zeichen setzen?! Piktogramme als Botschafter der nonverbalen Kommunikation.
zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation
zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation.
Diplomarbeit an der Hochschule fĂźr Angewandte Wissenschaften Fachhochschule Hof Fachbereich Informatik Studiengang Medieninformatik
vorgelegt bei
vorgelegt von
Prof. Karl-Friedrich Buhl
Peter WĂślfel
Alfons-Goppel-Platz 1
Horwagenerstr. 5
95028 Hof
95138 Bad Steben Hof, den 29.09.2009
3
4
zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation
inhaltsverzeichnis Kapitel eins Einleitung........................................................................9 1. Hinführung zum Thema..............................................................................9 2. Fragestellung. .............................................................................................10 3. Gliederung der Arbeit & verwendete Literatur........................12
Kapitel zwei Hauptteil........................................................................ 17 1. Definitionen................................................................................................17 1.1. Begriffsgebrauch im Alltag.................................................................................. 17 1.2. Der Terminus Piktogramm in der Gestaltung...................................................... 18 1.3. Zusammenfassung der verschiedenen Definitionen...........................................20
2. Differenzierung unterschiedlicher Arten von Bildzeichen. ........................................................................ 24 2.1. Zeichen – Icon – Symbol – Index........................................................................24 2.2. Piktogramme und ihnen verwandte Formen . ....................................................26 2.3. Die Sonderstellung der Icons..............................................................................28
3. Geschichtliche Entstehung der Piktogramme...................... 30 3.1. Historisches Fundament der modernen Bildzeichen...........................................30 3.2. Der neuzeitliche Urknall der Piktogramm............................................................ 31
5
zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation
inhaltsverzeichnis 4. Grundlagen der sprachlichen Interaktion. .......................... 34 4.1. Introduktion in die Kommunikation mit Zeichen.................................................34 4.2. Semiotik – Die Lehre der Zeichen........................................................................35
4.2.1. Der semantischer Faktor............................................................................38
4.2.2. Der syntaktischer Faktor............................................................................39
4.2.3. Der pragmatischer Faktor..........................................................................39
4.3. Funktionierende Kommunikation – Wahrnehmen und Verstehen....................... 41
5. Anforderungen an Piktogramme................................................. 44 5.1. Inhaltliche Forderungen........................................................................................44 5.2. Interkulturelle Verständlichkeit?...........................................................................45 5.3. Normen versus Gestaltung!................................................................................. 47
6. Grafische Bauanleitung für Piktogramme. ............................ 50 6.1. Die Konzeptionsphase..........................................................................................50 6.2. Die visuelle Umsetzung........................................................................................52 6.3. Die Implementierung...........................................................................................60
7. Bedeutende Gestalter – a tribute to.............................................62 7.1. Otto Neurath.......................................................................................................62
7.1.1. Demokratisierung des Wissens...................................................................62
7.1.2. Das Isotype-System....................................................................................63
7.2. Otl Aicher............................................................................................................70
6
7.2.1. Meilenstein der Piktogrammgestaltung - Olympia 1972............................70
7.2.2. Ursprung modernen Informationsdesigns.................................................72
zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation
inhaltsverzeichnis 8. Gegenwärtige Verwendung von Piktogrammen.....................76 8.1. Schilder und Verkehrszeichen.............................................................................. 76 8.2. Sind Piktogramme im Alltag und öffentlichen Raum
visuelle Umweltverschmutzung?..........................................................................78
9. Aktuelle Medienbeispiele........................................................................82 9.1. Alfa Romeo Mito..................................................................................................82 9.2. ZDF – Heute Nachrichten....................................................................................86 9.3. Beispiele aus der Welt der Werbung...................................................................90
Kapitel drei schluss...........................................................................103 Piktogramme – Botschafter der nonverbaleN Kommunikation oder Verfall zum sinnentleerten Schmuckelement
Kapitel vier Die Praxis.......................................................................109
Literaturverzeichnis................................................................................................... 140 Bilderverzeichnis....................................................................................................... 143
7
8
zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation
kapitel eins Einleitung 1. Hinführung zum Thema
der divergenten Kulturen, Gesellschaften und Kontinente hinweg notwendig
Egal auf welchem Kontinent, in welchem
geworden ist. Schon der renommierte
Land und in welcher Stadt. Sie begeg-
italienische Schriftsteller, Kolumnist, Phi-
nen uns überall auf der Welt. Sie kleben
losoph, Medienwissenschaftler und der
sowohl an Bahnhöfen und Flughäfen als
wohl bekannteste zeitgenössische Semi-
auch in Businesslounges und Regierungs-
otiker, Umberto Eco1 setzte sich mit den
gebäuden. Selbst in Schulen und Univer-
Zeichen der Zeit und unserer Kommu-
sitäten, an Rastplätzen und in Toiletten,
nikation auseinander und schrieb einst,
im Straßenverkehr und auf Verpackun-
in seinem wohl bekanntesten Werk Der
gen sind sie nicht mehr wegzudenken.
Name der Rose: „[…] Ich habe nie an der
Wir Menschen des 21. Jahrhunderts ha-
Wahrheit der Zeichen gezweifelt, […], sie
ben uns sogar so sehr an unsere unauf-
sind das einzige, was der Mensch hat, um
fälligen Lebens- und Wegbegleiter ge-
sich in der Welt zurechtzufinden […]“2 .
wöhnt, dass wir sie nahezu nicht mehr,
Wie also kann es sein, dass die meisten
und wenn, dann nur noch indirekt, wahr-
Menschen des 21. Jahrhunderts die un-
nehmen. In unserem multikulturellen, me-
terschiedlichen Bildzeichen zwar kennen,
dialen und internationalem Zeitalter ist
die wichtigsten von ihnen auch verstehen
der moderne Mensch daran gewöhnt, im
und einordnen können, sie aber dennoch
Alltag ständig von Piktogrammen um-
nicht in der Lage sind die Bedeutung des
geben zu sein. Piktogramme ermöglich-
Wortes oder schon allein nur den Termi-
en uns Orientierung und Hilfe, sie wei-
nus Piktogramm zu erklären, wo dessen
sen uns auf Gefahren hin und liefern uns
Ideologie doch relativ schnell aufgezeigt
Wissen. Sie dienen als Wegweiser und
und fassbar gemacht werden kann. Bil-
Gebrauchsanweisung, als Warnung und
der sind schlichtweg verständlicher als
Verbot oder aber als Hinweis. Man fin-
Geschriebenes. Dies war schon immer
det sie überall dort, wo eine schnelle,
so und wird auch immer so bleiben. Ver-
klare Kommunikation über die Grenzen
wendete man vor hunderten von Jahren
1. Anm.: Umberto Eco ist ein italienischer Schriftsteller, Kolumnist, Philosoph, Medienwissenschaftler und wohl einer der bekanntesten zeitgenössischen Semiotiker.
2. ECO, UMBERTO: Der Name der Rose. 24. Auflage. München 2000, S. 644.
9
Einleitung hinführung zum thema
noch primitivste Bildzeichen, so bedient
Ziel dieser Arbeit soll es demnach sein,
man sich heute hochmoderner und gra-
sich mit den eben genannten Leitfragen
fisch, im Informationsdesign dargestell-
auseinander zu setzen und Lösungen da-
ter, Piktogramme. Ein einziges Bild sagt
für zu finden, oder zumindest Lösungsan-
schließlich auch gegenwärtig noch mehr
sätze. Im Verlauf dieser Ausarbeitung soll
aus, als 1000 Worte.
geklärt werden, ob Piktogramme, ihrer ursprünglichen Definition nach, noch aktuell sind, oder aber ob sie zu einem Schmuckelement der gegenwärtigen Medienkultur
2. Fragestellung
und der aktuellen Werbung verkommen. Denn gesetzdessen Piktogramme dienen
3. HERWIG, OLIVER: Die Zeichen der Zeit. Ist es ein Leit- oder Leidsystem? Wie Piktogramme als Chiffren der Globalisierung die Welt erobern. In: Süddeutsche Zeitung vom 06.09.2006.
10
Aufgrund der heutigen, andauernd fort-
nurmehr als Schmuckelement, so ginge
schreitenden Internationalisierung und
ihr eigentlicher Sinn und ihre ursprüng-
Verständigung erlangen sowohl Pikto-
liche Substanz verloren, in Folge dessen
gramme selbst, als vor allem auch deren
sich dann die Frage nach der Sinnent-
Wirkung und Bedeutung immer mehr an
leerung des ursprünglichen Kommuni-
Einfluss. Was natürlich, in logischer Konse-
kationsgedankens stellen würde. Im Ver-
quenz, diverse Fragen nach sich zieht. Kön-
lauf dieser Abhandlung wird aufgezeigt,
nen Piktogramme demnach tatsächlich
dass die gegenwärtige Verwendung von
3
als „Verkehrszechen der Globalisierung“
Piktogrammen in der Tat von divergen-
angesehen werden? Stellen sie wirklich
ten Seiten aus betrachtet werden muss,
die Lösung für auftretende Probleme in
wenn ein umfassendes Urteil getroffen
Bezug auf unsere kulturübergreifende
werden soll. Denn leider zeichnet sich
Verständigung dar? Dürfen Piktogram-
in der heutigen Zeit der negative Trend
me heute uneingeschränkt als Botschafter
ab, dass man sich, vor allem im Bereich
nonverbaler Kommunikation verstanden
der Werbung, der Piktogramme zwar
werden? Sind sie Fluch oder Segen für
verstärkt bedient, diese aber nurmehr
unser modernes Kommunikationsdesign?
als zweckentfremdete Gestaltungsmittel
Einleitung Fragestellung
verwendet werden, was ergo dazu führt,
Lernprozess bedarf. Das Augenmerk wird
dass ihr eigentlicher Sinn immer mehr
demnach nicht ausschließlich auf den Ur-
verloren geht und sich teilweise sogar
sprung, die Verwendung und grafische
ihrer Gestaltung und der, durch sie zu ver-
Gestaltung gelegt, sondern es werden
mittelnden Kommunikation, ausgrenzend
auch Erklärungen und Hilfestellungen an-
gegenüber steht. Wenn Christian Mar-
geführt, welche uns heute den Umgang
quardt also schreibt: „Piktogramme sind
mit modernen Bildzeichen erleichtern
heute unentbehrliche Dienstboten der
und dazu beitragen, diese besser verste-
Kommunikationsgesellschaft“ , so muss
hen und nutzen zu können. Da das Feld
diese Bemerkung heute kritisch hinter-
der Piktogramme heute nahezu unüber-
fragt werden. Aus diesem Grunde werde
schaubar geworden ist, müssen auch in
ich nun in meiner Arbeit untersuchen, ob
dieser Arbeit Einschränkungen getroffen
diese Aussage in der aktuellen Verwen-
werden, wenn eine intensive Bearbeitung
dung von Piktogrammen überhaupt noch
der ausgewählten Themen und Motive
tragbar ist und welche Anforderungen
gewährleistet sein soll. Neben den eben
hierfür erfüllt werden müssen.
genannten Fragestellungen und Leitge-
Wie im Punkt eins dieser Einleitung be-
danken wird daher das Hauptaugenmerk
reits angesprochen, sind Piktogramme
dieser Arbeit der Frage nachgehen, ob
dermaßen omnipräsent, dass man teil-
Piktogramme in der Tat als Botschafter
weise bereits von einer Art Übersätti-
nonverbaler Kommunikation angesehen
gung sprechen kann.5 „Piktogramme
werden können und ob man ihnen somit
begegnen uns immer häufiger und un-
die Funktion einer Universalsprache zu-
gefragter“6, wie schon Matthias Götz
schreiben kann.
4
4. MARQUARDT, CHRISTIAN: Es quietscht, wenn Strichmännchen sich paaren. Botschaften, die sich selbst erklären: Das Kunstmuseum Stuttgart hat die Geschichte der Piktogramme in einer Ausstellung aufgeblättert. Dort wird auch das Privat- und Intimleben durch die schematischen Zeichnungen dargestellt. In: Süddeutsche Zeitung vom 07.02.2007.
5. Anm.: Dies trifft besonders für den öffentlichen Bereich zu, z.B. der Verkehrsschilderwald oder die Bilderflut im öffentlichen Raum.
6. GÖTZ, MATTHIAS: Gewerbemuseum Basel: Wo ist der Ausgang? Wenn Bilder Auskunft geben. Piktogramme. Basel 1990.
Anfang der neunziger Jahre feststellte. In Folgedessen werde ich in dieser Arbeit nachweisen, dass es oftmals für das Verständnis von Piktogrammen einer Erklärung oder eines vorangehenden
11
einleitung gliederung der arbeit und verwendete literatur
3. Gliederung der Arbeit &
hung als vielmehr auf die aktuelle Ver-
verwendete Literatur
wendung von Piktogrammen. In Bezug hierauf werden in Kapitel vier die Grund-
7. ABDULLAH, RAYAN/ HÜBNER, ROGER: Piktogramme und Icons – Pflicht oder Kür? Mainz 2005.
8. CHRISTIAN, ALEXANDER: Piktogramme – Kritischer Beitrag zur Begriffsbestimmung. Aachen 2009.
9. ECO, UMBERTO: Zeichen – Einführung in einen Begriff und seine Geschichte. Frankfurt am Main 1977.
10. BAUER, ANDREAS: Piktogramme: eine interkulturelle Bildsprache? Augusburg 2005.
11. HARTMANN, FRANK / BAUER, ERWIN K.: Bildsprache – Otto Neurath Visualisierungen. 2. Auflage. Wien 2007.
12
Die vorliegende Arbeit setzt sich sowohl
lagen der sprachlichen Interaktion durch
aus einem theoretischen als auch aus ei-
Zeichen, auf der Grundlage der Werke
nem praktischen Teil zusammen. An ge-
von Umberto Eco9 und Andreas Bauer10,
gebenen Stellen jedoch wird auch der
erörtert. Die Werke von Rayan Abdul-
theoretische Teil durch grafische Gestal-
lah / Roger Hübner und von Andreas
tungen unterstützt, um die getroffenen
Bauer bilden den wichtigsten Teil der
Aussagen, Ergebnisse oder aber auch
Sekundärliteratur für das anschließende
Thesen zu unterstreichen und zu verdeut-
fünfte Kapitel, welches sich vor allem mit
lichen. Der theoretische Teil an sich setzt
den Anforderungen auseinander setzt,
sich aus neun Einzelteilen zusammen, wo-
welche heute an Piktogramme gestellt
bei die Kapitel eins bis drei sich sowohl
werden müssen . Im sechsten Teil dieser
mit der Definition von Piktogrammen an
Ausarbeitung wird eine grafische Bauan-
sich, als auch mit deren Differenzierung
leitung für Piktogramme erarbeitet, wel-
und geschichtlicher Entstehung beschäf-
che sich sowohl mit der Konzeptionspha-
tigen. In Bezug auf die, für diese Teile
se und der visuellen Umsetzung als auch
verwendete Sekundärliteratur, sind vor
mit deren Implementierung beschäftigt.
allem die Abhandlung von Rayan Ab-
Kapitel sieben, für welches insbesondere
dullah und Roger Hübner Piktogramme
das relativ aktuelle Werk von Frank Hart-
und Icons – Pflicht oder Kür? und das,
mann und Erwin K. Bauer11 herangezo-
erst vor kurzem erschienene, Werk von
gen wurde, beschäftigt sich dann mit den
Alexander Christian Piktogramme – Kri-
bedeutendsten Gestalter von Piktogram-
tischer Beitrag zur Begriffsbestimmung
8
men. Es wird das Lebenswerk von Otto
von großer Bedeutung. Die Kapitel vier
Neurath und Otl Aicher näher betrach-
bis neun legen ihr Hauptaugenmerk dann
tet und erläutert. Im vorletzten Kapitel
weniger auf die Geschichte und Entste-
wird die gegenwärtige Verwendung von
7
einleitung gliederung der arbeit und verwendete literatur
Piktogrammen angesprochen. Hier wird
bedingt diverser Erklärungen und Infor-
der Schwerpunkt sowohl auf Schilder-
mationen welche diese Arbeit liefern soll.
und Verkehrszeichen als auch auf Pikto-
Und so beginne ich im Folgenden ganz
gramme im Alltag und im öffentlichen
am Anfang und versuche das weite Feld
Raum gelegt. In einem abschließenden
der Piktogramme Schritt für Schritt zu
Punkt soll erörtert werden, ob es sich
erarbeiten und für jedermann verständ-
bei den gegenwärtigen Bildzeichen tat-
lich zu machen. Denn nur wenn unsere
sächlich um visuelle Umweltverschmut-
Bildzeichen auch verstanden werden, er-
zung handelt, die den eigentlichen Sinn
füllen sie ihren ursprünglichen Sinn: „[…]
der nonverbalen Kommunikation längst
schnelle und eindeutige, sprach- und
verloren hat. Da die Aktualität in dieser
wortlose Kommunikation, um auf etwas
Arbeit eine äußerst wichtige Rolle spielt,
hinzuweisen oder etwas anzuzeigen.“12
werden im neunten und letzten Kapitel aktuelle Medienbeispiele aufgeführt, die
12. ABDULLAH, RAYAN / HÜBNER, ROGER: Piktogramme und Icons…, S. 24.
deutlich machen, auf welche Weise in der heutigen Zeit mit Piktogrammen gearbeitet wird. Als Beispiele dienen hierfür Alfa Romeo Mito und ZDF – Heute Nachrichten. Der zweite große Abschnitt des Hauptteils befasst sich dann nahezu ausschließlich mit der grafischen Ausgestaltung, basierend auf den Ergebnissen des theoretischen Teils. Denn wenngleich Bilder, Zeichen, Zeichnungen oder Piktogramme insgeheim doch mehr aussagen als 1000 Worte, so müssen diese Bilder auch verstanden werden können. Dies wiederum
13
E1
16
zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation
kapitel Zwei HaupTteil 1. Definitionen
reduziert um den Kern der Bedeutung wiederzugeben – denn hierbei bleiben
1.1. Begriffsgebrauch im Alltag
schlichtweg noch zu viele Fragen offen.
Wir sind täglich von unendlich vielen Bild-
Daher wird nun die Zusammensetzung
zeichen umgeben, welche Funktion und
des Begriffs Piktogramm genauer be-
welche Bedeutung diesen Zeichen eigent-
trachtet. Das Wort Piktogramm ist ein
lich zukommt, ist den meisten von uns
Kompositum aus dem lateinischen pic-
jedoch nicht immer bewusst. Um dem
tus, Partizip Perfekt von pingere (malen),
Wesen der Piktogramme näher zu kom-
und dem griechischen gramm aus dem
men, wird in diesem Abschnitt der Aus-
gleichbedeutenden gramma (Buchsta-
arbeitung näher auf die Definition des
be, Schrift, Geschriebenes, Darstellung,
Terminus Piktogramm und dessen Be-
Abbildung, Bild) zu graphein (einritzen,
griffsverwendung im Alltag eingegangen.
schreiben)15. Als wörtliche Übersetzung
Unglücklicherweise gibt es im aktuellen
könnte man geschriebenes Bild anführen,
Sprachgebrauch ebenso viele Definiti-
was der Kernaussage dieser Bildzeichen
onen wie Piktogramme im öffentlichen
relativ nahe kommt. Doch was bezwecken
Raum, ergo unendlich viele! Den Anfang,
diese alltäglichen Begleiter nun? Marion
der Begriffsdefinition hierzu bildet der
Zerbst und Werner Kafka schreiben hierzu
stets korrekte Duden. Dessen Formulier-
in ihrem Werk SEEMANNs Lexikon der
ung nach handelt es sich bei einem Pik-
Symbole16: „Piktogramme sind formel-
togramm um ein: „[…] formelhaftes gra-
hafte „sprechende“ Zeichen. Sie werden
fisches Symbol [mit international fest-
international verstanden, wenn sie in der
gelegter Bedeutung] z.B. Totenkopf für
Regel auch nicht international einge-
«Gift»“13, sowie einer: „stilisierten Dar-
setzt werden. Wo es nötig ist, werden
stellung von etwas, das eine bestimmte
Piktogramme – z.B. Verkehrszeichen – in
Information, [oder aber] Orientierungs-
langwierigen Prozessen international dis-
hilfe vermittelt“ . Diese Beschreibungen
kutiert und nach dem Finden eines all-
sind sicherlich formal korrekt, jedoch zu
gemeinen Konsensus als für alle gültig
14
13. Dudenredaktion (Hrsg.): Duden. Die deutsche Rechtschreibung, 23. völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage, Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich: Dudenverlag 2004
14. Dudenredaktion (Hrsg.): Duden. Das Fremdwörterbuch, 9. aktualisierte Auflage, Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich: Dudenverlag 2007
15. CHRISTIAN, ALEXANDER: Piktogramme – Kritischer Beitrag…, S. 21
16. ZERBST, MARION / KAFKA, WERNER: SEEMANNs Lexikon der Symbole, 2. Auflage, Leipzig 2006
17
Definitionen begriffsgebrauch im alltag
17. ZERBST, MARION / KAFKA, WERNER: SEEMANNs Lexikon der..., S. 332
verabschiedet.“17 Diese Formulierung
weniger als einen Ersatz für die vorherr-
zeigt einige wichtige Fakten auf. Es ist
schende Sprache und Schrift. Deshalb
von sprechenden Zeichen die Rede, was
werden Piktogramme oft in Kombination
darauf rückschließen lässt, dass jedem
mit Schrift verwendet, um ihre Eindeutig-
einzelnem Piktogramm eine entsprechen-
keit zu unterstützten. Aufgrund dessen,
de Kommunikationsabsicht zu Grunde
dass in der gestalterischen Umsetzung
liegt. Eine ausführliche Erörterung, wer
weiterhin nicht wenige Fragen offen blei-
hierbei mit wem, und in welcher Form
ben, wie zum Beispiel die Realisierung der
kommuniziert, wird später in Kapitel vier
stilisierten, bildlichen Darstellungen, be-
Grundlagen der sprachlichen Interaktion
schäftigt sich der folgende Abschnitt mit
durch Zeichen erarbeitet. An dieser Stelle
der Definition aus der Sicht der Grafiker
bleibt jedoch festzuhalten, dass Bildzei-
und Informationsdesigner.
chen versuchen unabhängig von Schrift und verbaler Sprache zu kohärieren. Da es sich dabei immer um vom Menschen
18
geschaffene künstliche Zeichen handelt,
1.2. Der Terminus Piktogramm
wird ein hoher Anspruch an die Gestalter
in der Gestaltung
und Entwickler dieser modernen Kom-
Die größte Herausforderung für Informa-
munikationsform gestellt. In der heutigen
tionsdesigner stellt, bei ihrer Arbeit mit
Medienbranche beschäftigen sich viele
Piktogrammen, zweifelsohne die Kombi-
Designer ausschließlich mit dem äußerst
nation der Korrektheit des Bildes mit der
anspruchsvollen Gebiet des Informati-
Abstraktheit eines Sprachcodes dar. Wie
ondesigns, um eine interkulturelle Infor-
vermögen es diese Bilder, einen ursprüng-
mationsvermittlung und Orientierung in
lich verbalisierten Ausdruck anhand eines
fremder Umgebung zu gewährleisten. Die
einzigen Zeichens darzustellen, ohne des-
meisten Gestalter sehen ihre grafischen
sen ursprüngliches Axiom zu verändern?
