Erste Fachkräftelücken in der Chemie

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Erste Fachkräftelücken in der Chemie Ergebnisse einer Befragung an drei Chemiestandorten

in Sachsen-Anhalt Bettina Wiener Sabine Böttcher Christina Buchwald

QFC Beiträge 1/2008


IMPRESSUM Herausgeber: Qualifizierungsförderwerk Chemie GmbH 2008 Autoren:

Bettina Wiener, Sabine Böttcher, Christina Buchwald zsh Zentrum für Sozialforschung Halle e.V. (an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg)

Druck:

Druckerei Landsberg

Nachdruck und Vervielfältigung nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers. Das Projekt wurde gefördert durch:

Landkreis Saalekreis Eigenbetrieb für Arbeit

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Vorwort Sachsen-Anhalts Wirtschaft hat in den letzten Jahren deutlich an Dynamik gewonnen und große Fortschritte bei der Anpassung an wettbewerbsfähige Strukturen gemacht. Überdurchschnittlich hat sich auch die Investitionstätigkeit entwickelt, die Kapitalausstattung der Betriebe hat sich weitgehend an das Niveau der westdeutschen Bundesländer angeglichen und bei der Arbeitsproduktivität hat SachsenAnhalt in den letzten Jahren den stärksten Anstieg aller Bundesländer zu verzeichnen. Die positive wirtschaftliche Entwicklung hat erstmals seit 1995 einen leichten Anstieg der Erwerbstätigkeit bewirkt und damit zur Entlastung des Arbeitsmarktes in Sachsen-Anhalt beigetragen. Dieser Beschäftigungsaufbau in Sachsen-Anhalt wird vor allem durch die Wachstumsindustrien des verarbeitenden Gewerbes getragen. Hierzu zählt nicht zuletzt die Chemische Industrie, in der seit der Jahrtausendwende ein Zuwachs an Arbeitsplätzen zu verzeichnen ist. Die Annahme, eine fortgesetzte Dynamik der Wachstumssektoren werde, flankiert durch das demografisch bedingte Schrumpfen des Erwerbstätigenpotenzials, automatisch Beschäftigungsperspektiven in Größenordnungen eröffnen, die die Massenarbeitslosigkeit weitgehend zum Verschwinden bringen wird, wäre allzu optimistisch. Tatsächlich ist bereits jetzt zu beobachten, dass der Arbeitsmarkt qualitativ die von den Unternehmen entfaltete Personalnachfrage nur unzureichend erfüllen kann. Trotz der hohen Arbeitslosigkeit sehen sich die Unternehmen auf der personalpolitischen Seite zunehmend mit dem Problem eines Fachkräftemangels konfrontiert. Vor diesem Hintergrund wurde im Zeitraum April 2007 bis Juli 2008 in Trägerschaft des Landkreises Saalekreis, Eigenbetrieb für Arbeit, das Pilotprojekt „Synthese“ initiiert, das gezielt mit Mitteln der Technischen Hilfe des ESF das gesamte Spektrum der Instrumentarien der Arbeitsförderung und sonstiger arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen in den Chemie-

unternehmen an den Standorten in Sachsen-Anhalt und angrenzender Zulieferer berücksichtigen und anwenden sollte. Dabei wurde die Qualifizierungsförderwerk Chemie GmbH Halle durch den Landkreis Saalekreis, Eigenbetrieb für Arbeit beauftragt, die koordinierende Bearbeitungsstelle und das Projektmanagement für dieses Pilotprojekt „Synthese“ einzurichten und umzusetzen. Mit Beginn der Projektaktivitäten wurde ein Projektbeirat gegründet, dessen Vertreter ihre Erfahrungen zur Umsetzung der arbeitsmarktpolitischen Instrumentarien in den Projektverlauf durch eine Vielzahl von Diskussionen und Treffen in das Projekt eingebracht haben. Insbesondere wurde eine Übertragbarkeit auf andere, ähnlich spezifizierte Regionen bzw. Branchen geprüft, um zur Entwicklung weiterer – dem Zielsystem für den Einsatz des ESF in Sachsen-Anhalt 2007–2013 entsprechender – Maßnahmen bzw. Regelförderungen beizutragen. Dieses Gremium war mit Vertretern der Ministerien für Wirtschaft und Arbeit, für Finanzen sowie der Sozialpartner, des Verbandes der chemischen Industrie e.V., der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie und des Präsidenten des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt besetzt. Neben der Durchführung von Projekten zur Fachkräftesicherung war die Analyse des kurz- und mittelfristigen Personalbedarfs und die Unterstützung der Unternehmen bei Prozessen der Personal- und Organisationsentwicklung in den chemienahen und Chemieunternehmen ein wesentlicher Projektbestandteil. Mit der hier vorliegenden Broschüre „Erste Fachkräftelücken in der Chemie“, will die Qualifizierungsförderwerk Chemie GmbH (QFC) dazu beitragen, betriebliche Akteure für das Ausmaß der Fachkräfteentwicklung und die sich daraus ergebenden personalpolitischen Anforderungen, zu sensibilisieren.

