300 Jahre
Festschrift zum Jubiläum
Kirche Neuhof
Bildnachweise: Erich Siebert, Peter Bentz, Karlheinz Friedrich, BKA Wiesbaden, Wolfgang Post, Karl Herrmann May (SW Abbildung der Kirche von 1964 aus „Der Bad Schwalbacher Raum und seine Kirchen“), Angelika Erlewein, Britta Nicolay, Margarete Gossel, Andreas Pohl, FS „650 Jahre Kirche in Neuhof“/ Ev. Kirchengem. Neuhof, Gemeindearchiv
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iebe Neuhofer Gemeinde!
Vor einiger Zeit erzählte ein alter Mann von seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft. Irgendwo in Russland wurde er in die Freiheit entlassen. Nach wochenlanger Odyssee, während der er großen Entbehrungen ausgesetzt war, sah er endlich von weitem den Kirchenturm seines Heimatortes. Tränen kamen über ihn, denn er wusste, dass er jetzt wieder zu Hause war. Kirchen sind von weither erkennbar. Sie prägen die Ortsbilder der Dörfer und Städte. Machen ihre Silhouetten zu dem, was sie sind. Und vermitteln durch ihre Einmaligkeit Heimat und Identifikation. Das ist bei Ihrer Kirche, deren 300. Jubiläum Sie in diesem Jahr feiern dürfen, nicht anders. Auch Ihre wunderschöne, frisch renovierte Neuhofer Kirche ist ein Ort, mit dem sich viele Menschen, ob sie der Gemeinde verbunden sind oder nicht, identifizieren. Seit 300 Jahren ist sie der Mittelpunkt der Zivil- sowie der Kirchengemeinde. Aber sie ist noch mehr. Die letzte Mitgliedschaft-Studie der Evangelischen Kirche in Deutschland zeigte, dass Kirchen kollektive Erinnerungsorte sind. An diesem Ort wurde schon die Urgroßmutter getauft, die Eltern heirateten hier, die eigene Konfirmation fand hier statt. Viele Menschen verbinden mit den Kirchen viel mehr als nur ihr für die Augen sichtbares Äußeres. Orte des kollektiven Erinnerns, der Identifikation und der Beheimatung sind unsere Kirchen.
Für Christinnen und Christen ist sie aber vor allem der Ort, an dem die Gemeinde sich versammelt, um die frohe Botschaft, das Evangelium von Jesus Christus zu hören und gemeinsam Gott zu loben, an dem Trost und Stärkung zugesprochen werden, an dem Menschen singen oder an dem sie der Orgel mit ihren einzigartigen Klängen zuhören. Seit 300 Jahren wird nun in Ihrer Kirche die frohe Botschaft von Jesus Christus verkündigt. Seit 300 Jahren wurden Kinder getauft, Menschen getraut und Trost für Trauernde gespendet. 300 Mal wurden Weihnachten, Ostern und Pfingsten in ihr gefeiert, 300 Mal wurden junge Gemeindeglieder konfirmiert. In der Feier des Abendmahls erlebten Christinnen und Christen hier Gemeinschaft. Eine Menge an menschlicher Grunderfahrung spiegelt sich im Kirchenschiff wider: Trauer, Trost, Freude und Hoffnung. Viele Generationen sind über die gleichen Steine gegangen, haben in den gleichen Bänken gesessen. Das ist ein Grund dankbar zu sein. Aber auch dafür, dass sich bis heute eine aktive Gemeinde versammelt, die gastfreundlich ist, eine hohe Integrationskraft besitzt und sich in ihrem Ort und darüber hinaus engagiert. Eine Gemeinde, für welche die Ökumene eine große Rolle spielt und die eine vernetzende Zusammenarbeit mit den Nachbargemeinden sucht. „Die Kirche im Dorf lassen“, das soll auch weiterhin so sein. Ein Ort, an dem die frei und froh machende Botschaft von Jesus Christus verkündigt wird. Ein Ort der Begegnung und Identifikation 3
für alle in und um Neuhof. Ein Ort, der aus Neuhof nicht mehr wegzudenken ist, der den Mittelpunkt für viele darstellt und in dem Freude geteilt, Gemeinschaft erlebt und Trost gespendet wird. Einen Ort, an dem aber auch weiterhin neue Wege gesucht werden, den Menschen unserer Zeit nahe zu sein. Damit viele in dieser Kirche weiterhin das erleben, was der Psalmbeter des 26. Psalms ausdrückt: HERR, ich habe lieb die Stätte deines Hauses und den Ort, da deine Ehre wohnt. In diesem Sinne gratuliere ich Ihnen von Herzen zu Ihrem Kirchenjubiläum im Reformationsjahr 2017. Herzlich, Ihr Pfr. Klaus Schmid, Dekan
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iebe Gemeindemitglieder,
Sehr geehrte Damen und Herren, Zum 300-jährigen Jubiläum der Neuhofer Kirche gratuliere ich – auch im Namen der Stadt Taunusstein - ganz herzlich.
anstaltung mit vielen interessanten Begegnungen und der Kirchengemeinde für die nächsten Jahrzehnte Zuspruch und Gottes Segen. Ihr
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iebe Leserin, lieber Leser!
Unsere Neuhofer Kirche ist 300 Jahre alt und noch immer im Zentrum unseres Dorfes. Was sie wohl erzählen würde, wenn sie es könnte:
Sandro Zehner
Ich freue mich, dass wir in Neuhof auf eine so lange kirchliche Tradition zurückblicken können. Die Kirche stellt in einem Dorf oder einer Stadt immer einen Treffpunkt für Menschen unterschiedlichster Herkunft dar. Die Neuhofer Kirche begleitet ihre Gemeindemitglieder, im Übrigen auch mich persönlich, ein Leben lang. Seien es freudige Erlebnisse oder auch in traurigen Momenten, ist sie ein Ort christlicher Gemeinschaft und gelebter Anteilnahme.
ΏΏVom Freud und Leid der Familien, ΏΏVon den Veränderungen innerhalb ihrer Mauern, ΏΏVon den Gottesdiensten, die gefeiert wurden, ΏΏVon den Veranstaltungen in all ihrer Vielfalt, auch rund um die Kirche, ΏΏVom Blick „über“ den Kirchturm hinaus . . .
Sie ist in meinem Leben Tauf-, Konfirmations- und Traukirche. Sie ist der Ort, an dem meine beiden Töchter durch die Taufe Eingang in die christliche Gemeinschaft fanden. Aber auch jener Ort, an dem wir als Familie von geliebten Menschen Abschied nehmen und ihrer Andacht halten mussten. All dies ist Teil eines Lebens. Unsere Neuhofer Kirche ist Teil unseres Lebens. Und dies seit ehrwürdigen und Stolz schenkenden 300 Jahren.
Und was macht „Kirche“ in ihrer besonderen Art und Weise aus? ΏΏAll die Menschen, die „in ihr“ und „um sie herum“ leben, oder ΏΏAll die Menschen, die durch ihr meist ehrenamtliches Engagement „Kirche“ gestalten, oder ΏΏAll die Menschen, die teilhaben an den vielfältigen Angeboten der Kirche?
Daher möchte ich allen herzlich danken, welche die Jubiläumsfeierlichkeiten tatkräftig unterstützt haben, aber auch allen anderen, die sich über Jahre hinweg ehrenamtlich in der Kirchengemeinde engagieren. In diesem Sinne wünsche ich uns allen eine schöne Jubiläumsver-
Es dürfte etwas von allem sein, das sich zum Gesamtbild „Kirche“ zusammenfügt. Erlebbar wird Kirche für Klein und 4
Groß, für Jung und Alt durch die vielen Gruppen und Kreise in unserer Gemeinde. In ihnen wird gesungen, gespielt, gebastelt, meditiert, getanzt, geredet, gefeiert, entspannt, beraten, beschlossen und mit Sicherheit viel gelacht.
viel geschafft, darauf kann Neuhof sehr stolz sein. Die aktuellste Veränderung fand erst 2016 statt, als Frau Kreutz als neue Pfarrerin in unsere beiden Gemeinden Neuhof und Orlen kam.
Ein ganz herzliches Dankeschön dafür!
Auch weiterhin ist einiges in Bewegung. So steht nun der Einbau der dritten Glocke in der Neuhofer Kirche bevor.
„Wer Gutes tun will, der muss es verschwenderisch tun“. Dieses Zitat von Martin Luther finde ich wunderschön. „Gutes Tun“ und dann auch noch „verschwenderisch“. Jeder ist aufgerufen, das auszuprobieren und zu spüren, wie viel Glück man dabei selbst erlebt und wie viel Freude man dabei auch schenkt. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und uns ein lebendiges Miteinander. Jeder darf und soll seinen Platz zum Wohlfühlen finden und sich auf seine Art und Weise einbringen um das Gemeindeleben auf einzigartige Weise zu bereichern. Auf viele freundliche, offene Begegnungen freut sich Ihre/Eure, Angelika Erlewein Vorsitzende des Kirchenvorstands Neuhof
Für alles Neue, was kommt, wünschen wir von Herzen Gottes Segen, viel Kraft und vor allem viel Freude! Angelika Schmitz-Susseck Kirchenvorstandsvorsitzende der Kirchgemeinde Orlen
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iebe Neuhofer Kirchengemeinde,
Mit den Bibelworten „...und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen...“ Matthäus 16, Vers 18 grüßen Euch die Kirchengemeinde Orlen und Ihre Kirchenvorstandsmitglieder zum 300jährigen Gemeindejubiläum und gratulieren herzlich. Vieles hat sich in dieser langen Zeit ereignet und verändert. Dank des unermüdlichen Engagements begleitet uns heute in Gottesdiensten wunderbare Orgelmusik in der Neuhofer Kirche. Viele Ehrenamtliche bringen sich ein und gestalten so das Gemeindeleben. Es wurde bereits 5
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iebe Gemeinde!
Wir feiern 300 Jahre Neuhofer Kirche!
Viele Generationen haben in dieser Kirche gemeinsam Gottesdienst gefeiert, ihre Kinder getauft, Abendmahl miteinander geteilt, Freud und Leid, Bitte und Dank vor Gott gebracht. Die Neuhofer Kirche war der Mittelpunkt des Dorfes. Gemeinschaftliches Leben fand hier statt. Auch heute noch ist sie weithin sichtbar und hörbar in einer säkularen Stadt. Doch unsere Kirche leert sich. Der Traditions-Abbruch ist längst Wirklichkeit geworden. In die Kirche zu gehen ist heutzutage nicht mehr selbstverständlich, eher die Ausnahme. Manche Menschen müssen sich sogar dafür verteidigen, dass sie „noch“ in die Kirche gehen. Wozu brauchen wir also „noch“ eine Kirche? Peter Beier, der ehemalige Präses der rheinischen Kirche, sagte bei der Wiedereinweihung des Berliner Doms: „Die Wahrheit braucht keine Dome. Das liebe Evangelium kriecht in jeder Hütte unter und hält sie warm…“ Das gilt auch für unsere Kirche. Sie ist kein Selbstzweck, kein Ort der frommen Selbstvergewisserung. Mit unserer Kirche ist uns Christinnen und Christen zugleich ein Auftrag gegeben. Der Auftrag lautet das Evangelium, die Botschaft von der gerechten
Welt Gottes, zu verkünden. Das soll gehört, gelesen, gesungen, bezeugt, gelobt und getanzt werden. Unsere Kirche ist damit alten Ideen verpflichtet, nicht dem Geist der Zeit. Sie ist quasi unzeitgemäß, beruft sich auf Dokumente und Urkunden, die über die Jahrhunderte gewachsen sind, die nicht alles erlauben und nicht mit allem einverstanden sind.
Menschen, die sich darin versammeln, für ihren Alltag gestärkt werden.
Braucht Gott eine Kirche, um verehrt zu werden?
Wenn ihr zu dem lebenden Stein kommt, den die Menschen weggeworfen haben, der vor Gott aber auserwählt und wertvoll ist, werdet ihr selbst wie lebendige Steine. Mit euch wird ein Haus gebaut, das die Geistkraft selbst zusammenhält. Ihr werdet zu einer heiligen Priesterschaft, damit ihr Gaben darbringt, welche die Geistkraft wirkt, die Gott gefallen, weil sie im Vertrauen auf Jesus Christus dargebracht wurden.
Unsere Kirche steht in der Tradition der protestantischen Selbstverpflichtung die Botschaft von Gottes Liebe und das Gebot der Liebe zum Nächsten nicht nur in Kirchenmauern hören zu lassen, sondern ebenso auf den Straßen und Plätzen, in den engen Wohnungen der Arbeitslosen wie in den Häusern derer, die über mögliche Gewinnsteigerungen spekulieren. Das Wohl und Wehe der Menschen liegt Gott am Herzen. Deshalb soll es auch uns am Herzen liegen. Das Wort Gottes befreit uns von Kleinglauben und Eigensucht. Aber es ist nicht eingesperrt in die dicken Mauern unserer Kirche. Er stellt uns dafür nur einen besonderen Ort bereit, in dem wir Raum und Platz, Atem und Zeit, Stille und Weite finden für die Begegnung mit Gott und seinem Wort. Die Kirche bietet Raum für die Innenseite des Lebens; hier können wir Gott aus freien Stücken in unser Herz blicken lassen. Sie ist ein Ort der Begegnung mit Gott, der nicht nach Leistung und Geldmenge fragt, nicht nach Können und Vermögen, nicht nach Erfolg und Anerkennung, sondern nach Herz und Nieren, nach Seele und Gemüt, nach Geist und Wahrheit. Unsere Kirche wird zu einem sinnstiftenden Ort, in dem die 7
Was meinen wir also, wenn wir von „Kirche“ sprechen? Ein Bild aus dem 1. Petrusbrief mag uns leiten. Es ist das Bild vom Haus der lebendigen Steine:
(1.Petr. 2,4f, Übersetzung der Bibel in gerechte Sprache).
