JAHRESRÜCKBLICK 2015
Vor wor t nehmen wir aus Überzeugung an; wir stehen mit unseren Dialogangeboten für Offenheit und Toleranz. Vorstandswechsel und Innovationen Im Mai verließ uns unser Vorstand Celal Findik, den wir mit seinem großen Einsatz für den Verein, seiner Bescheidenheit und der konstruktivunkomplizierten Arbeitsweise immer in guter Erinnerung behalten werden. Liebe Leserinnen und Leser,
Neben der personellen Veränderung
in unserer Zeit, in der die gesellschaft-
Insbesondere der interreligiöse Dialog
gab es auch Erneuerungen in unserem
liche Vielfalt stetig zunimmt, bedarf es
ist keine Debatte und kein Versuch, die
Format: Schulprojekte gegen den
mehr denn je eines offenen und unvor-
Gegenseite von der eigenen Position
Extremismus, wohltätige Arbeit für
eingenommenen Dialogs. Beim Festakt
zu überzeugen. Er ist auch kein
Flüchtlinge sowie ein Ausbau der
zum 50. Jubiläum des vatikanischen
Kompromiss, sondern ein aufrichti-
Radiogruppe Ruhrdialog sind nur
Dekrets „Nostra aetate“ im bischöfli-
ger und friedfertiger Austausch, ganz
einige der Beispiele, über die ich mit
chen Generalvikariat Essen machte ich
gleich, welchen Glauben und welche
Stolz berichten kann.
mich zum ersten Mal mit dem Inhalt des
Werte man vertreten mag.
Auf den Lorbeeren können wir uns
Dokuments näher vertraut, in welchem
Der Ruhrdialog e.V. fühlt sich eben
aber nicht ausruhen. Gerade jetzt
die Achtung vor den Weltreligionen
diesen Prinzipien verpflichtet und
müssen wir unsere Bemühungen ver-
gefordert sowie eine Wahrheit und
sucht nach Partnern, die für einen
vielfachen, da Diskussionsbedarf auf
Heiligkeit in diesen anerkannt wird.
Austausch auf einer gemeinsamen
verschiedenen Ebenen besteht und
Die Botschaften von Nostra aetate sind
Basis offen sind. Seit Jahren arbei-
der Ruhrdialog e.V. eine wichtige
aktueller denn je; es geht um das fried-
ten wir nun dafür, Ängste vor diesem
Mittlerfunktion zwischen den unter-
liche und tolerante Zusammenleben
Austausch abzubauen, neue Akzente
schiedlichen Gesellschaftsteilnehmern
unterschiedlicher Glaubensanhänger
zu setzen und unser Umfeld zum sozi-
erfüllt. Mit Blick auf die vielen ehren-
in unserer Zeit.
alen Engagement zu bewegen.
amtlichen Unterstützer unseres Vereins sowie auf kooperative Partner
Dialog als Grundhaltung
Eine schwere Zeit
im Ruhrgebiet erhoffe ich mir ein dia-
Jedoch wissen wir alle, dass
Besonders im Jahr 2015, in einer Zeit
logfreudiges Jahr 2016!
Postulierungen dieser Art nicht
des Leids und Terrors auf der Welt,
genügen, um am Ziel anzukommen.
fielen uns diese Aufgaben nicht leicht.
Hierzu bedarf es einer Verinnerlichung
Die Attentate von Paris, die Konflikte
der Dialogprinzipien sowie einer kon-
im Nahen Osten sowie die damit ver-
kreten Umsetzung. Was aber ist der
bundene Flüchtlingskrise stellen uns
interkulturelle und interreligiöse Dialog?
vor große Herausforderungen. Statt
Dialog bedeutet nichts anderes als sich
sich über Missstände zu beschweren,
gegenseitig anzuhören, dazuzulernen
müssen wir Verantwortung übernehmen
und in einer Atmosphäre der Toleranz
und Gutes vollbringen. Diese anstren-
und Achtung zusammenzutreten.
gende und langatmige Herausforderung
Inhalt
3 Projekt: Glaube ≠ Gewalt 6 Buchvorstellung „Was ich denke, was ich glaube“ 8 Für Menschenrechte gemeinsam einstehen - Christen
und Muslime in säkularer Gesellschaft
10 Bildungs(un)gerechtigkeit!? - Eine Podiumsdiskussion Seite 3
über Talentförderung, Chancen und Herausforderungen
12 Menschenrechte im digitalen Zeitalter- Eine
Podiumsdiskussion zum Welttag der Menschenrechte
14 Hochschulgruppe Ruhrdialog 16 Hat Barmherzigkeit Grenzen? - Eine gemeinsame
Veranstaltung mit dem Arbeitskreis für interreligiö-
sen Dialog der Evangelischen Kirche Duisburg
17 Projekt: Bürgerfunker der Zukunft 18 Radio Ruhrdialog 19 Ruhrgespräche
Seite 10
20 Innere Einkehr und gesellschaftlicher Zusammenhalt
- Der Fastenmonat Ramadan als Anlass zur Besinnung
und zum Dialog
21 Lesung: Haci Bektasi Veli Seite 15
Seite 19
22 “Hizmet für universelle Werte?“ - Jahrestagung der
Stiftung Dialog und Bildung
23 „Bloggen! Filmen! Kommentieren!“ 24 Dschihadismus und Salafismus 24 Sommerakademie Wolfsburg 25 Besuche 26 Pressespiegel 27 Vorstand Seite 18 RUHRDIALOG RÜCKBLICK 2015 3
Projekt: Glau be≠G ewa l t
D
ie Idee zu einem Schulprojekt
welchem uns Frau Herchert bera-
gegen einen islamistischen
tend zur Seite stand. Mehrere
Extremismus entstand bei einem
Nachhilfeschulen sowie das Dialog-
Gespräch mit Prof. Dr. Gaby Herchert
Gymnasium in Köln luden uns schließ-
von der Universität Duisburg-Essen.
lich für die Workshops ein. Inhaltlich
„Der Radikalisierung von Jugendlichen
besteht Glaube ungleich Gewalt aus
muss entgegengewirkt werden. Das
vier Grundbausteinen:
können am besten Muslime tun. Man
1. Daten und Fakten über die
muss sich positionieren. […] Ich finde,
Terrororganisation IS und ihrer
das Schlimmste ist es, dass sie diesen
Verbrechen
Namen verwenden: Islamisch.“ Frau Herchert ist Professorin der Mediävistik und interessiert sich für interkulturelle Themen. Sie hat Essays über den Wissenstransfer vom Orient ins Abendland im Mittelalter verfasst.
