Dossier infosantésuisse sondage santé 2011_D

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infosantésuisse Dossier sondage santé

Inhalt 1 sondage santé 2010 24 infosantésuisse-Artikel zur sondage santé 2009 26 infosantésuisse-Artikel zur sondage santé 2010 32 Gesundheitsmonitor 2010


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 1

Bern, 30. August 2010

Gesamtschweizerische Umfrage sondage santé zeigt:

Bevölkerung ist überzeugt, dass integrierte Versorgung die medizinische Qualität erhöht und damit Kosten spart 69 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer sehen durch die integrierte Versorgung (Managed Care) die Versorgungsqualität erhöht, 65 Prozent erachten sie als wichtige Massnahme, um im Gesundheitswesen Kosten zu sparen. Über das Schweizer Gesundheitssystem und die Rolle der Krankenversicherer weiss die Schweizer Bevölkerung ausserordentlich wenig. Dies zeigt die gesamtschweizerisch angelegte Erhebung sondage santé, die im Juni und Juli 2010 zum 8. Mal durchgeführt wurde. Damit die Versicherten über die die Krankenversicherung besser Bescheid wissen und sich im komplexen Gesundheitswesen besser zurechtfinden, nimmt santésuisse den Informationsauftrag stets sehr ernst. Mit der Aktion „immer-mit-Ihnen.ch“ intensiviert die Krankenversichererbranche ihre Informationstätigkeit. Die diesjährige Umfrage sondage santé zeigt, dass die Bevölkerung eine positive Einstellung zum Thema integrierte Versorgung (Managed Care) hat. Zwei Drittel (65 Prozent) haben schon einmal von integrierter Versorgung gehört. Eine Mehrheit der Befragten ist von deren Vorteilen überzeugt: 69 Prozent sehen dadurch die Versorgungsqualität erhöht, 65 Prozent erachten die integrierte Versorgung als wichtige Massnahme, um im Gesundheitswesen Kosten zu sparen. Nur 34 Prozent befürchten, in einem solchen Modell nicht die beste Behandlung zu bekommen. Bei gut informierten Personen sowie Leuten mit einem höheren Schulabschluss steigt die Bekanntheit der integrierten Versorgung auf über 70 Prozent. Mittels Information können sowohl Bekanntheit als auch Einstellung zu Managed Care um vier bis acht Prozent erhöht werden. Markante Wissenslücken vorhanden Wie die Erhebung weiter zeigt, herrschen in der Bevölkerung markante Lücken im Wissen über die Krankenversicherung. Nur gut die Hälfte (53 Prozent) der Bevölkerung weiss, dass die Versicherer in der Grundversicherung keinen Gewinn machen dürfen. Nur wenige mehr wissen (59 Prozent), dass die Krankenversicherer mit allen Ärzten Verträge abschliessen müssen (sog. Vertragszwang). Und nur knapp die Hälfte (48 Prozent) weiss, dass die Aussage «Mit der Grundversicherung sind alle ärztlichen Behandlungen in der ganzen Schweiz abgedeckt» falsch ist. Besonders eklatant ist die Wissenslücke, wenn es um die Verwaltungskosten geht. 92,5 Prozent der Befragten schätzen die Verwaltungskosten höher ein als sie wirklich sind. Diese werden auf 32,8 Prozent geschätzt, in Realität liegen sie bei 5,7 Prozent. Mangelnde Kenntnisse können auch unmittelbar den persönlichen Nutzen schmälern und direkt im Portemonnaie spürbar sein. So kennt beispielsweise fast ein Fünftel der Versicherten (19 Prozent) keine ein-