Ausarbeitungen dabei mehr als hilfreiche
Der angesehene Philosoph und Ökonom
Ergänzung zur regionalen Sprache und
Otto Neurath, der ein wesentlicher Vor-
Definitionen der terminus piktogramm in der gestaltung
reiter in Sachen Piktogrammentwicklung
gefälligen Auslegung von Piktogrammen
war, formulierte dazu passend: „[ein] Pik-
einerseits und der Umsetzung des reinen
togramm muss Zeichencharakter haben
Informationstransfers andererseits, ent-
und sollte keine Illustration sein.“ . Diese
wickelt. In der gegenwärtigen Medien-
Aussage verdeutlicht, dass bei der Schöp-
kultur ist ein Trend hin zu grafisch wert-
fung von sprechenden Bildzeichen meist
vollen Piktogrammen zu verzeichnen, wo-
der Informationsgehalt im Vordergrund
bei dadurch der eigentliche Kommunika-
steht und die gestalterische Realisierung
tionsgedanke langsam immer mehr in den
eher ein Mittel zum Zweck darstellt. Fol-
Hintergrund tritt. Trotzdem folgen auch
gendes Statement von Herbert W. Kapitz-
aktuelle Piktogrammdesigner der Fest-
ki, Professor für visuelle Kommunikation
stellung von Adrian Frutiger aus seinem
an der Universität der Künste Berlin und
Werk Der Mensch und seine Zeichen20:
Mitbegründer des Instituts für visuelle
„Piktogramme sind ein vorzügliches Bei-
Kommunikation und Design, untermau-
spiel für funktionierendes Design. Auf das
ert diese These mit seiner Aussage: „In
Wesentliche beschränkt, vermitteln diese
meiner Gestaltungsarbeit gehe ich davon
Zeichen unabhängig von Sprachbarrieren
aus, dass ein Piktogramm als nonverbales
meist einen eindeutigen Sachverhalt.“21
Verständigungsmittel die Visualisierung
Der ausschlaggebende Punkt für das Ver-
eines Objekts oder eines Sachverhalts zu
stehen der einzelnen Bildzeichen scheint
leisten hat und damit etwas anderes ist
also die Kunst der Vereinfachung und der
als die Illustrierung einer angenommenen
Reduktion auf das Wesentliche, durch
Situation oder eines Objekts, die eher der
grafisch stilisierte Grundformen, zu sein.
Gefallensästhetik unterworfen ist. Hier ist
Es muss demnach Wert auf eine ikonische
eine sinnvolle Abstraktion eines bildne-
Umsetzung des zu vermittelnden Inhalts
rischen Vorgangs vorzunehmen, expres-
gelegt werden, um dadurch die Zeichen
19
sive Figurationen sind zu vermeiden.“
und deren Aussage für den internationa-
Es ist also festzustellen, dass sich ein
len Betrachter verständlicher zu machen
Zwiespalt zwischen der optischen und
– je ikonischer die Realisierung desto ver-
18
18. ABDULLAH, RAYAN / HÜBNER, ROGER: Piktogramme und Icons…, S. 10
19. Vgl. http://www kapitzki.de/ de/content/40.html
20. FRUTIGER, ADRIAN: Der Mensch und seine Zeichen, 7. Auflage, Wiesbaden 2007
21. Ebd, S.156
19
Definitionen der terminus piktogramm in der gestaltung
ständlicher die Zeichen. Somit wird eine
durch einen eigenen Elementcharakter.
große Herausforderung an die Grundla-
Dieses Argument wird zusätzlich durch
gen des Kommunikationsdesigns gestellt,
Otto Neuraths Auffassung: „[Ein Pikto-
an denen sich gute Piktogrammgestalter
gramm ist ein] Element eines Systems
messen lassen müssen. Einen weiteren
von absoluter Geltung“23 unterstützt. Eine
Blickwinkel auf die Definition in der Ge-
ausführliche Ausarbeitung dieser Gestal-
staltung erhält man durch die Sichtweise
tungsdefiniton erfolgt im späteren Kapitel
von Matthias Görtz und dessen These:
sechs Grafische Bauanleitung für Pikto-
„Ein Piktogramm ist mindestens zwei.“
gramme.
22
22. GÖTZ, MATTHIAS/ (Hrsg.): Gewerbemuseum Basel: Wo ist der Ausgang? Wenn Bilder Auskunft geben: Piktogramme.
Seiner Feststellung nach, kann man heute nicht mehr von einem Piktogramm im Singular sprechen, sondern es muss vom modernen Piktogramm im Plural gesprochen
23. DULLAH, RAYAN/ HÜBNER, ROGER: Piktogramme und Icons…, S. 10
20
werden, da Bildzeichen in der Gegenwart
1.3. Zusammenfassung der
meist als ganze Piktogrammsysteme auf-
verschiedenen Definitionen
treten. Man versucht somit grammatik-
Im Rahmen einer schrittweisen Annähe-
analoge Sprachstrukturen auf die bild-
rung an den Begriff Piktogramm lassen
lichen Zeichen zu übertragen um eine
sich auf der Basis der vorangegangenen
Bildsystemematik zu erschaffen. Hierbei
Überlegungen fünf frappierende Forde-
spricht man heute von der sogenannten
rungen festhalten, die zwar grundsätz-
Piktogrammatik. Diese Systemzugehö-
lich an Piktogramme gestellt, aber wie es
rigkeit wird durch einheitliche visuelle
scheint, nicht immer gleichermaßen rea-
Darstellungen auf der Grundlage eines
lisiert werden. Als erstes wird in diesem
Rasters realisiert, bei deren klar definierte
Zusammenhang das Postulat der interna-
Proportionen, Winkel- und Längenmaße,
tionalen Verständlichkeit genannt. Durch
sowie ein einheitliches Format innerhalb
diese Begrifflichkeit soll die internationa-
der jeweiligen Piktogrammgruppe vor-
le, ergo die allgemeine Verständlichkeit
herrschen. Jedes Zeichen entwickelt da-
der Bildzeichen zum Ausdruck gebracht
Definitionen zusammenfassung der verschiedenen definitionen
werden, wobei in Bezug hierauf stets
handelt es sich bei Piktogrammen doch
betont wird, dass sich die Bedeutung
in erster Linie um stilisierte, absolut ver-
der einzelnen Piktogramme unmittelbar
einfachte, auf die wesentlichen Grund-
und intuitiv aus deren Form und Ge-
strukturen reduzierte, bildliche Darstel-
staltung erschließen lassen müssen.
24
lungen.27 Und eben diese Simplizität ist
Bei der intensiven Auseinandersetzung
es, welche die allgemeine, internationale
mit Piktogrammen, deren Geschichte
Verständlichkeit bedingt und ohne wel-
und vor allem auch deren Gestaltung,
che Kommunikation durch Piktogramme
kommt der Unabhängigkeit von Schrift
unmöglich wäre. Denn verbale Kommu-
und Sprache eine durchaus wichtige Rol-
nikation gestaltet sich über verschiedene
le zu, stehen die modernen Bildzeichen
Kulturen, Sprachen und Gesellschaften
doch nicht für eine apodiktische lautli-
hinweg wesentlich schwieriger, wie wir
che Repräsentation, sondern vielmehr für
aus unserer eigenen Erfahrung wissen
eine weitaus komplexere Aussage. Eine
dürften, als Kommunikation über simplifi-
weitere bedeutende Rolle spielt die so-
zierte und stilisierte Bildzeichen. Und ob-
genannte Ikonizität von Piktogrammen.
wohl es scheint, als würden Piktogramme
Diese erschöpft sich in der teilweise kon-
aufgrund ihrer Allgemeingültigkeit und
ventionalisierten Abbildungsrelation zu
Internationalität keiner spezifischen Ka-
dem jeweils dargestellten Objekt und
tegorie zugeordnet werden können, so
liegt gleichfalls hauptsächlich in der Ähn-
gehören sie doch einem ausgewählten
lichkeit der Form, oder aber in der Ana-
System an.28 Innerhalb dieser Kategori-
logie einer Funktion, beziehungsweise
en werden jedem einzelnen Piktogramm
in deren Konzeptfunktion, begründet.26
selbstverständlich bestimmte Funktio-
Stilisiertheit und die Systemzugehörigkeit
nen und Aufgaben zugewiesen. Jedes
sind die letzten beiden bedeutsamen
Bildzeichen besitzt demnach eine festge-
Merkmale von Piktogrammen, welche
legte Bedeutung und unterliegt ebenso
in diesem Zusammenhang in der vorlie-
einheitlichen Gestaltungsregeln.
25
24. CHRISTIAN, ALEXANDER: Piktogramme – Kritischer Beitrag..., S. 31 25. Ebd.
26. Ebd.
27. Ebd.
28. Ebd, S.156
genden Arbeit angesprochen werden. So
21
Definitionen zusammenfassung der verschiedenen definitionen
29. HARTMANN, FRANK / BAUER, ERWIN K.: Bildsprache – Otto Neurath..., S. 14
Die Attribute Internationale Verständlich-
egal auf welchem Kontinent, in welchem
keit, Unabhängigkeit von Schrift und Spra-
Land oder in welcher Stadt, unabhän-
che, Ikonizität, Stilisiertheit und System-
gig davon ob gebildet oder ungebildet
zugehörigkeit sollten, nein, mehr noch
„wer schnellen und bleibenden Eindruck
müssen jedem Bildzeichen zugewiesen
machen will, bedient sich der Bilder.“29
werden können, wenn die jeweiligen Piktogramme als nonverbale Kommunikationsbotschafter fungieren sollten. Nur auf diese Weise wird eine einfache, präzise und verständliche Kommunikation mit Hilfe von Bildzeichen gewährleistet, denn
22
Definitionen zusammenfassung der verschiedenen definitionen
23
differenzierunG Zeichen – Ikon – Symbol – Index
2. Differenzierung unter-
Symbol und den Index30. Nur welcher der
drei Zeichentypen ist der richtige, um die
schiedlicher Arten von
Bildzeichen
definierte Botschaft zu übermitteln? Um ein Verständnis für die richtige Wahl der
30. BAUER, ANDREAS: Piktogramme: eine interkulturelle Bildsprache?, Augsburg 2005, S. 102ff
31. ABDULLAH, RAYAN / HÜBNER, ROGER: Piktogramme und Icons…, S. 14
24
2.1. Zeichen – Ikon – Symbol – Index
einzelnen Kategorien zu erhalten, sollen
Im ersten Teil der Arbeit wurden die ver-
diese nun genauer betrachtet werden.
schiedenen Definitionen und formalen Be-
Den Anfang bildet der Grundzeichentyp
schreibungen von Piktogrammen genauer
Ikon. Das Ikon (griechisch: Bild, Abbild) ist
erörtert, der zweite Teil befasst sich nun
ein Zeichen, dass dem abgebildeten Ob-
mit den unterschiedlichen Arten von Bild-
jekt oder der zu beschreibenden Hand-
zeichen in unserem alltäglichen Umfeld,
lung ähnelt. Hierzu zählen Fotos, Grafiken
um dabei dem Phänomen der Piktogram-
und Illustrationen. Durch die strukturelle
me wieder einen Schritt näher zu kommen.
Ähnlichkeit stellt es eine direkte Relati-
Einleitend stellt sich hierzu die Frage: Wie
on zum beschreibenden Gegenstand her
ist ein bestimmtes Zeichen in der Lage,
und ist somit unmittelbar verständlich. Bei
ein spezielles Konzept in unserem Kopf
der Entwicklung dieser Zeichengattung
zu aktivieren? Dazu ist festzuhalten, dass
kommt es, bei der grafischen Umsetzung,
jede gewünschte Aussage in Form von
meist zu einem Kompromiss zwischen
Bildzeichen ein konstruiertes Motiv be-
dem Ikonizitätsgrad und dem Abstrakti-
nötigt, um visualisiert werden zu können.
onsgrad. Der Ikonizitätsgrad bezeichnet
Es kann sich dabei um äußerst abstrakte
hier die Übereinstimmung mit dem Be-
oder sehr konkrete Formen der Visualisie-
zeichneten, der Abstraktionsgrad dage-
rung handeln. Weiterhin kann das einzelne
gen den Grad der Abweichung.31 Wie im
Zeichen viele, oder nur wenige Merkmale
ersten Kapitel beschrieben, ist für den
des zu beschreibenden Objektes besitzen.
Betrachter ein Zeichen umso verständli-
Der Semiotiker Charles S. Peirce unter-
cher, je ikonischer dieses in seiner visuel-
scheidet je nach Objektbezug drei ver-
len Darstellung ist.
schiedene Bildkategorien: das Ikon, das
differenzierunG Zeichen – Ikon – Symbol – Index
Die zweite Kategorie bilden die soge-
lustration des abstrakten Begriffs Liebe,
nannten Symbole (griech.: Wahrzeichen,
wobei die Bedeutung solcher Symbole in
Sinnbild), diese sind Zeichen, welche ein
verschiedenen Kulturen divergente Aus-
Konzept oder eine Idee versinnbildlichen,
legungen haben kann.
aber nicht zwingend einen formalen Be-
Die dritte Kategorie der Zeichentypen
zug zum bezeichneten Gegenstand haben
ist das Index (lateinisch: Anzeiger). Das
müssen. Es besteht dabei, nicht wie beim
Indexzeichen beschreibt sich durch das
Ikon, eine unmittelbare Relation zwischen
Anzeigen des Bezeichneten und verweist
Darstellung und Bezeichnetem, sondern
auf sein zu bezeichnendes Objekt. Da-
Symbol und Objekt sind arbiträr mitei-
bei kann es sich um ein natürliches, oder
nander verbunden. Man sieht das Sym-
aber auch um ein künstliches Zeichen
bol deshalb auch als einen Stellvertreter.
handeln. Es kann objektähnlich sein, oder
Das optische Abbild kann also vom ver-
keine Ähnlichkeit aufweisen. Somit steht
mittelnden Inhalt abweichen, weswegen
es über dem Ikon und dem Symbol. Da
Sender und Empfänger die Bedeutung
es einen direkten räumlichen Bezug zum
eines Symbols vorher vereinbart, de facto
Gegenstand, beziehungsweise zum Sach-
erlernt haben müssen. Ein gutes Beispiel
verhalt hat.32 Die zu übertragende Infor-
hierfür ist die Friedenstaube, als interna-
mation kann sowohl über eine ikonische
tional gültiges Symbol für Frieden. Diese
Darstellung als auch über symbolisierte
Darstellung hat optisch keinerlei Bezug
Zeichen vermittelt werden. Zusammen-
zum Thema Frieden, sondern ihre Be-
fassend ist also die Relation zwischen Zei-
deutung muss erst erlernt werden. Die
chen und Objekt, sowie der Ikonizitäts-
Friedenstaube ist gleichzeitig auch ein
grad der Darstellung ausschlaggebend,
Beispiel für die Feststellung, dass Sym-
um die gewünschte Aussage der Zeichen
bole besonders gut geeignet sind um
so gut wie möglich zu transportieren. Bei
komplexe und abstrakte Sachverhalte, wie
der Beziehung zwischen Piktogramm und
Frieden, visuell darzustellen. Ein weite-
Gegenstand, spielen das Konzept und die
res Exempel ist das rote Herz für die Il-
dadurch aufgerufene Erfahrung die wohl
32. BAUER, ANDREAS: Piktogramme: eine …, S. 102
25
differenzierunG Zeichen – Ikon – Symbol – Index
33. HARTMANN, FRANK / BAUER, ERWIN K.: Bildersprache - Otto Neurath…, S. 37
größte Rolle. Dies stellte bereits der Öko-
2.2. Piktogramme und ihnen
nom Otto Neurath fest, was folgendes Zi-
verwandte Formen
tat von ihm eindeutig bestätigt: „Wer ver-
Piktogramme fallen nicht vom Himmel
ständlich kommunizieren will, wird dafür
und kommen auch nicht aus der Hölle.
möglichst konkrete Formen wählen.“
Piktogramme treten nicht einfach aus
33
dem Nichts hervor. Es gibt aber selbstverständlich diesen bildhaften Zeichen Die drei GrundZeichentypen:
nahe stehende, verwandte Formen. In Anbetracht dieser Tatsache muss zwin-
zeichen
gend eine Klassifizierung von Bildzeichen vorgenommen werden, denn erst durch eine Abgrenzung der Piktogramme von anderen existierenden Bildzeichen, wird deren Position und Bedeutung erkennbar. Da es jedoch den formalen Rahmen
INDEX
IKON
SYMBOL
meiner Diplomarbeit sprengen würde, die einzelnen Bildzeichenkategorien ausführlich zu erläutern und zu bearbeiten, sollen im Folgenden lediglich die bedeutsamsten von ihnen angesprochen und gezeigt werden. Hierfür bediene ich mich einer Auflistung von Rayan Abdullah, und Roger Hübner aus ihrem Buch Piktogramme und Icons - Pflicht oder Kür.34 Welche auf der folgenden Seite,
34. ABDULLAH, RAYAN/ HÜBNER, ROGER: Piktogramme und Icons…, S. 11
26
mit den entsprechenden, beispielhaften Darstellungen beschrieben und gezeigt werden.
differenzierunG Piktogramme und ihnen verwandte Formen
Ikonogramm (P1)
Typogramm (P6)
Ein ikonisches Zeichen, das als Abbilddar-
Typendarstellung. Ein Zeichen, auch ein
stellung die Übereinstimmungsmerkmale
zusammengesetztes Zeichen, aus einem
zwischen Zeichen und dem Bezeichnetem
Schriftrepertoire, zum Beispiel dem Al-
hervorhebt. Eine Abbildungsdarstellung.
phabet
Ideogramm (P2)
Diagramm (P5)
Begriffsdarstellung. Entspricht dem Zei-
Ein visuelles Zeichen, das zum Teil noch
chen als Symbol, das unabhängig von
ikonische Darstellung ist, mehr aber ein
formaler Übereinstimmung in einer Be-
Funktionskomplex, welcher Funktionsab-
ziehung zum Referenten steht.
läufe oder Sachverhalte veranschaulicht.
Logogramm (P3)
P1
P2
P3
P4
Schriftähnliche Begriffsdarstellung. Ein visuellsprachliches Zeichen für einen Referenten ohne Berücksichtigung der lautsprachlichen Dimension
P5
Kartogramm (P4) Eine topografische Darstellung mit Funktionskomplexen und ikonischen Sachverhalten, zum Beispiel eine Landkarte.
P6
Phonogramm (P7) Lautdarstellung. Ein Zeichen, das durch sprachliche oder andere Laute als Sig-
P7
nal Verwendung findet, zum Beispiel ein Pfeifton
27
differenzierunG die sonderstellung der icons
I1
35. ABDULLAH, RAYAN/ HÜBNER, ROGER: Piktogramme und Icons…, S. 206
28
2.3. Die Sonderstellung der Icons
de, im Vergleich zu analogen Zeichen dar-
Mit der Einführung von grafischen Be-
gestellt werden. Optisch treten moderne
nutzeroberflächen bei Computern und
Icons viel detailreicher und farbenfroher
anderen technischen Geräten, in den frü-
auf. Diese aufwändige Gestaltung wider-
hen Achtzigern, wurde das Spektrum der
spricht geradezu den Piktogrammen und
Bildzeichen um eine neue Kategorie, die
deren grafischer Reduzierung. Mit einem
Gattung der sogenannten Icons erwei-
solchen Auftritt bieten Icons einen hö-
tert. Diese bilden somit den modernsten
heren visuellen Unterhaltungsfaktor als
Vertreter der sprechenden Zeichen und
klassische Bildzeichen, welcher zusätz-
werden aufgrund ihrer ausschließlichen
lich durch die Möglichkeit der Animation
Darstellung auf Displays und Monitoren,
und Interaktion mit Icons verstärkt wird.
auch als Bildschirmzeichen tituliert. Die
Bildschirmzeichen besitzen die Fähigkeit,
Aufgabe von Icons ist die Navigation auf
durch Anklicken oder Aktivieren ihr Aus-
Webseiten, die grafisch geleitete Benut-
sehen zu verändern und sind somit in
zerführung in Programmen und Betriebs-
der Lage gewünschte Handlungsabläufe
systemen, sowie die digitale Bedienung
optisch besser übermitteln zu können.
von Maschinen und Geräten mittels Dis-
Wahrscheinlich werden deshalb Icons von
plays. Zu den bekanntesten Icons im Be-
Rayan Abdullah und Roger Hübner auch
reich von Benutzerführung zählen bei-
als „Kür der Bildzeichen“35 beschrieben.
spielsweise die Symbole für die Befehle
Allerdings ist eine solche aufwändige
Drucken und Speichern. Diese Anweisun-
Darstellung und Animation nur auf Bild-
gen werden meist durch einen Klick auf
schirmen und Displays bei Computern,
das entsprechende Zeichen ausgelöst.
Handys und vergleichbaren technischen
Doch sind neuzeitlichen Icons eigentlich
Geräten möglich und schränkt diese be-
noch wahre Vertreter der klassischen Bild-
sondere Fähigkeit physikalisch ein. Den-
zeichen, mit deren grundlegenden Anfor-
noch aber gibt es viele Gemeinsamkeiten
derungen? Um diesen Umstand zu klären
mit bestehenden Bildzeichen. So bieten
sollen im ersten Schritt einige Unterschie-
Icons, wie auch Piktogramme, eine Hil-
differenzierunG die sonderstellung der icons
festellung bei Orientierung und nonver-
spricht deutlich gegen das Verständnis
baler Kommunikation. Ebenso wird bei
der klassischen Bildzeichen, wollen die-
beiden Bildkategorien versucht komple-
se doch, durch optische Einfachheit und
xe Sachverhalte grafisch zu reduzieren,
Beständigkeit, eine gleichbleibende Ver-
um den Benutzer die Verständlichkeit
ständigung ermöglichen. Als Resultat der
der gewünschten Aussage, auf dem ein-
aufgezeigten Punkte gehören Icons zwar
fachsten Wege, zu vermitteln. Der inter-
noch zu den Bildzeichen, bilden aber eine
nationale Anwender soll sich durch Icons
moderne, interaktive Sonderform der
auch ohne Vorkenntnisse in Programmen,
sprechenden Zeichen.