Der Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) Philip Potter hat das Bild vom Haus der lebendigen Steine bei der 6. Vollversammlung des ÖRK in Vancouver als kirchliches Leitmotiv entfaltet. Dort sagte er: „Was bedeutet es, eine Kirche zu sein, „die sich noch immer danach sehnt…ein Haus der lebendigen Steine zu sein, eine Gemeinschaft zu sein, in der Gerechtigkeit und Frieden herrschen…Er (Gott) ruft sie und uns immer wieder auf, Tag für Tag zu Christus, dem lebendigen Stein, zu kommen, so dass wir selbst lebendige Steine werden, sein Leben teilen und seinen Dienst des Leidens für die Menschheit in freudiger Hoffnung weiterführen. ‚Lebendige Steine werden‘ bedeutet aber, dass die Gläubigen und die Gemeinden der Gläubigen nicht voneinander isoliert,
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allein, versteinert, tot bleiben. Vielmehr werden sie lebendig gemacht und zu einem Haus zusammengebaut, das vom Geist belebt wird. ... Es bedeutet unter anderem Gemeinschaft, Nation, Kultur, Lebensweise, Struktur, Umgebung. Abraham wurde von Gott aus seines Vaters Haus herausgerufen (Gen 12,2) d.h. aus seiner Nation und seinem Kulturkreis heraus, um dank des Bundes ein neues Haus zu bilden, das auf den Glauben an und den Gehorsam zu Gott aufgebaut ist (Gen 15,6; 17,12‐13).“ Indem Menschen zum „Haus der lebendigen Steine“ werden, erfahren sie Gemeinschaft, werden durch Gottes Kraft erneuert und belebt. Sie werden ermutigt, aufzustehen und gegen das Unrecht in der Welt ihre Stimme zu erheben, „Nein“ zu sagen. Sie werden befähigt, im Hier und Jetzt das anbrechende gerechte Reich Gottes zu sehen. Kirche ist also weit mehr als nur das Gebäude aus Steinen. Kirche lebt aus dem Gedanken Volk Gottes zu sein und als solches das Haus der lebendigen Steine zu bilden. Wozu brauchen wir in einer säkularen Welt noch eine Kirche? Im Jahr 2017 leben wir in einer furchtbaren Zeit. „Die Welt ist aus den Fugen geraten“, dieses Zitat aus Shakespeares „Hamlet“ bestätigt sich vielerorts. Die Terrormiliz IS überrennt die islamische Welt und will einen „heiligen Gottesstaat“ errichten. Sie geht mit äußerster Brutalität vor, die sich immer häufiger und in immer kürzeren Abständen durch Terrorakte auch auf die westliche Welt auswirkt. Der Krieg in Syrien dauert nun schon 6 Jahre, das Land
liegt in Schutt und Asche, viele sind geflohen. Die Flüchtlingsströme zu uns, in die westeuropäische Welt, bahnen sich immer neue Wege. Nach der großen Flüchtlingswelle 2014/15, die auch Deutschland in einem erheblichen Maß erreicht hat, sind wir nun durch die Abschottung der europäischen Außengrenzen erst einmal von weiteren Flüchtlingsströmen ferngehalten. Doch nun werden hunderttausende Menschen in den Camps vor den europäischen Grenzen von Stacheldrahtzäunen festgesetzt. Andere versuchen wieder den gefährlichen Weg übers Mittelmeer - alles in allem eine humanitäre Katastrophe. Die Klimaveränderung lässt weitere Flüchtlingsströme aus den ausgedörrten Landstrichen Afrikas befürchten. Viele Inselgruppen der Südsee kämpfen jetzt schon gegen den Anstieg des Meeresspiegels.
Der Dalai Lama schlägt vor, die großen Religionen, die immer wieder für Gewalt und Kriege missbraucht werden, abzuschaffen, zu Gunsten einer säkularisierten Ethik. Seiner Meinung nach wäre es das Klügste aus dem Deutungssystem der Religionen auszusteigen und sich auf gemeinsame ethische Werte zu besinnen. Er schreibt „Der Planet braucht keine ‚erfolgreichen Menschen’ mehr. Der Planet braucht dringend Friedensstifter, Heiler, Erneuerer, Geschichtenerzähler und Liebende aller Arten. Er braucht Menschen, die gut an ihren Plätzen leben. Er braucht Menschen mit Zivilcourage, bereit, sich dafür einzusetzen, um die Welt lebenswert und menschlich zu gestalten. Diese Qualitäten haben wenig mit der Art von Erfolg zu tun, wie er in unserer Kultur verbreitet ist.“ (Dalai Lama)
Während ich diesen Artikel schreibe, treffen sich die Staatschefs der führenden Industrienationen zu einem G20 Gipfel in Hamburg, begleitet vom deutlichen Protest hunderttausender friedlicher Demonstranten, die gegen das ausbeuterische und sozial unverträgliche Wirtschaftssystem dieser Staaten und die ungerechte Verteilung der Güter weltweit auf die Straße gehen. Gleichzeitig radikalisieren sich Hunderte aus vielen Ländern, um mit äußerster Gewalt den Gipfel zu sabotieren.
Ähnlich argumentiert auch „Das-neueWir“, eine neue Bewegung, über konfessionelle Grenzen der Religionen und Konfessionen hinweg. Sie tritt für eine Welt ein, in der alte Weisheitstraditionen mit neuen Erkenntnissen von Quantenphysik, Gehirnforschung und anderen innovativen Wissenschaften verbunden werden. Sie favorisiert eine Welt, in der die von Menschen geschaffene Kultur und Technik mit der Natur unseres Planeten harmonieren. Sie macht sich stark für eine Welt, in der Menschen aktiv Netzwerke und Gemeinschaften bilden und damit bewusst am sozialen und ökologischen Wandel mitwirken.
Wo finden wir in all diesen Katastrophen Räume des Friedens? Räume, in denen wir durchatmen, uns solidarisieren, Wege des Miteinanders wagen können?
Währenddessen sehen die konservativen Traditionalisten in den einzelnen Religionen den wahren Weg darin, sich auf ihre traditionellen Werte und Tugenden zu besinnen. So sind konservative Chris-
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tinnen und Christen besorgt, dass ein Verlust der absoluten Wahrheit zu einem Gottesverlust führt und dieser wiederum zum Verlust von Sinn und Zweck ihres Lebens. Für sie gibt es nur die eine, zeitlose Wahrheit. Das macht sie nicht dialogfähig und grenzt andere aus, die sich nicht so ganz sicher sind, was Glaube und Kirche für sie noch bedeuten. Viele Menschen haben schon längst einen anderen Weg eingeschlagen und sich von der Kirche, als dem religiösen Haus ihres Glaubens, abgewandt. Sie können darin nichts Sinnstiftendes und Heilsames für ihr Leben entdecken. Im vergangenen Jahr sind monatlich ca. 1500 Christen vorwiegend im Alter von 25-55 Jahren aus der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau ausgetreten. Doch dann gibt es auch noch theologisch Ansätze, die nicht mit so fertigen Konzepten einher-kommen. Die eher auf der Suche nach dem sind, was uns in unseren Leben heiligt, wodurch wir heil werden und wodurch wir mit unserer Mitwelt in Einklang leben können. Da sind die Befreiungstheologen, für welche die biblische Botschaft der Befreiung aus jeglicher Form von Sklaverei und Unterdrückung das ist, was Gott will. Da sind die Prozesstheologen, die Gottes Schöpfung im Werden begreifen. Für sie ist die Zukunft ein offener Prozess. Sie suchen Gott in allem, was neu entsteht. Dann gehören dazu auch die feministischen Theologen. Sie decken soziale Ungerechtigkeiten zwischen Mann und Frau, zwischen Arm und Reich, zwischen Weiß und Schwarz, Homosexuellen und Heterosexuellen und damit jede Form von Hierarchisierung auf. 10
Ich persönlich sehe die Kraft der biblischen Botschaft von der gerechten Welt Gottes darin, dass JETZT der verändernden Möglichkeiten sichtbar zu machen. Durch jeden Gottesdienstbesuch werde ich gestärkt dem im Alltag zu widerstehen, was sich Gottes gerechter Welt entgegensetzt. Durch jeden Gottesdienst werde ich ermutigt aufzustehen und meine Stimme zu erheben für jene, die keine Stimme in unserer Gesellschaft haben. Durch jeden Gottesdienst werde ich aufgefordert JETZT die Stunde zu nutzen, um nötige Veränderungen in die Wege zu leiten für eine nachhaltige, gerechte und friedfertige Welt. Braucht es dafür bestimmte Räume? Ich denke schon. Religiöse Räume bieten einen Ort der Geborgenheit, um sich des eigenen Glaubens zu vergewissern, um aufzutanken, seinen Zellen, Körper und Geist immer wieder neu mit der Botschaft der heiligen Geistkraft zu füllen. Religiöse Räume eröffnen die Möglichkeit, sich mit Gott und der geistigen Welt zu verbinden. Hier ist der Ort zum Auftanken, um in dieser Welt weitergehen zu können. Hier ist der Ort um Gott in seinem Leben einzulassen und sich von der göttlichen Kraft verwandeln, ermutigen, stärken zu lassen. In Gottes Haus zu gehen bedeutet, eine Schwelle zu übertreten, die Schwelle zwischen geistiger und profaner Welt. Hier spüre ich: Ich bin getragen. Hier höre ich: Ich bin, so, wie ich bin, geliebt. Hier ahne ich: Es gibt mehr zwischen Himmel und Erde als die sichtbare, vorfindliche Welt.
Worin unterscheidet sich eine Kirche von anderen Räumen?
Was geschieht, wenn ich in Gottes Haus gehe?
Eine Kirche bietet zunächst einmal „Äußerlichkeiten“ wie etwa den Altar, die Bögen, die Schwellen, die Fenster, das Kreuz, das Taufbecken, die Orgeln und den Bilderschmuck. Sie ist reich an Formeln und Gesten und Ritualen. Sie ist quasi ein Ort „gebauter Liturgie“. All dieses Äußere baut den Glauben von außen nach innen auf. Der Raum baut an meiner Seele. Die Äußerlichkeit baut an meiner Innerlichkeit. „Eine Kirche wird eine Kirche mit jedem Kind, das darin getauft wird; mit jedem Gebet, das darin gesprochen wird, und mit jedem Toten, der darin beweint wird. Sie ist kein Kraftort an sich. Aber sie wird zum Kraftort, indem sie Menschen heiligt mit ihren Tränen und mit ihrem Jubel. Ich muss im heiligen Raum nicht eloquent sein. Ich muss mir nicht in Dauerreflexion und Dauerberedung sagen, wer ich bin; was der Sinn und das Ziel des Lebens und meines Sterbens ist. Der Raum redet zu mir und erzählt mir die Geschichte und die Hoffnung meiner Toten und lebenden Geschwister. Und so baut er an meinen Wünschen und an meiner Lebensvision“ (Fulbert Steffensky).
In Gottes Haus zu gehen, bedeutet für uns Protestanten auf Gottes Wort zu hören, zuzuhören. Indem wir zuhören, nichts tun, stoßen wir als die „Macher unseres Lebens“ an unsere Grenzen, werden andere Qualitäten sichtbar. Wir werden geduldig und langsam, fähig zur Stille und dazu Neues aufzunehmen. Wir üben uns darin, zu warten, loszulassen, werden ehrfürchtig und demütig.
Der Kirchraum bleibt aber auch immer der fremde Raum, er tritt mir und meinem narzisstischen Selbstinteresse gegenüber. Der fremde Raum ruft mir zu: Halt! Unterbrich dich! Befreie dich von deinen Wiederholungen. Er bietet mir eine Andersheit, die mich heilt, gerade weil sie mich nicht spiegelt, sondern mich von meiner Selbstbesessenheit wegführt. Kirchen heilen, insofern sie nicht sind, wie wir selbst.
In Gottes Haus zu gehen, bedeutet sich mit der großen weltweiten Gemeinschaft der Glaubenden auf eine Bank zu setzen, Netzwerke zu schaffen, sich mit denen zu solidarisieren, die schwach, ausgegrenzt und unterdrückt sind. Indem wir gemeinsam auf das Kreuz schauen, dem Leid und Elend der Welt in die Augen blicken, erfahren wir die Kraft der Erneuerung, spüren wir Rückenstärkung, werden wir ermutigt nicht wegzusehen, sondern aufzustehen gegen das Unrecht und das Leid. Und zugleich erfahren wir, unser eigenes Leid in Solidarität von anderen mitgetragen. In Gottes Haus zu gehen bedeutet, sich vom Lichtglanz Gottes an-leuchten zu lassen, selbst Licht der Welt zu werden, durch die Lichtquelle, die unser Leben erhellt. In Gottes Haus zu gehen bedeutet Lieder der Hoffnung und des Trosts zu singen, der Klage und des Leides. Musik-Gesang-Orgel-himmlische Klänge, die uns verwandeln. Atem-Luft-Kehle - jeder Atemzug verbindet uns mit der Schöpferkraft Gottes. In jedem Lied werden 11
wir erneuert. Durch jedes gesungene Wort steigt unser Lob auf zur Ewigen, verbinden wir uns mit der geistigen Welt, die uns Heimat und Kraftquelle zugleich ist. Ja, Gott braucht keine Kirchen. Aber wir brauchen sie als Räume der gelebten Gegenwart Gottes.