2. Islamische Quellen (Koran und Hadithe) 3. Offener Brief von Islamgelehrten an den IS 4. Abschiedsbrief eines radikalisierten Jugendlichen
Kurzerhand entwickelte unser
Je nach Bedarf und Vorwissen der
Arbeitskreis Kultur und Bildung ein
Schülerinnen und Schüler wurden
Konzept für ein Schulprojekt, bei
die Inhalte mit den Lehrern im Vorfeld
4 RUHRDIALOG RÜCKBLICK 2015
Glaube ungleich Gewalt besteht aus vier Grundbausteinen
1
2
Daten und Fakten über die Terrororganisation IS
Islamische Quellen (Koran und Hadithe)
3
Offener Brief von Islamgelehrten an den IS
ausgewählt. Die Referenten sind
Andererseits baut man bei nichtmus-
Mitglieder unseres Vereins, die sich
limischen Teilnehmern Vorurteile ab.
durch eine entsprechende Lektüre
Das Schulprojekt fand insgesamt
auf die Workshops vorbereitet haben.
großen Anklang und nach wie vor
Gefördert wurde das Projekt durch die
erhalten wir Anfragen. Nach einer
Dr. Buhmann Stiftung in Hannover.
Überarbeitung des Formats und der
Die
Inhalte soll es in Kürze wieder ange-
Arbeit mit mehr als 120
Schülerinnen und Schülern im Schuljahr
4
Abschiedsbrief eines radikalisierten Jugendlichen
boten werden.
2014 / 2015 hat uns gezeigt, dass viele Missverständnisse oder offenen Fragen vorliegen können. Handelt der IS nach dem Koran? Inwieweit spielt der Glaube eine Rolle? Dies mit Quellen und Argumenten zu widerlegen war eines der Ziele des Projektes. Die Workshops bieten Potenziale für alle Teilnehmer: Einerseits arbeitet man präventiv gegen die Radikalisierung von muslimischen Jugendlichen. RUHRDIALOG RÜCKBLICK 2015 5
Buchvorstellung „Was ich denke, was ich glaube“ Eine Buchvorstellung am 02.03.2015 in der Gelsenkirchener Buchhandlung Junius
„H
izmet ist eine ursprüng-
identifizieren und denken, dass in
Schöpfung betont.“ An die Vorträge
lich
Bezug auf die Hizmet-Bewegung
schloss sich eine Diskussionsrunde
Bewegung, die sich in lokalen und sozi-
Diskussionsbedarf besteht.“
an, in welcher sich die Gäste mit
alen Projekten äußert.“ Celal Findik,
Mathias Streicher, Mitarbeiter bei
ihren Fragen und Anmerkungen ein-
damaliger Vorstandsvorsitzender des
der Katholischen Erwachsenen-
bringen konnten. Die Inhaberin der
Ruhrdialog e.V., erklärte zu Beginn
und Familienbildung des Bistums
Buchhandlung Sabine Piechaczek
seines Vortrags die Leitprinzipien der
Essen war ebenfalls als Redner ein-
resümierte: „Ich halte den interkultu-
Hizmet-Bewegung. Hizmet bedeute
geladen. Er trug Passagen aus dem
rellen Dialog für wichtig und der ist an
Dienst an der Menschheit, und dieser
Werk vor und kommentierte diese:
diesem Abend auch gelungen.“
Dienst richte sich nicht nur an Muslime,
„Gülen fordert zu einem respektvol-
Literaturhinweis: Gülen, Fethullah:
religiös
motivierte
sondern an alle Menschen. In seiner Präsentation ging Findik auch auf kritische Punkte aus Gülens Werk ein,
In seinem Buch „Was ich denke, was ich glaube“ stellt der islamisch-
so z.B. den Umgang mit der Apostasie
türkische Gelehrte Fethullah Gülen seine Ansichten zu gesellschaftlichen
im Islam. Das Buch, so erklärt Ayla Dabazoglu, sei ein wichtiges Werk und
und religiösen Kernfragen dar, die in Anbetracht einer neu entflammten
biete Klarheit für offene Fragen.
Diskussion über Terror und Islamismus sowie der jüngeren Entwicklungen
„Es ist eines der wenigen deutschspra-
im Nahen Osten aktueller denn je sind.
chigen Werke Gülens. Das Buch beinhaltet teils ältere Texte und Interviews,
len Umgang auf und zeigt sich gegen-
Was ich denke, was ich glaube. Verlag
teils neuere Essays. Wir haben uns
über Andersgläubigen tolerant. Er
Herder. Aufl./Jahr: 1. Aufl. 2014. ISBN
für diese Buchvorstellung entschie-
verweist auf den ehrenwerten Ali, der
978-3-451-33274-6
den, da wir uns mit den Werten Gülens
die Gleichheit aller Menschen in ihrer
6 RUHRDIALOG RÜCKBLICK 2015
RUHRDIALOG RÜCKBLICK 2015 7
FĂźr Me nschenrech
gemeinsam einste Christen und Muslime in säkularer Gesellschaft
I
n Kooperation mit dem Arbeitskreis
an der Westfälischen Wilhelms-
Interreligiöser Dialog im Bistum
Universität Münster beschrieb die
Essen und der Wolfsburg Akademie
Menschenrechtsentwicklungen am
Mülheim an der Ruhr veranstaltete
Beispiel der Katholischen Kirche. Sie
der Ruhrdialog eine Tagung über
zitierte unter anderem das Motto des
Menschenrechte in den Religionen.
Weltfriedenstages von 1999: „In der
Der Menschenrechtsreport von
Respektierung der Menschenrechte
Amnesty International 2013 hat
liegt das Geheimnis des wahren
gezeigt, dass in vielen Ländern der
Friedens.“ Aber auch davor gab
Welt Religions-, Meinungs-, Presse-
es bereits ähnliche Ansätze der
und Versammlungsfreiheit nicht
Katholischen Kirche, welche die
gewährleistet sind. Folter, Vertreibung
Religions- und Gewissensfreiheit
und Tötung haben besondere
der Individuen betonen. Arhan
Aktualität. Auch Religionen werden
Kardas, Jurist und Chefredakteur der
dafür instrumentalisiert.