I2
Betriebssystemen oder Webseiten zurechtfinden. Somit ist der Bestand der Hilfestellung und Benutzerführung erfüllt. Aufgrund der genannten Vorteile und der vorherrschenden optischen Präsenz von Icons hat sich aktuell eine unüberschaubare Menge der digitalen Bildzeichen sowohl im World Wide Web als auch in unterschiedlichen Benutzeroberflächen entwickelt. Diese Genese muss aber sehr kritisch betrachtet werden, da jeder Softwareentwickler und jeder Webseitengestalter für jedes neue Programm, beziehungsweise für jede neue Website, die Icons meist neugestaltet, um den gegenwärtigen Trends zu folgen. Somit ist der Anwender von Fall zu Fall gezwungen, die Icons und die daraus folgende Navigation neu zu lernen36. Dieser Fakt
36. CHRISTIAN, ALEXANDER: Piktogramme – Kritischer Beitrag…, S. 36
29
geschichtliche entstehtung historisches fundament der modernen bildzeichen
3. Geschichtliche Ent-
Trotz des vorherrschenden Kommunika-
tionsgedankens können die Höhlenmale-
stehung der Piktogramme
reien aber nicht direkt den Piktogrammen
G1
Höhlenmalerei um 30000 v. Chr.
G2
Ägyptische Hieroglyphen aus der Antike in Luxor.
37. BAUER, ANDREAS: Piktogramme: eine…, S. 7
38. Ebd., S. 8
3.1. Historisches Fundament der
zugeordnet werden, da viele Anforderun-
modernen Bildzeichen
gen und Grundvoraussetzungen, welche
Von den hochmodernen, ausgefeilten
für die Piktogrammbezeichnung, unserem
Kommunikationshelfern den Icons, gehen
heutigen Verständnis nach unabdingbar
wir nun wieder einige Entwicklungsstu-
sind, noch nicht erfüllt waren. So fehlte es
fen zurück, um die geschichtliche Entste-
den Zeichen an jeglicher Systemfähigkeit
hung der gegenwärtigen Piktogramme
und Kulturneutralität, da ihre Verwendung
näher betrachten zu können. Piktogramme
war auf einen sehr begrenzten regionalen
sind, der genauen Definition nach, eine
Radius eingeschränkt war. Aus chronolo-
Erfindung der Neuzeit, ihre Ursprünge
gischer Sicht folgten den ersten primitiven
und Grundlagen aber liegen weit in der
Bildzeichen die Hieroglyphen der Ägyp-
Geschichte zurück, da historische Bild-
ter, aus der Zeit der Antike. Die gemalten
zeichen als Vorläufer unserer aktuellen
Zeichen der Ägypter wurden aufwändi-
Schriftkultur gelten. Die ersten nennens-
ger, stärker standardisiert, trugen mehr
werten Anzeichen für Piktogramme kön-
Informationen und hatten größere narra-
nen auf 30000 v. Chr. datiert werden, es
tive Kraft.38 So enthält die Grabkunst der
handelt sich hierbei um westeuropäische
Antike bereits komplexe Darstellungen
Höhlenmalerei.
Diese Aufzeichnungs-
sozialer, politischer und wirtschaftlicher
mittel wurde genutzt um bildhafte Dar-
Tätigkeiten in grafischen Bildsequenzen
stellungen von Jagdszenen und Ritua-
und Szenen, welche selbst den heutigen
len festzuhalten. Weiterhin wurden die
Betrachtern meist leicht verständlich sind.
symbolischen, aber eher realitätsnahen
Im Allgemeinen wurden Hieroglyphen für
Formen, zur Kommunikation mit Göttern
die Nachrichtenübermittlung eingesetzt,
oder Menschen sowohl aus der Vergan-
was einer systematischen und chronologi-
genheit als auch aus Zukunft, verwendet.
schen Verwendung der einzelnen Zeichen
30
37
geschichtliche entstehtung historisches fundament der modernen bildzeichen
bedarf. Somit waren einige Grundanfor-
che den heutigen Piktogrammen relativ
derungen an Piktogramme bereits damals
nahe kommen. Es handelt sich hierbei um
erfüllt. Nach den Hieroglyphen folgten
Vignetten, welche ihren Durchbruch mit
lange Zeit keine nennenswerten Vertre-
der Einführung des Buchdrucks erfuhren.
ter der Bildzeichen. Erst im Mittelalter
Es gab religiöse Vignetten, Festtagsvi-
wurde durch die sogenannten Wappen
gnetten, Jahresvignetten, Zeitungsvig-
eine neue Kategorie der Bildzeichen ein-
nette und viele andere mehr. Vignetten
geführt. Ursprünglich wurden Wappen
im Allgemeinen beschreiben illustrative
eingesetzt um bei Ritterkämpfen die Kon-
Randverzierungen im Druckwesen, wel-
trahenten zu unterscheiden und ihre Sip-
che begleitend als bildliche Unterstüt-
penzugehörigkeit festzustellen. Diese
zung zum Kapitel eingefügt wurden. Sie
Zeichen wurden über die Jahre hinweg
hatten damals also schon einige Gemein-
weitervererbt und entwickelten sich zu
samkeiten mit heutigen Piktogrammen,
den Familienwappen des Adels. Durch
allerdings unterscheiden sich diese Zei-
Handelsgeschäfte entwickelten sich par-
chen noch deutlich im formalen Anspruch
allel aber auch bürgerliche Familienwap-
und der Systemfähigkeit, weswegen sie
pen, um Besitzansprüche und Ländereien
eher als Ikonen denn als Symbole einge-
zu markieren . Im Bezug auf Piktogram-
stuft werden.
39
G3
Stadtwappen der Stadt Gera aus dem 14. Jahrhundert.
G4
me nehmen mittelalterliche Wappen aber Vignetten für illustrative Darstellungen im Buchdruck.
nur eine geringfügige Rolle ein, da hierbei kein Anspruch auf Kulturneutralität und Zeichenhaftigkeit zu erkennen war.
3.2. Der neuzeitliche Urknall
Ursprünglich wurden diese detailreichen
der Piktogramme
und schmuckhaften Zeichen nur für re-
Der große Durchbruch der Piktogramme
präsentative Zwecke eingesetzt. Eine Ent-
erfolgte schließlich um 1900, ausgelöst
wicklung zu richtigen Piktogrammen ist
durch das Voranschreiten der Globali-
erst mit der Neuzeit zu verzeichnen,
sierung, die immer modernere Technik
denn dort finden sich Bildzeichen, wel-
und letztendlich durch den Aufbau des
39. ABDULLAH, RAYAN / HÜBNER, ROGER: Piktogramme und Icons…, S. 19
31
geschichtliche entstehtung der neuzeitliche urknall der Piktogramme
G5
Die ersten vier gültigen Verkehrszeichen und ihre heutigen Entsprechungen.
internationalen Verkehrswesens. Die Men-
dessen Entwicklung seit diesem Zeitpunkt
schen rückten weltweit immer näher zu-
unaufhaltsam voranschreitet. 1968 wurde
sammen und es entstanden neue zent-
in Deutschland beispielsweise eine eige-
rale Schnittpunkte verschiedener Spra-
ne Projektgruppe mit dem Namen Pikto-
chen und Kulturen. Der Ursprung der uns
gramme im Auftrag des ADV 41 ins Leben
bekannten Piktogramme ist demnach
gerufen, um Empfehlungen und Anleitun-
Konsequenz der internationalen Verstän-
gen für die Verwendung von Bildzeichen
digungsschwierigkeiten, welche sich im
und Infoleitsystemen zu geben. Erst Jahr-
Zuge der zunehmenden Globalisierung
zehnte später wurden diese Regularien
und Internationalisierung herauskristalli-
auch auf kommunale Verkehrsmittel wie
sierten. Infolge dessen wurden natürlich
zum Beispiel auf Bus und Bahn übertra-
neue und spezielle Anforderungen an
gen, weshalb das Transportwesen als ei-
das Kommunikationsdesign gestellt. Die
ner der Hauptgründe für die Entstehung
Lösung sah man in standardisierten, welt-
von Piktogrammen angesehen werden
weit leicht verständlichen Bildzeichen. So
kann. Vor allem an internationalen Treff-
gab es 1909 bereits die ersten internati-
punkten wie Bahnhöfen, Flughäfen und
onal genormten Bildzeichen in Form von
Massenveranstaltungen wurden Pikto-
Verkehrszeichen . Diese setzen sich aus
gramme zur Orientierung und Informa-
vier divergenten Bildsymbolen zusammen
tion eingesetzt. Im Zuge dessen ent-
und besitzen bis heute ihre Gültigkeit,
standen im Jahre 1936 die ersten Pikto-
selbst ihre grafische Umsetzung hat sich
gramme für die Olympischen Sommer-
bis heute kaum verändert. Ab 1927 kamen
spiele in Berlin, welche durch grafisch
durch einen Beschluss des Völkerbundes
reduzierte Bildzeichen und Formen die
für Transportwesen weitere, internatio-
einzelnen Sportarten repräsentierten.
nal gültige, Verkehrszeichen hinzu. Somit
Als Impulsgeber für unser heutiges Pik-
wurde der Grundstein für die ersten welt-
togrammverständnis können allerdings
weit funktionierenden Informations- und
erst die Piktogramme der Olympischen
Leitsysteme durch Piktogramme gelegt,
Sommerspielen 1964 in Tokio betrachtet
40
40. ABDULLAH, RAYAN / HÜBNER, ROGER: Piktogramme und Icons…, S. 21
41. Anm.: ADV steht für Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen
32
geschichtliche entstehtung der neuzeitliche urknall der Piktogramme
werden42, da diese Bildzeichen durch kon-
zuhalten, dass der Entwicklungsprozess
sequent, abstrahierte und systematisierte
sprechender Zeichen stetig voranschrei-
Darstellungen alle formalen Anforderun-
tet und Piktogramme auch den Weg in
gen an moderne Piktogrammgestaltung
die Kommunikationsformen internationa-
erfüllen. Die Piktogrammentwicklung im
ler Unternehmen gefunden haben, wer-
Zusammenhang mit den Olympischen
den doch gerade hier die Zeichen gerne
Spielen wurde 1972 durch Otl Aicher
für eine schnelle, günstige und interna-
und seine neuen, innovativen Piktogram-
tionale Verständigung eingesetzt. Auch
mentwürfe so entschieden vorangetrie-
bei Betriebsanleitungen, Werbeanzeigen,
ben. Die Gestaltungsleistung, Formspra-
Produkt- und Gefahrenhinweisen, sowie
che und Konsequenz der entwickelten
allgemeinen Beschreibungen sind die
Bildzeichen Otl Aichers gelten bis heute
kleinen Helfer häufig anzutreffen, was
als Musterbeispiel für Piktogrammdesign
die Kommerzialisierung der Piktogramme
und bilden somit einen Meilenstein in der
stetig vorantreibt. Dies bringt allerdings
Entwicklungsgeschichte des Kommunika-
nicht nur positive Effekte mit sich. Denn
tionsdesigns. Auf diese herausragende
oftmals werden diese Bildzeichen nur als
gestalterische Leistung soll im späteren
grafische Aufwertung verwendet, ohne
Kapitel sieben Bedeutende Gestalter
dem ursprünglichen Kommunikationsge-
von Piktogrammen – a tribute to… nä-
danken gerecht zu werden. Auch in Bezug
her eingegangen werden. Ebenso wird in
auf das Transportwesen ist ein durchaus
diesem Abschnitt eine weitere Entwick-
negativer Trend zu beobachten, tauchen
lungsphase auf dem Weg zum modernen
doch vor allem in diesem Bereich immer
Piktogramm am Beispiel des Isotype-
mehr neue Schilder und Bildzeichen auf,
Systems von Otto Neurath ausführlich
was unweigerlich zur Folge hat, dass man
untersucht. Im Zusammenhang hiermit
als Betrachte sowohl den Überblick als
wird auch auf dessen Grundeinstellung
auch die Orientierung im sogenannten
Demokratisierung des Wissens genauer eingegangen. Abschließend bleibt fest-
Schilderwald leicht verlieren kann.
42. ABDULLAH, RAYAN / HÜBNER, ROGER: Piktogramme und Icons…, S. 21
G6
Isotype-Piktogramme von Otto Neurath.
G7 1936
1964
1972 Entwicklungsstufen der Olypmpischen Piktogramme.
33
Sprachliche interaktion Introduktion in die Kommunikation mit Zeichen
4. Grundlagen der sprach-
früherem Wissen, sowie die bestehende
Erfahrung, ist für die Interpretation der
lichen Interaktion
durch Zeichen
angebotenen Informationen besonders wichtig. Da sich die Ausarbeitung haupt-
43. Vgl.: AUER, PETER: Sprachliche Interaktion. Eine Einführung anhand von 22 Klassikern, Tübingen 1999. (Konzepte der Sprach- und Literaturwissenschaft; 60). S. 39 – 51.
44. BAUER, ANDREAS: Piktogramme: eine…, S. 89.
34
4.1. Introduktion in die
sächlich dem Bereich der nonverbalen
Kommunikation mit Zeichen
Kommunikation widmet, wird vor allem
Man kann nicht nicht kommunizieren,
die Verwendung von Zeichen, Symbolen
selbst wenn man es wollte43. In nahezu
und Informationsgrafiken näher betrach-
jeder Situation erkennen Menschen, wenn
tet. Weiterhin soll erarbeitet werden, ob
auch unbewusst, gewisse Muster aus In-
eine Verständigung, ausschließlich durch
formationen welche, teilweise sogar noch
Zeichen, alle Anforderungen erfolgreicher
just im Moment der Informationsaufnah-
Kommunikation erfüllt. Denn wenn Pik-
me, gefiltert und organisiert werden, um
togramme als visuelle Kommunikations-
die entsprechende Bedeutung zu gene-
botschafter betrachtet werden sollen,
rieren. Infolge dessen werden gewisse
so muss eine Bezugsgröße gefunden
Konvolute dieser organisierten Muster
werden, die es ermöglicht eine Brücke
gebildet, welche dann im Kollektiv die
zu schlagen zwischen eben diesen Zei-
unterschiedlichen Sprachen modellieren,
chen, dem Kommunizieren an sich, dem
derer sich Menschen bedienen, wenn sie
Wahrnehmen und dem Verstehen. Sind
kommunizieren. Kommunikation bezeich-
es doch diese Aspekte, welche mittels ei-
net somit ein System für das Senden und
nes Piktogramms, bei einer erfolgreichen
Empfangen von Nachrichten, welches auf
visuellen Kommunikation gemeinsam in
Zeichen und Mustern beruht. Die Bedeu-
einer sprachlichen Form ausgeführt wer-
tung und Interpretation der Zeichen ent-
den.44 Um diesem Begriffsapparat und
steht dabei ausschließlich und individuell
den damit verbundenen Kategorien nä-
im Kopf, sowohl in demjenigen des Sen-
her zu kommen, soll im nächsten Schritt
ders als auch in dem des Empfängers.
die Beziehung zwischen Zeichen und Be-
Der Kontext und die Verknüpfung mit
deutung erörtert werden. Dieses weite
Sprachliche interaktion Semiotik – Die Lehre der Zeichen
Forschungsfeld wird in der Wissenschaft
sich Lebewesen bedienen, bildet den
als Semiotik beschrieben und demnach,
Forschungsschwerpunkt der Semiotik.48
gemäß der Interpretation von Charles
Versucht man nun das Phänomen der
Morris, als Wissenschaft der Zeichen ver-
Piktogramme mit der wissenschaftlichen
standen. Bereits Charles S. Peirce (1839
Lehre der Semiotik zu verbinden, so
– 1914) beschäftigte sich, zu Beginn des
müssen die Piktogramme in diesem Zu-
letzten Jahrhunderts, mit dem Verlauf
sammenhang als bildliche Zeichen ver-
der Interpretation von Zeichen. Diesen
standen werden, derer sich Menschen
Interpretationsprozess bezeichnete er
bewusst bedienen, wenn sie die Absicht
als Semiosis.
Peirce bricht im Konzept
verfolgen nonverbale Kommunikation
der Semiosis mit der ursprünglichen
zu praktizieren. Piktogramme als bild-
Grundvoraussetzung der Kommunikati-
liche, nonverbale Kommunikationsbot-
on als einer Art Übertragung, in Folge
schafter, stehen somit im Gegensatz zu
dessen der Terminus des Zeichens, wel-
den akustischen Signalen der zwischen-
ches nicht mehr nur im Bezug auf das
menschlichen Verständigung. Bestimmte
Bezeichnete steht, sondern vielmehr nun
Zeichenträgermaterialien, wie beispiels-
auch durch die entsprechende Interpre-
weise bestimmtes Papier oder aber spe-
tation dieses Nexus definiert wird.
zielle Farben auf Blechschildern, machen
45
46
47
45. Vgl. u.a. MORRIS, CHARLES: Grundlagen der Zeichentheorie. Ästhetik der Zeichentheorie. München 1972.
46. BAUER, ANDREAS: Piktogramme: eine…, S. 89.
47. Ebd.
48. Ebd.
Piktogramme zu sogenannten haltbaren visuellen Zeichen, was ausdrückt, dass diese bildlichen Zeichen selbst nach ih4.2. Semiotik –
rer Produktion beliebig oft rezipierbar
Die Lehre der Zeichen
sind, was zum Beispiel bei Gesten nicht
Alles, was Menschen wahrnehmen, sich
der Fall ist.49 Im alltäglichen Leben fin-
vorstellen oder aber artikulieren wollen
den wir Semiotik überall dort, wo Zei-
kann durch Zeichen deskribiert werden.
chen ausgetauscht werden. Aus eben
Diese Zeichendeskribtion, ergo die Ge-
diesem Grund haben die allgemeinen
samtheit aller Zeichensysteme welcher
Sprachwissenschaften den Begriffsap-
49. Ebd.
35
Sprachliche interaktion Semiotik – Die Lehre der Zeichen
50. BAUER, ANDREAS: Piktogramme: eine…, S. 89.
51. Vgl. hierzu Kapitel 7
52. BAUER, ANDREAS: Piktogramme: eine…, S. 90.
53. Ebd.
54. Diese Grafik des semiotischen Modells erfolgt in Anlehnung an das Werk des amerikanischen Philosophen Charles S. Pierce, welcher in der Wissenschaft als Pionier der Zeichentheorie angesehen wird.
36
parat der Semiotik mitentwickelt, denn
beispielsweise lexikalische Netzwerke,
eine Sprache im semiotischen Sinn ist,
auf Piktogramme angewandt werden
wie Andreas Bauer treffend formuliert,
können.52
„[…] jede intersubjektive Menge von Zei-
Im semiotischen Sinne wird ein Zeichen
chenträgern, deren Gebrauch durch syn-
als Resultat der wechselseitigen Bezie-
taktische, semantische und pragmatische
hungen zwischen dem Repräsentamen
Regeln festgelegt ist.“50 Otto Neurath
(dieses wird in der Wissenschaft oftmals
zeigt auf51, dass es für die Piktogramme
auch als Konzept bezeichnet), dem reprä-
bei Isotype Regeln gibt, die reglementie-
sentierten Objekt und dem Interpretant
ren auf welche Weise und unter welchen
(dieser wird manchmal auch schlicht als
Bedingungen spezielle Bilder sowohl zu
Zeichen bezeichnet), ergo dem Ergeb-
kodieren als auch zu dekodieren sind.
nis des Interpretations- und Verstehen-
Intention hierbei ist es, dass einem be-
sprozess des Rezipienten, angesehen.
stimmten Bildzeichen im Kontext seiner
Repräsentamen, Objekt und Interpretant
Verwendung und seines Einsatzes eine
werden aufgrund eben dieser Wechsel-
eindeutige und verständliche Bedeutung
beziehungen in der Forschung meist als
zugeordnet werden kann. In diesem Zu-
sogenanntes Semiotisches Dreieck dar-
sammenhang können Photographien
gestellt.53 Anhand dieses Semiotischen
oder aber auch künstlerische Gemälde
Modells ist es uns möglich, in absolut
als Gegenpol betrachtet werden, da die-
koordinierter Weise darüber zu kommu-
se in der Regel einer solchen allgemeinen
nizieren, wie unsere Gedanken über Ter-
und expliziten Signifikanz und somit der
mini der äußeren, uns umgebenden Welt,
Kodierung und Dekodierung entbehren.
artikuliert werden können. Die folgende
Dieses Faktum hebt Piktogramme dem-
Grafik54 soll diese gegenseitigen Wech-
nach von allen anderen Bildern ab und
selbeziehung zwischen Repräsentamen,
rückt sie auf diese Weise in die Nähe
Objekt und Interpretant darstellen und
von Sprache, was dazu führt, dass die
die damit verbundenen verbalisierten
Ergebnisse der Sprachwissenschaft, wie
Gedanken kenntlich machen.
Sprachliche interaktion Semiotik – Die Lehre der Zeichen
n
eh rn w ah
o
erfahrung
ti
dreieck
n ve
konzept
semiotisches
n
m
ko
un
g
zeichen
objekt
Der Interpretant steht hierbei für etwas,
zelnen Person verbunden, wohingegen
das wahrgenommen wird, in diesem Zu-
das Repräsentamen und das Objekt durch
sammenhang aber exakt für etwas anderes
die Erfahrung der Person verbunden sind.
steht. Die Repräsentamen verdeutlichen,
Der Interpretant und das Objekt wieder-
dass die einzelnen Gedanken oder Vor-
um sind verbunden durch die Konvention
stellungen im Kopf der Menschen durch
oder Kultur derjenigen sozialen Gruppe,
die Wahrnehmung des Zeichens hervorge-
in welcher die Person selbst lebt.56 Für die
rufen werden. Das Objekt hingegen steht
jeweilige Untersuchung, wie eine speziel-
für das Andere in der Welt, auf welches
le Bedeutung in all der Fülle der Zeichen,
sich das Zeichen selbst bezieht.55 Für das
denen wir Menschen im täglichen Leben
Verständnis des semiotischen Dreiecks
ausgesetzt sind, entstehen kann, sind die
sind einige Aspekte unabdingbar. So sind
einzelnen wechselseitigen Verbindungen
der Interpretant und die Repräsentamen
zwischen Interpretant, Repräsentamen
stets durch die Wahrnehmung der ein-
und Objekt unabdingbar. Im Folgenden
55. BAUER, ANDREAS: Piktogramme: eine…, S. 90 ff.
56. Ebd.
37
Sprachliche interaktion Semiotik – Die Lehre der Zeichen
sollen nun die Perspektiven, die durch
gebungsfaktor das Zeichen und dessen
die Verwendung von Zeichen im Kommu-
Bedeutung völlig falsch interpretiert wer-
nikationsprozess entstehen können, nä-
den. Die Signifikanz eines Zeichens wird
her untersucht werden. Hierbei wird nun
teilweise auch durch andere Umstände,
insbesondere auf den semantischen, den
wie zum Beispiel das vorliegende Wis-
syntaktischen und den pragmatischen
sen des Empfängers, die vorherrschende
Faktor näher eingegangen.