Herzlichst Ihre Pfarrerin Monika Kreutz
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300 Jahre
Evangelische Kirche Neuhof 1717 – 2017 von Wolfgang Post Aus Anlass dieses Jubiläums berichte ich über die Entstehungsgeschichte unserer Kirche. Um die Entstehung unseres Gotteshauses besser zu verstehen, muss ich kurz bis zum Anfang des 14. Jahrhunderts zurückgehen. Einen ersten Hinweis auf eine Kapelle in Neuhof erhalten wir aus zwei Urkunden vom 13. Januar und 9. März 1333; darin heißt es: „Graf Gerlach von Nassau stiftete eine Kapelle, gelegen in seinem Hofe zu dem Nuwenhoff, mit Geld, Wein und Frucht für einen Priester.“ An drei Tagen in der Woche sollte im Gotteshaus das Messamt zelebriert und nach Bedarf Gottesdienst gehalten werden. Der Grund, weshalb Graf Gerlach an einer Neuhofer Kapelle interessiert war, ist vielleicht darin zu sehen, dass er sich viel in der Neuhofer Burg aufhielt, um von hier aus in den umliegenden Wäldern jagen zu können. Ein unterirdischer Gang führte von der Burg in die Kapelle, der heute noch teilweise auf dem Burggelände erhalten ist. Der erste Seelsorger in der Kapelle war der Priester Heinrich, der 1340 zum
Dekan des Stiftes St. Martin in Idstein ernannt wurde. Die Neuhofer Kapelle unterstand diesem Stift mit eigenem Taufrecht, wobei zu bemerken ist, dass unser jetziger Taufstein und eine Zinnkanne für das Taufwasser aus dieser Kapelle stammen. Als Dr. Martin Luther am 31. Oktober 1517 (in diesem Jahr sind es 500 Jahre) seine 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg anschlug und seine kirchlichen Reformideen ganz Deutschland durcheilten, horchte auch der ganze Wehener Grund auf. Nachdem sich auch das Haus Nassau die Ansichten des Reformators zu eigen gemacht hatte, traten 85 % der Neuhofer Bevölkerung zum evangelischen Glauben über, so dass die Protestanten auch das Neuhofer Kapellchen für sich beanspruchen durften. Die wenigen Katholiken blieben in Wehen eingepfarrt. Bereits 1535 fanden in Wehen Gespräche über eine Verbindung von Wehen, Neuhof und Orlen zu einem Kirchspiel statt, in denen vor allem über die anfallenden Kosten verhandelt wurde. Und am 10. April 1538 legten die drei Gemeinden die Grundgebühr für die Pfarrstelle Wehen mit 38 Gulden sowie die sonstigen Zuwendungen an Naturalien fest. So musste auch Neuhof 2 Klafter Holz an die Kirche zu Wehen liefern. Zu ersten Unstimmigkeiten kam es im Kirchspiel, als die im Wehener Schloss wohnende Gräfin Elisabeth 1597 für die Kirchen des Wehener Grundes eine 13
eigene Kirchenordnung verfasste und rechtskräftig machte, ohne vorher die einzelnen Gemeinden befragt zu haben. Da die Neuhofer nicht dem Wehener Grund, jedoch dem Kirchspiel angehörten, wollten sie die Anordnungen der adeligen Dame nicht befolgen. Eine weitere Auseinandersetzung erfolgte im Jahre 1602, als die Wehener ihre eigene Kirche renovieren wollten, aber nicht das nötige Geld dazu hatten. Neuhof und Orlen, die beide in die Wehener Kirche eingepfarrt waren, sollten sich an der Aufbringung der Kosten beteiligen. Orlen kam diesem Wunsche sofort nach, Neuhof dagegen, das eine eigene Kapelle besaß, weigerte sich, auch nur einen „Roten Heller“ den Wehenern zukommen zu lassen. Gräfin Anna, die auch im Wehener Schloss residierte, war darüber so erbost, dass sie die Neuhofer kurzerhand aus dem Kirchenverband ausstieß. Das war für damalige Zeiten eine furchtbare Strafe, die Neuhof nicht erwartet hatte. Was sollte man tun? Schließlich war Neuhof nicht in der Lage, sich einen eigenen Pfarrer halten zu können. Und man sah schon den Tag kommen, an dem der Bittgang getan werden musste, um wieder im Kirchspiel Wehen Aufnahme zu finden. Aber da verschworen sich die Neuhofer, nie diesen Bittgang nach Wehen zu tun. Eher wollten sie wieder katholisch werden! Endlich wurde ein Ausweg gefunden. Die Neuhofer baten den Pfarrer von Strinz-Margarethä, in der Neuhofer Kapelle wenigstens den Sonntagsgottesdienst zu übernehmen. Nach langem Zureden willigte der Pfarrer ein. Als jedoch der Winter mit Schnee und Eis kam, als
die Wolfsplage und die lange Dunkelheit dem Pfarrer den Weg, der sehr weit und unsicher war, unmöglich machten, da war man gerade so weit wie vorher. Nach langem Überlegen fiel den Neuhofern schließlich ein, dass der Wehener Lehrer ein studierter Theologe war und bis zu seiner Anstellung als Pfarrer den Schuldienst versah. Der könnte doch Wehener Lehrer bleiben, zugleich aber Neuhofs Pfarrer sein. Dann bliebe Neuhof kirchlich selbständig und hätte einen eigenen Pfarrer, den die Wehener, weil er ja ihr Lehrer war, zum größten Teil bezahlten mussten. Gräfin Elisabeth versprach, die Angelegenheit zu prüfen und sich mit dem Wehener Lehrer zu besprechen. Magister Johannes Plebanus, der wirtschaftlich auf sehr schwachen Füßen stand, willigte schließlich ein. Neuhof hatte gesiegt! Plebanus, der zu Neuhof ein sehr gutes Verhältnis entwickelte, war Seelsorger, Lehrer und Organist in einer Person. In einem Erlass wurde dann für „ewige Zeiten“ festgelegt, dass der Wehener Lehrer immer ein Theologe sein müsse, weil er ja zugleich Pfarrer von Neuhof sei. Die Wehener barsten vor Zorn! Man sah nicht ein, dass man den Hauptbesoldungsanteil des Neuhofer Pfarrers auf die Wehener Schultern legte, nur um für die Neuhofer einen billigen Pfarrer zu halten. Weil aber der Lehrer jetzt jeden Morgen vor Schulbeginn in Neuhof die Morgenandacht zu halten hatte und unter der Woche auch andere kirchliche Amtshandlungen (z.B. Beerdigungen) durchzuführen hatte, so dass der Unterricht in Wehen oft ausfiel, entstanden eine Menge Streitpunkte zwischen
der Gemeinde Wehen und der Gräfin. Zwischen Wehen und Neuhof begann ein 200 Jahre andauernder, erbittert geführter Streit, in dem die Wehener Lehrer und ihre Schule die Leidtragenden waren. Johannes Plebanus war nur von 1604 bis 1607 unser Pfarrer, 1607 kam er nach Welterod, 1618 nach Miehlen, und von 1636 bis 1644 war er Pfarrer in Wehen. In seiner Chronik beschrieb er anschaulich die vielen Gräueltaten, die die Soldaten während des 30-jährigen Krieges verübten. Somit war die sogenannte Pfarrstelle Neuhof ab 1608 nahezu erloschen. Nur gelegentliche Gottesdienste wurden von Geistlichen aus Strinz-Margarethä und Wehen gehalten. Erst 1684 hatte Neuhof wieder einen eigenen Seelsorger in Johann Philipp Schlosser erhalten. Als im Jahre 1764 die Wehener Schule zu klein wurde, entschloss man sich, eine neue zu bauen. Da erbot sich Neuhof, zu dem Bau 300 Gulden zuzuschießen, damit der Wehener Lehrer eine Wohnung bekam. Wehen fiel auf diesen Plan herein. Die pfiffigen Neuhofer waren viel weitsichtiger, denn auf diese Weise verschafften sie sich in Wehen ein billiges Wohnhaus für ihren Pfarrer. Erst als der Bau stand und das Neuhofer Geld mitverbaut war, ging den Wehenern ein Licht auf. Im Jahre 1700 war die von Graf Gerlach erbaute Neuhofer Kapelle so baufällig geworden, dass es nicht mehr möglich war, darin einen Gottesdienst abzuhalten. Da kam der Gedanke eines Kirchenneubaus auf. Aber woher das Geld nehmen? 15
Der Burgerbleihe (Hofbeständer) Christian Rösgens errichtete 1708 ein neues Wohnhaus und erwarb unter anderem auch Steine, Sandsteinblöcke und Fenster aus der alten Kapelle für den Betrag von 130 Gulden, der den Grundstock für den Kirchenneubau bilden sollte. Weiterhin stellte er der Kirchengemeinde für die Übergangszeit einen Raum für die Gottesdienste in der Burg kostenlos zur Verfügung. Dieser Zustand war aber auf die Dauer nicht vertretbar, und man musste sich nunmehr mit dem Gedanken eines Kirchenneubaus vertraut machen. Über das Oberamt spendete der Fürst 20 Gulden und die Fürstin 7 Gulden für den Neubau. Die Kirchengemeinde legte ihrerseits ein Kollektenbuch an, in welches die Spenden eingetragen wurden. Nachdem man sich lange um den Standort gestritten hatte, einigte man sich schließlich auf den Platz, auf dem heute noch die Kirche steht. Den Bauplatz stellte Christian Rösgens zur Verfügung. Die Einweihung der Kirche erfolgte 1717, und man war froh, dieses Gotteshaus wenigstens im Rohbau fertiggestellt zu haben. Weil die Baukosten in Höhe von 1700 Gulden nicht ganz bezahlt werden konnten (das waren 48 Jahresgehälter eines Pfarrers), musste die Kirche bis 1755 (38 Jahre) unverputzt bleiben. Es gab deswegen auch keine eigentliche Einweihungsfeier, und kein Chronist verzeichnet den Ablauf des ersten Gottesdienstes, der von Kaplan Georg Peter Thiel gehalten wurde. Als Kaplan Thiel hier in Neuhof verstorben war, übernahm Kaplan Johann Peter Freyberger aus Idstein den Dienst an der Neuhofer Kirche.
Anno 1719 wurden die ersten Jugendlichen in der neuen Kirche konfirmiert. Im Jahre 1722 waren immer noch 436 Gulden an die Handwerker des Kirchenbaus zu bezahlen; wovon schon der Schmied Bund alleine noch 196 Gulden zu erhalten hatte. Obwohl Kaplan Freyberger alles versuchte, diesen Schuldenberg zu tilgen, hinderte es ihn nicht, von der Gemeinde Nauert (Naurod) bei Wiesbaden eine Glocke für 25 Gulden einzuhandeln, die ab 1728 zum Gottesdienst einlud. Diese Glocke war 1650/55 gegossen worden und wurde im 1. Weltkrieg eingeschmolzen (am 17. Juli 1917 vom Turm abgenommen). Von 1736 bis 1810 hatte die Gemeinde Neuhof 13 Seelsorger, die dem Pfarrer von Wehen unterstellt waren. Als Johan Philipp Schneider, der letzte Wehener Lehrer, der zugleich Pfarrer von Neuhof war, im Jahre 1810 eine Pfarrstelle erhielt, besetzte die Regierung die Wehener Lehrerstelle mit einem speziell nur als Lehrer ausgebildeten Manne namens Jung. Nun war Neuhof ohne Prediger. Deshalb musste der Wehener Pfarrer Karl Friedrich Schellenberg Neuhof als Filiale dazu nehmen, und Orlen und Neuhof mussten zufrieden sein, alle 14 Tage einen Gottesdienst zu haben. Natürlich wehrte sich der Pfarrer gegen die Mehrbelastung, gab sich aber dann doch zufrieden. Neuhof stellte nun für den Wehener Lehrer die Zahlung des Besoldungsteils ein und erhielt sogar die 300 Gulden, die es 1764 zum Wehener Schulneubau zugeschossen hatte, zurück. Das bis dahin erhobene Beichtgeld, ebenso das Einsammeln der Ostereier, wurde 1810 abgeschafft, dafür aber dem Wehener Pfarrer aus dem Kirchfonds des Ortes 88 Gulden 15 Kreuzer bewilligt.
Im Jahre 1841 wurde die Neuhofer Kirche renoviert. Dabei wurden die zweisitzigen Bühnen (Empore) in dreisitzige umgewandelt. Die Bretterdecke wurde durch eine getünchte ersetzt. Das Gitterwerk um den Vorsteher- und Pfarrerstuhl wurde abgenommen. Die Kirchentür zur Schule hin war verfault und wurde durch eine neue ersetzt. Die Wände wurden lichtblau gestrichen und das Holzwerk mit weißer Ölfarbe überzogen (Eduard Wilhelmi). Die Kosten betrugen 89 Gulden. Um die Handwerker bezahlen zu können, musste die Kirchengemeinde eine Anleihe aufnehmen. Am 6. Februar 1842 wurde in Wehen, Neuhof und Orlen das von der nassauischen Synode ausgearbeitete neue Gesangbuch in Kirche und Schule eingeführt. Die Änderungen der Lieder, auch mancher Melodien, führten dann auch zu einer Änderung der Liturgie, die leider keine Verbesserung oder Verschönerung des Gottesdienstes bedeutete. Im Laufe des 1. Weltkrieges, am 24. Juli 1917, wurden die Zinnpfeifen der Orgel entfernt und für kriegerische Zwecke eingeschmolzen. Im Jahre 1926 fand eine weitere Renovierung unserer Kirche statt. Der Gottesdienst wurde in der Zwischenzeit in der Schule abgehalten. Die Einweihung des hergerichteten Gotteshauses fand am 30. Oktober 1927 statt. Die alte Orgel bekam einen anderen Platz, wurde vom Orgelbaumeister Hardt aus Möttau vollständig auseinandergenommen, wobei viele Pfeifen erneuert wurden, so das Register „Prinzipal“.
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Am Heiligen Abend des Jahres 1955 ging ein langgehegter Wunsch der Gemeinde Neuhof in Erfüllung: Die im 1. Weltkrieg entfernte Glocke konnte dank der Spendenfreudigkeit der Neuhofer ersetzt werden. Die in Bronze gegossene Glocke — der damalige Bürgermeister Alfred Gros und Matthias Ziegler sen. konnten Zeugen dieser feierlichen Handlung sein — trägt den Text: „O Land, Land, Land, höre des Herrn Wort!“ Sie wurde von Pfarrer Roth aus Strinz-Margarethä feierlich eingeweiht. Danach klangen die alte und neue Glocke gemeinsam in den winterlichen Abend hinaus, während der Chor des Männergesangvereins in der Kirche sang: „Von den Türmen in die Lande schallt der Glocken Weihgesang Stille Nacht!“ Bei der im Jahre 1956 durch die Firma Karl Baum aus Wehen durchgeführten Kirchenrenovierung erhielten die Kirchenwände einen blauen Anstrich, und die Deckenbeleuchtung wurde mit neuen Leuchtkörpern versehen. Die staubigen Kränze, zur Erinnerung an die im 2. Weltkrieg Gefallenen, die an der Empore angebracht waren, wurden bei dieser Gelegenheit entfernt. Kirchenrestorator Kienzle aus Darmstadt, der die künstlerische Leitung der Arbeiten innehatte, versah die Wand oberhalb der Kanzel mit dem Kanzelspruch: „Himmel und Erde werden vergehen; aber meine Worte werden nicht vergehen.“ (Matth. 24, 35). Die Einweihung erfolgte am 7. Oktober 1956 durch Pfarrer Walter Schmitt. Die Grüße des Dekanats überbrachte der damalige Forstmeister i. R. Bungeroth. Die nächste Innensanierung unserer Kirche fand von Juli 1982 bis März 1983
statt. Die Kirche erhielt neue Lampen aus der Limburger Glashütte und ein neues Altarfenster, das von der Frauenhilfe gestiftet wurde. Die hölzerne Sakristei wurde entfernt und die nach links gerückte Kanzel prächtig restauriert. Die Orgel wurde auf der Empore höher gestellt, vorgezogen bis zur ersten Bank und komplett restauriert. Im Rückraum der Kirche erhielten wir auf Initiative unseres Kirchenvorstandsmitgliedes und Ortsvorstehers Hans Gros durch die Stadt Taunusstein einen Wasser- und Abwasseranschluss und somit eine Toilette. Die Bänke im Kirchenschiff wurden auseinandergerückt und die Sitzflächen verbreitert. Die Ehefrauen einiger Mitglieder des Kirchenvorstandes nähten lange Sitzkissen für die Bänke. Der Ehrenvorsitzende des Kirchenvorstandes und Schreinermeister Ferdinand Brech fertigte zwei Kollektenkästen aus Holz für die Ausgänge an und spendierte diese. Eigenarbeit leisteten auch die Mitglieder des Kirchenvorstandes unter seinem Vorsitzenden Wolfgang Post und einige Gemeindemitglieder, die etliche Stunden für das Herausreißen der alten Bodenfliesen und das Betonieren des Untergrundes für die neuen Fliesen aufbrachten. Eine Sammelaktion innerhalb der Kirchengemeinde und bei einheimischen Firmen erbrachte über 10.000 DM. Unser damaliger Gemeindepfarrer Josef Eff stiftete ein wertvolles barockes Altarkreuz. Nach neun Monaten wurde am 13. März 1983 der erste Gottesdienst in der neu renovierten Kirche gefeiert. Die Predigt hielt Dekan Volkmar Andreae aus Kemel. Der Männergesangverein Neuhof, der eigene Singkreis und Matthias Ziegler sen. als Organist sorgten für die musikalische Gestaltung des Gottesdienstes, zu dem etliche Ehrengäste kamen.