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Die QFC GmbH dankt dabei allen, die an dieser Broschüre mitgewirkt und bei der Beschaffung von Materialien und durch Interviews und Informationen behilflich waren. Unser besonderer Dank gilt

dem Zentrum für Sozialforschung Halle e.V., das mit einem erfahrenen Team von Projektbearbeiterinnen die Broschüre in unserem Auftrag erstellt hat. Helmut Krodel Geschäftsführer Halle im August 2008

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Erste Fachkräftelücken in der Chemie Ergebnisse einer Befragung an drei Chemiestandorten in Sachsen-Anhalt Zum Thema Fachkräfteentwicklung hat das Zentrum für Sozialforschung Halle e. V. (zsh) im Mai 2008 eine telefonische Umfrage an drei Chemiestandorten (Bitterfeld-Wolfen, Leuna und Schkopau-Merseburg) sowie umliegenden Unternehmen durchgeführt, an der sich sehr viele Betriebe beteiligten. Wir möchten uns an dieser Stelle noch einmal bei allen Interview-

partnern für die Teilnahme und die aufgewendete Zeit bedanken. Durch die rege Beteiligung konnten wir innerhalb eines Monats zuverlässige Aussagen für die Chemieregion Sachsen-Anhalt zusammentragen. Wir verbinden unseren Dank mit einem Überblick über die Ergebnisse dieser Untersuchung.

Welche Ziele haben wir uns gestellt und auf welche empirische Basis stützen wir uns? Mit der Untersuchung, die im Auftrag des Qualifizierungsförderwerkes Chemie (QFC) durchgeführt wurde, möchten wir den aktuellen betrieblichen Fachkräftebedarf und Wege zur weiteren Fachkräftesicherung in der ostdeutschen Chemieindustrie anhand ausgewählter Chemiestandorte beispielhaft aufzeigen. Auf diese Weise hoffen wir Anstöße für weitere Verbesserungen in der Personalarbeit der Unternehmen geben zu können. Um die Ergebnisse der Befragung in die wirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Gesamtsitua-tion einbinden zu können, nutzen wir an verschiedenen Stellen den Vergleich zu einer ebenfalls in diesem Jahr (Februar 2008) durchgeführten bundesweiten

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Umfrage unter 1300 Unternehmen verschiedener Branchen.1 In der repräsentativen Befragung wurden 71 Betriebe angesprochen. Drei Viertel der Unternehmen beteiligten sich an der Befragung, so dass wir innerhalb von vier Wochen Aussagen aus 55 Betrieben für die Auswertung zur Verfügung hatten. Von den befragten Betrieben haben 18 Unternehmen ihren Sitz im Raum Bitterfeld-Wolfen, 14 Unternehmen sind in Leuna ansässig, 10 Betriebe kamen aus der Region Schkopau-Merseburg und die verbleibenden 13 Unternehmen aus anderen Städten im Umfeld wie Halle, Tröglitz und Braunsbedra.

Quelle: fischerAppelt/manager magazin (Februar 2008). www.fischerappelt.de/Fachkraefteumfrage.pdf (download Mai 2008)

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Abbildung 1: Zahl der befragten Unternehmen nach Wirtschaftsbereichen

Chemische Grundstoffe

13

Chemische Endprodukte

17

Industrienahe Dienstleistungen

18

Andere

7 0

5

10

Ca. jedes dritte Unternehmen zählt zum Wirtschaftsbereich der „Chemischen Grundstoffe“ (17) und und ca. jedes vierte Unternehmen zu den „Chemischen Endprodukten“ (13). Neben den Chemieunternehmen ist ein Drittel der Unternehmen im Bereich der „Industrienahen Dienstleistungen“ tätig (18) und sieben Unternehmen gehören zu den sogenannten „anderen Wirtschaftsbereichen“. Hierunter fallen vor allem Unternehmen der Biotechnologie.

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20

Um Zusammenhänge mit der Betriebsgröße darzustellen, wurden die Unternehmen in zwei Größengruppen unterteilt: „Klein“ bedeutet, dass hier weniger als 50 Mitarbeiter beschäftigt werden und „groß“ sind all diejenigen Unternehmen, in denen 50 und mehr Beschäftigte arbeiten. In unserer Befragung gehörten 29 Prozent der Unternehmen zu den kleinen und 71 Prozent zu den großen Betrieben.

Wie leicht oder schwer ist es bereits heute Fachkräfte zu finden? Es wird deutlich, dass die Gesamteinschätzung der befragten Unternehmen an den drei Chemiestandorten etwas optimistischer ausfällt als in der deutschlandweiten Befragung. Allerdings sagt jeder vierte Betrieb – und das ist deutlich mehr als im bundesweiten Durchschnitt – die Suche nach Fachkräften gestalte sich sehr schwierig. Ein weiteres Viertel

der befragten Unternehmen (24 Prozent) schätzt die Suche nach Fachkräften als schwierig ein. Nur elf Prozent sind der Meinung, dass es leicht sei, Fachkräfte zu finden. In keinem der befragten Unternehmen ist man der Ansicht, dass es sehr leicht ist, neue Fachkräfte zu rekrutieren.

