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Bl채ttern, bloggen, twittern, taggen Kulturjournalismus im Wandel Weltenbummler mit Skizzenblock: Cosey in Indien | Schweizer Gamedesign in San Francisco | CoNCa: Frischer Wind in der katalanischen Kulturlandschaft DAS K U LTU RMAGAZ IN V O N PR O H E LV E T IA, N R . 5 6 , AU SG Ab E 2 / 2 0 1 1
4 – 27 THEMA
Kulturjournalismus im Wandel
Der rasante Wandel des Schweizer Feuilletons Der Kulturteil in den Schweizer Medien hat sich verändert. Im Zentrum stehen Akteure und Events anstelle der Inhalte. Von Pia Reinacher
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Wer soll das alles lesen, bitte? Die Zeit der Internettagebücher ist vorbei. Trotzdem haben einige Blogs den Kulturdiskurs in den letzten Jahren gründlich aufgemischt und erfrischt. Von Christoph Lenz
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Keinem deiner Freunde gefällt das Die neuen Empfehlungssysteme im Internet sind den herkömmlichen Rezensionen und Kritiken überlegen. Von Kathrin Passig
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«Die Leute sind mit der Revolution kritischer und mutiger geworden» Der Kulturjournalist Gamal El Gamal hofft, dass die aufkeimende Demokratiebewegung auch die erstickten Kulturdebatten wieder belebt. Gamal El Gamal im Gespräch mit Susanne Schanda
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Shanghai: Der Versuch, eine Universalsprache zu finden Von Stefanie Thiedig
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REPORTAGE
Aus dem Internet kommt keine Konkurrenz Die Literatur- und Kulturkritiker der klassischen Feuilletons müssen sich über die Zukunft ihres Berufs keine Sorgen machen. Von Thomas Steinfeld
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PRO HELVETIA AKTUELL Schweizer Bühnenkunst experimentell und pointiert / Gespräche über Kulturvermittlung / Gesuche: Ab 2012 online eingeben / La Ribot im südlichen Afrika
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PARTNER CoNCa – der neue Rat für Kultur und Künste in Barcelona Von Cecilia Dreymüller
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CARTE BLANCHE Neue Rolle fürs Stadttheater Von Carena Schlewitt
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SCHAUFENSTER Plattform für Künstlerinnen und Künstler Zeichen und Wunder Von Christoph Schreiber
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IMPRESSUM PASSAGEN ONLINE AUSBLICK Titelbild: MIX & REMIX
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ORTSZEIT San Francisco: Spiele zwischen Technik, Wissenschaft und Kunst Von Bettina Ambühl
Der Weltenbummler mit dem Skizzenblock Von Janice Pariat (Text) und Ankur Ahuja (Bilder)
Mal scherzhaft, mal skurril setzen die Zeichner Ruedi Widmer und Philippe Becquelin den Wandel im Kulturjournalismus in Szene. 6
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Blättern, bloggen, twittern, taggen In dieser Passagenausgabe fühlen wir dem Kulturjournalismus den Puls: Die Wirtschaftskrise und der Erfolg der neuen Medien haben dieses Metier verändert. Stellen wurden eingespart, Kulturbeilagen gestrichen und Zeitungsbünde fusioniert. Gleichzeitig blüht, ja wuchert das Angebot an Kulturinformationen im Internet, und jede Zeitung, die etwas auf sich hält, ist mit Blogs und Onlineauftritten präsent. Blättern war gestern, heute heisst es googeln, bloggen, twittern und taggen. Wer die pointierten Meinungen freier Blogger schätzt oder die Theaterkritik zur Premiere gleich am Morgen danach serviert haben will, wer sich gerne in digitalen Debattierräumen tummelt und den Fantasiereichtum multimedialer Onlinekulturmagazine schätzt, der wird sich dem Internet nicht verschliessen. Dies, obwohl wir in der unüberschaubaren Fülle des weltweiten Netzes mühelos finden, wonach wir nie gesucht haben, und oft unauffindbar bleibt, was wir wirklich suchen. Es braucht Orientierungshilfen, um im Gestrüpp der immer zahlreicher werdenden Kulturagenden und PR-Texte die lohnenswerten Angebote zu finden. Christoph Lenz hat für dieses Heft den elektronischen Dschungel interessanter Kulturinformationen durchforstet und stellt einige beachtenswerte Seiten vor. Trotz zunehmender Konkurrenz aus dem Internet wird das klassische Feuilleton seinen Platz auch in Zukunft behaupten, davon sind die beiden Autoren Thomas Steinfeld und Pia Reinacher überzeugt. Denn das Bedürfnis der Leserinnen und Leser nach kritischer Auseinandersetzung mit Kultur- und Gesellschaftsthemen werde nicht einfach verschwinden. Dem schnell- und kurzlebigen Internet hält das Feuilleton seine Qualitäten als zuverlässige Informationsquelle und Forum gesellschaftlicher Reflexion entgegen. Ein Ort, wo sich neue und alte Medien fruchtbar ergänzen und unterstützen, ist Ägypten. Die neuen Medien haben dort entscheidend zum Demokratisierungsprozess beigetragen, wie der Kulturjournalist Gamal El Gamal in unserem Interview erzählt. Er erhofft sich davon nun auch eine Wiederbelebung erstickter Kulturdebatten. Welche heiteren, ja mitunter grotesken Blüten der Wandel im Kulturjournalismus treibt, zeigen die Cartoons von Ruedi Widmer und Philippe Becquelin, die sie eigens für unser Heft geschaffen haben. Janine Messerli Redaktorin Passagen
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Eine Frage der Kultur Die Kulturberichterstattung hat sich in den letzten Jahren mächtig verändert und ist heute so lebendig und multimedial wie noch nie. Lesen Sie in diesem Dossier, warum das Feuilleton allen Schwanengesängen zum Trotz auch weiterhin seinen Platz behauptet. Entdecken Sie die Leuchttürme unter den Kulturblogs und erfahren Sie mehr über die Internetmaschinen, die so viel besser über unsere Kulturvorlieben Bescheid wissen als unsere Freunde. Ein Abstecher nach Ägypten gibt Einblicke in den Kulturjournalismus eines Landes auf dem Weg zur Demokratie.
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ie Nachricht wirkte wie ein Stachel im Fleisch der tische Veränderungen immer sofort im Kulturteil nieder. Exemp eingesessenen Deutschschweizer Feuilletons: Aus larisch zeigte sich das an der Politisierung dieses elitären Ressorts gerechnet die kleine, nicht sehr begüterte, aber tra nach der 68erRevolution oder der deutschen Wende 1989, in ditionsreiche Zeitschrift Schweizer Monat (vor dem deren Folge sich auch das schweizerische Feuilleton in einen Relaunch Schweizer Monatshefte) kündigte anfangs Austragungsort politischer Debatten verwandelte. Wie selbst Mai die Lancierung einer literarischen Sonderbeilage an. Mit dem verständlich sich der Kulturteil inzwischen als Plattform politisch Literarischen Monat will man ein Zeichen setzen gegen das Ge philosophischer Reflexion etablierte, lässt sich an den jüngsten jammer um die Verknappung des Feuilletons in vielen Print Ereignisse um Fukushima oder der arabischen Revolution de medien. Ohne Zweifel ein kühner Schachzug der jungen Macher monstrieren: Sie spiegelten sich auch auf den Kulturseiten. Zwei– auch wenn einige der schönen Interviews, Kolumnen, Brief tens gibt es einen engen Zusammenhang zwischen der Blüte des wechsel, Essays und Kritiken Feuilletons und der ökonomi zum Rezensentenhonorar von schen Entwicklung. Während den goldenen Wirtschaftsjah einer Flasche Whiskey erkauft wurden. Ein Jahr zuvor hatte ren der Neunziger wurden die allerdings schon die renom Kulturbünde auch hierzulande mierte deutsche Tageszeitung euphorisch ausgebaut, die Er Die Welt mit dem Ausbau ih nüchterung folgte mit der Wirt res Literaturteils und kurz da schafts, Finanz und Banken rauf auch das Magazin Focus krise ab 2007 – und damit kam Signale zu einer Kehrtwende es auch zu Entlassungen von vom grassierenden Abbaufu Redaktoren sowie zum Kampf ror im Feuilleton gesetzt. Die um den geringer gewordenen NZZ am Sonntag setzt eben Platz. Drittens ist der Einfluss falls seit einiger Zeit auf Profi der Neuen Medien sowie das lierung mittels Kultur: durch inzwischen unverkrampft hyb das Supplement Bücher am ride mediale Verhalten der Allen Schwanengesängen zum Trotz Sonntag. Konsumenten auf das Feuille ist der Kulturteil in den Schweizer Medien ton beträchtlich. Printmedien nicht geschrumpft – aber er hat sich Einfluss von Politik, unterstützen oder verlängern Ökonomie und neuen gründlich verändert: Im Zentrum stehen heute ihr eigenes Kulturangebot mit Medien OnlineErgänzungen, in denen Akteure und Events, anstelle der Inhalte. Dieser Entwicklung voran der spielerische Umgang mit Der Kulturjournalist der Zukunft gegangen war ein ständiges kulturellen Themen dank opti ist ein flexibler Produzent, der verschiedene Schrumpfen der Kulturteile schen und interaktiven Elemen Medienkanäle agil zu bespielen weiss. auch der Schweizer Medien in ten wie Bildstrecken, Videos den ersten zehn Jahren des oder Blogs konsumentenfreund 21. Jahrhunderts – eine direkte lich gemacht wird. Manche Von Pia Reinacher Folge der ökonomischen Krise Verlagshäuser konkurrenzieren nach dem 11. September 2001, ihre eigene Printkulturredak tion mit einer unabhängigen dem Platzen der Wirtschafts blase und dem daraus resultierenden Ertragseinbruch in den Me Onlinekulturredaktion – was nicht ohne angstgetriebene interne dienhäusern. Der Abschied vom klassisch elitären Feuilleton er Machtkämpfe um die kulturelle Deutungshoheit im eigenen Haus folgte hierzulande meist lautlos, das Eindampfen der finanziellen abgeht. und personellen Ressourcen praktizierten viele Redaktionen dis Bestes Beispiel dafür ist das Tagi-Newsnetz, dessen Kultur kret, die herausragenden Sonderbeilagen zu Kunst, Film, Thea artikel auch auf den Internetseiten von Bund, Berner Zeitung und ter oder Literaturereignissen verschwanden aus Spargründen still Basler Zeitung gelesen werden können – was wiederum einen ge und leise. Die Umwälzungen im Mediensektor in den letzten Jah fährlich langweiligen kulturellen Einheitsbrei im deutschen ren sind gewaltig und auch im Feuilleton, dem renommiertesten Sprachraum fördert. Das Newsnetz übernimmt aus der TagesTeil der Medien, blieb kein Stein auf dem anderen. Alles ist im Anzeiger-Printausgabe im Laufe des Tages maximal drei Artikel – Fluss: die Identität des Feuilletons, das Berufsbild des Kulturre umgekehrt ist das Misstrauen grösser. Onlinetexte finden selten daktors und journalisten, vor allem aber auch die Erwartungen Eingang in den Kulturteil der zugehörigen Printmedien, zu gross der Konsumenten. ist dort der Abwehrreflex. Schliesslich werden die traditionellen Der Wandel des Feuilletons wird dabei seit der Entstehung Kulturredaktionen immer deutlicher durch leistungsfähige dieses legendären Ressorts «unter dem Strich» um 1800 von drei Nischenplattformen wie www.perlentaucher.de, www.literaturgrundsätzlichen Faktoren beeinflusst: Erstens schlagen sich poli kritik.de, Krimi-Couch.de oder www.nachtkritik.de und viele
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mehr im Netz «dynamisiert» und «demokratisiert». Diese konkur renzieren zunehmend das klassische Feuilleton.
rung von Verlagshäusern und Chefredaktoren – das vornehme Feuilleton ist ein prestigeträchtiger Faktor im Imagetransfer. Ein Blick auf neuere Untersuchungen zu den Themenpräfe renzen zeigt, dass das Leserinteresse an Kulturthemen keineswegs nachgelassen hat. Die Univoxstudie aus dem Jahr 2009 weist bei knapp 60 Prozent der Befragten eine starke mediale Themen präferenz für Kultur nach – vor dem Interesse für Politik aus dem In und Ausland. Aufschlussreich ist auch die Inhaltsanalyse der auflagenstärksten Tageszeitungen in der deutschen Schweiz. Der Medienwissenschafter Dino Nodari belegt in seiner Studie Kulturberichterstattung der Deutschschweizer Tagespresse (2006) zwar, dass der Trend zur Bebilderung von Kulturtexten anhalte und viele kurze Texte einer kleineren Anzahl langer Artikel gegenüberste
Studien belegen das Leserinteresse an Kultur Kein Wunder, dass sich unter diesen Einflüssen die Identität des Schweizer Feuilletons grundlegend verändert. Allerdings – so muss man sofort einwenden – wird das klassische Reflexionsfeuil leton keineswegs untergehen. Erstens, weil der Kulturteil noch immer ein entscheidendes Forum im Selbstvergewisserungs und Verständigungsprozess einer Gesellschaft bietet und Orientie rungshilfe in einer fragmentierten Welt offeriert. Und zweitens, weil der Konkurrenzkampf zwischen den Medien bis heute über das noble Feuilleton ausgetragen wird. Kultur dient der Profilie
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hen, dass aber die Vorliebe für klassische Sparten immer noch do miniere. Der Zürcher Medienwissenschaftler Heinz Bonfadelli zieht in seiner Studie Kulturberichterstattung im Wandel (2008) das gleiche Fazit. Seit den 80erJahren sei die Kulturberichterstat tung im weiteren und das Feuilleton im engeren Sinne nicht ab gebaut, sondern vielmehr deutlich ausgebaut worden. Im Feuille ton gelte die Aufmerksamkeit nach wie vor der traditionellen Elite und Hochkultur und die klassische Rezension mache den
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La Traviata im Zürcher Bahnhof (2008), die, zwischen Pendler strömen produziert, eine Oper als klingendes LiveEvent zwischen Alltag und Kunst zur Aufführung brachte.