Monatszeitschrift „Die Föntäne“ erklärte die Bedeutung von Menschenrechten
RELIGIONEN WERDEN OFTMALS
im islamisch-historischen Kontext.
FÜR MENSCHENRECHTSVERLETZ-
Kardas berief sich vor allem auf
UNGEN INSTRUMENTALISIERT.
Gesetzestexte und die Verfassung von Medina, welche noch zu Lebzeiten des
hte
Wie können heute Christen und
Propheten Mohammed allen Bürgern
Muslime gemeinsam für die Einhaltung
das Recht auf Leben, Sicherheit und
der Menschenrechte eintreten?
Religionsfreiheit zusprach. Diese
Welche Grundlagen finden sich in den
Quellen würden zu oft vernachlässigt,
Traditionen der Religionen? Diese
wenn es um die Menschenrechte in der
Fragen beantworteten die Referenten
islamischen Tradition gehe, kritisierte
aus verschiedenen Perspektiven
Kardas. Gemeinsam mit Dr. Detlef
heraus.
Schneider-Stengel moderierte Dr. Jens
Prof.
D r.
Marianne
Heimbach-Steins, Sozialethikerin
Oboth die Gesprächsrunde.
ehen v.l.n.r.: Dr. Jens Oboth, Prof. Dr. Marianne Heimbach-Steins, Arhan Kardas, Dr. Detlef Schneider-Stengel RUHRDIALOG RÜCKBLICK 2015 9
Bildungs(un)gerechtigkeit!? Eine Podiumsdiskussion über Talentförderung, Chancen und Herausforderungen
S
pätestens seit PISA 2000 wissen
schen aus Schichten, für die nicht per
El-Mafaalani ist die Problematik ein-
wir, dass in Deutschland der Bil-
se eine akademische Karriere vorge-
deutig: Viel zu wenig hat sich die Poli-
dungserfolg stark vom sozialen Hin-
zeichnet ist. Wenn es gelingt, diese
tik bislang um die Integration von Men-
tergrund abhängt. Es gibt mittlerweile
Talente unabhängig von Geschlecht,
schen mit Einwanderungsgeschichte
viele Projekte, welche die Bildungsun-
Nationalität, ethnischer Herkunft, Re-
gekümmert. Die Talentförderung sieht
gleichheiten abmildern sollen. Eines
ligion, Bildungsbiografie und Einkom-
er kritisch: Einerseits sei es lobens-
davon ist die Talentförderung von Suat
men der Eltern zur Entfaltung zu brin-
wert, dass die Regierung Mittel für
Yilmaz an der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen. Mit seinem Team leistet er derzeit Pionierarbeit im Bereich der Bildungsförderung von Jugendlichen. Er besucht Schulen,
bietet
Einzelberatungen
an, führt Potenzialanalysen durch
Wie gerecht ist unser Bildungssystem? Entscheidet Herkunft über Zukunft? Diese Fragen sind stets aktuell und beschäftigen Eltern, Lehrer, Politiker und Wissenschaftler gleichermaßen.
und begleitet junge Menschen vom Abitur bis zum Ende ihres Studiums.
gen, bestehe eine echte Chance auf
Talentförderungsprojekte zur Verfü-
In der Podiumsdiskussion plädiert er
wirtschaftliche und soziale Entwick-
gung stellt. Andererseits zeige dieser
dafür, die Lehrerausbildung zu ver-
lungen.
Ansatz, dass keine Lösungswege auf
bessern und junge Talente unabhän-
Prof. Dr. Aladin El-Mafaalani von der
der gesamten Bandbreite geschaffen
gig von Herkunft oder Sozialstatus zu
Fachhochschule Münster saß als wei-
werden. Denn Talentförderung könne
fördern. Bislang gibt es seiner Ansicht
terer Redner auf der Bühne. Er ist Ex-
immer nur einzelne Individuen aus der
nach viele unentdeckte Talente auf
perte für politische Bildung, Bildungs-
Masse herausgreifen. Die Identifizie-
dem Markt, insbesondere junge Men-
politik, Migration und Integration. Für
rung von Talenten müsse sich zudem
verbessern, Stiftungen und Förde-
sourcen nicht.
man andererseits auch mit Eigenin-
rungsprojekte müssten „ihre Senso-
Sowohl die Thesen der Redner als
itiative Jugendliche in ihrem Werde-
ren nachjustieren“ um auch in bislang
auch die Aussagen der Gäste, unter
gang unterstützen kann.
unentdeckten Gruppen Potenziale zu
denen sich viele Lehrer und Lehr-
entdecken. Förderungen dürften sich
amtsstudenten
zudem nicht nur an den Schulleistun-
schließlich, dass einerseits viel getan
gen orientieren, sondern sollten auch
werden muss, bis ein gerechteres Bil-
das soziale Engagement sowie die fa-
dungssystem etabliert wird und dass
miliären Hintergründe eines Jugendlichen berücksichtigen.
Förderungen dürften sich [...] nicht nur an den Schulleistungen orientieren. Suat Yilmaz fordert von Lehrern, so schwierig es im Alltag auch sein mag, nach Talenten Ausschau zu halten und diese gezielt zu unterstützen. Ein guter Lehrer sei gleichzeitig auch ein Talentförderer. Diese Forderung sorgte schließlich für Diskussionen, da sich viele Lehrer ohnehin schon mit ihren Aufgaben ausgelastet fühlen. Der Widerspruch kam aus dem Publikum und lautete: „Zu viel!“ Lehrer könnten nicht alle Benachteiligungen ausgleichen. Dafür reichten ihre Res-
befanden,
zeigten
Menschenrechte im digitalen Zeitalter
Eine Podiumsdiskussion zum Welttag der Menschenrechte Die immer rasanter fortschreitende
durchbrochen und Bürgerrechte
wieder von der Tafel gehängt wer-
Vernetzung der Welt mit elektroni-
gestärkt. Eine verbesserte Dokumen-
den, so entzieht sich seine Verbrei-
schen Kommunikationsmöglichkeiten
tation bedeutet oftmals eine bessere
tung im Netz vielfach jeder Kontrolle.
verändert Wirtschaft, Gesellschaft,
Analyse und Bewertung von staatli-
Ab wann ist in einem solchen Fall die
Politik und unser Sozialleben. Auch
chen Maßnahmen. Es werden aber
Menschenwürde gefährdet? Solche
das Recht und die Menschenrechte
auch neue Straftaten, bis hin zu Men-
Fragen stellen sich vor allem in den
sind vor immer neue Herausforderun-
schenrechtsverbrechen
bereits stark vernetzten und digitali-
gen und Möglichkeiten gestellt.
und Unberechenbarkeiten erzeugt.
sierten Gesellschaften.