Abbildung 2: Wenn Sie Fachkräfte für Ihr Unternehmen suchen, wie leicht oder schwer ist es, diese zu finden? 0

sehr leicht leicht

QFC-Umfrage Deutschlandweite Umfrage

2 11

3

mittel

34

40

24

schwer sehr schwer

25

7 0

10

54

20

30

40

50 Prozent

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60

70

80

90

100


Weiterhin ergab die Untersuchung, dass kleine Betriebe die Suche nach Fachkräften schwieriger einschätzen (56 Prozent) als größere Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern (46 Prozent).

Nach den drei Regionen unterschieden, zeigt sich, dass die Unternehmen in Leuna derzeit etwas seltener Schwierigkeiten bei der Fachkräftegewinnung ansprechen (29 Prozent antworteten mit schwer oder sehr schwer).

Aufmerken lässt uns die Tatsache, dass etwas mehr als ein Drittel (35 Prozent) der Befragten in den drei Chemieregionen sagt, dass sie aufgrund des Fachkräftemangels bereits heute Stellen nicht besetzen können. Größere Unternehmen sind davon etwas häufiger betroffen (36 Prozent) als kleinere Unternehmen (31 Prozent).

Wenn wir die einzelnen Wirtschaftsbereiche betrachten, sind es vor allem die Industrienahen Dienstleistungen, die (sehr) schwer Fachkräfte finden (44 Prozent).

Was sind die größten Probleme bei der Fachkräftesuche?

Zur Sicherung der Arbeitsanforderungen werden in der Chemie wie auch in den darum befragten Bereichen besonders viel qualifizierte Fachkräfte benötigt. Qualifizierungsdefizite, die von den Unternehmen deutlich häufiger als im bundesweiten Durchschnitt genannt werden, beinhalten, dass das Job- und Bewerberprofil nicht zusammenpassen (46 QFC vs. 37 Prozent) und dass die Fachkräfte falsch oder zu wenig qualifiziert sind (46 vs. 33 Prozent).

Trotz aktuell weiterhin sehr hoher Arbeitslosenquoten beklagen knapp drei Viertel der Unternehmen in den befragten Chemieregionen (71 Prozent) wie auch deutschlandweit über alle Branchen (70 Prozent) bereits heute, dass zu wenig passfähige Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt zu finden seien. Hier wird der seit Jahren bestehende Widerspruch zwischen Arbeitskräfteüberschuss und gleichzeitigem Fehlen qualifizierter Fachkräfte sehr deutlich.

Abbildung 3: Probleme bei der Fachkräftesuche für Unternehmen (Mehrfachnennungen) 71 70

Es sind zu wenig Fachkräfte auf dem Markt Job- und Bewerberprofil passen nicht zusammen

37

Fachkräfte sind falsch oder zu wenig qualifiziert

46 46

33 24 22

Unattraktiver Standort des Unternehmens 15

Unbekanntheit des Unternehmens 0

10

20

QFC-Umfrage Deutschlandweite Umfrage

23 30

40

50

60

70

80

90

100

Prozent

Qualifizierungsprobleme werden derzeit besonders stark von den Industrienahen Dienstleistungsunternehmen beklagt. Das sind die Betriebe, die – wie be-

reits weiter oben erläutert – schon jetzt am stärksten Fachkräfte suchen.

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Die fehlende Attraktivität des Standortes (24 Prozent) und vor allem die Unbekanntheit des Unternehmens (15 Prozent) spielen in den befragten Chemieregionen eine nachrangige Rolle. Nur in Bitterfeld-Wolfen werden diese Gründe deutlich häufiger genannt als im Bundesdurchschnitt. 39 Prozent der Unternehmen sprechen dort von Attraktivitätsproblemen des Standortes. Es sollte an Imagewerbung für die sich bereits gut entwickelnde Region festgehalten werden, um auch dadurch den Standort weiter wirtschaftlich zu stärken.

Zusätzlich zu den abgefragten Problemen bei der Fachkräftesuche nannte die Hälfte der Unternehmen die nach wie vor anhaltende Abwanderung von gut qualifizierten Fachkräften aus den befragten Chemieregionen. Auch dieses Problem wurde besonders häufig von den Unternehmen am Standort Bitterfeld-Wolfen angesprochen (61 Prozent).

In welchen Bereichen der Unternehmen bleiben Stellen unbesetzt?

Bei den Unternehmen, in denen bereits Stellen unbesetzt bleiben, wird der Bereich „Produktion“ besonders häufig genannt, mehr als jedes zweite Unternehmen erlebt hier bereits Engpässe (53 Prozent). Für den Bereich „Forschung und Entwicklung“ gab jedes vierte Unternehmen Probleme bei der Stellenbesetzung an (26 Prozent). Dieser Wert ist ebenfalls sehr hoch, wenn man bedenkt, dass sicher nicht in jedem der befragten Unternehmen dieser Bereich vorhanden ist. Besonders häufig wurden hier von Industrienahen Dienstleistern Probleme bei der Stellenbesetzung genannt. Im kaufmännischen Bereich, den man fast in jedem Unternehmen findet, wurde das Problem seltener genannt. 21 Prozent der Unternehmen, die bereits heute Stellen nicht besetzen können, suchten unter

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anderem in diesem Bereich. Vor allem Unternehmen aus dem Bereich chemische Endprodukte gaben im kaufmännischen Bereiche unbesetzte Stellen an. An den drei Chemiestandorten blieben in den befragten Unternehmen im Mai 2008 90 Stellen unbesetzt. In der Forschung und Entwicklung sowie Konstruktion wurden in den Betrieben Fachkräfte für durchschnittlich 2,4 Stellen gesucht. Der größte Anteil dieser nicht besetzten Stellen ging auf die Region Bitterfeld-Wolfen zurück. In der Produktion waren es sogar durchschnittlich 5,5 Stellen je Unternehmen, für die Fachkräfte gesucht wurden, zumeist in der Region Schkopau-Merseburg. Im kaufmännischen Bereich wurden durchschnittlich 1,5 offene Stellen je Betrieb benannt, diese lagen vor allem in den Randgebieten der befragten Chemieregionen (z.B. Halle).