Ein radikal verändertes Berufsbild
Grenzverwischung findet inzwischen überall statt – bald zum Vor teil, bald zum Nachteil der Kultur. Der Übergang zwischen Be richterstattung, Kritik, PR, Marketing und Konsumentenberatung hat sich auch im Kulturjournalismus vie lerorts aufgelöst. In der Not des Zeitdrucks In der Not des Zeitdrucks infolge verringerter Finanz infolge verringerter Finanz und Personal und Personalressourcen greifen inzwischen mehr ressourcen greifen inzwischen mehr Jour nalisten als einem lieb sein kann für ihre Journalisten als einem lieb sein kann für ihre Berichte auf Berichte auf vorgefertigtes PRFutter der vorgefertigtes PRFutter der Kulturinstitutionen zurück. Kulturinstitutionen zurück. Es wird abge Es wird abgeschrieben und kopiert, was das Zeug hält. schrieben und kopiert, was das Zeug hält. Die klassische, fachkompetente und umfassend gebildete Bestens ausgestattete Textdokumentatio nen sowie Internetrecherchen machen es Kritikerfigur, die im Elfenbeinturm zu einem seriösen leicht, sich blitzschnell zu informieren und Urteil kommt und dieses in schön gedrechselten Sätzen ohne Vorkenntnisse in den eigenen Arti kommuniziert, ist damit am Aussterben. keln Fachkompetenz vorzutäuschen. Das Zielgruppendenken der Medien verwandelt Kern aus. Gernot Stegert wiederum prognostizierte in seiner Stu auch die Kulturjournalisten häufig in Werbetexter. Einordnung die Feuilleton für alle. Strategien im Kulturjournalismus der und Kommentierung eines kulturellen Ereignisses bleiben so auf Presse (1998) eine radikale Ausweitung des Kulturbegriffs und di der Strecke – Halbkompetenz wird gerne beschönigend mit dem agnostizierte eine fortschreitende Erweiterung des klassischen Primat der Vermittlung vor der Kritik kaschiert. Nur zum Vorteil Feuilletonkanons auf Gebiete wie Alltagskultur, Mode und Kleider der Feuilletonleser ist allerdings der schwindende Agendajourna lismus. Wo weniger Platz ist, besinnt man sich auf übergreifende oder Lifestyle. Themen, thematisiert die wichtigen Sinnfragen, setzt Schwer Die Zeit der Bleiwüsten ist vorbei punkte und verliert sich nicht mehr so oft wie früher im Abbilden Man darf bei all diesen Erkenntnissen nicht vergessen, dass die von ephemeren Ereignissen. Wissenschaft der sich rasant verändernden Medienpraxis naturge Diese Trends werden sich im herrschenden Medienwandel mäss nachhinkt. Das Schweizer Feuilleton sowohl der nationalen weiter verstärken. Mit der zunehmenden Generierung von jour Leitmedien wie auch der Regional oder Boulevardmedien wurde nalistischem «Content», der im Newsroom der Redaktionen auf in den letzten fünf Jahren nochmals von einer energischen Popu alle Medienkanäle verteilt wird und dem «MultiChannelPubli larisierungs und Personalisierungswelle heimgesucht. Zwar hat shing» wird sich auch das Berufsbild des Kulturjournalisten radi sich der Anteil der Kultur in den Medien in der Tat keineswegs kal verändern. Die klassische, fachkompetente und umfassend ge verringert, wie oft behauptet wird. Aber er hat sich neu ausgerich bildete Kritikerfigur, die im Elfenbeinturm zu einem seriösen tet und sucht nach einer frischen Identität. Diese strukturelle Ver Urteil kommt und dieses in schön gedrechselten Sätzen kommu änderung trifft nicht nur für Boulevardmedien, sondern auch für niziert, ist damit am Aussterben. Schon jetzt mangelt es an Nach elitäre Medien zu: Deutlicher denn je wird Kultur in leicht kon wuchs. Der «neue» Kulturjournalist wird ein flexibler Produzent sumierbaren Textsorten wie Porträts, Interviews oder Veran sein, der unterschiedliche Medienkanäle agil zu bespielen versteht. staltungshinweisen abwickelt. Dabei wird anstelle der Inhalte ver Es hat also alles seine zwei Seiten. Eines ist dabei sicher: Das stärkt auf die kulturellen Akteure fokussiert, das einzelne Event Feuilleton in den Schweizer Medien ist so lebendiger denn je – gefeiert oder der Servicecharakter unterstrichen. Kultur wird auch wenn auch auf unterschiedliche Weise. Dem Leser kann das nur von den elitären Feuilletons unterhaltender, spielerischer und recht sein. sinnlicher präsentiert – die Zeit der grauen Bleiwüsten ist end gültig vorbei. Dass die Unterscheidung von U und EKultur schon längst zusammengebrochen ist, ist das eine, dass sich neuestens auch Boulevard und Qualitätsjournalismus schwerelos vermi schen, das andere. Als überaus gelungenes Experiment auf diesem Pia Reinacher ist Buchautorin, Literaturkritikerin (Frankfurter Allgemeine Zeitung, Weltwoche) und Feld muss man die Inszenierung der Zauberflöte auf 2 Kanälen Dozentin für Kultur und Medien an der Universität (2007) des Schweizer Fernsehens bezeichnen, bei denen der Zu Zürich. Sie ist Mitglied der Geschäftsleitung von Consulting&Partner. Zuletzt erschienen: schauer gleichzeitig zwischen dem Geschehen auf der Bühne und MUELLER Kleider, Körper, Künstlichkeit. Wie Schönheit Backstage zappen konnte – oder die gigantische Inszenierung von inszeniert wird, Berlin University Press 2010.
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n einem ganz gewöhnlichen Montag: Werden welt- talen Medien. Perlentaucher.de ist so ein Beispiel. Seit über elf weit gegen 10 Millionen Blog-Meldungen auf- Jahren berichtet dieses Onlinemagazin über Literatur und Kultur geschaltet. Breiten im Internet Hunderttausende im deutschsprachigen Raum. Kernstück des Portals ist eine tägKulturkonsumenten ihre Entdeckungen und Ent- liche Presseschau, die kurz und prägnant bündelt, womit sich die täuschungen des Wochenendes aus. Verweisen Zehn- renommiertesten deutschsprachigen Feuilletons, darunter auch tausende Twitterer auf Zeitungsartikel. Verschicken allein deut- jenes der Neuen Zürcher Zeitung, befassen. Ebenfalls täglich sche Buchverlage gegen tausend Twitterbotschaften. Verweisen erscheinen eine Bücherschau mit Rezensionen und ein MedienDutzende Zeitungen auf Hunderte Blogs. Bloggen Twitterer Arti- ticker. Im Online-Archiv dieses 2003 mit dem Grimme-Preis kel. Twittern Leitartikler Blogs. Artikeln Blogger Tweets. Und dann ausgezeichneten Portals lagern frei zugänglich über 30 000 Buchauch noch Facebook. besprechungen. Zahlreiche Intellektuelle, Schriftsteller und reAn einem ganz gewöhnlichen Montag fragen wir uns: Wer soll nommierte Kulturschaffende treten einigermassen regelmässig das alles lesen, bitte? als Autoren für Perlentaucher.de in Erscheinung, etwa Jürgen Gemäss einer Schätzung des Internetseismographen Blog- Habermas, Imre Kertész und Götz Aly. Dennoch: Perlentaucher. Pulse gibt es weltweit gegen 150 Millionen Blogs. Die Erfindung de ist hauptsächlich eine Wiederverwertungsmaschine. Hier wird des Onlinetagebuchs markierte schnell und einfach verarbeitet und aufbereitet, was Mitte der Neunzigerjahre die anderswo bereits publiziert Wende zum Web 2.0, dem Inwurde. Seit 2007 steht das ternet zum Mitmachen. SeitMagazin deshalb in einem her hat sich die Form der Rechtsstreit mit der Frankdigitalen Kommunikation ins Unendliche pluralisiert. Jeder furter Allgemeinen Zeitung. Versuch, sich einen Überblick Mit Signandsight.com verfügt Perlentaucher.de auszu verschaffen, ist hoffnungslos, jedes Ordnen eine Anserdem über einen englischmassung. Man spricht vom sprachigen Blog, der sich Datenozean, vom Informaebenfalls in der Vermittlung tionsdschungel, vom multimevon europäischer Literatur Jaja natürlich, Internettagebücher sind sowas dialen Steinbruch. Alle diese und Kultur betätigt. von vorbei. Wer heute etwas auf sich hält, Begriffe nehmen die GrundAuch Eurozine.com erder twittert und facebookt. Trotzdem gibt es konfiguration des Menschen füllt eine Scharnierfunktion weltweit gegen 150 Millionen Blogs. gegenüber dem digitalen zwischen den «alten» und Raum vorweg: Es ist ein unden «neuen» Medien. Dieses Die meisten verstärken nur das weisse Rauschen gastlicher Ort geworden, dieOnlinemagazin verbindet im Netz. Aber einige haben in den letzten Jahren ses Internet. Surfen – mit dieüber 75 der führenden euroden Kulturdiskurs gründlich aufgemischt sem lustvollen, schwerelosen päischen Kulturpublikatiound erfrischt. Die Anmassung einer Ordnung. nen, darunter auch Du aus Rauschen auf der Datenwelle, damit ist es schon lange vorbei. der Schweiz und die französiWer sich heute trotz allem hische Revue Internationale Von Christoph Lenz neinwagt ins Netz, der bewegt des Livres et des Idées, und sich schnell, leise und zielgestellt dem Besucher eine Ausrichtet. wahl an aktuellen Texten aus diesen Magazinen zur Verfügung. Ja, es gibt sie, die Leuchttürme der Kulturblogszene, die den Kernmerkmal von Eurozine.com ist ein breit und gerne auch poKulturinteressierten zügig und verlässlich mit nützlichen Infor- litisch gefasster Kulturbegriff. mationen versorgen. Die ihm ausserdem Gewähr bieten, dass er Sehr empfehlenswert ist ferner ein Besuch bei Transcript-renicht nur findet, wonach er sucht (dafür ist ja Google zuständig), view.org, einer webbasierten Literaturzeitschrift, die viermal jährsondern auch und viel wichtiger, dass er findet, wonach zu suchen lich in deutscher, englischer und französischer Sprache erscheint ihm niemals in den Sinn gekommen wäre. Das Neue, das Unbe- und finanziell von der Europäischen Union mitgetragen wird. Hier kannte, das Gute, das Wichtige. Im Folgenden werden einige die- dreht sich alles um Fragen der Heimat und der Fremde, ausserser internationalen, nationalen und regionalen Leuchttürme vor- dem wird die geografische und sprachliche Peripherie Europas gestellt. Die Auswahl ist unvollständig und willkürlich – aber ausgelotet. Immer wieder beeindruckend sind die Sondernummern, etwa zur Literatur in Mazedonien, dem Baskenland immerhin ein Anfang. oder Lettland. Zwischen analog und digital Nur vier Jahre nach seiner Lancierung hat sich NachtkriZu den wichtigsten Kulturplattformen im Internet zählen heute tik.de als fester Bestandteil der deutschsprachigen Theaterszene viele, die an der Schnittstelle stehen zwischen analogen und digi- etabliert. Dieses Theatermagazin macht sich den Zeitvorsprung
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Kunst, Film, Design und Architektur (http://creative.arte.tv) – und übrigens geleitet wird von Alain Bieber, dem Erfinder des Kunst-, Kultur- und Politikblogs Rebelart.net.
des Internets gegenüber den gedruckten Medien zunutze: Bereits am Morgen nach der Premiere werden Aufführungen hier ebenso kritisch wie fachlich fundiert beleuchtet. Über 50 Autoren besuchen Wochenende für Wochenende 20 und mehr Premieren in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Darüber hinaus werden in Presseschauen weitere Aufführungskritiken rezipiert und dienen Blogs dazu, aktuelle Debatten zu verfolgen. Für die Anbindung der Plattform an internationale Theaterdiskurse sorgen Gastautoren aus aller Herren Länder. Unter den international renommiertesten Kunstblogs ist zweifellos Artlog.com zu nennen, ein hochwertiges Onlinemagazin, in welchem Textbeiträge, Interviews und Videos zur Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Kunst animieren.
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Föderalismus im Internet
Selbst die Blogszene der Schweiz ist kaum zu überblicken. Stellvertretend sollen hier zwei Musikportale und ein allgemeinerer Kulturblog präsentiert werden. Norient.com, beheimatet in Bern und auf Deutsch und Englisch geführt, darf für sich reklamieren, eines der bedeutendsten Foren für globale Untergrundvolksmusik überhaupt zu sein. Irgendwie kommt hier alles zusammen: Blog, Onlinemagazin, digitales Debattierzimmer, akademischer Austausch, Videos, Soundfetzen, und, und, und. Dabei wird stets Bezug genommen auf das Weltgeschehen. So hat Norient.com als Die Blogs der etablierten Medien jüngst im arabischen Raum die Jugendlichen auf die Strassen Jenseits dieser freien Plattformen verfügen heute beinahe alle gingen, jene arabischen Musiker porträtiert, deren Songs an den ernstzunehmenden Medienhäuser, Zeitschriften und Tageszeitun- Demonstrationen aus den Transistorradios schepperten: Rapper, gen über eigene, professionell betriebene Blogs. Bemerkenswert Rocker und Avantgardisten vom Jemen bis Marokko. ist dabei, dass die oftmals traditionsreichen Publikationen mit ihEin sehr gelungenes Beispiel ist auch die Plattform 78s.ch aus rem Titel und Renommee auch für ihre nur im Internet veröffent- Zürich. Einst als Blog zur Schweizer Musikszene gestartet, hat lichten Texte bürgen. Generell gilt hier die Gleichung: Je mehr Ge- dieses Magazin inzwischen stark expandiert. Auf den Besucher wicht der Kultur im Primärmedium beigemessen wird, desto wartet täglich ein neues musikalisches Schmankerl. Ausserdem höher ist auch die Qualität der Kulturblogs. Und wer gerne den begleiten die Autoren sehr aufmerksam das nationale Pop- und Spiegel, Le Monde Diplomatique oder die NZZ liest, wird auch de- Rockmusikgeschehen. Vielversprechend ist im vergangenen Herbst auch der Start des multimedialen Kulturmagazins ren Blogs schätzen. Ein herausragendes Beispiel für diese Gattung ist der Litera- Neuland-mag.net verlaufen. In Reportagen und Kolumnen, in turblog The Book Bench des US-Magazins New Yorker (newyor- Mixtapes und Fotostrecken wird mal süffisant, mal hochernst die ker.com). Dieses verbindet mustergültig die Vorzüge des Online- politische und kulturelle Lage der Nation verhandelt. Nicht zuletzt wollen die regionalen Blogs gewürdigt werden. journalismus mit den gehobenen Ansprüchen, die sich aus dem renommierten Titel ableiten. Flinker und wendiger als die ge- Sie zeichnen sich zumeist durch grössere Nähe zu den Kulturschaffenden aus und leisten oftmals hervorragende Vermittlungs- und VernetzungsJa, es gibt sie, die Leuchttürme der Kulturblogszene, arbeit. Zu nennen wäre Kulturteil.ch, ein die den Kulturinteressierten zügig und verlässlich mit Blog für die Zentralschweiz, KulturStattnützlichen Informationen versorgen. Die ihm ausserdem Bern, angesiedelt unter dem Dach der Tageszeitung Der Bund, Kulturkritik.ch, ein Gewähr bieten, dass er nicht nur findet, wonach er von der Zürcher Hochschule der Künste sucht (dafür ist ja Google zuständig), sondern auch und betreutes Gefäss für den Raum Zürich, viel wichtiger, dass er findet, wonach zu suchen ihm Valais-mag.ch für das frankofone Wallis, niemals in den Sinn gekommen wäre. Schlaglicht (http://blog.bazonline.ch/ schlaglicht) für die Nordwestschweiz und Saiten.ch in der Ostschweiz. In der Westdruckte Ausgabe, oftmals auch mutiger, persönlicher und humor- schweiz sind es unter anderem die Blogs des Magazins L’Hebdo voller werden hier Bücher besprochen, noch bevor die Drucker- (etwa Bonpourlesoreilles.net), die das kulturelle Geschehen bepressen des Magazins angelaufen sind. Und: Was hier steht, ist mit gleiten. Während also beinahe alle Regionen über eigene Onlinewenigen Tagen Verzögerung nicht nur in den Blogs, sondern auch plattformen verfügen, existiert kaum ein Kulturblog mit gesamtin den Feuilletons und Literaturzeitschriften rund um den Globus schweizerischem Fokus. Eine schöne Ironie, dass auch im neuen, zu lesen. Meinungsführerschaft gibt es auch hier, im Internet. entgrenzten und globalisierten Informationsdschungel ein uralter Unter dem Dach der französischen Tageszeitung Le Monde Bekannter das Sagen hat: der Kantönligeist. meldet sich seit bereits sieben Jahren Schriftsteller und Journalist Pierre Assouline regelmässig zu Wort. Sein Literaturblog, La République des Livres, und weitere zu Kino, Theater, Kunst, Fotografie und Politik sind zu finden unter: www.lemonde.fr/blogs/ Christoph Lenz (*1983 in Schaffhausen) arbeitet als bei der Berner Tageszeitung Der Bund. invites. Erwähnenswert ist ferner das hochwertige, zweisprachige Kulturredaktor Er bloggt nicht und twittert nicht, schreibt aber manchmal Onlineangebot Arte Creative, das gegliedert ist in Popkultur, Postkarten.
