Brennpunkt Basics Nr. 1/2010 deutsch

Page 1

PP 4502 Solothurn

santésuisse Römerstrasse 20 Postfach 1561 4502 Solothurn

1/10

BASICS

Brennpunkt

Kantonale Gesundheitskosten

Wieso sind die Kosten in den Kantonen unterschiedlich hoch? Vergleicht man die Kantone untereinander, so ist man zum einen über die unterschiedliche Höhe der Gesundheitskosten und zum anderen über den unterschiedlich starken Prämienanstieg erstaunt. Die Hauptgründe für die kantonalen Unterschiede sind: Die Altersstruktur, die Siedlungsform und kulturelle Differenzen auf der Nachfrageseite. Die Leistungserbringer-Dichte und der KVG-Preisindex auf der Angebotsseite.

Die genehmigten Prämien steigen im Jahr 2010 zwar gesamtschweizerisch um 9,9 Prozent, doch dieser Anstieg bewegt sich in einer Bandbreite von 4 bis 15 Prozent in den einzelnen Kantonen. Nicht nur der Anstieg ist verschieden hoch, auch die Prämienhöhe zeichnet sich durch grosse Unterschiede aus: Die Durchschnittsprämie für einen Erwachsenen mit Grundfranchise bewegt sich im Jahr 2010 je nach Kanton zwischen 257 und 452 Franken. Die Prämienhöhe ist eine Prognose der zu erwartenden Kosten im Gesundheitswesen. Prämien und Kosten entsprechen einander – zumindest in langfristiger Sicht. • Wie werden die kantonalen Kostenunterschiede erklärt? Kosten sind das Produkt von nachgefragter Menge und angebotenem Preis. Die Unterschiede in den kantonalen Kosten rühren also daher, dass sowohl die konsumierten Mengen als auch die Tarife je nach Kanton verschieden sind. Diverse Stu-

Wieso ist die Waadt über einen Drittel teurer als der Kanton St. Gallen? • Die Waadtländer müssen sich – ohne medizinischen Grund! – viel häufiger operativen oder diagnostischen Eingriffen unterziehen als ihre St. Galler Leidgenossen: Sie werden 70 Prozent häufiger an den Oberschenkeln operiert, 20 Prozent mehr an der Gallenblase, es gibt 10 Prozent mehr Kaiserschnitte. • Patienten in der Waadt müssen Medikamente schlucken, die 40 Prozent teurer sind als die Dosis, die die St. Galler verabreicht bekommen. • Pro Arztbesuch müssen die Waadtländer 60 Prozent mehr bezahlen als die St. Galler. • Kostenpunkt Tarifstruktur (Taxpunktwerte): Je höher die Honorare, desto höher die Arzt- bzw. die Spitalkosten. Für die exakt gleichen Leistungen dürfen Waadtländer Ärzte 17 Prozent höhere Tarife kassieren als ihre St. Galler Kollegen; die Belegärzte in den Spitälern 14 Prozent mehr. • Im stationären Spitalbereich, welcher kantonal geplant wird, gab die Waadt im Jahr 2008 pro versicherte Person mit 689 Franken 16 Prozent mehr aus als der Kanton St. Gallen mit 592 Franken.

(zit. nach: Urs P. Gasche, infosantésuisse 2/10)

santésuisse

brennpunkt basics 1 | 2010


infosantésuisse Das Magazin der Schweizer Krankenversicherer

Trends im Gesundheitswesen – Die Zukunft der Hausarztmedizin – Effizienz – Qualität. Wir liefern die Hintergründe: Im infosantésuisse finden Sie Dossiers, Interviews und Analysen. Vom Blick über die Grenze bis hin zu Stellenangeboten und praktischen Tipps für Ihren Arbeitsalltag: infosantésuisse bringt das Gesundheitswesen für Sie auf den Punkt – aktuell, sachlich und spannend. Jetzt bestellen und wissen worum es geht: Jahresabonnement mit 10 Ausgaben für Fr. 69.– oder ein Schnupperabonnement mit 3 Ausgaben für Fr. 20.– Bestellungen per Fax 032 625 41 51 / Mail: shop@santesuisse.ch oder über die Webpage www.santesuisse.ch (Service – Rubrik «Publikationen» – hier finden Sie auch eine Probenummer zum Download) santésuisse – Die Schweizer Krankenversicherer, Römerstrasse 20, 4502 Solothurn

dien1 haben mehrere Faktoren festgemacht, die für den Kostenanstieg verantwortlich sind und die sich in den einzelnen Kantonen unterschiedlich auswirken. Die wichtigsten darunter sind:

KOSTEN PRO VERSICHERTEN IN DER GRUNDVERSICHERUNG 2005 − 2008 (NACH BEHANDLUNGSBEGINNDATUM) 4500

2005 − 2008

4000

2005

4168 3598

3500 3077

3000

IN FRANKEN

QUELLE: SANTÉSUISSE-DATENPOOL

• die Facharzt-, Spital-, Apo2490 2500 thekendichte (je grösser, 2130 desto teurer) 2000 • die Altersstruktur (je älter die Bevölkerung, desto teu1500 rer) 1000 • die Siedlungsform und die sozialen Strukturen (auf 500 dem Land sind diese sozi0 alen Netzwerke ausgeprägAI NW AR OW UR SG ZG LU SZ GL TG GR AG VS SH FR SO ZH CH JU BL BE NE TI VD BS GE ter: je städtischer, desto teurer) Trotz einem gewissen Kostenangleich sind die Unterschiede zwischen den Kantonen • kulturelle Unterschiede (in weiterhin frappant. So ist beispielsweise das Gesundheitswesen der Waadt fast 50 Prozent der lateinischen Schweiz teurer als im Kanton St. Gallen. werden mehr medizinische Leistungen konsumiert als in der Deutschschweiz) • der Preisindex für die In Kantonen wie der Waadt, in deKVG-Leistungen (gleiche Kanton St. Gallen sind in ihrer Benen es viele Leistungserbringer hat, Leistungen zu höheren Tavölkerungsstruktur und ihren Lewerden zu Lasten der Grundversirifen: die Taxpunktwerte benshaltungskosten gut vergleichbar cherung mehr Leistungen zu höheunterscheiden sich von Kanton zu (siehe Infobox auf der Vorderseite). ren Preisen abgerechnet: Denn erst Kanton) Wenn man all diese aufgeführten wenn der freie Wettbewerb durch Kostenpunkte zusammennimmt, die Einführung der Vertragsfreiheit Nicht zu vergessen ist aber auch, kommt es gemäss den aktuellsspielen kann, erst wenn die Preise dass die hohen Prämien psycholoten Zahlen des santésuisse-Datenund Tarife ohne behördliche Gegisch eine Anspruchsmentalität bei pools im Jahr 2008 zur Differenz nehmigung frei verhandelt werden den Versicherten auslösen, was zu von 1108 Franken pro Versicherten können, erst dann werden positive einem Anstieg der konsumierten (Waadt: 3598 Franken, St. Gallen: Anreize für die Leistungserbringer Menge von medizinischen Leistun2490 Franken). Sprich: Die Waadtgesetzt, die Kosten tief zu halten. gen führt. Mengenausweitung finländer zahlen 44 Prozent mehr für (GPA) det aber auch auf kantonaler Ebene ihre Gesundheit als die St. Galler. statt: Man ist versucht, vorhandene Spital-Kapazitäten auszulasten, und • Welches Fazit ist aus diesem Verfördert auf diese Weise ebenfalls die gleich zu ziehen? 1 Eine Gesamtschau aller Studien bietet: Konsumhaltung. Camenzind, P. (2008) Erklärungsansätze Werden nun die Behandlungserregionaler Kostenunterschiede im • Wie gestalten sich diese Untergebnisse beigezogen, muss man Gesundheitswesen. Analyse der internationalen gesundheitsökonomischen schiede im Detail konkret aus? schlussfolgern, dass ein kostenund gesundheitsstatistischen Literatur – günstigeres System nicht zwinmit besonderem Fokus auf die Schweiz Um zu sehen, wie sich diese Fakgend schlechtere Qualität zur Folge (Schweizerisches Gesundheitsobservatorium (Obsan): Arbeitsdokument 30) toren konkret auswirken, lohnt ein hat. Die St. Galler sind nicht kränVergleich zweier Kantone. Der teure ker als die Bewohner der Waadt. Kanton Waadt und der günstige Die Anzahl der Ärzte, Spitalbetten und Apotheken macht die Patienten nicht zufriedener und schon gar nicht gesünder.

impressum Herausgeber santésuisse – Die Schweizer Krankenversicherer, Römerstrasse 20, Postfach, 4502 Solothurn Redaktion Abt. Politik und Kommunikation, Postfach, 4502 Solothurn, Tel. 032 625 42 83, Fax: 032 625 41 51, E-Mail: redaktion@santesuisse.ch, Homepage: www.santesuisse.ch Produktion Vögeli AG, Langnau i.E.

santésuisse

brennpunkt basics 1 | 2010


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.