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zige Möglichkeit, wie man im heutigen System, z.B. über die Erhöhung der eigenen Franchise, Prämien sparen kann. Informationskampagne „immer-mit-Ihnen.ch“ Um den Wissensstand in der Bevölkerung zu Fragen der Krankenversicherung und des Gesundheitswesens zu erhöhen, hat santésuisse dieser Tage die Informationsaktivitäten intensiviert. Die Kampagne „immer-mit-Ihnen.ch“ sprach in der bisherigen Phase mit frechen Zitaten von Menschen über Plakate und Inserate in drei Sprachen und in allen Regionen der Schweiz direkt und offen die Versicherten an. Die jetzt startende Auflösungsphase der Kampagne hat zum Ziel, möglichst kurz und bündig wichtige Sachfragen zu erklären, die für das Verständnis des Schweizer Gesundheitssystems und die Rolle der Krankenversicherer notwendig sind. Nur wenn die Versicherten das System verstehen, können sie sich darin optimal verhalten. sondage santé Die von santésuisse zum achten Mal in Auftrag gegebene und von der Neff-Pidoux Wissensmanagement GmbH, Bern, konzipierte und ausgewertete Bevölkerungsbefragung sondage santé wurde zwischen dem 7. Juni und dem 2. Juli 2010 vom Marktforschungsinstitut DemoSCOPE aufgrund computergestützter Interviews durchgeführt. Die Grundgesamtheit umfasst die Bevölkerung aus allen Landesteilen im Alter zwischen 15 und 74 Jahren. Befragt wurden insgesamt 1218 Personen. Die Resultate der Gesamtstichprobe sollten mit 95 Prozent Wahrscheinlichkeit und einer Messgenauigkeit von ± 2,8 Prozent mit der Gesamtbevölkerung übereinstimmen. Für weitere Auskünfte: Claude Ruey, Präsident Stefan Kaufmann, Direktor

079 210 84 13 079 313 04 54

Diese Medienmitteilung und die Unterlagen zur Pressekonferenz können Sie im Internet abrufen unter: www.santesuisse.ch

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Bericht zur sondage santé 2010 Bern, 30. August 2010

Bevölkerung ist überzeugt, dass integrierte Versorgung die medizinische Qualität erhöht und damit Kosten spart 69 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer sehen durch die integrierte Versorgung (Managed Care) die Versorgungsqualität erhöht, 65 Prozent erachten sie als wichtige Massnahme, um im Gesundheitswesen Kosten zu sparen. Über das Schweizer Gesundheitssystem und die Rolle der Krankenversicherer weiss die Schweizer Bevölkerung ausserordentlich wenig. Dies zeigt die gesamtschweizerisch angelegte Erhebung sondage santé, die im Juni und Juli 2010 zum 8. Mal durchgeführt wurde. Das Thema Managed Care ist durch die Verknüpfung mit dem differenzierten Selbstbehalt sowie dank der wachsenden Einsicht in die Notwendigkeit einer der besseren Vernetzung medizinischer Leistungserbringer in den Vordergrund gerückt. Statt die Bereitschaft zum Beitritt zu einem Versicherungsmodell mit integrierter Versorgung zu erheben, wurde in der sondage santé zuerst nach der Bekanntheit solcher Angebote gefragt. Frage: „Es gibt Netzwerke, in denen Ärzte verschiedenster Fachrichtungen, Spitäler und medizinische Fachpersonen zusammenarbeiten. Einige Krankenkassen haben Angebote in der Grundversicherung, wo man in jedem Fall zuerst ein solches Netzwerk aufsuchen muss, wenn man erkrankt. Dafür sind dann die Prämien tiefer. Haben Sie davon schon gelesen oder gehört?“

65% der Befragten haben schon von Netzwerken gehört, in denen Ärzte und weitere medizinische Fachpersonen zusammenarbeiten. Bei der Unterscheidung nach Merkmalsgruppen ergibt sich folgendes Bild: Bei gut ausgebildeten Personen (73%), solchen mit einem Einkommen über 6000 Franken pro Monat (73%) und 34-54-Jährigen (72%) ist die Bekanntheit von Managed Care Modellen besser als der Durchschnitt, bei allen anderen Merkmalsgruppen liegen die entsprechenden Werte tiefer.

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Managed Care mit klaren Vorteilen Den Befragten wurden einige Aussagen zu den Vor- und Nachteilen von Ärztenetzwerken zur Beurteilung unterbreitet: Frage: „Es gibt unterschiedliche Meinungen zu solchen Netzwerken, die auch unter der Bezeichnung «Managed Care» laufen. Ich lese Ihnen nun ein paar Aussagen vor und bitte Sie jeweils zu sagen, ob diese aus Ihrer Sicht zutreffen oder nicht zutreffen. - Der Vorteil dieser Netzwerke ist, dass unter einem Dach für alle Probleme jederzeit eine Fachperson zu Verfügung steht. - Managed Care ist eine wichtige Massnahme, um im Gesundheitswesen Kosten zu sparen. - Der Vorteil dieser Netzwerke ist, dass durch die Zusammenarbeit von verschiedenen Fachpersonen unter einem Dach die Qualität der Versorgung erhöht wird. - Ich muss zwar weniger Prämien bezahlen, dafür sind in Managed Care-Netzwerken die Wartezeiten länger. - Ich befürchte, in einem solchen Netzwerk nicht immer die beste Behandlung zu bekommen. - Ich möchte den Arzt lieber selber wählen und bezahle dafür höhere Prämien.“ Meinungen zu Managed Care