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s gibt keinen zuverlässigeren, keinen täuschungssiche- und Facebook. Ich gebe mir Mühe, weniger Empfehlungen auszureren, unkorrumpierbareren Sympathie-Indikator als sprechen und Bücher zu verleihen, wobei Letzteres beim derzeitidie Musik. Man ist, was man hört, respektive gehört gen Stand der E-Book-Technik sowieso kaum mehr geht. Der Schahat. Und wenn einer in all den Jahren das komplett Fal- den ist gering, denn Empfehlen und Verleihen sind überwiegend sche gehört hat, ist halt nichts mehr zu machen.» So Gefallen, die der Empfehlende und Verleihende sich selbst tut. Für schreibt Frank Schäfer in Ich bin dann mal weg. Streifzüge durch den Empfänger sind sie selten so nützlich, wie wir uns wünschen. die Pop-Kultur. Ich zitiere ihn hier nicht, weil er ganz besonders Das Phänomen lässt sich nicht nur bei Empfehlungen im unrecht hätte, sondern weil seine Aussage exemplarisch ist für ei- Freundeskreis beobachten. Der Gehalt der meisten Rezensionen nen Glauben, dem bewusst oder unbewusst wohl die meisten an- beschränkt sich auf die Information, dass das Objekt der Besprehängen: Unsere Freunde finden dasselbe gut wie wir. chung dem Autor gut oder nicht gut gefallen hat, garniert mit Wie wenig dieser Glaube mit der Wirklichkeit zu tun hat, wird Hinweisen auf die kulturelle Beschlagenheit des Autors. Wenn sichtbar, wenn man von den Vernetzungsmöglichkeiten Gebrauch eine Begründung des Geschmacksurteils mitgeliefert wird, ist macht, die dem Internet in den sie von einer nachträglichen Raletzten Jahren erwachsen sind tionalisierung der Privatempfin(zugegeben: erst nach dem Erdung nicht zu unterscheiden. scheinen von Schäfers Buch). Der Nutzwert für den Empfänger Vor dieser Aufklärung durch das hält sich auch hier in Grenzen. Internet hatte ich keine Ahnung Kulturangebote im Netz davon, wie wenig Einigkeit zwiund auf Papier erfüllen zum schen mir und meinen Freunden überwiegenden Teil Funktioin Geschmacksfragen herrscht. nen, deren Nützlichkeit rapide Das liegt zum einen daran, dass schwindet. Noch vor wenigen Jahren war es schwer, von es sich in früher Jugend vielleicht tatsächlich noch so verNeuem überhaupt zu erfahren hält, wie Schäfer schreibt: Man und Indizien dafür zu finden, Wer braucht denn heute noch Kritiker? entdeckt gemeinsam mit Freundass es den eigenen InteresDie Buch- und Filmtipps der Empfehlungsden bestimmte Bands, Filme, sen entsprechen könnte. Beides systeme im Internet beraten den Autoren, sodass sich die Vorliewurde von Rezensionen, EinzelKulturkonsumenten viel treffsicherer als das ben für eine Weile parallel entwihandel und Verleih abgedeckt – eng begrenzt durch die zur Verckeln. Die Täuschung, dass dieein Filmkritiker, eine Buchhändlerin oder ser Zustand das ganze Leben lang fügung stehende Fläche –, und die Freunde auf Facebook jemals könnten. hält, entsteht durch Wunschdenbeides ist obsolet. An die Stelle Und sie räumen auf mit der Illusion, ken und dadurch, dass wir uns des Informationsmangels über dass wir Teil einer kulturellen Gemeinschaft lieber über die ÜberschneidungsKulturprodukte ist ein Inforpunkte unserer Interessen untermationsüberfluss getreten. Versind, die den gleichen Geschmack teilt. halten als über deren Diskreöffentlichungen, deren Funkpanzen. Ich will damit nicht tion darin besteht, auf Neues Von Kathrin Passig andeuten, dass mein Buch-, aufmerksam zu machen und es Film- oder Musikgeschmack von an den Massstäben des Rezensolcher Raffinesse ist, dass niesenten zu messen, werden abgemand ihn zu teilen vermag; ich schwimme in vielen Bereichen mit- löst durch technische Angebote, die den Überfluss für den Einzelten im Mainstream. Aber selbst diejenigen Freunde, bei denen die nen nutzbar machen. Übereinstimmungen relativ gross sind, hegen ansonsten Interessen, die für mich so wenig nachvollziehbar sind, dass ich mich von Vinylartefakte und Nasenflötensoli der Vorstellung verabschiedet habe, vorhersagen zu können, was Solche Systeme zum Erzeugen individueller Empfehlungen gibt es ihnen gefallen wird und was nicht. im Groben in zwei Varianten: Zum einen den Vergleich von Produktähnlichkeiten wie beim Onlineradio Pandora, wo Menschen Die Nützlichkeit von Kulturinformationen schwindet von Hand jedes neue Musikstück nach mehreren hundert genreDiese Einsicht hatte Folgen. Seit ich bei last.fm, einem Internetra- spezifischen Kriterien einsortieren: Sind Vinylartefakte zu hören, dio, das sich allmählich dem Geschmack des Hörers anpasst, erst- gibt es prominente Nasenflötensoli? Bei der Filmplattform jinni. mals sehen konnte, wie unzutreffend meine Vorstellungen vom Um- com geschieht dasselbe durch automatische Auswertung von Filmfang der geschmacklichen Überschneidungen im Freundeskreis beschreibungen. Die meisten Anbieter aber setzen auf «kollaborawaren, habe ich keine CD mehr verschenkt. Ich glaube noch weni- tives Filtern», also das Auswerten von Gemeinsamkeiten der Nutger als früher an den Sinn von Empfehlungen, Rezensionen, Bes- zer. Das setzt voraus, dass diese Nutzer entweder – wie bei last.fm tenlisten und «Unbedingt lesen/sehen/hören!»-Aufrufen auf Twitter – ihre Konsumgewohnheiten automatisch erfassen lassen oder aber
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Bewertungen abgeben. Je mehr Daten die Empfehlungssoftware ge- trag zum Thema auf, vermutlich aus drei Gründen. Der erste davon sammelt hat, desto treffsicherer wird sie. Die meisten dieser Ange- ist Wunschdenken: Die Fähigkeiten der Maschinen möchten bitte bote unterscheiden zwischen Freunden, also den Nutzern, die man unoriginell und begrenzt sein, und die Leistungen des Menschen persönlich kennt oder sympathisch findet, und Nachbarn – den unersetzlich. Der zweite Grund liegt darin, dass sich viele WerkMenschen, mit denen man tatsächlich in Film-, Buch- oder Musik- zeuge, allen voran die Amazon-Kaufempfehlungen, tatsächlich eng fragen etwas gemeinsam hat. Die Überschneidungen zwischen den an dem orientieren, was der Nutzer bereits kennt und schätzt. Das beiden Gruppen sind gering. mag daran liegen, dass in diese Tools nicht ganz so viel Geld und Die Ausgereiftheit, die Verbreitung und die wirtschaftliche Be- Entwicklungszeit geflossen ist wie bei Netflix, vielleicht ist es aber deutung dieser Systeme sind dabei ausserhalb von Fachkreisen auch beabsichtigt. Denn drittens neigen wir dazu, gerade die Empnicht sehr bekannt. Bei Amazon ging schon 2006 ein Drittel der Verkäufe auf Der Gehalt der meisten Rezensionen beschränkt sich auf die hauseigenen Empfehlungen zurück, die Information, dass das Objekt der Besprechung und der Onlinefilmverleih Netflix schrieb ebenfalls 2006 den mit einer Million Doldem Autor gut oder nicht gut gefallen hat, garniert mit Hinweisen lar dotierten Netflix Prize für eine Verauf die kulturelle Beschlagenheit des Autors. Wenn eine besserung seiner Empfehlungssoftware Begründung des Geschmacksurteils mitgeliefert wird, ist sie Cinematch aus. Es galt die Treffsichervon einer nachträglichen Rationalisierung der heit der Empfehlungen um zehn Prozent zu erhöhen; das Preisgeld wurde drei Privatempfindung nicht zu unterscheiden. Jahre später an ein internationales Entwicklerteam ausbezahlt. Da zuverlässige Empfehlungen wesentlich dazu beitragen, dass die Filmentleih- fehlungen zu ignorieren, die unseren Horizont erweitern und die freude der Kunden nicht nach einigen Monaten nachlässt, darf man wir daher nicht auf den ersten Blick einordnen können. Ich hätte davon ausgehen, dass die Ausschreibung Netflix mehr als das inves- mir Frühling, Sommer, Herbst, Winter … und Frühling nach dem tierte Preisgeld eingebracht hat. (Falls Sie jetzt umgehend Kunde Lesen der Zusammenfassung sicher nicht angesehen. Dass die Empwerden wollen, muss ich Sie enttäuschen: Netflix ist – ebenso wie fehlung tatsächlich sehr gut passte, weiss ich nur, weil ich den Film Pandora – nicht ausserhalb der USA verfügbar. Die beiden sind hier zufällig schon vorher gesehen hatte. Mit Sicherheit habe ich viele nur als Beispiele für das jeweilige Konzept aufgeführt.) andere, ebenso gute Tipps verworfen. Der Konservatismus sitzt nicht in der Maschine, sondern im Kopf, und die SoftwareentwickDie Leistungen der Maschinen möchten bitte unoriginell sein ler stehen vor der Entscheidung, dem Nutzer das zu geben, was er «Aber das Stöbern in der Buchhandlung! Der glückliche Zufalls- sich insgeheim wünscht (nämlich mehr desselben), oder ihn mit treffer!», klagen die Kritiker. «Computer werden uns immer nur Neuem zu konfrontieren und zu riskieren, dass er zur Konkurrenz mehr desselben empfehlen, anstatt uns – wie ein guter Freund oder wechselt, die ihm weniger obskure Empfehlungen liefert. Fachmann – auch mal an das heranzuführen, was unseren HoriAn zwei Dinge werden wir uns gewöhnen müssen: Unsere zont erweitern könnte.» Ich nehme an, dass diese Kritik nicht aus ganz privaten Vorlieben lassen sich aus dem Konsumverhalten andem tatsächlichen Gebrauch von Empfehlungssoftware herrührt, derer Menschen vorhersagen – wie es bei last.fm oder Netflix gesondern sich eher aus Zufallsbegegnungen speist oder theoreti- schieht –, und gleichzeitig machen sie uns einsam. Wir sind kein Teil einer kulturellen Gemeinschaft, wie sie Frank Schäfer imagischer Natur ist. Zumindest kann ich den Eindruck aus eigener Anschauung niert. Diese Gemeinschaft war eine Illusion, die sich immer weninicht bestätigen. last.fm hat lange Zeit versucht, mich gegen mei- ger aufrechterhalten lässt. Unsere Freunde sind nicht unsere Genen ausdrücklichen Willen für Reggae zu interessieren, und meine schmacksnachbarn, unsere Geschmacksnachbarn nicht unsere Musikvorlieben haben sich in einigen Jahren last.fm-Gebrauch Freunde, und die Menschen, mit denen wir in manchen Filmfradeutlich verschoben (wenn auch immer noch nicht in Richtung gen einer Meinung sind, haben indiskutable Musikvorlieben. Aber Reggae). Die Filmempfehlungswebsite criticker.com empfahl mir wir finden schon irgendeine gemeinschaftsstiftende Betätigung, – nachdem ich mich gerade angemeldet und vielleicht dreissig die das Gut- oder Schlechtfinden von Kulturprodukten ersetzt. Filme bewertet hatte – zu meiner Überraschung Frühling, Som- Vielleicht wird es mehr Kopulation wie bei den Bonobos sein, gemer, Herbst, Winter … und Frühling des südkoreanischen Regis- meinsames Klagen über die Unzuverlässigkeit der öffentlichen Verseurs Kim Ki-Duk. Dieser Film hatte nichts mit meinen abge- kehrsmittel oder eben die Bildung einer Metagemeinschaft, die sich gebenen Bewertungen und auch nichts mit meinen sonstigen über die Ablehnung von Geschmacksdiskussionen definiert. Filmvorlieben zu tun, die sich eher um Zombies und Blutvergiessen drehen. Ich hatte ihn Jahre zuvor zufällig in einer Sneak Preview gesehen und war damals begeistert gewesen, die Empfehlung Kathrin Passig (*1970) lebt in Berlin, unter anderem vom Schreiben von Sachbüchern. Zuletzt erschien war also so korrekt wie entlegen. Verirren – Eine Anleitung für Anfänger und Der Einwand, die softwaregenerierten Empfehlungen seien zu Fortgeschrittene, Rowohlt 2010, zusammen mit Aleks konservativ, taucht trotzdem in fast jedem nicht-technischen Bei- Scholz. http://kathrin.passig.de
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Ägypten hat eine hohe Rate an Analphabeten. Wer liest hier überhaupt Zeitung? Gamal El Gamal: Von der Gesamtbevölkerung von 80 Millionen lesen nur etwa zwei bis drei Millionen Menschen Zeitungen. Um diese Leserschaft konkurrieren mehrere Tages- und Wochenzeitungen. Die grössten sind die staatlichen Al-Ahram und Al-Akhbar mit einer Auflage von einer Million Exemplaren beziehungsweise einer halben Million. Bereits an dritter Stelle steht die unabhängige Tageszeitung Al-Masry al-Youm, die während der Revolution massiv Leser gewonnen hat und heute rund eine halbe Million Exemplare druckt. Sie sind Kulturredaktor bei AlMasry al-Youm. Was bedeutet es, in Ägypten für eine unabhängige Zeitung zu arbeiten? Unabhängige Zeitungen schreiben über dieselben Themen wie die staatlichen, aber sie nehmen einen anderen Standpunkt ein. Während die staatlichen Zeitungen ausschliesslich die Perspektive des Regimes repräsentieren und propagieren, beleuchten die unabhängigen Zeitungen die Themen von allen Seiten, analysieren sie genau und ohne Scheuklappen.
durch unverbindliche Vorschläge aus. Die Redaktion ist aber nicht verpflichtet, diese zu übernehmen. Die Grundlinien sind allerdings schon klar: Eine Zeitung, die Geschäftsleuten gehört, wird sich nicht für sozialistische oder kommunistische Ideen stark machen, sondern orientiert sich an wirtschaftsliberalen Vorstellungen. Solche Zeitungen haben eine Brückenfunktion, die Ägypten mit der Welt verbindet, indem sie über internationale Wirtschaftbeziehungen berichten. Gerät jemand von den Besitzern politisch ins Rampenlicht, hält sich die Zeitung zurück. Als einer der Eigentümer von Al-Masry al-Youm 2005 fürs Parlament kandidierte, wurde dies in der Zeitung nicht thematisiert, sie trat in den Ausstand.
«Die Leute sind mit der Revolution kritischer und mutiger geworden»
Welche Rolle spielen Radio, Fernsehen und die neuen Medien? Konkurrenzieren diese die Printmedien? Nein, im Gegenteil, sie ergänzen und unterstützen sich gegenseitig. In den Zeitungen findet man Hinweise auf Internetsites, auf Radio- und Fernsehsendungen, sogar auf Personen, die dort arbeiten. Auf diese Weise profitieren die Zeitungen von den populären neuen Medien. Sie haben keine Leser an sie verloren. Die Zeitungen haben jeweils neben der Printausgabe auch eine Onlineausgabe und hier zeigen sie etwa Bilder von Demonstrationen, die gerade vor ein paar Minuten stattgefunden haben. Auch Interviews kann man lesen und gleichzeitig online anhören.