Kultur, oder aber durch soziale Umstände beeinflusst. Somit steht fest: „solange der Kontext nicht klar ist, ist die Deutung nicht
57. ABDULLAH, RAYAN / HÜBNER, ROGER: Piktogramme und Icons…, S. 14
38
4.2.1. Der semantische Faktor
klar.“57 Auf dieser Grundlage stellen sich
Der semantische Faktor steht im Gebiet
nun mehrere Fragen an das Piktogramm:
der Semiotik für den Zusammenhang der
Ist das Zeichen international verständlich?
visuellen Darstellung der Zeichen und ih-
Ist das Bild leicht zu erlernen? Wird es
rer entsprechenden Bedeutung. Die Se-
vom Empfänger schnell akzeptiert? Wie
mantik befasst sich also mit dem Kode des
gut repräsentiert das Zeichen seine Bot-
Objektbezugs und schildert ausschließlich
schaft? Diese Fragen sollten vor der Im-
die Bezeichnungsfunktion, welche sich
plementierung eines Piktogramms immer
aus der Relation zwischen Repräsentamen
überprüft werden, um eine erfolgreiche
und Objekt ergibt. Aus semantischer Sicht
Kommunikation zu gewährleisten. Ein
ist der wichtigste Punkt für eine erfolg-
weiterer Faktor aus dem Feld der Se-
reiche Kommunikation durch Piktogram-
mantik ist eine notwendige Übereinstim-
me, dass nicht alleine das abgebildete
mung des Zeichenrepertoires zwischen
Zeichen dafür verantwortlich ist, ob die
Sender und Empfänger. Je mehr Zeichen
gewünschte Botschaft des Senders vom
beide Parteien gemeinsam haben, desto
Empfänger richtig verstanden wird, son-
höher ist die Verständlichkeit der Kom-
dern vor allem der Kontext, in welchem
munikation. Teilen beide Seiten nicht
das Zeichen wahrgenommen wird. So
genug Zeichen so ist ein Nachrichtenaus-
kann im schlechtesten Fall durch den Um-
tausch nicht möglich, bzw. beeinträchtigt.
Sprachliche interaktion Semiotik – Die Lehre der Zeichen
4.2.2. Der syntaktischer Faktor
allerdings sehr zum Leidwesen der Gra-
Der syntaktische Faktor steht für die direk-
fiker und Gestalter bei, da jeder Desig-
te Beziehung des Piktogramms zu seinen
ner seinem Werk gerne eine persönliche
formalen Mitteln. Diese visuellen Reali-
beziehungsweise individuelle Note mit-
sierungen können dabei sehr vielschich-
geben möchte, aber eben aufgrund des
tig auftreten. Das Spektrum der Umset-
vorrangigen Gedankens der Nachrich-
zung reicht von der eigentlichen Form,
tenübermittlung hier, meist ungewollte
über die Helligkeit, bis hin zu Farbe und
Kompromisse, eingehen muss. So besteht
Material des Zeichens. Um die richtigen
immer ein gewisser Disput zwischen der
Mittel für eine unmittelbare Kommunika-
individuellen Gestaltung und des reinen
tion richtig festzulegen, sollte nach einer
Informationstransport. Eine kleine Hilfe-
idealtypischen und eindeutigen Form für
stellung für die richtige Wahl der Mittel
die Nachricht gesucht werden, um dem
erfolgt im späteren Kapitel sechs Grafi-
Empfänger die Entschlüsselung der Bot-
sche Bauanleitung für Piktogramme, bei
schaft zu erleichtern, da jedes Detail in
der detailierter auf die unterschiedlichen
der grafischen Darstellung, die Interpre-
Formen, Farben und grafischen Umset-
tationsdauer des Zeichens verlängert.
zung eingegangen wird.
58
58. Vgl. ABDULLAH, RAYAN / HÜBNER, ROGER: Piktogramme und Icons…, S. 16
Im Idealfall besitzt jedes Zeichen zudem eine Systemfähigkeit, welche durch Form, Farbe, Charakter und visuelle Geschlos-
4.2.3. Der pragmatische Faktor
senheit zu erkennen ist. Somit korreliert
Der pragmatische Faktor befasst sich
jedes einzelne Zeichen mit den Anderen
mit der Beziehung der Zeichen zu sei-
des Systems, was gestalterisch durch den
nem Empfänger, um es genauer zu for-
Einsatz eines Rasters und genau beschrie-
mulieren: „mit der konnotativen Bedeu-
bener Gestaltungsvorgaben festgelegt
tungsfunktion, die ein Rezipient nach der
wird. Es muss also auch bei der Wahl der
Wahrnehmung des Repräsentamen und
formalen Mittel die eindeutige Kommuni-
dem Erkennen des Objektbezuges dem
kation im Vordergrund stehen. Dies trägt
Perzipierten zuordnet.“59 Im Bereich der
59. BAUER, ANDREAS: Piktogramme: eine…, S. 102
39
Sprachliche interaktion Semiotik – Die Lehre der Zeichen
60. Vgl. Semiotisches Dreieck, Kapitel 4.2.
Pragmatik fungiert alles als ein Zeichen,
Indikativ: Beeinflussung des Denkens.
was von einem Empfänger als etwas
Die indikative Absicht soll den Empfänger
aufgefasst wird, das für etwas Anderes
lediglich informieren, jedoch steht ihm
steht.
eine freie Entscheidung über sein Han-
60
Basis des pragmatischen Kodes
sind sowohl die bewussten als auch die
deln zu.
bewussten Wissensstrukturen, Modelle, Schemata und Konzepte des Rezipien-
Imperativ: Beeinflussung des Willens.
ten, die durch bestimmte erkannte Ob-
Die imperative Absicht soll den Emp-
jektbezüge hervorgerufen werden kön-
fänger in seinem Handeln beeinflussen.
nen. Hierbei haben auch nicht ikonisch symbolische Zeichen eine Bedeutung
Suggestiv: Beeinflussung der Gefühle-
durch Konventionen, welche durch Erler-
Die suggestive Absicht soll den Empfän-
nen, Brauch oder kulturelle Übereinkunft
ger über seine Gefühle unbewusst zu ei-
festgelegt werden . Es gibt hierzu im Zu-
ner bestimmten Handlung bringen.
61
61. Vgl. BAUER, ANDREAS: Piktogramme: eine…, S. 102
sammenhang mit dem Objektbezug drei verschiedene Zeichentypen die Verwen-
Es besteht also immer eine gewisse
dung finden: Ikon, Symbol und Index. Eine
Dissonanz zwischen der Interpretati-
genauere Beschreibung der verschieden
onsfähigkeit des Empfängers und der
Typen ist dem Kapitel zwei zu entnehmen.
eigentlichen Absicht des Senders. Dieses
Zur Beziehung zum Empfänger gehört auf
Phänomen muss bei der Gestaltung von
der einen Seite die Interpretationsfähig-
Piktogrammen immer beobachtet wer-
keit des Rezipienten und auf der anderen
den, wenn eine möglichst eindeutige Ver-
Seite die Absicht des Empfängers. Die-
ständigung gewährleistet werden soll.
se komplizierte Relation entscheidet wie ein Zeichen auf den Empfänger wirken 62. Vgl. ABDULLAH, RAYAN / HÜBNER, ROGER: Piktogramme und Icons…, S. 17
40
soll. Dabei kann man drei verschiedene Kategorien von Absichten des Senders unterscheiden:62
Sprachliche interaktion Funktionierende Kommunikation – Wahrnehmen und verstehen
4.3. Funktionierende Kommunikation –
tig und öffentlich, da kein persönlicher
Wahrnehmen und Verstehen
Sender-Empfänger Kontakt besteht und
In den vorherigen Kapiteln wurden schon
die Nachrichtenübermittlung indirekt
einige Grundlagen und Fakten für eine
(räumlich und zeitlich) über eine gespei-
funktionierende Kommunikation durch
cherte Information, zum Beispiel in Form
Piktogramme erläutert, in diesem Ab-
eines Schildes, übertragen wird. Aufgrund
schnitt soll nun eine komprimierte Zu-
des fehlenden persönlichen Kontakts ist
sammenfassung für die Wahrnehmung
keine situativ rückgekoppelte Verständi-
und das Verstehen von bildlichen Zeichen
gungshandlung möglich, wie zum Beispiel
erfolgen. Der amerikanische Kommuni-
Rückfragen. Ein Rollenwechsel zwischen
kationsforscher Harold Dwight Lasswell
Sender und Empfänger kann ebenfalls
beschreibt mit seiner Formel: „Who? Says
nicht erfolgen. Man kann diese Form der
what? In which channel? To whom? With
Kommunikation als öffentlich bezeichnen,
what effect?“ Kommunikation als eine ein-
da die Botschaft nie an eine Person allei-
seitig gerichtete, lineare und technisch
ne, sondern immer an eine ganze Emp-
orientierte Verkettung verschiedener
fängergruppe gerichtet ist. In Anbetracht
Kommunikationsfaktoren.
Je nach Zu-
dieser Fakten ist Kommunikation durch
sammenstellung von Sender, Empfänger
Bildzeichen auf zeichenvermittelnde Vor-
und Nachricht lassen sich Modalitäten
gänge zwischen Bildautor und Rezipien-
von Kommunikationsprozessen durch
ten beschränkt 64, wobei die Botschaft
drei Oppositionen charakterisieren: di-
einseitig, indirekt und öffentlich übertra-
rekte – indirekte, gegenseitige – einsei-
gen wird. Somit stehen die Gestalter von
tige und private – öffentliche Kommuni-
Piktogrammen stets vor einer Herausfor-
kation. Ein normales Gespräch zwischen
derung, da diese einschränkenden Fakto-
zwei Personen ist dieser Feststellung
ren immer berücksichtigt werden müssen.
nach direkt, gegenseitig und privat. Im
Der wichtigste Punkt, für die erfolgreiche
Gegensatz dazu ist die Kommunikation
Verständigung mittels Zeichen, ist der ge-
mittels Piktogrammen indirekt, einsei-
meinsam geteilte Zeichenvorrat zwischen
63
63. Vgl. BAUER, ANDREAS: Piktogramme: eine…, S. 112
64.Ebd.
41
Sprachliche interaktion Funktionierende Kommunikation – Wahrnehmen und verstehen
65. HARTMANN, FRANK / BAUER, ERWIN K.: Bildersprache - Otto Neurath Visualisierungen…, S. 41
66. Vgl. BAUER, ANDREAS: Piktogramme: eine…, S. 185 ff.
42
Sender und Empfänger. In diesem Zusam-
das Verstehen an sich auf dem visuellen
menhang muss festgehalten werden, dass
Wahrnehmen von Objekten beziehungs-
ausschließlich bei einer bestimmten Über-
weise, wie bei Piktogrammen üblich, auf
einstimmung Kommunikation überhaupt
abgebildeten Zeichen basiert und da-
erst möglich ist. Ist dies nämlich nicht
bei angeborenes oder erlerntes Wissen
der Fall, bleibt die gesendete Nachricht
hervorgerufen wird. Für das Verstehen
beim Empfänger unverstanden. Ein wei-
spielt hierbei, der bereits im Kapitel zwei
teres Glied in der Verständigungskette
besprochene Faktor der Ikonizität, eine
ist die Wahrnehmung der Zeichen selbst.
tragende Rolle für das Verstehen. Im täg-
Bei diesem Prozess werden permanent
lichen Umgang mit Schildern und Pikto-
einlaufende Signale auf vielfältige Weise,
grammen reicht oft ein bloßes Wahrneh-
bewusst oder auch unbewusst aufgenom-
men des Zeichens und dessen Kontext
men und transformiert, damit die jeweili-
nicht aus. Die Bedeutung muss vorher
ge Bedeutung erschlossen werden kann.
erlernt worden sein, wie zum Beispiel wie
Die visuelle Wahrnehmung nimmt dabei
bei Verkehrsschildern im Straßenverkehr,
den wichtigsten Part für den Menschen
wobei ein bestimmter Kode bestehend
beim Umgang mit der Außenwelt ein. Von
aus Farbe, Schildform, oder dergleichen,
uns Menschen wird der überwiegende
die Aussage des Zeichens bestimmt. Um
Teil, der auf uns einwirkenden Reize und
aber unbekannte Bildzeichen richtig in-
Informationen, über die Augen wahrge-
terpretieren zu können, müssen die ent-
nommen und verarbeitet. Otto Neurath
sprechenden richtigen Wissensstruktu-
bezeichnete den modernen Menschen
ren, der Objektbezug und der jeweilige
dazu treffend als Augenmensch65. Somit
Kontext, im Kopf hervorgerufen werden,
sind die Grundlagen für die Aufnahme
sobald das dargestellte Zeichen zu erken-
von Botschaften und Informationen ge-
nen ist.66 Somit ist eine funktionierende
schaffen. Als nächstes wird das zugehöri-
Kommunikation durch Piktogramme nur
ge Verstehen der Bildzeichen betrachtet.
möglich, wenn ein gemeinsam geteilter
Hierfür soll festgehalten werden, dass
Kode vorliegt, welcher die notwendigen
Sprachliche interaktion Funktionierende Kommunikation – Wahrnehmen und verstehen
Wissensstrukturen aktiviert. Gelernte und
durch häufigen Kontakt mit Bildzeichen,
kulturabhängige Schemata sind für den
das Verstehen von noch unbekannten
Verstehensprozess dabei von immenser
Piktogramm-Elementen. Das Wissen um
Bedeutung. Auch die Systemfähigkeit von
die Bildsprache selbst und der Situations-
Piktogrammen spielt beim Verstehen von
kontext helfen dabei, sogar unbekannte
unbekannten Zeichen eine wichtige Rolle,
abstrakte Bildelemente zu verstehen.67
denn ähnlich wie nach dem Erlernen des
Daraus folgend kann festgestellt werden,
Alphabets, auch unbekannte Wörter ge-
dass, je höher die Korrespondenz durch
lesen und aus dem Textzusammenhang
Piktogramme ist, desto besser auch die
verstanden werden können, bewirkt das
Bildsprache verstanden werden kann.
67. Vgl. BAUER, ANDREAS: Piktogramme: eine…, S. 185 ff.
Erlernen von Piktogramm-Bildsprachen
D1 Darstellungarten: 2D-Perspektive 3D-Perspektive Frontal, seitlich Angeschnitten Positiv / negativ Informativ Dekorativ, ornamental Verschnörkelt Comicartig, verspielt Spiel mit Rahmung Spiel mit Hintergrund Spiel mit Schattierung Naturalistisch, sachlich Stilisiert, reduziert Proportionsverfremdet
Visuelle Überleitung zum nächsten Kapitel: Übersicht verschiedener Piktogramme in unterschiedlichen Stilen und Umsetzungen.
43
anforderungen an piktogramme inhaltliche forderungen
5. Anforderungen an
gramme ist nicht möglich, weshalb die In-
Piktogramme
formation nach der Produktion dauerhaft weiter rezipierbar bleiben muss. Denn
68. Vgl. BAUER, ANDREAS: Piktogramme: eine…, S. 73 ff.
44
5.1. Inhaltliche Forderungen
der Produzent der Nachricht hat keiner-
Hat man durch Piktogramme endlich einen
lei Einfluss auf das Verhalten, oder den
einfachen und direkten Weg gefunden,
Verstehensprozess des Empfängers. So
Informationen interkulturell transportie-
müssen weiterhin beispielsweise gera-
ren zu können, ohne dabei auf das klas-
de Warnhinweise oder Verkehrszeichen
sische System, der national begrenzten
schnell erfassbar und leicht verständlich
Schriftzeichen zurück zu greifen? Handelt
sein, um jeglichen Missverständnissen,
es sich bei den Bildzeichen tatsächlich um
welche im Bereich von Gefahrenzeichen
eine Art Hilfssprache für ausgewählte In-
extreme Folgen haben könnten, vorzubeu-
formationsbereiche wie Bedienungsanlei-
gen. Der Rezeptionsprozess muss dabei
tungen, Orientierungssysteme, grafische
so schnell wie möglich ablaufen, da ge-
Benutzeroberflächen und Verbots- und
rade bei Warnhinweisen eine direkte und
Hinweisschildern?68 In der Praxis wer-
schnelle Reaktion des Rezipienten not-
den diese gerne in genau diesem Berei-
wendig ist. Darüber hinaus sollten die ziel-
chen eingesetzt, um Informationen und
gerichteten Botschaften weiterhin noch
Nachrichten an Menschen verschiedener
leicht merkbar und wiedererkennbar sein,
Sprachen und Kulturen zu übermitteln.
was vor allem bei Orientierungssystemen
Doch welche inhaltlichen Anforderungen
in Gebäuden und im öffentlichen Raum
müssen moderne Piktogramme erfüllen,
eine wichtige Rolle spielt, so ist es doch
um diesen hohen Ansprüchen gerecht
insbesondere bei komplizierten Wegen
zu werden? Wie schon im vorangegan-
wichtig, sich immer wieder an den bereits
genen Kapitel erörtert, treten bei der
gelernten Zeichen zu orientieren und die-
Kommunikation durch Bildzeichen einige
sen zu folgen, um zum Ziel zu gelangen.
spezielle Probleme auf. Eine Ansprache
Letztendlich müssen die bereits beschrie-
jedes einzelnen Rezipienten durch Pikto-
benen Anforderungen weiterhin noch
anforderungen an piktogramme inhaltliche forderungen
einer internationalen Verständlichkeit und
5.2. Interkulturelle Verständlichkeit
Gültigkeit unterliegen, was eine durchaus
Gerade der geforderte Aspekt, der in-
anspruchsvolle Aufgabe für diese Form
ternationalen Verständlichkeit von Pikto-
von Informationssystemen darstellt. Zu-
grammen, muss nochmals näher erläutert
sammenfassend bleibt festzuhalten, dass
werden, denn vor dem Hintergrund der
Piktogramme also dauerhaft und jeder-
fortschreitenden Globalisierung scheint
zeit vom Empfänger rezipierbar sein müs-
eine allen Menschen verständliche Hilfs-
sen. Moderne Bildzeichen sollten schnell
sprache, in Form von internationalen Bild-
verständlich, schnell wahrnehmbar, leicht
zeichen, nötiger denn je70. Die bildhaften
merkbar und obendrein noch internatio-
Symbole sollen demnach von allen Be-
nal verständlich sein .
trachtern, zu jeder Zeit, und an jedem Ort
69
69. Vgl. BAUER, ANDREAS: Piktogramme: eine…, S. 73 ff.
70. Ebd., S. 54
verstanden werden, um somit einem möglichen Unverständnis, oder einer poten-
RESPEKT! RESPEKT! RESPEKT! RESPEKT! RESPEKT! RESPEKT! RESPEKT!
tiellen Fehlinterpretation durch Sprachbarrieren in fremden Sprach- und Kulturkreisen vorzubeugen. Durch die gewachsene Vertrautheit mit Piktogrammen ist es heute oft möglich, sich an fremden Flughäfen oder Bahnhöfen alleine durch die Anwesenheit der sprechenden Zeichen zurechtzufinden. Aber werden dabei tatsächlich auch alle Zeichen, von allen Rezipienten, aus verschieden Kulturen gleich interpretiert? Schließlich werben vor allem die großen Piktogrammgestalter wie zum Beispiel Otl Aicher, einer der wohl bekanntesten Vertreter dieser Branche, mit Aussagen wie: „[…] sämtli-
45
anforderungen an piktogramme inhaltliche forderungen
che Bildzeichen sind sowohl in inhaltlicher
divergenten anatomischen Proportionen
als auch in formaler Hinsicht sprach- und
unterstützt. Doch was passiert in Ländern
kulturneutral, d.h. weltweit universell
in denen Männer aus kulturellen Gründen
einsetzbar“ . Diese Einstellung wird auch
auch Röcke tragen? Wird die internatio-
von fast allen Piktogrammdesignern un-
nale Gültigkeit und Erkennbarkeit dieser
terstützt und werbetechnisch vermarktet,
Zeichen dann aufgehoben? Sicherlich ist
allerdings bietet keiner von ihnen eine
eine Differenzierung der Geschlechter
klare Anleitung, beziehungsweise Defini-
für Menschen anderen Ursprungs auch
tion an, wie man Piktogramme kultur- und
dort weithin möglich, aber es stellt sich
bildungsneutral leicht verständlich gestal-
die Frage, ob die Darstellung von beiden
ten kann. Deshalb unterliegt die Realisie-
Kulturkreisen gleichermaßen akzeptiert
rung der eigentlich globalen Bildzeichen
wird. Mit dieser Frage beschäftigt sich seit
meist wieder unterschiedlichen regiona-
Februar 2009 Professor David Skopec von
len Vorstellungen und Anforderungen.
der University of the Arts in Zürich und
Was die Gefahr mit sich bringt, dass viele
das Berliner Designteam von kognito72 .
dieser Bildzeichen im interkulturellen Kon-
Hierzu wurde eine fünf-stufige Online-
text gesehen unverständlich, oder sogar
Umfrage ausgearbeitet, bei der es um die
missverständlich sein können. Ein simples
Präferenzen für neutrale oder kulturspezi-
Beispiel hierfür ist die eigentlich einfache
fische Piktogramme geht. Dabei werden
grafische Darstellung von Mann und Frau
die Teilnehmer befragt, ob sie globale
auf Piktogrammen in verschiedenen Län-
Standards oder kulturelle Vielfalt bei der
dern, und speziell in unterschiedlichen
visuellen Darstellung von Mann und Frau
Kulturen. Für Menschen in europäischen
bevorzugen. Die Umfrage dauert noch bis
Kulturkreisen ist die visuelle Differenzie-
Ende September diesen Jahres an, daher
rung der Geschlechter durch das vorge-
liegen momentan noch keine endgültigen
prägte Bild von Männern mit Hose, und
Auswertungen vor, wenngleich doch ein
Frauen mit Röcken gekennzeichnet. Zu-
aktueller Trend in Richtung der kulturneu-
sätzlich wird dieser Unterschied durch die
tralen Darstellung der Piktogramme zu
71
71. Anm.: Aussage von Otl Aicher zum internationalen Piktogrammsystem von ERCO Leuchten
U1
Kulturell unterschiedliche Geschlechterdarstellung der pictonalities-Studie.
