Produktionsprozess Wandaufbau
Millimeterarbeit Ein schneller Produktionsprozess und kurze Bauzeiten machen den Fertigbau für viele Bauherren unschlagbar attraktiv. Doch wie funktioniert das eigentlich genau? Wir haben für Sie die Herstellung und Errichtung der Wandelemente im Holzfertigbau unter die Lupe genommen.
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ertighäuser liegen in Deutschland im Trend. Ihr Anteil an den gebauten Häusern im Privatbereich hierzulande wächst stetig. So konnte der Fertigbau im Jahr 2017 seinen Marktanteil bei den Einund Zweifamilienhäusern bundesweit auf 19,7 Prozent steigern.* Die Gründe liegen auf der Hand: Bauherren versprechen sich davon unter anderem eine kurze Bauzeit ohne Komplikationen, die es nicht erforderlich macht, ein halbes Jahr lang alle paar Tage auf die Baustelle zu fahren und dort nach dem Rechten sehen zu müssen. Und die Vorstellung, „alles aus einer Hand“, sprich das ganze Haus schlüsselfertig geliefert zu bekommen, ist für viele einfach sehr attraktiv.
Warmer Kern Rund 95 Prozent aller Fertighäuser werden aus dem Baustoff Holz errichtet, in unterschiedlichen Bauweisen: Da gibt es die Holzständer-, die Holzrahmen-, die Holztafel- oder die Fachwerkbauweise. Klassisches Merkmal all dieser Gebäude ist die Vorfertigung ganzer Wandmodule in einem Werk bzw. einer großen Halle, sprich im Trockenen und unter dem Einsatz modernster Technik. Generell ist der Aufbau dieser Holzfertighäuser sehr ähnlich. Die Wände bestehen aus einem Holzrahmen, in den eine Dämmschicht eingebracht wurde. Zum Einsatz kommt in der Regel getrocknetes, unbehandeltes Konstruktionsvollholz. Befindet sich der Dämmstoff in der Wand, wird diese auf beiden Seiten mit Gips- oder Holzwerkstoffplatten beplankt. Etwas anders sieht es bei der Blockbohlenbauweise aus: Diese Häuser bestehen aus Holzbohlen, die in je nach Hersteller unterschiedlichen Systemen zu
Fotos: Regnauer Hausbau; Text: Veronika Schleicher
einer Vollholzwand zusammengefügt werden. Die Wände – häufig aus widerstandsfähiger nordischer Kiefer – können einschalig oder mehrschalig aufgebaut sein. Doch auch hier fertigt man ganze Wandmodule inklusive Fenster- und Türaussparungen vorab im Werk und transportiert diese dann später zum Aufbau auf den Bauplatz.
Total vernetzt Diese Art von Vorfertigung funktioniert heutzutage mittels hochmoderner Computertechnik. Architekten und Planer erstellen vorab genaue Pläne der zu errichtenden Häuser. Dank einer speziellen Technik, des CAD/CAM („computer aided design“/ „computer aided manufacturing“), lassen sich diese Daten direkt in die Produktionsmaschinen der Fertighaushersteller im Werk einspielen. Die Hölzer werden dann automatisch exakt so zugeschnitten und
vorgefertigt, wie sie benötigt werden. Ein großer Vorteil der Vorproduktion von Wandelementen ist, dass man unabhängig vom Wetter arbeiten kann. Die einzelnen Elemente, in die im Werk auch noch Fenster und Türen eingesetzt werden, sind so länger geschützt vor Witterungseinflüssen. Erst wenn alle Bauteile auf der Baustelle vor Ort zusammengestellt und montiert werden, geht es ins Freie. Und das dauert dann nur mehr ein bis zwei Tage. Somit bleibt man in der ersten Zeit der Bauphase relativ unabhängig von Wetterkapriolen und ist damit zeitlich flexibel.