Die Kulturberichterstattung Ägyptens steckt Wer finanziert die unabhängigen Zeitungen? in der Krise. Der Kulturjournalist Vorwiegend Geschäftsleute, die Gamal El Gamal hofft, dass die aufkeimende andere Träume, Vorstellungen Demokratiebewegung auch die erstickten und Ansichten haben als die Kulturdebatten wieder belebt. in den staatlichen Medien verbreiteten. Dies spiegelt sich in Inspiriert von der jungen ägyptischen ihren Zeitungen. Die JournalisSie sind Kulturjournalist. ErBloggerszene, will er den Kulturteil seiner ten müssen die Interessen der klären Sie uns bitte, was man Zeitung thematisch öffnen. heute in Ägypten unter Kultur Geschäftsleute aber nicht teilen versteht? oder vertreten. Sie analysieEs gibt in Ägypten Kulturproren, diskutieren und schreiben Interview: Susanne Schanda dukte, aber keine Kulturszene. grundsätzlich frei und fair. DenEinerseits wird fast alle drei noch sind sie bis zu einem gewissen Grad von der Mentalität ihrer Geldgeber beeinflusst – wis- Stunden ein Buch publiziert, es gibt immer mehr Verlage, Projekte zur Leseförderung, staatliche Übersetzungsprojekte. Andesentlich oder unwissentlich. rerseits fehlen kulturpolitische Analysen, Kommentare und quaVersuchen die Besitzer, Einfluss auf den Inhalt der Zeitung zu lifizierte literarische Debatten. Die Traditionen werden kaum noch nehmen? beachtet: Niemand interessiert sich mehr für die grossen alten LiDas kommt vor. Als ich ein Jahr lang bei Al-Dustour arbeitete, teraten. Von den Kulturschaffenden und Intellektuellen wurde spürte ich die Einmischung des Besitzers sehr deutlich. Er sagte immer erwartet, dass sie eine gesellschaftliche Rolle spielen. Sie explizit, was in seiner Zeitung stehen soll und was nicht. Aus die- wollten dies auch tun, konnten es sich aber wegen der drohenden sem Grund habe ich meine Stelle dort gekündigt. Bei Al-Masry al- Repression nicht leisten. Dies wird sich in den nächsten Jahren Youm, wo ich jetzt arbeite, sind die Journalisten professionell und sicher ändern. Wir sind jetzt daran, demokratische Strukturen unabhängig. Die Besitzer üben zwar einen gewissen Einfluss und das dazu gehörende Bewusstsein zu entwickeln. Ku ltu rjou rn alism u s im Wan de l
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Das überrascht mich. Intellektuelle wie der Bestsellerautor Alaa al-Aswany haben sich doch seit Jahren in unabhängigen Tageszeitungen kritisch mit der Gesellschaft und dem Regime auseinandergesetzt. Ich glaube, dass die Intellektuellen die Kultur betrogen haben, sie sind Verräter an der Kultur. Sie haben nicht mehr über ihre eigenen Erfahrungen geschrieben, waren nicht mehr als Schriftsteller literarisch tätig, sondern schrieben als Politiker über allgemeine Themen. Alaa al-Aswany schreibt seit dem Sturz Mubaraks am 11. Februar für Al-Masry al-Youm als Parteimensch und Politiker und nicht als Schriftsteller. Es ist durchaus verständlich, dass auch Schriftsteller mal Dampf ablassen müssen. Solche Texte
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fast keine guten Schriftsteller mehr, aber in ihrem politischen Engagement sind sie stark. Deshalb gewinnen ägyptische Autoren nicht mehr oft internationale Preise. Wie sehen Sie Ihren Auftrag als Kulturredaktor? Die Kulturberichterstattung steckt in einer Krise. Es gibt keine spezifischen Kulturmagazine mehr, sondern nur noch ein paar Extraseiten in den Tageszeitungen. Wir bei Al-Masry al-Youm planen unter dem Titel Der Verleger eine Beilage mit Produkten kreativer Arbeit aus den unterschiedlichsten Sparten. Neben Rezensionen und Kurzgeschichten sollen dort auch Gesetzesentwürfe und Forschungsarbeiten thematisiert werden. Sie wollen den Kulturteil also thematisch öffnen. Was wollen Sie damit erreichen? Wir wollen die Idee von der Kultur auf der Strasse wieder beleben. Die junge Bloggerszene hat dies bereits seit einigen Jahren vorgemacht. Die Blogger experimentieren mit verschiedenen Stilelementen und verwenden Mischformen zwischen Hocharabisch, Standardarabisch und Umgangssprache. Ziel dabei ist, dass auch einfache und weniger gebildete Personen diese Texte oder Songs verstehen. Viele dieser Blogs sind anschliessend mit Erfolg als Bücher publiziert worden. Ihre Wirkung hat sich bei der Revolution gezeigt. Sie haben in kurzer Zeit erreicht, was etablierte politische Parteien während Jahrzehnten nicht schafften: Sie haben die Bevölkerung wachgerüttelt und dazu gebracht, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen.
Wir wollen die Idee von der Kultur auf der Strasse wieder beleben. Die junge Bloggerszene hat dies bereits seit einigen Jahren vorgemacht. Die Blogger experimentieren mit verschiedenen Stilelementen und verwenden Mischformen zwischen Hocharabisch, Standardarabisch und Umgangssprache. Ziel dabei ist, dass auch einfache und weniger gebildete Personen diese Texte oder Songs verstehen. Viele dieser Blogs sind anschliessend mit Erfolg als Bücher publiziert worden. Ihre Wirkung hat sich bei der Revolution gezeigt. lesen viele Ägypter sehr gerne, weil sie sich damit identifizieren und das Gefühl haben, da spricht ihnen jemand aus der Seele. Es handelt sich dabei aber nicht um Literatur, sondern um politische Manifeste. So schreibt etwa der bekannte Autor Youssuf al-Qaid mittelmässige Literatur, aber die Leute lesen seine Romane gerne, weil er darin das Regime kritisiert. Auch al-Aswanys Roman Der Jakubian-Bau ist reine Gesellschaftskritik. Bei diesen Büchern fehlen literarische Qualitäten. Diese Autoren werden aber Stars und treten oft am Fernsehen auf. Ibrahim Issa bedient das Bedürfnis der Leser, Mubarak zu beschimpfen. Damit wurde er zum Star. Der populäre Hisham Abu al-Nasr ist zwar kein guter Regisseur, aber seine Filme beziehen klar politische Position gegen die Normalisierung der Beziehungen mit Israel, was den Leuten sehr gefällt.
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Inwiefern beeinflusst die Bloggerkultur die traditionellen Medien? Das bekannteste Beispiel ist wohl der Blog von Ghada Abdelaal, Ich will heiraten, in dem die Autorin über den ägyptischen Heiratsmarkt und die Probleme moderner junger Frauen schreibt. Der Blog wurde als Buch zum Bestseller und als Fernsehserie verfilmt. Die Zeitungen wollen solche Blogger dann auch für sich gewinnen und laden sie zum Schreiben ein. Einen Blog schreiben kann jede und jeder. Er wird von keinem Redaktor oder Lektor redigiert. Wo bleibt die Qualitätskontrolle? Die Vielfalt der Blogs ist riesig. Die Gesellschaft ist sehr dynamisch geworden. Es gibt keine klaren Orientierungen und Kriterien mehr. Das gilt auch für die Blogs und die Blogger. Da findet sich jedes Niveau, von sehr gut bis sehr schlecht ist alles da. Die Sprache wird dabei auf vielfältige Weise eingesetzt. Manche schreiben nur in Schimpfwörtern, andere sehr differenziert. In den Zeitungen haben die Blogger auch die Möglichkeit zu kommentieren, was sie gelesen oder gesehen haben. Das lassen wir alles zu, ohne dass die Redaktion sich einmischt oder Texte zensuriert. Denn das Publikum kann selbst entscheiden, was gut und was schlecht ist.
Diese Intellektuellen stossen Debatten an und haben Erfolg. Was werfen Sie ihnen vor? Diese Filme und Bücher sind eine Art politische Ware, die verkauft wird, aber keine künstlerischen Arbeiten. Viele Autoren haben wir als Schriftsteller verloren. So auch Youssuf Idriss, der eine wöchentliche Kolumne in Al-Ahram schreibt, aber kaum noch Literatur. Die Politik hat die Autoren gewonnen, welche die Literatur verloren hat. Nagib Machfus war in seinen politischen Äusserungen eher schwach, dafür war er umso besser als Schriftsteller: Er hat den Nobelpreis gewonnen, weil er literarisch hochstehende Bücher schrieb. Er gehörte zu einer Generation, die eher zum Vermitteln tendierte und nicht lauthals kritisierte. Heute haben wir
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Werden auch Tabuthemen angesprochen, etwa die Religion? Es gibt immer noch heikle Themen wie etwa die Geschlechterbeziehungen. Mit vorsichtigen Formulierungen versucht man, das Thema dann etwas zu entschärfen. Während die Tabus in der Politik gebrochen wurden, sind Religion und Sex weiter problematisch. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Ein Journalist wollte übers Tanzen schreiben und benutzte dabei das Wort «Tanzlehrer». Das Wort Lehrer hat im Arabischen einen religiösen Beiklang. Der Chefredaktor griff ein und entschied, dass das Wort Lehrer im Zusammenhang mit Tanz nicht verwendet werden darf. Schliesslich strich er die ganze Seite.
Die Blogger müssen allerdings mit den Reaktionen leben, die sie auf ihre Kommentare bekommen. Das ist eine Art Qualitätskontrolle durch die Leserschaft. Ich bin dafür, dies alles zuzulassen. Das Gute wird sich schliesslich durchsetzen, und das Schlechte wird aussortiert. Gibt es in den ägyptischen Medien kulturpolitische Debatten? Nein, Debatten sind weitgehend erstickt worden. Es gibt keine Kulturpolitik, die sich mit etwas anderem beschäftigte als mit Geld. Kulturarbeit wird von vielen als eine Art Einkommensversicherung angesehen. Dies geht auf die Regierungszeit von Anwar al-Sadat Mitte der 1970er-Jahre zurück und sein Konzept von Liberalismus und Kapitalismus. Alles, was mit Geist zu tun hatte, Kunst, Schönheit, Kritik wurde vernichtet. Der Mensch sollte nur essen, trinken und Geld verdienen, aber besser gar nicht erst denken. In den Universitäten wurde den Studenten verboten, sich mit Politik zu beschäftigen. Die Gewerkschaften von Journalisten oder Anwälten engagierten sich nur für die Rentenansprüche. Das Thema Geldverdienen wurde zum wichtigsten, während die Kultur auf der Strecke blieb. Auch bei den Autoren- oder Schriftstellerverbänden ging’s nur noch um Renten, Einkommen und günstige Wohnungen, aber es wurde nicht mehr über Literatur und die Gesellschaft debattiert. In der Ära Mubarak hat Kulturminister Faruk Hosni diese Haltung konsequent weitergeführt. Es entstand der Begriff «Kulturstall», in dem die Kulturschaffenden wie Vieh im Stall des Ministeriums standen und gefüttert wurden.
Zensur findet also auch im Kulturjournalismus statt? Ja, allerdings meist als Selbstzensur.
Wo findet Kulturkritik heute statt – eine kritische Auseinandersetzung mit Kunst und Kultur? Bis zu den 1980er-Jahren gab es Versuche von Kulturkritik, aber die Kulturzeitschriften, die diese pflegten, haben viel Geld verloren, einige sind Konkurs gegangen. Kulturkritik gibt es noch in den Korridoren der Akademien. In den Medien gibt es aber keine kritische Auseinandersetzung mit Literatur, Musik oder Kunst. Oft liest man bloss Werbespots für Bücher, die vom Autor selbst verfasst wurden. Literaturkritik ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die viel Wissen, Kenntnis und Fähigkeiten voraussetzt. Die staatliche Literaturzeitschrift Al-Akhbar al-Adab hat stark an Bedeutung verloren. Ihre offiziellen Literaturkritiker sind Beamte, die mit ihrem Job Geld verdienen, aber nicht Personen, die sich ernsthaft mit einem Buch auseinandersetzen und es zweimal lesen. Ich glaube aber, dass sich in den kommenden Jahren vieles ändern wird, weil die Leute mit der Revolution viel kritischer und mutiger geworden sind.
Der ägyptische Kulturjournalist Gamal El Gamal wurde 1959 in Kairo geboren. Er studierte an der Fakultät für Archäologie der Universität Kairo und verfügt über einen Master of Arts. Heute arbeitet er als Kulturredaktor und Kritiker bei Al-Masry al-Youm, der ersten und grössten unabhängigen Tageszeitung Ägyptens, die seit 2004 existiert.
In Europa finden gesellschaftliche Debatten etwa über den Islam auch auf den Kulturseiten statt. Wie sieht dies in Ägypten aus? Kultur lässt sich nicht trennen von Gesellschaftsthemen. Dazu gehören auch Ratgeberbeiträge zu Lebensfragen, die Suche nach dem Glück. Wir produzieren Gesellschaftsbeilagen mit elementaren Themen wie die Beziehung zwischen Kindern und Eltern, Frau und Mann. Dabei stellen wir fest, dass die Familie an Bedeutung verliert. Stattdessen werden die Freunde, die man im Club trifft, wichtiger.
Das Interview wurde am 12. März 2011 in Kairo geführt, einen Monat nach dem Sturz Hosni Mubaraks. Ola Abdel Gawwad wirkte während des Interviews als Übersetzerin. Susanne Schanda (*1960) beschäftigt sich als freie Journalistin mit dem Nahen und Mittleren Osten. Aus zahlreichen längeren Aufenthalten kennt sie Alltag, Kultur und Gesellschaft Ägyptens von innen. Sie arbeitet für verschiedene deutschsprachige Printund Onlinemedien, sowie für das Schweizer Radio DRS.
