Paul imhof christliches familienstellen

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INHALTSVERZEICHNIS

VORWORT

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SPIRITUELLES FAMILIENSTELLEN Ein subjektiver Zugang zur Aufstellungsarbeit nach Paul Imhof

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Mit Freiheit ist zu rechnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Prägende Faktoren für Paul Imhofs spirituelles Familienaufstellen . . . . . .

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Das Procedere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Was ist geist-lich am spirituellen Familienaufstellen? . . . . . . . . . . .

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Menschenbild und Werteordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Voraussetzungen für die begleitende Person

. . . . . . . . . . . . . .

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Die heilsame Dynamik im Organismus eines Systems . . . . . . . . . . .

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Perspektiven der Repräsentanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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DOKUMENTATION EINER AUFSTELLUNG

Ausblick und Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

ZWISCHEN HIMMELFAHRT UND PFINGSTEN 1. 2. 3.

Der Blick zum Himmel Die Wahlverwandtschaft Jesu . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Das Zelt der Begegnung Vier Lichthütten im Kreislauf der Natur . . . . . . . . . . . . . . .

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Seligpreisungen Christi Prolog und Epilog der Johannesoffenbarung

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IM KRAFTFELD DES HEILIGEN GEISTES 4. 5. 6. 7.

Das Pfingstfest Die Völkerwallfahrt nach Jerusalem . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Herkunft – Ankunft – Zukunft Perspektiven christlicher Spiritualität . . . . . . . . . . . . . . . .

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Das Lob Gottes Kommunikation und Gebet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Das Vaterunser Die Entdeckung eigener Ressourcen

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8.

Weder Thron noch Altar Die Logik der Gnade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96

9.

Die noahitischen Gebote Vierfache Enthaltsamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

10. Vom Familiensystem zur Hausgemeinde Veränderung durch Veranderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 11. Der Weg in die Freiheit Leben im Geist der Entgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

ZEIT DER ERNTE – ZEIT DES GERICHTS 12. Anklage gegen Unbekannt Ein systemischer Zugang zur Theodizeefrage . . . . . . . . . . . . . 115 13. In der Kultfalle Kain und Abel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 14. Das Wunder von Bethsaida Sehen lernen im geistlichen Prozess

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15. Der königliche Hauptmann Wie ein Wort wirken kann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129

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16. Tochter mit Zukunft Die Frau aus Syrophönizien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 17. Ephata Die Heilung des Taubstummen

. . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

18. Eine Lehrveranstaltung Jesu Gelähmt auf dem Bett . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 19. In der Mitte stehen Eine Heilung am Sabbat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 20. Das Reich Gottes Nach achtzehn Jahren wieder im Lot . . . . . . . . . . . . . . . . 143 21. Am Teich Siloah Die Heilung des Blindgeborenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 22. Was ist deine Matte? Eine Krankenheilung am Teich Bethesda . . . . . . . . . . . . . . . 150 23. Der barmherzige Samariter Von Jerusalem nach Jericho . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

VON WEIHNACHTEN BIS ZUM ENDE DER PASSION 24. Heilige Stille Situation – Meditation – Kontemplation – Realisation . . . . . . . . . . 157 25. Die Heilige Familie Jesus, Maria und Josef

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163

26. Wie das Reich Gottes anfängt Vom Kamel über den Löwen zum Kind

. . . . . . . . . . . . . . . 173

27. Zwei Seligpreisungen Die Frau aus dem Volk und Jesus von Nazareth . . . . . . . . . . . . 176 28. Die Versuchungen Jesu Kommunikation und Scheinkommunikation . . . . . . . . . . . . . . 179 29. Jesus und seine Braut Die Hochzeit zu Kana . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183

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30. Frauen um Jesus Dem Kreislauf der Gewalt entkommen

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31. Das Joch Jesu Frieden im Herzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 32. Vom Ernst der Nachfolge Idealisierend – autoritätsgläubig – regressiv 33. Der traurige Jüngling Wahrer Reichtum und wahre Armut

. . . . . . . . . . . . . 193

. . . . . . . . . . . . . . . . 196

34. Die vierfache Sendung Der Zwölferkreis Jesu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 35. Das Evangelium verkünden Die Aussendung der Zweiundsiebzig . . . . . . . . . . . . . . . . 203 36. Die Seepredigt Jesu Der reiche Fischfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 37. Zum Fest in Jerusalem Die Stunde Jesu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 38. Im Zenit Das große Mahl Gottes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 39. Wer stirbt für wen? Am Opfer scheiden sich die Geister . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 40. Vier Perspektiven des Opfers Näherkommen durch Selbstwerdung . . . . . . . . . . . . . . . . 219 41. Am Kreuz Gottes Kraft und Weisheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 42. Die Wanderungen Jesu Auf der Suche nach Jerusalem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225