Am 14. und 15. Mai 1983 konnte die evangelische Kirchengemeinde Neuhof ein großes Fest feiern: 650-Jahre Kirche in Neuhof. Den Auftakt bildete eine Festveranstaltung, in deren Mittelpunkt ein Vortrag des früheren Dekans Dr. Karl May über Ursprung und Entwicklung des Gotteshauses stand. Am nächsten Tag folgten ein Festgottesdienst mit Propst Heinz Bergner unter Mitwirkung des MGV Liederkranz Neuhof und des Bläserkreises des CVJM Wiesbaden und anschließend ein Gemeindefest unter Beteiligung der Frauenhilfe sowie des Salonorchesters. Pfarrer Eff und Wolfgang Post bedankten sich für die rege Mitarbeit von Gemeindemitgliedern bei diesem gelungenen Gemeindefest. Nach der Restaurierung und der 650 Jahrfeier gab es bei der Kirchengemeinde nur noch einen Wunsch, dass möglichst bald das Kriegerdenkmal vor dem Haupteingang an der Fabriciusstraße auf den Friedhof versetzt wird, damit der Haupteingang wieder genutzt werden kann. Bürgermeister Dr. Nikolaus räumte der Verwirklichung dieses Wunsches große Chancen noch in diesem Jahr ein. Zur Erläuterung: Bis 1984 stand vor dem Haupteingang in der Fabriciusstraße ein Kriegerdenkmal zum Andenken an die Gefallenen des 1. und 2. Weltkrieges. Dies wurde von der Stadt Taunusstein mit Einverständnis der Kirchengemeinde auf den Friedhof umgesetzt. Somit konnte der seit Jahrzehnten blockierte Haupteingang wieder genutzt werden. Die zwei Außenleuchten am Eingang wurden von der damaligen Konfirmandengruppe gespendet. Am 9. und 10. Mai 1987 feierte die 17
Kirchengemeinde Neuhof ein Doppeljubiläum: Dieses Fest war ein willkommener Anlass, die Geschichte der 270 Jahre alten Neuhofer Kirche und ihrer 200-jährigen Orgel (damals ging man noch davon aus, dass die Orgel aus dem Biebricher Schloss stammte) wiederaufleben zu lassen. Bei der Samstagabendveranstaltung in unserer Kirche verstand es der damalige Chronist und Organist Matthias Ziegler sen., seinen aufmerksamen Zuhörern die geschichtlichen Ereignisse mit humorvollen Bemerkungen nahezubringen. Unsere hochbetagte Orgel war für ein gutes Konzert immer noch tauglich, dies wurde an diesem Abend unter Beweis gestellt. Orgelspiel und Gesang, diese in den Ablauf des Abends harmonisch eingefügten musikalischen Darbietungen, konnten wir Frauen Frenschkowski und Lause verdanken. Der Bläserkreis CVJM Wiesbaden erfüllte unsere kleine Kirche mit mächtigen Posaunentönen. Am Sonntagmorgen stellte Pfarrer Frenschkowski in einer vollbesetzten Kirche seine Predigt unter das Wort „Einer trage des andern Last“. Viele Kinder waren auch an diesem Morgen mit freudiger Begeisterung dabei und erreichten mit ihrem Singen und Spielen die Herzen aller Anwesenden. Dies gelang auch dem Singkreis der Frauenhilfe und Herrn Starck mit ihren Liedervorträgen. Zu diesem Familiengottesdienst hatte Alt und Jung den Weg in die Kirche gefunden, und alle sangen dankbar das Schlusslied „Wunderbarer König, Herrscher von uns allen, lass dir unser Lob gefallen“. Vom 30. August bis zum 5. September 1992 feierten wir das 275. Jubiläum der Kirche Neuhof beginnend mit einem
feierlichen Festgottesdienst. Der Vorsitzende des Kirchenvorstandes, Wolfgang Post, konnte viele Gäste in der vollbesetzten Kirche begrüßen. Die Predigt hielt Propst Weber aus Wiesbaden. Musikalisch umrahmt wurde der Gottesdienst mit Beiträgen des Männerchores des GV „Liederkranz“ Neuhof, dem von Herrn Wilhelm Starck gesungenen „Vater Unser“ und durch den Posaunenchor des CVJM Wiesbaden. Es folgte ein Festvortrag zur „Kirchengeschichte Neuhof“ von Matthias Ziegler sen., unserem damaligen Organisten unter Mitgestaltung des Singkreises der Frauenhilfe. Besondere Aufmerksamkeit verdient auch das gutbesuchte Konzert des Gospel-Chors der Rhein-Main-Air-Base Frankfurt in der Kirche mit anschließendem Imbiss im Gemeindehaus. Die Festwoche klang aus im Gemeindehaus mit einem gutbesuchten Gemeindefest mit Gottesdienst und dem Singspiel „SHALOM“ sowie anschließendem Tanz mit der Kapelle „THE STRANGERS“ unter Mitwirkung von Pfarrer Jörg-Michael Keller. Im Rückblick war dies eine überaus erfolgreiche Festwoche, welche von der Gemeinde sehr gut besucht wurde. Im Jahre 2006 wurde im Rahmen des vom Land Hessen geförderten Projektes „Dorferneuerung“ der Platz rund um die Kirche von der Stadt Taunusstein neu saniert. In diesem Rahmen erfolgte eine komplette neue Außensanierung, d.h. die Kirche erhielt einen neuen Außenputz, einen neuen Anstrich, eine neue Isolierung des im Erdreich befindlichen Außenmauerwerkes sowie neue Dachgaubenfenster, die von der Schreinerei Roth gespendet wurden. Da abzusehen war,
dass die aus den 50-er Jahren stammende Elektroheizung erneuert werden müsse, wurde ein Erdgasanschluss in der Kirche vorgesehen. Die gesamte Baumaßnahme war nach ca. 12 Monaten abgeschlossen und wurde vom Land Hessen mit 15% der Gesamtbaukosten bezuschusst. Als nächste Baumaßnahme war eine komplette Innenrenovierung geplant. Am 31. März 2009 erhielt die Kirchengemeinde von der Kirchenverwaltung in Darmstadt die Baugenehmigung für die Innensanierung und Heizungserneuerung gemäß dem Kostenvorschlag von Architekt Dieter Baeseler. Nun erfolgten die Erstellung der Ausschreibungen, die Einholung der Angebote und die Vergabe der Aufträge der einzelnen Gewerke. An Pfingsten fand der letzte Gottesdienst in der Kirche statt. Während der Renovierungszeit wurden die Gottesdienste im Gemeindehaus abgehalten. Nun wurden alle Bänke ausgebaut und von Willi Andrä mit dem Traktor abtransportiert und bei Kurt Kuhn in einer großen freigeräumten Garage eingelagert. Der Innenraum der Kirche wurde komplett ausgeräumt. Es verblieben während der Bauzeit in der Kirche nur die Kanzel, der Taufstein und der Altar, die gut mit Folie eingepackt wurden. Der Fußboden wurde abgedeckt und der komplette Innenputz abgeschlagen; hiermit kam das erste Problem auf uns zu, und zwar die hohe Feuchtigkeit im Mauerwerk. Es wurde stellenweise eine Feuchtigkeit bis zu 95% gemessen. Das Aufstellen von zwei großen Kondensat-Trocknern und eines Ventilators sowie das Leerpumpen der undichten Wasserzisterne unter dem 18
Kirchplatz bei einem Übungseinsatz der Freiwilligen Feuerwehr Neuhof unter Wehrführer Markus Post zeigte Erfolge: in einem Zeitraum von vier Wochen konnte die Feuchtigkeit auf 55% gesenkt werden. Trotz dieses Problems wurde weiter gearbeitet. Am Vorabend zum 2. Advent, dem 5. Dezember 2009 um 18.00 Uhr, hielt Pfarrer Andreas Pohl unter Mitwirkung der Konfirmanden einen gut besuchten Baustellengottesdienst. Die Bauarbeiten gingen am Montag ungestört weiter. Es wurden ein Heizungsraum auf dem Dachboden erstellt, die neuen Heizungsrohre verlegt und die Heizungsanlage eingebaut. Die Wände wurden neu verputzt. Nach ca. vier Wochen natürlicher Trocknungszeit wurden die Standheizkörper montiert und die Heizungsanlage provisorisch in Betrieb genommen. Der Dachboden hat einen neuen Belag aus OSB-Platten erhalten. Das Dachgebälk wurde zusätzlich mit Gewindestäben von Matthias Post verschraubt und somit gesichert. Eine neue sehr stabile Dachbodentreppe, ausklappbar aus Holz, haben die Schreiner eingebaut. Durch Flugschnee haben wir leider Undichtigkeiten im Dachgiebel festgestellt, diese mussten zusätzliche vom Dachdecker behoben werden. Die Wände, die Decke, der Fußboden wurden gestrichen und das gesamte restliche Holzwerk neu lackiert. Die Kirchenbänke kamen in die Kirche zurück und wurden von den Malern lackiert und eingebaut. Die restlichen Heizkörper wurden unter den Kirchenbänken montiert und angeschlossen. Dann erfolgte die Fertigstellung der Elektroarbeiten und die neue
Heizungssteuerung wurde eingestellt und in Betrieb genommen. Der Altar wurde unter dem Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr Neuhof angehoben und auf ein Rollengestell gesetzt, damit er bei Veranstaltungen leicht verschoben werden kann. Das barocke Altarkreuz aus dem 17. Jahrhundert wurde restauriert und nicht mehr auf den Altar gestellt, sondern mit dünnen Drahtseilen unter sehr diffiziler Arbeit unter Leitung von Matthias Post mit seinen Assistenten Pfarrer Pohl und seinem Vater Wolfgang Post über dem Altar von der Decke abgehängt. Das Rollengestell unter dem Taufstein wurde von der Schreinerei Hans-Dieter Roth kostenlos erneuert. Es erfolgte eine Endreinigung, damit nach fast einjähriger Renovierungszeit am Ostersonntag, dem 4. April 2010 um 09:30 Uhr, der erste Gottesdienst wieder in unserer Kirche gefeiert werden konnte. Der Gottesdienst war gut besucht stand unter dem Motto „Wir machen die Kirche neu mit Herzen, Mund und Händen“ Die Festpredigt hielt Propst Dr. Sigurd Rink aus Wiesbaden. Die Osterkerze wurde von einem Jungen der Jugendfeuerwehr Neuhof mit dem biblischen Vornamen David, dem Sohn von Angelika Erlewein und Vorsitzende des Kirchenvorstandes, angezündet. Der Gottesdienst wurde musikalisch untermalt vom Blockflötenquartett unter Leitung von Katrin Pohl und mit fünf Liedbeiträgen der Gemeinde.
Nach der Außen- und Innenrenovierung sowie kompletter Restaurierung und Erweiterung der Orgel, die ausgeführt wurde von Orgelbaumeister Klaus Peter Schneider und begleitet von unserem Orgelspezialisten Karlheinz Friedrich, Mitglied des Kirchenvorstandes, ist unsere Kirche zu einem Schmuckstück geworden, das zum Feiern, Nachdenken und Besuchen anspruchsvoller Gottesdienste und Konzerte einlädt. So darf man heute mit einem gewissen Stolz sagen, dass unser Gotteshaus nicht nur zu den ältesten, sondern auch zu den interessantesten in Taunusstein zählt. Unsere Kirche ist gut gerüstet für das 300 jährige Jubiläum und stand früher, steht heute und hoffentlich auch in Zukunft im Mittelpunkt unserer Gemeinde und möge weiterhin mit viel geistlichem und gemeindlichem Leben erfüllt sein. „Himmel und Erde werden vergehen; aber meine Worte werden nicht vergehen.“ (ehemaliger Spruch über der Kanzel, Matth:24,35)
Ev. Pfarramt Neuhof Von 1583 bis 2016 waren in Neuhof 85 bekannt gewordene Pfarrer und Pfarrstellenverwalter tätig. Von 1810 an waren das immer die Pfarrstelleninhaber aus Wehen. Am 1. Oktober 1972 wurde Neuhof (und Orlen) aus dem Kirchspiel Wehen herausgelöst und in eine Pfarrvikarstelle umgewandelt, der die nun pfarramtlich verbundenen Kirchengemeinden Neuhof und Orlen angehörten. Der 19
erste Pfarrvikar hieß Traugott Hilbrig; er wurde am Buß- und Bettag 1972 in der Neuhofer Kirche in einem feierlichen Gottesdienst von Propst Hagel aus Wiesbaden ordiniert und damit offiziell in sein Amt eingeführt. Am 1. März 1975 wurde durch die Versetzung von Pfarrvikar Hilbrig nach Strinz–Margarethä die Stelle vakant, und Pfarrer Eff aus Wehen musste Neuhof nun als Filiale wieder betreuen. Vom 22. Februar 1976 bis zum 31. Januar 1978 verwaltete Hanspeter Wiese aus Orlen die Pfarrstelle. Am 1. März 1978 wurde die Pfarrvikarstelle in eine Pfarrstelle umgewandelt und zum 1. Februar 1979 zum ersten Male mit dem uns schon seit langem bekannten Pfarrer Josef Eff besetzt. In seiner Amtszeit entstand unser Gemeindehaus, das am 2. November 1980 eingeweiht und seiner Bestimmung übergeben wurde. Nach der Pensionierung von Pfarrer Eff, Ostern 1985, wurde die Stelle ausgeschrieben, jedoch meldete sich kein Anwärter. In dieser pfarrerlosen Zeit hielten Matthias Ziegler sen. und der Theologiestudent Ulf Reinhardt abwechselnd die Gottesdienste. Zum 1.Juni 1986 wurde dann der Pfarrvikar Marco Frenschkowski von der Kirchenleitung als Verwalter der Pfarrstelle eingesetzt und blieb zum 31. Dezember 1988, um anschließend eine Assistentenstelle an der Johannes–Gutenberg– Universität Mainz bei Prof. Dr. Böcher Ev. Theologie Fachbereich, Neues Testament, zu übernehmen.
Am 12. Februar 1989 wurde Pfarrvikar Jörg-Michael Keller von Dekan Ruf in einem Gottesdienst in die Kirchengemeinde eingeführt. Er bezog mit seiner Familie das Pfarrhaus (Fertigstellung 1986). Doch nach gut 7 jähriger Tätigkeit im Pfarramt stellte er den Antrag bei der Kirchenleitung auf Beurlaubung, um in der freien Wirtschaft sein Glück zu versuchen, und verließ Neuhof zum 31. Mai 1996. Am 8. Dezember 1996 wurde Pfarrer Andreas Pohl von Dekan Ruf in einem Gottesdienst eingeführt. Er bezog mit seiner Frau Katrin, den Töchtern Antonia und Franziska sowie Sohn Jakob das Pfarrhaus. Pfarrer Andreas Pohl war aktives Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Neuhof und sehr engagiert in der Notfallseelsorge. Auf ihn und seine Frau geht der lebendige Adventskalender zurück, den es seit 1999 ohne Unterbrechung bis heute noch gibt. Seine Frau Katrin gründete den Kinderchor „Rotkehlchen“, den sie heute noch leitet. Außerdem war Frau Pohl musikalisch in der Gemeinde sehr aktiv. Nach 19 Jahren in Neuhof verlässt Pfarrer Andreas Pohl mit seiner Familie die Kirchengemeinde und wird Seelsorger bei der Bundespolizei in Koblenz. Ab dem 1. August 2016 ist Monika Kreutz Pfarrerin und wurde am 11. September von Dekan Klaus Schmid im Gottesdienst in der Ev. Kirche Neuhof in ihren Dienst eingeführt.