Fachperson zur Verfügung Massnahme zum Kosten sparen Verbesserung Versorgungsqualität Weniger Prämien, länger warten Behandlungsqualität schlechter Freie Arztwahl

Trifft zu: Ja % 77 65 69 27 34 55

Basis

1218

Nein % 12 17 20 35 51 38

weiss nicht % 10 17 10 36 14 7

keine Antwort % 1 1 1 1 1 1

Insgesamt fällt die Beurteilung der integrierten Versorgungsmodelle positiv aus. So erkennen knapp zwei Drittel der Befragten den Beitrag, den Managed Care-Modelle zur Senkung der Kosten im Gesundheitswesen leisten. Die Zustimmung ist bei 35-54-Jährigen (71%) und besser Verdienenden (70%) etwas höher als der Durchschnitt, über 55-Jährige (58%) und nicht erwerbstätige Personen (57%) beurteilen den Spareffekt etwas zurückhaltender. 17% geben an, diese Aussage nicht beurteilen zu können, ein deutlicher Hinweis auf zusätzlichen Erklärungsbedarf. Gar 69% der Befragten sieht mit der integrierten Versorgung die Versorgungsqualität verbessert. Die Beurteilung dieser insgesamt sehr positiv bewerteten Aussage fällt mit Blick auf die Merkmalsgruppen ziemlich einheitlich aus. Frauen (67%) sind etwas weniger überzeugt als Männer (71%), die 15-34-Jährigen (65%) weniger als Personen über 55 (72%). Zehn Prozent der Befragten können sich nicht für ein Ja oder ein Nein entscheiden. Nur ein gutes Drittel der Befragten befürchtet, in einem solchen Modell nicht die beste Behandlung zu bekommen. Die Werte der einzelnen Merkmalsgruppen schwanken nur geringfügig um den Durchschnittswert. Die Einschränkung der Arztwahl ist ein Reizthema. Es erstaunt deshalb nicht, dass mehr als die Hälfte der Befragten lieber höhere Prämien bezahlt, statt Einschränkungen in Kauf zu nehmen. Besonders gross ist der Unterschied in dieser Frage zwischen Männern (50%) und Frauen (60%) sowie zwischen voll (52%) und teilzeitlich beschäftigten Personen (62%). Es sei daran erinnert, dass ein enger Zusammenhang zwischen dem Geschlecht und Beschäftigungsgrad besteht. Personen, die über die Krankenversicherungen gut Bescheid wissen, haben auch häufiger als der Durchschnitt bereits von integrierten Netzwerken gehört. Sie beurteilen deren Vorteile etwas höher als die übrigen Merkmalsgruppen, unterscheiden sich aber wenig bei der Beurteilung der Nachteile. Bei gut informierten Personen sowie Leuten mit einem höheren Schulabschluss steigt die Bekanntheit der integrierten Versorgung auf über 70 Prozent. Mittels Information können sowohl Bekanntheit als auch Einstellung zu Managed Care um vier bis acht Prozent erhöht werden. Römerstrasse 20 Postfach CH-4502 Solothurn Tel. 032 625 41 41 Fax 032 625 41 51 mail@santesuisse.ch www.santesuisse.ch