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s mag sein, dass grosse Teile der Kommentare zur zu verstehen sind. Die vor etwa zehn Jahren sehr beliebte Vorstel Literatur, zur literarischen Kritik und zum literari lung, der Amateurrezensent oder der Blogger könne dem profes schen Betrieb, die heute im Internet zu lesen sind, sionellen und vor allem an die Zeitungen gebundenen Kritiker eines Tages zu den bewahrenswerten Dokumenten des ernsthafte Konkurrenz machen, ist definitiv nicht eingetreten: kulturellen Lebens gehören werden. Aber noch sieht Zwar gibt es diesen Dilettanten, und der umsichtige professionelle es nicht so aus, als werde dieser Tag eintreten – was auch daran Kritiker wird ihn zuweilen lesen, falls er ihn findet – nicht zuletzt, liegt, dass zwar sehr viel Enthusiasmus herrscht, wenn es um die weil der Amateur (im ursprünglichen Sinne: ein Liebhaber) oft Möglichkeiten und die Zukunft des Internets geht, dass aber das über einen grossen Reichtum an positiven Kenntnissen verfügt. historische Bewusstsein für die im Internet verwendeten Genres, In den Printmedien jedenfalls hat das Feuilleton im Allgemeinen Schreibtechniken und Textsorten noch nicht sehr entwickelt und die Kritik im Besonderen in den vergangenen Jahren und in ist: Das gilt zum Beispiel für Konkurrenz mit dem Inter net keinen Bedeutungsver das Archiv, die Chronik und das lust hinnehmen müssen – öffentliche Tagebuch – lauter Typen der schriftlichen Do was nicht heisst, dass in Blogs kumentation also, die, wenn und Internetjournalen nicht sie im Internet auftreten, als zuweilen bessere, sachkun spezifisch mit dieser Technik digere, genauer argumentie verbundene Genres wahrge rende Kritiken zu finden wä nommen werden (etwa in Ge ren als in den Printmedien. stalt des Blogs oder der Lage Gewiss, das Internet ist rung digitaler Daten), ohne ein offener Raum, in dem je dass die oft jahrhundertealte der zumindest halböffentlich Geschichte dieser Genres re auftreten kann, was die Ent flektiert würde. Die grossen, wicklung von festen Struk turen oder gar Ordnungen von einer neuen Technik beflü und Hierarchien erschwert. gelten Ideen des vergangenen Die Kulturblogs im Netz, die Rezensions Jahrzehnts, der Blog als neues, Oft ist dies versucht worden, plattformen und der digitale Roman – sie alle allgemeines, möglicherweise doch es scheint im deutschen haben die Fantasien eine Weile beflügelt. grundsätzlich demokratisches Sprachraum mehr noch als Das meiste ist inzwischen wieder verschwunden Medium der Auseinanderset im englischen ausgesprochen zung mit allem und jedem, die schwierig zu sein, im Internet oder bedeutungslos geworden, diagnostiziert freien Rezensionsorgane im eine stabile intellektuelle In der Autor Thomas Steinfeld. Die Kultur Netz, der digitale Roman – sie frastruktur aufzubauen, in journalisten des klassischen Feuilletons der sich öffentliche Geltung alle hatten eine Weile die müssen sich deshalb um die Zukunft ihres Fantasien beflügelt, um dann über einen längeren Zeitraum allmählich an Bedeutung zu hinweg akkumuliert. Dieser Berufs keine Sorgen machen. verlieren (wie etwa das Portal Mangel lässt sich auch daran literaturkritik.de), wenn nicht erkennen, dass die vorhan Von Thomas Steinfeld gar ganz zu verschwinden wie denen Internetauftritte im das Internetportal ampool.de deutschsprachigen Kulturbe der Schriftsteller um Elke Naters und Christian Kracht oder der trieb, vom Perlentaucher bis zu S.P.O.N. (dem gemeinsamen Auf digitale Lesesaal der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. tritt der Internetkulturjournalisten des Spiegel), im Wesentlichen von den Feuilletons der Printmedien zehren: Sie bestehen zum Internetauftritte zehren von den Printmedien grössten Teil aus Kommentaren zu dem, was die Kollegen in den Auch der Perlentaucher, das ehrgeizigste Projekt dieser Art, das gedruckten Medien hervorgebracht haben. Der ironische, ja oft ja nicht nur eine tägliche Übersicht über die Feuilletons der gros herablassende und gelegentlich gehässige Ton, der immer wieder sen Zeitungen, sondern – zumindest von seinem Anspruch her – in Kommentaren aus dem Netz (nicht zuletzt im Perlentaucher) eine Art «Überfeuilleton» sein sollte, ist eine Veranstaltung für über das traditionelle Feuilleton zum Ausdruck kommt, mag da zumindest semiprofessionelle Leser geblieben, wobei die meisten bei objektive Gründe haben – und zwar im Versuch, eine struktu den Perlentaucher (ähnlich wie artsandlettersdaily.com) als In relle Unterlegenheit durch ein erhöhtes Mass an Subjektivität aus haltsangabe, nicht aber als selbständiges intellektuelles Organ zugleichen. wahrnehmen dürften. Allenfalls den Leserrezensionen bei Ama zon möchte man, bezogen auf Buchverkäufe, noch eine grössere Beschränkung als Qualität Bedeutung beimessen, wobei allerdings nicht klar ist, ob die dort Drei Gründe gibt es für die Überlegenheit der Printmedien auf dem veröffentlichen Texte als Kritiken oder als Zeugnisse von Lektüren Gebiet der Kritik, und keiner von ihnen hat notwendig etwas mit
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der Qualität von Texten zu tun. Der erste ist Knappheit: Der Platz, pulären Musik (die Kritik der klassischen Musik verhält sich an der in einem gedruckten Feuilleton der Kritik zur Verfügung steht, ders, der Bildungsvoraussetzungen wegen, und erscheint deshalb ist begrenzt. Mehr als ein, zwei Seiten täglich stehen dafür nicht als erheblich bedrohter) und die Kritik des Films (siehe etwa aint zur Verfügung. Nun muss der Wettbewerb um diesen Platz nicht itcool.com oder auch slate.com) wohl nicht sagen kann. Umge bedeuten, dass sich die bessere Kritik durchsetzt – und doch ent kehrt scheint es eine Affinität zwischen dem Film und der Kritik steht allein durch die Beschränkung ein Bewusstsein von Wahl im Internet zu geben, was vermutlich nicht nur daran liegt, dass und Unterscheidung. Dieses Bewusstsein entspricht der inneren sich Clips leicht in das digitale Medium integrieren lassen, sondern Logik der Zeitung. Denn es ist ja etwas Wahres daran, wenn sich der Münchner Die vor etwa zehn Jahren sehr beliebte Vorstellung, der Komiker Karl Valentin im frühen 20. Jahr Amateurrezensent oder der Blogger könne dem hundert darüber wundert, dass jeden Tag professionellen und vor allem an die Zeitungen gebundenen genauso viel passiert, wie in eine Zeitung Kritiker ernsthafte Konkurrenz machen, ist definitiv passt. Denn ebenso sehr, wie die Zeitung ein Vermittler von Nachrichten, Kommen nicht eingetreten: Zwar gibt es diesen Dilettanten, und der taren, Berichten, Meinungen und Rezen umsichtige professionelle Kritiker wird ihn zuweilen sionen ist, bannt sie die Vielfalt der Ereig lesen, falls er ihn findet – nicht zuletzt, weil der Amateur nisse in ein strenges Format von grosser oft über einen grossen Reichtum an positiven Beständigkeit. Im Internet hingegen lässt sich jeder Eintrag nicht nur in sich selbst Kenntnissen verfügt. in potenziell unendlicher Länge ausführen. Er ist vielmehr auch Element eines poten ziell unendlich grossen Netzes. Und wenn, wie etwa bei den Blogs auch daran, dass die soziale Schnittmenge zwischen Kinogängern des Berliner Schriftstellers Rainald Goetz, der Inhalt eines Inter und intensiven Nutzern von Blogs oder digitalen Magazinen grös nettagebuchs in einigem zeitlichen Abstand als Buch erscheint ser ist als die zwischen Buchlesern und Internetbesuchern. (und damit erfolgreicher ist, als derselbe Text als Blog war), so dokumentiert sich auch darin die Wirksamkeit des Prinzips Ver Die Kultur als Ort gesellschaftlicher Auseinandersetzung Literaturkritiker im Besonderen und Kulturjournalisten im All knappung. Es gibt literarische Blogs, in denen aus diesem strukturellen gemeinen sollten sich daher über die Zukunft ihres Berufs in den Problem der Schluss gezogen wird, eine höhere Zahl und eine hö klassischen Medien keine Sorgen machen: Bis auf Weiteres here Frequenz von Texten seien eine angemessene Reaktion, um kommt aus dem Internet keine bedrohliche Konkurrenz – des sich im Netz durchzusetzen und also sichtbarer zu machen. Das sen Bedeutung liegt bislang, von den professionellen Möglichkei Gegenteil ist der Fall: Zeitung bedeutet auch, dass sich eine be ten her betrachtet, vor allem in der Qualifikation und der Rekru grenzte Menge von Texten für eine mehr oder minder begrenzte tierung junger Kulturjournalisten sowie in der Dokumentation Zeit physisch (und auch darin: begrenzt) in einem Raum befindet. grosser, schwierig zu handhabender Textvolumina. Gewiss, das Dies ist der zweite Grund für die noch immer andauernde und viel Internet erschien in den vergangenen Jahren, sehr grosser Zu leicht auch grundsätzliche Überlegenheit der Printmedien auf dem wachsraten wegen, als das erfolgreichere Medium, was viele Ver Gebiet der Kultur und der Kritik: die Gebundenheit ans Papier. lagsmanager dazu verleitete, mit traditionellen Formaten nach Denn ein Medium ist ja nicht nur bestimmt durch seine all den Massstäben der digitalen Präsenz umzugehen. Dieser Irrtum gemeine Erreichbarkeit und seine Fähigkeit, sich individuellen führte notwendig zu hybriden Formen, in denen das auf Papier Bedürfnissen anzupassen, nicht nur durch seine Verbreitung und gegründete Feuilleton eher unglücklich aussah. Stattdessen käme seine Schnelligkeit (lauter Eigenschaften, in denen man dem In es darauf an, die Eigengesetzlichkeit eines jeden Mediums her ternet mehr zutrauen könnte als den Printmedien), sondern es auszuarbeiten und sie ihrem Zweck entsprechend zu nutzen. Dies stellt sich auch dar in den Koordinaten von Schwere und Leich ganz besonders, seitdem in Gestalt der sozialen Medien die zeitli che Differenz zwischen Ereignis und Nachricht auf ein absolutes tigkeit, von Beständigkeit und Verfall. Das Papier besitzt den Vorteil, innerhalb dieser Verhältnisse Minimum reduziert werden kann. Statt dass sich nun, wie zuvor, unendlich variabel zu sein: Es kann sehr schwer sein und trotz alle Medien, mit mehr oder weniger Erfolg, am schnellsten Me dem am nächsten Tag im Abfall liegen oder auch sehr leicht und dium orientieren, treten sie nun in ihrer jeweiligen Eigengesetz doch haltbar über die Jahrhunderte hinweg. Und es kann als Trans lichkeit auseinander. Das bemerkt man schon am Internet selber, portmittel über grosse zeitliche und räumliche Distanzen dienen. das zunehmend nicht nur Funktionen eines gigantischen Archivs Damit ist das dritte Argument für die Überlegenheit des Printme erfüllt, sondern auch, an eigens dazu bestimmten Plätzen, sehr diums im Hinblick auf die Kritik genannt: Es ist, in seiner mate lange Texte in sich aufnimmt. Auffällig ist zudem, dass gedruckte riellen Struktur, im Verhältnis von oben links nach unten rechts, Periodika, also etwa Zeitschriften, die im Wochentakt erscheinen von vorne nach hinten, dem Buch verwandt. Die literarische (oder wie Die Zeit, mittlerweile von ihrer relativen Langsamkeit profi kulturelle) Kritik in den Zeitungen und Zeitschriften wird deshalb tieren, weil ihnen die Verzögerung als Distanz und Zeit zur Refle ihre Zukunft mit dem Buch teilen, was man über die Kritik der po xion gutgeschrieben wird.
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Am auffälligsten ist die Veränderung hingegen in den Tageszeitun gen: Diese sind zunehmend vom Nachrichtlichen entlastet – denn mit der Geschwindigkeit der audiovisuellen Medien und insbeson dere des Internets können sie nicht konkurrieren. Sie reagieren darauf, indem sie langsameren (und längeren) Textformen mehr Platz einräumen: dem Hintergrundbericht, dem Dossier, der Re portage, dem Porträt – und der Kritik, kurz: den reflexiven und er zählenden Genres. Das namentlich so gekennzeichnete Feuilleton muss deswegen nicht grösser werden. Aber seine Techniken, Stile und Arbeitsweisen werden von den anderen Ressorts übernom men, von der Politik, von der Wirtschaft und nicht zuletzt vom Sport. In mancherlei Hinsicht kehren wir also gegenwärtig in äl tere Verhältnisse zurück, in denen die Kultur der Ort war, an dem man sich über alle anderen Sphären der Gesellschaft auseinander setzte – nur, dass die Kultur, neben dem Sport, dem Leben und Sterben der Prominenz und einer zunehmend an symbolische Handlungen gebundenen Politik (die echten Entscheidungen fal
len ökonomisch), nur noch einen Bruchteil der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit geniesst, die ihr etwa im späten 18. Jahrhundert noch zukam. Trotzdem sind das wahrlich keine schlechten Aus sichten für den Kulturjournalismus. Es ist indessen leichter, da mit umzugehen, kennt man die Geschichte des eigenen Gewerbes.
Thomas Steinfeld (*1954) leitet das Feuilleton der Süddeutschen Zeitung in München und ist Titularprofessor für Kulturwissenschaften an der Universität Luzern.
Die Cartoonisten
Ruedi Widmer (*1973) ist Grafiker, Cartoonist und satirischer Schreiber. Er zeichnet und schreibt regelmässig für TagesAnzeiger, Der Landbote, WOZ, TITANIC, SALDO u.a.m. Ruedi Widmer lebt und arbeitet in Winterthur. Er hat mehr als einen Filmjournalisten und mehr als zwei Musikkritiker in seinem Bekanntenkreis, mit denen er gerne zu Biere tritt und heftige Debatten führt, die auch am Fernsehen übertragen würden, wenn das Sendefahrzeug vor die Beiz fahren dürfte (leider Halteverbot). Er ist leidenschaftlicher Facebooker und gefährlich desinteressiert an Twitter. www.ruediwidmer.ch
Philippe Becquelin (*1958) lebt in Lausanne, wo er die Kunsthochschule besuchte. Unter seinem Pseudonym Mix & Remix zeichnet er regelmässig für das Westschweizer Wochenmagazin L’Hebdo, die Sendung Infrarouge des Westschweizer Fernsehens TSR sowie ausländische Publikationen wie Courrier International, Lire, Clés und Internazionale. Becquelin ist kein fleissiger Kulturkonsument. Er kauft ab und zu eine CD und geht gelegentlich ins Kino. Filmkritiken liest er selten, haben sie doch die schlechte Angewohn heit, die ganze Geschichte zu verraten. In Sachen Musik lässt er sich von seiner Tochter beraten oder schaut, was seine Freunde auf Facebook empfehlen. Seine Cartoons hat Reto Gustin ins Deutsche übertragen. http://mixremix.ch
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new delhi
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Die Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia unterhält ein weltweites Netz von Aussenstellen. Sie dienen dem Kulturaustausch mit der Schweiz und erweitern die kulturellen Netzwerke.
Spiele zwischen Technik, Wissenschaft und Kunst san franciscO
swissnex San Francisco bringt junge Schweizer Gamedesigner in Kontakt mit der lebendigen Gamingszene der amerika nischen Westküste. Im Oktober sind die Schweizer mit einer Wanderausstellung in San Francisco präsent.