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DAS LEBEN NACH OSTERN 43. Der neue Mensch Kommunikation und Spiritualität

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44. Der Geist des Herzensgebets Eine friedvolle Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 45. Wer liebt wen? Die Sendung des Petrus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 46. Eine Berufungsvision Der Mann aus Tarsus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 47. Die Schätze im Himmel Geist und Seele und Körper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 48. Wurzeln im Himmel Von Drachenstelen und Lebensbäumen . . . . . . . . . . . . . . . 262 49. Die sieben Verheißungen des Messias Untergang und Neubeginn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 50. Die Heilige Stadt Das neue Jerusalem

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285

51. Versiegelung – Entsiegelung – Besiegelung Die Öffnung von sieben Chakren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 52. An den Pforten der Ewigkeit Ein Blick ins himmlische Jerusalem . . . . . . . . . . . . . . . . . 292

NACHWORT .

BIBLIOGRAPHIE

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15. Der königliche Hauptmann Wie ein Wort wirken kann Und Jesus kam abermals nach Kana in Galiläa, wo er das Wasser zu Wein gemacht hatte. Und es war ein Mann im Dienst des Königs; dessen Sohn lag krank in Kapernaum. Dieser hörte, dass Jesus aus Judäa nach Galiläa kam, und ging zu ihm hin und bat ihn, herabzukommen und seinem Sohn zu helfen; denn der war todkrank. Und Jesus sprach zu ihm: Wenn ihr nicht Zeichen und Wunder seht, so glaubt ihr nicht. Der Mann sprach zu ihm: Herr, komm herab, ehe mein Kind stirbt! Jesus spricht zu ihm: Geh hin, dein Sohn lebt! Der Mensch glaubte dem Wort, das Jesus zu ihm sagte, und ging hin. Und während er hinabging, begegneten ihm seine Knechte und sagten: Dein Kind lebt. Da erforschte er von ihnen die Stunde, in der es besser mit ihm geworden war. Und sie antworteten ihm: Gestern um die siebente Stunde verließ ihn das Fieber. Da merkte der Vater, dass es die Stunde war, in der Jesus zu ihm gesagt hatte: Dein Sohn lebt. Und er glaubte mit seinem ganzen Hause. (Joh 4,46–53) Wie kann denn so etwas gehen, ein Wort, das so viel bewirkt? Gewiss kommt es darauf an, wer etwas sagt und wie die Umstände sind. Fangen wir zunächst einmal in unserem Alltag an. Manche gehen ab und zu auf den Fußballplatz. Dort hört man die einfachste Form des Wortes: Der Mann in Schwarz pfeift. Viele setzen oft große Summen darauf, wer gewinnt. Und interessanterweise, sogar wenn der Ball nicht im Tor ist und der Mann pfeift – Kurzform eines Wortes – Tor! Und Millionen Wettsummen marschieren von A nach B. Der Schiedsrichter pfeift – und die Umstände sind entsprechend – welche Wirkung! Das gibt zu denken. Erwachsene gehen manchmal auf das Standesamt. Oft gibt es einen langen Vorlauf, bis die Umstände passen. Ein Ja, geflüstert, gehaucht, ein Versprechen wie ein Versprecher, und die Konsequenz: Früher war nach dem Gang auf das Standesamt eine Mark noch fünfzig Pfennig wert. Wer spricht denn da, wie sind die Umstände und siehe da – welche Wirkung! Oder einst in Mexiko: Der Kaiser wurde an die Wand gestellt – der Kaiser von Mexiko! – und irgendein paar Pappnasen, denen man ein Gewehr in die Hand gedrückt hatte, und irgendein Unteroffizier rief: »Feuer!« – und tot. Wer spricht denn da, ein Wort und welche Wirkung! Viele Beispiele gibt es: Man weiß ein Kennwort, kennt das Passwort oder die Parole – und viele neue Welten tun sich auf. Das könnte im Blick auf den Alltag in Geschichte und Gegenwart durchaus interessant werden. Hinter tausend Wörtern – jenseits vieler Worte – und plötzlich ein Wort: welche Wirkung! So, etwas popularphilosophisch vorbereitet, wenden wir uns noch einmal dem Text zu. Jesus, das heißt Gott heilt, Gott hilft, ist ein Wort aus Ewigkeit, Gottes Wort im Menschenwort. Er ist unterwegs nach Kana – das Wort Kanon kommt davon her –, ein maßgeblicher Ort, der Ort der großen Verwandlung von Wasser, von Auf und Ab, von Zeit in Wein, in

