DESIGNAKADEMIE 24-stunden-design. Eine Designakademie mit Gästehaus für Vitra in Weil am Rhein Diplomarbeit Leibniz Universität Hannover Fakultät für Architektur und Landschaft Institut für Entwerfen und Gebäudelehre Erstprüfer: Prof. Zvonko Turkali Zweitprüferin: Prof. Hilde Léon Verfassser: Philip Sander Hogrebe
AUFGABE
KONTEXT
Design ist der Prozess, durch den fast alle Gegenstände, die uns umgeben, eine bestimmte Gestaltung und Funktion bekommen - vom Auto über die Büroklammer, von der Kleidung bis hin zum Stuhl.
Prägend für das Grundstück ist die Nachbarschaft der Produktionshallen Sizas und Gehrys im Südwesten und im Südosten, sowie der Grünstreifen entlang einer Landstraße im Nordosten, der als eine Art ‚Architekturaustellungsmeile‘ dient. Dieser wurde jüngst erweitert durch das Vitra Haus Herzog & de Meurons. Der mit erhaltenswerten Obst- und Laubbäumen bestandene Grünraum des Grundstücks verspricht einen Erholungswert, der zum Verweilen und Entspannen einladen könnte. Doch auf Grund der umliegenden Hallen, des Parkplatzes und der Straße läßt der Ort in seiner Unbeschütztheit diese Aufenthaltsqualität vermissen. Die Firma Vitra schottet sich in den Bereichen Produktion und Entwicklung, sicherlich zum Schutze der Designideen vor Diebstahl, von der Öffentlichkeit ab. Die Produktion ist entgegen heutiger Beispiele gläserner Manufakturen nicht öffentlich und auch in der Führung nicht zu sehen. Fotografieren ist verboten. Es findet sich sogar auf der eher öffentlichen Wiese der ‚Architekturmeile‘ als erstes ein Schild auf dem neben dem Fotografieren sogar das Mitführen von Mobiltelefonen und Taschen als verboten gekennzeichnet sind. Überlegungen darüber, welchen Bedürfnissen das Haus gerecht werden müsse, haben mich zu folgenden Ergebnissen geführt. Der Mensch ist erst in einer beschützten Atmosphäre in der Lage, sich selbst zu öffnen. Erst mit dem Gefühl der Beschütztheit vor Verletzungen von Außen kann sich der Mensch öffnen und eine unbeschwerte Kommunikation kann in Gang kommen. Und gerade die Kommunikation und der Austausch sind wichtige Aspekte zur Schaffung von Neuem. Gleichzeitig muss aber auch
das Arbeiten in Konzentration möglich sein und nicht zu letzt ist nach wie vor, trotz aller digitalen Möglichkeiten, die Arbeit mit dem Material und an Modellen nicht wegzudenken aus der Produktentwicklung. Verfolgt man aktuelle Entwicklungen der Arbeitsplatzgestaltung in kreativen Berufen fällt zudem die Einrichtung von Spielzimmern auf, in denen die Kreativen sich austoben können. Ein weiterer, berücksichtigter Aspekt, in der asiatischen Kultur bereits etabliert, ist die Integration individueller kurzer Schlafphasen in die Arbeitszeit. Neben all diesen Gedanken muss das Gebäude, auf dem Firmengelände der Vitra GmbH geplant, natürlich insbesondere auch den Bedürfnissen der Firma entsprechen. Derzeit gibt es unverkennbare Anzeichen für ein Wachstum der Firma Vitra, zu erkennen am Neubau eines Logistikzentrums durch SANAA, für das eine kleinere Halle abgerissen wurde. Interpretiert man die kontinuierliche Addition von Produktionshallen als langfristigen Trend, so fällt es schwer das noch für eine weitere Halle frei gehaltene Grundstück mit einem der Aufgabe entsprend kleinen Haus zu besetzen. Ich begreife die Designakademie als Teil des Wachstums der Firma und das neu entstehende Haus bildet den Rahmen für sich ändernde Anforderungen und Nutzungen.
