Wendepunkte ihrer Ehegeschichte im Raum der Gemeinde zu feiern. Dazu gehört vor allem die Feier der Ehejubiläen in und mit der Gemeinde. Während viele junge Paare bei ihrer Hochzeit noch nicht oder nicht mehr in der Gemeinde beheimatet sind, in der sie heiraten, so haben Paare, die ihr Ehejubiläum feiern, oft eine ’Geschichte’ mit den Menschen in ihrem Lebensraum und mit ihrer Gemeinde. Die Paargeschichte, die es zu feiern gilt, ist verknüpft mit der Geschichte ihres Lebensraums und ihrer Gemeinde, hat sich nicht selten verbunden mit der Geschichte ihrer Nachbarn und ihrer Mitchristen. Darum kann die Gemeinde in der Feier der Ehejubiläen auch ihre Geschichte mit diesen Paaren feiern; denn für sie sind diese Paar-Geschichten zum Zeichen der Gegenwart Gottes geworden, zum ’Sakrament’ für die Gemeinde. Was eine solche Aufmerksamkeit der Kirche für die Paare selbst bedeutet, mag die folgende Episode illustrieren.

Im Juni 2000 trafen sich im Rahmen der Domwallfahrt 140 Jubelpaare dieses Jahres, zwischen 25 und 62 Jahren verheiratet, in Köln zu Begegnung und Austausch und feierten mit weiteren ca. 150 Paaren im Kölner Dom einen Gottesdienst mit einer Erneuerung ihres Eheversprechens. Die Jubelpaare waren zutiefst dankbar und befriedigt, dass ’die Kirche’ sie einlädt und ihre Lebensgeschichte und Lebensleistung ausdrücklich und öffentlich würdigt. Im Miteinander mit den anderen Jubelpaaren erhielt die eigene Paargeschichte noch einmal ein besonderes Gewicht, die eigene Freude wurde in der MitFreude verdichtet und gleichsam multipliziert, die Veranstalter und die im Dom mitfeiernden Ehepaare ließen sich ergreifen von diesem sichtbaren Reichtum an Lebens- und Liebeskraft, spürbar als Reichtum gelebten Glaubens. Bei der festlichen Begegnung in Köln wurden die Jubelpaare gebeten, auf einem Kärtchen mit ein, zwei Sätzen ihre ganz persönliche ’goldene Eheregel’ zu notieren. Als Resultat entstand ein beeindruckendes Heft mit ’Eheweisheiten’. Die Veröffentlichung eignet sich als Geschenk und Ermutigung an andere Silber- und Goldpaare – aber auch an junge Paare, die aus diesen Erfahrungen Impulse für ihre Beziehung gewinnen können.

Zu bestellen bei der Abteilung Gemeindepastoral, Tel.: 0221.1642-1588 Fax: 0221.1642-1140 e.mail: Hans-Jakob.Weinz@erzbistum-koeln.de Preis: 1,50 Euro (Einzelexemplar), 1,00 Euro (bis 50 Exemplare), 0,80 Euro (ab 51 Exemplare)

Für die Veranstalter und den mitfeiernden Bischof der Kölner Zusammenkunft drängte sich als Fazit auf, solche Begegnungen häufiger zu ermöglichen, z. B. die Gemeinden anzuregen, wenigstens alle zwei Jahre mit ’ihren’ Jubelpaaren dieser Jahre zu feiern, sie z. B. auf der Ebene des Seelsorgebereichs, des Dekanats oder des Kreis- bzw. Stadtdekanats zu einem Fest, zu Begegnung und Gottesdienst einzuladen und dies als Fest der Gemeinde(n) zu begehen. Wo anders könnten Christen, auch junge Paare besser erfahren, dass lebenslange Treue und Liebe möglich sind, dass das Vertrauen auf Gott wirklich trägt und dass es hilft, auch die schweren Stunden zu bestehen.

3.4 Literatur > die weiterführt Kurt Küppers, „… bis der Tod euch scheidet“. Ehejubiläen als Zeugnis christlich gelebter Ehe, in: Die Feier der Sakramente in der Gemeinde, Festschrift für Heinrich Rennings, Kevelaer 1986, S. 307 - 317

Bernhard Liss, Exerzitien im Alltag für Ehepaare, Würzburg 1991

Ralf Miggelbrink, Ist die Ehe ein Sakrament?, in: Geist und Leben, Heft 3/2001, S. 193 - 205

Hans-Jakob Weinz, Artikel ’Ehe und Familie’, in: Christian Schütz (Hg.), Praktisches Lexikon der Spiritualität, Freiburg 1988, S. 253-262

Hans-Jakob Weinz, Ehespiritualität – Der Sehnsucht einen Namen geben, in: Lebendige Seelsorge, Heft 1/2001, S. 8 - 12, (Literatur!)

56

57


B4 (Ehe-)Beratung heute stellt diesen althergebrachten, zentralen Dienst der Kirche in laikaler Form dar. „Insofern sind die Beratungsdienste ein Teil der Wiederentdeckung der Laien und der ihnen eigentümlichen Charismen in der Kirche“ (Paul-Michael Zulehner, in: Isidor Baumgartner (Hg.), Handbuch der Pastoralpsychologie, Regensburg 1990, S.128)

4 Eheberatung 4.1 Seelsorgliche Begleitung > in Krisen und Eheberatung

Trotz oder gerade wegen der Verortung solcher Charismen im Beratungsbereich gehört es weiterhin zum Auftrag des Seelsorgers, der Seelsorgerin, für Einzelne und Paare in Krisen- und Notzeiten ihrer Beziehung ansprechbar zu sein, ihre Sorgen mitzutragen, sie im Gespräch zu stützen und sie eine Weg-Strecke ihrer Krisenzeit zu begleiten. Wenn Seelsorger/innen offen sind für solche Anfragen und sich ihrer Kompetenz und ihrer Grenzen zugleich bewusst sind, können sie im ’Erst-Kontakt’ Paare durch geduldige Zuwendung stützen. Wenn eine Paarberatung indiziert ist, bietet der Kontakt mit dem Seelsorger die Chance, Paare zu einer Paarberatung zu ermutigen und durch ’persönliche Überweisung’ die Schwellenangst zur Beratungsstelle abzubauen. Gerade weil Eheberatungsstellen oft lange Wartezeiten haben, können Seelsorger/innen durch anteilnehmende Präsenz Paaren helfen, diese Wartzeit zu ’überstehen’, ohne dass sich krisenhafte Phänomene unbedingt weiter zuspitzen müssen.

„Heilen und Befreien im Geiste Jesu ◗

zielt auf Ermöglichung und Wiederherstellung eines Menschen in Würde und auf nichts sonst;

beinhaltet die weitestmögliche Heilung von körperlichen, seelischen und sozialen Lebensbeeinträchtigungen;

reicht über die psychosomatische Gesundheitssorge hinaus auf Versöhnung mit der Fragmenthaftigkeit des Menschseins;

bedient sich der Tatsache konkreter Intervention und bedeutet eine Vorordnung der Orthopraxis vor der Orthodoxie;

ist kritischer Protest gegen lebensfeindliche Verhältnisse, durch die Menschen politisch, kulturell oder religiös deklassiert und gedemütigt werden;

stellt eine Praxis der Barmherzigkeit und Gerechtigkeit dar, wo unmittelbares Helfen und parteiliche Anwaltschaft für menschenwürdige Verhältnisse zwei Seiten einer Medaille sind;

bedeutet eine Option für die Armen als die ersten Adressaten der Reich-Gottes-Botschaft;

fordert die Nicht-Armen auf, sich aus Verstrickungen in Unrechtszusammenhängen zu befreien und solidarisch zu werden;

ist der erste Akt im Kommen des Reiches Gottes.“ Herbert Haslinger (Hg.), Handbuch Praktische Theologie, Band 2, S. 404f.

Die kirchliche Eheberatung ist Teil der Ehebegleitung als Akzentuierung der diakonalen Dimension der Ehepastoral. Vor allem im Laufe des letzten Jahrhunderts hat sich die kirchliche Eheberatung als eigenständiger, professioneller kirchlicher Dienst institutionalisiert und etabliert. Dies ist das Ergebnis einer Ausdifferenzierung der kirchlichen Dienste und zugleich der Ausdifferenzierung und Professionalisierung der psycho-sozialen Hilfe in der Gesellschaft.

Seelsorgliche Begleitung in Krisen und Beratung haben fließende Übergänge zueinander. Deshalb ist es wichtig für die Seelsorger/ innen, die ihren Teil dieser gemeinsamen Aufgabe ausfüllen wollen,

Kontakt und Austausch mit den Beratungsstellen zu pflegen,

sich von Seiten der Mitarbeiter/innen der Beratungsstellen Unterstützung und fachliche Beratung für die seelsorgliche Krisenbegleitung zu holen,

sich zu informieren über die Arbeit und die fachlichen Standards der Beratungsstelle,

und im Bewusstsein der Gemeinde das Angebot der Eheberatung als qualifizierte Hilfe und als Teil der kirchlichen Ehepastoral präsent zu halten.

Die EFL-Stellen – Partner der Gemeindepastoral Die Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen des Erzbistums Köln haben in jüngster Zeit im Rahmen einer Kampagne die Bemühungen verstärkt, sich ihrerseits den pastoral Verantwortlichen in den Gemeinden als Ansprechpartner zu empfehlen.

Trotz dieser institutionellen Trennung von gemeindlicher Ehepastoral und Eheberatung innerhalb der Kirche bleiben beide Felder als Teile der kirchlichen Heils-Sorge aufeinander bezogen und sind auf eine Verknüpfung angewiesen. In Anlehnung an die Praxis Jesu, die Heil und Heilung als Einheit darstellt, hat die Kirche immer die ’Option für die Armen’, die helfende und heilende Zuwendung zu den Menschen in sozialer und seelischer Not, in körperlicher und seelischer Krankheit als Teil ihres Heilsauftrags verstanden. Pastoralgeschichtlich gab es in der Kirche Formen von Beratung in der Gestalt des ’forum-internum’ bzw. in der Gestalt der ’Seelenführung’.

58

59


B4 4.2 Beratung im Kontext > von Gemeinde und Pastoral Nach dem Selbstverständnis der katholischen Bundesarbeitsgemeinschaft für Beratung ist Beratung im kirchlichen Raum eine zeitgemäße Form der Hilfe zur Selbsthilfe, die sich einerseits organisch aus dem Auftrag der Kirche ergibt, zugleich aber mit einer eigenständigen Methodik und mit eigenen Zielen operiert. Im Rahmen eines pluralen Beratungsangebotes unterschiedlicher Träger als gemeinsamer Ausdruck gesellschaftlicher Solidarität und Mit-Sorge besteht das Spezifikum eines kirchlichen Angebotes darin, dass es sich als eine Dimension des pastoralen Handelns der Kirche versteht. Das Leben in der Kirche und damit auch ihr pastorales Handeln vollzieht sich in den drei Dimensionen Liturgia, Martyria und Diakonia, die nicht voneinander zu trennen sind. Der Dienst der Beratung als kirchliches Angebot hat seinen Schwerpunkt in der diakonalen Dimension, bleibt aber (als Zeugnis ohne Worte) bezogen auf die Dimensionen von Liturgia und Martyria als Bezugspunkte und Motivationsebenen des Beratungsdienstes. Die Beratung, der Beratungsprozess selbst, ist bestimmt von den fachlichen Standards des Beratungs-Settings, bleibt aber als institutionalisiertes kirchliches Angebot geprägt von kirchlichen Grundoptionen im Blick auf das Wohl und Heil der Menschen als Kontext von Beratung. Dieser Kontext bedeutet keine Einengung fachlich beraterischen Handelns, sondern lässt sich verstehen als Ressource und Kraftfeld für die Beratung selbst und als notwendige Qualifizierung von Beratung innerhalb eines gesellschaftlich pluralen Angebotes.