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die Freude des Himmels. Von Kana in Galiläa, das heißt von der Körperwelt aus, ergeht das heilsame Wort Jesu. Kann denn in der Realität so etwas Wundersames passieren? In Kapharnaum lebte ein Mann im Dienst des Königs, ein königlicher Hauptmann. Ein solcher Mann hat klare Befehlsstrukturen im Kopf und kennt die entsprechenden Kommandos. Doch die Sache mit seinem Sohn funktioniert nicht. Liest man den Paralleltext bei Lukas und Matthäus, so weiß man etwas mehr von diesem Mann (vgl. Lk 7,1–10; Mt 8,5–13). Geschichtlich, historisch gesehen stand er im Dienst des Landesherrn Jesu, des Herodes Antipas. Sein Bruder Philippus regierte das Nachbarkönigreich mit der Hauptstadt Cäsarea Philippi. An der Grenze seines Königreichs herrschte Herodes Antipas durch seinen Grenzkommandanten. Der königliche Hauptmann war im Grenzort Kapharnaum, das heißt hebräisch im Bereich des Trostes, stationiert. Hier ist die Wahlheimat Jesu. Der königliche Hauptmann hatte der jüdischen Bevölkerung viel Gutes getan, zumindest nach dem Urteil der jüdischen Erbpriester. Selbstverständlich kannte er auch den Finanzminister des Herodes, den Chuzas. Johanna, die Frau des Chuzas, hatte sich der Bewegung um Jesus angeschlossen (vgl. Lk 8,3). Wer ist Jesus von Nazareth? Der Messias? Wer glaubt an ihn, seine Mystik, seine Herkunft, seine Zukunft, sein politisch alternatives Programm? Je nach theologischer Perspektive der Evangelisten wird das aramäische Wort Äbäd im Griechischen mit Kind bzw. Sohn oder Knecht übersetzt. Jesus sprach mit den Leuten die Alltagssprache, nämlich Aramäisch. Der Äbäd lag danieder, war krank. Äbäd kann man im Deutschen am besten übersetzen mit Bursche. Ein Bursche kann ein Knecht sein, jemand, der zu gehorchen hat – man denke an die Burschenschaften –, ein junger Mann also, aber auch ein Kind, ein Sohn. Auf Arabisch ist daraus Abd-ullah geworden, Knecht Allahs. Wer ist ein Äbäd, ein Kind des Ewigen? Wenn im Orient von Kindern erzählt wird, geht es immer um die Zukunft. Die Zukunft liegt darnieder. Der Sohn, der Knecht ist krank. Welche Tragik! Der Haupmann lässt sein Herz sprechen. Wird der fremde Mann aus Nazareth sich um seinen Sohn kümmern? Wer glaubt an Jesus und seine Botschaft? Am Ende der Geschichte, heißt es, wurden der königliche Hauptmann und sein Haus gläubig (vgl. Joh 4,53). Sie vertrauten sich Jesus von Nazareth als dem Messias an, dem Wort Gottes aus Ewigkeit in Fleisch und Blut. Wir hören: Geh hin, du hast eine Zukunft! Dein Äbäd, dein Kind, dein Sohn lebt! Es geschah um die siebte Stunde. Sie ist ein Topos im biblischen Text. Am siebten Tag, am Sabbat, heilt Jesus: Aus der Stille kommt die Kraft. Nur in der Stille wird am Grund der Seele und des Geistes das Wort des Ewigen hörbar, so hörbar, dass da und dort höchst interessante psychosomatische Effekte eintreten können. Der Mensch als seelisch-geistig-körperliches Wesen bildet eine Einheit. Ist zutiefst sein Geist, seine Seele erreicht, geht das Leben im Alltag oft körperlich anders weiter. Und bei spiritueller Telekinese, wie wundersam: Verwandlung beginnt. Die Logik des Geistes gehorcht den Gesetzmäßigkeiten des Plötzlichen, auf einmal, jetzt, unableitbar. Die Logik der Seele, reflektiert in der Psychologie, kennt Verläufe, langsames,