Von Bettina Ambühl, San Francisco – Vom Simulationsspiel am Heimcomputer über das Sudoku auf dem Handy bis zum digi talen Yogatrainer – elektronische Spiele und Anwendungen werden immer vielfäl tiger. Mit dem Programm Game Culture lotet Pro Helvetia das schillernde Phäno
Eine kritische Spiegelung: Das Videospiel Game Over des Künstlers Yan Duyvendak regt zum Nachdenken über das Spielen an.
men Computerspiel aus und zeigt im In und Ausland, was sich in der Schweiz in dieser Sparte tut. eine Wanderausstellung mit dem Titel Swiss Game Design wird im Oktober auch an der amerikanischen Westküste haltmachen. In zusammenar beit mit der Partnerorganisation swissnex O r t sz e it
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San Francisco, wird daraus ein interaktiver Anlass, der Profis wie interessierte Laien gleichermassen anspricht. Als Hochburg der digitalen Technik in unmittelbarer Nähe des Silicon Valley bietet San Francisco der wachsenden Ga mingindustrie eine besonders lebendige
und anregende Plattform. Während in der Schweiz oft als erstes Vorbehalte gegen über Computerspielen genannt werden, wie zum Beispiel der Aspekt einer mögli chen Gewaltförderung, steht in Kalifor nien das Interesse an neuen entwicklungs möglichkeiten des Spiels im Vordergrund. Schon seit 25 Jahren findet hier auch die Game Developers Conference statt, welche jährlich rund 18 000 Fachleute anzieht. ein Blick auf das Programm der Konferenz vom vergangenen März zeigt, wie breit die Interessen am Spiel hier gestreut sind: Workshops zu den neuesten technischen errungenschaften im Bereich der Spiel entwicklung werden genauso angeboten wie Vorträge zu juristischen, ethischen oder psychologischen Fragen des Spiels. So ging beispielsweise Mia Consalvo, Profes sorin am Massachusetts Institute of Tech nology, in ihrem Vortrag der Frage nach, welche sozialen Interaktionen in den so genannten social games tatsächlich zum Tragen kommen. Serious Games: mehr als Zeitvertreib Auch die Schweiz war dieses Jahr mit der Unterstützung von Pro Helvetia zum ersten Mal mit einem eigenen Stand an der Konferenz vertreten. swissnex, eine Aussenstelle des Staatssekretariats für Bildung und Forschung zur Förderung schweizerischer Innovation im Ausland, ergänzte diesen Auftritt mit einer interak tiven Ausstellung des Studiengangs Game
Das erfolgreiche iPhone-Spiel Orbital wurde vom Schweizer Reto Senn entwickelt.
design der zürcher Hochschule der Künste und den neuesten Games aus der Küche der Schweizer entwicklerstudios. Dass nun auch die Schweizer Gamedesigner direkt am regen Austausch in San Fran cisco teilnehmen können, sieht reto Senn, Mitbegründer und COO der rapperswiler Firma Bitforge AG und entwickler des erfolgreichen iPhoneGame Orbital, als
wichtigen Schritt in der entwicklung einer eigenständigen schweizerischen Game Industrie. Noch ausschlaggebender sei aber gewesen, dass sich dank dem Pro gramm Game Culture auch innerhalb der Schweiz ein reger Austausch zwischen den Spielemachern entwickelt habe. Die vom Haus der elektronischen Künste Basel konzipierte Wanderausstel lung Swiss Game Design zeigt, was sich hier tut. Dabei fällt sofort auf, dass auch in der Schweiz die Interessen am Spiel nicht bei der Unterhaltung aufhören. Wenn am Forschungsinstitut Disney research zü rich eTHInformatiker versuchen, immer noch realistischere Animationen zu ent wickeln, arbeiten Wissenschaftler Hand in Hand mit der Unterhaltungsindustrie. Und wo Patienten mit Spielen zu Übungen angehalten werden, die ihre rehabilitation beschleunigen, steht das Spiel und seine entwicklung im Dienste der Wissen schaft. So wird zum Beispiel die Therapie software Gabarello, welche 2009 an der zürcher Hochschule der Künste in zusam menarbeit mit dem Kinderspital zürich, der eTH und der Universität zürich ent standen ist, in der motorischen rehabi litation von Hirnschlagpatienten einge setzt. Deren Bewegungen werden auf eine Spielfigur auf dem Bildschirm übertragen, die verschiedene Abenteuer bestehen muss. Während die Patienten versuchen, im Spiel möglichst weit zu kommen, trai nieren sie die Motorik ihrer Beine, mit dem ziel, irgendwann wie der gehen zu können.
Im Simulationsspiel Spore erschafft der Spieler seine eigenen Kreaturen. Beteiligt an der visuellen Entwicklung war Christian Lorenz Scheurer.
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Kunst, die über Games nachdenkt Doch Gaming vereint in sich nicht nur Technologie und Wissenschaft mit Unterhal tung, sondern integriert auch künstlerische Aspekte. Inwiefern digitale Spiele selbst als Kunst bezeichnet werden können, ist jedoch eine andere Frage. Der Schweizer Christian Lorenz Scheurer, ein Schwerge wicht im Design von Konso lengames und Animations filmen, der seit Jahren in Hollywood lebt und arbeitet, meint dazu: «Nicht jedes Game ist Kunst, so wie auch
nicht jeder Film als künstlerisch bezeich net werden kann – aber es besteht zu mindest ein Kunstpotenzial». Bestimmt macht die Kreativität des Designers ei nen künstlerischen Aspekt im Spiel aus; wenn Scheurer wie im neuesten, noch geheimen Filmprojekt das Design über nimmt, entstehen unter seiner Anleitung ganze Welten, die dann als Kulissen nachgebaut werden und im Film zum Le ben erwachen. eine Metakritik, wie sie beispielsweise Kunstwerke eines Joseph Beuys hervorrufen, gebe es aber in dieser Form von Kunst bisher nicht, ergänzt Scheurer. Interessanterweise zeigt die Ausstel lung Swiss Game Design auch einige Werke, die ein solches Nachdenken über sich selbst und über das Spielen anregen. So beispielsweise das Videospiel Game Over des Künstlers Yan Duyvendak, in dem er selbst zu sehen ist, wie er auf un sichtbare Gegner schiesst. Doch mit dem Hinzukommen einer reflexiven ebene, entfernen sich diese Werke gleichzeitig vom ziel, dem Spieler in erster Linie eine unterhaltsame Beschäftigung anzubie ten. Dies zeigt sich darin, dass die meis ten dieser Werke zwischen Spiel und Videoinstallation schwanken, sie kon frontieren den Spieler oder Betrachter mit Inhalten, die unabhängig vom Spiel verlauf eine eigene Berechtigung behaup ten. Damit eröffnet sich eine mögliche Unterscheidung zwischen der Gaming kultur selbst und der Kunst, welche über diese nachdenkt. Die kritische Spiege lung in den Werken von Künstlern unter streicht dabei, dass Gaming heute von vielen Menschen als prägender Inhalt in ihrem Leben wahrgenommen wird.
Der Versuch, eine Universalsprache zu finden shanghai
Die Ausstellungsreihe Action and Video – CH/CN Art Now in Shanghai zeigt Videokunst aus der Schweiz und China und bietet den Kunstschaffenden beider Länder eine Plattform für den Dialog. Von Stefanie Thiedig, Shanghai – Perfor mance und Video, Form und Medium – das sind grosse Begriffe, um die es in der von April bis Dezember 2011 dauernden Aus stellungsreihe Action and Video – CH/CN Art Now in Shanghai geht. Auf der einen Seite stehen das Minsheng Art Museum und die dort ausstellenden chinesischen Künstler, auf der anderen Seite die von Pro Helvetia Shanghai eingeladenen Schweizer Kunstschaffenden, und dazwischen Li zhenhua, der in zürich und Beijing lebende Kurator und das Bindeglied der ganzen Show. Dazwischen steht aber auch die in terkulturelle Verständigungsarbeit, die auf
beiden Seiten viel Geduld erfordert und die Bereitschaft, sich aufeinander einzulassen. Kontraste und Parallelen retrospektiven chinesischer Gegenwarts kunst haben seit Sommer 2010 in China Hochkonjunktur. Diesen September zeigte das Minsheng Art Museum einen grossen Überblick chinesischer Videokunst. Dem aktuellen Thema haben sich das neue Pro HelvetiaBüro in Shanghai und der Kura tor Li zhenhua angeschlossen. Das Projekt Action and Video – CH/CN Art Now will mit der Gegenüberstellung zeitgenössi scher Videokunst aus der Schweiz und
Informationen zu weiteren Veranstaltungen unter: www.swissnexsanfrancisco.org
Kunststudenten aus Shanghai stellen die Werke unter Anleitung der Künstler fertig.
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Fotos: Jin Jingyi
Bettina Ambühl hat an der Universität zürich Germanistik studiert. Seit einem Jahr lebt sie als Korrespondentin für die Neue Zürcher Zeitung mit ihrem Mann in Kalifornien.
China Kontraste und Parallelen aufzeigen und den Kunstschaffenden beider Länder eine Plattform für den Dialog bieten. Dabei treffen die Schweizer Künstler Yves Netz hammer, Bernd Schurer, roman Signer, Yan Duyvendak und Marc Lee sowie der Kunsthistoriker Beat Wyss auf die chine sischen Künstler Liu Wei, Lu Jie, Aaajiao, zhang Peili und Lu Chunsheng. eröffnet wurde die Ausstellungsreihe am 19. April unter Anwesenheit des Schweizer Bun desrats Didier Burkhalter. Die erste Schau galt Yves Netzhammer in Begleitung des Computerkünstlers und Visual Artist Bernd Schurer – der ursprüngliche Titel Die Anordnungsweise zweier Gegenteile bei der Erzeugung ihres Berührungsmaximums wurde auf englisch kur zerhand mit Nature Fear Entity übersetzt. Schmetterlingseffekt Die Ausstellungsreihe soll nicht als klassisches Anschauungsobjekt, sondern als Kommunikationsmittel dienen, mit dem der künstlerische Schaffensprozess im entstehen greif bar wird. Deshalb haben die Projekt verantwortlichen auch das Minsheng Art Museum und zahlreiche Shang haier Kunststudenten mit eingebun den. Nachdem die ersten Wandzeich nungen gemalt, rauminstallationen angebracht, Videos integriert und Klänge synchronisiert sind, und damit das Grundgerüst steht, wird die Ausstellung unter Anleitung der Künstler zusammen mit den Studenten fertiggestellt. Noch im mer geht es in chinesischen Kunstschulen primär um Methoden und Produktions vorgänge – das chinesische Bildungssys tem lässt nicht viel anderes zu –, doch ge rade auch über formale Aspekte können die Standpunkte der Künstler in der Ge genwartskunst erkannt werden. Li zhen hua äussert mit Blick auf den an chinesi schen Schulen vorherrschenden Drill: «Mit unserem Ansatz kann natürlich nicht das chinesische System verändert werden, aber wer weiss, vielleicht entsteht ein Schmetterlingseffekt.» Begleitende Work shops, Vorträge, Besuche von Schulen und Institutionen sollen dazu beitragen. Lernen müssen auch die beiden Kul turen miteinander: «Obwohl ich schon eine ganze Weile mit Schweizer Künstlern
zusammenarbeite, befinde ich mich in ei nem gewaltigen Lernprozess, was die un terschiedliche Arbeitsweise chinesischer und Schweizer Künstler angeht», so Li zhenhua. Das chinesische mantrahaft ver wendete «Manman lai» («immer mit der ruhe») zielt ins Herz kultureller Missver ständnisse, und europäer können es oft nur schwer nachvollziehen. Dies auch des halb, weil in China dann gleichzeitig vieles sehr schnell geplant und umgesetzt wird
In Szene gesetzte Sinneserfahrungen: Yves Netzhammer bei der Arbeit.
– man verständigte sich deshalb für die Ausstellungsreihe darauf, Work in Pro gress zu leisten. Neues Pro-Helvetia-Büro in Shanghai Da Netzhammers Werke nicht einfach und auf den ersten Blick verständlich sind, sind die Studenten mit Kommentaren sehr vor sichtig und nähern sich häufig über die Tierfiguren seinen Themen an. «Als ele mente ohne Kodierung und Bewertung sind Tiere ideale emotionsträger und bie ten raum für Assoziationen», so Netzham mer. Die Beschäftigung mit Individuum, Kultur und Natur wirft bei Netzhammer existenzielle Fragen auf: Der Oberfläche ist nicht mehr zu trauen – sie öffnet den Blick für den psychologischen raum darunter: auf unsere Ängste vor dem Ausbruch aus Konventionen, auf die Labilität unserer Weltsicht. Nicht alles ist für jeden lesbar, doch die in den Szenen dargestellten Sin O r t sz e it
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neserfahrungen sind von einer starken und umfassenden Ausdruckskraft, die den Beteiligten beider Kulturen die Möglich keit gibt, sich in einer Art Universalsprache zu finden. Darauf hofft auch das neue, im Okto ber 2010 offiziell eröffnete Liaison Office von Pro Helvetia in Shanghai. Seit 2008 wurden mit fast siebzig künstlerischen Projekten erfahrungen für einen Kultur austausch zwischen China und der Schweiz gesammelt. Das Büro be schäftigt drei lokale Mitarbeiterin nen: Die Leiterin Sylvia Xu wird un terstützt von Cathy Fu in Shanghai und eliza Wang in Beijing, die Pro Helvetia Shanghai mit der Haupt stadt verbindet. «Wir sind ein klei nes und damit äusserst flexibles Büro, und die Strukturen sind nicht so hierarchisch wie in vielen an deren Ländervertretungen», so Xu. Der inhaltliche Schwerpunkt wird jedes Jahr neu gesetzt: Dieses Jahr ist es die Videokunst, im folgenden Jahr wird es Design und Architektur sein. Künstler werden allerdings sel ten direkt gefördert, stattdessen ar beitet Xu hauptsächlich mit chine sischen Institutionen zusammen, die einzelne Projekte finanziell und mit ihren Netzwerken unterstützen. Das Minsheng Art Museum, Partner des aktuellen Projekts, leistet dies bezüglich Pionierarbeit, denn es ist in China das erste und bislang einzige gänzlich von einer Bank finanzierte Mu seum für chinesische Gegenwartskunst. «Mittlerweile planen auch andere Banken die Gründung von Museen», so der Direk tor zhou Tiehai. «Das ist Neuland für uns in China – momentan beschäftigen wir uns noch mit fundamentalen Prozessen der Museumsarbeit und dem Aufbau von Sammlungen.» Informationen über die aktuellen Ausstellungen und Anlässe zu Action and Video finden sich unter www.prohelvetia.cn Stefanie Thiedig (*1980) arbeitet als freiberuf liche Kulturvermittlerin unter dem Namen Kulturgut in Beijing. Im September 2010 hat sie zusammen mit Katharina Schneider roos das Kompendium Chinas Kulturszene ab 2000 über die chinesische Kunstszene der Nullerjahre im Christoph Merian Verlag herausgegeben.
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Der Weltenbummler mit dem Skizzenblock Der Schweizer Comiczeichner Cosey hat für seine Arbeit weite Teile der Welt bereist. Für einen Atelieraufenthalt ist er dieses Frühjahr nach New Delhi zurückgekehrt, wo er ins brummende Treiben der Stadt eintauchte – immer auf der Suche nach Inspiration für seine Arbeit. Von Janice Pariat (Text) und Ankur Ahuja (Bilder)
Es ist ein warmer Nachmittag im März, und in der Luft hängt der letzte Geruch des ausklingenden Winters. Durch die hohen Fenster fallen honigfarbene Sonnenstrah len und zeichnen hübsche Muster auf den Boden von Coseys Atelier. Draussen ist es ruhig; über Lajpat Nagar, einer normaler weise geschäftigen Gegend im Süden Del his, liegt ein staubiger, gelber Schleier. «Abends ist hier deutlich mehr Betrieb», erklärt mir der Comiczeichner – und er muss es ja wissen, denn schliesslich ist dies seit fast drei Monaten sein temporäres Zu hause. Bernard Cosendai, der mit Unter stützung von Pro Helvetia einen Atelier aufenthalt in Indien verbringt, hat sich mit seinen Nachbarn angefreundet und einige lokale Zeichner kennengelernt, unter ih nen Vishwajyoti Ghosh (Autor von Delhi Calm), Sarnath Banerjee (Autor von Cor-
ridor, The Barn Owl’s Wondrous Capers und dem kürzlich erschienenen The Harappa Files) und Anindya Roy (Leiter des Comicverlags Manic Mongol). «Sehr talentierte und liebenswürdige Leute», fin det Cosey, «und überaus witzig!»
Poetische Geschichten voller Details Seinen Wohn und Arbeitsraum hat sich Cosey liebevoll eingerichtet. Vor den Fens tern hängen sorgfältig ausgewählte Bam busjalousien, und auf dem Sofa liegen or dentlich aufgereiht einige seiner letzten Einkäufe – eine Autorikscha im Spielzeug format, ein farbenfroher Bilderrahmen, eine Statue von Ganesha, dem hinduisti schen Gott, der als «Beseitiger aller Hin dernisse» verehrt wird, ein Kissen mit ei nem Tigerkopf, ein wunderschön bestickter RajasthaniWandbehang und Kissenbe Re po R tag e
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Die Stadt mit allen Sinnen erleben: Der Comiczeichner Cosey (oben links) h채lt seine Eindr체cke mit Skizzen fest. Nizamuddin (Mitte) ist eine Pilgerst채tte f체r Muslime in Delhi.