In welchen Berufen wird vorrangig gesucht?

Im Durchschnitt ist jedes Unternehmen in zwei Berufsgruppen auf Fachkräftesuche. Dabei zeigt sich der Fachkräftemangel nicht in allen Berufen gleichermaßen. Gesucht werden vor allem folgende Qualifizierungen: Im Bereich Chemische Grundstoffe sind es vor allem Laborberufe (Chemielaboranten), bei den Chemischen Endprodukten Chemieproduktionsberufe (Chemikanten) und Chemiker (Dipl.-Chemiker, Che-

mieingenieure und Ing. für Verfahrenstechnik), aber auch Ausbilder und Industriemeister für Chemie. Bei den Industrienahen Dienstleistungen sind es Metall- und Elektroberufe (Industrie- und Anlagenmechaniker), ebenfalls Ausbilder und Industriemeister für Elektrotechnik und Metall, Technikerberufe (Chemietechniker und Techniker des Elektro- und Metallfachs) sowie naturwissenschaftliche und technische Ingenieure.

Tabelle 1: Anteil der Betriebe, die in nachstehenden Berufen bereits Fachkräfte suchen (Mehrfachnennungen) Berufe

Anteil der Betriebe in Prozent

Chemie-Produktionsberufe

16

Laborberufe

26

Sonstige naturwissenschaftlich-technische Berufe

11

Metall- und Elektroberufe

26

Sonstige industrielle Dienstleistungsberufe

5

Kaufmännische und Büroberufe

8

Ausbilder und Industriemeister

24

Technikerberufe

24

Chemikerberufe

34

Andere Ingenieurberufe

55

Managerberufe

10

Andere Organisationsberufe

Ganz eindeutig zeigt sich, je höher die Qualifikationserwartungen in den technischen Berufen sind, desto schwieriger wird es mit der Fachkräftesuche. Das mündet teilweise in der vergeblichen Suche nach Ingenieuren, die unter anderem darin begründet ist, dass sich trotz guter Berufsaussichten die Aus-

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bildungszahlen für technische Berufe und Studienrichtungen seit längerem rückläufig entwickeln. Die Unternehmen sollten gemeinsam mit den Kindertagesstätten, den Schulen und Berufsschulen sowie mit den Hochschulen daran arbeiten, dass Interesse an Technik bei den Jugendlichen zu fördern.

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Wer könnte den Fachkräftemangel am ehesten beheben?

Unternehmen sehen die Verantwortung zur Beseitigung des Fachkräftemangels bei unterschiedlichen Akteuren. Dabei wird die eigene Verantwortung weit oben angestellt. Knapp drei Viertel der Unternehmen (70 QFC vs. 71 Prozent deutschlandweit) sehen das in beiden Befragungen so. Nur die Verantwortung

der Universitäten und Ausbildungsstätten wird mit 83 vs. 80 Prozent häufiger genannt, was auf die hohen Qualifikationsanforderungen vieler Mitarbeiter hinweist, die nur durch die Arbeit dieser Bildungseinrichtungen zu erfüllen sind.

Abbildung 4: Wer könnte den Fachkräftemangel am ehesten beheben? (Mehfachnennungen) Universitäten und Ausbildungsstätten

80

83

70 71

Unternehmen selbstständig 50

Bund, Länder, Kommunen

29 44

Bundesagentur für Arbeit

8 41

Private Bildungseinrichtungen

QFC-Umfrage

26

Arbeitnehmer durch Eigeninitiative

Deutschlandweite Umfrage

39 0

10

20

30

40

58 50

60

70

80

90

100

Prozent

Am Standort Leuna wurde besonders häufig auf die eigene Verantwortung hingewiesen. 93 Prozent der Unternehmen sagten dort, dass sie am ehesten selbstständig den Fachkräftemangel beheben können. An diesem Standort wurde auch die Eigeninitiative der Arbeitnehmer häufiger angeführt (43 Prozent). Diese spielte im Durchschnitt der befragten Chemiestandorte sonst eine deutlich geringere Rolle als im Bundesdurchschnitt (39 vs. 58 Prozent). Bund, Länder und Kommunen (50 vs. 29 Prozent) sowie die Bundesagentur für Arbeit (44 vs. 8 Prozent) sind für die Unternehmen in den Chemieregionen im

Vergleich zur gesamtdeutschen Erhebung deutlich wichtiger. Hier wird sehr auf Zusammenarbeit und Unterstützung gesetzt. Besonders positiv schätzen Unternehmen der chemischen Grundstoffe (65 und 53 Prozent) den Einfluss dieser Institutionen zur Fachkräftesicherung ein. Diese Einschätzungen sind sicherlich auf gute Erfahrungen 2 zurückzuführen. Qualifizierte Tätigkeiten haben in der Chemie einen hohen Stellenwert, somit werden auch weit häufiger als im Bundesdurchschnitt (41 vs. 26 Prozent) private Bildungseinrichtungen als Partner zur Beseitigung des Fachkräftemangels gesehen.