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organisches Wachstum. Geist, Geist im Wort aber wirkt manchmal »jetzig«, in einem Augenblick. Wie gesagt, wenn die Umstände entsprechend sind – denken wir an unsere Beispiele zu Beginn – und abhängig davon, wer das Wort sagt. Welche Szene am See Genezareth, dem See, der wie eine Zither geformt ist! Und der Wind vom Hermon, dem Berg der Verklärung, raunt im Schilf sein Lied: Wie wirkt der Ewige durch seinen Messias in Israel und bei den Völkern? Eine große wundersame Geschichte wird erzählt, in die das eigene Leben hineinzuhalten sich lohnt. In der Gegenwart Christi, in den Gestalten von Brot und Wein, in der Stille beginnt oft ein tiefes Hören, ist der Anfang der Verwandlung verborgen. In der Dogmatik, in der Systematik wird über die Weisen der Präsenz Jesu Christi reflektiert. Von Aktualpräsenz spricht man, von Gegenwart zu Gegenwart, von Herz zu Herz, von Du zu Du, von dem unsichtbaren, auferstandenen ewigen Christus und dem Menschen, der in den Kreis der Gemeinde kommt. Begegnung mit Jesus wird in den Gestalten von Brot und Wein riskiert. Dabei kommt viel darauf an, dass man selbst gegenwärtig wird, zumindest für ein paar Augenblicke in der Begegnung mit dem Christus präsent wird. Die Anwesenheit des Gebenden kann vernommen werden. In den Zeichen seines Testamentes wird er gehört. Und es ist eigenartig: Seit Jahrhunderten wird das Wort des Hauptmanns von Kapharnaum wiederholt, gleichsam als liturgische Vorbereitung für den Empfang der eucharistischen Gaben von Brot und Wein. Man leiht sich die Worte des Hauptmanns, der da einst sagte: »Herr, ich bin nicht würdig« (man kennt sich ja), »dass du eingehst unter mein Dach« (das Schädeldach, das Haus, die Tiefe des Selbst), »aber sprich nur ein Wort!« (Was ist das für ein heilsames Zauberwort) – aber, sprich nur ein Wort, und mein Äbäd, mein Sohn, mein Knecht »und meine Seele wird wieder gesund.« – so gelange ich neu ins Heil. Die Seele ist der Äbäd des Geistes! Sie ist das Prinzip der Individuation, das, was jemand zu dem macht, wer er in der Tiefe als Persönlichkeit ist. Die Seele ist die Matrix, die Grundlage der Gefühle: »Sprich nur ein Wort, und so wird meine Seele gesund.« Im Kraftfeld des Ewigen, in der Gegenwart Jesu Christi fängt eine neue Heilserfahrung an, zuweilen mit psychosomatischen Konsequenzen. Es geschehen Verwandlungen im Alltag, Beziehungen können noch einmal einen guten Anfang finden – oder ein gutes Ende. Ein Mensch, der darniederliegt, der gebeugt wurde, sich verkrümmte, kommt wieder ins Lot. Er steht auf, ist wie eine Säule zwischen Himmel und Erde und vermag lebendig weiterzugehen. Sprich nur (d)ein Wort, und so wird meine Seele gesund. Wunder geschehen. Darum geht es: Gottes heilsames Wort zu hören, durch unsere Menschenworte hindurch beim Abendmahl und im Alltag. Vielleicht ist heute eine gute Zeit der Stille, den inneren Christus zu hören, der als äußerer Christus durch Raum und Zeit gegangen ist. Und noch einmal: Sprich nur ein Wort im Geist, sprich nur dein Liebeswort, und so wird meine Seele gesund. Dies wünscht man einander. Dazu werden die Gaben in Wort und Werk bereitet.