Im Kontext von Gemeinde als unterstützendes Netz Kirchliche Beratung hat den kirchlichen Lebens-Kontext und damit auch den Kontext ’Gemeinde’ im Blick. Sie bleibt gerade in ihrer fachlichen Arbeit so auf diesen Kontext bezogen, dass sie in der Lage ist, sich dieses Kontextes zu bedienen. Sie nutzt das gemeindlich kirchliche Umfeld, das sich als Ort der sozialen Solidarität für Menschen in Lebens- und Sinnkrisen versteht, als ein Netzwerk ’unspezifischer’, helfender Zuwendung, z. B. in der Ermöglichung des Mit-Lebens. Beratung steht in Partnerschaft zur Gemeinde. Im gemeindlichen Leben-Teilen, in der geschwisterlichen gegenseitigen Unterstützung und in der Zuwendung zu Menschen in der gemeindlichen ’Umwelt’ sucht Gemeinde die Ergänzung und Unterstützung durch die Möglichkeiten eines institutionalisierten, qualifizierten Beratungsangebots und vermittelt Hilfesuchenden den Zugang zur Beratung.

Der Kontext Kirche und Glaube kann auf verschiedenen Ebenen als stützende Kraft bedeutsam werden:

In diesem institutionellen Miteinander kann die innere Verbindung von Seelsorge und Beratung, der Zusammenhang von Heil und Heilung sichtbar werden: Der im Glauben eröffnete Zugang zum unbedingten Ja Gottes lässt sich verstehen als Kontext der Erweiterung von ’Lebensfähigkeit’ im Prozess der Beratung. Und die Erfahrung von solidarischer Zuwendung in der Beratung, die Erweiterung von Selbst-Stand im Umgang mit Lebens-, Beziehungskrisen und Wachstumsaufgaben lässt sich erahnen als Verleiblichung und Konkretisierung des unbedingten Ja Gottes zum Menschen.

Im Engagement von Kirche als Trägerin von Beratung

In der persönlichen Motivation des Beraters, der Beraterin

Das kirchliche Beratungsangebot als ein pastoraler Dienst steht im Kontext des Selbstverständnisses von Kirche, im Raum der Kirche selbst – als Lebensraum geschwisterlicher Solidarität – und darüber hinaus in der Zuwendung von Kirche zur Welt das unbedingte Ja Gottes zum Menschen sichtbar zu machen durch die helfende und heilende Zuwendung zu den Menschen.

Zum kirchlichen Kontext gehört die Motivation des Beraters, der Beraterin, im Sinnes dieses Anliegens der Kirche zu arbeiten und in der Beratungsarbeit seinen/ihren Glauben (Zeugnis ohne Worte) zu leben als persönliches Motiv und Ressource. Ein Glaubensmotiv kann sein, in der Fachlichkeit der Beratung dem Mitmenschen als ’Bruder’ und ’Schwester’ zu dienen und ihn in seiner Würde als Abbild Gottes zu sehen. Indem die Beraterin/der Berater den hilfesuchenden Menschen in seiner gottgeschenkten Menschen-Würde wahrzunehmen vermag, kann er/sie ihn in der Entfaltung dieser Würde, konkret im Umgang mit Lebens- und Beziehungskrisen, unterstützen. Die beraterische Haltung der Annahme und Bejahung des Klienten – eine wesentliche Ressource seiner Veränderung – kann von einer solchen christlichen Sicht und persönlichen Spiritualität des Beraters profitieren: Gloria dei vivens homo (Der Kirchenvater Irenäus von Lyon, in seiner Schrift Adversus haereses, IV, 20, 7).

Kirchliche Beratung als Dienst von Kirche am Menschen nimmt so den Heilungsauftrag Jesu auf, der in seiner Verkündigung und in seinem Handeln Heil und Heilung als aufeinander bezogene Dimensionen erfahrbar machte. Innerweltliche Konkretion von Heil und Heilung wird hier verstanden als Erweiterung der Fähigkeit, seine Lebensmöglichkeiten zu entfalten, auch im Umgang des Menschen mit seinen Grenzen und seiner Gebrochenheit, als Entwicklung der Fähigkeit zur Selbstannahme und zur Selbstbejahung, als Befähigung zur Annahme des anderen (Beziehungsfähigkeit, Partnerschaft) und als Fähigkeit, zu

60

seinem Leben und zu den Umständen seines Lebens in den Begrenzungen und Brüchen Ja zu sagen. Theologisch lässt sich ein solcher Vorgang deuten als Befreiung vom „Gotteskomplex“ eines grenzenlosen und schuldfreien Lebens (Horst Eberhard Richter) und damit als Ermöglichung einer Sicht und Selbstwahrnehmung, die fähig ist, das „Ganze im Fragment“ (Hans Urs von Balthasar) zu sehen.

61


B4 In der Offenheit für den Klienten als Sinn-Sucher Viele ausgesprochene und unausgesprochene Fragen der Klienten kreisen um richtiges und falsches Verhalten, um Schuld und Verantwortung und nicht zuletzt um den Sinn im eigenen Leben. Dabei können auch negative Erwartungen und Befürchtungen am Beginn einer Beratung stehen. Gerade in einem kirchlichen Kontext kann es geschehen, dass manche Klienten fürchten, in ihren Auffassungen und Wertvorstellungen nicht respektiert oder an zu engen Normen gemessen und danach beurteilt zu werden. Mögliche Schwierigkeiten mit Kirche und Glaube erwachsen für andere daraus, dass ihre konkrete Lebenssituation mit kirchlichen Zielvorstellungen, z. B. über Ehe und Familie, nicht übereinstimmen. Kirchliche Berater/innen sollten aus einem lebendigen und reflektierten Glauben heraus auf solche Themen vorbereitet und ihren Klienten ein angemessenes Gegenüber im Gespräch sein. Beratung im kirchlichen Kontext ist offen für eine Sicht, die Glauben nicht als lebenseinengende normierende Restriktion sieht, sondern als eine Ressource, die als Sinn-Angebot und Lebens-Deutung dem Leben und der Bewältigung von Lebens- und Sinnkrisen eine Orientierung und eine Perspektive zu geben vermag. Dies zeigt sich in der Offenheit des Beraters / der Beraterin in der Begegnung mit gläubigen Klienten. Anders als in der Beratung in nichtkirchlicher Trägerschaft begegnet ein Berater / eine Beraterin im kirchlichen Beratungskontext Klienten, die als glaubende bzw. suchende Christ/inn/en ihre Lebensfragen und ihre aktuelle Not auch im Kontext ihres Glaubens sehen und zu deuten versuchen. Es handelt sich gegebenenfalls um Menschen, die in ihrer Not und ihrer Krise in der helfenden Zuwendung dieses kirchlichen Dienstes und in der Begleitung eines kirchlich ’gebundenen’ Beraters bzw. einer Beraterin auch das helfende Ja und den Zuspruch Gottes suchen, jener Wirklichkeit also, die in der Liturgia und Martyria der Kirche gefeiert und verkündet wird und die auch das Leben des Klienten bestimmt. Es gehört zur Professionalität kirchlicher Beratung, religiöse Sichtweisen und Fragen des Klienten nicht zunächst als mögliche Flucht vor einer notwendigen Arbeit an psychischen Prozessen, z. B. als Vermeidung von Trauer- oder Beziehungsarbeit zu verstehen, sondern als Ressource aufzugreifen: Der Beraterin / dem Berater begegnet in der Beratung ein Mensch, der in der Erschütterung seines Lebens und auch seines Glaubens neue Lebensmöglichkeiten und Glaubensmöglichkeiten sucht. Er möchte seine Fragen nicht zwischen seelsorglichem bzw. beraterischem Kontakt aufteilen, da er Leben und Glauben für sich als Einheit versteht.

62

4.3 Kooperation > von Eheberatung und Seelsorge Der dargestellte inhaltliche und fachliche Zusammenhang von Eheberatung und ehebegleitender Seelsorge macht es sinnvoll, die unterschiedliche Kompetenz beider Felder als Ressource zu nutzen:

von seiten der Seelsorge z. B. durch:

von seiten der Beratung z. B. durch

◗ Beratung der Berater und Beraterinnen bei religiösen und theologischen Fragen, die in Beratungsprozessen zur Sprache kommen,

◗ Beratung der Seelsorger / Seelsorgerinnen bei der seelsorglichen Begleitung von Ehepaaren in Krisensituationen,

◗ das Angebot des Lebensraums Gemeinde als stützende Um-Welt für die Klienten,

◗ die Ermutigung von Hilfesuchenden durch Gemeinde / Seelsorger, die Hilfe von Beratung in Anspruch zu nehmen.

◗ Mitarbeit bei der Konzeption von Ehevorbereitung und Ehebegleitung in der Region und bei der Vernetzung von Pastoral, Bildung und Beratung im Feld der Ehepastoral, ◗ spezielle Kursangebote im Bereich der präventiven Ehekursarbeit (EPL- und KEKKurse) in Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen für die Pastoral in der Region, ◗ Mitarbeit bei der Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Ehevorbereitung und Ehebegleitung.

63


B4 4.4 Literatur > die weiterführt

5 Beheimatung

Isidor Baumgartner, Diakonie, in: Herbert Haslinger (Hg.), Handbuch Praktische Theologie, Band 2, Mainz 2000, S. 396 - 421

Angelika M. Eckart, Bezogene Individuation in der Ehe. Eine pastoral-psychologische Studie über den Beitrag systemischer Therapiemodelle für die institutionelle katholische Eheberatung (Pastoralpsychologie und Spiritualität, Band 2), Frankfurt 1999 Ehe-, Familien- und Lebensberatung als zentrales pastorales Aufgabenfeld. Erwartungen und Perspektiven. Dokumentation der LAG Herbsttagung 1999 für die Ehe-, Familien- und Lebensberater/innen der 5 Nordrhein-Westfälischen Bistümer, 2000

Peter Kaiser (Hg.), Partnerschaft und Paartherapie, Göttingen 2000

Leopold Nowak, „Um des Menschen willen“– wozu Kirche da ist. Pastoraltheologische Überlegungen zur Beratung im kirchlichen Raum, in: informationsdienst 56/01, herausgegeben von der Katholischen Bundesarbeitsgemeinschaft für Beratung, S. 5 - 9

Traugott O. Schall, Seelsorgliche Hilfen in Partnerschaftsund Familienkonflikten, in: Isidor Baumgartner, Handbuch der Pastoral-Psychologie, Regensburg 1990, S. 387 - 408

Joachim Engel / Franz Thurmaier, Konstruktive Ehe und Kommunikation (KEK). Kursleitermanual, herausgegeben vom Institut für Forschung und Ausbildung in Kommunikationstherapie, München 1998

Lorenz Wachinger, Paare begleiten, Mainz 1989

5.1 Eine besondere Ressource > der Gemeinde Im Blick auf die angesichts vielfältiger Aufgaben knappen zeitlichen und personellen Ressourcen der territorialen Seelsorge soll hier die Funktion der Beheimatung als eine zentrale Ressource der Ortsgemeinde besonders thematisiert werden. In dieser Funktion leistet sie einen spezifischen Betrag im Rahmen des kirchlichen Dienstes am Gelingen und Wachstum von Ehe und ergänzt damit die spezielle Kompetenz überpfarrlicher Einrichtungen wie z. B. Bildungseinrichtungen oder Beratungsstellen: Paare bauen in ihrer Ehe eine gemeinsame eigene Paar-Welt auf. Sie möchten sich beheimaten im Mit- und Beieinander. Dazu gehört, dass sie ihrer Liebe einen dauerhaften, materiellen Ausdruck und Bestand geben möchten, z. B. durch eine gemeinsame Wohnung, den Bau eines Hauses, durch die Erweiterung zur Familie, durch Einbindung in eine räumliche und soziale Umwelt. „Die Verfestigung der Partnerschaft durch Schaffen einer konkreten äußeren Welt kann die persönliche Identität und die Identifikation mit der Partnerschaft positiv stärken. Die materialisierten Wirkungen werden zu dauerhaften Zeugen der gemeinsamen Geschichte, an denen man sich immer wieder orientieren kann, die einen daran erinnern, wie die Beziehung begann, was man sich früher erträumt und ersehnt hatte, und wie das Geschaffene gewachsen ist. Die äußerlich geschaffene Welt ist eine ins Materielle geronnene Form der dyadischen Innenwelt … Sie leitet und stabilisiert die Weiterentwicklung der Partner und gibt ihnen eine feste äußere Form, von der weiteres Phantasieren, Träumen und Planen ausgehen können. Die geschaffenen Tatsachen werden zu festen Trittsteinen im Lebenslauf der Partner, die weitere Entwicklungsschritte einleiten und lenken.“ (Jürg Willi, Was hält Paare zusammen?, S. 283)

Lorenz Wachinger, Geschiedene begleiten, Mainz 1995 Paul Michael Zulehner, Beratung und Seelsorge im gesellschaftlichen Kontext, in: Isidor Baumgartner (Hg), Handbuch der Pastoral-Psychologie, Regensburg 1990, S. 121 - 131

64

65


B5 Ein wesentlicher Aspekt der Beheimatung in der Paarbeziehung ist die soziale Behausung, der Aufbau stabiler sozialer Beziehungen im Lebensraum. Dieses soziale Netz ist ein Teil der äußeren Behausung des Paares in der Gesellschaft. Es ist ein wichtiges Wirkungsfeld, in welchem sich das Paar darstellt, austauscht und Rückmeldungen bekommt, sich zeigt und gesehen wird, sich bindet und gebunden wird und wo es sich in diesen Austauschprozessen als zugehörig erfährt.

