Inhalt
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Wie alles begann . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Gott – der erste Notfallseelsorger . . . . . . . . . 14 Wann wird Notfallseelsorge aktiv? . . . . . . . . . 24 Wie ist Notfallseelsorge strukturiert? . . . . . . . 26 Beispiele aus der Praxis . . . . . . . . . . . . . . 32 Was für jeden Einsatz gilt . . . . . . . . . . . . . 55 Wie geht es nach einem Einsatz weiter? . . . . . . 60 Notfallseelsorge für den Alltag . . . . . . . . . . . 75 Seelsorge – auf meine Seele und meinen Leib hören . . . . . . . . . . . . . . . 83 Schlusswort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
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Wie ist Notfallseelsorge strukturiert? Wenn ich im Folgenden aufzeige, wie Einsätze strukturiert sind, dann gilt dies für den Landkreis Kitzingen. Dies ist jedoch von Landkreis zu Landkreis unterschiedlich geregelt. Innerhalb unseres Teams der Notfallseelsorge gibt es ein Leitungsteam, das aus vier Personen besteht: einem evangelischer Pfarrer, einer katholischen Mutter und Winzerin, einem Mitarbeiter aus der Krisenintervention des Bayrischen Roten Kreuz und ich selbst. Alle Mitglieder dieses Leitungsteams besitzen sowohl ein Handy als auch einen Piepser, über die sie alarmiert werden können. Diese vier leitenden Personen des Teams bilden die sogenannte Kleine Schleife. Im Unterschied dazu gibt es noch die Große Schleife. Löst die Leitstelle in Würzburg die Kleine Schleife aus, erreicht die vier Leitenden sowohl auf ihrem Piepser als auch auf dem Handy ein Alarm. Das Handy zeigt dann »Mitteilung: Kleine Schleife PSNV« an. Über den Piepser gibt die Leitstelle durch, welcher Art der Einsatz ist und an welchem Ort. Ein Mitglied des Leitungsteam hat die Hauptleitung inne. Geht ein Alarm ein, nehmen alle, die diesen Alarm auf ihr Handy beziehungswei26
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se ihren Piepser bekommen haben, mit der Hauptleitung Kontakt auf beziehungsweise signalisieren ihr die Einsatzbereitschaft. Ist einer nicht einsatzbereit, meldet er dies ebenfalls. Die Hauptleitung ruft im Fall eines Alarms die Leitstelle an und erkundigt sich genauer nach der Lage. Davon abhängig entscheidet sie, wie viele Seelsorger notwendig sind und wer zu diesem Einsatz fährt. Wer den Einsatz übernimmt, richtet sich nach verschiedenen Kriterien: » »
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nach der Nähe zum Einsatzort; nach Verfügbarkeit (einige arbeiten nicht im Landkreis und können tagsüber nur schwer ihre Arbeit verlassen); nach gleichmäßiger Aufteilung der Einsätze (das heißt, es sollte nicht einer dieser Personen im Lauf eines Jahres mehrere und andere gar keine Einsätze haben).
Manchmal wird auch ausdrücklich ein katholischer Geistlicher verlangt, weil es um die Spendung der Sterbesakramente geht. Dann ist klar, dass ich zum Einsatz fahre, da ich in unserem Team der einzige katholische Priester bin – wenn nicht von der Leitung in einem solchen Fall zunächst der zuständige katholische Ortspfarrer erreicht werden konnte. Sollte von der Leitstelle die Große Schleife ausgelöst werden, bekommen alle Mitglieder einen Alarm auf ihren Piepser beziehungsweise auf ihr Handy. Auch dann gilt, dass einer erst dann zum 27
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Einsatz ausrückt, wenn die Hauptleitung ihn damit beauftragt. Diese stete Rücksprache mit der Hauptleitung hat ihren Grund darin, dass es nicht zu einer Überpräsenz von Notfallseelsorgern kommen sollte, denn wenn bei einem Einsatz nur ein oder zwei Seelsorger benötigt werden und stattdessen zehn Leute in ihren gelben Jacken kommen, kann das für die Betroffenen »erschlagend« oder unnötig bedrohend wirken. Eine Ausnahme bilden solche Einsätze, bei denen Mitglieder der Notfallseelsorge als Feuerwehrmann an einen Einsatzort kommen und merken, dass ihre Dienste benötigt werden. Ich bin beispielsweise gleichzeitig in unserer Klosterfeuerwehr aktiv. Diese ist in das Rettungswesen eingebunden und fährt zu Einsätzen innerhalb des Landkreises mit. Schon häufiger habe ich beim Eintreffen an der Einsatzstelle bemerkt, dass ich hier als Notfallseelsorger gefragt bin. Ich spreche mich dann mit dem Kommandanten ab, dass ich jetzt die »Rolle« wechsle und gebe über Handy der Hauptleitung der Notfallseelsorge Bescheid, dass ich jetzt gerade im Einsatz bin. So kann sie sich darauf einstellen, dass ich unter Umständen noch weitere Einsatzkräfte anfordern werde. Dieser »Rollenwechsel« ist auch deshalb möglich, weil zu unserer Klosterfeuerwehr drei Fahrzeuge gehören. Eines davon ist älter und wird für Feuerwehreinsätze kaum mehr benötigt. Es ist daher für die Notfallseelsorge reserviert. In diesem Fahrzeug befinden sich meine Einsatzkleidung 28
