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II. Lehrgang 2006/2007
Was macht eigentlich ... Thomas Thieme?
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„Lokführer kann ich jedem empfehlen“
GO: Thomas, nach deiner Ausbildung an der Reportageschule hast du mehrere Jahre für das Automagazin „ramp“ gearbeitet. Magst du Autos?
Thieme: Nein, ich mag Autos nicht besonders. Ich habe kein Auto. Das war aber auch nicht schlimm, denn „ramp“ ist kein Technikmagazin. Man muss ein Lebensgefühl verkaufen, mit großen Augen durch die Autowelt laufen und dabei einen nonchalanten Ton draufhaben. Da ging es nicht darum, kritisch zu sein.
GO: Den Journalismus hast du inzwischen an den Nagel gehängt. Du bist Lokführer geworden. Wie kam das? Thieme: Das war ein Kindheitstraum. Ich hatte früher eine Modelleisenbahn von Märklin, die muss mich stark geprägt haben. Dass die Bahn mich mit 46 Jahren noch genommen hat, hat mich wirklich überrascht. Die Ausbildung war sehr anspruchsvoll, innerhalb eines Jahres habe ich Unmengen von Regeln auswendig gelernt. Und dann bin ich Intercity gefahren, nach Nürnberg, München und Karlsruhe. Das ist wirklich ein Superjob, kann ich nur jedem empfehlen. Leider bin ich krank geworden und kann den Job nicht weitermachen.
GO: Du bist in der DDR aufgewachsen. Kurz vor dem Fall der Mauer wolltest du flüchten.
Thieme: Das war im Oktober 1988, ich war 21 Jahre alt und einfach neugierig auf den Westen. Mit einem Kumpel bin ich nach Berlin gefahren, ganz naiv. Wir hatten Schwimmflossen im Rucksack und sind zum Binnenhafen gegangen. Da konnte man in den Westen schauen. Ich war zögerlich, wie mein ganzes Leben schon, aber ich bin mitgegangen. Wir sind über einen Zaun geklettert, und dann kam schon die Polizei und hat uns eingesackt. Ich bin dann in den Knast gesteckt worden, ins Jugendhaus Halle im Stadtteil „Frohe Zukunft“, ein Jahr und zwei Monate. Im Gefängnis mussten wir Mokassins zusammennähen, 15 Stück am Tag war Pflicht. Ich hab höchstens drei geschafft. Uns wurde gedroht, dass wir ins Stahlwerk kommen. Aber vorher wurde ich freigekauft.
GO: Wie kamst du nach Reutlingen? Thieme: Wir wurden gefragt, ob wir Bekannte im Westen hätten. Wenn man sagte, man hatte keine, wäre man nach Bremen gekommen. Ich hatte keinen Bock auf Bremen und wollte in Tübingen studieren. Da habe ich das Telefonbuch von Tübingen aufgeschlagen, eine Adresse rausgeschrieben und gesagt: Das ist meine Bekannte. Ich bin dann in die Reutlinger Gegend gekommen, ins Hotel Adler in Honau.
GO: Und zurück in den Journalismus ist keine Option mehr? Thieme: Ich hab ein Problem damit: Die Gesamtheit der Journalisten ist heute sehr weit links ausgerichtet. Als ich an der Reportageschule gelernt habe, war ganz klar, dass man keinen Haltungsjournalismus betreiben darf. Das hat man in der DDR gemacht, aber doch nicht im Westen! Aber die Welt ist für mich nicht in links und rechts aufgeteilt, sondern in diejenigen, die mit dem Strom schwimmen, und diejenigen, die das nicht tun.
Thomas Thieme im Bahnhof von Karlsruhe
Die Reportageschule bildet seit 2005 jährlich 12 Reporter:innen aus. Viele von ihnen arbeiten heute in Magazin-Redaktionen, als freie Journalisten oder fest angestellt. Andere hat ihr Berufsweg auf ganz andere Felder verschlagen. Manche arbeiten als Pressesprecher in Unternehmen, einer soll Einsiedler in einer Höhle auf Sardinien geworden sein. Auf dieser Seite stellen wir in Zukunft immer einen Absolventen der Schule vor.
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