Ort, an dem wie an keinem anderen auch denen nachgegangen werden kann, die nicht sowieso schon dazugehören, selbst wenn genau dies faktisch zu wenig geschieht. Das bedeutet freilich auch: Gemeinde Jesu Christi entsteht nicht durch die Bildung von Sympathiegruppen, sondern ist der Garant dafür, dass Menschen aus allen sozialen Schichten und Gruppen an einem Ort zusammen kommen können.“ (Franz-Peter Tebartz-van Elst, Gemeinde in mobiler Gesellschaft, S. 646)

Zugehörigkeit im sozialen Raum, das Gesehenwerden als Paar lässt Tatsachen entstehen, mit welchen die Partner unauslöschbare Spuren setzen. In der Sichtbarkeit der materiellen und sozialen Bezügen ihrer Ehe verfestigt sich die Beziehung, gewinnt sie an Realität und öffentlicher Präsenz (vgl. Jürg Willi, Was hält Paare zusammen?, S. 282f.).

Damit wird die Stabilität der Ortsgemeinde mit ihren guten Routinen und der Strukturierung des religiösen Lebens zur Chance und zur Herausforderung, Paaren in ihren unterschiedlichen Paargeschichten, Lebenssituationen und Lebensaufgaben einen Raum zu geben, die Unterschiedlichkeit ihrer Wege als Paar zu gestalten und zu artikulieren.

Ein wesentliches Element der sozialen Behausung (nicht nur) von christlichen Paaren ist die Welt von Glaube und Kirche. Hier öffnet sich ein Raum von Austausch und Begegnung. Hier wird die Erfahrung der mit anderen Christen geteilten Zugehörigkeit möglich, hier geschieht im Deuten und Feiern die Anbindung ihrer ’kleinen Lebenswelt’ an die Welt des Glaubens, an die Welt Gottes.

Gemeinde beheimatet, indem sie den Paaren Bewegungs-Raum anbietet für das Gehen ihrer Ehe-Wege, indem sie offen und flexibel auf deren unterschiedliche Lebenslagen, Bedürfnisse und Fragen reagiert. Dazu gehört, dass sie auch den Paaren, den Menschen, Heimatrecht anbietet, deren Beziehungsgeschichten und Beziehungsformen nicht den Formen ’christlicher Normalität’ zu entsprechen scheinen, d. h. den Fremden und Befremdlichen.

Solche Erfahrungen sind heute nicht mehr exklusiv an ein Territorium, an die Ortsgemeinde gebunden, sie können sich an den unterschiedlichsten personalen, sozialen, institutionellen ’Orten’ im Raum der Kirche ereignen. Aber obwohl oder gerade weil Paare – wie ihre anderen Zeitgenossen – viel mobiler sind als früher und sich über territoriale Bezüge hinaus beheimaten in Milieus, Gruppen, Beziehungs- und Interessenkreisen, so gehört doch der ’feste Ort’ zu ihrem Leben als Paar – erst recht wenn sie Kinder haben und als Familie leben. Deshalb kommt – bei aller „Entbettung“ (Anthony Giddens) der Menschen aus zeitlich-räumlichen Nahbezügen – der Ortsgemeinde eine besondere Rolle bei der Beheimatung der Paare zu. Denn das Territorium, der Ort in seiner symbolischen Funktion der Raumorientierung wirkt durch die jeweilige Beschaffenheit identitätsstiftend und emotional beheimatend. Das beginnt mit der lebendigen Geschichte einer Gemeinde und mit ihren „signifikanten Bauwerken, wie z. B. die Pfarrkirche und anderen Räumlichkeiten, an deren Aufbau bzw. Wiederaufbau u. U. Gemeindemitglieder selbst beteiligt waren. Emotionale Ortsgebundenheit als Verbindung primärer Beziehungen mit einem bestimmten Ort ergibt sich kaum sonst wo in einer solchen Intensität als dort, wo Initiation und Integration in die Lebensvollzüge einer Gemeinde eng mit dem Kirchengebäude verbunden sind. In einer immer unüberschaubareren und veränderten Umgebung können solche Wahrzeichen in semiotischer Hinsicht u. U. zu Orientierungszeichen werden.“ (Franz-Peter Tebartzvan Elst, Gemeinde in mobiler Gesellschaft, S. 163) Die ’optische Präsenz’ der Orts-Kirche im Lebensraum signalisiert zeichenhaft, dass sie durch ihr stabiles Angebot an Möglichkeiten des sozialen Kontaktes und Austauschs, durch die Sicherheit und Kontinuität der Möglichkeit zu religiösen und spirituellen Angeboten, zur Feier von Gottesdienst und Liturgie beitragen kann zum Aufbau und zur Stabilisierung der kleinen Lebenswelt der Paare, die ’im Schatten des Kirchturms’ wohnen. Dadurch, dass Pfarrgemeinde sich nicht erst verorten muss, sondern immer schon da ist als Knotenpunkt im sozialen Netz, bleibt sie „der

66

Beheimatung ist Dienst an der Ehe: ◗

wenn sie Paare teilhaben lässt am Leben der Gemeinde und sie durch das Leben- und Glauben-Teilen stützt;

wenn sie der Lebenswirklichkeit der Ehepaare und dem Thema ’Ehe’ Raum gibt im gemeindlichen Leben: im Gottesdienst, in Predigt und Katechese, in gemeindlichen Gesprächsangeboten usw.;

wenn sie Kindern und jungen Menschen (in Familienpastoral, Kindergarten, Gemeindekatechese, Kinder- und Jugendarbeit) hilft, leben und lieben zu lernen, d. h. Grundfähigkeiten und Dispositionen zu entwickeln, die sie beziehungsund liebesfähig machen;

wenn sie als ’vertrauter Raum’ Passagen und Übergänge zu speziellen und professionellen Angeboten der Ehepastoral herstellt und dadurch Schwellenangst mindert;

wenn sie Einzelnen und Paaren mit ihren ’fremden’ oder schwierigen Beziehungsgeschichten, mit ihren zerbrochenen Beziehungen zeigt: Ihr seid gern gesehen und willkommen!

5.2 Literatur > die weiterführt Jürg Willi, Was hält Paare zusammen?, Reinbek 1991

Franz-Peter Tebartz-van Elst, Gemeinde in mobiler Gesellschaft, Würzburg 2000

67


C1 Literatur und Anhang > ausgesucht > hilfreich > praxisorientiert

1 Literatur Allgemein

Im Teil C finden Sie Literaturlisten, geordnet nach den Stichworten ’Allgemein’, ’Ehevorbereitung’, ’Ehebegleitung’, ’Ehespiritualität’ und ’Eheberatung’. Die Angaben sind so gehalten, dass jede Liste auch aus dem Gesamtzusammenhang gelöst handhabbar ist. Aus den Listen zusammengestellte Auszüge finden Sie jeweils am Ende der Themenschwerpunkte in Kapitel A und B. Für die Praxis erhalten Sie im Anhang ab der Seite 74 Impulse und Hinweise zur Konzeption von Kursen für die Beratung und Begleitung von jungen (Ehe-) Paaren.

Hans Jellouschek, Wie Partnerschaft gelingt, Spielregeln der Liebe, Freiburg 2001 Stefan Knobloch, Mystagogie und Subjektwerdung, in: Theologisch-Praktische Quartalsschrift, Heft 2/1993, S. 148 - 157 Ralf Miggelbrink, Ist die Ehe ein Sakrament? in:

Urs Baumann, Ehe als Sakrament, in:

Geist und Leben Heft 3/2001, S. 193 - 205

Theologisch-Praktische Quartalsschrift, Heft 1/1996, S. 5 - 13

Isidor Baumgartner, Artikel ’Diakonie’, in: Herbert Haslinger (Hg.), Handbuch Praktische Theologie, Band 2, Mainz 2000, S. 396 - 421

Guy Bodenmann, Kompetenzen für die Partnerschaft. Freiburger Stresspräventionstraining für Paare, Weinheim, München 2000

Christoph Morgentaler, Systemische Seelsorge. Impulse der Familien- und Systemtherapie für die kirchliche Praxis, Stuttgart / Berlin / Köln 2001 Klaus-Bernd Müller, Der Stellenwert der Sakramente in der Pastoral einer Gemeinde, in: Die Feier der Sakramente in der Gemeinde, Festschrift für Heinrich Rennings, Kevelaer 1986, S. 87 - 101

Stefan Dinges, Artikel ’Lebensgemeinschaften’, in: Herbert Haslinger (Hg.), Praktische Theologie, Band 2, Mainz 2000, S. 86 - 98

Orientierungsrahmen für die Ehe- und Familienpastoral, Arbeitshilfen 42, herausgegeben vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn 1985

Ehe heute (Themenheft), Lebendige Seelsorge, Heft 5/1993 Josef Schwabeneder, Vom Zweckvertrag zur Lebensgemeinschaft. Ehepastoral (Themenheft), Lebendige Seelsorge, Heft 1/2001

Das Leitbild der christlichen Ehe, in: Theologisch-Praktische Quartalsschrift, Heft 1/1996, S. 15 - 27

Ehepastoral (Themenheft), Bibel und Liturgie Heft 2/1999 Jürg Willi, Was hält Paare zusammen?, Reinbek 1993 Dieter Emeis, Orientierungen für die Ehepastoral und -katechese, in: Bibel und Liturgie, Heft 2/1999, S. 59 - 65

Paul Michael Zulehner, Pastoraltheologie, Band 3: Übergänge. Pastoral zu den Lebenswenden, Düsseldorf 1990

Herbert Haslinger (Hg.), Handbuch praktische Theologie, Band 2: Durchführungen, Mainz 2000

Herbert Haslinger, Was ist Mystagogie? Praktisch-Theologische Annäherung an einen strapazierten Begriff, in: Stefan Knobloch, Herbert Haslinger (Hg.), Mystagogische Seelsorge, Mainz 1991

Herbert Haslinger, Sakramente – Befreiende Deutung von Lebenswirklichkeit, in: Herbert Haslinger (Hg.), Handbuch Praktische Theologie, Band 2, Mainz 2000, S. 164 - 184

Josef Herberg, Wenn Gott in der Liebe mit uns Verstecken spielt. Theologische Bemerkungen zu Woody Allens Film ’Ehemänner und Ehefrauen’, in: Lebendiges Zeugnis, Heft 1/1997, S. 43 - 52

68

Ehevorbereitung Auf dem Weg zum Sakrament der Ehe. Überlegungen zur Trauungspastoral im Wandel, Reihe: Die Deutschen Bischöfe, Nr. 67, herausgegeben vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn 2000

Otto Baur, Traugespräche. Die Trauung im Gespräch vorbereiten. Eine Handreichung für Seelsorger, herausgegeben vom Referat Erwachsenenpastoral / Erwachsenenbildung der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Rottenburg-Stuttgart 1995

69


C1 Urs Baumann, Artikel ’Ehe, Ehevorbereitung’, in: Norbert Mette / Franz Rickers (Hg.), Lexikon der Religionspädagogik, Band 1, Neukirchen-Vluyn, 2001, Spalte 366 - 369

Rosemarie Nave-Herz, Die Hochzeit: Ihre heutige Sinnzuschreibung seitens der Eheschließenden; eine empirisch-soziologische Studie, Würzburg 1997 Päpstlicher Rat für die Familie, die Vorbereitung auf das Sakrament der

Begleitung junger Paare. Grundlagen und Modelle für die Praxis, herausgegeben vom Bildungswerk der Diözese Mainz, Mainz o. J.