Die Pfarrer ab 1808: Karl-Friedrich Schellenberg 1808 - 1820 Johann Karl Rittersbach 1820 - 1823 Johann Friedrich Erlenmayer 1823 - 1838 Ernst Friedrich Keller 1838 - 1840 Johann Wilhelm Ebertz 1840 - 1853 Karl Ludwig Spieß 1853 - 1856 Robert Wilhelm Freudenberg 1856 - 1864 Georg Rudolf Schneider 1864 - 1872 Karl Ludwig Spieß (2. Mal) 1872 - 1882 Heinrich Wilhelm Montenbruck 1882 - 1902 Pfarrer Sauer 1902 - 1921 Pfarrer Peiffer 1921 - 1935 Walter Bremmer 1935 - 1951 Bodo Bonitz 1951 - 1955 Pfarrer Roth als Vertreter 1955 - 1956 Walter Schmitt 1956 - 1957
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Ludwig Schmidt 1957 - 1958 Ralf Klinger 1958 - 1964 Thorwald Fellner 1964 - 1970 Diakon Klaus Spory 1966 - 1970 Josef Eff 1970 – 1972 Traugott Hilbrig (Pfarrvikar) 1972 – 1975 Josef Eff 1975 – 1976 Hans-Peter Wiese (Verwalter) 1976 – 1978 Josef Eff 1979 – 1985 Marco Frenschkowski (Pfarrvikar) 1986 – 1988 Jörg–Michael Keller 1989 – 1996 Andreas Pohl 1996 – 2015
2011 - 2011 Carmen Schneider 2011 - 2011 Hans Übler (Vakanzvertreter) 2016 - 2016 Monika Kreutz 2016 - heute
Carla Wentland 2007 – 2008 Martin Keindl 2008 - 2009
Irmtraud Ott 01.01.1992 – 30.04.1994 Irmtraud Schneider 01.05.1994 – bis heute
Küster Bisher haben wir nur von den Pfarrern gesprochen. Aber was wären die Herren Theologen ohne Küster! Seit der Jahrhundertwende bis 1955 versah dieses Amt unsere Familie Brech. Zuerst Opa Wilhelm, nach dessen Tod Oma Wilhelmine und dann die Tochter Emma, Frau Schleich, die Mutter von Meta Hengstler. Das Wohnzimmer der Familie stand, wenn der Pfarrer kam, dem geistlichen Herrn zur Verfügung, und die Kinder mussten aus der Stube. Oma Wilhelmine soll dem Pfarrer sogar die Schuhe geputzt haben. Und nach dem Gottesdienst stand die Tasse Kaffee für den Herrn Pfarrer bereit. Und das alles für einen Hungerlohn!
Susanne Kahlbaum 2004 - 2012 Renate Ellmenreich 2005 – 2005
Nach dessen Ausscheiden war kein Küster mehr in Neuhof zu finden. Die Kirchenvorsteher übernahmen im monatlichen Wechsel. 1975 - 1991
Quellennachweis: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12.
Weitere Küster waren: Frau Wolf 1955 - 1957 Albert Niebergall 1958 – 1974
Christian Albers 21
13.
Eduard Wilhelmi, Wehen und sein Grund 1957 Karl Hermann May, Der Bad Schwalbacher Raum und seine Kirchen 1964 Heinz Silbereisen, 650 Jahre Kirche in Neuhof 1983 Wiesbadener Tagblatt 10.03.1983 Wiesbadener Kurier 15.03.1983 Wiesbadener Tagblatt 16.05.1983 Wiesbadener Kurier 14-+17.05.1983 Weg und Wahrheit 17.07.1983 Matthias Ziegler sen., 275 Jahre Ev. Kirche Neuhof, 1992 Wiesbadener Kurier - Untertaunus-Kurier 25.07.2009 Wiesbadener Kurier - Untertaunus-Kurier 30.12.2009 Wiesbadener Kurier - Untertaunus-Kurier 03.04.2010 Wiesbadener Kurier - Untertaunus-Kurier - 06.04.2010
Ev. Kirche Neuhof 1964 mit Denkmal und Schornstein 22
Faszination Glocke Eine Artikelreihe aus dem Gemeindebrief Quo Vadis von Karlheinz Friedrich Vorbemerkung: Da ich kein Glockensachverständiger bin, erlaube ich mir die folgende Artikelserie unter Verwendung von Informationen aus dem Internet, aus Fachbüchern und Lexika, sowie aus Gesprächen mit Fachleuten zu schreiben. Wer kennt nicht Schillers „Lied von der Glocke“, an welches so mancher denkt, wenn über die Schulzeit gesprochen wird. Diese Dichtung zeigt in wunderbarer Weise wie unser weltliches Dasein mit Glockengeläut vom Anfang bis zum Ende begleitet wird. Es soll aber auch Menschen geben, welchen das Geläut auf die Nerven geht. Denen fehlen einfach Informationen über diesen physisch-akustischen wunderbaren Klangkörper. Aber zunächst der Reihe nach: Die ältesten Glocken sind aus China bekannt (etwa seit 1.500 Jahren vor Christus) und wurden von außen mit einem Gegenstand, Hammer oder Klöppel, angeschlagen. In Europa soll der erste Sakralbau mit Glocken der Jupitertempel in Rom gewesen sein (etwa 200 v.Chr. bis 400 n.Chr.). Schmiede haben solche Glocken aus 3 oder 4 Eisenblechen hergestellt und vernietet. Die älteste erhaltene Glocke – die Gelehrten streiten sich darüber ob sie aus dem 7. oder 9. Jahrhundert stammt - befindet sich im
Kölnischen Stadtmuseum und wurde bis zum Ende des 19. Jahrhunderts geläutet. Seit etwa dem 9. Jahrhundert werden Glocken aus Metalllegierungen in Formen gegossen. Schiller beschreibt die Herstellung einer Glocke im obengenannten Gedicht so, wie sie seit dem 12. Jahrhundert bis heute gefertigt wurden und noch werden. Zunächst wurde der Glockenguss in privilegierten Klöstern von Mönchen vorgenommen. Die Zunft der Glockengießer ist ab dem 13. Jahrhundert bekannt. Seit dem laden Glocken zu kirchlichen Feiern ein und verkünden Ereignisse des religiösen und weltlichen Lebens einer Gemeinde. Hier seien beispielhaft einige Anlässe genannt: Gottesdienst, Taufe, Hochzeit, Beerdigung, Feuer, Sturm, Krieg, Frieden, Uhrzeit usw.
Fressglocke rief im Salzburger Land die Bauern und Gesinde zum Essen Lumpenglocke erklingt zum Beginn der Sperrstunden in den Wirtschaften Spätzlesglocke äutet, wenn es Zeit für das Spätzle-Wasser ist (11:00 Uhr) Heutzutage gibt es andere Kommunikationsmittel, welche schneller und effektiver sind, sowie die Informationen weiter tragen, wie der Schall der Glocken naturgemäß reichen kann. Daher hören wir Glockengeläut hauptsächlich und schwerpunktmäßig zu gottesdienstlichen Handlungen.
Jahrhunderte lang richtete sich der Tagesablauf in Stadt und Land nach dem Glockenschlag. Damit das Geläut aber verstanden wurde, hat man Glocken in unterschiedlichen Tonhöhen gegossen und ganz bestimmten Funktionen zugeteilt. Auch hier einige Beispiele: Schulglocke läutet zu Beginn des Schulunterrichts Sturmglocke warnt bei schweren Unwettern (es hängt eine im Limburger Dom) Vesperglocke ruft zur Vesper / Abendandacht Armesünderglocke läutet während Hinrichtungen Sterbeglocke beim Tod eines Gemeindegliedes 23
Historische Glocken im Hof der Firma Rincker
I
n der letzten Ausgabe unseres Quo Vadis wurde über die 2500jährige Geschichte der Glocke geschrieben. Heute soll über unsere 3. Glocke geschrieben werden. Es war der Wunsch ein festliches Geläut bei besonderen Anlässen zu hören. Zurzeit haben wir 2 Glocken, die sonntags
zum Gottesdienst rufen. Eine davon meldet uns halbstündlich die Uhrzeit. Doch das ist nicht alles. Kirchenglocken sind auch liturgische Instrumente. Sie sollen die Kirchgänger bereits auf dem Weg zur Kirche auf den Gottesdienst einstimmen, wo dann die Orgel mit der Orgelmusik am Anfang zum Gottesdienst hinführt. Um aber aus dem 2-stimmigen Geläut ein Festgeläut zu machen, bedarf es einer sogenannten Klangkrone, welche die besondere Bedeutung des Läutens hörbar macht. Zunächst ist hier an unsere kirchlichen Feiertage gedacht. Auch besondere Anlässe wie z.B. Taufen, Hochzeiten, u.ä. sind Freudentage, die für ein Festgeläut infrage kommen. Die Neuhofer Einwohner sollen merken: In der Kirche tut sich etwas Besonderes. Der Kirchenvorstand hat sich nunmehr für ein 3-stimmiges Geläut mir den Tönen dis“-fis“-h“ entschieden, so dass nun ein fröhlicher Dur-Akkord zu hören sein wird. Der Glockensachverständige der EKHN hat unsere Läutanlage inspiziert und die Erweiterung als wünschenswert eingestuft. Wenn schon am Geläut und in der Glockenstube gearbeitet wird, sollen auch Arbeiten erledigt werden die erst in einigen Jahren notwendig werden. Dies verteuert natürlich unsere Planung. Wenn man aber bedenkt, dass bei Geläuten 10 bis 15 Generationen (ca. 300 Jahre ohne Katastrophen wie Krieg, Brand, Vandalismus usw.) als Zeitraum angesehen werden, ist dies durchaus vertretbar. Unsere 3. Glocke wird – wie schon berichtet – 2017 die Arbeit aufnehmen.
Wir feiern in diesem Jahr 500 Jahre Reformation, 300 Jahre evang. Kirche Neuhof sowie 200 Jahre Idsteiner Union. Wahrlich ein guter Anlass um dieses Projekt zu starten. Wir finanzieren das Vorhaben durch Kollekten, Spenden und Verkauf unserer Benefiz-CD, die auf unserer Orgel eingespielt wurde. Der Verkauf dieser CD, 10,-- Euro pro Stück, kommt voll und ganz der 3. Glocke zugute. Sie ist erhältlich im Gemeindebüro, in der Kirche nach den Gottesdiensten und bei Karlheinz Friedrich, Albert-Schweitzer-Straße 4.
U
nsere neue Glocke ist in Arbeit 24
und wird in traditionellen Verfahren gefertigt. Die Formen werden deshalb in Handarbeit hergestellt. In einer Arbeitsgrube im Boden der Gießerei wird zunächst der Ziegelkern gemauert. Er ist die Stütze für die weiteren Arbeitsschritte. Dann wird mit einer besonderen Lehmmischung in mehreren Schichten die Innenform aufgebaut und mit einer Schablone ringsum abgezogen. Wenn der Lehm abgetrocknet ist, muss ein Trennmittel, bestehend aus Fett oder Graphit aufgetragen werden, damit die nächste Schicht nicht festbackt. Nun wird wieder mit mehreren Lehmschichten die falsche Glocke aufgebaut, deren Außenform wieder mit einer anderen Schablone abgezogen wird. Die getrocknete falsche Glocke wird auch wieder mit einer Trennmittelschicht versehen. Aller guten Dinge sind drei: auf die falsche Glocke werden nochmals viele Schichten Lehm - der Mantel - aufgetragen. Wenn dieser Mantel (eventuell mit Verzierungen oder Inschriften versehen) geformt ist, muss die Form bei einer Temperatur von ca. 800 Grad Celsius ausgebrannt werden. Nach der Erkaltung wird der Mantel abgehoben, die falsche Glocke wird zerschlagen, entfernt und der Glockenmantel wieder aufgesetzt. Jetzt ist ein Hohlraum entstanden, der das flüssige Metall aufnehmen kann. Die Arbeitsgrube wird um die Form herum mit Erde aufgefüllt und festgestampft, weil sehr starke Drücke und Spannungen entstehen, wenn der Guss vorgenommen wird. Dazu aber mehr in der nächsten Ausgabe.
Unsere Neue Glocke
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ittlerweile ist unsere Neue kleine Glocke gegossen. Eine Abordnung unserer Kirchengemeinde war am 10. März dieses Jahres bei der Glockengießerei Rincker in Sinn, wo gegen ca. 12:00 Uhr unsere Glocke (gemeinsam mit 2 Glocken anderer Gemeinden) gegossen wurde. Vor dem Guss sprach unsere Pfarrerin für alle Gemeinden ein Gebet, dass der Guss gelingen möge. Die Glockenbronze besteht zu 78 % aus reinem Kupfer und zu 22 % aus Zinn. Der Schmelzpunkt liegt bei 1.100 Grad Celsius. Als diese sogenannte Glockenspeise in die Formen gegossen wurde, gab es ein regelrechtes Feuerwerk. Flüssige heiße Bronzetropfen sprühten durch die Gegend, es knisterte, brodelte und ein typischer Gießereigeruch durchzog die Werkstatt. Sehr interessant war für uns auch die Führung und Erläuterung durch die beiden Chefs des Hauses. Wir konnten die Entstehung der Formen während der Arbeit in den verschiedenen Stadien des Aufbaues sehen. Wenn eine gegossene Glocke nach meh-
reren Tagen ausgekühlt ist, wird sie geputzt, d.h. von Sand und Schlackenrückständen gereinigt und begutachtet. Ein Vereidigter Sachverständiger muss haargenau prüfen, ob alle Unter- und Obertönen vorhanden sind, denn nur aus dem Zusammenspiel dieser verschiedensten Töne ergibt sich der Nominalton, welchen wir als Schlagton hören. Im zeitlichen Ablauf liegen wir bisher genau im Plan. Bei unserem Festgottesdienst zum 300 jährigen Bestehen unserer Kirche wird die Glocke im Kirchenraum zu sehen sein. Danach wir das gesamte Geläut abgehängt und die bisherigen Glocken erhalten statt der veralteten Stahlträger neue Joche aus Eichenholz. Gleichzeitig werden neue passende Klöppel geschmiedet und an Lederriemen eingehängt. Durch diese Maßnahmen ergibt sich in unserem Falle eine hohe Aufwertung unseres Geläutes, im Folgenden kurz historisch beschrieben. Die erste Glocke in Neuhof kaufte die evangelische Gemeinde Neuhof im Jahre 1728 von der evangelische Gemeinde Naurod bei Wiesbaden für damals 25 Gulden. Sie wurde 1650 oder 1655 gegossen. Die Gießerei, sowie der Schlagton sind leider nicht bekannt. Die Glocke wurde im 1. Weltkrieg eingezogen und, wie andere Glocken leider auch, eingeschmolzen. Die zweite Glocke wurde 1920 bei Rincker in Sinn gegossen. Sie hat den Schlagton fis‘‘ und wiegt ca. 100 kg. Die dritte Glocke wurde 1955 ebenfalls bei Rincker in Sinn gegossen. Sie hat den Schlagton dis‘‘ und ein Gewicht von ca. 180 kg. 25
Die neue vierte Glocke wurde 2017 auch bei Rincker in Sinn gegossen. Der Schlagton ist h‘‘ und sie wiegt ca. 60 kg. Wir dürfen gespannt sein, wenn nach dem notwendigen Probeläuten unsere neue Glocke am Reformationstag ihre Arbeit aufnimmt und das bisherige Geläut (dis‘‘ - fis‘‘) zu einem strahlenden Dursextakkord (dis‘‘ - fis‘‘ - h‘‘) erweitert.