Nicht zuletzt in solchen Projekten wie dem eben abgeschlossenen „Syntheseprojekt“ (Quelle: http://qfc.projekt-mia.de/main. php?lang=de&act=projects_detail&pid=34&subid=4, Download Juli 2008)

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Mit welchen Maßnahmen reagieren Unternehmen auf den Fachkräftemangel?

Es bleibt die Frage, mit welchen Maßnahmen derzeit auf den Fachkräftemangel reagiert wird. Es zeigt sich vor allem, dass die Qualifizierungsvereinbarung in der Chemie sehr ernst genommen wird, die nach übereinstimmender Auffassung von BAVC und IG BCE zur Sicherung und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Chemie-Unternehmen sowie zum Erhalt und der Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit der Arbeitnehmer dient.

Als wichtigste Aufgabe werden Qualifizierungsaktivitäten gesehen. Für die Weiterbildung sagen das neun von zehn Unternehmen (89 Prozent), für die Ausbildung sind es mit 87 Prozent fast genauso viele. Hier zeigen sich deutliche Unterschiede zur deutschlandweiten Befragung (55 und 71 Prozent).

Abbildung 5: Qualifizierungsmaßnahmen zur Beseitigung des Fachkräftemangels (Mehrfachnennungen)

89

Mehr Weiterbildung für bestehende Mitarbeiter

55

QFC-Umfrage Deutschlandweite Umfrage 87

Eigene Ausbildung von neuen Mitarbeitern zu Fachkräften

71 0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

Prozent

Neben der Qualifizierung nutzen die Unternehmen auch andere Möglichkeiten zur Rekrutierung neuer Fachkräfte: Am häufigsten wurde bei den zusätzlichen Wegen die Kontaktaufnahme und Bindung von Studenten genannt (66 vs.72 Prozent).

(62 Prozent) einstellen oder nach der Einstellung der Fachkräfte Qualifizierungsanpassungen vornehmen (64 Prozent). Zu sehen ist, dass jeweils zwei Drittel der Unternehmen diese Wege nutzen. Außerdem wird von den Unternehmen häufig auch überregional nach Fachkräften gesucht (62 Prozent).

Ergänzend wurde in der vorliegenden Studie danach gefragt, ob die Betriebe eher passgenaue Fachkräfte

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Abbildung 6: Rekrutierungsstrategien zur Beseitigung des Fachkräftemangels (Mehrfachnennungen)

66

Kontaktaufnahme und Bindung von Studenten

72

Einstellung von Fachkräften und deren Qualifikationsanpassung

64

Einstellung passgenauer Fachkräfte

62

Überregionale Suche nach Arbeitskräften

62

QFC-Umfrage Deutschlandweite Umfrage

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

Prozent

regionen vs. 20 Prozent bei der gesamtdeutschen Untersuchung) oder die Erleichterung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie (29 vs. 33 Prozent).

Deutlich seltener wird eine personalwirtschaftliche Anreizpolitik als Instrument der Fachkräftesicherung angesehen. Ein Drittel der Unternehmen nennt finanzielle Anreize (36 Prozent in den befragten Chemie-

Abbildung 7: Weitere Strategien zur Beseitigung des Fachkräftemangels (Mehrfachnennungen)

36

Schaffung finanzieller Anreize

20

29

Erleichterung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie

33

QFC-Umfrage

4

Verlegung oder Erweiterung des Standortes

Deutschlandweite Umfrage

5 0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

Prozent

Die Standortverlegung eines Unternehmens, das seine Fachkräftesicherung nicht mehr realisieren kann, ist eine Entscheidung von großer Tragweite. Dieser Schritt wird auch nur von vier bzw. fünf Prozent als Ausweg angesehen. Wenn es dazu kommt, ist diese Entscheidung allerdings besonders schädlich für die wirtschaftliche

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Entwicklung einer Region und kann sich auch auf die Leistungsfähigkeit anderer Unternehmen am Standort (z. B. Zulieferer oder industrienahe Dienstleister) negativ auswirken. Solche Regionen leiden häufig unter abnehmender Wirtschaftskraft und haben es besonders schwer, neue Investoren zu gewinnen.


Wie wird sich die Beschäftigtenzahl in den nächsten 3 Jahren entwickeln?

Als nächstes interessiert der unternehmerische Blick auf die Beschäftigung in der Zukunft. Fast alle der befragten Betriebe erwarten eine gleichbleibende (49 Prozent) bis steigende (47 Prozent) Entwicklung der Beschäftigtenzahlen in den nächsten drei Jahren. Unterscheiden wir nach den regionalen Verteilungen, wird deutlich, dass Unternehmen aus dem Raum

Schkopau-Merseburg am ehesten eine gleichbleibende Entwicklung ihrer Beschäftigtenzahl vermuten (70 Prozent). Demgegenüber gehen Unternehmen aus Leuna von einer überdurchschnittlichen Zunahme der Anzahl ihrer Beschäftigten aus (64 Prozent): Knapp zwei Drittel der befragten, hier ansässigen Unternehmen glaubt in der mittelfristigen Perspektive an einen Beschäftigungszuwachs.