Heinrich-Maria Burkard / Elfriede Sacha, Vor Gottes Angesicht nehme ich dich an. Biblisch-katechetische Hilfen zur Vorbereitung und Gestaltung der kirchlichen Trauung, Stuttgart 1998

Ehe, in: Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls Nr. 127, herausgegeben vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn 1996

Agnes Passauer, Lernprogramm Partnerschaft, EPL und KEK, in: Bibel und Liturgie, Heft2/1999, S. 81 - 84

Manfred Probst / Klemens Richter, Die kirchliche Trauung. Die Feier der kirchlichen Trauung, Herausgeber: Katholische

Neues Werkbuch für die Praxis, Freiburg 1994

Erwachsenenbildung in Zusammenarbeit mit der Hauptabteilung Seelsorge, Referat Ehe und Familie, Bistum Osnabrück, Osnabrück 21996

Monika Sträßle, Ein KICK mehr Partnerschaft EPL, in: Lebendige Seelsorge Heft 1/2001, S. 33 - 35

Ehevorbereitung, Pastorale Richtlinien, Heft 7, herausgegeben vom Bischöflichen Ordinariat Mainz, Mainz 1994

Dieter Emeis, Orientierungen für die Ehepastoral und -katechese, in: Bibel und Liturgie, Heft 2/1999, S. 59 - 65 Karl Eveld / Ines Klekamp, Wer sich liebt, der traut sich – spezielle Vorbereitungswege für konfessionsverschiedene Ehen, in: Lebendige Seelsorge, Heft 1/2001, S. 37 - 39

Franz Thurmaier / Joachim Engel / Kurt Hahlweg, Ehevorbereitung – Ein Partnerschaftliches Lernprogramm EPL. Kursleitermanual, herausgegeben vom Institut für Forschung und Ausbildung in Kommunikationstherapie, München 1995 Unterwegs zur Ehe. Wegweiser und Bausteine für die Ehevorbereitung, herausgegeben vom Deutschen Katechetenverein, München 1993

Gemeindenahe Ehevorbereitung: Wir trauen uns – Wegbegleitung in die Ehe, herausgegeben vom Bistum Essen, Dezernat Seelsorge, Abteilung Sakramentenpastoral, Essen o. J.

Ehebegleitung

Anselm Grün, Die Trauung. Segen für das gemeinsame Leben, Münsterschwarzach, 2000

Guy Bodenmann, Kompetenzen für die Partnerschaft. Freiburger Stresspräventionstraining für Paare, Weinheim, München 2000

Herbert Haslinger, Was ist Mystagogie? Praktisch-Theologische Annäherung an einen strapazierten Begriff, in: Stefan Knobloch, Herbert Haslinger (Hg.), Mystagogische Seelsorge, Mainz 1991

Dieter Emeis, Orientierungen für die Ehepastoral und -katechese, in: Bibel und Liturgie, Heft 2/1999, S. 59 - 65

Birgit Jeggle-Merz, Die Ehe feiern – liturgische Dimensionen der Ehe,

Herbert Haslinger, Was ist Mystagogie? Praktisch-Theologische Annäherung an einen strapazierten Begriff, in: Stefan Knobloch, Herbert Haslinger (Hg.), Mystagogische Seelsorge, Mainz 1991

in: Bibel und Liturgie, Heft 2/1999, S. 66 - 74

Katholisch-Islamische Ehen. Eine Handreichung, herausgegeben vom Erzbischöflichen Generalvikariat Köln, Hauptabteilung Seelsorge, Köln 2000 Bernd Lutz, Stufen auf dem Weg zur Ehe – Überlegungen zur Ehevorbereitung, in: Lebendige Seelsorge, Heft 1/2001, S. 24 - 28

70

Katholisch-Islamische Ehen. Eine Handreichung, herausgegeben vom Erzbischöflichen Generalvikariat Köln, Hauptabteilung Seelsorge, Köln 2000 Peter Kaiser (Hg.), Partnerschaft und Paartherapie, Göttingen 2000

Gerhard Marschütz, Damit Ehe gelingen kann. Überlegungen zur Ehevorbereitung und Begleitung von Ehen, in: Bibel und Lithurgie, Heft 2/1999, S. 77 - 80

Kurt Küppers, „... bis der Tod euch scheidet“. Ehejubiläen als Zeugnis

Klaus-Bernd Müller, Der Stellenwert der Sakramente in der Pastoral einer Gemeinde, in: Die Feier der Sakramente in der Gemeinde, Festschrift für Heinrich Rennings, Kevelaer 1986, S. 87 - 101

Orientierungsrahmen für die Ehe- und Familienpastoral, Arbeitshilfen 42, herausgegeben vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn 1985

christlich gelebter Ehe, in: Die Feier der Sakramente in der Gemeinde, Festschrift für Heinrich Rennings, Kevelaer 1986, S. 307 - 317

71


C1 Agnes Passauer, Lernprogramm Partnerschaft. EPL und KEK, in:

Eheberatung

Bibel und Liturgie, Heft 2/1999, S. 81 - 84

Günther Sick, Konstruktive Ehe und Kommunikation (KEK), in: Lebendige Seelsorge, Heft 1/2001, S. 35 - 35

Franz-Peter Tebartz-van Elst, Gemeinde in mobiler Gesellschaft, Würzburg 2000

Joachim Engel / Franz Thurmaier, Konstruktive Ehe und Kommunikation (KEK). Kursleitermanual, herausgegeben vom Institut für Forschung und Ausbildung in Kommunikationstherapie, München 1998

Maria und Hermann Uihlein, Tagungen für Ehepaare zum Thema Sexualität, in: Lebendige Seelsorge, Heft 1/2001, S. 42 - 46 Lorenz Wachinger, Paare begleiten, Mainz 1989 Lorenz Wachinger, Geschiedene begleiten, Mainz 1995 Jürg Willi, Was hält Paare zusammen?, Reinbek 1991

Isidor Baumgartner, Artikel ’Diakonie’, in: Herbert Haslinger (Hg.), Handbuch Praktische Theologie, Band 2, Mainz 2000, S. 396 - 421

Angelika M. Eckart, Bezogene Individuation in der Ehe. Eine pastoralpsychologische Studie über den Beitrag systemischer Therapiemodelle für die institutionelle katholische Eheberatung, Pastoralpsychologie und Spiritualität, Band 2, Frankfurt 1999 Ehe-, Familien- und Lebensberatung als zentrales pastorales Aufgabenfeld. Erwartungen und Perspektiven, Dokumentation der LAG Herbsttagung 1999 für die Ehe-, Familien- und Lebensberater/ innen der 5 Nordrhein-Westfälischen Bistümer, 2000

Peter Kaiser (Hg.), Partnerschaft und Paartherapie, Göttingen 2000 Leben sinnvoll meistern, Dokumentation des V. Kongresses der Katholischen Bundesarbeitsgemeinschaft für Beratung, informationsdienst 56/01, herausgegeben von der Katholischen Bundesarbeitsgemeinschaft für Beratung, Bonn 2001

Leopold Nowak, „Um des Menschen willen“ – wozu Kirche da ist.

Ehespiritualität

Pastoraltheologische Überlegungen zur Beratung im kirchlichen Raum, in: informationsdienst 56/01, herausgegeben von der Katholischen Bundesarbeitsgemeinschaft für Beratung, S. 5 - 9

Kurt Küppers, „... bis der Tod euch scheidet“.

Traugott O. Schall, Seelsorgliche Hilfen in Partnerschafts-

Ehejubiläen als Zeugnis christlich gelebter Ehe, in: Die Feier der Sakramente in der Gemeinde, Festschrift für Heinrich Rennings, Kevelaer 1986, S. 307 - 317

und Familienkonflikten, in: Isidor Baumgartner, Handbuch der Pastoral-Psychologie, Regensburg 1990, S. 387 - 408

Joachim Engel / Franz Thurmaier, Konstruktive Ehe und Bernhard Liss, Exerzitien im Alltag für Ehepaare, Würzburg 1991 Patrick J. McDonald / Claudette M. McDonald,

Kommunikation (KEK). Kursleitermanual, herausgegeben vom Institut für Forschung und Ausbildung in Kommunikationstherapie, München 1998

The Soul of a Marriage, New York 1995

Lorenz Wachinger, Paare begleiten, Mainz 1989 Mary Anne McPherson Oliver, Conjugal Spirituality, Kansas City 1994

Lorenz Wachinger, Geschiedene begleiten, Mainz 1995

Ralf Miggelbrink, Ist die Ehe ein Sakrament? in:

Paul Michael Zulehner, Beratung und Seelsorge im gesellschaft-

Geist und Leben, Heft 3/2001, S. 193 - 205

lichen Kontext, in: Isidor Baumgartner (Hg), Handbuch der Pastoral Psychologie, Regensburg 1990, 121 – 131

Hans-Jakob Weinz, Artikel ’Ehe und Familie’, in: Christian Schütz (Hg.), Praktisches Lexikon der Spiritualität, Freiburg 1988, S. 253 - 262

Hans-Jakob Weinz, Ehespiritualität – Der Sehnsucht einen Namen geben, in: Lebendige Seelsorge, Heft 1/2001, S. 8 - 12

72

73


C2 2 Anhang

6. Die Paare suchen vor allem eine Bestätigung und Unterstützung ihres Lebensprojektes, keine Infragestellung ihrer bisherigen Lebensweise. 7. Die Paare sind – wie Hochzeitsmärkte, Hochzeitszeitungen und

2.1 Ehevorbereitung: Planungshilfen > beispielhaft und einladend

Heiratsläden, die in den letzten Jahren aus dem Boden geschossen sind, zeigen – bereit, für ihre Hochzeit verhältnismäßig viel Geld zu investieren. Was bedeutet das für das Thema ’Kirchliche Trauung’?

1. Impuls > Ehevorbereitungskurse und ihre ’Kunden’ Der folgende Text bietet eine Arbeitsgrundlage für die wirksame Ausschreibung und Bewerbung von Ehevorbereitungskursen. Er entstand aus einer konkreten Praxissitiuation vor Ort.

Wie sehen wir unsere potentiellen Teilnehmer/innen? 1. Die potentiellen Teilnehmer an unseren Ehekursen sind genauso vielfältig wie die Generationen der 20- bis 30jährigen überhaupt. Auch in ihrem Verhältnis zu Religion und Kirche stellen sie die ganze Bandbreite dar. Wir möchten alle, die kirchlich heiraten wollen, zu den Kursen einladen, müssen uns aber besonders um die bemühen, die einerseits ihr Verhältnis zur Kirche eher als kritisch und distanziert definieren, andererseits jedoch kein ausschließlich ’feindliches’ Verhältnis zu ihr haben.