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Wissen zur Grundversicherung bleibt bescheiden Wie die Erhebung weiter zeigt, herrschen in der Bevölkerung markante Lücken im Wissen über die Krankenversicherung. Nur gut die Hälfte (53 Prozent) der Bevölkerung weiss, dass die Versicherer in der Grundversicherung keinen Gewinn machen dürfen. Nur wenige mehr wissen (59 Prozent), dass die Krankenversicherer mit allen Ärzten Verträge abschliessen müssen (sog. Vertragszwang). Und nur knapp die Hälfte (48 Prozent) weiss, dass die Aussage «Mit der Grundversicherung sind alle ärztlichen Behandlungen in der ganzen Schweiz abgedeckt» falsch ist. Frage: „Bei der Krankenkasse unterscheidet man zwischen Grund- und Zusatzversicherung. Die Grundversicherung ist für alle obligatorisch. Ich lese Ihnen jetzt ein paar Aussagen zur Grundversicherung vor und bitte Sie, mir zu sagen, ob diese aus Ihrer Sicht zutreffen oder nicht zutreffen: - Alle Krankenkassen müssen in der Grundversicherung die gleichen Leistungen anbieten. - Mit der Grundversicherung sind alle ärztlichen Behandlungen in der ganzen Schweiz abgedeckt. - Die Krankenversicherungen müssen mit allen Ärzten Verträge abschliessen. - Ich kann jedes Jahr die Grundversicherung wechseln. - Die Krankenversicherer dürfen in der Grundversicherung keinen Gewinn erzielen.“ Wissen gleiche Leistungen Arzt ganze Schweiz Vertragszwang Jährlichwechseln Kein Gewinn Basis

richtig falsch richtig richtig richtig

2003 % 82

1205

2004 % 85 53

2005 % 83 49 54

2006 % 84 50 51

1209

1205

1203

2007 % 86 51 53 73 53 1205

2008 % 86 55 57 81 52

2009 % 85 55 60 82 50

2010 % 84 52 59 81 53

1210

1201

1218

Nur zwei wesentliche Eigenschaften der Grundversicherung sind weitgehend bekannt: Erstens: Alle Krankenversicherer müssen in der Grundversicherung die gleichen Leistungen anbieten. 84% der Befragten sagen, diese Aussage treffe zu. Zweitens: Man kann jedes Jahr die Grundversicherung wechseln. Immerhin 81% der Befragten liegen mit ihrer Antwort richtig.

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Wie die die Grafik schön illustriert, verändern sich die Ergebnisse der jährlichen Befragungen nur wenig. Die beiden gut bekannten Eigenschaften sind sehr stabil. Bei der Frage zum Vertragszwang kann ein leichter Trend zur Verbesserung des Wissens festgestellt werden. Bei der Frage zur Abdeckung der ärztlichen Behandlungen sowie zum Gewinn in der Grundversicherung schwanken die Ergebnisse in einer Bandbreite von drei Prozentpunkten. Verwaltungskosten der Krankenversicherer um ein Vielfaches überschätzt Besonders eklatant ist die Wissenslücke, wenn es um die Verwaltungskosten geht. 92,5 Prozent der Befragten schätzen die Verwaltungskosten höher ein als sie wirklich sind. Diese werden im Schnitt auf 32,8 Prozent geschätzt, in Realität liegen sie bei 5,7 Prozent. Frage: „Die Gesamtausgaben der Grundversicherung setzen sich aus zwei Bereichen zusammen: 1. den von Krankenkassen bezahlten medizinischen Leistungen von Ärzten und Spitälern etc. und 2. dem Verwaltungsaufwand der Krankenkassen. Wie hoch schätzen Sie den Verwaltungsaufwand in Prozenten?“ Verwaltungskosten 1-5 Prozent 6-10 Prozent 11-15 Prozent

2003 % 4,5 11,7 4,4

2004 % 6,3 10,0 5,0

2005 % 4,9 10,3 6,1

2006 % 6,8 10,6 5,3

2007 % 9,2 9,9 5,5

2008 % 6,9 10,2 6,0

2009 % 7,3 9,5 5,6

2010 % 7,5 9,9 7,1

16-20 Prozent 21-30 Prozent 31-50 Prozent 51-100 Prozent weiss nicht keine Antw.

9,3 12,1 12,2 4,3 35,0 6,0

11,4 13,9 12,9 5,6 30,8 3,9

10,2 13,4 14,3 6,3 30,0 4,6

8,6 11,5 13,0 5,0 35,2 4,0

10,3 12,0 16,3 13,9 21,4 1,5

10,7 15,7 19,7 12,5 16,9 1,5

11,4 15,7 19,7 12,7 16,2 1,7

11,3 15,9 18,2 14,7 13,8 7,5

Mittelwert

26%

28%

26%

26%

32%

32%

32%

33%

Basis

1205

1209

1205

1203

1205

1210

1201

1218

Zwar hat sich der Anteil der Befragten, die 1-5 Prozent schätzen erhöht und jener der Personen mit einer Schätzung in der Bandbreite von 6-10 Prozent stabilisiert. Gleichzeitig haben sich aber die Anteile der zu hohen Schätzungen vergrössert.