current situation on site - green but bad quality of stay
cherry trees on site
Seit über 50 Jahren produziert die Firma Vitra Möbel und Einrichtungssysteme, die stimulieren, inspirieren, motivieren und gleichzeitig Komfort, Sicherheit und die notwendige Ergonomie bieten. Um auf allen Ebenen diese hohe Qualität zu erreichen, arbeitet Vitra mit den innovativsten Designern zusammen. Gegenstand der Diplomarbeit ist der Entwurf einer Design-Akademie und eines Gästehauses für Vitra in Weil am Rhein. In dieser Einrichtung können Studierende und Absolventen der Studienrichtungen Design und Architektur unter der Leitung renommierter Designer und Architekten an mehrwöchigen Workshops teilnehmen. In Ateliers und Werkstätten werden den Teilnehmern rund um die Uhr die Möglichkeiten geboten, die eigenen Entwürfe zu realisieren und der Öffentlichkeit zu präsentieren. Das Grundstück befindet sich auf dem Vitra-Firmengelände an der Charles-EamesStraße, vis-à-vis zur Produktionshalle von Alvaro Siza. In unmittelbarer Nachbarschaft entsteht zur Zeit das Ausstellungsgebäude VitraHaus von Herzog & de Meuron. Gefordertes Raumprogramm (HNF): Logis 880 qm Cafeteria und Catering 160 qm Tagungsbereich 270 qm Ateliers, Werkstätten, Showroom 1070 qm Verwaltung & Management 160 qm Magazin, Technik 200 qm Total 2740 qm
aerial view of the vitra campus
KONZEPT Die zuvor erwähnte Verschlossenheit Vitras aufgreifend präsentiert sich auch das neue Gebäude der Designakademie als introvertierte Bastion. Meine Vorstellung von Fortschritt jedoch beruht auf dem Austausch von Informationen zur Entstehung von Neuem und nicht auf Isolation. > (weiter auf S.4)
Sketches
Philip Sander Hogrebe >> Arbeitsproben >> Designakademie
Concept drawing
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1:5000 /25000
Vitra Haus Herzog & de Meuron, 2009
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Vitra Design Museum Frank O. Gehry, 1989
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Skulptur Claas Oldenburg, 1984
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Vitra Feuerwache Zaha Hadid, 1993
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Konferenzpavillon Tadao Ando, 1993
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Hager Villa 1920
Map of the area 1:1000 /5000
Philip Sander Hogrebe >> Arbeitsproben >> Designakademie
Section a-a 1:500 /2500
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>> Mein städtebaulich räumliches Konzept sieht vor, den Raum in seiner Dimension zu fassen, erlebbar und aneigenbar zu machen und die umliegenden Räume in ihrer Intensität zu stärken. Ich erreiche dieses mit einem Volumen, das sich am Masterplan Grimshaws orientierend entlang der Kanten der Hallen formiert. Der zur Zeit auf das Produktionsgelände übergreifenden Grünstreifen erhält ein Rückgrat und sein Architekturausstellungscharakter wird gestärkt.
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Der zur Zeit auf dem Grundstück vorhandene Grünraum wird durch die Bildung eines Hofes gefasst und architektonisch neu interpretiert. Die Rasenfläche wird zu einem festen Boden, der durch Aussparungen bestimmte Bereiche hervorhebt und weitere Vegetationselemente addiert. So wird die Fläche aneigenbar als Garten, Werkhof und Halle zur Erschließung der unterschiedlichen Gebäudeinhalte. Außerhalb der durch das Haus gebildeten Einfrie-
dung zieht sich der feste Boden als Podest in einer Analogie zu den Laderampen und andockenden LKWs der Produktionshallen fort und bildet einen öffentlichen Vorplatz. >
Site 1:500 /2500
Philip Sander Hogrebe >> Arbeitsproben >> Designakademie
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Level 1 1:200 /1000
Section b-c 1:200 /1000
>> Entsprechend dieser Idee aneigenbarer Außenräume präsentiert sich auch das Innere des Hauses als stützenfreie Halle, die sich durch die Addition von eingehängten Ebenen den wandelnden Bedürfnissen der Nutzer anpassen kann. Vorhänge lassen die Transparenz und Privatheit des jeweiligen Aufenthaltsortes im Haus individuell regeln. Sie lassen einerseits spontane Zonierungen zu und bieten gleichzeitig, bei Öffnung, die Möglichkeit des Zusammenschaltens großer
Räume für Workshops, Ausstellungen und Präsentationen. Die Erschließung der unterschiedlichen Bereiche funktioniert über den Hof und durch die Räume im Erdgeschoss, so dass sich zufällige Begegnungen ergeben, die einen ständigen Austausch ermöglichen. Die im ersten Obergeschoss angelegte Flurzone bietet in ihrer Dimension Platz für die Ausstellung von Arbeiten und Produkten und das Einrichten von temporären Arbeitsplätzen.
Auf dem Vorplatz wird der Abdruck des geodätischen Pavillions Buckminster Fullers extrudiert und dessen Volumen nachgebildet. Ein Eingangsgebäude entsteht, das vermittelt zwischen der Austellungsmeile und dem Inneren der Akademie. Hier kann ich mich informieren über Austellungen auf dem Campus, von dort aus weiter gehen zu einem der Solitäre oder einchecken in die Akademie. >
Philip Sander Hogrebe >> Arbeitsproben >> Designakademie
Zugstab
Zugstab
Atelier
Dozent
Atelier
Atelier
Besprechung
Atelier
Besprechung
Einzelarbeitsplätze
Verwaltung
Zimmer Nebeneingang Multifunktionaler Bereich. Wohnen, Kochen, Essen, Arbeiten, Relaxen. Einzelne Bereiche mit Vorhängen definierbar.
Nebeneingang Multifunktionaler Bereich. Wohnen, Kochen, Essen, Arbeiten, Relaxen. Einzelne Bereiche mit Vorhängen definierbar.