2. Für junge Paare, die heiraten wollen und sich zur kirchlichen Trauung anmelden, ist in der Regel die kirchliche Trauung von hoher Bedeutung, wenn ihnen auch die kirchlich ’richtige’ Begründung nicht unbedingt zu eigen ist. Die Kirche, besonders die Pfarrgemeinde als ’Anbieter’ dieses ’Ritus’, ist ihnen aber eher fremd, ja vielleicht sogar ein bisschen unheimlich. Die Paare stehen vorwiegend in Unverständnis und Abwehr gegen die bei der Kirche vermuteten moralischen Positionen.

3. Wichtig ist vielen Paaren die kirchliche Trauung, weil sie spüren, dass sie den Segen Gottes brauchen, damit ihre Ehe gelingt. Sie haben – wieder – einen ausdrücklichen Sinn für Riten und ein Bedürfnis danach, ihre Eheschließung in bestimmten Formen zu feiern. Bei der empfundenen Unsicherheit suchen sie einen verbindlichen Rahmen für ihre Partnerschaft in der kirchlichen Eheschließung. 4. Sie erleben die Zeit vor der Trauung durchaus als herausgehobene Lebenszeit und sind häufig in besonderer Weise religiös ansprechbar. Sie suchen möglicherweise auch Impulse zu einer inneren Vorbereitung auf die Eheschließung. Dieses Bedürfnis bezieht sich vor allem auf die Gestaltung der kirchlichen Trauung, damit diese zu ihrem eigenen Fest wird.

5. Für unsere Zielgruppe ist in der Regel die Heirat nicht mehr der Anfang einer ernsthaften und aufs Ganze gehenden Lebensgemeinschaft. Vielmehr besiegeln und feiern die Paare mit der Eheschließung die Erfahrung, dass sie ’zueinander passen’, und die Entscheidung, für immer beieinander bleiben zu wollen. Die bisherige ’private’ Liebe soll durch diese Feier öffentlich und im kirchlichen Raum besiegelt werden.

74

Die Ehekurse als Angebot der Kirche an die jungen Paare 1. Da die Paare einerseits ritenbedürftig sind, ihnen andererseits die Riten und Symbole der Kirche fremd geworden sind, sind sie neugierig zu erfahren, wie der Ritus abläuft; sie suchen auch nach einer bestimmten ’Verhaltenssicherheit’ im Rahmen der kirchlichen Feier. Sie wollen wissen, was von ihnen erwartet wird und wie sie selbst an der Gestaltung der Trauung mitwirken können. Diese Information und diese Sicherheit bieten wir mit unseren Kursen.

2. Weiterhin ist es ihnen hilfreich, stärker darin einzusteigen, was diese kirchliche Feier mit ihrem Leben zu tun hat bzw. ob sie etwas mit ihrem Leben zu tun hat. Sie erleben normalerweise, dass religiöse Riten neben oder über ihrem Leben stehen, sind aber zu einem großen Teil auch aufgeschlossen dafür, diese in ihr Leben zu integrieren, jedenfalls für den Moment. In diesem Sinne sind sie – in engen Grenzen – bereit, neue Erfahrungen mit Kirche und Religion zu machen und ihr Leben und ihre Religion aufeinander zu beziehen. Gesprächsangebote und Hilfestellungen in diesem Sinne werden von den Seminarleiter/inne/n angeboten.

3. In der Regel wird im Freundes- und Verwandtenkreis nicht allzu ernsthaft über die Themen der Ehe gesprochen. Es besteht aber in dieser Lebenssituation durchaus das Bedürfnis, eigene Fragen an das gemeinsame Leben und die Art, wie man es gestalten soll, vorsichtig ins Gespräch zu bringen. Eine Anleitung zu einem Gespräch mit anderen jungen Paaren in der gleichen Lebenssituation wird daher meist dankbar angenommen. Das dabei vermittelte Gruppenerlebnis kann erfahrungsgemäß für die Paare sehr bereichernd sein, denn die Ehekurse laufen nicht so ab, dass ’Experten’ Vorträge halten, sondern im durch Moderator/inn/en angeleiteten Gespräch zwischen etwa gleichaltrigen Männern und Frauen.

75


C2 Welche Hemmnisse bestehen zwischen den potentiellen Teilnehmer/inne/n und dem Angebot der kirchlichen Ehevorbereitung? 1. Wenn junge Paare sich beim Pfarramt anmelden, um in den nächsten Wochen oder Monaten kirchlich zu heiraten, ist zunächst kein Zusammenhang zwischen der festlichen Trauung und dem ’Angebot’ der Ehevorbereitung ersichtlich. Der Ehekurs wird eher als zusätzliche Belastung neben allen anderen Vorbereitungen erlebt.

2. Wenn hinzukommt, dass Paare sich genötigt fühlen, am Ehekurs teilzunehmen, entsteht eine fast unüberwindliche Negativmotivation. Der ’Vermittler’ des Kurses ist in der Regel der Pfarrer, der mehr oder weniger werbend auf die Ehekurse hinweist oder sehr direkt sagt: „Wir erwarten von Ihnen, dass Sie vor der Eheschließung am Ehekurs teilnehmen.“

3. Die meisten jungen Paare sind es nicht gewohnt, persönliche Lebensfragen oder sogar Themen, die ihre Lebensgestaltung als Paar betreffen, in organisierten Lernprozessen zur Sprache zu bringen. Von den Ehekursausschreibungen könnte die mehr oder weniger ausdrückliche Erwartung ausgehen, Privates preiszugeben. Diffuse Vorbehalte dagegen, dass man im Kurs ’Persönliches’ preisgeben muss, werden vor allem von den Männern bisweilen geäußert.

4. Wenn wir diese ’Hindernisse’ bedenken, ist es entscheidend, den Ehekurs nicht als ’Vorleistung’ des Paares erleben zu lassen, damit es die Vergünstigung der kirchlichen Eheschließung erhält, sondern gerade umgekehrt,

dass der Ehekurs als eine Dienstleistung der Kirche für Paare vor der Eheschließung motivierend vorgestellt wird;

◗ ◗

dass der Erlebnischarakter des Kurses angedeutet wird;

dass der Kurs als Chance erscheint, die eigene Trauung intensiver erleben zu können.

dass der Kurs möglich macht, die Themen, die heute für junge Paare wichtig sind, im Kreis von Paaren in derselben Lebenssituation offen und ’locker’ zur Sprache zu bringen;

(Diözesan-Arbeitsgemeinschaft ’Ehevorbereitung / Ehebegleitung im Erzbistum Köln’, Vorlage: Dr. Josef Herberg)

2. Impuls > Gemeindenahe Ehevorbereitung Die ’Gemeindenahe Ehevorbereitung’ versteht sich – schon von ihrem Namen her – als ein wichtiger Bestandteil der Gemeindepastoral. Besondere Anknüpfungspunkte für die konkrete Seelsorge sind auch heute noch die Sakramente. An den Knotenpunkten ihres Lebens (z. B. Hochzeit, Taufe, Erstkommunion, Firmung) finden nach wie vor viele Menschen den Weg (zurück) zur Kirche. Sie wollen ihr zukünftiges Leben unter den „Segen Gottes“ stellen. Dies gilt insbesondere auch für die Ehe.

76

Wagnis Ehe Vielen Paaren wird erst mit der Festsetzung des Hochzeitstermines so richtig bewusst, auf welches Wagnis sie sich einlassen. Am Beginn einer Ehe steht die ’Trauung’ – ein symbolträchtiges Wort. Niemand weiß, was in den nächsten Jahren und Jahrzehnten auf ihn zukommt. Um so mehr spüren Brautpaare, oft eher unbewusst, dass sie ihre gemeinsame Zukunft ’ganz allein’, nur auf sich und die eigenen Kräfte gestellt, wohl kaum schaffen werden. Da knüpfen sie – auch und gerade kirchlich distanzierte Paare – an ’religiöse Überbleibsel’ ihrer Kindheit an und wollen mit der kirchlichen Hochzeit ihre Ehe unter den „Segen Gottes“ stellen. Gott möge ihren gemeinsamen Lebensweg mit seinem Segen begleiten, ihre Ehe gleichsam wie mit einem ’heiligen Schild’ versehen und alle Gefährdungen und Anfechtungen abwehren.

Treuezusage Gottes Auch wenn solchen Vorstellungen und Erwartungen ’magische Züge’ anhaften, so sind sie doch nur allzu ’menschlich’ angesichts einer Zeit, in der gute und verlässliche Beziehungen so rar und gleichzeitig so kostbar geworden sind. Die Treuezusage „bis dass der Tod uns scheidet“ kann letztlich ja nur gesprochen werden im Vertrauen auf die Treuegeschichte Gottes mit uns Menschen. Sein ’Vertrauensvorschuss’ gibt uns den Mut und die Kraft zum Treueversprechen „in guten und in bösen Tagen“. Die Treuezusage Gottes wird nicht alle menschlichen Ängste und Zweifel aufheben, wohl aber die Zuversicht und den Glauben an eine gemeinsame Zukunft stärken. Diese Hoffnung auf das Gelingen der Ehe wird in der kirchlichen Trauung aufgegriffen und von Gott bekräftigt. So heißt es im feierlichen Schlusssegen „Gott, der allmächtige Vater, bewahre euch in seiner Liebe und der Friede Christi wohne stets in eurem Hause“.

Begleitung durch die Gemeinde Die Gemeinde wiederum ist aufgerufen, den Lebensweg der jungen Brautpaare zu begleiten. In der ’Gemeindenahen Ehevorbereitung’ nehmen Ehepaare aus der Gemeinde stellvertretend diese wichtige Aufgabe wahr. Sie bezeugen in unaufdringlicher Weise, dass Ehen heute nach wie vor gelingen können. Sie sind keine ’Vorzeigeehepaare’, die eine mustergültige Ehe (vor-) führen müssen. Viel wichtiger sind die persönlichen Erfahrungen, die sie ins Gespräch einbringen können. Das redliche Bemühen umeinander spielt dabei eine wichtige Rolle. Die ’Gemeindenahe Ehevorbereitung’ kann ganz neue Beziehungen zur Pfarrgemeinde herstellen und so manche Voreingenommenheiten und Vorurteile abbauen helfen. Sie kann dem einen oder anderen Brautpaar einen neuen Zugang zu ihrer Gemeinde eröffnen. An mehreren Gesprächsabenden im Pfarrheim können vielfältige Kontakte geknüpft werden, die über den Termin der kirchlichen Trauung andauern können. Für die Gemeinde ist die ’Gemeindenahe Ehevorbereitung’ ein wichtiger Mosaikstein im Rahmen der Sakramentenpastoral. Den Verantwortlichen in der Seelsorge verhilft sie zu Begegnung und Gespräch mit jungen Menschen, die der Kirche eher distanziert gegenüberstehen. Eine Chance, die es zu nutzen gilt! (leicht verändert wiedergegeben aus: Wir trauen uns – Wegbegleitung in die Ehe, herausgegeben vom Bistum Essen, Dezernat Seelsorge, Essen 1997)

77


C2 3. Impuls > Werkstatt Trauliturgie – ein Veranstaltungsbericht Die Idee zu einer ’Werkstatt Trauliturgie’ resultierte aus den regelmäßigen Reflexionen der Ehevorbereitungskurse, die in der Regel auf Dekanatsebene in Zusammenarbeit mit dem Katholischen Bildungswerk Köln durchgeführt werden. Hier stehen der Kommunikationsaspekt zwischen den Partnern und die theologische Frage nach der Ehe als Sakrament im Vordergrund. Eine konkrete und praktische Vorbereitung der liturgischen Feier der Trauung ist nicht vorgesehen. Hierfür gibt es aber offenbar durchaus Bedarf, wie die Teilnahme von acht Paaren an der Werkstatt zeigte, zumal für diese erste ’Werkstatt Trauliturgie’ keine große Werbeaktion erfolgt war. Lediglich einige Handzettel, verbunden mit einem Begleitbrief des Stadtdechanten Dr. J. Westhoff waren wenige Wochen zuvor an die katholischen Pfarrämter Kölns verschickt worden. Die Leitung der ’Werkstatt’ hatten das Ehepaar Ille und Rainer Joseph, die seit über 20 Jahren Ehevorbereitungskurse durchführen, und das Ehepaar Eva-Maria und Rainer Will, beide im kirchlichen Dienst tätig. Folgende Konzeption wurde für den Samstagnachmittag erarbeitet (vgl. auch die Kurzübersicht auf der S. 80f.):

78

Wir starteten mit Begrüßung und einer kurzen Kennenlernrunde, in der die Teilnehmer/innen sich namentlich vorstellten mit einigen Angaben zu Fragen wie: Seit wann kennen Sie sich? Wann und wo wollen Sie heiraten? Welchen Bezug haben Sie zur Kirche?