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Die Orgeln der evangelischen Kirche in Taunusstein-Neuhof
Von Karlheinz Friedrich Dank sei dem ehemaligen Chronisten, unserem hochgeschätzten Lehrer Matthias Ziegler, für seine akribischen Recherchen über die Neuhofer Kirche als auch deren Orgel. Seine Ausführungen über die Orgel geben den Wissensstand bis zum Jahr 2007 wieder.1 Demnach wurde 1787 die alte Orgel aus der Biebricher Schlosskapelle für 50 Taler nach Neuhof verkauft. Dies ist durch einen Eintrag im Kirchenbuch belegt.2 Im Juni 2006 stellte der damalige Leiter des Kirchenchores Karlheinz Friedrich fest, dass der Zustand der Orgel sehr schlecht ist. Beispielhaft sind hier einige Mängel aufgezählt: ΏΏ zu kleiner und schwacher Balg ΏΏ instabile Windverhältnisse ΏΏ undichte Windlade ΏΏ mit Isolierband geflickte Pfeifen ΏΏ zusammengestückelte Register ΏΏ mangelhafte Intonation.
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Ein Orgelbaumeister bezeichnete die Orgel als „teil-historischen Schrott“. Wochen nach einer Wartung verschlechterte sich der Zustand wieder. Dies war für Karlheinz Friedrich Veranlassung sich mit den Orgelsachverständigen des Amtes für Kirchenmusik, heute Zentrum Verkündigung der EKHN Frankfurt/Main, in Verbindung zu setzen. Am 19. Februar 20017 fand eine Begutachtung der Orgel statt. Anwesend waren die Orgelsachverständigen Dr. Hans Martin Balz und Thomas Wilhelm, Pfarrer Andreas Pohl, Orgelbaumeister Klaus-Peter Schneider und Karlheinz Friedrich. Hierbei wurde u.a. die Baugeschichte des Instrumentes behandelt. Bereits 1987 hat Dr. Balz bezweifelt, dass die Orgel Anfang des 18. Jahrhundert gebaut wurde.3 Auch andere Fachleute wie Franz Bösken4 und Hans Brendel5 bestätigen eine unklare Baugeschichte. Verschiedene Einzelheiten am Instrument wiesen eher auf das 19. Jahrhundert hin. Nun wurde im inneren Gehäuse eine schwach lesbare Kreideinschrift „Orgel aus Limburg/Wilhelm 1868“ und an einer weiteren Gehäusefüllung „Wilhelm Kopp 1867“ nebst weiteren Schriftzeichen gefunden. Dies war letztlich die Veranlassung, noch einmal die Baugeschichte zu erforschen. Diesmal mit Blick auf Limburger Orgeln.
Ziegler, Matthias: 275 Jahre Evangelische Kirche Neuhof (1992) Kirchenbuch Neuhof: November 1787 „Nachricht von der Neuhofer Orgel“ Balz, Dr. Hans Martin: Gutachten vom 01.09.1987 Bösken, Franz: Quellen und Forschung zur Orgelgeschichte des Mittelrheins Bd. 2, Mainz 1975. Brendel, Hans: Orgelsachverständiger der EKHN und Kantor an der Marktkirche 1959 bis 1979 Balz, Dr. Hans Martin: Gutachten vom 22.02.2007 Raßmann, Daniel (1790-1864) Reparaturvertrag von 1825 27
In dem einschlägigen Werk von Franz Bösken ist unter „Limburg“ für die dortige evangelische Kirche verzeichnet, dass diese 1831 eine Orgel von Orgelmacher Embach aus Rauenthal im Rheingau erhielt, die 350 Gulden kostete. Sie wurde laut Vertrag von 1865 mit Orgelmacher Raßmann aus Möttau (Weilmünster) durch eine neue ersetzt. Der Verbleib der Orgel ist nicht genannt, es ist aber sehr wahrscheinlich, dass es diese Orgel ist, die 1867/68 in Neuhof aufgestellt wurde. Der Ortsname ist eindeutig, die Jahreszahlen passen, und die Bauart der Orgel widerspricht nicht einer Zuweisung an Embach (vgl. Gutachten von Dr. Balz6). Dass die Raßmann-Orgelbauer in Neuhof tätig waren, ist durch einen Reparaturvertrag belegt.7 Gustav Raßmann baute 1867 eine Orgel für die „neue Kirche“ (jetzige evangelische Kirche) in Limburg. Diese ersetzte die Orgel in der alten evangelischen Kirche (Kapelle des ehemaligen Klosters Eberbach in
der Nähe der alten Lahnbrücke), welche 1831 von Phillip Embach gebaut wurde.8 Bisher galt diese Orgel als verschollen.9 Alle vorliegenden Daten und Erkenntnisse legen nahe, dass die Limburger Embach-Orgel von 1831 unsere Neuhofer Orgel ist. Somit gilt die zuletzt in Neuhof befindliche „Biebricher Schlosskirchenorgel von 1710“ nunmehr als verschollen.
kaum sichtbare Zeichen bzw. Schriften gefunden. Dies machte natürlich neugierig, denn bei Orgelbauern ist es Brauch, sich in irgendeiner Form am Instrument zu verewigen. Am 19. April 2007 waren zwei Beamte des BKA-Wiesbaden mit ihren Geräten in unserer Kirche, haben die Zeichen sichtbar gemacht und fotografiert.13 Leider konnten diese nicht zugeordnet werden.
Aus zwei Orgelwartungs- und Reparaturverträgen aus den Jahren 1852 und folgende geht hervor, dass die erste Neuhofer Orgel sehr marode und gebrechlich war.10 Einhelliges Ergebnis aller Beteiligten: Die heutige Neuhofer Orgel (Stand 2007) wurde für die evangelische Kirche Limburg/Lahn im Jahr 1831 durch die Orgelbauwerkstatt Embach in Rauenthal erbaut und ist die Nachfolgerin der ehemaligen Biebricher Schlossorgel. Es ist keine Barock-, sondern eine romantische Orgel. Wilhelm Kopp war Lehrer und Organist in Neuhof, zu dessen Aufgaben das Orgelspiel in Neuhof gehörte. Er war sicherlich am Kauf der Limburger Orgel beteiligt.11 Matthias Ziegler berichtet in seinen Ausführungen, wie die Neuhofer Kirche zu ihrer ersten kam.12 Die detaillierte Beschreibung betrifft aber die zweite (Limburger) Orgel. Wie bereits angeführt, wurden weitere
Jetzt erhob sich die Frage, was nun zu machen sei, bzw. welche Reparaturen vorzunehmen sind. Da es in der Orgel
8 Hemmerle, Bernhardt: Orgelbau im Kreis Limburg/Weilburg 9 Bösken, Franz: Quellen und Forschung zur Orgelgeschichte des Mittelrheins Bd. 2, Mainz 1975. 10 Evangelische Kirche Wehen: Rechnungsbände der Jahre 1833, 1852 ff. 11 Ziegler, Matthias: 275 Jahre evangelische Kirche Neuhof (1992), S. 24 12 Ebd., S. 20 13 Vgl. Wiesbadener Kurier vom 2. Dezember 2008 14 Evangelische Kirche Wehen: Rechnungsbände der Jahre 1860 ff. 28
noch wichtige Teile von historischem Wert gab, war es nicht nur sinnvoll, sondern auch wichtig, diese Zeugen regionaler Orgelbaukunst zu erhalten, zumal das Instrument unter Denkmalschutz steht. So war die Überlegung, die Orgel so zu rekonstruieren und so zu bauen, wie Philipp Embach sie gebaut hat. Schwierig war, dass es in der einschlägigen Literatur keine Ausführungen über das Schaffen der Rauenthaler Orgelbauer gibt. Wir wissen nur, dass Philipp Embach an der Mainzer Domorgel mitgebaut hat und seine drei Söhne ebenfalls Orgelbauer waren. Konrad wanderte nach Texas und Caspar nach Australien aus. Übrig blieb Matthias, der nach Frauenstein zog und nachweislich an unserer Orgel Arbeiten verrichtete.14 Glücklicherweise gibt es noch in unserer Gegend drei weitere Orgeln aus der Embach-Werkstatt, nämlich in Breithardt, Obertiefenbach bei Hausen und Altendiez. Die zwei ersteren wurden von Thomas Wilhelm (Orgelsachverständiger der EKHN), Klaus-Peter Schneider (Orgelbaumeister) und Karlheinz Friedrich aufgesucht. Diese Orgeln sind noch sehr gut, ja fast im Originalzustand, erhalten. Somit war es möglich, die Dispositionen (Registerzusammenstellungen) und Mensuren (Maße der Pfeifen) zu studieren, abzuzeichnen bzw. fotografisch festzuhalten und zu notieren. Diese Orgelbesichtigungen waren wichtig, um
eventuell neu herzustellende Pfeifen nach Embach-Vorbild kopieren zu können. Da für eine grundlegende Restaurierung die Orgel in eine Werkstatt muss, kam der zufällig glückliche Umstand, dass unsere Kirche wegen Feuchtigkeit und Schimmelbefall bis auf das Mauerwerk entkernt werden musste, gerade recht. Somit war auch die Orgel abzubauen und irgendwo zu lagern. Wenn dies schon nötig war, bot sich die Restaurierung an. Überlegungen über die zukünftige Disposition wurden diskutiert, verworfen und neu aufgegriffen. Karlheinz Friedrichs Idee, ein zweites Werk hinter die bisherige Orgel zu stellen, sowie ein Vollpedal einzubauen fand nach vielen Diskussionen letztlich Gefallen, obwohl sich die Kosten dadurch fast verdoppeln würden. Es war aber auch eine einmalige Gelegenheit ein Instrument zu bekommen, das über sakrale Musik hinaus bei anderen musikalischen Veranstaltungen eingesetzt werden kann. Deshalb mussten die Dispositionen nicht nur neu überdacht, sondern auch erweitert, gleichzeitig aber auch im Sinne von Embach berechnet werden. Hierzu wurden Fachleute gehört, die das Instrument und Embach nicht kennen, aber international einen hervorragenden Ruf haben, wie z.B. Hans-Uwe Hielscher, Organist und Kantor an der Marktkirche in Wiesbaden.
Mixtur 2‘ 3-fach 28% Zinn II. Manual (neues Hinterwerk) Hohlflöte 8‘ Fichte Weidenpfeife 8‘ Ahorn Schwebend Salizional 8‘ 70% Zinn Salizional 4‘ 70% Zinn Traversflöte 4‘ Ahorn Nachdem im Kirchenvorstand die notwendigen Beschlüsse gefasst waren, wurden bei verschiedenen Orgelbaufirmen Kostenvoranschläge und Angebote eingeholt. Dabei mussten unsere Anforderungen im Einklang mit denen des Denkmalschutzes stehen. Keine der angeschriebenen Firmen hat reagiert, sodass der Orgelsachverständige Thomas Wilhelm dem Kirchenvorstand empfahl, Klaus-Peter Schneider zu beauftragen, eine Konzeption und einen Kostenvoranschlag zu erstellen. Schneider schlug nach den vorausgegangenen Entwürfen und Diskussionen folgende Lösung vor: I. Manual (Vorderwerk, bisherige Orgel) Gedackt 8‘15 historisch Holz Prinzipal 4‘ 80% Zinn Kleingedackt 4‘ 18% Zinn Oktave 2‘ 28% Zinn
Sesquialter 2-fach 2 1/3 + 1 3/5 70% Zinn III. Pedal C – c Subbass 16‘ Fichte, teilw. Transmission Violonbass 8‘ Ahorn Transmission Traversflöte 4‘ Ahorn Transmission
Koppeln: II / I
I/P
Die Holzpfeifen fertigte Schneider, die Metallpfeifen wurden gemäß eines Kostenvoranschlages von der Firma KarlHeinz Esch in Ruppichteroth (RheinSieg-Kreis) hergestellt. Dieser Handwerksbetrieb fertigte bereits Pfeifen für Orgeln in vielen Ländern Europas, Asiens und den USA, sowie auch für den Silbermannorgel-Nachbau der Frauenkirche in Dresden. Die 2-manualige Klaviatur fertigte Michael Berghöfer aus Marburg/Lahn als Schiebekoppelklaviatur. Die Tasten sind
15 Das Apostroph steht für die Längeneinheit „Fuß“; ein Fuß hat 32 cm, also 8‘ = 8x32 cm = 256 cm Höhe. Gedeckelt vermindert sich die Pfeifenhöhe bei gleichbleibender Tonhöhe um die Hälfte auf 128 cm.
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aus feinjähriger Fichte, die Tastenbeläge aus Nussbaum und Ebenholz. Auch die Belederung der 2 Keilbälge wurde von Berghöfer ausgeführt.
Musikstück unter verschiedenen Registrierungen und weitere Kompositionen, um die unterschiedlichen Klangfarben vorzustellen.
Alle anderen Arbeiten (Windladen, Trakturen, Pedal, Gehäuse und 248 Holzpfeifen, Orgelab- und Aufbau, Intonation und Stimmung der 782 Pfeifen) oblagen Schneider.
In seiner Werkstatt in Laubach-Münster restaurierte und erweiterte Schneider unsere Orgel.