Section d-d 1:200 /1000
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Level 2 1:200 /1000
Elevation North-East Entrance 1:200 /1000
Level 2: full use of capacity
Sunscreens
system of fascade modules composition
>> Wenn das Gebäude nach Außen hin abweisend und sich abschottend wirkt, dann vor allem, um auf die vorhandene Möglichkeit der Abschottung hinzudeuten und durch dessen Kontrast zu einer Öffnung im Inneren das Konzept des Austausches hervorzuheben. Gleichzeitig kommt diese vermeintliche Abschottung nach Außen der Öffnung der Nutzer im Inneren zugute. Diese sollen sich geborgen fühlen in dem gebildeten Raum. Dennoch erlaubt neben aller Kon-
zentration immer wieder ein Blick in die Umgebung, durch eines der Pixelfenster der Außenfassade, die Erweiterung des eigenen Horizontes. Die Pixelfassade selbst wird gebildet durch gestapelte Holzrahmen-Elemente mit Kanten von einem Meter länge. Diese sind geschlossen oder mit einem Fenster versehen. Je nach Nutzung verteilen sich die Fenster auf der Fassade und deuten etwas an über den Inhalt hinter der Fassade. Bei sich ändernder
Nutzung des Raumes können auch die Fenster neu positioniert werden. >
Philip Sander Hogrebe >> Arbeitsproben >> Designakademie
Dachaufbau Blechabdeckung s üdliche Flächen mit Solarkollektoren unter Blech Trennlage Stahlbeton 150mm, thermisch aktiviert
Zugstab aus Stahl
Wandaufbau Holzschichtplatte 24mm,weiß transparent gewachst Austauschbare Holzrahmenelemente 1m x 1m 325mm Holzschichtplatte 12mm Luftschicht 50mm Dämmung 250mm Elementbeplankung Holzschichtplatte 12mm Vor Ort Beplankung 12mm, Dampfsperre Installationsebene und Oberfläche je nach Nutzung
Vorhang
Festverglasung Öffnungsflügel in Holzrahmen eingesetzt
Bodenaufbau Estrich 70mm Trittschalldämmung Stahlbeton 100mm im Verbung mit Brettstapeldecke 280mm
Fassade zum Hof Glasfaltwand zur gebäudehohen Öffnung der Halle Pfosten Aluminium zu Enden verjüngt
Boden 175mm über Werkstattniveau Oberfläche ensprechend Nutzung gefliest oder Holzdielenboden
Hirnholzparkett
Elevation of fascade 1:50 /200
Section f-f through fascade 1:50 /200
Stufe 17.5
Lager
Werkstatt Magazin
Inside elevation of fascade 1:50 /200 Vorhang
f
Stufe 17.5
Fassade raumhoch auffahrbar
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f
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Stufe 17.5 Brüstungshöhen EG 0.10 1.10 2.10
Brüstungshöhen OG 0.10 1.10 2.10 3.10 4.10
Workshop floor: laying grid of grain-cut timber parquet
Werkstatt Meister
BRH 0.10 1.10 2.10
Vorhang Stufe 17.5
Inside view of Workshop area and suspended level
Floor plan detail level 1 1:50 /200
Working model: curtains form individual rooms
Working model: Individual rooms in level 1, multipurpose space and hall in level 2
Working model: folded concrete roof strukture to have a column-free workshop area and to suspend levels
Philip Sander Hogrebe >> Arbeitsproben >> Designakademie
Concept of conversion into design-factory building
AUSBLICK Die großen überdachten Räume bieten Platz für Werkstätten, Ideen und Wohnen. Sollten sich die Anforderungen mit der Zeit ändern, bietet die flexible Struktur des Hauses die Möglichkeit einer Umverteilung. Durch eine Überdachung des Innenhofes kann das gesamte Gebäude zu einer Design-Produktionshalle erweitert werden, die durch Durchstanzungen einzelner Atrien attraktive Arbeitsbedingung mit Außenbezug böte.
Durch eine öffentliche, auf Gestaltung spezialisierte Bibliothek lockt das Gebäude Gestalter aus dem Ballungsraum Basel und bietet einen Mehrwert für die Region. Durch eine entstehende Mischung von Öffentlichkeit und Privatheit wird der sich ändernden Aufassung von Fortschritt durch das Teilen von Wissen zur Erlangung neuer Erkenntnisse Rechnung getragen. „Denn (...) wenn Wissen und Content tatsächlich das neue Kapital der postindustriellen
Gesellschaft sein sollen, dann muss es fließen, dann muss es zugänglich sein, für alle“ (Ars Electronica 2008:A New Cultural Economy – wenn Eigentum an seine Grenzen stößt. http://www.aec.at/de/festival2008/ first_statement.asp, 09.05.2008).
ARCHITECTURAL MODEL
EXPOSITION
Philip Sander Hogrebe >> Arbeitsproben >> Designakademie
philiphogrebe@gmail.com