Die markante Verringerung in der Kategorie «weiss nicht» ab dem Jahr 2007 ist darauf zurückzuführen, dass die Frage wie oben mit zusätzlichen Erklärungen ergänzt wurde. Der Durchschnitt der Schätzungen aber beträgt seither statt 26% nun gar 33%. Römerstrasse 20 Postfach CH-4502 Solothurn Tel. 032 625 41 41 Fax 032 625 41 51 mail@santesuisse.ch www.santesuisse.ch

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Bei den Teilauswertungen nach den sozialen Merkmalsgruppen bietet sich als Erklärungsansatz die Wissensdimension. Personen mit tieferem Bildungsniveau schätzen die Verwaltungskosten noch höher als der Durchschnitt ein (nämlich auf rund 43%). Auch diese Werte sind im Vergleich zum Vorjahr sehr konstant.

Ein Fünftel der Bevölkerung kennt keine Prämiensparmöglichkeiten Die Prämien für die Grundversicherung machen einen nicht zu vernachlässigenden Anteil der privaten Ausgaben aus. Man dürfte deshalb erwarten, dass die Versicherten auch Möglichkeiten kennen, wie sie die Prämie reduzieren könnten. Mangelnde Kenntnisse können in diesem Bereich unmittelbar den persönlichen Nutzen schmälern und direkt im Portemonnaie spürbar sein. So kennt heute noch immer fast ein Fünftel der Versicherten (19 Prozent) keine einzige Möglichkeit, wie man in der Krankenversicherung, z.B. über die Erhöhung der eigenen Franchise, Prämien sparen kann. Übervertreten sind in dieser Gruppe neben Personen mit Volksschulniveau auch Personen aus der Westschweiz sowie die 15-34-Jährigen. Frage: “Sie haben ja auch selber verschiedene Möglichkeiten, bei den Prämien der Krankenversicherung zu sparen. Welche kommen Ihnen spontan in den Sinn?“ (Antworten NICHT vorlesen) Prämien sparen Franchise erhöhen HMO, Hausarztmodell Prämienvergleich, ev. Wechsel Eigenes Verhalten, Arztbesuch bei den Zusatzversicherungen Telefonische Beratungsdienste andere weiss nicht, keine Antwort Basis

2003 % 54 12 5

2004 % 54 13 11

2005 % 49 12 6

2006 % 49 16 11

24 26 1205

21 24 1209

27 28 1205

5 19 26 1203

2007 % 52 19 9 9 7 6 5 21 1205

2008 % 54 24 12

2009 % 52 25 12

5 20 21 1210

8 23 20 1201

2010 % 53 29 9 3 6 9 15 19 1218

Die Bekanntheit von HMO und Hausarztmodellen als Prämiensparmöglichkeit nimmt jedoch zu. 29% der Befragten erwähnen diese Option neben der am meisten genannten Erhöhung der Franchise (53%). Die Bekanntheit der Möglichkeit, mit einer Erhöhung der Franchise Prämien zu sparen, ist über die Jahre hinweg stabil. Signifikant zugenommen hat hingegen die Bekanntheit von HMO und Hausarztmodellen. Dies dürfte auch damit zusammenhängen, dass immer mehr Krankenversicherer diese Optionen anbieten. Langsam aber stetig nahm auch die Häufigkeit der Nennung der telefonischen Beratungsdienste zu; sie steht nun gleichauf mit dem Prämienvergleich und einem anschliessenden Wechsel der Krankenversicherung.

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Die Erhöhung von Franchisen wird von Personen der Altersgruppe 35-54 (66%) überdurchschnittlich häufig genannt, jedoch nur von 40% der über 55-Jährigen. Dies dürfte aber nicht nur an der Bekanntheit dieser Option liegen. Je nach gesundheitlicher und finanzieller Situation liegt eine solche gar nicht im Bereich des Möglichen. Wie schon 2009 kennen Personen mit tiefem Bildungsniveau grundsätzlich weniger Prämiensparmöglichkeiten, 42% dieser Gruppe geben keine Antwort. Entsprechend erwähnen nur 22% der Personen mit Volksschulniveau die Erhöhung der Franchise.