Einerseits besteht mit der Verbreitung
Vielfach wird dabei zuerst und alleinig
Was aber ist mit jenen, die keinen Zu-
von Smartphones und sozialen
an die Bedrohungen für die Privat-
griff auf das Web haben? Lässt sich
Netzwerken die Hoffnung, Menschen-
sphäre gedacht – doch der Katalog
aus der schieren Datenfülle im Netz
rechtsverbrechen zukünftig besser zu
an zu berücksichtigenden Handlungs-
und dem Umstand, dass eine gleich-
dokumentieren und zu verbreiten. Mit
erweiterungen ist weit umfassender.
berechtigte Teilnahme am globalen
dezentraler Vernetzung werden staat-
Konnte ein entwürdigendes Bild in
Leben
liche Informationshoheiten vielfach
einer Schulklasse früher noch einfach
möglich ist, ein Zugriffsrecht darauf
ermöglicht
ohne
Internetzugriff
Von links nach rechts: Yücel Erturul (Rechtsanwalt), Ralf Büscher (Fachanwalt für Strafrecht), Mike Karst (Amnesty International)
12 RUHRDIALOG RÜCKBLICK 2015
kaum
ableiten? Muss dieser Zugriff „neutral“
schichte der Menschenrechte und des
rechte, sondern auch um die vielfach
sein, oder handelt es sich hierbei um
Rechtsstaates durch Herrn Büscher
unbemerkten Chancen, die sich bei-
eine Forderung für diejenigen, die es
führte Herr Karst in die in diesem Kon-
spielsweise einer Organisation wie
sich leisten können?
text spezifischen Aspekte der Digita-
AMNESTY INTERNATIONAL bieten.
Über diese und zahlreiche andere
lisierung ein. Was macht die Digitali-
Nach den kurzen Einführungsvorträ-
Aspekte unterhielten sich der Straf-
sierung besonders, was bedeutet die
gen unterhielten sich die Teilnehmer
rechtsanwalt Ralf Büscher und der
Unkontrollierbarkeit von Sender und
und Referenten angeregt und waren
Nachwuchswissenschaftler
Mike
Empfänger von Nachrichten? Welche
dabei zum Glück nicht immer einer
Karst anlässlich des Tags der Men-
Auswirkungen hat die hohe Auflö-
Meinung.
schenrechte am 10.12.2015 an der
sungsrate der Beobachtung mensch-
Universität Duisburg-Essen. Geladen
lichen Vehaltens? Was kann man ge-
hatten der Ruhrdialog e.V. in Zusam-
gen Hass im Netz tun?
menarbeit mit ProfCon Ruhr e.V.
In der Diskussion ging es nicht nur um
Nach einem Überblick über die Ge-
Risiken für den Schutz der MenschenRUHRDIALOG RÜCKBLICK 2015 13
Hochschulgruppe Ruhrdialog
D
ie Hochschulgruppe Ruhrdialog konnte dieses Jahr
auch Ernsthaftigkeit verdeutlicht die Theatergruppe „Halber
erneut die Theatergruppe „Halber Apfel“ anwerben,
Apfel“ Probleme der Integration und gibt ihren Zuschauern
welche im Audimax der Universität Duisburg-Essen auftrat.
Denkanstöße.
Wie bereits mit dem ersten Teil unterhielt Murat Isboga mit seinem Team auch in der Fortsetzung „Almanya, ich liebe
FASTENBRECHEN 10.07.2015
dich!“ die Zuschauer. Die Intention des Stücks war es, so Isboga, mit viel Humor Vorurteile aufzugreifen und aus der
Die Hochschulgruppe Ruhrdialog lud Studenten muslimi-
Welt zu schaffen.
schen und nichtmuslimischen Glaubens zum Fastenbrechen in der Universität ein. Bei einem gemütlichen Abendessen
THEATER: „ALMANYA, ICH LIEBE DICH!“
und Livemusik wurden anregende Gespräche geführt und neue Freundschaften geschlossen. So konnte unsere
Im ersten Theaterstück „Stefanie integriert die Öztürks“
Hochschulgruppe eine Brücke zwischen verschiedenen
musste sich der Familienvater nach einer verlorenen Wette
Kulturen aufbauen. Es ist natürlich wichtig zu erwähnen,
von Stefanie integrieren lassen. Hier konnte man zunächst
dass Toleranz und Offenheit die Kernpunkte dieser Idee
einen Einblick gewinnen, welche Probleme und vor allem
sind.
welche Vorurteile die beiden Parteien hatten. Das zweite Stück „Almanya, ich liebe dich!“ erzählt die Geschichte der
SPENDENAKTION ZUM WELTKINDERTAG
Öztürks weiter. Die Integration von Herr Öztürk ist vollzogen, aber schon warten andere Probleme auf die Familie:
Die meisten Opfer des Krieges sind Kinder, Frauen und
der Türkeiurlaub muss organisiert werden und Herr Öztürk
gerade die Menschen, die mit dem Krieg am wenigsten zu
braucht eine Genehmigung vom Arbeitsamt. Zudem ist
tun haben möchten. Die wenigen Glücklichen unter diesen
eine Konfrontation mit den neuen Nachbarn, die „typisch
Opfern können das Krisengebiet verlassen, um einen
deutsch“ sind, vorprogrammiert. Mit viel Spaß, Ironie und
sicheren Ort aufzusuchen. Manche Staaten gewähren den
14 RUHRDIALOG RÜCKBLICK 2015
Die
Hochschulgruppe
Ruhrdialog
ist
Gemeinschaft
eine aus
Studierenden, die sich mit Begegnungsveranstaltungen und Projekten aktiv im Universitätsleben einbringt. Zudem reichen die Aktivitäten über
die
Hochschule
hinaus und erreichen verschiedene Zielgruppen im Ruhrgebiet. Zuletzt stieß die Spendenaktion für Flüchtlingskinder auf überwältigende Resonanz.