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16. Tochter mit Zukunft Die Frau aus Syrophönizien Jesus stand auf und ging von dort in das Gebiet von Tyrus. Und er ging in ein Haus und wollte es niemand wissen lassen und konnte doch nicht verborgen bleiben. Sondern alsbald hörte eine Frau von ihm, deren Tochter einen unreinen Geist hatte, und sie kam und fiel nieder zu seinen Füßen. Die Frau war griechischsprachig aus Syrophönizien und bat ihn, dass er den bösen Geist von ihrer Tochter austreibe. Jesus aber spricht zu ihr: Lass zuvor die Kinder satt werden; es ist nicht recht, dass man den Kindern das Brot wegnimmt und es vor die Hunde wirft. Sie aber antwortet und spricht zu ihm: Ja, Herr, doch fressen die Hunde unter dem Tisch von den Brosamen der Kinder. Und er sprach zu ihr: Um dieses Wortes willen geh hin, der böse Geist ist von deiner Tochter ausgefahren. Und sie ging hin in ihr Haus und fand das Kind auf dem Bett liegen und der böse Geist war ausgefahren. (Mk 7,24–30) Wer den Prozess von Exerzitien durchläuft, hält manchmal inne und fragt sich, wie nun mit Gottes Hilfe die nächste Stunde zu gestalten ist. Man startet meist in winterlicher Zeit. Es ist nicht viel los, und man hofft auf ein Korn, das mit seinem Keimen den Frühling beginnen lassen könnte. Man geht noch einmal über den Acker seiner Seele, liest eine Bibelstelle wie die jetzige – in der Hoffnung, da senkt sich schon etwas ein, was Frühling braucht. Möge doch etwas aufgehen auf dem Acker der Seele; sei es ein Samenkorn, wer und was auch immer. Im Sommer wachsen Kraut und Unkraut manchmal dicht beieinander. Aber nur nicht nachschauen, warte bis zum Herbst, bis zur Zeit der Ernte. Neugier, auch eine Form von Sucht, ist fehl am Platz. Zieh kein Pflänzchen mit der Frage: »Ach wächst das wirklich?« wieder heraus, denn dann fängst du von vorne an. Warte bis zur Ernte. Predigt ist die Relecture einer Betrachtung: Vers für Vers. Sehen wir, hören wir, spüren wir, tasten wir uns noch einmal durch den Text, um seinen Geschmack zu vernehmen. Ein Text ist ein Stück »Gewirk«, ein Netz, eine Wirklichkeit von Beziehungen und Freiräumen. Möge unaustrinkbares Licht vom Licht der Gnade Gottes in unsere Herzen fallen, so dass uns vom springenden Punkt im Leben her etwas aufgeht! Mit Jesus unterwegs von Galiläa in das Gebiet um Tyrus. Das liest sich so wie nebenbei, aber die Topographie gibt uns einen Wink: Auf den Spuren des Elija macht Jesus seine erste Auslandsreise, nach Syrophönizien, in den heutigen Libanon. Der Mann geht über die Grenze in das Gebiet von Tyrus und Sidon. Eine berühmte Prinzessin – der Vater König, der Bruder König in phönizischen Stadtstaaten am Meer – mit einem großen Namen, halb freiwillig, halb verführt – man weiß es nicht –, macht eine weite Reise mit blondgelockten blauäugigen griechischen Helden übers Meer nach Kreta. Die Prinzessin heißt, namensgebend für unseren Kontinent, Europa. Jesus ist also im Kernland von Europa. Hier liegt Byblos. Mit den Buch-