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züge. Der Tisch des Zeichners ist mit Blät tern und Farbtuben übersät, und in einem Tontopf stehen eine Reihe verschiedener Pinsel bereit. «Zurzeit arbeite ich an einer Ge schichte, die in Japan spielt», erzählt Cosey, «das Buch soll Ende Jahr heraus kommen.» Jede Seite besteht aus zwei durchsichtigen Folien, die eine mit schwar zen Umrissen, die andere farbig, die über einandergelegt das fertige Bild ergeben. Mir fällt ein, was Sarnath Banerjee über den Schweizer gesagt hat: «Cosey ist ein Meister der Wasserfarben. Seine Geschich ten im typisch europäischen Albumformat sind geradlinig und doch poetisch, wun derschön gezeichnet und voller Details.» Cosey hat in den letzten drei Jahr zehnten weite Teile der Welt bereist, von Tibet und Burma bis zu den USA und Ne pal. Die Bilder aus diesen Reisen fliessen jedoch nie sofort in seine Arbeiten ein; stattdessen saugt er sie in sich auf und lässt sie eine Weile köcheln – wie geheimnisvolle Zutaten in einem Hexenkessel. Seine Ant wort auf die Frage, ob er eine Geschichte über Delhi zeichnen werde, ist deshalb keine Überraschung: «Noch ist es dafür zu früh. Momentan konzentriere ich mich da rauf, die Stadt mit allen Sinnen zu erleben. Irgendwann, vielleicht in einem Jahr oder auch erst später, hole ich dann die gesam melten Eindrücke und mitgebrachten Ge
Cosey Der 1950 in Lausanne geborene Bernard «Cosey» Cosendai ist einer der inter national bekanntesten und erfolgreichsten Comicbuchautoren der Schweiz. Seine berufliche Karriere begann er als Grafiker in einer Werbeagentur, bevor er Assistent des damals einzigen etablierten Schweizer Comiczeichners Derib (Claude de Ribaupierre) wurde. Aus ihrer Zusammenarbeit und dem gemein samen Interesse an orientalischer Philosophie entstand eine enge Freund schaft, die bis heute anhält. Nach einer Reihe kleinerer Projekte erfand Cosey mit dem Aussteiger Jonathan seine populärste Figur, deren Abenteuer ab 1975 mit grossem Erfolg im Comicmagazin Tintin erschienen. Seiner ersten Fern reise, die ihn 1976 nach Ladakh in Indien führte, liess er seither viele weitere folgen – in die USA, nach Nepal, Vietnam, Laos, Kambodscha, Burma und Ti bet. Von den Eindrücken, die er auf seinen Reisen sammelt, zeugen die authen tischen Details, Schauplätze und Einblicke in das Leben der Einheimischen, mit denen seine illustrierten Geschichten gespickt sind. Für sein Werk wurde er mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Grand Prix Alfred für das beste Album in Angoulème, dem Grand Prix Soleil d’or in Solliès sowie dem Bonnet d'âne, dem Ehrenpreis des Comicfestivals Quai des Bulles in SaintMalo. Von Januar bis April 2011 verbrachte Cosey mit Unterstützung von Pro Helve tia einen Atelieraufenthalt in New Delhi. http://cosey.rogerklaassen.com
genstände wieder hervor – Dinge, die man in keinem Reiseführer findet.» Das können Zigarettenschachteln, Etiketten von Bier flaschen oder Werbeplakate sein, wie sie der Zeichner schon in früheren Werken verwendet hat, um die Schauplätze seiner Geschichten authentischer und lebendiger
Sorgfalt und Liebe zum Detail: Porträt eines muslimischen Fakirs.
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zu machen, so zum Beispiel in Saigon-Hanoi, Der Buddha des Himmels, Tallulah & May und Eine Reise nach Italien. Delhis erste Comicmesse: eine kommerzielle Angelegenheit Neben der Arbeit am Zeichentisch war Cosey in den letzten Monaten auch viel un terwegs. Fast schon ein Pflichttermin war natürlich Delhis allererste Comicmesse, «eine ziemlich kommerzielle Angelegen heit, aber schliesslich müssen auch Co miczeichner von etwas leben!», meint er. «Das bedeutendste Festival Europas im französischen Angoulème war anfangs sehr intellektuell und elitär und ist seither zu einer riesigen Verkaufsveranstaltung geworden – vielleicht wird ja Delhi genau den umgekehrten Weg gehen?» Ausser dem hat er etliche Sehenswürdigkeiten der indischen Metropole besucht, wie das Hu mayunMausoleum, das quirlige Purani Dilli (old Delhi) im Norden oder den chao tischen Zentralmarkt ganz in der Nähe sei nes Ateliers. Auf seinen Streifzügen hat er viele Fotos geschossen, «um später archi tektonische Details originalgetreu wieder geben zu können», und unzählige Skiz zen angefertigt, die wir uns zusammen ansehen: eine mit Mehndis (rötlichen HennaTattoos) bemalte Hand, eine anmu
tige KathakaliSzene (klassische indische Tanzdarbietung) aus der Stadt Khajuraho, eine Statue von Kali, der zehnarmigen HinduGöttin der Zeit und der Verände rung – und immer wieder Porträts. Unter Coseys Impressionen – in den Augen sei nes Berufskollegen Sarnath Banerjee «un glaublich präzise Momentaufnahmen des indischen Alltagslebens» – sticht eine hervor: das mit besonders viel Sorg falt und Liebe zum Detail ausge führte Porträt eines muslimischen Fakirs. Dazu inspiriert wurde der Zeichner im Stadtteil Nizamuddin, «einer Gegend voller faszinierender Menschen, Bauwerke und Land schaften» unweit des Humayun Mausoleums. Inmitten eines Laby rinths von engen, überfüllten Gassen befindet sich das Grabmal («Dar gah») von Nizamuddin Auliya, einem der bekanntesten SufiHeiligen, der hier im frühen 14. Jahrhundert bei gesetzt wurde. Seine letzte Ruhe stätte ist für Muslime aus dem gan zen Land ein heiliger ort, der täglich Scharen von Pilgern und Strassen händlern anzieht. Cosey schlägt einen Ausflug nach Nizamuddin vor, zu dem wir am späten Nachmittag aufbrechen. All mählich lässt die Hitze nach und die Stadt erwacht zum Leben. Die ersten Händler schieben ihre Gemüsekarren vorbei, und der nahe gelegene Park füllt sich mit Spaziergängern und Kricket spielenden Kindern. Unter wegs spricht Cosey über die gemisch ten Gefühle, die er für seine Gaststadt hegt: «oft weiss ich gar nicht mehr, wo ich bin – in Istanbul, in London oder doch in Delhi. Nichts hier ist typisch indisch, an ders als zum Beispiel in Hampi im Bundes staat Karnataka mit seinen Ruinen aus der VijayanagarZeit oder in Khajuraho. Das liegt wohl daran, dass Delhi eine Stadt der Einwanderer und Flüchtlinge ist.» Vor dem Eingang des Grabmals, wo wir unsere Schuhe ausziehen, bedrängt uns ein Händler, Rosenblüten und Kerzen zu kaufen. Cosey weist ihn höflich, aber bestimmt ab. Wir betreten die Anlage und tauchen ein in eine fremde Welt aus längst vergangener Zeit. An grob zusammen gezimmerten Ständen werden Korane, MekkaBilder und mit islamischen Ge beten bedruckte Stofftücher angeboten.
Cosey hat Stift und Skizzenblock hervor geholt und hält Ausschau nach interessan ten Motiven. Vorbei am Wasserspeicher und am Grab des Dichters Mirza Ghalib ge langen wir in den inneren Teil der Anlage mit der grossen Moschee. Vor dem Dargah, zu dem nur Männer Zutritt haben, sitzen betende und plaudernde Frauen in Burkas,
«Was macht der Firang (Ausländer) da?» Cosey lässt sich nicht stören.
Fakire hoffen auf Almosen, und Pilger be festigen lange, orangefarbene Fäden an den Gitterwänden des Grabmals und bit ten auf diese Weise um Erfüllung ihrer Wünsche. Cosey macht es sich gegenüber einer Gruppe von Frauen und Kindern in einer Ecke bequem und beginnt zu zeich nen. Rasch werden einige Neugierige auf ihn aufmerksam. «Was macht der Firang (Ausländer) da?», höre ich sie flüstern. Be sonders interessiert scheint eine Gruppe junger Männer, von denen einer herüber kommt und dem Zeichner über die Schul ter späht. «Woher kommt der Mann?», fragt eine Frau hinter mir schüchtern, doch Cosey lässt sich nicht stören. Wäh rend die Menge geduldig zuschaut, ent steht auf seinem Block langsam das Port R e po R tag e
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rät einer der verhüllten Frauen. Plötzlich, als ob es der Regisseur eines Historien films angeordnet hätte, ertönen aus der Ferne, von der anderen Seite der Anlage, leise Trommelklänge: Der jeden Donners tagabend stattfindende Qawwali, eine re ligiöse musikalische Darbietung aus der SufiTradition, hat begonnen. Die betö rende Musik und die hohe Kuppel der Moschee vervollständigen die filmreife Szenerie. Nachdem er seine Zeich nung beendet hat, fängt Cosey mit seiner kleinen Digitalkamera weitere Impressionen ein. ob imposante Tor bogen, spielende Kinder oder eine an dächtig betende Frau – kaum etwas entgeht seinem aufmerksamen Blick. Nur noch Farben und Formen «Falls ich ein Buch über Indien mache, soll es völlig anders als meine bisheri gen Arbeiten werden», erklärt er mir auf dem Weg zum Ausgang. «Statt ei nes klassischen Comic mit Figuren und Dialogen denke ich eher an eine Art visuelle Dokumentation, die aus schliesslich aus Farben und Formen besteht. Ich glaube, dass ich meine Eindrücke auf diese Weise am besten wiedergeben kann. Ich will mir dies mal die Freiheit nehmen, nur das zu zeichnen, was mich inspiriert. Wenn ich einer Geschichte folgen muss, auch wenn ich sie selbst geschrieben habe, ist das nicht immer möglich.» Beim Ausgang schrecken wir einen Tauben schwarm auf, der sich in die Lüfte er hebt. Cosey bleibt stehen, mustert ein Amulett mit einem kunstvoll eingra vierten islamischen Gebet und geht weiter. Früher oder später wird er diese Details in seine Bilder einfliessen lassen. Janice Pariat ist freischaffende Autorin (u.a. für OPEN, Art India, Outlook Traveller und Forbes India) und arbeitet – je nach Wetter – in Shillong, Delhi oder Kalkutta. Zurzeit schreibt sie an einer Sammlung von Kurzgeschichten. www.janicepariat.blogspot.com Ankur Ahuja ist seit über zehn Jahren als Fotografin, Filmerin und Cutterin tätig und lebt in New Delhi. Sie hat zahlreiche Dokumentar, Kurz und Werbefilme sowie Musikvideos gedreht und beschäftigt sich seit Kurzem auch mit Videokunst. www.ankurahuja.com; http://oddends.wordpress.com Aus dem Englischen von Reto Gustin
PRo H ELV E T I A A K T U EL L
Schweizer Bühnenkunst experimentell und pointiert Wer sich für zeitgenössische Bühnenkünste aus der Schweiz interessiert, fährt im Dezember am besten nach – Frankreich. Die Comédie de Saint Etienne, sechzig Kilometer südwestlich von Lyon, widmet dem hiesigen Tanzund Theaterschaffen mit Made in Suisse einen grossen Schwerpunkt. Vom 5. bis 17. Dezember stehen Produktionen auf dem Programm, die sich durch experimentelle künstlerische Ansätze und eine pointierte Ästhetik auszeichnen. Neben bekannten Performancekünstlern wie Yan Duyvendak und Massimo Furlan sind auch neue Jungtalente wie Eugénie Rebetez und François Gremaud mit von der Partie. Ergänzt wird das Schweizer Fenster durch eine Filmreihe mit einheimischen Spiel- und Dokumentarfilm-
produktionen. Zudem sind verschiedene Veranstaltungen in den Bereichen Musik, Literatur und Architektur vorgesehen. Made in Suisse geht aus dem Pro Helvetia Programm La belle voisine hervor, das im Jahr 2007 den Austausch zwischen Institutionen und Kulturschaffenden aus der Schweiz und der Region Rhône-Alpes anstiess. Mit dem Festival werden die damals initiierten Begegnungen und Partnerschaften fortgesetzt. www.comedie-de-saint-etienne.fr und www.prohelvetia.ch
Gespräche über Kulturvermittlung Das Thema Kulturvermittlung ist in aller Munde und erhält zunehmend Gewicht: sei es im kulturellen Schaffen, in der Kulturförderung oder in der Bildung. In vielen Kernfragen herrscht aber noch kein Konsens. Welche Leute soll sie erreichen? Ist Kulturvermittlung eine bildungsoder kulturpolitische Aufgabe? Und wer soll sie bezahlen? Über diese und weitere Grundsatzfragen diskutieren Experten aus der Schweiz und dem Ausland an vier Foren von September bis März. Der Wissensaustausch will zur Bewusstseinsbildung beitragen und die Qualität der Kulturvermittlung steigern. Pro Helvetia hat die Diskussionsreihe im Rahmen ihres Programms Kulturvermittlung initiiert und sich dafür mit vier Partnern aus zwei Sprachregionen zusammengetan: dem Kanton Wallis und den Städten Bern, Basel und Biel. Die Foren richten sich an Entscheidungsträger aus der Kultur- und Bildungspolitik sowie an Leiterinnen von Kulturinstitutionen, sind aber auch der interessierten Öffentlichkeit zugänglich.
Im Dezember in der Comédie de Saint Etienne zu Gast: Massimo Furlan – hier mit Anne Delahaye in einer Reinszenierung des Eurovision Song Contest.