Kriegsflüchtlingen Asyl und sorgen für deren Unterhalt, indem sie das Nötigste (wie z.B. Kleider und Nahrung) bereitstellen. Wir sind aber der Meinung, dass vor allem Kinder, die in solch einem Stress leben müssen, mehr als nur eine Grundsicherung erhalten sollten; vor allem benötigen sie Geborgenheit und Zuwendung. Zum Anlass des Weltkindertages und als Ausdruck unserer Nächstenliebe riefen wir unter der Leitung von Herrn Deniz Büyüktatar eine Spendenaktion ins Leben. Ab dem 27.08.15 sammelte die Hochschulgruppe Ruhrdialog Spielzeuge für Bürgerkriegsflüchtlinge in Essen. „Mehrere hundert Kinder sind in Asylbewerberheimen in Essen untergebracht“, sagt Büyüktatar. „Deshalb ist es wichtig, dass wir als Zivilgesellschaft auch konkret etwas tun und für die Flüchtlingskinder Spielzeugspenden sammeln, denn dort fehlt es buchstäblich an allem.“ Mit dieser Spendenaktion zauberte der Ruhrdialog e.V. ein Lächeln in die Gesichter und lenkte die Aufmerksamkeit auf die Schicksale der Flüchtlingsfamilien.
RUHRDIALOG RÜCKBLICK 2015 15
Hat Barmherzigkeit Grenzen? Eine gemeinsame Veranstaltung mit dem Arbeitskreis für interreligiösen Dialog der Evangelischen Kirche Duisburg
D
as Jahr 2015 wurde von dem
Begriff
„Flüchtlinge“
geprägt. Die Massen asylsuchender Menschen bestimmen in besonderem Maße das politische und gesellschaftliche Leben in Deutschland und Europa. Dementsprechend kürte die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) „Flüchtlinge“ zum Wort des Jahres 2015. Tatsache ist, dass die Flüchtlingsthematik unsere Gesellschaft polarisiert. Soll es eine Obergrenze für die Aufnahme von Asylbewerbern geben? Sollen die Grenzen geschlossen werden? Sollte es nicht irgendwann Schluss sein, weil unsere Gesellschaft durch den Massenandrang überfordert wird? Gemeinsam mit dem Evangelischen Kirchenkreis Duisburg haben wir uns der Frage gestellt: „Hat Barmherzigkeit Grenzen?“ Die Referenten Prof. WolfDieter Just und Frau Ülkü Özdas schilderten eindrucksvoll, welche Rolle Flucht und Zuwanderung in der christlichen und islamischen Tradition spielen. In beiden Vorträgen wurde betont, dass Barmherzigkeit keine Grenze hat bzw. haben sollte. 16 RUHRDIALOG RÜCKBLICK 2015
G
erade in einer demokratischen Gesellschaft spielt die Presse und die mit ihr ver-
bundene Pressefreiheit eine entscheidende
Rolle. Umso wichtiger ist die Teilnahme an der Gesellschaft durch und mit Medien ein unerlässliches Muss für die Aufrechterhaltung einer funktionierenden Demokratie. Zu Recht ist die Meinungsvielfalt ein hohes demokratisches Gut, welches im Grundgesetzbuch rechtlich geschützt ist. Medien leben von einem vitalen Austausch. Deshalb ist eine mediale Teilhabe unverzichtbar. Dazu gehört auch, dass Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit haben, Medieninhalte selber zu gestalten. Da bis jetzt nur der zweite Vorsitzende des Vereins einen Zertifikatskurs belegt hatte, wollten wir das Radio-Team vergrößern. Wir haben uns entschieden, einen Zertifikatskurs für den Bürgerfunk in unseren Räumlichkeiten zu veranstalten. Gefördert wurde dieser Kurs von der Landesanstalt für Medien (LfM). Insgesamt acht Teilnehmer wurden von Medientrainer Frank Hartung über mehrere Wochen hinweg mit den Standards und Besonderheiten des Bürgerfunkes
Projekt
vertraut gemacht. Hartung zeigte sich zufrieden und stellte am Ende allen Teilnehmern das Zertifikat aus, welches ihnen den Einstieg in die Radiowelt ermöglichen sollte.
Bürgerfunker der Zukunft Eine Welt ohne Medien ist nicht mehr vorstellbar. Der Ruhrdialog e.V. möchte mit dem Arbeitsbereich Medien vor allem den verantwortungsvollen Umgang mit Nachrichten, aber auch eine verantwortungsvolle Nachrichtenproduktion fördern. RUHRDIALOG RÜCKBLICK 2015 17
R adi o R uh rdi a l o g Bürgerfunk ist ein wichtiger Teil der demokratischen Kultur und eine Chance für die Mitgestaltung der medialen Landschaft.
D
ie Bürgerfunkgruppe „Radio Ruhrdialog“ besteht aus Mitgliedern des Vereins Ruhrdialog. Es werden aktu-
elle Themen in Essen aufgegriffen und Experten zum jeweiligen
radio
Thema
Schulstart 5. Welttag der Alphabetisierung 6. Gestern Flüchtling – heute Künstler 7. Radio Ruhrdialog Magazin: Rückblick
befragt. Vor allem der Mehrwert der Beiträge
Zu fast jedem Beitrag wurden Menschen interviewt und
steht bei der sorgfäl-
Umfragen gemacht. Vor allem der Beitrag über Pressefreiheit
tigen Vorbereitung im
erhielt eine hohe Aufmerksamkeit, da es kurz nach dem
Vordergrund. Bei der
Anschlag auf das Satiremagazin Charlie Hebdo produ-
Flut von Informationen in den täglichen Medien versuchen
ziert wurde. In diesem Zusammenhang wurde u.a. mit
wir über ein Thema ausführlich zu berichten. Wir geben u.a.
dem Essener Karikaturisten Thomas Plaßmann und dem
Tipps, um die Zuhörer für den Dialog zu motivieren. Ziel ist
Chefredakteur Christian Pflug (Radio Essen) gesprochen.
es, einen Einblick in die journalistische Arbeit zu verschaffen und eine mediale Verantwortung zu vermitteln. Radio
Ein weiteres Thema, das auf viel Beachtung stieß, war
Ruhrdialog ist auf Radio Essen zu hören.