Die Kalkulation unter Berücksichtigung der Materialkosten im Jahre 2007 belief sich auf ca. 50.000 Euro. Diesem Lösungsvorschlag von Klaus-Peter Schneider hat der Kirchenvorstand zugestimmt. Mit Schreiben vom 9. August 2008 wurde der Orgelbaumeister beauftragt die Rekonstruktion und Erweiterung nach Zustimmung der beiden Orgelsachverständigen Thomas Wilhelm und Dr. Hans Martin Balz durchzuführen. Am zweiten Advent 2008 erklang die alte Orgel im Rahmen des Konzertes „Musik zum Advent“ zum letzten Mal. Caroline Delbasteh (Wiesbaden) spielte zum Gemeindegesang den Choral „Macht hoch die Tür“ zum Schluss des Konzertes. Neben dem Orgelbaumeister Schneider, der den Abbau leitete, waren auch Wolfgang Post und Karlheinz Friedrich mit beteiligt. Bis zum Beginn der Kirchenrenovierung wurden die Gottesdienste mit dem elektronischen Yamahaklavier aus dem Gemeindehaus begleitet. Um einen Eindruck zu gewinnen, wie Embach-Orgeln klingen, besuchten Gemeindemitglieder 2009 die Orgeln in Altendiez, Obertiefenbach bei Hausen und Breithardt. Karlheinz Friedrich erläuterte die Funktion einer Orgel, stellte die Register vor und Michael Hofmeister (Wiesbaden) spielte jeweils das gleiche
Andreas Pohl, Wolfgang Post und Karlheinz Friedrich besuchten die Werkstatt, um sich vom Fortgang der Arbeiten zu informieren. Ebenso führte ein Ausflug des Kirchenvorstandes und der Mitarbeiter dorthin. Ebenfalls wurde der Pfeifenhersteller Karl-Heinz Esch besucht und die Herstellung der neuen Metallpfeifen beobachtet. War die Restaurierung des alten Werkes noch relativ einfach, ergaben sich bei dem neuen Hinterwerk Schwierigkeiten, die einen großen Zeitverlust mit sich brachten. Es bedurfte vielerlei Versuche, Änderungen und Umbauten, um Fehler zu bereinigen. Dies umso mehr, als darauf Wert gelegt wurde, dass alle Teile handwerklich und soweit als möglich nach der Bauart Embachs gefertigt wurden. Dies geschah teilweise mit historischen Werkzeugen. In den Sommerferien 2012 baute KlausPeter Schneider mit einigen Helfern die Orgel wieder in unserer Kirche auf. Auch hier zeigten sich Probleme, die aber zu lösen waren. Das Orgelgehäuse musste nun der Farbgebung der Kirche angepasst werden. Die Firma Körner aus Orlen wurde beauftragt, nach den Vorgaben des Architekten unter Berücksichtigung der Denkmalschutzauflagen diese Arbeiten zu tätigen. Dies ist dem Mitarbeiter Renato Coraggioso vortrefflich gelungen. 31
Im Prospekt wurde der Originalität wegen Blattgold und Blattsilber verwendet. Ab Mitte September konnten weitere Einstellarbeiten an den Manualen und am Pedal vorgenommen werden, bevor es an die Intonation und mehrere Stimmungen ging. In dieser Zeit konnten sich alte und neue Teile an die klimatischen Verhältnisse unserer Kirche gewöhnen. Vorausschauend hatte der Kirchenvorstand im Rahmen der Kirchenrenovierung beschlossen, dass eine neue Heizungsanlage eingebaut wird. Diese muss den klimatischen Anforderungen einer Pfeifenorgel genügen. Das bedeutet eine tiefste Raumtemperatur von +8°C, eine höchste Raumtemperatur von +18°C soll nicht überschritten werden. Die relative Luftfeuchtigkeit muss zwischen 60% und 70% liegen. Wichtig und nicht zu vernachlässigen ist bei einem solchen Projekt die Finanzierung. Kirchenrenovierung und Orgelerneuerung fielen im selben Zeitraum zusammen, sodass ein gemeinsamer Finanzierungsplan erstellt werden konnte. Von den gesamten Kosten entfielen auf die evangelische Kirchengemeinde Neuhof rund 80.000 Euro. Dieser Betrag hat sich wegen unvorhersehbarer baulicher Notwendigkeiten am Gebäude noch erhöht. Eine Arbeitsgruppe des Kirchenvorstandes entwickelte Vorschläge, wie Spenden gesammelt werden können und wie das gesamte Projekt der Bevölkerung Neuhofs nahe gebracht wird.
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„Wir machen die Kirche neu – mit Herzen, Mund und Händen“ war der Leitspruch für dieses große Vorhaben. Neben einer Erbschaft haben viele große und kleine Spenden mitgeholfen, den notwendigen Betrag aufzubringen. Auch Benefizveranstaltungen und Aktionen trugen dazu bei: ΏΏ Veranstaltungen zum Tag des offenen Denkmals ΏΏ Konzerte mit den folgenden Chören: Liederkranz Neuhof, Chorleone, Popcorn, kleiner Marktkirchenchor Wiesbaden, Rejoice Wehen, Kinderchor Rotkehlchen Neuhof und Kirchenchor
geschlossen der pro Jahr eine umfangreiche Wartung, Intonation und Stimmung beinhaltet. Kleine Reparaturen und Einstellungen werden von Karlheinz Friedrich erledigt. Noch zu erwähnen ist, dass unsere jetzige Orgel in das Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte16 aufgenommen ist, das sich mit der Orgelbaufamilie Embach beschäftigt. Möge unsere Embach-Schneiderorgel stets zum Lobe Gottes, zur Erbauung der Gemeinde und zur Freude der Organisten erklingen.
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Einzelaktionen: ΏΏ Kirchenbrot der Bäckerei Wittlich ΏΏ Orgelretter-Einkaufstaschen Sarah Schäfer
von
ΏΏ Sternenverkauf (selbst gebastelt) von Robin Giez Es war sehr erfreulich, wie viele Personen und Gruppen sich an den Spenden und Aktionen beteiligt haben. An dieser Stelle sei allen Spendern herzlich gedankt. Mittlerweile haben wir uns an dieses Instrument gewöhnt und konnten den Klang der Orgel bei einigen Konzerten hören: Orgelsolokonzerte, Orgel und Gesang, Orgel und Flöte, Orgel und Blechbläser waren die Programminhalte, die von Profimusikern dargeboten wurden. Selbstverständlich muss ein solches Instrument regelmäßig gewartet werden. Deshalb wurde ein Wartungsvertrag ab33
39. Jahrgang 2013 Sonderdruck
Kindergottesdienst in Neuhof
. . . eine schöne Tradition hat in unserer Gemeinde der Kindergottesdienst. Seit über 20 Jahren treffen sich Kinder zum Kindergottesdienst im Gemeindehaus. Zu Beginn regelmäßig sonntags, dann 14-tägig … mal mit mehr, zuletzt jedoch immer weniger Kindern. Mittlerweile laden wir die Kinder „monatlich – samstags“ zum Kigo ein und freuen uns dann bis zu 30 Kinder begrüßen zu dürfen. Das Lied „Samstags morgens – das ist doch klar“ stimmt uns dann auf den Vormittag ein. Singen, spielen, beten, basteln und nicht zu vergessen der „Snack“ zwischendurch sind feste Bestandteile für jeden Kigo. Die Kinder/die Eltern unterstützen mit der Kollekte zwei Patenkinder, denen somit der Schulbesuch und einiges andere mehr ermöglicht wird. Ein Kind lebt auf den Philippinen und ein Kind in Brasilien. Zu Weihnachten probt das Kigo-Team, bestehend aus sieben Frauen, das Krippenspiel ein. Kleine und große Rollen mit mehr oder weniger Text . . . da gibt es einiges „unter den Hut zu bringen“, bis alle Kinder glücklich und zufrieden mit ihrer Rolle sind. Beim Lutherfest am 31. Oktober tauchen die Kinder ins Mittelalter ein. Sie „erleben“ als Burgfräulein, Ritter o.ä. verkleidet, wie zu Zeiten Martin Luthers … gedruckt, gespielt, gebacken, gekocht, … gelebt wurde.
Die Basteltage, einen zu Ostern und einen in der Vorweihnachtszeit lassen Kinderherzen höherschlagen. Bis zu 70 Kinder tummeln sich zwischen Scheren, Kleber, Farben, Nadel und Faden, Ton, Filz u.v.a.m. im Gemeindehaus um sich kreativ auszutoben. Wir wünschen uns für die Zukunft viele fröhliche Kinder, die gerne zu uns ins Gemeindehaus kommen, um mit uns „Gemeinde zu erleben“. Bis zum nächsten KIGO . . . Euer Kigo-Team
Kinderchor
Rotkehlchen – gestern und heute! Nach den Sommerferien 1999 fand die erste Kinderchorprobe im Gemeindehaus statt. Zur ersten Probe kamen ermutigende zwölf Kinder. Natürlich hatte ich mich im Vorfeld durch zwei Fortbildungen darauf vorbereitet und da ich selber leidenschaftliche Sängerin bin, war ich und bin noch heute zutiefst davon überzeugt, dass Singen in Gemeinschaft ein ganz großer Schatz ist und ein wunderbares Erlebnis. Das wollte ich nicht nur unseren drei Kindern vermitteln, sondern möglichst vielen Kindern. Im ersten Jahr hatten wir unseren ersten Auftritt in der Kirche und beim Seniorennachmittag. Im zweiten Jahr regte ich 34
an, dem Chor einen Namen zu geben, und nach einiger Diskussion und demokratischer Abstimmung einigten wir uns auf den Namen: die Rotkehlchen. 2001 war dann die erste größere Aufführung, noch mit Play-back, die Geschichte vom kleinen Affen Dodo, der eine Geige im Urwald findet. Die nächste Aufführung ein Jahr später war eine Kantate zur Arche Noah, diesmal live begleitet von Dieter Israel, der viele Jahre den Chor begleitete. In den folgenden Jahren wechselten sich Aufführungen von Musicals mal mit weltlichem, mal mit geistlichem Inhalt ab. Aber natürlich lernten die jeweiligen Kinder auch unzählige Lieder, mir war immer wichtig auch „altes“ Liedgut zu vermitteln. Neue Kinder kamen und die großen, ab 5. Klasse verließen den Chor. Es gab Zeiten, da waren es so viele Kinder, dass es zwei Gruppen gab. Wir trauten uns an immer größere Werke. Um die ordentlich zu proben, fuhren wir auch jährlich ein Wochenende in eine Jugendherberge. Wir sangen im Gottesdienst, bei Taufen, beim Seniorennachmittag, in anderen Gemeinden und zu verschiedenen Anlässen, einmal auch zur Hochzeit von Eltern eines Rotkehlchens. Inzwischen wurden die Aufführungen immer professioneller, zum Klavier kam ein Schlagzeuger, es wurden Headsets und anderes für die Tontechnik angeschafft und ein e-Piano. Ich hatte mich inzwischen weiter fortge-
bildet und hatte dann noch die C-Prüfung für Kinderchorleitung abgelegt. Außerdem gehöre ich seit 2003 zum Team der Kinder- und Jugendsingwoche des Chorverbandes der EKHN. Diese Wochen waren immer sehr befruchtend für die Kinderchorarbeit, abgesehen davon, dass viele der Kinder dann auch Teilnehmer dieser Singwochen wurden und als Jugendliche dieser Veranstaltung und damit dem Singen treu blieben. Im Laufe der vergangenen 18 Jahre haben ca. 120 Kinder bei den Rotkehlchen mitgemacht. Nach all diesen Jahren liebe ich nach wie vor nichts so sehr, als singende Kinder zu sehen und zu sehen, wie sie Herzen öffnen. Versuch einer Chronologie aus dem Gedächtnis: ΏΏ 2001: Dodo, was spielst Du (Detlev Jöcker) ΏΏ 2002: Arche Noah (Ulrich Gohl) ΏΏ 2003: Grusical: Geisterstunde auf Schloss Eulenstein (Peter Schindler) ΏΏ 2004: Ein Fest für Engel (Per Harling) ΏΏ 2005: Als die Tiere die Schimpfworte leid waren (Mechthild von Schönebeck) ΏΏ 2006: Israel in Ägypten (Thomas Riegler) ΏΏ 2007: Die Rache der Igel (Mecht-
hild von Schönebeck) ΏΏ 2008: Guckt mal übern Tellerrand (Kurt Enßle) ΏΏ 2009: 10 Jahre Rotkehlchen: Umweltmusical: Eisbär, Dr. Ping und die Freunde der Erde ΏΏ 2010: Nach der Wiedereröffnung der Kirche nach der Renovierung: Mäuse in der Neuhofer Kirche (Eric Mayr) ΏΏ 2011: Wiederaufnahme des Grusicals: Geisterstunde auf Schloss Eulenstein ΏΏ 2012: Franz von Assissi (Andreas Handtke), erstmals mit einem Elternchor ΏΏ 2013: Die chinesische Nachtigall (Andreas Schmittberger) zusammen mit dem inzwischen gegründeten Kinderchor in Bleidenstadt ΏΏ 2014: Jona ΏΏ 2015: Das geheime Leben der Piraten (Andreas Schmittberger) zusammen mit dem Bleidenstädter Kinderchor ΏΏ 2016: Wiederaufnahme: Israel in Ägypten ( Thomas Riegler), zusammen mit dem Bleidenstädter Kinderchor ΏΏ 2017: Abschluss vor den Sommerferien mit: Ich will so bleiben, wie ich bin... ΏΏ Dazwischen Minimusicals: Zachäus, Barmherziger Samariter, u.a. 35
GDas Singen gehört zu den wichtigsten Dingen in meinem Leben. Mein Motto: Ich singe, also bin ich! Aber fast noch schöner ist, singende Kinder zu sehen; das Leuchten, das dabei auf ihren Gesichtern liegt, ist unbeschreiblich. Nie habe ich es bereut, mit dieser Arbeit angefangen zu haben. Es hat unserer Familie und hoffentlich ganz vielen Familien in Neuhof manch tief beglückenden Moment geschenkt. Katrin Pohl
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Konfi- und Jugend-
arbeit in der evangelischen Kirchengemeinde Neuhof - Orlen Die Kirche - ein Gebäude – ist für uns Christen und Christinnen sehr wichtig. Wir feiern nicht nur Gottesdienst, sondern treffen Menschen, es entstehen Gespräche, eine gemeinsame Zeit wird verbracht und Gottes Wort wird verkündigt und gehört. Seit 300 Jahren begehen Menschen, Jung und Alt, den Kirchraum. Und auch für die Konfi- und Jugendarbeit ist das Gebäude – die Kirche – wichtig. Ich befrage gerne Jugendliche nach ihrer Meinung, was sie denken, was unbedingt zu einem Gottesdienst dazu gehört. Die Antworten sind in der Regel immer gleich und eine interessante Antwort lautet meistens: eine Kirche! Demnach fand auch der Jugendgottesdienst am 28. Juni 2017 in der evangelischen Kirche in Neuhof statt. Die Überschrift „Die Glückspille“ gestalteten die Jugendlichen mit Inhalten, Ideen und eigenen Worten aus und führten den Gottesdienst durch. Doch was war die Intention von Pfarrerin Monika Kreutz und mir, Britta Nicolay, als Religionspädagogin, bei der Festlegung, dass es einen Jugendgottesdienst geben soll? Jugendarbeit als Chance christlicher Gemeinschaft zu nutzen und diese Intention nutzen Jugendliche aus. Für die GottesdienstbesucherInnen war es ebenso eine besondere Erfahrung einen etwas anderen Gottesdienst zu erleben und den Kirchenraum anders dekoriert zu sehen
und auch wahrzunehmen. Das ist ein Beispiel für evangelische Jugendarbeit in den Gemeinden Neuhof und Orlen. Doch auch ich bin noch keine 300 Jahre in den Gemeinden aktiv und werde voraussichtlich auch keine weiteren 298 Jahre aktiv sein können. Aber seit gut 2 Jahren unterstütze ich das Kirchspiel in der Konfiund Jugendarbeit. Ein Bereich, der beiden Gemeinden sehr am Herzen liegt. Eine gute Konfi-Arbeit ist Grundstein für eine Jugendarbeit. Ausschlaggebend sind die Beziehung, das gemeinsame Erleben wie auch Freundschaften, die während einem Konfi-Jahr entstehen. Die wöchentlichen Treffen und die beiden Konfi-Tagungen sind extrem wichtig für die Konfis und für die Arbeit. Hierbei verzahnt sich wieder die Konfi- mit der Jugendarbeit. Denn ohne die tatkräftige Mithilfe von Jugendlichen TeamerInnen könnten die Konfis nur halb so viele Erlebnisse sammeln und eine positive Haltung zur evangelischen Kirche wie auch zum christlichen Glauben entwickeln. Im letzten Jahr war die christliche Gemeinschaft besonders und die Konfis haben sich sogar eine Abschlussaktion gewünscht. Mit einem Grillabend, einigen witzigen Spielen wurde die Konfi-Zeit beendet. Spannend zu beobachten ist die Veränderung eines jungen Menschen innerhalb eines Jahres: nicht nur körperlich und entwicklungspsychologisch, sondern auch in Bezug auf das Entstehen eines eigenen christlichen Glaubens, einer eigenen christlichen Einstellung/Haltung, die in der Jugendarbeit weiter wachsen kann oder aber auch sich verändert oder verstärkt wird. Während der Konfiarbeit entsteht auch der Kontakt zur Dekanatsjugend. Es wird an Jugendfreizeiten teilgenom37
men, man engagiert sich bei der Kinderfreizeit oder beim Dekanatskonfirmandentag und macht vielleicht sogar die Ausbildung zum/r JugendleiterIn. Die Konfi- und Jugendarbeit bleibt nie still stehen. Die Arbeit muss immer wieder an die Konfis und Jugendlichen angepasst, verändert und modernisiert werden. Doch die Kirche - als Gottesdienstraum - ist nie zu alt. Britta Nicolay
Ich lobe den Tanz, denn er befreit den Menschen von der Schwere der Dinge, bindet den Vereinzelten an die Gemeinschaft.
