Placidus berger ars moriendi die kunst des lebens und des sterbens

Page 1


Placidus Berger

Ars Moriendi Die Kunst des Lebens und des Sterbens

Vier-T端rme-Verlag


Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Einführung in die Thematik . . . . . . . . . . . . . 8 Außerchristliche Traditionen . . . . . . . . . . . . 15 Das tibetanische Totenbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Ursprung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Grundvorstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

Das ägyptische Totenbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Ursprung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Grundvorstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

Die mittelalterliche Ars Moriendi . . . . . . . . 35 Die Ars-Moriendi-Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Thomas Peuntners »Kunst des heilsamen Sterbens« 37 Erläuterungen zur »Kunst des heilsamen Sterbens« 50 Parallelen zum tibetanischen und ägyptischen Totenbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Heutige Anliegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

Anselmische Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62


Liturgie – nicht Mystik, sondern Mysterium 67 Elemente der Liturgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 Taufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eucharistiefeier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Krankensalbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sterbegebete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beerdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Totengedächtnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Totenoffizium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

77 78 79 81 82 83 84

Bewusstseinsforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Religionswissenschaft und Religionspsychologie . . . . 87 Tiefenpsychologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Thanatologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Erforschung der unterschwelligen Wahrnehmung . . . 89 Meditation und Kontemplation . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 Meditation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 Kontemplation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 Via purgativa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 Via illuminativa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 Via unitiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

Schlusswort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105


Vorwort

Viele Menschen haben Angst vor ihrem Tod. Sie möchten wissen, was danach kommt, was dann passiert. Über das innerseelische Geschehen beim Sterben und nach dem Tod etwas Sicheres zu erfahren ist jedoch nahezu unmöglich. Dennoch sind die Menschen seit eh und je brennend daran interessiert, in dieses undurchdringliche Geheimnis einzudringen – könnte doch von dieser Erkenntnis eine Sinngebung für das gesamte Leben ausgehen. In verschiedenen Ansätzen will dieses Buch aufzeigen, wie Menschen anderer Kulturen und anderer Zeiten die Fragen nach dem Leben und Tod für sich beantwortet haben, und will so helfen, diesen Sinn des Lebens zu entdecken. Denn wer den Sinn seines Lebens erfasst hat, der kann gelassen auf seinen Tod blicken, der hat den ersten Schritt getan, sich einzuüben in die Kunst gelingenden Lebens und heilsamen Sterbens.

7


Einführung in die Thematik

Eine »wissenschaftliche« Beschäftigung mit dem Sterben hat erst etwa Ende der 1960er Jahre eingesetzt. Dabei kam man zwar zu recht erstaunlichen Ergebnissen, aber eine volle Klarheit wird es – natürlich – nie geben. Man wird also sagen müssen, dass es ein Wissen über den Tod, das man als »wissenschaftlich« bezeichnen könnte, nie geben wird, vor allem dann nicht, wenn man mit diesem Wort »naturwissenschaftlich« meint. Im Sinne von »geisteswissenschaftlich« allerdings gibt es einige Ergebnisse, die man als zumindest gut begründet bezeichnen kann. Für naturwissenschaftliche Forschung bedarf es immer der Unterlagen von Versuchen, was in der Frage des Sterbens natürlich nicht möglich ist. Dazu kommt die Überlegung, dass zumindest der Zustand nach dem Tode einer ist, in dem sich der menschliche Geist aus der Bindung an Zeit und Raum wenigstens teilweise löst, was wiederum eine naturwissenschaftliche Forschung unmöglich macht. Hier werden die naturwissenschaftlichen Begriffe überstiegen, und man befindet sich auf dem Gebiet der Philosophie im weitesten Sinn, mit all seinen Beschränkungen und Möglichkeiten. Man muss sich also von vornherein bewusst sein, was zu erwarten ist und was nicht. 8


Es gibt Zehntausende von Menschen, die jährlich in Kirchen und Konzertsäle strömen, um etwa die großen Werke von Bach oder Händel zu hören und sich dabei innerlich bereichern zu lassen. Die meisten werden übereinstimmen, dass diese Musik geradezu eine metaphysische Aussage habe, dass es sich also nicht nur um ein rein physisches oder ästhetisches Phänomen handle. Dem werden auch die Musikwissenschaftler an den Universitäten zustimmen. Es ist aber unmöglich, dies naturwissenschaftlich zu beweisen. Eine ähnliche Sicht braucht man auch, wenn man die Traditionen der Menschheit im Bezug auf Sterben und Tod beurteilen will. Man spricht dabei häufig von »Weisheitstraditionen« oder »Weisheitsbüchern«, und dies sagt schon, dass man sich solchen Dingen mit einer Haltung der Weisheit, der Demut, der Offenheit für mystische und metaphysische Dinge nähern muss, ansonsten könnte man gleich von vornherein Agnostiker bleiben, was einer Kapitulation vor den fundamentalsten Problemen der Menschheit gleichkäme. Hier muss nun ein Wort gesagt werden zum Verhältnis der Philosophie und der Theologie zur Mystik: Man findet in mystischen oder esoterischen Schriften häufig Ausfälligkeiten gegen Schulphilosophie und -theologie. Desgleichen findet man vor allem bei Theologen häufig Abkanzelungen von Mystikern, Esoterikern usw., wenn sie nicht in ihr System passen. Diese Meinungsverschiedenheiten sind uralt: Bekannt sind etwa die Warnungen des Apostels Paulus gegen Unord9


nung in der Gemeinde, die von Charismatikern hervorgerufen werden könnte. (Vgl. 1 Kor 14) Ebenso bekannt ist der Prozess der Schultheologen gegen den Mystiker Meister Ekkehard. Es täte den Theologen gut, sich wieder mehr bewusst zu werden, dass einige ihrer als selbstverständlich vertretenen Lehren von außerchristlichen Mysterienreligionen, und damit auch von esoterischen Traditionen, beeinflusst wurden. Der Theologe Odo Casel hat auf dieser Erkenntnis seine Mysterientheologie aufgebaut, die in den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen heftig diskutiert und teilweise bekämpft wurde, heute aber aufgrund besserer Kenntnis religionswissenschaftlicher Zusammenhänge wieder positiver beurteilt wird. Heute sieht niemand mehr eine Schwierigkeit darin, anzuerkennen, dass zum Beispiel das Weihnachtsfest eine Verchristlichung der Sol-invictus-Feiern römischer Mysterienkulte darstellt. Ähnliches wäre zu einigen Elementen christlichen Totenkultes zu sagen, wie überhaupt etwa die Lehre vom sogenannten Fegfeuer mehr aus esoterischen als aus biblischen Quellen gespeist wurde. Der Exeget J. Gnilka gibt zu, dass die biblische Lehre zu diesem Problem »nicht voll ausgeprägt«, sondern nur »ansatzmäßig«1 vorhanden sei. Die Kirche musste also zur Beantwortung dieser Frage auch nach anderen Quellen ausschauen. Dabei zeigt es sich, dass zum Beispiel ein Ausdruck wie »refrigerium«2 problemlos übernommen wurde, obwohl er aus volkstümlichen und damit auch von esoterischen Überlieferungen be10


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.