“Gestern Flüchtling - heute Künstler”. Hierbei wurde Jamil
Folgende Beiträge wurden im Jahr 2015 ausgestrahlt:
Soro, ein syrischer Künstler interviewt, der vor Jahren geflüchtet war, nun aber als erfolgreicher Maler mit eigenen
1. Glaube vs. Extremismus
Ausstellungen in Essen tätig ist.
2. Pressefreiheit 3. Blogs und Blogging in Essen
Die
4. Schulbeginn 2015 und 10 Tipps für einen erfolgreichen
http://radio.ruhrdialog.org zu finden.
18 RUHRDIALOG RÜCKBLICK 2015
genauen
Sendezeiten
sind
auf
Ruhrgespräche Qualitätsjournalismus im digitalen Zeitalter Referentin: Ulrike Kaiser (Stellvertretende Bundesvorsitzende des DJV, Sprecherin der Arbeitsgruppe Bildung und Qualität und Sprecherin der Initiative Qualität, Mitglied der LfM-Medienkommission)
D
ie Digitalisierung hat die Medienbranche rasant verändert. Für Journalistinnen und Journalisten ist diese
Veränderung Chance und Risiko zugleich. Zu den Chancen zählt vor allem die Anwendung digitaler Techniken im journalistischen Handwerk. Mit ihren neuen Wegen bei der Recherche und in der Interaktion mit dem Publikum. Chancen bieten auch die neuen digitalen Produktionsmöglichkeiten in der Kombination von Wort, Bild und Ton (über Apps, eigene Blogs, soziale Plattformen). Die Risiken konzentrieren sich vor allem auf das Umfeld der Medienproduktion: Durch die Digitalisierung haben sich die Konsumgewohnheiten
des Publikums enorm verändert (überwiegend zu Lasten der Tageszeitungen) und damit die Medienkrisen verschärft. Dies hat Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und auf den Arbeitsalltag in den Redaktionen: Sparprogramme in den Medienunternehmen führen dazu, dass weniger Journalisten mehr leisten müssen. Frau Kaiser hat in ihrem Vortrag dargestellt, wie sich die Kommunikation in der Gesellschaft verändert hat und welche Chancen und Risiken es dabei gibt.
Pressekodex – Zwischen Ethik und Recht Referentin: Prof. Dr. Reinhild Rumphorst (Westfälische Hochschule)
A
m 24. März 2015 stürzte in den französischen Alpen ein deutsches Flugzeug ab. 150 Menschen starben. Die
Medien berichteten umfassend über Ursache und Folgen, doch ernteten sie auch viel Kritik für ihre Arbeit. Das Publikum empörte sich über die Recherchemethoden der Journalisten, weil sie z.B. trauernde Schüler mit ihren Fragen belästigten. Bis Mitte April gingen beim Deutschen Presserat mehr als 400 Beschwerden ein. Presseräte erfüllen eine wichtige Funktion, weil sie darauf achten, dass die Journalisten und Medien ethische Standards beachten. In Deutschland sind solche Berufsregeln im Pressekodex festgeschrieben. Mit ihm soll ein Ausgleich zwischen Medienfreiheit und Medienverantwortung gelingen. Beim Deutschen Presserat kann sich
deshalb jeder über die Arbeit einer Zeitung oder Zeitschrift beschweren. Doch diese Instanz steht auch immer wieder in der Kritik. Dem Deutschen Presserat wird vorgeworfen, „ein zahnloser Tiger“ und ein „Feigenblatt“ für unseriöse Medien zu sein. Prof. Rumphorst erläuterte anschaulich, wie der Presserat seinen Ansprüchen gerecht zu werden versucht und wann es sinnvoll ist, ihn einzuschalten. RUHRDIALOG RÜCKBLICK 2015 19
Innere Einkehr und gesellschaftlicher Zusammenhalt Der Fastenmonat Ramadan als Anlass zur Besinnung und zum Dialog
D
er Ramadan ist ein wichtiger Zeitabschnitt für Muslime, in welchem die Besinnung
und der gesellschaftliche Zusammenhalt in den Vordergrund rücken. Muslime fasten tagsüber, um sich von den materiellen Begierden loszulösen und ihre Spiritualität zu stärken. Abends besucht man sich gegenseitig im Freundes- und Familienkreis und bricht gemeinsam das Brot. Der Ramadan stellt für uns daher eine ideale Gelegenheit dar, in den Dialog zu treten und sich auszutauschen. Hierzu wurden gleich mehrere Abendessen organisiert. Die Hochschulgruppe Ruhrdialog lud Studenten muslimischen und nichtmuslimischen Glaubens zum Fastenbrechen in der Universität ein. Bei einem gemütlichen Abendessen und live Musik wurden anregende Gespräche geführt und neue Freundschaften geschlossen. So konnte unsere Hochschulgruppe eine Brücke zwischen verschiedenen Kulturen aufbauen. Es ist natürlich wichtig zu erwähnen, dass Toleranz und Offenheit die Kernpunkte dieser Idee sind. Darüber hinaus luden wir die Freunde unseres Vereins zum Fastenbrechen in unseren Vereinssitz an der Huttropstraße ein. Hier konnte man sich in einem gemütlichen Ambiente über die Bedeutung des Ramadan für Individuum und Gemeinschaft unterhalten. Erfreulich war es, dass auch der Landtag NRW ein Fastenbrechen in Düsseldorf veranstaltete, an dem verschiedene Glaubensgemeinden teilnahmen. Dass Menschen im diesjährigen Fastenmonat in unterschiedlichen Kontexten, sei es im Verein, in der Universität oder im Zuhause, friedlich zusammentraten, zeigte uns erneut, dass die unterschied-
lichsten Gesellschaftsteilnehmer stets durch gemeinsame Werte wie Verständnis, Rücksicht und Respekt übereinkommen können. 20 RUHRDIALOG RÜCKBLICK 2015
Lesung: Haci Bektas Veli „D
as wichtigste Buch zum Le-
res Publikum erreicht hat als Veli. Die
Sufismus-Lehren sowie die Koranin-
sen ist der Mensch.“ So lautet
Antwort erscheint simpel: Mawlana
terpretationen Haci Bektas Velis. „Die
eine der wenigen bekannten Weis-
bevorzugte es, seine Lehren schrift-
Botschaften über Toleranz und inter-
heiten Haci Bektas Velis. Um mehr
lich zu verfassen, womit es den nach-
kulturelle Verständigung, wie sie Haci
Einblicke in die Lehren des großen
folgenden Generationen leichter fiel,
Bektas Veli vertrat, bieten Lösungsan-
islamischen Lehrmeisters zu ermögli-
seine Lehren zu analysieren und wei-
sätze für verschiedene gesellschaft-
chen, organisierte der Ruhrdialog eine
terzugeben. Haci Bektas Veli hinge-
liche Probleme unserer Zeit. Daher
Lesung zum gleichnamigen Buch,
gen gab seine Ideen auf mündlichem
denke ich, dass wir alle von diesem
welches im Jahr 2015 erschienen ist.