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staben von Byblos wurde die Bibel aufgeschrieben. König Hiram von Tyrus hat Salomo den Tempel gebaut. Phönizien – Purpurland – erstreckte sich herunter bis zum Karmel, zum Gottesberg, dem Weinberg des Herrn. Jesus unterwegs nach Europa? Wir sind eine Kolonie von Phönizien, und Amerika ist eine Kolonie von uns. Eine Ureuropäerin, eine hochgebildete, griechischsprachige Syrophönizierin mit Punierblut in den Adern – was ist das für eine Frau? Zunächst ist sie eine Frau, deren Tochter krank ist. Die Tochter hat einen Dämon – ihre innere Stimme ist unfrei, besetzt. Europa ohne Zukunft – das könnte spannend werden. Reiche kapitalistische Hafenstädte säumen die Küste der Levante. Im Hinterland Phöniziens liegt Baalbek mit einem großen Tempel, vergleichbar dem Tempel von Jerusalem an Größe und Schönheit. Diese kapitalistischen Städte hatten auch bei Finanzkrisen genügend Geld. So zogen ihre Getreideaufkaufhändler durchs Hinterland nach Galiläa, in die Heimat Jesu, die periodisch von Hungersnöten geplagt war. Selbst das Saatgetreide gelangte dann nach Tyrus und Sidon. Welch ein sozialer Konflikt! Welche Wunden schlagen die reichen Ausländer der galiläischen Bevölkerung! Phönizien ist das Land der Isebel – der Ischa Baal, der Frau des Baal. Mit Ahab, dem König des Nordreichs, war Isebel verheiratet. Sie ist die Frau, die keine Grenzen achtet. Zwei falsche Zeugen, und der Weinberg des Nabots gehörte dem Ahab. Die Frau weiß einfach, wie man es macht. Sie dient Baal – dem Wissen um die Verläufe. Die Frau weiß, wie alles funktioniert. Sie ist eine Oberfunktionärin. Freiheit, Würde, Werte sind für sie kein Thema. Da prallen Welten aufeinander, in der Gegend von Tyrus. Dorthin kommt der Mann aus Nazareth. Er ging über die Grenze. Seine Mutter entstammt dem Hohepriesteradel. In der Klasse der Erbpriester wurde untereinander geheiratet – Onkel Zacharias, Tante Elisabeth, Cousin Johannes. Mütterlicherseits ist die Herkunft also vom Feinsten. Neben dem Tempelplatz steht das Haus seiner Großmutter Anna, hebräisch »chäsäd«, der Gnade also. Väterlicherseits galt Jesus als Davidide. Josef, ein Davidischer Prinz! »Sohn Davids, erbarme dich meiner!« – welche Welt! Für die innere Betrachtung heißt das, nach winterlicher Zeit den Schauplatz zu sehen. Die eigene Phantasie wird durch historische Kenntnisse angereichert. Die Szene, das innere Bühnenbild erscheint: Wer trifft wen? Fremde Frau trifft fremden Mann. Die Frau braucht Hilfe. Sie fällt vor ihm nieder – die Füße sind der Sitz der Persönlichkeit im Orient, ja der Gottheit in Indien. Sie hält ihn für fähig, ihren Lebenskonflikt zu lösen. Jesus ist für Geister und Dämonen zuständig. Er praktiziert erfolgreich Spiritualität. Die Frau begegnet ihm in ihrer Not. Ihre Tochter ist besetzt, ja besessen. Ihre Frage ist: »Was kann ich tun für meine Tochter, für meine Zukunft?« Weltanschauung und Religion sind egal. Die Frau hat ein Herz, sonst würde sie das nicht machen. Und Jesus? Er zieht nicht recht. Die Frau argumentiert. Er will nicht. Die Frau muss beeindruckend gewesen sein. Manche Exegeten gehen so weit und sagen: In dieser Begegnung hat er sich bekehrt: »Ich bin nicht nur für Israel, sondern für die Völker zuständig.«

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Für einen wahren Mann ist es ja keine Schande, etwas zu lernen. Lassen wir die Frage offen, wie denn Gottheit und Menschheit in ihm jeweils übereinkommen. Erwacht hier sein Messiasbewusstsein für die Völker? Der Hund ist Symbol für die Grenze. Er sagt Ja zu dem, was seines Herren oder seiner Herrin ist, und Nein zu dem, was er für seinen Herrn als bedrohlich empfindet. Der Hund ist Symbol der Sprache von Ja und Nein aus Ja. Die Frau argumentiert: »Das mag schon alles richtig sein, aber ...« Und Jesus gibt ihr nach. Wie wundersam verläuft das! Begegnung bewirkt Verwandlung. Nicht mehr Ich ist Ich, sondern Ich und Du werden Wir. Das hat Konsequenzen. Sie kommt zurück in ihr Haus, in ihr Selbst, und siehe: die Tochter ist gesund. Vielleicht, weil die Frau selber gesund wurde in dieser Begegnung? Weil sie nicht mehr fixiert blieb auf eine vermeintlich unheilbare, geistige Krankheit? Neue Freiheit im Geist wirkt sich aus. Spiritualität nimmt den anderen in seiner Gesundheit und in seinem tiefen Heilsein wahr, in der Perspektive seines zutiefst erlösten Gerechtfertigtseins. Es lohnt sich, psychologische Seelsorge von geistlicher Begleitung zu unterscheiden. Nicht nur auf der Metaebene, sondern in der Praxis. Zwischenmenschlich beginnt eine neue Freiheitsgeschichte, eine neue Geistesgeschichte. Freiheit meint nicht Beliebigkeit. Dies ist der eine Straßengraben: sich alle Möglichkeiten offenhalten! Möglichkeiten über Möglichkeiten, aber ohne Liebe. Man wird nie konkret, sondern bleibt beliebig, man behält die Liebe egoistisch für sich. Der andere Straßengraben heißt Willkür: Ich weiß nicht, was ich soll, irgendeiner wird anstatt meiner seinen Willen schon durchsetzen. Die arme Eisprinzessin, sogar über ihre Kür entscheidet ein fremder Wille! Jenseits von Willkür und Beliebigkeit gibt es eine andere Logik. Zur Freiheit seid ihr befreit! Im Kraftfeld der Gnade findet die Begegnung mit Jesus, dem Christus, statt. Und das Wunder wird am Leben sichtbar. Die Frau hat Zukunft, ihre Tochter ist befreit. Wo Besessenheit war, wird wieder die Stimme des Gewissens vernehmbar.