72. Anm.: Umfrageverfahren und Ergebnisse unter www.pictonalities.com abrufbar.
46
anforderungen an piktogramme normen versus gestaltung
verzeichnen scheint73. Zusammenfassend
5.3. Normen versus Gestaltung
kann nun festgehalten werden, dass eine
Im Laufe der modernen Piktogramment-
Forderung nach internationaler und inter-
wicklung hat sich in den letzten Jahren
kultureller Verständlichkeit an Piktogram-
regelrecht ein kleiner Kampf zwischen der
me zwar besteht, und die Anwendung der
Forderung nach weltweit grafisch genorm-
bildlichen Hilfssprache welche weltweite
ten Piktogrammen auf der einen Seite, und
Verständigung anscheinend vereinfacht,
der Freiheit der Gestalter in der Umsetzung
aber die Realisierung in der Praxis oft
auf der anderen Seite entwickelt. Eigent-
noch weit davon entfernt ist, sei es aus
lich gibt es momentan nur sehr wenige in-
Unwissenheit, oder aufgrund von kultu-
ternational gültige Piktogramme, weshalb
rellen divergenten Kontexten.
manche Entwickler die Meinung vertreten,
73. Anm.: Der aktuelle Stand der Auswertung sowie weitere Informationen können unter www.pictonalities.com abgerufen werden
dass allgemeingültige Normen für die GeU2
staltung internationaler Bildzeichen fest-
Pictonalities.com The Survey of 1000 Answers women
Answers men
Woman: Skirt, close to standard shape
Man: T-Shirt, long sleeve style, close to standard shape
Europe
East Asia, China, Japan
Russia and the Eurasian Republic
United States and Canada
South Asia, India
North Africa and the Middle East
Latin America
Southeast Asia, South of China
Africa South of the Sahara
Australia, Antartica and Oceania
Pictonalities.com Intermediate result of the first 1000 participants February 24 to April 17 2009 Starting position On 24 February 2009, we started the project of an online poll to find out if there are universal standards in the use of icons within different cultures around the globe. In the survey one can choose from seven different couples. The couple – male and female – differ in the representation of their clothes. The participants of the survey were asked by which of the seven couples they felt most likely represented. Then, we asked for the general preference between standardized or culturally specific pictograms. Finally, we asked about age, gender and origin. The survey was conducted by a “double opt-in” procedure. This means, participants enter their e-mail address. A confirmation e-mail is sent automatically to this e-mail address. If participants answer that confirmation e-mail, the voting is immediately registered. Repeated voting is blocked by registering the e-mail address. Participants Invitations to this survey were sent by e-mail to an audience of about 200 people. These people are primarily of the fields of design and communication. So it is clearly noted that the participants are not representative for a cross-section of the population. Among these 200 invited people, we obtained more participants through an e-mail “snowball effect” and several media reports. People attracted by these reports were mainly of the fields of media, design and communication. Similar characteristics are recognisable with regard to the global distribution of the voting. Important points of reference were Europe, Mexico, Brazil, China, Japan, New Zealand and the USA – and from there came the predominant number of participants.
Woman: Trousers, feminine shape
Man: T-Shirt, long sleeve style
Significance The results on the basis of the first 1000 voting results are in no way representative – however, they show interesting trends, which are certainly worthwhile to deepen in an appropriate way. At first glance the data offer no surprises: Approximately one third of all participants seem to be in favor of culturally specific symbols – regardless whether male or female, whether in Europe / North America or other parts of the world and across all age groups. At second glance, however, surprise evokes, particularly shown in the accompanying detailed picture statistics, shown on this report: It seems that the interest in a less traditional gender-specific representation is exceedingly large: more than one third of all participants chose the pictogram couple in which both sexes are presented in trousers. And something else catches the eye: the number of votes from South, East and SouthEast Asia remains nearly the same within the distribution on the pictogram couples. This indicates that their share in proportion to the votes for each of the different pictogram couples is clearly increasing – moving away from the pictogram couple that is most likely the established standardized form. Relevance The question of the relevance of such a survey is not quite obvious at first glance. Should it activate a revolution among the established standard pictograms for toilet signs? Does it call upon a higher diversity at the expense of a good orientation? No, not at all. With this short report, we interprete the survey results as a call for more diversity whereever possible. Good examples may be instruction manuals or educational media, where significance on a long distance is not the most important thing. Moreover the idea suggests that the representation of the female pictogram with its traditional forms such as knee-long petticoat, possibly ought to be modified. Conceivably there could be an expanded choice of pictograms published by the ISO Central Secretariat in Geneva.
Woman: Skirt, leg covering shape
Man: T-Shirt, short sleeve style
Woman: Dress, knee covering shape, straight collar
Man: Shirt, long sleeve style, straight collar
Woman: Skirt, ground long shape, pareo style
Man: Shirt, short sleeve style, epaulette shirt
Woman: Sari
Man: Kurta
Woman: Abaya
Man: Dishdasha
Outlook Pictonalities.com is an online survey which is going to run for six months – from February 24 to August 24 2009. The existing test is an important extension to the current research project “ICONICITY” at the Zürcher Hochschule der Künste. The project is about the methods and the adaptation of pictorial expressions within different scales of iconicity. Besides statements concerning the acceptance of pictograms Pictonalities.com delivers also concrete evidence of the relevance and methodology of such investigations. The fact that about one half of all participants are interested in further information on this project raises the question of usable information and appropriate forms of communication. Furthermore the existing procedure also encourages to expand the basis of investigation on personally guided, quantitative surveys on a wider scale in different countries. Therefore we would like to invite any interested parties to contact us. Comments and suggestions on the survey are greatly appreciated. info@pictonalities.com Prof. David Skopec Zurich University of the Arts, May 2009
How do people outside of Europe and North America rate the value of neutral pictograms?
Do woman prefer more cultural specification in pictograms?
gelegt werden sollten. Denn eine fehlende Standardisierung trägt unweigerlich zur Mehrdeutigkeit von Piktogrammen bei. So gibt es zum Beispiel verschiedene Symbole mit der gleichen Bedeutung, aber ande-
74. Vgl. CHRISTIAN, ALEXANDER: Piktogramme – Kritischer Beitrag…, S. 115 ff.
rerseits ebenso identische Piktogramme, die für unterschiedliche Interpretationen stehen. Durch festgelegte grafische Regeln und Vorgaben soll daher, im Interesse einer internationalen Verständlichkeit, eine weltweite Festlegung stattfinden, um vor allem die Ursachen für die Problematik einer Verwechslung zu reduzieren74. Zwar
Are there any significant differences in the perception of pictograms by age?
Marks to: “I want to receive more information about this project.”
Darstellung der aktuellen Umfrageauswertung, 09/2009.
gibt es bereits einige Versuche einer Normierung von Bildzeichen, wie zum Bespiel
47
anforderungen an piktogramme normen versus gestaltung
75. Vgl. CHRISTIAN, ALEXANDER: Piktogramme – Kritischer Beitrag…, S. 115 ff.
die Norm ISO 7001 von 1980, dessen Zei-
lung von gleichen Zeichen, divergente In-
chensystem auf den Piktogrammen von
terpretationen beim Rezipienten möglich
Otto Neuraths Isotype
aufgebaut ist.
sind. Doch sind diese geforderten Nor-
Hierbei aber handelt sich es eher um eine
men tatsächlich sinnvoll? Sie entsprechen
Sammlung von grafischen Symbolen zur
zwar dem ursprünglichem Kommunikati-
Information der Öffentlichkeit, als um ein
onsgrundgedanken von Piktogrammen,
allgemein bindendes System. So werden
würden aber die grafische und individu-
beispielsweise einige formale Gestalt-
elle Gestaltung derart einschränken, dass
ungsrichtlinien, wie von der Sehdistanz
dies einen Verlust der persönlichen Note
abhängige Linienstärken, Symbolgrößen
in der Visualisierung der Botschaften zur
und Detaildarstellungen, festgelegt, aber
folge hätte. Und genau diese persönliche
für eine wirklich Vereinheitlichung der vi-
Note wird in der Praxis doch gefordert,
suellen Darstellung fehlt den Systemen
und stellt die eigentliche Aufgabe eines
bis jetzt die notwendige Konsequenz.
Designers dar, um zumindest gestalte-
So besteht weiterhin die Gefahr, dass durch
risch der Welt der endlosen Normen und
unterschiedliche Gestaltung und Darstel-
Vorschriften zu entfliehen.
normen!
48
75
normen!
design!
design!
EIN K AMPF AUS ÜBERZEUGUNG!
HIER UND JETZT!
NORMEN DIN
ISO 9
001
DESIGN FREIER
GESTALTER
DER
ULTIMATIVE
KAMPF
TICKETS JETZT IM VERKAUF!
AUSTRAHLUNG IM ÖFFENTLICHEN RAUM!
49
grafische bauanleitung Für Piktogramme die konzeptionsphase
6. Grafische Bauanleitung
entsprechende Handlung oder Unterlas-
sung beim Rezipienten ausgelöst werden
für Piktogramme
soll. Deshalb ist es essentiell notwendig
76. Vgl. RADTKE, SUSANNE P. / PISANI, PATRICIA / WOLTERS, WALBURGA: Handbuch Visuelle Mediengestaltung, S. 198
6.1. Die Konzeptionsphase
zu klären, ob es sich bei der Botschaft um
Nach einer ausführlichen Erörterung der
einen Hinweis, eine Warnung, oder aber
notwendigen theoretischen Grundlagen
um ein Verbot, beziehungsweise Gebot
für die Verwendung von Piktogrammen,
handelt. Dies muss in Zusammenarbeit mit
soll nun im folgenden Abschnitt ein ers-
den entsprechenden Auftraggebern, wie
ter Schritt Richtung angewandter Praxis
beispielsweise Behörden, Veranstaltern,
unternommen werden. Definitionen, Ge-
Industrie und Handel, vorab besprochen
schichte, Semiotik und Kommunikation
und festgelegt werden, um spätere Miss-
sind die eine Sache, immer noch bleibt
verständnisse auszuschließen. Ein aus-
die Frage offen, wie man ein funktionie-
führliches Brainstorming kann diesen Pro-
rendes Piktogramm eigentlich kreiert?
zess durchaus erleichtern77. Denn Fehler
Hierzu werden nun die einzelnen Entwick-
bei der Auswahl der Nachricht und ihrer
lungsschritte, bis hin zum einsatzfähigen
Formulierung können später nicht korri-
Bildzeichen, beschrieben. Einleitend wird
giert werden und, unabhängig davon wie
die grundlegende und wie bei allen an-
gut die Visualisierung an sich auch sein
stehenden Projekten erforderliche Kon-
mag, das Piktogramm wird die gewünsch-
zeptionsphase explizit betrachtet. Für die
te Wirkung verfehlen.
eigentliche grafische Umsetzung eines
Im nächsten Schritt bedarf es einer Abklä-
Piktogramms bedarf es einiger konzepti-
rung, ob die zu übertragende Botschaft
oneller Vorarbeiten. Der erste und grund-
durch ein Piktogramm optimal transpor-
legendste Schritt zu einem sprechenden
tiert werden kann, oder aber ob ande-
Zeichen ist die Festlegung der zu über-
re Kommunikationswege effizienter sein
mittelenden Nachricht . Hierfür muss zu
könnten. Es besteht durchaus die Mög-
Beginn analysiert werden, wer durch das
lichkeit auch ein Schild mit mehrsprachi-
Zeichen angesprochen und welche dem-
gem Text, anstelle eines einzelnen Bild-
76
77. Ebd.
50
grafische bauanleitung Für Piktogramme die konzeptionsphase
zeichens, einzusetzen. Hierfür muss die
Piktogramme sind allerdings nur bedingt
Zielgruppe und speziell die möglichen
geeignet für die Darstellung von Handlun-
Sprachen der anzusprechenden Rezipien-
gen, welche eine Vielzahl von mehrsträn-
ten erörtert und angepasst werden. Über-
gigen oder parallelen Handlungsschrit-
trifft hierbei die Anzahl mehr als drei Spra-
ten beinhalten, beispielsweise für den
chen, ist eine bildhafte Darstellung die
Fall, dass in einer Bedienungsanleitung
bessere Wahl der Kommunikation. Aus
sogenannte wenn-dann-Verknüpfungen
der Erfahrung heraus sind Piktogramme
auftreten79. Allgemein sind die Visuali-
insbesondere geeignet für die Bezeich-
sierungen von Handlungen und Verben
nung von78:
durch Bildzeichen nur mit Einschränkun-
78. Vgl. CHRISTIAN, ALEXANDER: Piktogramme – Kritischer Beitrag…, S. 213
79. Ebd.
gen zu empfehlen, weshalb in den meisBezeichnung von Orten
ten Fällen davon abzuraten ist. Wenn die
(Ausgang, WC, Infopunkt)
Nachricht einer der aufgelisteten Katego-
K1
rien entspricht, und nicht durch andere Bezeichnung von Dingen
Kommunikationsmittel besser übermittelt
(Telefon, Kassenautomat)
werden kann, so muss die Nachricht zunächst trotzdem verbal formuliert wer-
Bezeichnung von Richtungen zu
den. Dieser Umweg ist notwendig, da
Orten oder Dingen (Wegzeichen
der Auftraggeber und der Piktogramm-
zum WC, oder zu Programmen oder
designer sich sowohl über den Inhalt als
Datenordnern auf einer
auch über die Sendeabsicht verständigen
grafischen Benutzeroberfläche)
müssen, um eine eindeutige Kommunikationsübermittlung durch das entspre-
Darstellung von sequentiellen und
chende Piktogramm zu sichern. Hierbei
möglichst einsträngigen Handlungs-
wird nicht verbal formuliert was beim Re-
abläufen, Ge- oder Verboten (Bedie-
zipienten bewirkt werden soll, sondern
nungsanleitungen, Gefahrenhinwei-
es wird festgelegt, durch welche Zeichen
se, Gebrauchsanweisungen)
und Verknüpfungen, in Bezug auf Infor-
Piktogramme für Verbote, Beschreibungen und Hinweise im öffentlichen Raum.
51
grafische bauanleitung Für Piktogramme die konzeptionsphase
K2
mationsverarbeitung beim Empfänger,
Die optische Umsetzung soll dabei kurz
die gewünschte Reaktion ausgelöst wird.
und prägnant sein, das heißt deutlich
Eine ausführliche Erörterung zu diesem
und treffend, damit sie unverwechselbar
Kommunikationsaspekt ist im Kapitel vier
wird, sich ins Gedächtnis einprägt und
nachzulesen.
wieder abrufbar ist 80. Für einen kurzen Vorabcheck kann man sich folgende Fragen stellen: Gibt es in der Realisierung eine klare gestalterische Idee? Besitzt
Informationspiktogramme der Deutschen Bahn.
6.2. Visuelle Umsetzung
das Symbol Blickfangwirkung? Ist es ein-
Nach der verbalen Formulierung der zu
prägsam beziehungsweise grafisch reiz-
vermittelnden Botschaft und dem erfolg-
voll? Ist es prägnant, sprich deutlich und
reichen Abschluss der Konzeptionspha-
zutreffend? Können diese Fragen posi-
se steht nun das Designerteam vor der
tiv beantwortet werden, kann man jetzt
schwierigen Aufgabe die Nachricht gra-
zum eigentlichen Schritt der Gestaltungs-
fisch so zu visualisieren, dass diese vom
leistung übergehen. Die anschließende
Piktogrammrezipienten wahrgenommen,
Erläuterung der einzelnen Gestaltungs-
akzeptiert und richtig verstanden werden
schritte soll nun anhand eines konkreten
kann. Dem Schritt der eigentlichen grafi-
grafischen Beispiels Schritt für Schritt
schen Umsetzung ist aber noch die Aus-
aufgezeigt werden.
wahl der eigentlichen Zeichenform vorgelagert. Hierbei wird festgelegt wie die Botschaft visuell dargestellt wird, weswegen es also einer Symbolisierung der Botschaft durch ein entsprechendes Bild80. Vgl. RADTKE, SUSANNE P. / PISANI, PATRICIA / WOLTERS, WALBURGA: Handbuch Visuelle..., S. 198
52
motiv bedarf. Der Schlüssel zur Übertragung von visueller Information ist dabei für viele Gestalter die Präzision in der grafisch zu realisierenden Zeichenform.
grafische bauanleitung F端r Piktogramme visuelle umsetzung
wichtigste regel
Keep it Stupid, Simple 53
grafische bauanleitung Für Piktogramme visuelle umsetzung
schritt eins
1
Formulierung und Festlegung der zu visualisierenden Aussage. Für unser Beispiel: NO SMOKING!
schritt zwei
2
Analyse und Überprüfung von bereits bestehenden grafischen Symbolen A1. Ist ein neues Piktogramm überhaupt sinnvoll? K3
A1. Anm.: Die Auswahl der Schilder ist ein Erggebnis der Bildersuchfunktion von google.de
Ja, denn die bereits bestehenden Piktogramme vermitteln zwar die gewünschte Aussage, entsprechen aber nicht unseren gewünschten grafischen Anspüchen.
3 A2 Anm.: Die Auswahl von Front- oder Seitenperspektive hat sich bei der praktischen Piktogrammdarstellung als informativster Blickwinkel erwiesen.
54
schritt drei Brainstorming und Scribble für die spätere Realisierung des Symbols. A2 .
Die ersten Entwürfe sollten per Hand gezeichnet werden – schneller und effektiver.
grafische bauanleitung Für Piktogramme visuelle umsetzung
schritt VIER Die Übertragung der entstandenen Entwürfe in digitale Form. Bevorzugt werden dabei Vektor-Formate verwendet, um auflösungsunabhängig arbeiten zu können.
4
Wir entscheiden uns für das zweite Symbol in der ersten Reihe.
schritt fünf Die Reinzeichnung für das ausgewählte Symbol. Hierfür wird ein Gestaltungsraster A3 angelegt um Proportionen, Rythmus und Strichstärken genau zu definieren zu können.
5 A3. Anm.: Ein Gestaltungsraster besteht aus Units und Subunits, die zum Beispiel in Millimeter gemessen werden können.
Das Raster erleichtert uns die Konstruktion von einheitlichen Piktogrammsystemen, da wir durch dieses sehr einheitlicht gestalten und arbeiten können.
55
grafische bauanleitung Für Piktogramme visuelle umsetzung
6
schritt sechs Die Auswahl der späteren Trägerform für das Piktogramm. Form und FarbeA4 des Trägers unterstützen die zu transportierende Aussage des Zeichens zusätzlich.
A4 Anm.: Für Schilder werden meist die Farben Rot, Gelb, Grün und Blau verwendet, da diese die größte Signalwirkung haben. Verbot
Gebot
Warnung
Hinweis
Rettung
Wir entscheiden uns eindeutig für die Form des Kreises, da diese für das Verbot steht.
7
schritt sieben Das Zusammenfügen des konstruierten Symbols und der gewählten Trägerform, um einen ersten Eindruck für die spätere Wirkung zu erhalten. Zur Verstärkung der Verbotsaussage kann zusätzlich noch eine DurchstreichungsvarianteA5 angelegt werden.
A5 Anm.: Die Durchstreichungsvariante kann, je nach Motiv, in der Balkenstärke, der Balkentransparenz und des Neigungswinkels angepasst werden.
Die Variante rund, rot und durchgestrichen ist die eindeutigste Form für ein Verbot. Für eine bessere Darstellung, in Kombination mit der Durchstreichung kann das verwendete Symbol, gegebenenfalls, auch gespieglt platziert werden.
56
grafische bauanleitung F체r Piktogramme visuelle umsetzung
schritt Acht Als letzer Schritt vor der Implementierung des Piktogramms steht die Wirkungskontrolle, hierbei werden alle getroffenen Entscheidungen nochmals kontrolliert. Verbale Formulierung?
OK!
Gew체nschte Aussage?
OK!
Gelungene Visualisierung?
OK!
Passender Zeichenkontext?
OK!
Richtige Form und Farbe?
OK!
Harmonie von Symbol und Tr채ger?
OK!
schritt neun Die finale Implementierung des Piktogramms im sp채teren Kontext und Umfeld.
8
9
K4
57
grafische bauanleitung F端r Piktogramme die konzeptionsphase
das farbenSPEKTRUM
58
grafische bauanleitung F端r Piktogramme visuelle umsetzung
die Farbauswahl
59
grafische bauanleitung Für Piktogramme Die Implementierung eines Piktogramms
6.3. Die Implementierung
werden. Innerhalb dieser abschließenden
eines Piktogramms
Phase soll eine Wirkungskontrolle, anhand
Fast geschafft! Die zu transportierende
der intendierten Absicht des Auftragge-
Aussage wurde treffend verbalisiert und
bers und der verbal formulierten Nach-
in ein grafisch reduziertes prägnantes
richt, zur Überprüfung der Piktogramm-
Bildzeichen, unter Berücksichtigung al-
qualität erfolgen 82 . In Bezug darauf folgt
ler bis jetzt aufgestellten formalen und
nun ein kurzer Einblick in eine mögliche
gestalterischen Regeln, transformiert.
Checkliste für ein wirkungsvolles Pikto-
Doch erst wenn dieses geschaffene Pik-
gramm:
togramm in der Verbindung mit der räumlichen Welt auftritt, sprich dem späteren
Ist das Zeichen passend und ange-
Bestimmungsort, entsteht eine Nachricht.
messen für die Idee, das Produkt,
Für die Platzierung im späteren Kontext
oder das Konzept, das es vertrit?
müssen wiederum weitere Faktoren berücksichtigt werden. So spielen die vor-
Besitzt das Zeichen ästhetische
herrschende Raumsituation, Lichtver-
Qualität?
hältnisse, die materielle Umsetzung, die
81. Vgl. ABDULLAH, RAYAN / HÜBNER, ROGER: Piktogramme und Icons…, S. 40 ff.
räumliche Platzierung und eine eventuel-
Wurde auf überflüssige Details
le Leserichtung eine große Rolle für die
bei der Darstellung verzichtet?