Wege weiter. Er wirkte vor allem in
Lehrmeister lernen können“, sagte
Die Veranstaltung fand an der Univer-
ländlichen Gebieten. Deswegen ge-
Kardas während der Veranstaltung.
sität Duisburg-Essen statt. Referenten
staltete es sich insgesamt schwieri-
Auch Teilnehmer alawitischer Ge-
waren Arhan Kardas, Autor, Jurist und
ger, dass sich seine Lehren gefestigt
meinden, unter ihnen Dedes (alawiti-
Chefredakteur der Zeitschrift Fontäne,
und verbreitet haben.
sche Geistliche), zeigten sich erfreut
Prof. Dr. Gaby Herchert, Professorin
Dies ist einer der Gründe, warum sich
über die Lesung, bedankten sich bei
für Germanistik und Mediävistik und
Arhan Kardas, Autor des Buches Haci
den Referenten und boten Verbesse-
Safak Öztürk, Doktorand im Thema
Bektas Veli, für weitere Publikationen
rungsvorschläge für zukünftige Pro-
Bektasi-Orden.
in deutscher Sprache einsetzt. Er
gramme an.
In der Veranstaltung gab es vor al-
möchte Wissenslücken schließen und
lem Informationen zu der Person Haci
übersetzt hierzu die Kernideen der
Bektas Velis und seinen Lehren. Er war ein bedeutender Lehrmeister, welcher im 13. Jahrhundert in Anatolien gelebt und gewirkt hat. Seine facettenreichen, auf Toleranz basierenden Lehren haben die Menschen in Anatolien und auf dem Balkan über 700 Jahre hinweg entscheidend geprägt. Bis heute wird Haci Bektas Veli insbesondere von den alawitischen Gemeinden in höchstem Maße verehrt. Nach den Impulsreferaten der Experten erhielt das Publikum die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Da Gemeinsamkeiten zu den Sufismus-Lehren des bekannten Mawlana Dschalaladdin Rumi zu erkennen sind, kam die Frage auf, warum letzterer ein größeRUHRDIALOG RÜCKBLICK 2015 21
“Hizmet für universelle Werte?“ Jahrestagung der Stiftung Dialog und Bildung
D
er Vorstand des Ruhrdialog e.V.
von Humanität und Toleranz aufmerk-
muslimischen Community und inner-
nahm an der Hizmet Jahrestagung
sam. Dass jeder Mensch das Recht
halb unterschiedlich konfessionel-
2015 teil. Am 21. und 22. November
auf Freiheit besitze, erklärte Prof.
ler und kultureller Gruppierungen in
diskutierten die Teilnehmer und Gäste
Dr. Bultmann anhand historischer
Deutschland. Barbara Lemberger von
aus verschiedenen Städten und
Beispiele und den heiligen Schriften.
der Ludwig-Maximilians-Universität
Ländern zum Thema „Hizmet für uni-
Nach informativen Impulsreferaten
München bezeichnete die Hizmet-
verselle Werte? Engagement unter glo-
diskutierten die Teilnehmer über
Bewegung als eine postmigrantisch-
balen Herausforderungen“. Das durch
die aktuelle Menschenrechtslage in
türkische Bürgerlichkeit, die nach
die Stiftung Dialog und Bildung und den
der Türkei mit ihren Auswirkungen
dem Prinzip „Die Ränder verändern
Bund Deutscher Dialoginstitutionen
auf die muslimische Welt und die
das Zentrum“ durchaus in der Lage
organisierte Programm ging
Muslime in Deutschland. Kerim Balci,
sei, den „Wir und Ihr“-Gedanken auf-
der
zuheben und die Gesellschaft zu ver-
Frage nach, inwiefern sich die Hizmet-Bewegung mit universellen Werten und Menschenrechten aus-
„DIE RÄNDER VERÄNDERN DAS ZENTRUM“
ändern. Prof. Dr. Urs Baumann wies auf das Motto des Dialogvereins in Tübingen „Unsere Vergangenheit ist
einandersetzt und welchen Beitrag sie mit ihrem Engagement für die
Chefredakteur der Turkish Review,
nicht dieselbe- unsere Zukunft jedoch
Gesellschaft leistet. „Wir Menschen
lenkte das Augenmerk auf die Angst
schon“ hin und kritisierte die Hizmet-
sind alle auf einem Schiff. Wenn es ein
vor den Terror und die Unterdrückung
Bewegung in Deutschland als tür-
Leck gibt, dann betrifft uns das alle“,
der Meinungsfreiheit durch die türki-
kisch orientiert und bat die Hizmet-
sagte Muhammet Mertek bei seinem
sche Regierung. Thematisiert wurde
Engagierten darum, sich an der Lösung
Vortrag und machte auf die Bedeutung
ebenfalls die Stellung Hizmets in der
des Flüchtlingsproblems zu beteiligen.