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17. Ephata Die Heilung des Taubstummen Und als Jesus wieder fortging aus dem Gebiet von Tyrus, kam er durch Sidon an das Galiläische Meer, mitten in das Gebiet der zehn Städte. Und sie brachten zu ihm einen, der taub und stumm war, und baten ihn, dass er die Hand auf ihn lege. Und er nahm ihn aus der Menge beiseite und legte ihm die Finger in die Ohren und berührte seine Zunge mit Speichel und sah auf zum Himmel und seufzte und sprach zu ihm: Ephata! Das heißt: Tu dich auf! Und plötzlich taten sich seine Ohren auf, und die Fessel seiner Zunge löste sich, und er redete richtig. Und er gebot ihnen, sie sollten´s niemandem sagen. Je mehr er es aber verbot, desto mehr breiteten sie es aus. (Mk 7,31–36) Unter dem Vorzeichen von Männerspiritualität mit Jesus unterwegs: Welch seltsames, fast schamanisch anmutendes Ritual – da mag mancher, der bei Kirche angestellt ist, froh sein, dass es am Ende nicht heißt: Geh hin und tu desgleichen! Schauen wir uns die Sache noch einmal an. Was ist das für ein Weg von A nach B, bei dem sich zwei Männer treffen. Von Tyrus, vom Libanon, von Phönizien her unterwegs – am Ende einer Auslandsreise – kommt Jesus am See Genezareth, am Galiläischen Meer, vorbei und zieht gleich wieder ins nächste Ausland: in die Dekapolis. Jesus geht über die Grenze. Es ist seine zweite Auslandsreise, von der wir wissen. Pompeius, der römische General, gründete im Jahr 63 v. Chr. den Städtebund der Dekapolis neu. Immer wieder siedelten Veteranen dort; seit Alexander dem Großen ist man dort griechischsprachig, dann kamen auch die Römer nach Skythopolis, ins alte Bet Sche’an. Zum Städtebund gehörten zum Beispiel Amman, das frühere Philadelphia, die jetzige Hauptstadt Jordaniens, sowie Gerasa und andere Städte. Zehn reiche Städte mit griechischer Kultur bildeten die Dekapolis. Da gab es Schweinefleisch. Auf den Münzen war die Tyche, die Glücksgöttin – noch einmal die Münze in die Luft werfen! Es handelt sich um eine hellenistische, europäische Hochkultur. Plato, Aristoteles, Philosophie sind selbstverständlich. Man geht ins Theater, in die Welt der Psychologie, kollektive Reinigungsprozesse mit eleos und phobos, das heißt mit Mitleid und Furcht finden statt. Wenn das Setting stimmt, kommt es zur Katharsis: Man ist clean. Eine ethisch durchaus hochstehende Welt! Man denke an Aufführungen wie Antigone von Sophokles. Antigone ruft angesichts ihres erschlagenen Bruders – Onkel Kreon lässt ihn nicht bestatten, aber sie tut es doch: »Nicht mitzuhassen, sondern mitzulieben bin ich da.« Jesus im hellenistischen, im griechischsprachigen Ausland – in der Dekapolis. Multikulti – damals wie heute! Aber wo es Glück gibt, hat man manchmal auch Pech. Der Zirkus der Welt – was ist das für eine Manege! Die Oberzirkuskünstler sind die Manager der damaligen