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Foto: Pierre Nydegger
9. September 2011: www.ferme-asile.ch 25. November 2011: www.dampfzentrale.ch 20. Januar 2012: www.literaturhaus-basel.ch 1. März 2012: www.theater-biel.ch
Gesuche: Ab 2012 online eingeben Sie sind Jazzmusiker und benötigen finanzielle Unterstützung für Ihre Auslandtournee? Sie sind Autorin und möchten sich über einen längeren Zeitraum ohne finanzielle Sorgen einem literarischen Projekt widmen? Dann reichen Sie Ihr Gesuch unter www.myprohelvetia.ch online ein. Das Gesuchsportal der Schweizer Kulturstiftung leitet Sie schnell, einfach und unbürokratisch durch die Eingabe und informiert über Termine und projektspezifische Förderkriterien. Sie haben jederzeit und überall Zugriff auf Ihre Daten. So kann der Veranstalter in New York das Dossier ebenso ergänzen wie der Buchhalter aus dem Emmental. Bis zur Eingabe des Gesuchs können die Gesuchstellenden ihre Daten problemlos bearbeiten und durch
Audio- oder Videobeispiele und weitere Dokumente vervollständigen. Seit der Aufschaltung des viersprachigen Gesuchsportals im Jahr 2008 wurde myprohelvetia laufend den Bedürfnissen der Gesuchstellenden angepasst. Mittlerweile reichen knapp die Hälfte der Kulturschaffenden ihre Unterstützungsanfragen online ein, Tendenz steigend. Ab 1. Januar 2012 können Gesuche nur noch via myprohelvetia eingegeben werden. Die elektronische Gesuchserfassung vereinfacht die Abläufe und erlaubt somit eine effizientere Behandlung der Anfragen. www.myprohelvetia.ch
Gesuche eingeben leicht gemacht: auf der Onlineplattform myprohelvetia
Fotos: Anouk Fürst (unten); Tamara Lorenz, Velvet (oben)
La Ribot im südlichen Afrika La Ribot, Tänzerin, Choreographin und visuelle Künstlerin, tourt vom 7. bis 22. September durch das südliche Afrika. An Festivals in Kapstadt, Johannesburg und Maputo zeigt die Wahlgenferin drei Arbeiten aus dem Grenzbereich von Performance, Video und Live-Kunst. Sie führt darin Tanz und bildende Kunst ineinander über. So sucht sie in Llámame Mariachi eine neue Bühnensprache, die Tanz und Film eng verbindet: Während eine mobile Kamera die Erfahrung des Tanzes einfängt, verlangsamen die Tänzerinnen ihre Bewegungen bis zur Abstraktion. Auch in Laughing Hole fordert La Ribot gängige Konventionen heraus, taumelt während Stunden unter
Die Tänzerinnen in La Ribots Laughing Hole unter der Last der Worte.
unkontrollierbarem Gelächter durch den Raum und besetzt ihn mit handbeschriebenen Kartonschildern. PARAdistinguidas, ihr neuestes Stück, schliesst an die in den 1990er-Jahren ins Leben gerufene Serie von pièces distinguées an – performativen Darbietungen, die La Ribot damals wie Kunstwerke pr o h e lv e t ia akt u e ll
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an Sammler verkaufte. Neben den Festivalauftritten sind Workshops, Meisterklassen und Publikumsdiskussionen mit La Ribot und ihren mitreisenden Tänzerinnen geplant. Die Tour wird unterstützt von Pro Helvetia Cape Town. www.prohelvetia.org.za
Verbindliche Vorschläge für alle Kulturträger Umso mehr ist die Initiative des früheren sozialistischen Bürgermeisters von Barcelona, Pascual Maragall, zu loben, der im Wissen um den häuslichen Filz auf der Schaffung einer vom Parlament ernannten, von den politischen Parteien unabhängigen Kommission bestanden hatte, dem CoNCA. Ihr Präsident, Francesc Guardans, definiert die Aufgabe seiner Einrichtung als eine doppelte: Es gehe darum, Richtlinien für die Kulturpolitik zu setzen und alle Künstler zu fördern, die nicht in staatlichen Institutionen, wie dem Nationaltheater oder dem Landesorchester, eingebunden sind. «Das Anliegen des CoNCA ist es, die fragilen Förderstrukturen zu schüt-
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CoNCa Der neu gegründete Rat für Kultur und Künste in Barcelona, CoNCa, sorgt für frischen Wind und bitter-süsse Früchte in der katalanischen Kulturlandschaft.
zen, und dafür zu sorgen, dass diese Arbeit nicht nur auf dem geduldigen Papier, sondern auch im kulturellen Leben der katalanischen Gesellschaft zu sehen ist.» Dafür sind eigentlich gute Voraussetzungen geschaffen. Die Vorschläge und Expertisen des CoNCA sind verbindlich für alle Kulturträger: für das katalanische Kulturinstitut, die Schulen und Universitäten, aber auch für die Förderprogramme von Musikern, Tänzern, Philosophen, Theaterleuten, Visuellen Künstlern und Zirkusartisten. Was in die Lehrpläne kommt, wird ebenso vom CoNCA überprüft (und gegebenenfalls angemahnt) wie die Förderungswürdigkeit eines digitalen Kunstprojekts oder eines Musikensembles.
partNer: rat für ku lt u r u Nd k ü Nst e
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Zudem zieht Francesc Guardans einmal im Jahr ins Parlament, um vor den Abgeordneten Bericht zu erstatten. Unbequem sein und anecken Die 11-köpfige Kommission, die sich aus einem buntgemischten Expertenteam zusammensetzt – darunter Professoren und Kritiker, ein Architekt, ein Jazzmusiker, eine Galeristin, eine Theaterproduzentin, aber auch so bekannte Gesichter wie die Schauspielerin und Dokumentarfilmerin Silvia Munt – trifft sich allwöchentlich dreimal. Man arbeitet in persönlichen Gesprächen mit den Kulturschaffenden an einer umfassenden Bestandsaufnahme der aktuellen Situation von Kunst und Kultur in Katalonien und ausserdem an der Koordination von Künstlern mit öffentlichen Fördereinrichtungen. Die Kunstschaffenden werden dafür zu Hearings im CoNCA an den Ramblas eingeladen, um ihre Situation darzustellen und selbst Vorschläge zu unterbreiten, berichtet Xavier Antich, Kunsthistoriker an der Universität Girona und Kommissionsmitglied. Das habe vorher nicht zu den Praktiken der Kulturfunktionäre der katalanischen Landesregierung und der Stadt Barcelona gezählt. Abwehrgesten und Kompetenzgerangel mit der alteingesessenen Kulturbürokratie gehörten zum Arbeitsalltag, konstatiert der Pragmatiker Francesc Guardans. «Wenn der CoNCA nicht unbequem wäre und wir nicht anecken würden, hiesse das, wir machen unsere Arbeit nicht gut!» Er sieht auch diese Schwierigkeiten als Teil eines längeren Prozesses. «Wir stehen erst am Anfang – doch gab es bei der diesjährigen Anhörung im Parlament zum ersten Mal Applaus!» www.conca.cat Cecilia Dreymüller lebt und arbeitet als freie Journalistin und Literaturkritikerin in Barcelona.
Illustration: Raffinerie
Von Cecilia Dreymüller – Einem spanischen Sprichwort zufolge soll man von einer Ulme keine Birnen erwarten, und doch wachsen in der Kulturpolitik in Barcelona gerade solche Birnen: Vor zwei Jahren hat dort der Consell Nacional de la Cultura i de les Artes (Nationaler Rat für Kultur und Künste) seine Arbeit aufgenommen und soeben seinen umfangreichen zweiten Jahresbericht vorgelegt. Die kurz CoNCA genannte Einrichtung wurde 2008 explizit nach dem Modell der angelsächsischen Arts Councils gegründet und ist die einzige ihrer Art in Südeuropa. Damit hat die autonome Region im Nordwesten Spaniens mit der Hauptstadt Barcelona einen mutigen Schritt nach vorn getan, weg vom politischen Bäumchen-wechsel-Dich und hin zu einer unabhängigen Kultur- und Kunstförderung. Dies ist umso bemerkenswerter, als Katalonien eine wohl prospere, aber kleine Nation ist, die jedoch im spanischen Vergleich äusserst grosszügig in Kultur investiert. Doch obwohl sie sich ihre eigene kulturelle Tradition im Widerstand gegen die Franco-Diktatur erhalten konnte, hat sie sich seit dem Erlangen des Autonomiestatus im Jahr 1978 nicht immer durch Weltoffenheit und Innovationsgeist hervorgetan. In Barcelona sind nach dem 20-jährigen Regierungsmonopol der konservativen Partei Convergencia die Kulturinstitutionen in fester, altväterlicher Hand, und man hält sich untereinander die Stange.
CA RTE BL A NCHE
Illustration: Rahel Eisenring
Neue Rolle fürs Stadttheater Von Carena Schlewitt – Im deutschsprachigen Raum wird in den letzten Jahren viel über die Krise des Stadttheaters debattiert: über die künstlerische Ausrichtung, das Publikum, die Finanzen und die Gebäude. Die Frage nach der Krise des Stadttheaters stellt sich für mich als Frage nach dessen heutigem gesellschaftlichem Anspruch. Das Stadttheater muss mehr sein als ein Traditionsinstitut der klassischen Aufklärung und sollte eine progressive aktive Rolle in der aktuellen Stadtgesellschaft übernehmen. Ein kurzer Blick zurück zeigt: Das Bürgertum errichtete im 19. Jahrhundert eigene Bühnen, um sich vom Adel zu emanzipieren und etablierte das Theater als Bildungsinstitut der deutschen Nation und «die Schaubühne als moralische Anstalt» (Friedrich v. Schiller). Die Zuordnung Stadttheater – Bürgertum – Nation wurde von Beginn an durch alternative gesellschaftsrelevante Formen von Theater – das Volkstheater im 19. Jahrhundert und die freie Szene im 20. Jahrhundert – in Frage gestellt. Seit der Antike ist das Theater diejenige Kunstform, die gesellschaftsrelevante Fragen live und vor Publikum künstlerisch bearbeitet. Die Wechselbeziehung von Theater und Gesellschaft ist entscheidend für die künstlerischen und strukturellen Formen, in denen es produziert wird. Heute trifft das (Stadt-)Theater nicht mehr auf ein weitgehend homogenes bürgerliches Publikum, sondern auf eine unruhige durchmischte Stadtgesellschaft: auf ein ausdifferenziertes Publikum unterschiedlichster Herkunft, Sprache und Bildung. Die dynamische Technologisierung aller Arbeits- und Alltagsbereiche und die geopolitischen Veränderungen Europas nach 1989 und der Welt nach dem 11. September 2001 lösten einen enormen Erweiterungsschub im Spektrum des Theaters aus: Es antwortete mit neuen und erneuerten Ästhetiken und versuchte, ein neues Verhältnis zur rasant gewachsenen Komplexität und Diversität der Gesellschaft aufzubauen.
Die freie Szene im deutschsprachigen Raum hat ästhetisch und strukturell auf die veränderte gesellschaftliche Situation seit Mitte der 1990er-Jahre reagiert. Sie hat ein anderes Theater für die Stadt entwickelt und setzt auf partizipative Kommunikationsformen mit einem sich verändernden Publikum. Sie nimmt andere Kunstformen und kulturelle Praktiken auf: Pop-Theater und Live Art, Dokumentartheater, Medientheater, internationale Kooperationen und Stadtprojekte prägen die neue Theateravantgarde. Diese neuen partizipativen Formen gehen mit einer dynamischen Suchbewegung einher. Das Theater schwärmt aus: Es sucht sich erstens neue Akteure und neue Spezialisten aus anderen Arbeits- und Lebensbereichen und holt sich damit die veränderte Stadtgesellschaft auf die Bühne. Zweitens sucht sich das Theater andere Räume und damit auch neue Communities in der Stadt. Gespielt wird unter anderem in Wohnungen, auf Strassen, Plätzen und Baustellen, in Strassenbahnen und Cafés. Ich plädiere für einen nomadischen Stil des Gegenwartstheaters: für Koproduktionen, Vernetzung, Austausch, Internationalität und für die Etablierung neuer temporärer Theaterräume. Das Theater hat das Potenzial, Gemeinschaften zu bilc ar t e b laN c h e
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den, die jenseits von Berufen, sozialen Schichten und Generationen funktionieren können. Es kann Kommunikationsformen entwickeln, die die üblichen Raster der Gesellschaft überwinden. In diesem Sinne muss das Theater ein Forum etablieren, das wie ein Marktplatz funktioniert: Es bietet verschiedene Farben, Gerüche, Erzählungen und Töne an und übt eine soziale Funktion der Begegnung aus. Nicht die Entscheidung für oder gegen das Stadttheater, für oder gegen die freie Szene bestimmt das nomadische Theater. Es ist an der Zeit, im Sinne der gemeinsamen Strukturentwicklung über ein zeitgemässes Theater der Zukunft nachzudenken. Das Stadttheater muss sich verändern, sich öffnen und seine Rolle in der Stadt neu definieren. Die freie Szene muss im Verhältnis zu den Stadttheatern mehr Produktionsmöglichkeiten bekommen, damit sie ihre Potenziale weiter entwickeln kann. Und möglicherweise begegnen sich eines Tages beide Theaterformen auf Augenhöhe. Carena Schlewitt ist seit 2008 Künstlerische Leiterin der Kaserne Basel. Sie arbeitete als Dramaturgin an verschiedenen Produktionsund Gastspielhäusern sowie bei Festivals, zuletzt von 2003–2008 am Berliner Theater Hebbel am Ufer.
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Zeichen und Wunder Zeichen und Wunder, 2009 Lambdaprint auf Alu-Dibond, 60 × 71 cm von Christoph Schreiber Ausgangsmaterial für Christoph Schreibers Arbeiten sind Fotografien, die der Künstler in seinem Studio oder unterwegs mit einer Mittelformatkamera festhält. In einer Art Collagentechnik schafft er dann am Computer Welten von eigenwilliger Poesie – Momente, in denen die Zeit stillzustehen scheint. Auch Videoarbeiten und Installationen sind Teil von Schreibers Kosmos. Christoph Schreiber (*1970) studierte Bildende Kunst an der Kunsthochschule Zürich und Rechtswissenschaften an der Universität Zürich. Seine Werke, für die er verschiedene Preise gewann, waren in zahlreichen Ausstellungen in der Schweiz und im Ausland zu sehen. www.christoph-schreiber.com
Die Rubrik Schaufenster präsentiert jeweils ein Werk einer Künstlerin oder eines Künstlers aus der Schweiz.
Passagen, das Magazin der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia, berichtet über Schweizer Kunst und Kultur und den Kulturaustausch mit der Welt. Passagen erscheint dreimal jährlich in über 60 Ländern – auf Deutsch, Französisch und Englisch.
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Die Performanceszene in der Schweiz hat sich in den letzten zehn Jahren enorm entwickelt: Sie hat neue Räume als Bühne erobert und eine erstaunliche Vielfalt an Festivals hervorgebracht. Die Grenzen der traditionellen Kunstsparten lösen sich zunehmend auf, und es entsteht der Eindruck, dass heute fast alles die Bezeichnung Performance trägt. In der kommenden Ausgabe von Passagen fragen wir, was eine Performance überhaupt ist und wieso sie – nicht nur in der Schweiz – so en vogue ist. Wir beleuchten ihre politische Sprengkraft und welche Rolle das Publikum in der Performance spielen darf oder muss. Die nächste Ausgabe von Passagen erscheint Mitte Dezember.
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Kreativität und Kulturschock Nr. 55
Kreativität und Kulturschock Kulturaustausch rund um den Globus Am Suezkanal: Der Künstler auf Spurensuche | Design: Objekte, die von der Schöpferkraft erzählen | Experiment: Klangforscher treffen Soundtüftler D AS K U LTU RM AGAZ IN V ON PRO HELV ETIA, NR. 5 5 , AU SGAB E 1 /2 0 1 1
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Computerspiele: die Kunst der Zukunft Nr. 54
Computerspiele: die Kunst der Zukunft Gäuerle und Chlefele: Schweizer Volkskultur in Argentinien S. 6 Exotisch und durchgeschüttelt: Chopin als moderne Oper S. 36 Auf Dichterspuren: Stadtschreiber in Buenos Aires S. 41 D AS K U LTU RM AGAZ IN V ON PRO HELV ETIA, NR. 5 4 , AU SGAB E 3 /2 0 1 0
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Kunst macht glücklich! Nr. 53
Kunst macht glücklich! Bekenntnisse in der Petrischale: Der Künstler im Labor S. 6 Sprechende Wände: Schweizer Klangkunst in San Francisco S. 36 Rom inspiriert: Die Zeit in Kunst verwandeln S. 38 D AS K U LTU RM AGAZ IN V ON PRO HELV ETIA, NR. 5 3 , AU SGAB E 2 /2 0 1 0
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Der Gehalt der meisten Rezensionen beschränkt sich auf die Information, dass das objekt der Besprechung dem Autor gut oder nicht gut gefallen hat, garniert mit Hinweisen auf die kulturelle Beschlagenheit des Autors.
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Keinem deiner Freunde gefällt das Kathrin Passig, S. 15
Ja, es gibt sie, die leuchttürme der Kulturblogszene, “ die den Kulturinteressierten zügig und verlässlich mit
nützlichen Informationen versorgen. Die ihm ausserdem Gewähr bieten, dass er nicht nur findet, wonach er sucht, sondern auch, wonach zu suchen ihm nie in den Sinn Wer soll das alles lesen, bitte? Christoph Lenz, S. 12 gekommen wäre.
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Es wird abgeschrieben und kopiert, was das Zeug hält. “ Die klassische, fachkompetente und umfassend gebildete
Kritikerfigur, die im Elfenbeinturm zu einem seriösen urteil kommt und dieses in schön gedrechselten Sätzen kommuDer rasante Wandel des Schweizer Feuilletons niziert, ist damit am Aussterben. Pia Reinacher, S. 6 www.prohelvetia.ch/passagen
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