22 RUHRDIALOG RÜCKBLICK 2015
„Bloggen! Filmen! Kommentieren!“
U
nser zweiter Vorsitzender und
Podiumsdiskussion. Experten aus
– Wie Bürgerjournalismus Medien
Chefredakteur von Ruhrblogger
Wissenschaft, Politik, Medien und
und Politik verändert”. Als weitere
wurde im April 2015 zu einer
Wirtschaft diskutieren hier über ein
Podiumsgäste waren Ulrike Kaiser vom
Podiumsdiskussion des Düsseldorfer
aktuelles Thema der politischen
Deutschen Journalisten Verband (DJV),
Forum Politische Kommunikation (kurz
Kommunikation. Das Interesse an poli-
Professor Dr. Christoph Neuberger von
DFPK) als Podiumsgast eingeladen.
tischer Kommunikation und an der wis-
der Ludwig-Maximilians-Universität
Das Düsseldorfer Forum Politische
senschaftlichen Auseinandersetzung
in München und Peter-Alberto
Kommunikation (DFPK) ist eine wissen-
mit der Darstellung, Vermittlung und
Behrens von Edelman GmbH aus
schaftliche Fachtagung zu Themen der
Wahrnehmung von Politik in moder-
Berlin anwesend. Helene Pawlitzki,
politischen Kommunikationsforschung.
nen Gesellschaften ist groß. Mehr als
freie Journalistin und Autorin hat die
Seit 2005 wird das DFPK jedes Jahr
1000 Teilnehmende aus Deutschland
Diskussion vor rund 150 Zuschauern
eigenständig von Studierenden
und Europa haben in den vergan-
moderiert. Serdar Ablak hat in dieser
des Masterstudiengangs Politische
gen elf Jahren diese Tagung und
Diskussionsrunde mit dem Projekt
Kommunikation an der Heinrich-
Podiumsdiskussion besucht und
Ruhrblogger die Bloggerwelt vertreten.
Heine-Universität Düsseldorf orga-
somit maßgeblich zum Gelingen der
nisiert und ist mittlerweile zu einer
Veranstaltung beigetragen.
Institution geworden. Den Auftakt
Das diesjährige Thema lautete
der Tagung bildet jedes Jahr eine
„Bloggen! Filmen! Kommentieren!
RUHRDIALOG RÜCKBLICK 2015 23
Dschihadismus und Salafismus Volkan Demirel war neben der Autorin Lamya Kaddor und Halil Simsek vom Projekt Wegweiser zum Themenblock Radikalisierungsprävention bei Jugendlichen in die Katholische Wolfsburg Akademie in Mülheim eingeladen. Dort berichtete er vom Schulworkshop Glaube ungleich Gewalt und kam mit den Zuhörern ins Gespräch.
Sommerakademie Wolfsburg Gespannt hören die Abiturienten zu, als der Abschiedsbrief eines radikalisierten Jugendlichen vorgelesen wird. Gemeinsam mit Prof. Dr. Gaby Herchert und Ahmed Gassa besuchte Volkan Demirel die begabten Jugendlichen im Ferienprogramm der Katholischen Akademie Wolfsburg in Mülheim an der Ruhr. 24 RUHRDIALOG RÜCKBLICK 2015
Besuche im Verein und außerhalb Der Essener Karikaturist Thomas Plaßmann war bei Ruhrdialog zu Besuch
Christian Pflug, Chefredakteur von Radio Essen im Interview
Ein gemeinsames Fastenbrechen mit Studentinnen an der Universität Duisburg-Essen
Volkan Demirel im Interview mit der Essener Musikband Miskin
Volkan Demirel mit der NRW Landtagspräsidentin Carina Gödecke
Die Bloggerin Juli Helmke (heimatPOTTential) bei Ruhrdialog
RUHRDIALOG RÜCKBLICK 2015 25
Pressesp iegel
WAZ, 03.03.2015
WAZ, 16.07.2015
WAZ, 25.03.2015
Deutsch-Türkisches Journal, 12.05.2015
HABERLER.COM, 07.05.2015
ZAMAN Avrupa, 06.12.2015
26 RUHRDIALOG RÜCKBLICK 2015
Vorstand Volkan Demirel 1. Vorsitzender, Arbeitsbereich Kultur und Bildung Lehrer für Haupt-, Real- und Gesamtschulen mit den Fächern Deutsch und Englisch, Promotionsstudium Pädagogik an der Universität Duisburg-Essen Aktiv im Ruhrdialog seit 2014 “Der Ruhrdialog entwickelt sich zunehmend zu einer angesehenen Einrichtung, in der jeder Mensch willkommen ist. Ich bemühe mich mit meiner Arbeit im Verein für Toleranz und Verständigung; so erweise ich der Gesellschaft meinen Dienst.” Serdar Ablak 2. Vorsitzender, Arbeitsbereich Medien Selbständig in Medien- und Kommunikationsdesign Fernstudium Soziologie Aktiv im Ruhrdialog seit 2013 „Ich bin mit Herzblut dabei. Der Ruhrdialog ist mittlerweile wichtiger Ansprechpartner für den interkulturellen Austausch im Ruhrgebiet. Den Dialog benötigen wir in allen Lebensbereichen, damit wir uns gegenseitig verstehen und respektieren.“
Ayla Dabazoğlu Beisitzerin, Arbeitsbereich Frauen und Soziales Diplom Bauingenieurin, Studium Religionswissenschaften an der RuhrUniversität Bochum Aktiv im Ruhrdialog seit 2014 „Der Ruhrdialog ist ein Verein, der Raum für Gespräche schafft. Mein Anliegen ist es, das Verständnis füreinander zu fördern.“
Deniz Büyüktatar Schriftführer, Hochschulgruppe Ruhrdialog Studium Bachelor of Education für die Fächer Mathematik und Technik (Gymnasium-Gesamtschule) an der Universität Duisburg-Essen Aktiv im Ruhrdialog seit 2014 „Besonders in der Universität treffen viele unterschiedliche Kulturen aufeinander. Die Hochschulgruppe Ruhrdialog fördert mit ihren Aktivitäten die Offenheit und Toleranz auf dem Campus.“
Mehtap Kaplan Kassenwartin, Arbeitsbereich Kultur und Bildung Studium Master of Education für die Fächer Deutsch und Spanisch (Gymnasium-Gesamtschule) an der Ruhr-Universität Bochum Aktiv im Ruhrdialog seit 2013 „Die Hoffnung auf ein friedlicheres und verständnisvolleres Leben in Deutschland bewegte mich dazu, im Ruhrdialog tätig zu werden. Wenn ich sehe, wie viel wir durch ehrenamtliches Engagement in den letzten drei Jahren geschafft haben, dann wächst bei mir die Hoffnung auf eine bessere Zukunft.“
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Huttropstr. 60 - 45138 Essen www.ruhrdialog.org info@ruhrdialog.org