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Zeit. Da gibt es Seiltänzer, Löwenbändiger, das volle Programm. Da kommt es folglich auch zu Burn-out, Ausgebranntsein. Man(n) kann nichts mehr anhören, daher ist jeder weitere Kommentar überflüssig. Der Mann ist taub. Der Mann sagt nichts mehr. Lange berieselt, zugekreischt, zugelabert, wir wissen es nicht. Und irgendwann: Er sagt kein einziges Wort mehr. Der Mann ist zu. Es muss nicht immer Alkohol sein. Flucht in die Entsensibilisierung genügt. Er ist taub. Für seine Frau ist das schrecklich: Beziehung aus, Endstation. Ein Mann ist stumm und taub geworden. Psychologisch ist dies das Ende von Animus – arme Seele! Gute Therapie hat immer etwas Vornehmes an sich. Jesus nimmt ihn beiseite. Es geht um Männerspiritualität. Begegnung mit psychosomatischen Effekten hört sich spannend an. Allerlei Symbolträchtiges kommt zum Vorschein, Freud hätte seine helle Freude daran. Welche Symbolik ist das: die Muschel, die Ohrmuschel? Botticelli malt Aphrodite auf der Muschel; »mei Muscherl« sagt man in Wien. Es ist die Symbolik des Weiblichen. Der Finger erinnert an die alten Predigten von der Kanzel: Da oben stand ein Mann, der sagte, »wo es langgeht« mit Moral bis zum Abwinken. Unten saßen die »Abgekanzelten«. Der Zeigefinger beinhaltet Männersymbolik. Der Mund, die Lippen des Mundes, der Raum, die Zunge stehen für das Urmodell konvex-konkav, nach innen bzw. nach außen. Und bei dem Mann aus unserer Heilungsgeschichte geht nichts mehr. Eine Begegnung von Mann zu Mann! Wie seltsam ist diese Geschichte! Jesus nimmt ihn beiseite. Der Geist ist mit Sprache noch zurückhaltend. Zunächst das schamanische Setting, gleichsam ein sexualtherapeutisches Ritual. Finger in die Ohren – zunächst hört man ein Rauschen. Ein seltsames Ritual beginnt. Jesus leiht ihm gleichsam symbolisch von seiner Männerkraft, berührt des anderen destruierte Weiblichkeit – der Mann kann nichts mehr hören. Die Kunst der Kommunikation ist das Zuhören. Es war nichts mehr los mit dieser »tauben Nuss«, dem stummen Mann. Und dann wird gleich – wie verdoppelt – mit Speichel nachgelegt. Um die männliche Herkunftsgeschichte und Kraft geht es. Der Speichel, ganz modern in der Kriminologie wiederentdeckt als Speicheltest. Männerinformation: Jesus nimmt Speichel von sich und gibt ihn dem anderen auf die Zunge. Ein bisschen Ekel mag da aufkommen, auch wenn dies alles tiefenpsychologisch, symboltheoretisch, sexualtherapeutisch vernünftig ist. Wie aber kommt es zur Wirkung im Kraftfeld des Geistes von Männerbegegnung? Plötzlich! Die Logik des Geistes hat etwas Plötzliches. Sofort! Und »sogleich« – hört der Mann wieder. Sein vernehmendes Vermögen, seine Vernunft kehrt zurück, er wird wieder sprachfähig. Der stumme, taube Mann findet zurück zu den Sinnen, er ist wieder sensibilisiert. Ephata! Mach doch noch einmal auf! Und er hört wieder und spricht wieder. Männerspiritualität: Erst gilt es zu entdecken, wo man zu ist, wie es einem geht. Nüchterne Bestandsaufnahme steht an, z.B. bei Managerkursen auf dem Segelschiff: zunächst drei Tage Erholung, dann geht es an den Strand. Am Lagerfeuer beginnt das Ritual mit Schere und Pflaster. Jeder darf sich dort Pflaster kleben, wo er sich verwundet fühlt. Diese Männerwelt

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sieht nach ein, zwei Stunden ganz gut aus. Wo sind die Wunden und wo die Pflaster, die letztlich nichts taugen? In der Lagerfeuerwelt kommt man ins Gespräch. Manche sprechen das erste Mal wieder von sich – nicht über sich – und hören wieder einem anderen wirklich zu. Es geht um Seele und Geist. Männerspiritualität: Jesus nahm ihn beiseite – Gönne dir Auszeit! Riskiere Begegnung, geistige Präsenz, emotionale Anwesenheit in deiner realen verkrüppelten Körperlichkeitsgeschichte. Die Latte hängt zunächst hoch, man muss sich trauen, auch wenn man meint, spirituell gar nichts zu können. Und entscheidend ist die Begegnung: sich berühren zu lassen von Du zu Du, von Geist zu Mensch, von Mensch zu Geist. Da sind tausend Formen von Verstummen, tausend Formen von Taubheit! Und irgendwo erreicht dich wieder das Liebeswort, das Gotteswort in Menschensprache: Ephata! Mach doch noch einmal auf! Das tut gut! Wer während eines Exerzitienprozesses täglich vier Mal eine Betrachtungsstunde zu einer Leben-Jesu-Begegnung hält, kann sich erstens exegetisch dem Text nähern, zweitens in existenzieller Absicht. Anschließend lässt sich drittens nach der inneren Begegnung mit Jesus Christus die christologische Dimension der Textstelle vertiefen. In der letzten, der vierten Betrachtungszeit wird vor allem die doxologische Weise des Umgangs mit dem Text praktiziert. Der Inhalt des Textes wird nun persönliches Gebet.

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