Wahrnehmung und das Verständnis des Piktogramms beim Empfänger81. Eine
Ruft das Zeichen Deutungsmiss-
nähere Betrachtung dieser Umstände
verständnisse hervor?
soll aber nicht Teil dieser Arbeit sein und
82. Vgl. RADTKE, SUSANNE P. / PISANI, PATRICIA / WOLTERS, WALBURGA: Handbuch Visuelle..., S. 199
60
wird deshalb nur kurz angesprochen. Viel
Ist das Piktogramm verständlich und
wichtiger für Erfüllung der Zieldefinition,
attraktiv für die Zielgruppe?
ist die Zeichenwirkung des Piktogramms selbst. Hierfür muss eine Testphase vor
Ruft es die gewünschten Assozia-
der endgültigen Fertigstellung eingeplant
tionen beim Empfänger hervor?
grafische bauanleitung Für Piktogramme Die Implementierung eines Piktogramms
Kann es die Neugier und Aufmerk-
und welche aufgrund dessen nicht näher
samkeit über die, für die zu übermit-
betrachtet werden. Vielmehr muss festge-
telnde Nachricht, notwendige Zeit
halten werden, dass die Entwicklung von
aufrechterhalten?
verständlichen Piktogrammen sehr vieler
83. Vgl. CHRISTIAN, ALEXANDER: Piktogramme – Kritischer Beitrag…, S. 234
Einzelschritte und genauer Überlegungen Diese und weitere Fragen können mittels
bedarf, um die gewünschte Botschaft zu
verschiedener Testverfahren und Erkenn-
übermitteln und eine resultierende Reakti-
barkeitsprüfungen mit internationalen Ver-
on beim Rezipienten hervorzurufen. Aber
suchspersonen geklärt werden. Als Bei-
durch eine schrittweise, systematisierte
spiel soll der sogenannte Gehtest , wel-
Herangehensweise und der Einhaltung
cher sich an realen Wahrnehmungsbedin-
der aufgeführten Regeln und Richtlinien
gungen anlehnt, aufgeführt werden. Bei
sollte einer nonverbalen Kommunikation
diesem Testverfahren wird ein Schild oder
mittels sprechender Zeichen nichts im
ein Piktogramm am Ende einer 100 Me-
Wege stehen.
83
ter langen Versuchsstrecke angebracht, die beteiligten Versuchspersonen werden gebeten langsam auf das Zeichen zuzugehen und stehen zu bleiben, sobald sie das Piktogramm erkennen und beschreiben können. Die erzielten Ergebnisse können dabei Rückschlüsse auf die visuelle Erkennbarkeit der Zeichen geben und ein Indikator für die Wahrnehmung der Piktogramme sein. Im Zusammenhang mit der Implementierung von Bildzeichen gibt es noch eine Vielzahl von Testverfahren, deren Beschreibung, aber den Rahmen der Ausführung unnötig strapazieren würde
61
bedeutendende gestalter von Piktogrammen otto neurath
7. Bedeutende Gestalter
schäftigte sich anfangs vor allem damit,
von Piktogrammen –
einfachen Arbeiter, Kindern und Analpha-
a tribute to…
beten, unabhängig von sprachlichen Barrieren oder Bildungsstand, Informationen
7.1. Otto Neurath
über gesellschaftliche und wirtschaftliche
N1
Otto Neurath.
84. HARTMANN, FRANK / BAUER, ERWIN K.: Bildersprache - Otto Neurath Visualisierungen…, S. 41
85. Anm.: Der Wiener Kreis war eine Gruppe von Philosophen und Wissenschaftstheoretikern, welche sich mit einer Neugestaltung wissenschaftlicher und philosophischer Arbeit, und Volksbildungsarbeit beschäftigten.
Zusammenhänge verständlich zu machen. 7.1.1. Demokratisierung des Wissens
Hierfür setzte Neurath erstmals piktogra-
Wie eine erfolgreiche und prägende Kom-
fische Zeichen für statistische Darstellun-
munikation durch Piktogramme aussehen
gen im Gesundheits- und Finanzwesen
kann, wird nun anhand eines Paradebei-
ein, dabei wurden unterschiedliche Quan-
spiels von Bildzeichen und deren Einsatz,
titäten statt durch veränderte Perspektive
durch die Betrachtung des Lebenswerks
oder Größe, ausschließlich durch die An-
von Otto Neurath dargelegt. Der Wiener
zahl der spezifischen Symbole dargestellt.
Philosoph, Ökonom und Sozialreformer
Sein Bestreben, eine Verbesserung der all-
Otto Neurath (1882 – 1945) entwickelte
gemeinen Lebensverhältnisse durch eine
in den zwanziger Jahren des vergangen
neue Kommunikationspolitik zu schaffen,
Jahrhunderts ein Visualisierungssystem,
wird weiterhin durch folgenden Aussage
welches zunächst unter der Bezeichnung
verdeutlicht: „Was wir brauchen ist eine
Wiener Methode der Bildstatistik und spä-
schematische Darstellung, die unmittel-
ter unter dem Namen Isotype bekannt
bar verstanden werden kann. Wir können
wurde. Es handelte sich bei dieser entwi-
soziale Fakten nicht photographieren,
ckelten Zeichensprache, um den Versuch
selbst wenn wir es versuchten. Sie kön-
einer Weltsprache ohne Worte. Getreu
nen nur mit Hilfe von Symbolen gezeigt
seiner grundlegenden Arbeitsmaxime
werden. Da dies keine leichte Aufgabe ist,
„Worte trennen, Bilder verbinden“ streb-
blieb die Lösung so lange aus.“86. Gleich-
te Neurath, Mitglied des Wiener Kreises 85,
zeitig erläutert dieses wegweisende Zitat
eine Demokratisierung des Wissens an.
auch den Einsatz von Piktogrammen und
Dieser Schritt der sozialen Aufklärung be-
Bildzeichen für die Darstellung von Fakten
84
86. HARTMANN, FRANK / BAUER, ERWIN K.: Bildersprache - Otto Neurath Visualisierungen…, S. 49
62
bedeutendende gestalter von Piktogrammen otto neurath
und Informationen. Der wichtigste Punkt
tematisierung und der methodische Aus-
für das Verständnis der Zusammenhän-
bau der bestehenden Piktogramme und
ge in den statistischen Visualisierungen
Bildzeichen zu einer allgemein verständ-
ist zweifelsohne die gelungene Trans-
lichen Bildsprache. Hierzu soll im folgen-
formation abstrakter, wissenschaftlicher
den Unterkapitel das von Otto Neurath
Erkenntnisse in konkrete, sozialrelevan-
und seinem konstruktivistischem Grafiker
te Aussagen – von abstrakten Zahlen zu
Gerd Arntz geschaffene Visualisierungs-
leicht begreifbaren Zeichen. Ein weiterer,
system Isotype ausführlicher untersucht
großer Schritt zur Erreichung seines Ziels,
werden.
87. HARTMANN, FRANK / BAUER, ERWIN K.: Bildersprache - Otto Neurath Visualisierungen…, S. 29
N2
der sozialen Massenaufklärung, gelingt Otto Neurath mit der Gründung des Gesellschafts- und Wirtschaftmuseums im Jahre 1925 in Wien. Sowohl durch eigene
7.1.2. Das Isotype-System
Ausstellungen als auch durch Beratung,
Klare Formen, kräftige Farben und ein-
sowie Gestaltung von Bildtafeln, Kar-
deutig erkennbare bildliche Darstellun-
ten und Modellen versuchte er ein Ver-
gen sind die prägnanten Kennzeichen
ständnis für komplexe soziale und wirt-
des, bereits im vorhergehenden Kapitel
schaftliche Zusammenhänge zu schaffen.
eingeführten, Isotype-Systems. Bei die-
Wenngleich die Forderung nach wissen-
sem System handelt es sich um die Ent-
schaftlicher Genauigkeit und Reduzierung
wicklung einer spezialisierten grafischen
der Information bei gleichzeitig hoher
Darstellungsmethode, sowie deren Aus-
Verständlichkeit im Vordergrund stand,
weitung und Systematisierung zu einer
verfolgte Neurath doch die Philosophie,
eigenständigen Bildsprache. Der zusam-
dass es besser sei, sich vereinfachte Men-
mengesetzte Name Isotype kann neben
genbilder zu merken, als genaue Zahlen
der englischen Entsprechung: internatio-
zu vergessen. Ein weiterer ausschlagge-
nal system of typographic picture educa-
bender Faktor für die Humanisierung des
tion auch aus dem Griechischen hergelei-
Wissens, unter Otto Neurath, ist die Sys-
tet werden und bedeutet dann soviel wie:
87
Isoytype-Grafiker: Gerd Arntz.
N3
Scherenschnittvorlage für die Produktion der Isotype-Piktogramme.
63
bedeutendende gestalter von Piktogrammen otto neurath
88. Vgl. CHRISTIAN, ALEXANDER: Piktogramme – Kritischer Beitrag…, S. 86
N4
Isotypen mit eindeutigen optischen Merkmalen.
„immer die selben Typen verwenden“88.
Art Hilfssprache für die alltägliche Kom-
In der Tat ist die Verwendung von stan-
munikation. Er warnte aber zugleich vor
dardisierten, immer wiederkehrenden
übertrieben großen Hoffnungen in die-
Elementen innerhalb von Neuraths kons-
se moderne Bildsprache. Denn Neurath
truiertem Piktogrammsystem ein wesent-
selbst wusste um die Schwächen und die
liches Erkennungsmerkmal. Die einzelnen
Begrenztheit seines bildlichen Sprachsys-
Bestandteile des Isotype-Systems sollten
tems im direkten Vergleich zur normalen
dabei konkrete, allgemein verständliche
Sprache. So konnten zwar Fakten und
Bildzeichen mit stets gleicher Bedeutung
Informationen zweifelsohne verständlich
sein, und anstelle abstrakter Schriftzei-
dargestellt werden, aber um Ansichten
chen, wie bei gewöhnlichen Sprachen,
auszutauschen, Emotionen auszudrücken
zum Einsatz kommen. Aus gestalterischer
oder eindeutige Befehle zu geben, war
Sicht besonders hervorzuheben ist das
die Bildsprache nicht gut geeignet. Auf-
exakte und ebenso schlichte Design der
grund dessen wollte Neurath im Laufe
einzelnen Zeichen, welches eine modula-
der späteren Entwicklung von Isotype, in
re Verwendung der jeweiligen Elemente
erster Linie selbsterklärende Isotype-Bild-
erlaubt. Otto Neurath äußerte sich zur
zeichen schaffen, die einerseits von Wör-
Konstruktion seines Systems einmal mit
tern begleitet werden konnten und diese
folgenden Worten: „Die Welt, in der wir
andererseits zugleich unterstützten. Dies
uns bewegen, besteht aus Zeichen – die
war unter anderem ein ausschlaggeben-
Welt für uns ist eine kodierte Welt“ .
der Grund für Otto Neurath, zusammen
Diese Aussage unterstreicht nochmals
mit seiner Frau Marie, im Jahre 1940 in
deutlich die systematische und konstruk-
Oxford, das Isotype Institute zur Entwick-
tivistische Herangehensweise an seine
lung, Verbreitung und Standardisierung
neue Bildersprache. Neuraths eigener
von Piktogrammen zu gründen. Die dort
Anspruch reichte dabei nicht soweit,
entstandenen Bildzeichen finden teilweise
die vorhandenen Sprachen ersetzen zu
noch heute ihre tägliche Verwendung, wie
wollen, vielmehr sah er in Isotype eine
beispielsweise in visuellen Leitsystemen,
89
89. HARTMANN, FRANK / BAUER, ERWIN K.: Bildersprache - Otto Neurath Visualisierungen…, S. 23
64
bedeutendende gestalter von Piktogrammen otto neurath
Gebrauchsanweisungen für technische
Demokratisierung des Wissens, bezie-
Geräte, allgemeine Benutzungshinweise,
hungsweise des Wissenszugangs, doch
Zeichen für Angebote und Dienstleistun-
gerade in den Zeiten der globalen Ver-
gen, oder aber bei Anweisungen zum Ver-
netzung durch das World Wide Web eine
halten in Notfällen. Allerdings wirken viele
Renaissance.90 Oberstes Ziel von Otto
Elemente von Isotype heute überholt und
Neurath und seines Isotype-Systems ist
haben im Laufe der Zeit ihre ursprüngliche
nach wie vor Informationen verantwor-
Bedeutung eingebüßt, weshalb sie durch
tungsvoll anzubieten. Diese sollten dabei
moderne piktografische Bildsprachen er-
absolut wertfrei, allgemein verfügbar und
setzt wurden. Dennoch ist das Interesse
unabhängig sein.
90. Vgl. CHRISTIAN, ALEXANDER: Piktogramme – Kritischer Beitrag…, S. 89
an diesen sprechenden Zeichen bis heute ungebrochen, erlebt der Gedanke einer
N5
N6
Für Neurath typische grafische Aufarbeitung statistischer Fakten – Vergleich der Arbeitslosen in verschiedenen Ländern.
Markenzeichen: Streikender.
65
bedeutendende gestalter von Piktogrammen otto neurath
ISOTYPE-SYSTEM in der Praxis N7
Einblick in das, aus 端ber 2000 Zeichen bestehende, Isotype-System. Verantwortlich f端r die grafische Umsetzung war der Grafiker Gerd Arntz.
66
bedeutendende gestalter von Piktogrammen otto neurath
ISOTYPE-SYSTEM in der Praxis N8
VORHER
nachher
Umwandlung statistischer Zahlen und Fakten in leicht verständliche illustrative Darstellungen – Monopolartige Produktion aussereuropäischer Länder.
67
bedeutendende gestalter von Piktogrammen otto neurath
ISOTYPE-SYSTEM in der Praxis N9
Gewerkschaften der Erde, Atlas für Gesellschaft und Wirtschaft.
Entwicklung der Eisenbahnen, Atlas für Gesellschaft und Wirtschaft.
Handelsmarine der Erde, Atlas für Gesellschaft und Wirtschaft.
Kraftwagenbestand der Erde, Atlas für Gesellschaft und Wirtschaft.
N10
Piktogramme zur Darstellung sozialer Umstände, Gewaltverbrechen
68
bedeutendende gestalter von Piktogrammen otto neurath
69
bedeutendende gestalter von Piktogrammen otl aicher
7.2. Otl Aicher
sich vielmehr als visuelles Markenzeichen der Spiele. Die optische Einheitlichkeit
A1
Konstrukteur: Otl Aicher
A2
Aichers Plakat der Spiele 1972
91. Vgl. SEBASTIAN HEILIG: Piktogramme. Der Sportler-Strich von München. Redaktion Eintages, Spiegel Online, 2008
70
7.2.1. Meilenstein der Piktogramm-
der verschiedenen Kommunikationsmit-
gestaltung – Olympia München 1972
tel wie Signet, Farben, Kleidung, Mas-
Die zweite nennenswerte Größe in der
kottchen, Werbe- und Informationsmittel
Piktogrammgestaltung ist der Grafiker
prägten den dynamischen Auftritt in der
und Designer Otl Aicher, welcher in sei-
weltweiten Öffentlichkeit - bis heute. Für
ner Funktion als Gestaltungsbeauftragter
die grafische Realisierung der Bildzeichen
der Olympischen Sommerspiele 1972 in
selbst, ist vor allem die Verwendung eines
München, erstmals rasterbasierte Pikto-
exakt definierten Gestaltungsrasters von
gramme verwendete, welche nebenbei
großer Bedeutung. Otl Aicher sieht die
unsere Kommunikation so nachhaltig re-
besondere Qualität dieser Piktogramme
volutionierten. Otl Aicher (1922 – 1991)
hauptsächlich in der Einfachheit der Vi-
war erfolgreicher Gestalter, Typograph,
sualisierung, wobei die Gestaltung strikt
Dozent für visuelle Kommunikation, und
geometrischen Richtlinien unterliegt und
Wegbereiter des Corporate Identity-Ge-
sich jedes Zeichen, ein einem genau fest-
dankens. Sein beruflicher Höhepunkt aber
gelegtem Raster wiedergeben lässt. Die
war die Gestaltung der Piktogramme und
eingesetzten Sportartenpiktogramme, mit
Infoleitsysteme für die Olympischen Spie-
den aus rein geometrischen Formen zu-
le im Jahre 1972, an dessen gestalterischer
sammengesetzten Athleten, veranschau-
Leistung sich noch heute, unbewusst und
lichen Aichers Konzept sehr deutlich. Ein
weltweit Grafikdesigner orientieren. Seit
runder Kopf, ein Torso und Linien von
den Olympischen Spielen in München
gleichbleibender Breite für Arme und
1972 eines unmissverständlich klar: Bilder
Beine, sind dabei die Grundelemente der
funktionieren besser als Wörter. In diesem
einzelnen Sportler. Allen Piktogrammen
Fall spricht man von Piktogrammen . Die
liegt wiederum ein quadratisches Raster
Bildzeichen von München waren nicht nur
zu Grunde, in welchem die Bewegungen
grafische Hilfsmittel, sondern etablierten
der Figuren vertikal und horizontal ein-
91
bedeutendende gestalter von Piktogrammen otl aicher
ander angeglichen wurden und ihre Dy-
der Piktogramme von Otl Aicher, die in
namik durch Diagonalen in einem Winkel
München und Montreal zum Einsatz ka-
von 45 Grad bekommen. So steht, ein von
men, standen einem weiteren Einsatz bei
Aicher konstruierter Sprinter, im 45-Grad-
den Olympischen Spielen in Moskau 1980
Winkel einem bewegten Bild eines realen
leider im Weg. Aber einige Jahre später
Sportlers an Dynamik in fast nichts nach.
wurden im Auftrag des Leuchtenherstel-
Die Piktogramme können kombiniert,
lers ERCO die Piktogramme der Spiele
und einzelne Elemente problemlos ohne
1972 weiterentwickelt und ergänzt. Basis
Störeffekte hinzugefügt werden, so dass
waren diesmal ausgedehnte Recherchen
sie sich für eine Anwendung in einer Serie
über international gebräuchliche Zeichen-
gut eignen. Die Einfachheit und Redukti-
systeme und Umfragen auf großen Aus-
on der Zeichen begründete Aicher mit fol-
stellungen. So besteht auch noch heute
gendem Zitat: „Wer mit Kommunikation
die Möglichkeit einem von Aichers damals
zu tun hat, muss auf Kunst verzichten“ .
entwickelten Piktogrammen im Alltag zu
Aufgrund dieses Statements ist zu erken-
begegnen, denn die Qualität seiner Pik-
nen, dass Aicher den ursprünglichen und
togramme besteht nach wie vor darin,
geforderten Kommunikationsgedanken,
dass sie zeitlos, sprach- und kulturneutral
der vordergründigen Informationsüber-
und deshalb weltweit universell einsetzbar
mittlung, der Bildzeichen, in seiner Arbeit
sind 94.
92
93
92. Vgl. CHRISTIAN, ALEXANDER: Piktogramme – Kritischer Beitrag…, S. 99
93. Ebd., S. 202
A3
Corporate Design der Spiele.
94. LENWANDOWSKY, PINA: Schnellkurs Grafik-Design, Köln 2006, S. 101
aufgriff und unterstützte. Der Erfolg und die Funktion dieser Piktogramme wurde A4
bereits bei den Olympischen Spielen 1976 in Montreal bestätigt, denn dort wurden die Zeichen Otl Aichers ohne Modifikationen direkt übernommen. Hierzu wurden die entsprechenden Nutzungsrechte an dem Piktogramm-System von 1972 erworben. Hohe Kosten für die Nutzungsrechte
Ausstellung der Gestaltungsleistung „Olympia München 1972“.
71
bedeutendende gestalter von Piktogrammen otl aicher
A5
Lufthansa Plakat von Aicher.
A6
7.2.2. Ursprung modernen
und kommerzielle Erfolg im Vordergrund,
Kommunikationsdesigns
vielmehr war er Ästhet und Idealist. Sein
Otl Aicher wurde nicht nur durch seine
schöpferisches Werk war dabei äußerst
gestalterische Arbeit bei den Olympi-
umfangreich und vielseitig. So entwarf er
schen Spielen 1972 berühmt, sondern
unter andrem auch Schriften, wie etwa
war auch prägender Wegbereiter des
die Traffic für die Münchner Verkehrsbe-
modernen Kommunikationsdesigns. So
triebe und die weltbekannte Schriftart
unterrichtete er bereits ihm Jahre 1952
Rotis. Er gestaltete weiterhin zahlreiche
als Dozent für visuelle Kommunikation,
Bücher, Plakate und Produkte, welche
welche er als eigene Disziplin ins Leben
schon heute zu den Designklassikern ge-
gerufen hatte, an der, durch ihn mitbe-
hören. Deshalb kann und muss Otl Aicher
gründeten, Hochschule für Gestaltung in
zu den einflussreichsten Gestaltern von
Ulm. Einige Jahre später wurde er allei-
Kommunikationsdesigns der Nachkriegs-
niger Rektor der Hochschule und hatte
zeit gezählt werden.
daneben noch Gastprofessuren in Yale und Rio de Janeiro. Seinen kommerziellen Durchbruch schaffte Aicher 1967, als er zum Gestaltungsbeauftragten der Olympischen Spiele 1972 in München berufen wurde. Aicher prägte aber auch nach den Olympischen Spielen unsere Sehge-
Lufthansa Schriftzug von Aicher.
wohnheiten – bis heute. Der Grafiker war beteiligt an den Erscheinungsbildern großer Unternehmen wie Lufthansa, Braun, A7
ERCO und ZDF. Außerdem gestaltete er das benutzerfreundliche Leitsystem des
Schriftart Rotis von Aicher.
Amsterdamer Flughafens Schiphol. Dabei stand bei Aicher nicht nur der finanzielle
72
bedeutendende gestalter von Piktogrammen otl aicher
73
bedeutendende gestalter von Piktogrammen otto neurath
AICHER Sport-PiktogrammSYSTEM A8
Auswahl an Piktogrammen aus dem Sportpiktogramm-Katalog von Otl Aicher.
74
bedeutendende gestalter von Piktogrammen otto neurath
AICHER ERCO-PiktgrammSYSTEM A9
Auswahl an Piktogrammen aus dem ERCO-Piktogramm-Katalog.
75
Gegenwärtige Verwendung schilder und verkehrszeichen
8. Gegenwärtige Verwendung
Jahre 1909 die ersten vier international
gültigen Verkehrszeichen eingeführt. Von
von Piktogrammen
diesem Zeitpunkt an, mit dem Aufkom-
S1
Verschiedene Schilder.