Ich lobe den Tanz, der alles fordert und fördert: Gesundheit und klaren Geist und eine beschwingte Seele.
Tanz ist Verwandlung des Raumes, der Zeit, des Menschen, der dauernd in Gefahr ist zu zerfallen, ganz Hirn, Wille oder Gefühl zu werden. Der Tanz dagegen fordert den ganzen Menschen, der in seiner Mitte verankert ist, der nicht besessen ist von der Begehrlichkeit nach Menschen und Dingen und von der Dämonie der Verlassenheit im eigenen Ich.
Der Tanz fordert den befreiten, den schwingenden Menschen im Gleichgewicht aller Kräfte.
Ich lobe den Tanz! Oh Mensch, lerne tanzen, sonst wissen die Engel im Himmel mit dir nichts anzufangen. Aurelius Augustinus (354 – 430)
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Meditatives Tanzen oder Tanz als Meditation
Bereits seit Ende 1998 lade ich Menschen, die gerne tanzen, an jedem 3. Dienstag im Monat zum ‚Meditativen Tanzen‘ in das Ev. Gemeindehaus in Neuhof ein. Was ist das, werde ich oft gefragt, wenn ich erzähle, dass diese Art zu tanzen meine Kraftquelle ist. Diese Art des Tanzes geht auf Bernhard Wosien, einen klassischen Balletttänzer und Choreografen, zurück. Er stellte nach seiner aktiven Zeit als Balletttänzer fest, dass die Folkloretänze „heilige/heilende Tänze“ sind, da sie schon immer von den Menschen getanzt wurden, die damit Freude, Besinnung, Rückblicke, Trauer ausdrücken konnten. Getanzt wurde zu Hochzeiten, zur Geburt eines Kindes, zur Besinnung, um der Trauer durch Bewegung Ausdruck zu geben, u.v.a. Gelegenheiten. Bernhard Wosien fand für sich heraus, dass diese Kreistänze, reduziert man die Schritte von hochkomplizierten Schrittfolgen auf wenige sich wiederholende Schritte und Gebärden, den Menschen Gelegenheit geben, sich mit Herz, Seele und Körper auf den Tanz, die Bewegung, die Musik einzulassen, das Hauptaugenmerk nicht auf den Kopf zu verlegen. Schon in der Bibel findet man immer
wieder Hinweise, dass die Menschen zu allen Zeiten tanzten. Man liest dort vom Springen… Tanz beginnt mit dem ersten Schritt. Bewegung und Musik machen glücklich! Der ganze Mensch wird durch die Kreistänze angesprochen mit all seinen Gefühlen, ohne dass der Kopf dabei eine Rolle spielt. Dadurch hat der Mensch die Möglichkeit, zu seiner eigenen „Mitte“ zu finden, denn: Der Tanz stellt dem Körper Fragen und der Körper antwortet. Ohne dass wir darüber nachdenken, lösen Musik und Bewegung in unserem Unterbewusstsein für uns Fragen. An unseren Tanzabenden tanzen wir Kreistänze – oft zu einem bestimmten Thema / Gedanken. Beim Kreistanz sind wir gefasst, gehen aber manchmal auch Schritte alleine. Wir tanzen zu Musik aus der Folklore (griechisch, israelisch, rumänisch, irisch u.a.), zu klassischer, keltischer und Fado-Musik. Die Tänze vermitteln heitere Ruhe, gelassenes inneres Ausruhen, sind fröhlich und können ebenso besinnlich oder traurig stimmen. Der Tanz führt uns vom Ich, zum Du, zum Wir. Sind Sie neugierig geworden? Das würde mich freuen. Ich lade Sie herzlich ein, zu unseren Tanzabenden in das Ev. Gemeindehaus zu kommen. Ab September 2017 treffen wir uns wieder jeden 3. Dienstag im Monat von 19.30 bis 21.00 Uhr. 39
Eine Partnerin/einen Partner brauchen Sie nicht mitzubringen, um teilnehmen zu können. Sie können alleine kommen und die Gemeinschaft im Kreistanz erleben. Jeder Mensch kann daran teilnehmen von jung bis alt, Frauen und Männer. Vorerfahrungen sind nicht erforderlich, lediglich die Lust am Tanzen in der Gemeinschaft und die Bereitschaft, sich im Kreistanz zu verbinden. Erwarten Sie bitte nicht von sich, dass Sie gleich von Anfang an alle Tänze „perfekt“ tanzen können. Geben Sie sich Zeit, erst einmal anzukommen. Erlauben Sie sich einfach „mitzutanzen“, auch wenn die gezeigten Schritte nicht sofort fehlerfrei klappen. Seien Sie offen für neue Erfahrungen und Begegnungen im Kreis und mit sich selbst. Heidi Pabst
Body and Mind Was versteckt sich hinter dem Slogan „Body and Mind“? Es geht um die Harmonie von Körper, Geist und Seele. Body and Mind heißt auch immer mal wieder langsam zu werden, kleine Pausen zu machen, um in der Stille auf die Reaktionen des eigenen Körpers und auf seine Befindlichkeiten zu lauschen. Dass Körper, Geist und Seele eine Einheit sind, ist seit Anbeginn der Menschheit bekannt und wird in verschiedenen Medizinsystemen seit Jahrtausenden gelebt. (paracelsus.ch) Body and Mind ist ein Konzept, welches
Muskelkraft, Flexibilität, Stabilität und das Koordinationsvermögen in Vereinigung mit der bewussten Atmung verbindet. Einige Beispiele wären Pilates, Qi Gong, Yoga, Tai Chi, die Feldenkrais-Methode, Jin Shin Jyutsu, Kinesiologie. Das Zusammenwirken von Psyche und Physis fördert unter anderem die Konzentration, Körperhaltung, das innere und äußere Gleichgewicht, die Geschicklichkeit, Gesundheit, Ausgeglichenheit (innere Ruhe), das Selbstwertgefühl, das Bewusstsein und die Intuition. Anspannung und Hektik bestimmen den Alltag der meisten Menschen in unserer Zeit, so dass das Treffen am Freitag ein angenehmer Ruhepol ist. In jeder Stunde werden Lockerungsübungen, Körperhaltungseinheiten, Dehnungs40
einheiten, Atemübungen, Balanceübungen, Körperwahrnehmungsübungen, Mobilisation und Entspannung kombiniert. Durch diese Mischform sind die Übungsstunden vertraut und trotzdem abwechslungsreich. Wir treffen uns freitags von 16.00 –18.00 Uhr im großen Raum des Gemeindehauses. Ab 17 Uhr finden die Fantasiereisen statt. Lust aufs Mitmachen? Einfach an den Terminen kommen. Sie brauchen bequeme Kleidung und dicke Socken. Für die Traumreisen sind ein kleines Kissen und eine Decke angenehm. Ansprechpartnerin: Margarete Gossel
Seniorenclub Die Jungsenioren, Seniorinnen sowie interessierte Mitbürger/-innen treffen sich regelmäßig alle 2 Wochen freitags im ev. Gemeindehaus, Neuhof Gartenstr. 14 (Behindertengerechter Eingang, sowie Aufzug). Wir gestalten unsere Nachmittage, nach gemütlichem Kaffeetrinken mit aktuellen, fachbezogenen, fröhlichen
und lustigen Themen. Unseren Geist fordern wir mit Gedächtnistraining, den Körper mit entsprechender Gymnastik. Auch laden wir Fachreferenten zu den verschiedensten Bereichen ein.
Zeit gegeben. Mit dem Bus gehen wir 3-4 mal im Jahr auf Tour, entweder zu schönen sehenswerten Plätzen unserer Heimat oder zu Konzerten und Freiluftaufführungen in der Umgebung.
Wir feiern nach den Jahreszeiten und unserer Kultur entsprechende Feiertage. Auch unsere Geburtstagskinder lassen wir hochleben. Alles wird mit Gesang und Musik begleitet. Zum Plaudern und Austauschen ist auch ausreichend
Sind Sie neugierig geworden, dann schauen Sie einfach bei uns rein. Wir freuen uns auf Sie!
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Elke Rodius
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Die Guttempler Die Guttempler wurden im Jahr 1851 in Utica im US-Bundesstaat New York als Abstinenzorganisation unter dem Namen „Order of Good Templars“ gegründet. Bereits damals waren sie für die Gleichberechtigung der Rassen sowie der Geschlechter. Heute arbeitet die Internationale Organisation unter dem Namen IOGT International weltweit als eine Gemeinschaft alkoholfrei lebender Menschen, deren gemeinsame Prinzipien auf die menschlichen und demokratischen Grundrechte bauen. Präsidentin ist die in Stockholm lebende Slowakin Kristina Šperková (35). In Taunusstein sind die Guttempler seit 1988 mit einer eigenen Gemeinschaft zu Hause und haben hier bereits mehr als 400 Männern und Frauen den Weg aus der Abhängigkeit in ein alkoholfreies selbstbestimmtes Leben gewiesen. Die Geschichte der Guttempler -Gemeinschaft „ Altenstein „ begann mit der Gruppe „Mattiaca“, die in Wiesbaden entstanden war. In den 1980er Jahren betreute sie auch viele Hilfesuchende aus dem benachbarten Untertaunus. Der Gedanke, ein Betreuungsangebot jenseits von Eiserner Hand und Platte anzubieten, lag nahe. Die Wiege des Gesprächskreises „Altenstein „ stand in Hahn. In der Jugend- und Drogenberatungsstelle fanden die Guttempler auf dem Weg zur Gründung einen kompetenten Gesprächspartner. Getagt wurde zunächst im Kindergarten
Am Hirschgraben, dann in Räumen des Bürgerhauses Taunus. Nach mehreren Umzügen ist man im Gemeindehaus der evangelischen Kirche in Neuhof heimisch geworden. Das Einzugsgebiet der Gemeinschaft „ Altenstein „ reicht von Wiesbaden bis ins Idsteiner Land und im Tal der Aar bis nach Heidenrod und Aarbergen. Guttempler haben das Ziel, die Menschen so zu fördern, dass sie den Weg zu einer zufriedenen abstinenten Lebensweise finden. Als eine Gemeinschaft alkoholfrei lebender Menschen in einer modernen Organisation mit langer Tradition helfen wir bei der Überwindung von Suchtproblemen – Jugendlichen, Frauen und Männer jeglichen Alters – unabhängig von Nationalität, politischer, weltanschaulicher oder religiöser Einstellung. Außerdem engagieren wir uns in der Präventionsarbeit. Und nehmen als Abstinenzverband auch alkoholpolitisch Stellung. Die Guttempler-Gesprächsgruppen sind als Hilfe zur Selbsthilfe in der Regel die erste Anlaufstelle. In einer geschützten und helfenden Atmosphäre werden Erfahrungen ausgetauscht. Es wird erlebt, dass der Weg aus einer Abhängigkeit heraus möglich ist. Neue Sichtweisen eröffnen sich, oft auch für eine belastende Lebenssituation. Die alkoholfreie Lebensweise trägt schließlich dazu bei, das Leben bewusster erleben und gestalten zu können. In den Guttempler-Gemeinschaften bestimmen darüber hinaus Bildungs-, Freizeit- und Kulturangebote das Gruppengeschehen. Unsere Hilfe ist qualifiziert und partnerschaftlich, unsere Sozialarbeit ist offen 43
und auf Zusammenarbeit mit anderen ausgerichtet. Guttempler-Selbsthilfe ist soziales bürgerschaftliches Engagement. Das Guttempler-Bildungswerk unterstützt bei Bildungsveranstaltungen und der Ausbildung der Suchtkrankenhelfer. Bei der Gemeinschaft Altenstein sind mehrere ausgebildete Mitglieder engagiert – nach Qualifikationskriterien, die der C-Trainer-Ausbildung der Sportverbände vergleichbar ist. Guttempler arbeiten mit ihrer Hilfsorganisation „Forut“ auch in der Entwicklungshilfe, sie sind im Verband „Der Paritätische“ auch in der Freien Wohlfahrtspflege Deutschlands aktiv, Partner in Selbsthilfenetzwerken und der Deutschen Hauptstelle Suchtfragen und der Hessischen Landesstelle für Suchtfragen, oft auch als Partner von kirchlichen Organisationen. Quo vadis? Zu den Guttemplern nach Neuhof: Die Guttempler-Gemeinschaft Altenstein tagt donnerstags ab 20 Uhr in den Räumen dieser Gemeinde in der Gartenstraße, Gäste sind willkommen. Bereits um 18 Uhr trifft sich hier die Gesprächsgruppe. Im Internet: www.iogt.org www.guttempler.hessen.de Vor Ort: Stephan Emsermann (Gruppe 18-20 Uhr) Jürgen Ploj (Gruppe 20-22 Uhr)
Evangelische Kirchengemeinden Neuhof und Orlen GartenstraĂ&#x;e 14 65232 Taunusstein www. kirche-neuhof-orlen.de
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