HMO und Hausarztmodelle werden von Personen mit hohem Bildungsniveau (35%), gutem Einkommen (35%), in der Deutschschweiz (34%) und in der Altersgruppe 35-54 (33%) überdurchschnittlich oft genannt. Umgekehrt erwähnen die «Antipoden» diese Möglichkeit weniger häufig: über 55 (23%), nicht erwerbstätig (20%), Westschweiz (12%) und Volksschulniveau (10%). Gut informierte Personen und Befürworter des bisherigen Systems erwähnen HMO und Hausarztmodell überdurchschnittlich häufig.

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Vielfältige Ursache für jährliche Prämienerhöhungen Ein weiteres Mal erfragt wurden die Ursachen für die jährlichen Prämienerhöhungen. Die seit 2007 ohne Antwortvorgaben gestellte Frage bildet den Einstieg ins Gespräch mit den Befragten. Frage: „Wo sehen Sie die Gründe, dass die Prämien für die Krankenkasse jedes Jahr steigen?“ Ursachen Prämienanstieg*

2007 % 36 8

2008 % 36 8

2009 % 33 8

44

44

41

2010 % 33 8 5 1 47

Teure Medikamente Teure Spitzenmedizin und Geräte Keine Sparbereitschaft der Leistungserbringer zu viele Spitäler zu viele Ärzte Total medizinische Dienstleistungen

21 18 8 4 5 56

19 15 4 4 6 48

28 13 13 2 2 58

16 17 10 2 2 47

Weil die Kosten steigen Politik Total «externe» Faktoren

22 3 25

19 3 22

16 3 19

22 2 24

Verwaltungskosten der KK Gewinne/Reserven der Krankenkassen div. Gründe Krankenversicherer Total Krankenkassen

10 8

5 1

6 2

18

5 4 2 9

6

10

anderes Ich weiss es nicht. Total anderes und keine Angabe

9 9 18

16 13 29

19 12 31

15 10 25

Basis

1205

1210

1201

1218

Arztbesuche Alterung der Gesellschaft Gesundheitszustand Missbrauch Total individuelle Gründe

*Mehrfachnennungen möglich (Total >100%)

Die Ursache für die jährlichen Prämienerhöhungen wird zu einem wesentlichen Teil auf der Seite der Leistungsempfänger selber vermutet, in erster Linie bei den zu häufigen Arztbesuchen. Man suche wegen jeder Kleinigkeit sofort den Arzt auf, geben die Befragten etwa an. Erwähnt werden jedoch auch die zunehmende Alterung der Bevölkerung und die damit verbundene Inanspruchnahme medizinischer Dienstleistungen. In die gleiche Richtung gehen Vermutungen Römerstrasse 20 Postfach CH-4502 Solothurn Tel. 032 625 41 41 Fax 032 625 41 51 mail@santesuisse.ch www.santesuisse.ch

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zum Gesundheitszustand der Bevölkerung. Neu tauchen Andeutungen zu Missbräuchen auf. Verschiedene Befragte sehen die Schuld bei den Ausländerinnen und Ausländern. Die Reaktionen auf diese Frage sind von aktuellen Umständen und den öffentlichen Diskussionen beeinflusst. So wäre zu erklären, dass die Kosten für Medikamente in der Befragung 2010 (16%) wieder weniger oft erwähnt werden als im vergangenen Jahr (28%). Damals waren die Preise für die Medikamente vor der Befragung ein Dauerthema. Umgekehrt wird die allgemeine Kostensteigerung im Gesundheitswesen häufiger genannt. Knapp 10% der Befragten erwähnen Ursachen im Zusammenhang mit den Krankenversicherern (Verwaltungskosten, Gewinne, Reservenbildung). Überraschende Abnahme der Prämienbelastung Eine Fieberkurve des Gesundheitswesens ist die finanzielle Belastung der Versicherten durch die Prämie in der Grundversicherung. Frage: „Wie empfinden Sie persönlich die finanzielle Belastung durch die Prämie für die Grundversicherung?“ Prämie