Tabelle 2: Mittelfristige Entwicklung der Beschäftigtenzahl nach Regionen (Angaben in Prozent)

mittelfristige Entwicklung Beschäftigtenzahl

SchkopauMerseburg

Leuna

Regionen BitterfeldWolfen

Andere

steigen

30

64

44

46

47

gleich bleiben

70

29

56

46

49

sinken

0

7

0

8

4

Diese optimistische Einschätzung der mittelfristigen Entwicklung der Beschäftigtenzahl zeigen vor allem Unternehmen der Wirtschaftsbereiche Chemische Endprodukte und industrienahe Dienstleistungen.

Gesamt

Unternehmen der chemischen Grundstoffproduktion erwarten hingegen kaum Veränderungen bei den Beschäftigtenzahlen.

Wie wird sich die Beschäftigtenzahl in den nächsten 10 Jahren entwickeln?

Im Vergleich zur mittelfristigen Perspektive fällt die Entwicklung der Beschäftigtenzahlen in der langfristigen Perspektive für die kommenden zehn Jahre noch einmal positiver aus. Hier erwarten 56 Prozent

der Unternehmen eine Zunahme der Beschäftigtenzahl. 40 Prozent der Unternehmen schätzen ein, dass sich die Anzahl der Beschäftigten in ihrem Unternehmen nicht verändern wird.

Tabelle 3: Langfristige Entwicklung der Beschäftigtenzahl nach Regionen (Angaben in Prozent)

mittelfristige Entwicklung Beschäftigtenzahl

SchkopauMerseburg

Leuna

Regionen BitterfeldWolfen

Andere

steigen

60

57

50

58

56

gleich bleiben

40

36

43

42

40

sinken

0

7

7

0

4

Gesamt

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Die Einschätzungen der langfristigen Perspektive der Beschäftigtenentwicklung in den Unternehmen differiert zwischen den einzelnen Regionen nicht ganz so stark. Langfristig beurteilen die Unternehmen der Region Schkopau-Merseburg die Entwicklung am positivsten (60 Prozent), die Unternehmen aus dem Raum Bitterfeld-Wolfen erwarten eine leicht unterdurchschnittliche Zunahme der Anzahl ihrer Mitarbeiter (50 Prozent).

Deutliche Unterschiede in den Erwartungen zeigen sich in Abhängigkeit von der Betriebsgröße der Unternehmen. So erwarten 85 Prozent der Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern eine Zunahme ihrer Beschäftigtenzahl. Bei den Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern sind dies nur 44 Prozent. Das heißt, gerade die kleineren Unternehmen, die es bei der Fachkräftesuche häufig noch schwerer haben als die größeren, setzen in Zukunft auf qualifizierte Verstärkung.

Abbildung 8: Langfristige Perspektive der Beschäftigtenentwicklung

44

steigen gleich bleiben

50

15

sinken

0 0

85

Weniger als 50 Mitarbeiter

6

10

20

30

40

50

60

70

50 Mitarbeiter und mehr

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100

Prozent

Beim Blick auf die Wirtschaftsbereiche bestätigt sich auch in der langfristigen Perspektive der Trend, der sich in den Einschätzungen zur mittelfristigen Entwicklung schon abzeichnete: Unternehmen des Wirtschaftsbereiches Chemische Grundstoffe erwarten auch hier eher ein gleichbleibendes Niveau oder sogar eine Abnahme der Beschäftigtenzahlen. Unternehmen aus den Bereichen Chemische End-

produkte und industrienahe Dienstleistungen gehen überdurchschnittlich häufig von einer Zunahme ihrer Beschäftigtenzahl aus. Diese Unternehmen zeichnen sich durch eine optimistische Zukunftssicht aus und glauben sowohl in der mittel- als auch in der langfristigen Entwicklung an eine Erhöhung ihrer Beschäftigtenzahlen.

Aktuelle Ausbildungsaktivitäten Welche Unternehmen bilden aus? Ein Beitrag zur Sicherung der Fachkräfteentwicklung ist die Beteiligung an der Berufsausbildung. In den drei Chemieregionen sind breite Ausbildungsaktivitäten zu finden, 89 Prozent aller befragten Unternehmen bilden aus. Dabei finden sich interessante Unterschiede:

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In der regionalen Betrachtung zeigt sich, dass die Beteiligung an der Ausbildung in den drei Chemieregionen besonders stark ist. Im Raum Bitterfeld-Wolfen gaben das alle befragten Unternehmen an (100 Prozent). Außerhalb der drei Chemieregionen sind es „nur“ drei Viertel der befragten Unternehmen, die ausbilden (77 Prozent).