Es folgte ein kleiner theoretischer Impuls, in dem Grundsätzliches vermittelt wurde über das Wesen der Liturgie und den Aufbau der Trauliturgie, besonders zur Unterscheidung der beiden Formen als Wortgottesdienst oder im Rahmen einer Eucharistiefeier.

Der nächste Schritt diente dem Finden eines Leitmotivs für die feier. Auf einer Decke, die auf dem Boden in der Mitte des TrauStuhlkreises ausgebreitet wurde, lagen viele sehr unterschiedliche Gegenstände. Die Teilnehmer/innen wurden aufgefordert, einen herauszugreifen, der sie beim Gedanken an ihre Ehe spontan anspricht. Diesen Gegenstand betrachteten sie in etwa fünfminütiger Stille mit der Aufforderung, dabei über ihre Assoziationen nachzudenken. Hinterher tauschten sich die Paare über ihre Gedanken und Assoziationen aus und versuchten über den ausgesuchten Gegenstand, einen gemeinsamen Leitgedanke, ein Leitmotiv (z. B. Wünsche und Hoffnungen) für ihre Ehe abzuleiten. In einem weiteren Ansatz überlegten die Paare, ob ihnen ein Spruch, eine Geschichte, eine Schriftstelle usw. einfiele, passend zum Leitgedanken / Leitmotiv ihrer Ehe.

Das Ergebnis stellten die Paare abschließend im Plenum vor. Dabei zeigte sich, dass die Beschäftigung mit den Gegenständen und ihre Deutung als Zeichen bzw. Symbol für die eigene Situation, für das eigene Leben und die Partnerschaft zwar nicht in jedem Fall zu einem gemeinsamen Leitmotiv führte. Festzuhalten blieb aber, dass die Methode zu einer reflektierten und expliziteren Form der Auseinandersetzung führte: mit sich selbst und der Absicht, gemeinsam einen entscheidenden Schritt im Leben zu wagen.

Danach wurde eine Kaffeepause angeboten, verbunden mit der Möglichkeit, die Bücher aus dem Bücherkoffer ’Verliebt – Verlobt – Verheiratet’ der Katholischen Medienzentrale, Köln anzuschauen sowie weitere Materialien, die für den zweiten Teil hilfreich sein sollten.

Ein kurzer Theorie-Impuls eröffnete den zweiten Teil. Diesmal ging es um die Elemente und Symbolhandlungen in der Feier der kirchlichen Trauung sowie um die Formen, Mit-Gestaltungsmöglichkeiten und Aufgabenverteilung in der Trauliturgie.

Die Anwesenden wurden dann aufgeteilt in zwei Arbeitsgruppen: Paare, die ihre Trauung im Rahmen eines Wortgottesdienstes feiern wollten und diejenigen, die sich das im Rahmen einer Eucharistiefeier wünschten. Als hilfreiche Unterlage war ein Formblatt (A4, Querformat) erstellt worden. Neben dem chronologische Ablauf der jeweiligen Gottesdienstform enthielt es drei Spalten für folgende Einträge der Paare: Welche Texte/welche Lieder? – Wer ist für den jeweiligen Schritt verantwortlich und führt ihn aus? – Sonstiges. Zusätzlich waren Liederbücher, Sammlungen von Schriftstellen und Sprüchen, ’Trauliturgie-Liedhefte’ von Paaren, deren Feier bereits stattgefunden hatte und einschlägige Literatur ausgelegt. Schließlich war die Kursleitung für mögliche Fragen ansprechbar, so dass mit Hilfe dieses Formblattes und der zur Verfügung gestellten Materialien alle Paare einen ersten Entwurf ihrer Trauliturgie erstellen konnten.

Zum Schluss gab es eine Feedback-Runde. Und alle, die aus den zur Verfügung gestellten Materialien gezielt Passagen kopieren wollten, bekamen dazu noch Gelegenheit. Unser Fazit: die angebotene ’Werkstatt Trauliturgie’ entsprach dem Bedürfnis junger Paare, die Feier des Sakraments besser zu verstehen. Indem die Beziehung des Gottesdienstes zum eigenen Leben in Gestaltungsvorschlägen stärker konkretisiert wird, wächst die Identifikation mit dem liturgischen Geschehen und die Sensibilität für die Bedeutung von Liturgie allgemein. (leicht verändert wiedergegeben nach einem Bericht von Ille und Rainer Joseph, Eva-Maria und Rainer Will)

79


C2 Werkstatt Traugottesdienst für Paare, die interessiert sind, ihren Hochzeitsgottesdienst selbst (mit)zugestalten Zeitspanne

Schritte

Methode, Hilfen, Hinweise

30 Min.

Begrüßung Kennenlernen und Einführung

Rundgespräch

10 Min.

Aufbau der Trauliturgie: Eucharistiefeier – Wortgottesdienst

Impulsreferat

60 Min.

’Unser Leitmotiv für die Traufeier’

Einzelarbeit mit Hilfe von ausgelegten Gegenständen, Symbolen

(Bibel)Text(e), Sprüche, Lieder usw. passend zum Leitmotiv

Auswahl eines Textes zum Leitmotiv der Ehe eines jeden Paares

Paargespräch

Pause 15 Min.

Vorstellen und Austausch im Plenum Bücherkoffer und Materialien (Liederhefte, Gottesdienstblätter u. a.)

Elemente und Symbolhandlungen der Traufeier

Impulsreferat

Möglichkeiten und Formen der Mitgestaltung und Mitbeteiligung 75 Min.

Gestaltung ’unseres’ Traugottesdienstes

Gruppenarbeit in zwei Gruppen (Wortgottesdienst, Eucharistiefeier), Hilfen: ’Formblatt Traugottesdienst’ und Materialien (s. o.)

Abschluss

Feedback-Runde

(Möglichkeit, gefundene Texte, Lieder u. a. zu kopieren)

Unterstützung durch die Kursleitung

4. Impuls > Projekt Traugespräch – Ein Tag für Seelsorger Traugespräch „Das Traugespräch steht für die Brautleute im Zusammenhang mit einer wichtigen Lebensentscheidung. Das Paar macht einen lebensgeschichtlich entscheidenden Schritt. Es muss ein zentrales Anliegen kirchlicher Pastoral sein, die Brautleute bei diesem wichtigen Schritt, und wenn möglich auch auf dem sich anschließenden Weg, helfend zu begleiten. Deshalb ist das Traugespräch eine Begegnung von besonderer Bedeutung, für das Brautpaar wie für den Seelsorger. Das Traugespräch darf nicht bei einer bürokratischen Aufnahme des Eheprotokolls stehen bleiben. Es sollte eine vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre schaffen, auf die persönliche Situation der Brautleute eingehen, Sinn und Bedeutung der christlichen Ehe erschließen, die Liturgie des Traugottesdienstes erläutern und zu einer Mitgestaltung einladen.“ (Kardinal Walter Kasper)

Neben dem Ehekurs ist vor allem das Traugespräch ein wichtiger Ort, an dem junge Paare vor ihrer Trauung mit einem Vertreter der Kirche ins Gespräch kommen über ihre Erfahrungen als Paar, über ihre Wünsche, Hoffnungen, Befürchtungen im Blick auf den Weg ihrer Ehe, aber auch über ihren Glauben und ihre Glaubensfragen. Für viele Paare ist dieses Gespräch seit langem ein erster intensiver Kontakt mit Glaube und Kirche und bedeutet deshalb eine hohe Anforderung nicht nur für das Paar selbst, sondern auch für den Seelsorger und Gesprächsbegleiter: er möchte ja mit dem Paar dessen Geschichte im Licht des Glaubens als Weg mit Gott verstehen und die Feier der Trauung erschließen als Feier der Treue und Zusage Gottes angesichts des „Ja“ von Seiten des Paares zum Weg dieser Ehe. Dabei gibt es sicher manche Erfahrungen schwieriger, scheinbar misslungener Kommunikation, aber auch viele gute Gesprächserfahrungen, in denen etwas vom ’heiligen Boden’ der Gottespräsenz spürbar wurde. Auf jeden Fall sind dies Erfahrungen, über die ein Austausch lohnt und an denen Seelsorger miteinander etwas lernen können für ihre Praxis des seelsorglichen Gesprächs. Das kann verwirklicht werden durch einen regional (z. B. auf Kreisoder Stadtdekanatsebene) – in Absprache mit den Verantwortlichen vor Ort – angebotenen Tag für Seelsorger zum Thema ’Traugespräch’. An diesem Tag können sich Seelsorger unter fachkundiger Anleitung mit theologischen und gesprächspsychologischen Fragen der Praxis des Traugesprächs (als Mystagogie) befassen und ihre Kompetenz füreinander ’ins Spiel bringen’, indem sie sich austauschen über ihre Fragen und Erfahrungen.

80

81


C2 Kompetenzen erlauben es dem Paar, zu wachsen und die im Alltag anfallenden Anforderungen so zu bewältigen, dass die Partnerschaft daran wachsen und sich weiterentwickeln kann, ohne im Sumpf des alltäglichen Unrats zu versinken.

2.2 Beziehungsstörungen > Präventionsprojekte > vor und während der Ehe

Was Prävention bei Paaren leisten sollte: Prävention bei Paaren setzt bei den genannten Punkten an. Sie sollte bereits vor der Krise Wissen darüber vermitteln, welchen Belastungen Partnerschaften ausgesetzt sind (es können nicht immer Flitterwochen sein) und wie damit umgegangen werden kann, ohne dass die Paarbeziehung daran zu Grunde geht.

Prävention sollte deshalb eine Sensibilisierung dafür sein, dass Liebe nicht als eine ewig dauernde Eigenschaft einer Beziehung angesehen werden kann, sondern als etwas Dynamisches, das es weiterzuentwickeln, lebendig zu erhalten und immer wieder neu zu entdecken gilt.

Paare sollten wissen, dass die ursprüngliche Faszination füreinander nicht verloren zu gehen braucht, sondern durch die Entwicklung beider Partner und der Beziehung und der sich daraus ergebenden Herausforderungen und Neuerungen ständig neu vitalisiert werden kann.

Eine wichtige Rolle dabei spielt das Erkennen dieses Prozesses und der gemeinsame Austausch.

Gleichzeitig sollte das Paar versuchen, externe noxische Einflüsse auf die Beziehung abzuschirmen, damit es nicht sämtliche Energie auf die Abwehr dieser belastenden Rahmenbedingungen verwenden muss, sondern weiterhin für die Belebung der Beziehung und deren Entwicklung zur Verfügung hat.

Zur Umsetzung dieser Forderung brauchen Paare Kompetenzen der erwähnten Art, deren Vermittlung Gegenstand präventiver Programme sein sollte, damit Paare bereits frühzeitig in ihrem gemeinsamen Leben diesen negativen Dynamiken entgegenwirken können.