zu hoch hoch, aber tragbar kein Problem anderes wn/kA Basis

2004 %

2005 %

2006 %

2007 %

2008 %

34 42 19 5 0

30 48 16 3 3

30 45 18 0 7

26 50 18 1 4

20 47 24 3 6

1209

1205

1203

1205

1210

2009 %

2010 %

29 49 16 2 5

21 50 22 1 6

1201

1218

Angesichts der beträchtlichen Erhöhung der Prämien gegenüber dem letzten Jahr ist das Ergebnis dieser Fragen eher etwas überraschend. Der Anteil der Personen, für deren finanzielle Verhältnisse die Prämien zu hoch sind, nahm von 29% auf 21% ab. Umgekehrt nahm der Anteil der Personen, für welche die Prämien in der Grundversicherung kein finanzielles Problem

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darstellt, von 16% auf 22% zu. Auf dem gleichen Niveau blieb der Anteil der Befragten, welche die Prämien zwar als hoch, aber immer noch tragbar beurteilen. Zwei Begründungen kann man sich für diese Ergebnisse vorstellen. Einerseits scheint sich die Wirtschaftslage wieder entspannt zu haben. Die Schweiz wurde von einem massiven Einbruch der Konjunktur verschont. Andererseits gab es im Vergleich zum Vorjahr während der Befragung noch keine Schlagzeilen über die Prämienerhöhungen des Folgejahres. Sparen im Gesundheitswesen dringend notwendig Auf Grund früherer Umfragen im Rahmen der sondage santé musste die Sparbereitschaft der Bevölkerung stark in Frage gestellt werden. Leistungsverzicht und Qualitätseinbussen wurden jeweils nur von einer Minderheit bejaht, selbst wenn dafür die Prämien tiefer wären. Nichtsdestotrotz ist bei der grossen Mehrheit der Bevölkerung aber das Bewusstsein für die Notwendigkeit des Sparens vorhanden. Frage: „Die Kosten im Gesundheitswesen steigen ständig und damit auch die Prämien. Wie dringend müsste man Ihrer Meinung nach im Gesundheitswesen sparen: sehr dringend, eher dringend, eher nicht dringend, gar nicht dringend?“

Im Vergleich mit dem Vorjahr hat sich der Handlungsdruck leicht abgeschwächt, was allerdings auch mit statistischen Schwankungen begründet werden könnte. Vergleicht man die Mittelwerte der Befragungen 2009 und 2010 (4 = sehr dringend, 3 = eher dringend, 2 = eher nicht so dringend, 1= gar nicht dringend) ergibt sich ein leichter Rückgang von 3,30 auf 3,22.

Unterdurchschnittlich stark wird die Notwendigkeit zum Sparen bei Personen aus der Westschweiz, solchen mit tiefem Bildungsniveau und bei den 15-34-Jährigen gesehen. Das sind auch die drei Merkmalsgruppen, die am häufigsten keine Gründe für die jährlichen Prämiensteigerungen nennen konnten. Römerstrasse 20 Postfach CH-4502 Solothurn Tel. 032 625 41 41 Fax 032 625 41 51 mail@santesuisse.ch www.santesuisse.ch

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Bei wem müsste gespart werden? Wenn schon dringend gespart werden soll und sich die Bereitschaft zu persönlichem Leistungsverzicht bekanntlich in Grenzen hält, führt das zur Frage, bei wem denn gespart werden müsste. Den Befragten wird eine Liste von Leistungserbringern vorgelesen, bei denen Sparmassnahmen geprüft werden könnten. Frage: „Sie sind also der Meinung, dass im Gesundheitswesen gespart werden muss. Aber wo sollte man ansetzen? Ich nenne Ihnen nun einige Vorschläge. Sagen Sie bitte jeweils, ob sie da keinesfalls sparen würden (1) oder ob man die Sparmöglichkeit prüfen sollte (2): - bei präventiven Massnahmen - beim Einsatz von Geräten und Methoden der Spitzenmedizin für Untersuchungen - bei der ärztlichen Behandlung von Krankheiten - beim Verschreiben von Medikamenten - bei Therapien für die Rehabilitation - bei der medizinischen Forschung - bei Dienstleistungen der Krankenversicherer - bei der Anzahl von Arztpraxen - bei der Anzahl von Spitälern - bei der Anzahl von Pflegeheimen - bei der Anzahl von Apotheken - bei Spitex Dienstleistungen“