8.1. Schilder und Verkehrszeichen
men und der stetigen Weiterentwicklung
Achtung! Die, im Straßenverkehr einge-
der Globalisierung und des Straßenver-
setzten Signal- oder Verkehrszeichen,
kehrs, wurde dieses Zeichensystem ste-
haben im Gegensatz zu allen anderen
tig ausgebaut und zum international ver-
Zeichen, weniger eine passive Funktion.
einbarten Standard erhoben. Daher sind
Vielmehr kommt ihnen eine aktiv vermit-
diese Verkehrszeichen, in gegenwärtiger
telnde, informierende Rolle zu. Ihr Zweck
Form, auf der ganzen Welt zu finden und
ist im Sinne eines Hinweises, eines Be-
müssen bis auf wenige landes- und kultur-
fehls, einer Warnung, eines Verbots, oder
spezifische Ausnahmen als einheitliches
aber einer einfachen Instruktion, nicht so
Regelsystem betrachtet werden. Diese
sehr kommunikativer Art, sondern muss
bildlichen Unterschiede und Besonder-
vielmehr auf unmittelbares Reagieren,
heiten finden sich meist bei landestypi-
beziehungsweise direktes Handel seitens
schen Schildern, die jeweils vor der lo-
des Betrachters gerichtet. So stellt sich
kalen Fauna warnen, wie beispielsweise
das Signalzeichen, durch seine äußere
Hinweise vor Koalas in Australien oder vor
Gestalt, wie etwa in Form eines Schildes
Elchen in Skandinavien. Um die internati-
oder einer Tafel, sozusagen gegen den
onale Verständlichkeit zu verbessern, wird
Willen des Menschen in dessen Blick-
heutzutage weitgehend auf die Verwen-
feld . Daraus folgende ist das materia-
dung von Schriftzeichen verzichtet, zu-
lisierte Piktogramm zum wesentlichen
mal das Lesen von schriftlichen Hinweisen
Bestandteil unseres Umweltbildes und
oder Anweisungen die Reaktionszeit des
Lebensraum geworden. Ein Ausweichen
Rezipienten unnötig verlängert. Schließ-
ist kaum mehr möglich. Wie bereits im
lich müssen die Straßenverkehrszeichen
Kapitel drei, Geschichtliche Entstehung
jederzeit und für jederman, auch bei ho-
der Piktogramme, erwähnt, wurden im
hen Geschwindigkeiten und schlechten
95
95. Vgl. Frutiger, Adrian: Der Mensch..., S. 152
76
Gegenwärtige Verwendung schilder und verkehrszeichen
Sichtverhältnissen erkennbar sein, um
Straßen schätzungsweise über 20 Millio-
möglichen Gefahren vorzubeugen. Ein
nen Verkehrszeichen, mindestens ein Drit-
großer Vorteil der Verkehrsschilder, im
tel aller Schilder ist überflüssig. Aufgrund
Vergleich zu anderen Schildern, liegt da-
des unüberschaubaren Schilderwaldes ist
rin, dass bereits von Weitem zumindest
es nur gut verständlich, dass so mancher
die Form der einzelnen Schilder zu er-
Autofahrer einfach den Durchblick in
kennen ist, sodass sich die Autofahrer auf
diesem Wirrwar aus Schildern und Zei-
die veränderte Verkehrssituation einstel-
chen verliert. Dies hat nun auch die Bun-
len können, noch bevor ihnen die genaue
desregierung von Deutschland erkannt,
96
Bedeutung der Zeichen deutlich wird.
und beginnt ab 1. September 2009 den
Dieser Faktor ist allerdings nur möglich,
Schilderwald langsam abzuholzen. Hierzu
weil die Bedeutung und Beschaffenheit
werden acht, momentan noch gültige, Ver-
von Straßenverkehrszeichen in jedem Fall
kehrsschilder sofort gestrichen und sechs
gelernt werden muss und ihm Rahmen
weitere Schilder, sollen in den kommen-
der Führerscheinprüfung abgefragt wird.
den Jahren aus dem Verkehr gezogen
Dieses Beispiel verdeutlicht zugleich, dass
werden97. Dies soll einerseits eine Erleich-
man nicht von einer natürlichen, interna-
terung für den Autofahrer bringen und
tionalen Verständlichkeit von grafischen
setzt andererseits wieder mehr auf Eigen-
Symbolen, beziehungsweise Piktogram-
verantwortung im Straßenverkehr beim
men, ausgehen darf. Ein weiteres Problem
Fahrer selbst. Wird ihm doch ein kleiner
der Verkehrszeichen, ist die unaufhaltsame
Teil der regelenden und verantwortungs-
Vermehrung der Zeichen selbst. Durch
übernehmenden Hilfsmittel genommen.
immer neue Regelungen und Vorschriften
Die angesprochenen Zeichen und weitere
der Straßenverkehrsordnung nimmt die
interessante, sowie kuriose Schilder sollen
Zahl der Schilder stetig zu. Die Wahrneh-
nun im Abschluss dieses Kapitels, grafisch
mung und das Verständnis der einzelnen
aufgearbeitet, präsentiert werden.
Zeichen nimmt infolgedessen jedoch ab. Laut dem ADAC stehen entlang deutscher
96. Vgl. CHRISTIAN, ALEXANDER: Piktogramme – Kritischer Beitrag…, S. 106
97. Vgl. AMS-REDAKTION: Der Schilderwald lichtet sich, in Auto Motor und Sport, Ausgabe. 19 (2009), S. 9
S2
Diese Verkehrschilder werden bald aus dem deutschen Schilderwald verschwinden
77
Gegenwärtige Verwendung Sind Piktogramme im Alltag und öffentlichem Raum visuelle Umweltverschmutzung?
98. HANZER, MARKUS: Krieg der Zeichen – Spurenlesen im urbanen Raum, Mainz 2009, S. 274
78
8.2. Sind Piktogramme im Alltag
tor die Verursacher der visuellen Umwelt-
und öffentlichem Raum visuelle
verschmutzung, durch den übermäßigen
Umweltverschmutzung?
und fragwürdigen Einsatz von Schildern
Ähnlich, wie beim Beispiel des Straßen-
und Piktogrammen, und spricht gleichzei-
verkehrs, verhält es sich heutzutage auch
tig den Unmut der irritierten Rezipienten
bei der unaufhaltsamen Vermehrung von
an. So ist der stetige Entwicklungsprozess
Schildern und Bildzeichen im öffentli-
der Zeichen im Kampf zwischen Tradition
chen Raum. Diese unscheinbaren, aber
und Innovation sicherlich nicht aufzuhal-
allgegenwärtigen Zeichen buhlen dabei
ten, aber die visuelle Präsenz im öffent-
konkurrierend um unsere ungeteilte Auf-
lichen Raum sollte dabei mehr reguliert
merksamkeit. Die schier unüberschaubare
werden. Dabei liegt das Problem nicht
Vielfalt der eingesetzten Piktogramme,
alleine in der kaum zu bewältigenden In-
vor allem im urbanen Umfeld der Stadt,
formationsflut selbst, sondern vielmehr
übersteigt zunehmend unsere Fähigkeit,
in der daraus resultierenden Schwierig-
diese zu überblicken und die gewünschte
keit, bedeutende Informationen aus der
Information des jeweiligen Zeichens zu in-
Flut der Daten herauszufiltern. Dieses,
terpretieren. Somit kommt es immer mehr
weltweit vorherrschende, Phänomen wird
zu Verwirrung und Unverständlichkeiten,
im Englischen als information overload
welche kurioserweise durch die eigent-
bezeichnet und mündet meist in Verun-
lichen Kommunikationshelfer hervorge-
sicherung, Unbehagen und allgemeine
rufen werden. Hierzu formuliert Markus
Orientierungslosigkeit beim Empfänger.
Hanzer in seinem Werk, Krieg der Zeichen,
Diese Entwicklung steht somit im krassen
treffend: „Wem es nicht gelingt, beina-
Gegensatz zum eigentlichen Kommuni-
he jede Ecke mit seinen Botschaften zu
kationsgedanken der Bildzeichen. Der
besetzen, läuft immer Gefahr, übersehen
Verlust der Wirksamkeit der grafischen
zu werden. Wer es versucht, muss immer
Zeichen liegt dabei zudem hauptsächlich
öfter mit Widerstand rechnen.“ Mit die-
in der Konkurrenz der verschiedenen Zei-
sem aktuellen Statement, kritisiert der Au-
chensystem unseres täglichen Umfelds,
98
Gegenwärtige Verwendung Sind Piktogramme im Alltag und öffentlichem Raum visuelle Umweltverschmutzung?
wie zum Beispiel Werbung, Verkehrszei-
im Bezug auf eine Sinnentleerung der Zei-
chen, Hinweisschilder, Wegleitsysteme
chen, im anschließenden Kapitel, Aktuelle
und sogar moderne Formen, wie Graffiti.
Medienbespiele, anhand zweier ausge-
Diese vermehrte Verwendung von visuell
wählten Beispiele aus der Praxis überprüft
reduzierten Symbolen, aller Arten in immer
werden. Im Zuge dieses Abschnitts soll
neuen Kontexten, kann einen gewissen
herausgefunden werden, ob die Feststel-
Informationsverlust der Zeichen mit sich
lung der visuellen Umweltverschmutzung
bringen. Der Medienwissenschaftler Neil
durch Piktogramme berechtigt ist.
Postman spricht in diesem Zusammenhang von der Trivialisierung der Symbole als einem Prozess ihrer Sinnentleerung, und macht hierfür zwei entscheidende Faktoren verantwortlich99. Zum einen, lassen sich seiner Ansicht nach, Symbole, vor allem in Bildkontexten, zwar endlos repro-
99. Vgl. CHRISTIAN, ALEXANDER: Piktogramme – Kritischer Beitrag…, S. 129 ff.
duzieren und wiederholen, ihre Wirkung dabei ist, laut Postman, aber keineswegs
100. Ebd.
unerschöpflich. Je häufiger ein Symbol verwendet wird, desto stärker verliert seine Bedeutung an Kraft und desto mehr versickert der gewünschte Symbolgehalt. Zum anderem, wird der Prozess der Sinnentleerung auch dadurch vorangetrieben, dass Symbole wahrlos in alle möglichen Kontexte transformiert werden100. Dieses gerade beschriebene Phänomen nennt Postman selbst information trivia. Gerade der Faktor, der immer neuen Kontexte, soll
79
S3
aktuelle medienbeispiele Alfa romeo mito
9. Aktuelle Medienbeispiele
dabei um eine kreative Bildsprache handeln, welche sich auch über konventionel-
M1
Werbeobjekt: Alfa Romeo Mito.
M2
Piktogramme des „Alfabets“.
M3
Online-Werbe-Banner.
82
9.1. Alfa Romeo Mito
le Sprachgrenzen hinweg setzt. Dazu stellt
Nach einer ausführlichen und detailier-
der Automobilhersteller dem Nutzer auf
ten Behandlung der Theorie zur Thematik
seiner Website www.alfamitoclip.com das
der Piktogramme, soll es nun im folgen-
digitale Vokabular zur Verfügung, mit dem
den Kapitel, um die praktische Verwen-
sich jede erdenkliche Geschichte erzählen
dung der Bildzeichen, anhand aktueller
lässt. Nach der europaweiten Ausstrah-
Medienbeispiele gehen. Als Erstes wird
lung der ersten 10- und 30-Sekunden-
dabei der Einsatz der Bildzeichen in der
Clips von Alfa Romeo im TV und Kino,
Werbung näher betrachtet, hierzu dient
sollte der Anwender motiviert werden,
uns die derzeitige Werbekampagne des
eigene Bildergeschichten im gleichen Stil,
Alfa Romeo Mito. Die italienische Auto-
mittels des Alfabets zu kreieren und auf
marke bestreitet mir ihrer europaweiten
der Plattform zu präsentieren. Die kurzen
Kampagne, für die Neueinführung der
Fernsehspots dienten dabei jedoch eher
trendigen Modellreihe Mito, neue Kom-
als Inspirationsquelle für die späteren Fil-
munikationswege und setzt dabei voll auf
memacher. Besonders hervorzuheben ist
die Verständigung mittels Piktogrammen.
bei den Clips vor allem der aktivierende
Hierfür konzipierte die, ebenfalls italieni-
Sound der Gruppe Daft Punk und dem
sche, Agentur Saffirio Torelli Vigotti das
Song Technologic, welcher dem Spot die
sogenannte Alfabet, eine digitale Bild-
gewisse Dynamik verleiht. Das Angebot
sprache die aus hunderten Icons und
von Alfa Romeo stößt beim modernen
Piktogrammen besteht. Laut Pressetext
Web 2.0-Nutzer auf enorme Resonanz. So
stellt sich der Mito dabei in einer ganz
wurden bis heute schon über 6800 user
neuen Kommunikationsstrategie vor, und
generated ads veröffentlicht, welche nicht
lädt das Publikum zugleich ein, die neue,
nur auf der dafür vorgesehenen Website
international verständliche Sprache selbst
gezeigt werden, sondern sich auch über
zu entdecken und zu nutzen. Es soll sich
online Videoplattformen, wie beispiels-
aktuelle medienbeispiele Alfa romeo mito
weise YouTube, extrem schnell verbrei-
verbale Kommunikation erfüllt worden
teten und somit eine große Werbeprä-
sind, wurde jedoch das Interesse an den
senz für Alfa Romeo produzieren. Dies
sprechenden Zeichen, durch die Kombi-
wiederum bringt einen positiven, viralen
nation mit den modernen Techniken des
Marketingeffekt mit sich bringt und die
Internets, neu geweckt, und ihre gegen-
Marke, beziehungsweise das Auto, bleibt
wärtige Berechtigung bestätigt.
M4
Alfabet-Verwendung auch bei klassischen Print-Anzeigen.
auf diese Weise im Gespräch bleibt. Die Motive der Print- und Onlinekampagnen M5
beziehen ebenfalls die piktografischen Alfabet-Elemente mit ein, und werden somit auch zu kleinen, klassischen Bildergeschichten, wodurch der neue kommunikative Gesamtauftritt abgerundet wird. Abschließend stellt sich nun die Frage, welchen Anteil die Verwendung von Piktogrammen zum maßgeblichen Erfolg der Kampagne beigetragen hat. Festzu-
Ansicht des Mitoclip-Generators auf der Onlineplattform.
halten ist auf jeden Fall, dass durch die einfache und deutliche Kommunikation M6
durch Bildzeichen eine großes Interesse an dieser Art der Verständigung geweckt wurde. Gewünschte Botschaften konnten einfach und direkt vermittelt werden und machten gleichzeitig auch noch Spaß. Daher ist den verwendeten Piktogrammen sicherlich ein großer Teil des Erfolges zuzusprechen, auch wenn nicht alle formal geforderten Bestandteile für eine non-
Auswertung der Online-Aktion auf www.alfamitoclip.com
83
aktuelle medienbeispiele Alfa romeo mito
alfa mitoclip my saturday 1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
Alfa Romeo Bildergeschichte „My Saturday“, realisiert mittels der Piktogramme des „Alfabets“.
84
M7
aktuelle medienbeispiele Alfa romeo mito
alfa mitoclip my first son M8 1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
Alfa Romeo Bildergeschichte „My First Son“, realisiert mittels der Piktogramme des „Alfabets“.
85
aktuelle medienbeispiele Piktogramme der zdf heute nachrichten
Z1
Der neugestaltete heute-Auftritt, inklusive neuem Studio-Design.
Z2
Deutliche Informationsgrafiken stehen nun im Vordergrund.
Z3
Neue Karten und Piktogramme vervollständigen den Auftritt.
86
9.2. Piktogramme der ZDF
bewusst zu unterstreichen. Die modern
Heute Nachrichten
wirkenden Bildzeichen sollen künftig,
Von der fiktiven Werbewelt zu den realen
innerhalb der Nachrichtensendung, ver-
Fakten – hierfür wird, als zweites Beispiel
stärkt zur Informationsvermittlung einge-
für die Verwendung von Piktogrammen in
setzt werden und die bereits bestehende
der gegenwärtigen Medienlandschaft, die
Typografie unterstützen. Durch ihre klare
Neugestaltung der ZDF Heute Nachrich-
und reduzierte Formensprache, welche
ten angeführt. Besonderes Augenmerk
aus der neu konstruierten Schrift abge-
gilt hierbei vor allem der Konstruktion
leitet ist, bilden die Piktogramme einen
und Gestaltung der neuen Informations-
ruhigen Kontrast zur Masse der bewegten
grafiken und Piktogrammen. Eines vor-
Bilder. Laut des Pressetextes von Eden-
weg: bei den verwendeten Bildzeichen
spiekermann, sollen die neuen Icons da-
handelt es sich formal eher um Icons, als
bei gleichzeitig eine zusätzliche Ebene
um klassische Piktogramme. In einem
schaffen, die hilft, komplexe Sachver-
gut dreijährigen Entwicklungsprozess
halte verständlich zu erklären. So verfol-
erarbeitete ein interdisziplinäres Team,
gen die Gestalter der ZDF-Piktogramme
bestehend aus verschiedenen renom-
anscheinend die Spuren von Otto Neu-
mierten Design-Agenturen, die Neuge-
rath und seiner Devise der Demokratisie-
staltung und Neustrukturierung der ZDF
rung des Wissens. Es stehen nun mehr
Heute Nachrichten. Für die Realisierung
als 200 Zeichen, teilweise animiert, den
der Informationsgrafiken und Piktogram-
Grafikredakteuren zur Verfügung, um die
me ist vor allem die Kommunikations-
gewünschten Inhalte visuell transportie-
agentur Edenspiekermann (Berlin, Ams-
ren zu können. Das Sammelsurium der
terdam) verantwortlich. Zusätzlich zu der
Piktogramme setzt sich dabei aus zirka
grafischen Umsetzung wurde eine neue
60 animierten Wettericons und mehr als
Schriftart, genannt ZDF News, von Eden-
150 Informationsicon zusammen, wovon
spiekermann entwickelt, um die Eigen-
ungefähr 20% nochmals animiert sind.
ständigkeit des neuen Auftritts nochmals
Hierbei muss angemerkt werden, dass
aktuelle medienbeispiele Piktogramme der zdf heute nachrichten
nicht jedes Piktogramm dieser Serie auf
ner Geschichte gehören, die erzählt wird.
Anhieb selbsterklärend ist oder sinnvoll
So bleibt zum Schluss die Frage offen,
erscheint. So gibt es beispielsweise Icons
ob eine Nachrichtensendung überhaupt
für Situationen wie Bestechung und Bom-
Piktogramme zur Unterstützung ihrer In-
benattentat, welche erst auf den zweiten,
halte benötigt. Schließlich kann man nicht
oder dritten Blick verständlich sind – falls
jedes Thema mit Bildzeichen abdecken
überhaupt. Ein weiterer Kritikpunkt der
oder veranschaulichen. Wenn es nach
zwanghaft modernen Gestaltung der Pik-
der allgemeinen Forderung nach Kultur,
togramme, kann die Tatsache angeführt
Bildungs- und Sprachneutralität bei Pikto-
werden, dass die Zeichen eindeutig auf
grammen geht, dann ja. Denn wenn auch
Web 2.0-Ästhetik mit ihrer buttonhaften
nicht alle Inhalte durch eine Piktogramm-
Darstellung getrimmt wurden, was die
darstellung abgedeckt werden können,
vordergründige Verständlichkeit und Ein-
so dienen diese Zeichen doch trotzdem
deutigkeit nicht unbedingt po sitiv unter-
der einfacheren und urteilsfreieren Ver-
stützt. So enthalten einige der Bildzeichen
ständigung.
Z4
Z5
Ebenfalls komplett neu gestaltet: die Wetter-Karte und die dazugehörigen Piktogramme.
in der Darstellung schlicht zu viele Details, und wirken somit vielmehr wie IllustratiZ6
onen, als wie klassische Piktogramme. Zudem verwirren die teilweise vorhandenen Animationen den Betrachter nur unnötig. Die Entwickler der Zeichen setzen diesen Argumenten allerdings entgegen, dass die Piktogramme in Anlehnung an die neue charakterstarke Schrift ZDF News entstanden sind, und den Stil der reinen Textinformation in den bildlichen Bereich übertragen sollen. Außerdem seien es gewollte Illustrationen, die zu ei-
Die neuentwickelten Piktogramme werden zur Unterstützung der Verstehens von Zahlen und Fakten eingesetzt.
87
aktuelle medienbeispiele Piktogramme der zdf heute nachrichten
ZDF HEUTE PIKTOGRAMME Z7
Die neu konstruierten und teilweise animierten Piktogramme der ZDF heute-Nachrichten, welche von der eigenen Schriftart„ZDF News“ abgeleitet wurden.
Z8
Die Merkmale der Schrift wurden auf die Piktogramme übertragen, um einen einheitlichen und sachlichen Stil für das Gesamtbild zu schaffen.
Piktogramme für: Familie, Soldaten, Gruppen, Autos, Polizei und Ambulanz. Durch Veränderungen und Kombinationen erhalten die Zeichen eine neue Bedeutungen.
88
aktuelle medienbeispiele Piktogramme der zdf heute nachrichten
ZDF HEUTE PIKTOGRAMME Z9
Beispielhafte Tastaturbelegung der Schriftart „ZDF News“ für die Implementierung als Schriftzeichen, um eine einfachere Handhabung zu gewährleisten.
89
aktuelle medienbeispiele Beispiele aus der welt der werbung
9.3. Beispiele aus der Welt der Werbung Zum Abschluss des Kapitels werden nun noch einige Praxisbeispiele aus der weiten Welt der Werbung gezeigt und kurz 101. Anm.: Alle gezeigten Werbungen sind der Adverstising-Plattform www.adsoftheworld.com entnommen. Es handelt sich dabei um reale und geschaltete Anzeigen und Plakate.
beschrieben101. Als kurzes Fazit vorab ist festzuhalten, dass die dort eingesetzen Piktogramme zum größten Teil nur als Schmuckelemente und zur Dekoration der Anzeigen eingesetzt werden. Weiterhin ist aufgefallen, dass die Bildzeichen auch gerne verwendet werden, um komplexe Zusammenhänge oder schwierig zu vermittlende Aussagen darzustellen. Dabei wird in einigen Fällen auch eine ganze Bildergeschichte, mittels der Zeichen erzählt. Die Piktogramme sind dabei meist das Hauptgestaltungsmerkmal, welches im Vordergrund steht und der Rest des Layouts überlicherweise daran angepasst wird. So werden eindeutige Piktogramme oft auf leuchtenden Farben platziert, um die Signalwirkung der Zeichen zu unterstützen. Anscheinend besonders beliebt sind die sprechenden Zeichen in der Automobilbranche und sozialen Einrichtungen, da diese Anzeigen den Großteil, der hier gezeigten Sammlung, ausmachen.
90
aktuelle medienbeispiele Beispiele aus der welt der werbung
91
aktuelle medienbeispiele Beispiele aus der welt der werbung
Beispiele aus der welt der WErbung
Anzeigenserie für die TierschutzOrganisation Pro Wildlife. Verschiedene Motive im Stil von Piktogrammen. Bilder sind zusammengesetzt aus Tieren und Waffen.
Anzeigen des Automobilherstellers Jeep, Kombinationen aus Straßenschildern und grafisch reduzierten Tierdarstellungen.
Provokantes Plakat für den Hutherstellers Hut Weber. Grafisch sehr reduzierte Darstellung zweier historischen Persönlichkeiten.