1. Impuls > Argumente für Prävention bei Paaren Während Paartherapien seit längerem mit erwiesener Wirksamkeit eingesetzt werden, ist die Prävention von Partnerschaftsstörungen in Europa erst in den letzten Jahren ins Bewusstsein gerückt. Dabei kommt gerade der präventiven Arbeit eine zentrale Bedeutung zu. Dies aus mehreren Gründen, von welchen hier die drei wichtigsten aufgeführt werden:

die hohe Instabilität von Partnerschaften auf der einen Seite und der ungebrochene Wunsch nach einer glücklichen Zweierbeziehung auf der anderen Seite;

die Tatsache, dass Paartherapie häufig zu einem relativ späten Zeitpunkt erfolgt und daher nicht mehr maximal effektiv sein kann;

die Tatsache, dass das Geschick einer Partnerschaft von Kompetenzen abhängt, die trainiert und ausgebildet werden können. Die Forschung zeigt überzeugende Eindeutigkeit, dass das ursprüngliche Potential an Verbindendem in der Partnerschaft nur dann weiterbestehen bleibt, wenn es gepflegt, neu angereichert und lebendig erhalten wird – und hierzu bedarf es des Wissens, wie dies geschehen soll. Der heutige Stand der Scheidungsursachenforschung zeigt, dass es nicht statische Merkmale oder Persönlichkeitsmerkmale (wie Intelligenz, Attraktivität, Sexappeal, Status, Bildung usw.) sind, welche für den längerfristig günstigen Verlauf und ein geringeres Scheidungsrisiko von Paaren bedeutsam sind, sondern die Kompetenzen beider Partner. Kompetenzen spielen bei der längerfristigen Aufrechterhaltung einer zufriedenstellenden Beziehung die wichtigste Rolle. Paare, die gut miteinander kommunizieren können, sich Zeit füreinander nehmen und gegenseitigen Respekt in ihrem Umgang ausdrücken, Alltagsprobleme effizient lösen und Alltagsstress angemessen bewältigen können, sind weniger scheidungsgefährdet. Es sind diese Kompetenzen, welche den Verlauf einer Beziehung determinieren, d. h. Fertigkeiten eines Paares, mit Schwierigkeiten innerhalb und außerhalb der Partnerschaft umgehen zu können.

82

Dadurch wird es möglich, das hohe Scheidungsrisiko von modernen Partnerschaften zu senken und die Qualität der Zweierbeziehung längerfristig zu erhalten.

Zusammengefasst sind folgende Punkte Aufgaben der Prävention bei Paaren

Sensibilisierung für normale Entwicklungsverläufe der Partnerschaft und Installierung von realistischen Erwartungen,

Erkennen der Wichtigkeit, dass man sich für die Partnerschaft aktiv engagieren muss und auch eine gute Qualität zu Beginn kein Garant für ewiges Glück ist,

Vermittlung der Einsicht, dass Beziehungszufriedenheit immer wieder durch Zeit und Pflege der Partnerschaft aktiv errungen wird muss,

Vermittlung der Kompetenzen, welche sich in der Forschung als relevant für die Führung einer zufriedenstellenden Partnerschaft erwiesen haben. (Text dieser Doppelseite leicht verändert wiedergegeben aus: Guy Bodenmann, Kompetenzen für die Partnerschaft. Freiburger Stresspräventionstraining für Paare, Weinheim 2000, S. 13 - 16)

83


C2 2. Impuls > EPL – Ein Partnerschaftliches Lernprogramm Prinzipien für die Ehevorbereitung

Ziele von EPL

1. Es müssen unbedingt die positiven Aspekte genutzt werden, die

Informationsvermittlung über Partnerschaft und Ehe

beim Übergang von der Partnerschaft zur Ehe (oder in anderen Übergangsperioden) vorhanden sind (z. B. sind die Partner optimistisch und voller Elan in Bezug auf ihre gemeinsame Zukunft; sie spüren die Notwendigkeit, neue partnerschaftliche Fähigkeiten zu erwerben).

Einsicht in die Bedeutung der partnerschaftlichen Kommunikation als Voraussetzung für eine lebendige Beziehung

Anwendung der im EPL vermittelten Gesprächsfertigkeiten im Beziehungsalltag

Auseinandersetzung mit zentralen Themen: Erwartungen an die Ehe, Erotik und Sexualität, christlich gelebte Ehe

Zugang zu den eigenen Gefühlen (verbesserte Selbstreflexion)

Verständnis für den Partner ohne Verzicht auf die eigenen Bedürfnisse

Autonomie von Mann und Frau innerhalb der Partnerschaft

2. Forschungsergebnisse zeigen deutlich, dass die Qualität der partnerschaftlichen Kommunikation der beste Prädiktor für zukünftiges Eheglück ist. Daher sollte sich effektive Prävention darauf konzentrieren, den Partnern solche kommunikativen Fertigkeiten zu vermitteln, die ihnen helfen können, mit zukünftigen Differenzen befriedigend umzugehen. Für eine erfolgreiche Ehe ist entscheidend, wie die Partner mit Differenzen hinsichtlich ihrer Vorstellungen und den daraus resultierenden Enttäuschungen produktiv umgehen können.

3. Die knapp bemessene Zeit, die für Ehevorbereitung zur Verfügung steht, sollte für das Training von kommunikativen Fertigkeiten verwendet werden. Sollten sich bei einem Paar dauerhafte und tiefer liegende Probleme herausstellen, so werden die Betroffenen bei der Durchführung des Programms an Eheberatungsstellen vermittelt. 4. Das Training von kommunikativen Fertigkeiten muss graduell erfolgen, indem zuerst positive und nur wenig konfliktauslösende Situationen benutzt werden, wie es im nachfolgenden Ehevorbereitungsprogramm vorgesehen ist. Das Training fokussiert auf PaarArbeit, nicht auf Gruppenerlebnisse.

Didaktik Um diese Ziele auch zu erreichen, muss grundsätzlich ein Rahmen angstfreien und intensiven Lernens geschaffen werden. Die Paare dürfen nicht belehrt oder bevormundet werden. Die Teilnehmer werden vor Verletzungen in der Gruppe wie auch im Paargespräch geschützt, positive Lernerfahrungen systematisch unterstützt. Die Paare sollen selbst erleben können, wie fruchtbar das offene Gespräch für ihre Beziehung ist. Nur so werden sie neues verbessertes Gesprächsverhalten auch nach den Kursen in ihrem Ehealltag aufrechterhalten. (aus: Franz Thurmaier / Joachim Engl / Kurt Hahlweg, Ehevorbereitung – ein partnerschaftliches Lernprogramm EPL. Kursleitermanual, München 1995)

5. Eine weitere zentrale Forderung an ein Ehevorbereitungsprogramm ist, dass die Lernerfahrungen des Paares positiv und belohnend sein sollen. Die Partner sollen erfahren, dass das ’Arbeiten’ an der Beziehung positive Konsequenzen für beide hat, und dass dadurch das gegenseitige Verbundenheitsgefühl verstärkt wird. Darüber hinaus sollten die Paare erfahren, dass sie die Fähigkeit zur Lösung von Problemen besitzen, die in der Zukunft auftreten mögen (z. B. wann und wieviele Kinder sie haben wollen; wie engagiert sie in der Gemeinde mitarbeiten wollen o. ä.).

84

85


Warum geht es im EPL?

Ein guter Start für die Ehe Das EPL-Gesprächstraining für junge Paare

EPL ist ein wissenschaftlich überprüftes Kommunikationstraining für junge Paare (in fester Beziehung, verlobt oder jung verheiratet). Es vermittelt Gesprächsfertigkeiten, die Paaren helfen, besser miteinander zu reden, sich klar und eindeutig mitzuteilen und dem anderen konstruktiv zuzuhören. Durch das offene und faire Gesprächsverhalten lernen Sie Ihren Partner / Ihre Partnerin, aber auch sich selbst besser kennen und verstehen; Ihre Erwartungen und Wünsche, Ihre Hoffnungen und Ängste können offen ausgesprochen werden.

Das Geheimnis zufriedener Paare Am Anfang einer Beziehung scheint das Miteinander der Partner selbstverständlich zu funktionieren. Damit aber das positive Gefühl und die Liebe füreinander erhalten bleiben und eine zufriedene dauerhafte Partnerschaft / Ehe daraus wird, sind auch bestimmte Fähigkeiten gefragt und das Engagement der Partner. Untersuchungen der Ehe- und Partnerschaftsforschung belegen: Nicht die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen oder persönlichen Faktoren (z. B. Einkommen, Wohnung oder bestimmte persönliche Eigenschaften) sind das allein Entscheidende, damit eine Beziehung glückt.

Die persönlichen Themen besprechen Sie nur mit Ihrem Partner / Ihrer Partnerin, räumlich getrennt von den anderen Paaren. Sie werden dabei von einem / einer speziell ausgebildeten Leiter/in begleitet und unterstützt. An einem Kurs nehmen in der Regel 4 - 6 Paare teil.

Vorlage für eine Kursausschreibung

C2

Meistens wird EPL als Wochenendkurs (Fr - So) durchgeführt. Die Kurskosten betragen 110 Euro pro Paar. Wenn Sie weitere Informationen bekommen möchten, oder wenn Sie interessiert sind, an einem solchen Kurs teilzunehmen, nehmen Sie mit uns Kontakt auf:

Viel wichtiger ist:

Können Sie gut miteinander reden und sich mitteilen?

Wie gehen Sie aufeinander ein?

Wie tragen Sie Meinungsverschiedenheiten aus?

Können Sie Probleme fair und für beide zufriedenstellend lösen?

Probleme lassen sich nie vermeiden, weil die Ehe keine heile Welt ist. Deshalb ist es um so wichtiger, ein gutes ’Handwerkszeug’ zu kennen, das hilft, auftretende Probleme partnerschaftlich zu bewältigen. Genau das können Sie sich erwerben: mit EPL. Das steht für ’Ein partnerschaftliches Lernprogramm’.

Telefon:

Fax:

e-mail:

86

87


C2 3. Impuls > KEK – Konstruktive Ehe und Kommunikation KEK ist ein Modell zur Ehebegleitung Das Programm soll Paaren als neue Form der Ehebegleitung dazu anregen:

Möglichkeiten des partnerschaftlichen Gesprächs und Problem- / Konfliktlösungsmodelle in strukturierten Übungen kennenzulernen,

die angenehmen Seiten des Partners / der Partnerin wahrzunehmen und ansprechen zu können,

eine gemeinsame Gesprächskultur zu entwickeln,

sich über langfristige Veränderungen auszutauschen und neue Ziele für die Partnerschaft zu formulieren. Dabei wählen die Paare die für sie relevanten Themen selbst (z. B. Sexualität, Wiedereintritt in die Berufstätigkeit),

sich der Stärken der Beziehung bewusst zu werden.

KEK > Kursaufbau

1. Wochenende Vermitteln und Einüben der grundlegenden Kommunikations- und Problemlösungsfertigkeiten

Die Zielgruppe sind Paare ohne Therapieindikation ab 2 Jahren Ehe oder entsprechendem Zusammenleben (bei Nichtverheirateten). Wenn im Kurs dennoch schwerwiegende Paarprobleme auftauchen, werden die Betreffenden motiviert, sich für eine Beratung / Therapie zu entscheiden.

1. Einheit

Fehler und Möglichkeiten im Paargespräch entdecken

2. Einheit

Unangenehme Gefühle äußern

3. Einheit

Probleme lösen (Problemlösungsschema)

4. Einheit

Angenehme Gefühle äußern

5. Einheit

Gemeinsame Gesprächskultur entwickeln

6. und 7. Einheit

Veränderungen und Neuorientierungen integrieren

2. Wochenende Anwendung der erlernten Fertigkeiten an speziellen Themenkreisen

Geschichte der Beziehung in den Blick nehmen Fragen: Was hält die Beziehung zusammen?