Tabelle 4: Beteiligung an der Berufsausbildung nach Regionen (Angaben in Prozent)

mittelfristige Entwicklung Beschäftigtenzahl

SchkopauMerseburg

Leuna

Regionen BitterfeldWolfen

Andere

steigen

90

86

100

77

89

gleich bleiben

10

14

0

23

11

Auch zwischen den Wirtschaftsbereichen zeigen sich Differenzen. Alle befragten Unternehmen aus dem Bereich der Chemischen Grundstoffe beteiligen sich aktiv an der Berufsausbildung (100 Prozent). Von den Unternehmen der Bereiche Chemische Endprodukte (92 Prozent) und industrienahe Dienst-

Gesamt

leistungen (89 Prozent) sind es neun von zehn, aus den übrigen Wirtschaftsbereichen nur noch etwas mehr als jedes zweite Unternehmen (57 Prozent). Zu dem letztgenannten Bereich gehören vor allem kleine Forschungseinrichtungen der Biotechnologie.

Tabelle 5: Beteiligung an der Berufsausbildung nach Wirtschaftsbereichen (Angaben in Prozent) Bilden Sie aus?

Chemische Grundstoffe

Chemische Endprodukte

Wirtschaftsbereiche Industrienahe Dienstleistungen

Ja

100

92

0

8

Nein

Andere

Gesamt

89

57

89

11

43

11

Wie hoch ist die Ausbildungsquote? Die Ausbildungsquote der Unternehmen variiert sehr stark: Bei mehr als einem Viertel der Unternehmen liegt die Ausbildungsquote unter fünf Prozent, knapp ein Fünftel weist eine Ausbildungsquote von über

zwölf Prozent auf. So liegt der Mittelwert bei neun und damit über dem Durchschnitt der ostdeutschen Chemie von sechs und über dem gesamtdeutschen Durchschnitt von acht.

Wie ist das Übernahmeverhalten der ausbildenden Unternehmen? In 21 der befragten Unternehmen (fast 40 Prozent) werden alle ausgebildeten Absolventen übernommen. Knapp ein Viertel der Unternehmen übernimmt jeden zweiten, ein Fünftel noch jeden dritten Ausbildungsabsolventen. Im Durchschnitt aller befragten Unternehmen liegt die Übernahmequote bei 68 Prozent. Bei den Auszubildenden, die nicht übernommen werden, muss man damit rechnen, dass ein Großteil abwandert und somit auch später dem regionalen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung steht, denn die Rückwanderungsneigung Jugendlicher, die erst

einmal in einer anderen Region Fuß gefasst haben, ist relativ gering. Diejenigen Unternehmen, die alle Auszubildenden übernehmen, sind überdurchschnittlich häufig Unternehmen mit 50 Mitarbeitern und mehr. Gut ein Viertel der Unternehmen liegt am Standort in Bitterfeld-Wolfen (29 Prozent) und Leuna (24 Prozent). Die meisten dieser Unternehmen (ein Drittel) sind in der Region Schkopau-Merseburg ansässig. An diesem Standort werden anteilig auch die meisten Auszubildenden übernommen.

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Zukünftige Ausbildungsaktivitäten Mittelfristige Entwicklung der Ausbildungsquote Die Ausbildungsaktivitäten werden in den nächsten Jahren eher leicht zunehmen. So wollen die meisten Unternehmen mittelfristig, also in den nächsten drei Jahren, ihre Ausbildung beibehalten oder erhöhen:

zahlen müssen die Unternehmen folglich verstärkt werben und rekrutieren, denn es wird noch schwieriger werden, entsprechend gut qualifizierte Jugendliche für industrielle Berufe zu gewinnen.

Mehr als drei Viertel aller befragten Unternehmen planen für die nächsten drei Jahre keine Veränderung in ihrer Ausbildungsaktivität. Fünf Unternehmen gehen von einer Erhöhung aus. Demgegenüber erwarten nur zwei Unternehmen einen Rückgang ihrer Ausbildungsquote.

Vier der fünf Unternehmen, die ihre Ausbildungsquote in den nächsten drei Jahren erhöhen wollen, gehen sowohl in der mittelfristigen (nächste drei Jahre) als auch in der langfristigen (nächste zehn Jahre) Perspektive von einer Erhöhung ihrer Beschäftigtenzahlen aus und sichern die Beschäftigtenzunahme zumindest zum Teil durch eigene Ausbildung.

Das heißt, durch die Erhöhung der Ausbildungsaktivitäten bei gleichzeitigem Rückgang der Bewerber-

Welche Unternehmen wollen die Ausbildungsquote mittelfristig erhöhen? Unternehmen, die ihre Ausbildungsquote mittelfristig erhöhen wollen, gaben außerdem überdurchschnittlich häufig an, in der eigenen Weiterbildung von Mitarbeitern (100 Prozent bei Ausbildungszunahme vs. 90 Prozent bei QFC-Befragung gesamt), in der überregionalen Suche nach Arbeitskräften (80 Prozent vs. 68 Prozent), in finanziellen Anreizen (60 Prozent vs. 36 Prozent) sowie in der Erleichterung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf (40 Prozent vs. 29 Prozent) Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel zu sehen.