Aus der Praxis Einen konkreten Einblick in die moderne Produktionstechnik geben wir Ihnen am Beispiel des oberbayerischen Fertighausherstellers Regnauer Hausbau. Er öffnet für uns die Tore zu seinen Werkshallen.
* Quelle: Bundesverband Deutscher Fertigbau (BDF)
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Im Wareneingang wird das vom Sägewerk gelieferte und kammergetrocknete Holz zunächst einmal auf seinen Feuchtigkeitsgrad hin geprüft. In der Lagerhalle wartet es dann auf seinen Einsatz. „Die Halle haben wir so konzipiert, dass darin hinsichtlich der Wind- und Sonneneinwirkung ideale Lagerbedingungen für Hölzer vorherrschen“, erklärt Richard Lehmuth, Holztechniker und Leiter Produktion bei Regnauer Hausbau.
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Mittels CAD/CAM-Technik wird der detaillierte Hausplan aus der Planungsabteilung direkt in die Maschinen eingespielt. Auf dieser Basis werden Balken und Bohlen im Abbundzentrum auf der CNCgesteuerten Maschine millimetergenau abgebunden. „Wir können tatsächlich eine Genauigkeit von mindestens +/- 1 Millimeter auf 15 Meter Länge garantieren“, so Lehmuth. Dank eines automatisch vorgeschalteten Rungenlagers holt sich die von einem Mitarbeiter gesteuerte Abbundanlage praktisch selbst das benötigte Holzstück
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aus einem Vorrat an bereitgestellten Hölzern. Sie spult in Eigenregie ihr Programm ab, sägt, bohrt und fräst. In anderthalb Stunden wird so ein Dachstuhl eines Einfamilienhauses vorbereitet.
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In der Riegelwerkstation werden Balken und Bohlen anschließend zum Holzständerwerk zusammengefügt. Das Skelett des späteren Hauses entsteht. Hier werden nun auch eine diffusionsoffene Vliesdampfbremse und die erste Beplankungslage montiert. Die Maschine gibt computergestützt die Positionen der Riegel vor, ein Mitarbeiter prüft jedoch nochmal jedes Stück Holz im Hinblick auf die Qualität, bevor montiert wird. Ist ein Balken verdreht oder gebogen, wird er aussortiert. An der nächsten Station schneidet ein Zimmerer die ökologische Holzfaserdämmung zu und legt sie in die Kammern zwischen den Riegeln hinein. Damit erfüllt die spätere Gebäudehülle bereits die gesetzlichen Anforderungen an ein KfW-Effizienz65
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4 haus. Nun wird die Wand an beiden Seiten beplankt. Dabei erhalten die Innenseiten der Außenwände sowie eine Seite der Innenwände 25 mm starke Gipsplatten, die mit zwei Lagen je 12,5 mm dicker Gipskartonplatten auf der jeweils anderen Seite ergänzt werden.
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An den Schalungstischen wird nun jede Außenwand von Mitarbeitern je nach Kundenwunsch mit Holzfaserdämmung oder expan-
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diertem Poylstyrol belegt. Es folgen die Armierung und der Grundputz oder eben eine hinterlüftete Holzschalung. Anschließend bauen die Monteure in der „FinishSpur“ Fensterschiebetüren und Fenster ein und versehen diese dann mit regendichten Anschlüssen von außen. Die Holzständerwände für den Innenausbau durchlaufen denselben Fertigungsprozess, jedoch wird statt einer Wärmedämmung schalldämmendes Material eingelegt.
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Sind alle Einzelteile vorgefertigt, geht es ans Verpacken: Mittels fast zehn Meter langer Verladebrücken rollen die Elemente nach draußen, werden auf Tieflader aufgeladen, mithilfe eines Twist-Lock-Systems verzurrt und auf die Baustelle transportiert. Dort beginnt dann der Montagetrupp seine Arbeit. Seit Beginn des Abbunds sind drei bis vier Arbeitstage vergangen. Zwei oder drei Tage später ist das Haus aufgestellt und regendicht.
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