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und mein Einsatzrucksack. Zu fast jedem Feuerwehreinsatz nehme ich dieses Fahrzeug mit, weil ich nie weiß, ob ich nicht doch auch als Notfallseelsorger gebraucht werde. Ein Fahrzeug einer Rettungsorganisation zur Verfügung zu haben ist deshalb hilfreich, weil es dort ein Funkgerät gibt und ich mich über dieses mit der Leitstelle und anderen Einsatzkräften verständigen kann. So bekomme ich bei der Anfahrt immer auch schon den neuesten Lagebericht mit, der nach Eintreffen der ersten Rettungskräfte an die Leisttelle weitergegeben wird. Einige im Team der PSNV haben aus eben diesen Gründen auch ein Fahrzeug der Feuerwehr oder einer anderen Rettungsorganisation ihres Wohnortes zur Verfügung. Für andere wird ein Transport mit einem Feuerwehrauto – wenn notwendig – organisiert. Die Einsatzkleidung ist je nach Einsatzart und Jahreszeit unterschiedlich. Neben der gelben Jacke haben wir auch gelbe Westen und einen warmen blauen Pullover. Auf jedem dieser Kleidungsstücke stehen der Name des Seelsorgers und ein Zeichen, das uns als Notfallseelsorger beziehungsweise Mitglied der PSNV ausweist. Die Feuerwehrleute unter uns haben natürlich auch ihre Einsatzkleidung der Feuerwehr. Wenn wir einen Einsatz auf der Straße haben, ziehe ich meistens auch noch meine Feuerwehrhose und die Einsatzschuhe an, um besser geschützt zu sein. Wichtig ist aber vor allem die gelbe Jacke beziehungsweise gelbe Weste als Schutz, wenn wir auf der Straße arbeiten. Sie reflektieren im Dunkeln und machen uns so für 29
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Fahrzeuge erkennbar. Wenn wir in ein Haus gerufen werden, reichen dagegen je nach Jahreszeit Pullover oder Weste aus. Im oben auch erwähnten Einsatzrucksack befinden sich verschiedene Dinge, die während eines Einsatzes hilfreich sind. Das beginnt mit einem Funkgerät, damit wir uns – sollten wir auf einer Autobahn oder Landstraße über eine größere Distanz miteinander Kontakt halten müssen – verständigen können. Es ist eine Taschenlampe vorhanden sowie Schreibutensilien, falls man sich Notizen machen muss, zum Beispiel die Adresse der Angehörigen. Es gibt in diesem Rucksack auch kleine Kuscheltiere, falls Kinder betreut werden müssen. Am wichtigsten aber und am meisten bewährt haben sich – neben Trinkbarem − Kaugummis und Bonbons. Diese sind gedacht für die Einsatzkräfte vor Ort. Zum einen beruhigen sie die Nerven, zum anderen ist das Herumgehen und das Anbieten von Kaugummis und Bonbons eine gute Möglichkeit, mit Einsatzkräften ins Gespräch zu kommen und um einen Eindruck davon zu gewinnen, wie es ihnen gerade geht. Bei den Einsätzen unterscheiden wir grundsätzlich zwei Arten: innerhäusliche und außerhäusliche Einsätze. Innerhäusliche Einsätze sind alle die, bei denen sich ein Notfall in einem Haus ereignet – wie zum Beispiel plötzliches Herzversagen mit Todesfolge (unter Umständen auch mit erfolgloser Reanimation), das der Partner, die Partnerin oder die Familie miterlebt. 30
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Außerhäusliche Einsätze sind die, bei denen sich ein Notfall außerhalb eines Wohngebäudes ereignet. Meistens sind das Verkehrsunfälle. Dazu gehört aber auch die Begleitung der Suche von Vermissten – wenn zum Beispiel bei einem Bootsausflug einer plötzlich ins Wasser fällt und nicht mehr auftaucht. Während die Rettungskräfte suchen, müssen die übrigen Bootsinsassen betreut werden. Wird nun ein Alarm ausgelöst, fahren in der Regel ein oder zwei aus unserem Team zum Einsatzort und machen sich ein Lagebild. Unter Umständen werden dann noch weitere Notfallseelsorger nachalarmiert. Sind dann alle benötigten Kräfte eingetroffen, werden die Aufgaben verteilt. In der Regel hat derjenige aus dem Team, der als Erster am Einsatzort ist, auch die Leitung und nimmt die Aufgabenverteilung vor. Er hat sich nach seinem Eintreffen und bis zur Ankunft weiterer Kräfte durch Rücksprache mit Feuerwehr, Polizei und Notarzt ein genaues Bild verschafft. Er weiß jetzt, welche Aufgaben anfallen, und verteilt diese entsprechend. Wenn ein Einsatz beendet ist, wird die Hauptleitung darüber informiert, damit klar ist, dass wir wieder verfügbar sind. Der Leiter des Einsatzes verfasst dann auch einen schriftlichen Bericht, der an die Hauptleitung geht.
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