In der Frage, worin die Unternehmen, die mittelfristig ihre Ausbildungsquote erhöhen wollen, die größten Problemen sehen, betonen alle Unternehmen, dass das Job- und Bewerberprofil nicht zusammenpasst (100 vs. 48 Prozent). Außerdem geben vier der fünf Unternehmen an, dass gute Bewerber fehlen (80 vs. 68 Prozent) und jeweils drei von ihnen meinen, dass zum Einen zu viele gute Bewerber abwandern (60 vs. 55 Prozent) und zum Anderen zu wenig gute Bewerber auf dem Markt zu finden sind (60 vs. 65 Prozent).

Arbeitskräfterekrutierung: Beachtung besonderer Zielgruppen

Weiter oben wurden bereits Rekrutierungsstrategien der Unternehmen zur Fachkräftesicherung vorgestellt. Auf zwei Wege (Rekrutierung unterschiedlicher Altergruppen und Rekrutierung von Frauen) soll im Weiteren noch einmal ausführlicher eingegangen

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werden. Dazu sei eingangs darauf hingewiesen, dass 91 Prozent der befragten Unternehmen der Aussage zustimmen, dass der demografische Wandel auf die Personalbeschaffung der Zukunft negative Auswirkungen haben wird.


Abbildung 9: Rekrutierung von Jungen und Älteren (Mehrfachnennungen) Wandel führt in Regionen zu Problemen bei der Personalbeschaffung.

91 76

Alter spielt keine Rolle. Berufserfahrung ist w ichtiger. Achten darauf, auch Jüngere einzustellen.

87 49

Stellen bew usst auch Ältere ein. 0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

Prozent

Um dem Problem der Personalbeschaffung zu begegnen, sind verschiedene Maßnahmen und Strategien denkbar. Zum einen kann mehr in Aus- und Weiterbildung der eigenen Beschäftigten investiert (darauf wurde bereits in den vorhergehenden Abschnitten eingegangen) und auf die Berufserfahrungen Älterer zurückgegriffen werden. Zum anderen kommen auch neue Zielgruppen, beispielsweise Jugendliche und Frauen, wieder ins Blickfeld. In der Umsetzung solcher Strategien treten zurzeit Widersprüche auf, auf die im Weiteren eingegangen werden soll. So betonen zwar drei Viertel der Unternehmen (76 Prozent), dass das Alter bei der Rekrutierung von Arbeitskräften keine Rolle spielen würde, da Berufserfahrung wichtiger sei. Aber nur 49 Prozent der Unternehmen geben an, bewusst auch Ältere einzustellen, bei denen eher Berufserfahrung zu erwarten ist. Hier offenbaren sich in der Praxis noch Potentiale der zukünftigen Arbeitskräfterekrutierung.

Gleichzeitig sagen 87 Prozent der Unternehmen, besonders darauf zu achten, jüngere Arbeitnehmer einzustellen. Dies erklärt sich zum Teil aus der aktuellen Situation vieler überalterter Unternehmen, die versuchen müssen, eine Verjüngung der Belegschaften zu gewährleisten. Neben den unterschiedlichen Altersgruppen wurde auch gesondert nach dem Rekrutierungsverhalten der Betriebe im Bezug auf weibliche Fachkräfte gefragt. Diese Zielgruppe rückt zwar zunehmend ins Blickfeld vieler Unternehmen, hier offenbaren sich jedoch in der Chemie noch viele ungenutzte Potentiale für die Zukunft. In den befragten Unternehmen werden Frauen bisher kaum als neue Zielgruppe gesehen. So bejahten die Unternehmen die unterschiedlichen Argumente, verstärkt Frauen einzustellen, nur mit zehn bis zwölf Prozent. Bei den benannten Gründen – die beruflichen Chancen der Frauen zu erhöhen, ihre sozialen Kompetenzen zu nutzen, oder sie wegen fehlender männlicher Fachkräfte einzusetzen – sind keine nennenswerte Unterschiede zu erkennen.

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Abbildung 10: Noch keine Zunahme bei Rekrutierung von Frauen Wandel führt in Regionen zu Problemen bei der Personalbeschaffung.

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Wir stellen zunehmend Frauen in unser Unternehmen ein, ... ... um berufliche Chancen der Frauen zu erhöhen.

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... w eil Frauen bessere soziale Kompetenzen haben.

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... w eil immer mehr männliche Fachkräfte fehlen.

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Es hat sich gezeigt, dass die Unternehmen in den drei Chemieregionen selbstbewusst in die Zukunft schauen. Fachkräfte sind für ihren wirtschaftlichen Erfolg extrem wichtig. Vielen ist bereits bewusst, dass sich Versorgungslücken auftun werden, andere haben bereits erste Erfahrungen damit sammeln müssen. Für alle die, die derzeit noch nicht über das Thema der Fachkräftelücke nachdenken, kann es in Kürze schwierig werden, auf ein sinkendes Fachkräfteangebot zu reagieren. Damit auch sie für die

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Herausforderungen der Fachkräftesicherung sensibilisiert werden und für alle, die mehr über „Wege aus der demografischen Falle“ erfahren wollen, wird im Anschluss an diese Befragung im Auftrag des QFC eine Expertise erstellt, die zum einen auf die Gefahren der demografischen Veränderungen hinweist und zum anderen Strategien und Ansätze für eine langfristige und systematische Personalpolitik in den Unternehmen vorstellt.


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