88

89


Konstruktive Ehe und Kommunikation Das KEK-Gesprächstraining für Paare Das KEK-Gesprächstraining hilft Ihnen,

Im Mittelpunkt: das Paargespräch

sich so auszudrücken, dass beim Gegenüber das ankommt, was man mitteilen will,

so zuzuhören, dass man besser versteht, was der Partner, die Partnerin meint,

Meinungsverschiedenheiten und Probleme fair auszutragen. Es ermöglicht Ihnen so neue Erfahrungen im Gespräch miteinander.

Das Paargespräch bildet den Schwerpunkt von KEK. Persönliche Themen besprechen Sie nur mit dem eigenen Partner / der eigenen Partnerin, räumlich getrennt von anderen Paaren. Speziell ausgebildete Kursleiter/innen begleiten und unterstützen das Gespräch. Ein Kurs besteht in der Regel aus vier Paaren mit zwei Kursleiter/innen.

Das KEK-Gesprächstraining wendet sich an Paare, die innerhalb eines erweiterten Gesprächstrainings auch ihre gemeinsame Geschichte in den Blick nehmen wollen. Eingeladen sind daher Paare in mehrjähriger Beziehung. Es umfasst 7 Einheiten zu jeweils ca. 3 Stunden. KEK ist keine Therapie und keine Beratung. Dieses Angebot ist nicht das Richtige für Sie, wenn Sie schwerwiegende Konflikte haben oder es Ihnen schon längere Zeit nicht mehr gelungen ist, sich zu versöhnen oder wenn Sie eine Trennung beabsichtigen. Qualifizierte Hilfe finden Sie in solchen Situationen aber in einer der zwölf Katholischen Ehe-, Familienund Lebensberatungsstellen (siehe unten)

KEK – Fachlich und erfolgreich

Kursprogramm KEK Kursteil I Sie lernen grundlegende Gesprächs- und Problemlösungsfertigkeiten und erproben sie in praktischen Übungen:

„Wir verstehen uns!“ – Bewusst machen, was Verständnis fördert

„Ich kann mit Dir reden, auch wenn ich sauer bin!“ – Gefühle offen aussprechen

„Wir kommen einen Schritt weiter!“ – Meinungsverschiedenheiten lösen

„Was ich an Dir schätze“ – Über Positives in der Beziehung reden

Das KEK-Gesprächstraining wurde in einem große Forschungsprojekt vom Institut für Kommunikationstherapie, München, entwickelt. Die wissenschaftliche Untersuchung zeigt, dass die Paare auch noch nach Jahren von diesem Training profitieren. Das Kursprogramm fand in zahlreichen Radio- und Fernsehsendungen und in vielen Zeitschriften Beachtung. Inzwischen werden KEK-Kurse in fast allen Bistümern Deutschlands durchgeführt.

Im Erzbistum Köln werden die KEK-Kurse von der Abteilung Gemeindepastoral in Zusammenarbeit mit den Katholischen Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen angeboten.

„Unsere Beziehung ist lebendig.“ – Veränderungen austauschen

„Wie reden wir im Alltag miteinander?“ – Eine neue Gesprächskultur vereinbaren

Welche der der zwölf Katholischen Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen in Ihrer Nähe liegt, erfahren Sie

„Was uns zusammenhält.“ – Sich der Stärken der Beziehung bewusst werden

beim Generalvikariat Köln Marzellenstr. 32, 50668 Köln Ehe- und Familien- und Lebensberatung

Vorlage für eine Kursausschreibung

C2

Kursteil II Sie sprechen über wichtige Themen Ihrer Beziehung und wenden dabei die Fertigkeiten an, die im ersten Kursteil erworben wurden:

0221.1642-1289 Im Internet: www.efl-beratung.org

90

91


C2 2.3 Übersicht Anlaufstellen und Hilfen Abteilung Gemeindepastoral Im Generalvikariat Referat Ehe u. Familie

Katholische Beratungsstellen für Ehe-, Familieund Lebensfragen

Örtliche Bildungswerke und Familienbildungsstätten

Hauptabteilung Bildung im Generalvikariat

Hinweise

◗ organisieren Kurse

Ehevorbereitung

und bieten Hilfe bei der Organisation

◗ unterstützt bei Kurskonzeption und Weiterbildung

◗ unterstützt bei Kurskonzeption und Weiterbildung

◗ informiert über das bistums-

◗ unterstützt bei Kurskonzeption und Weiterbildung

weite Angebot an Kursen

◗ unterstützt bei Kurskonzeption und Weiterbildung, Kontakt: Dr. Holger Dörnemann T: 0221.1642-1533 e-mail: Holger.Doernemann @erzbistum-koeln.de

◗ informiert über das bistumsweite Angebot an Kursen: www.ehevorbereitungsangebote.de

Eheberatung

◗ Informationen speziell für

◗ beraten und begleiten Paare

Männer in Beziehungskrisen bietet das Referat ‘Männerseelsorge’ im Generalvikariat. Kontakt: Markus Roentgen T: 0221.1642-1344 e-mail: Markus.Roentgen @erzbistum-koeln.de

in Krisen

◗ informieren über freie Therapeut/inn/en und Berater/innen

◗ begleiten und führen Media-

◗ Die örtlichen katholischen Bera-

tion durch in Trennungs- und Scheidungskonflikten

tungsstellen für Eltern, Kinder und Jugendliche helfen, wenn Kinder und Jugendliche von Trennung und Scheidung mit betroffen sind.

◗ Beratung für Frauen, Männer u. Paare in Schwangerschaftskonfliktfällen bieten auch die örtlichen ‘esperanza’-Beratungsstellen.

Ehebegleitung

◗ bietet verschiedene Kurse an

◗ organisieren EPL- und KEK-Kurse

und informiert über das bistumsweite Angebot, Kontakt: s. u.

◗ informiert über das bistumsweite Angebot an EPL- und KEK-Kursen, Kontakt: s. u.

◗ unterstützt bei Kurskonzeption und Weiterbildung, Kontakt: s. u.

Eheexerzitien

Information und Anmeldung: Eheexerzitien für Jubiläumspaare ‘Zum Danken gibt es Grund genug’. Kontakt: s. u. Hans-Jakob-Weinz T: 0221.1642-1588 e-mail: Hans-Jakob.Weinz @erzbistum-koeln.de

92

◗ organisieren Kurse und bieten Hilfe bei der Organisation

◗ informieren über das regionale Angebot an EPL- und KEK-Kursen

◗ bieten Unterstützung bei der Konzeption von Paarkursen und Weiterbildungsangeboten

◗ bieten Unterstützung bei der Konzeption von Paarkursen und Weiterbildungsangeboten

◗ bieten Unterstützung bei der Konzeption von Paarkursen und Weiterbildungsangeboten

spirituelle Angebote für Paare sind auch erfragbar bei: ‘Equipes Nôtre Dame’, Kontakt: über Hans-Jakob Weinz, s. links

◗ ‘Marriage Encounter ’, Kontakt: über Hans-Jakob Weinz, s. links

93


D1 Nachklang > poetisch > fragend > leise

1 Befreites ’Fragment’ „Ehe kann nur gelingen, wenn man nichts Unmögliches von ihr fordert und bereit ist, sie in ihren begrenzten Möglichkeiten zu sehen und zu akzeptieren. Die im Verlauf des Ehelebens unausweichliche Erfahrung und auch Enttäuschung darüber, dass der andere mein Gott nicht sein kann, und deshalb das Sehnsuchtspotential der Liebe auf Dauer in der ehelichen Partnerschaft nicht unterzubringen ist, wiegt oft schwer. Sie kann permanente Unzufriedenheit und Konfliktpotentiale in der Ehe auslösen, mitunter auch ihr Zerbrechen einleiten. Wenn es zutrifft, „dass die Übertragung der religiösen Sehnsucht auf die Partnerliebe eine der tiefsten Wurzeln heutiger Beziehungsinstabilität ist“, dann besteht eine wesentliche Aufgabe der Ehebegleitung darin, Menschen zu befähigen, ihre Gottbedürftigkeit aus der Partnerfixierung lösen und auf den wahren Gott hin ausrichten zu können. Nur wo Gott ganz Gott ist, kann der Mensch ganz Mensch sein – mit all seinen Schwächen und Begrenztheiten. Wo Ehepartner ihre begrenzte Liebesfähigkeit annehmen können, weil sie die umfassende Erfüllung der Liebe ausschließlich von Gott, der in sich Liebe ist, erwarten, werden sie einander nicht durch idealisierte Ansprüche überfordern, sondern sind allein bemüht, „das Mögliche miteinander zu tun und auf das Unmögliche zu verzichten“. (Gerhard Marschütz, Damit Ehe gelingen kann, in: Bibel und Liturgie, Heft 2/1999, S. 80)

Nach rund 90 Seiten voller Anregungen, Tipps, Hinweisen und Vorschlägen: Nehmen Sie sich Zeit, in Ruhe nachzudenken über Ehe und Ehepastoral bei Ihnen vor Ort: Was ist Ihnen wichtig für die Arbeit mit Paaren, für Ihre Begegnung mit Paaren?

Ein Rabbi fragte einmal Rabbi Joschua Ben Karechah: „Warum wählte Gott einen Dornbusch, um mit Moses aus ihm zu reden?“ Der Rabbi antwortete: „Hätte er einen Johannesbrotbaum oder einen Maulbeerbaum gewählt, so würdest du ja die gleiche Frage gestellt haben. Doch es ist unmöglich, dich ohne Antwort fortgehen zu lassen. Daher sage ich dir, dass Gott den ärmlichen und kleinen Dornbusch gewählt hat, um dich zu belehren, dass es auf Erden keinen Platz gibt, an dem Gott nicht anwesend ist.“

Wer sich auf den Weg macht, Paare zu begleiten, darf auf Überraschungen gefasst sein: Es kann sein, dass er den heiligen Boden im Glück und in der Mühsal der Paargeschichten zu ahnen beginnt und im Glauben gestärkt heimkehrt.

3 Maß der Liebe Maß der Liebe Wie du mir nötig bist? Wie Trank und Speise Dem Hungernden, dem Frierenden das Kleid, Wie Schlaf dem Müden, Glanz der Meeresreise

2 ’Heiliger Boden’ Die Ehe von Christen ist ein Sakrament, heiliger Boden. Wer sich einlässt auf die Begegnung mit Paaren, wer teilhaben darf an ihren Lebens- und Liebesgeschichten, dem werden diese Geschichten manchmal vorkommen wie ein bunter, duftender Blumenstrauß. Manchmal werden sie ihm auch vorkommen wie ein trockener Dornbusch angesichts von Krisen, von Verstummen, von Dürre in den Paargeschichten. Wer hier nicht zurückweicht, wer nahebleibt, mitgeht, dem kann es geschehen, dass er auf einmal entdecken kann, dass der Dornbusch brennt. Und dass seine Frage – vielleicht auch die Frage des Paares – „Wo ist denn hier Gott?“ eine überraschende Antwort findet: „Jahwe – Ich bin da! – Imanuel – Gott geht mit!“

Dem Eingeschlossenen, der nach Freiheit schreit. So lieb ich dich. Wie dieser Erde Gaben Salz, Brot und Wein und Licht und Windeswehen, Die, ob wir sie auch bitter nötig haben, Sich doch nicht allezeit von selbst verstehen. Und tiefer noch, denn auch die ungewissen Und fernen Mächte, die man Gott genannt, Sie drangen mir zu Herzen mit den Küssen, Den Worten deines Mundes und die Blüte Irdischer Liebe nahm ich mir zum Pfand Für eine Welt des Geistes und der Güte. (Marie Luise Kaschnitz, Gedichte, Düsseldorf, 1947)

94

95


â——

Wenn Ihnen diese Arbeitshilfe gefallen hat, empfehlen Sie sie bitte weiter.


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.