92
aktuelle medienbeispiele Beispiele aus der welt der werbung
Beispiele aus der welt der WErbung
Plakatserie der Tierschutzorganisation PeTA. Einsatz von Piktogrammen zur einfacheren Darstellung eindeutiger Handlungen.
Plakatserie das Low Budget Hotel Hans Brinker Budget Hotel. Reduktion auf das Wichtigeste mittels einfacher Piktogramme.
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aktuelle medienbeispiele Beispiele aus der welt der werbung
Beispiele aus der welt der WErbung
Anzeigen die Brauerei Goldstar. Kurze Bildergeschichte zum kleinen Unterschied von Mann und Frau. Verwendung von einfachen Grafiken und Piktogrammen.
Plakat für den Kaugummiproduzenten Wrigleys. Dieses zeigt eine Gebrauchsanleitung für die Wiederverwendung der Kaugummies. Grafische Umsetzung mittels einfach verständlicher Bildzeichen.
Anzeige für Mercdes Benz. Mit kurzer Bildergeschichte in Form eines Flussdiagramms.
Guerilla-Werbeaktion für die TV-Show True Blood. Prägnante grafische Darstellung und Anleitung durch Bildzeichen.
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aktuelle medienbeispiele Beispiele aus der welt der werbung
Beispiele aus der welt der WErbung Guerilla-Werbeaktion des Deoherstellers AXE. Verfremdung bzw. Manipulation von bestehenden Hinweisschildern durch Hinzufügen zusätzlicher Piktogramme, um die Aussage zu verändern.
Anzeigenserie für die National Veterans Wheelchair Games. Veränderung von existierenden Piktogrammen, um eine neue Aussage zu schaffen.
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aktuelle medienbeispiele Beispiele aus der welt der werbung
Beispiele aus der welt der WErbung
Anzeigen f체r 360째-Taschen. Geschickte Kombination von auf T-Shirts gedruckten Bildzeichen und Trageriemen der Taschen.
Werbeanzeige des Sportartikelherstellers Nike. Einsatz der Piktogramme als reines Gestaltungselement f체r einen urbanen Look.
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aktuelle medienbeispiele Beispiele aus der welt der werbung
Beispiele aus der welt der WErbung Plaktate für den Volkswagen Fox. Hauptgestaltungselement sind hierbei bestehende Verkehrsschilder und Symbole, welche ohne inhaltlich Veränderung genutzt werden.
Anzeigen für das Potzenmittel Viagra. Verwedung von Piktogrammen bzw. Schildern aus dem Straßenverkehr. Keine optische Veränderung, der neue Kontext alleine reicht für ein neues Statement aus.
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aktuelle medienbeispiele Beispiele aus der welt der werbung
Beispiele aus der welt der WErbung
Anzeigenserie f체r das neuen Toyota IQ. Beim Layout steht das Auto im Mittelpunkt, welches in Kombination mit Piktogrammen auftritt. Die Zeichen sollen dabei verschiedene Eigenschaften des Autos hervorheben und sind gleichzeitig zus채tzliches Gestaltungselement.
Mehrere Plakate f체r die Sprachschule Berlitz. Bei den Motiven stehen unterschiedliche Schilder, beziehungsweise Verkehrzeichen im Vordergrund. Dabei findet eine Anspielung auf die geforderte internationale Verst채ndlichkeit dieser Schilder statt.
98
aktuelle medienbeispiele Beispiele aus der welt der werbung
Beispiele aus der welt der WErbung
Anzeigen für die Zeitschrift BMX Rider. Verwendung existierender Bildzeichen aus dem Straßenverkehr, plus eine neue Platzierung der Zeichen ergibt einen neuen Kontext.
Anzeigenserie für den Automobilhersteller Renault. Die Piktogramme und Motive von Verkehrsschildern werden verwendet, um die Sicherheit des Autos hervorzuheben. Die Zeichen treten dabei überdimensoniert in Kombination mit dem Fahrzeug auf.
99
aktuelle medienbeispiele Beispiele aus der welt der werbung
Beispiele aus der welt der WErbung Anzeigenschaltung für die Hygienemarke Listerine. Groß platzierte, plakative Piktogramme als Eyecatcher. Kombination aus Sprechblase und Objekt.
Plakatkampagne für die Naturschutzorganisation WWF. Hauptmotiv besteht aus Bildzeichen bedrohter Tierarten oder Bäume, in Verbindung mit einem bekannten Spieleklassiker.
100
aktuelle medienbeispiele Beispiele aus der welt der werbung
Beispiele aus der welt der WErbung Anzeigenserie f端r den Kondomhersteller Durex. Gestalterische Verharmlosung eindeutiger Sexstellungen durch die Realisierung, in Form von Sexpositionen, mittlels Piktogrammendarstellungen.
Plakate f端r die Menschenrechtorganisaition IGFM. Die verwendeten Piktogrammen deuten, in Anlehnung an die Bildzeichen der Olympischen Spiele, Menschenrechtsverletzungen in China an.
101
102
zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation
kapitel drei der schluss Piktogramme – Botschafter
der moderne Mensch im alltäglichen Le-
der nonverbaleN Kommuni-
ben umgeben ist, so wird schnell klar,
kation oder Verfall zum
dass man sich heute ohne die nonver-
sinnentleerten Schmuck-
balen Kommunikationsbotschafter kaum
element?
mehr zu Recht finden würde. Denn wie zu Beginn dieser Arbeit bereits erwähnt:
Im Verlauf meiner Auseinandersetzung
Piktogramme begegnen uns überall auf
mit der obigen Fragestellung, beginnend
der Welt. Ampelmännchen helfen uns,
von den divergenten Definitionen, der
relativ sicher eine Straße zu überqueren,
Differenzierung unterschiedlicher Arten
Richtungspfeile führen uns durch unbe-
von Bildzeichen, sowie der geschichtli-
kanntes Territorium beschirmt ans Ziel
chen Entstehung von Piktogrammen zu
und durchgestrichene Bildzeichen wei-
Beginn des Hauptteils, fortlauffend über
sen uns auf Verbote hin. So finden wir uns
die Grundlagen der sprachlichen Interak-
auch in fremden Ländern und Kulturen
tion durch Zeichen, den Anforderungen
zurecht und eine Integration in eine, für
und der grafischen Bauanleitung für Pik-
uns neue Gesellschaft, gestaltet sich heu-
togramme im Mittelteil der Arbeit, bishin
te als durchaus lösbar. Wirft man den Pik-
zur eingehenden Auseinandersetzung
togrammen auch gerne vor zum reinen
mit den wohl bedeutendsten Piktogramm-
Schmuckelement verkommen zu sein, so
gestaltern Otto Neurath und Otl Aicher
ist dies in der Tat nur in den seltensten
und der gegenwärtigen Verwendung von
Fällen gerechtfertigt, werden sie doch
Piktogrammen anhand aktueller Medien-
meist dazu eingesetzt, um komplexe
beispiele, hat sich gezeigt, dass vor allem
Sachverhalte verständlicher zu vermit-
in unserem multimedialen und interkul-
teln. Es kann nur dann von einer gewissen
turellem 21. Jahrhundert, eine Welt ohne
Sinnentleerung der Bildzeichen gespro-
Bildzeichen nahezu unvorstellbar gewor-
chen werden, wenn sie ihrer eigentlichen
den ist. Wirft man einen Blick auf die
Funktion, der Übermittlung nonverbaler
zahlreichen Piktogramme, von welchen
Botschaften, entfremdet und nurmehr
103
zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation
K1
Piktogramm-Installation von Pippo Lionni.
K2
Installation im öffentlichen Raum von Pippo Lionni.
104
zur grafischen Unterstützung eingesetzt
tionieren müssen, stellen sie den Grafik-
werden. Verwendet man Piktogramme
designer sowohl bei der Entwicklung als
also im Kontext ihrer ursprünglichen Mis-
auch bei der Piktogrammgestaltung vor
sion, so ist eine Vielzahl der Bildzeichen
schwierige Aufgaben. Dieser muss sich
nicht kritisch, sondern absolut positiv zu
stets vergegenwärtigen, dass Piktogram-
betrachten. Denn eben diese kleinen non-
me nur dann funktionieren, wenn sie die
verbalen Kommunikationsbotschafter sind
geforderten Kriterien von Otl Aicher er-
es, welche stets aktuell sind, im Trend lie-
füllen, wie ich im Gliederungspunkt fünf
gen und mit der Zeit gehen. Schon allei-
und sieben ausführlich erläutert habe. So
ne diese Tatsache führt eben dazu, dass
müssen Piktogramme stets Zeichencha-
sie gegenwärtig für jedermann leicht zu
rakter haben, lesbar sein und somit die
verstehen sind. Meine eingehende Be-
Zugänglichkeit zur eigentlichen Informa-
schäftigung mit diesem Thema, im Zuge
tion zu gewährleisten, ebenso sollten sie
der vorliegenden Arbeit, hat weiterhin er-
eine gewisse Kultur- und Bildungsneut-
geben, dass der ursprüngliche Kommuni-
ralität besitzten und einheitliche Gestal-
kationsgedanke nahezu in allen Verwen-
tungsregeln verfolgen, um für jedermann
dungsbereichen immer erfüllt ist, egal ob
verständlich zu sein. Der Designer sollte
bei Leitsystemen, Beschreibungen oder
aber dennoch darauf achten Tabus, ins-
aber im Bereich der Werbung.
besondere bei kulturellen und vor allem
Piktogramme sind notwendig, um sich im
auch religiösen Unterschieden, nicht zu
alltäglichen Leben zu Recht zu finden –
verletzten.
heute mehr noch als vor einigen Jahren. So
Für eben diese Gestaltungskriterien wa-
sind sie es, die helfen Dinge und komple-
ren und sind bis heute die Arbeiten des
xe Sachverhalten auf einfachstem Wege
Grafikers Otl Aicher wegweisend. Dieser
zu vermitteln und zu erklären. Sie bilden
lieferte eine nahezu revolutionäre Gestal-
somit die Paradedisziplin des modernen
tungsleistung in Bezug auf die Selektion,
Kommunikationsdesigns und schon allein,
die Strukturierung und Reduktion von In-
weil sie punktgenau und unmittelbar funk-
formation. Doch nicht nur Aicher, sondern
zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation
auch Otto Neurath trug seinen Teil zur
(Kurze Geschichten durch Verwendung von
innovativen Piktogrammgestaltung bei. Er
Piktogramme) veranschaulicht. Auch ist in
nutzte eben diese Bildzeichen um sowohl
Bezug auf Ausstellungen ein Trend hin in
eine Demokratisierung des Wissens als
Richtung künstlerisches Piktogrammde-
auch soziale Gerechtigkeit durch Bildung,
sign zu verzeichnen, so gab es beispiels-
zu erlangen.
weise in diesem Zusammenhang die Aus-
Würde man mich, nach dieser Arbeit, nach
stellung Die Einsamkeit der Zeichen103 und
der Notwendigkeit von vorgegebenen
eine weitere mit dem Titel Krieg der Zei-
Axiomen für Piktogramme, fragen, so
chen – Spurenlesen im urbanen Raum.104
würde ich antworten, dass festgesetzte
In letzterer wurden Sammlungen verschie-
Normen durchaus hilfreich, aber lediglich
dener Zeichen und Schilder von Markus
für international gültige Zeichensysteme,
Hanzer gezeigt.
wie es beispielsweise bei Verkehrszeichen
Am Ende meines theoretischen Teils an-
der Fall ist, von unabdingbarer Bedeu-
gekommen, bleibt demnach eines fest-
tung sind. Piktogramme und deren For-
zuhalten. Piktogramme bereichern unser
derungen sollten meiner Meinung nach,
alltägliches Leben mehr, als es uns eigent-
heute in ihrer Verwendung nicht immer so
lich bewusst ist. Auf der einen Seite die-
ernst genommen werden. Vielmehr sollte
nen sie als Botschafter nonverbaler Kom-
man als Grafiker versuchen mit Hilfe der
munikation und erleichtern unseren Alltag
Bildzeichen neue Wege zu beschreiten,
in den verschiedensten Bereichen, auf
wie es uns das weite Feld der Kunst er-
der anderen Seite aber liefern sie ebenso
möglicht. Als Designer und Grafiker ist
kreativen Input für moderne Kunst. Ich
man stets auch eine Art Künstler, welcher
würde mir sehr wünschen, dass die Desi-
neue Dinge kreiert, bisher bestehende
gner von heute den Mut aufbringen sich
Vorstellungen überschreitet und Neues
mehr der Piktogramme als gestalterische
schafft. Diese moderne, künstlerische
Elemente zu bedienen, alle Forderungen,
Verwendung von Piktogrammen wird vor
Normen und Ansprüche zu vergessen und
allem durch die Werke von Pippo Lionni102
den Mut haben, durch kreative Verwen-
102. Vgl. Lionni, Pippo: Facts of Life Vol. 1, 2. Auflage, Mainz 2000.
103. Vgl. Ackermann, Marion: Piktogramme – Die Einsamkeit der Zeichen, Stuttgart 2006.
104. Vgl. Hanzer, Markus: Krieg der Zeichen – Spurenlesen im urbanen Raum, Mainz 2009.
K3
Eröffnungsplakat der Ausstellung: „Einsamkeit der Zeichen“ von Marion Ackermann
105
zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation
dung der Bildzeichen neue Kontexte zu erschaffen. Sie sollen Freude an dieser, bereits bestehenden Form des Kommunikationsdesigns haben und sich darauf einlassen, mit Hilfe der Piktogramme neue Wege der Kunst zu beschreiben. K4
Ich selbst, bin diesem innovativen Weg gefolgt und habe versucht, im folgenden praktischen Teil meiner Arbeit, Kunst durch Piktogramme auferstehen zu lassen. Vorbild hierfür waren natürlich die Kreationen von Lionni und verschiedene Ausstellungen. Im Folgenden werden sie nun bereits vorhandene Piktogramme entdecken, welche verändert, neu kom-
Piktogrammverfremdung eines unbekannten Künstlers.
biniert oder aber in neue Kontexte gesetzt wurden. Denn meiner Meinung war und ist es immer noch Aufgabe eines modernen Designers, Mut zu haben an neuen, noch unbekannten, grafischen Ufern zu landen, Entdeckungen zu machen und daraus resultierende Entwicklungen und Ideen zu zulassen. Theoretisches Wissen, praktische Fertigkeiten und Vorgegebenes umzusetzen sind das eine, den Mut zu haben, Normen zu durchbrechen und unbändige Freiheit in die eigene Gestaltung zu legen das andere.
106
zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikatioN
107
108
zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation
kapitel vier die Praxis
109
zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation
Literatur verzeichnis Abdullah, Rayan / Hübner, Roger: Piktogramme und Icons – Pflicht oder Kür?, Mainz 2005. Ackermann, Marion: Piktogramme – Die Einsamkeit der Zeichen, Stuttgart 2006. Ambrose, Gavin / Paul Harris: Layout – Entwurf, Planung und Anordnung aller Elemente der Seitengestaltung, München 2007. Auer, Peter: Sprachliche Interaktion – Eine Einführung anhand von 22 Klassikern, Tübingen 1999. Bauer, Andreas: Piktogramme: eine interkulturelle Bildsprache?, Augsburg 2005. Brockhaus (Hrsg.): Die Enzyklopädie: in 30 Bänden. 21. vollig neu bearbeitete Auflage, Band 21, Leipzig, Mannheim: F. A. Brockhaus 2005-2006. Böhringer, Joachim / Bühler, Peter / Schlaich, Patrick / Ziegler Hanns-Jürgen: Kompendium der Mediengestaltung für Digital- und Printmedien, Berlin 2000. Christian, Alexander: Piktogramme – Kritischer Beitrag zur Begriffsbestimmung, Aachen 2009. Dudenredaktion (Hrsg.): Duden. Die deutsche Rechtschreibung, 23., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage, Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich: Dudenverlag 2004. Dudenredaktion (Hrsg.): Duden. Das Fremdwörterbuch, 9. aktualisierte Auflage, Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich: Dudenverlag 2007.
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zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation
Literatur verzeichnis Eco, Umberto: Zeichen – Einführung in einen Begriff und seine Geschichte, Frankfurt am Main 1977. Fiell, Charlotte & Peter: Graphic Design for the 21st Century, Köln 2003. Frutiger, Adrian: Der Mensch und seine Zeichen, Wiesbaden 2006. Götz, Matthias / [Hrsg.]: Gewerbemuseum Basel: Wo ist der Ausgang? Wenn Bilder Auskunft geben: Piktogramme, Basel 1990. Hanzer, Markus: Krieg der Zeichen – Spurenlesen im urbanen Raum, Mainz 2009. Hartmann, Frank / Bauer, Erwin K.: Bildersprache – Otto Neurath Visualisierungen, 2. Auflage, Wien 2006. Kloock, Daniela / Angela Spahr: Medientheorien - Eine Einführung, 3. Auflage, München 2007. Krampen, Martin / Götte, Michael / Kneidl, Michael: Die Welt der Zeichen Kommunikation mit Piktogrammen, Ludwigsburg 2007. Lenwandowsky, Pina: Schnellkurs Grafik-Design, Köln 2006. Lionni, Pippo: Facts of Life Vol. 1, 2. Auflage, Mainz 2000. Lionni, Pippo: Facts of Life Vol. 2, Mainz 2001. Plass, Johannes / Raffel, Carsten: lingua grafica, Berlin 2001.
141
zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation
literatur verzeichnis Plass, Johannes: lingua universalis, Berlin 2004. Radtke, Susanne P. / Pisani, Patricia / Wolters, Walburga: Handbuch Visuelle Mediengestaltung, 3. Auflage, Berlin 2006. Titzmann, Michael: Zeichen(theorie) und Praxis, Rothe1993. Volli, Ugo: Semiotik – Eine Einführung in ihre Grundbegriffe, Tübingen / Basel 2002. Wiener Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseum (Hrsg.): Gesellschaft und Wirtschaft – Bildstatistisches Elementarwerk, Leipzig 1930. Zerbst, Marion / Kafka, Werner: SEEMANNs Lexikon der Symbole, 2. Auflage, Leipzig 2006. Zerbst, Marion / Waldmann, Werner: DuMonts Handbuch – Zeichen und Symbole, Köln 2006.
142
zeichen setzen?! Piktogramme als botschafter der nonverbalen kommunikation
Bilder verzeichnis E1
Eigenes Bildmaterial, Peter Wölfel, 2001 bis 2009.
P1 bis P7
Abdullah, Rayan / Hübner, Roger: Piktogramme und Icons – Pflicht oder Kür?, Mainz 2005, S. 11.
I1 bis I2
http://www.snap2objects.com/2008/04/11/24-free-web-stock-icons/
G1
Abdullah, Rayan / Hübner, Roger: Piktogramme und Icons – Pflicht oder Kür?, Mainz 2005, S. 18.
G2 bis G4
Abdullah, Rayan / Hübner, Roger: Piktogramme und Icons – Pflicht oder Kür?, Mainz 2005, S. 19.
G5 bis G7
Abdullah, Rayan / Hübner, Roger: Piktogramme und Icons – Pflicht oder Kür?, Mainz 2005, S. 21.
U1
http://www.pictonalities.com/survey.php
U2
http://www.pictonalities.com/onsite.php
K1
http://www.utrechtmanifest.nl/?p=16
K2
Piktogramme und Zeichen für Reisende und Kunden im Wegeleit- und
Informationssystem, Deutsche Bahn, 2009.
K3
Die Auswahl der gezeigten Schilder ist ein Ergebnis der Bildersuchfunktion
von google Deutschland, http://images.google.de/imghp?hl=de&tab=wi K4
http://photocase.com, boing.
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Bilder verzeichnis N1
Hartmann, Frank / Bauer, Erwin K.: Bildersprache – Otto Neurath Visualisierungen, 2. Auflage, Wien 2006, S. 23.
N2
Hartmann, Frank / Bauer, Erwin K.: Bildersprache – Otto Neurath Visualisierungen, 2. Auflage, Wien 2006, S. 60.
N3
Hartmann, Frank / Bauer, Erwin K.: Bildersprache – Otto Neurath Visualisierungen, 2. Auflage, Wien 2006, S. 47.
N4
Wiener Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseum (Hrsg.): Gesellschaft und Wirtschaft – Bildstatistisches Elementarwerk, Leipzig 1930, S. 50
N5
Wiener Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseum (Hrsg.): Gesellschaft und Wirtschaft – Bildstatistisches Elementarwerk, Leipzig 1930, S. 53
N6
Hartmann, Frank / Bauer, Erwin K.: Bildersprache – Otto Neurath Visualisierungen, 2. Auflage, Wien 2006, S. 47.
N7
Hartmann, Frank / Bauer, Erwin K.: Bildersprache – Otto Neurath Visualisierungen, 2. Auflage, Wien 2006, S. 84 + 85.
N8
Hartmann, Frank / Bauer, Erwin K.: Bildersprache – Otto Neurath Visualisierungen, 2. Auflage, Wien 2006, S. 54 + 55.
N9
Wiener Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseum (Hrsg.): Gesellschaft und Wirtschaft – Bildstatistisches Elementarwerk, Leipzig 1930, S. 73
N10
144
http://www.fulltable.com/iso/modley/z.htm
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Bilder verzeichnis A1
http://www.designrelated.com/inspiration/view/Karen/entry/1088/ otl-aicher--the-olympics
A2 bis A4
http:// www.flickr.com/photos/8686840@N03/sets/72157620430165459/
A5 bis A7
Lenwandowsky, Pina: Schnellkurs Grafik-Design, KĂśln 2006, S. 101 ff.
A8 bis A9
ERCO Sportpiktogramme + ERCO Allgemeine Piktogramme, 05/2005.
S1
Hanzer, Markus: Krieg der Zeichen – Spurenlesen im urbanen Raum,
Mainz 2009, S. 205. S2 bis S3
http://www.flickr.com/groups/pictogram/pool
M1 bis M6
http://alfamitoclip.com, Stand 06/2009.
M7 bis M8
http://www.horizont.net/kreation/tv/pages/protected/show.php?id=1426
Z1 bis Z6
http://www.edenspiekermann.com/de/work/projects/zdf
Z7 bis Z8
EndenSpiekermann, ZDF News Icons, Berlin / Amsterdam 2009.
K1 bis K2
Lionni, Pippo: Facts of Life Vol. 1, 2. Auflage, Mainz 2000.
K3
http://www.kunstmuseum-stuttgart.de
K4
http://bartdesterck.wordpress.com/
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Erklärung Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe; die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind als solche kenntlich gemacht. Die Arbeit wurde nach meiner besten Kenntnis bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht.
Hof, den 29.09.2009 (Peter Wölfel)
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