Beim Verschreiben der Medikamente, bei den Dienstleistungen der Krankenversicherer oder in der Spitzenmedizin zu sparen, gehört wohl zu den Sparmöglichkeiten, die nicht unmittelbar mit persönlichen Nachteilen verbunden sind. Zu diesen beiden Sparmöglichkeiten ist die Zustimmung praktisch gleich wie im Vorjahr. Bei den meisten anderen Vorschlägen ist die Bereitschaft, Sparmöglichkeiten zu prüfen, im Vergleich zum Vorjahr 2-5 Prozentpunkte tiefer. Sparpotenzial wird von gut der Hälfte der Befragten auch bei den Hauptanbietern der medizinischen Versorgung vermutet: Ärzteschaft, Spitäler, Apotheken. Geringer ist jedoch die Sparbereitschaft in Pflegeheimen oder bei SpitexDienstleistungen.

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Individuelles Kostenbewusstsein wieder leicht rückläufig Das Ergebnis der Frage nach den Ursachen für die jährlichen Prämienerhöhungen (Arztbesuche) lässt darauf schliessen, dass sich ein Teil der Befragten durchaus des eigenen Einflusses auf die Kosten bewusst ist. Mit der folgenden, seit Beginn der sondage santé unverändert gestellten Frage, soll die Bereitschaft zu einigen weiteren kostenwirksamen Massnahmen erfragt werden. Frage: „Nun noch einige Aussagen zum persönlichen Kostenbewusstsein. Sagen Sie mir bitte wieder, welche der folgenden Aussagen für Sie zutreffen und welche nicht zutreffen: - Ich kontrolliere die Arztrechnungen immer genau. - Ich wünsche mir, dass die Krankenkasse die Arztrechnungen genau kontrolliert. - Bei der Auswahl von Ärzten, Spitälern usw., würde ich den Empfehlungen meiner Krankenkasse folgen. - Ich kann mir vorstellen, zuerst bei einem telefonischen Beratungsdienst anzurufen, wenn ich ein gesundheitliches Problem habe. (Angebote wie Medi-24 oder Medgate) - Die Kosten spielen keine Rolle. (Wenn es um die Gesundheit geht.)“

Das bereits festgestellte leichte Nachlassen des Spardrucks zeigt sich auch bei dieser Frage. Der Abwärtstrend bei der Aussage «Die Kosten spielen keine Rolle» wurde unterbrochen. Andererseits kann festgestellt werden, dass die Bereitschaft, bei der Wahl von Leistungserbringern den Empfehlungen der Krankenversicherer zu folgen, weiter ansteigt ebenso die Option, bei gesundheitlichen Problemen zuerst bei einem telefonischen Beratungsdienst anzurufen. Ausgesprochen stabil sind die Einstellungen zur Kontrolle der Arztrechnungen. Personen mit gutem Wissen zu den Krankenversicherungen sind überdurchschnittlich bereit, telefonische Beratungsdienste in Anspruch zu nehmen. Ausserdem sagt weniger als ein Drittel dieser Merkmalsgruppe, die Kosten spielten keine Rolle. Umgekehrt ist zu sehen, dass nur 57% Personen, die kürzliche eine Arztpraxis aufgesucht haben, medizinische Beratungsdienste in Anspruch nehmen möchten. Eine nähere Betrachtung der Teilauswertungen vermittelt auch Erklärungsansätze, weshalb die doch eher sorglose Einstellung „Die Kosten spielen keine Rolle“ wieder zugenommen hat. Die Vermutung liegt nahe, dass dies mit wirtschaftlichen Gründen zusammenhängt, liegen doch die Römerstrasse 20 Postfach CH-4502 Solothurn Tel. 032 625 41 41 Fax 032 625 41 51 mail@santesuisse.ch www.santesuisse.ch

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Werte aller wirtschaftlich schlechter gestellten Merkmalsgruppen über dem Durchschnitt: Personen mit Volksschulabschluss (51%), 18-34-Jährige (48%), Personen aus der Westschweiz (47%) und nicht erwerbstätige Personen (47%). Auch Personen mit einem Einkommen unter 6000 Franken im Monat (46%) und Frauen (45%) passen in dieses Erklärungsmuster.

Beurteilung politischer Fragen: Ja zum elektronischen Patientendossier Die Auswahl der politischen Fragen, die den Befragten zur Beurteilung unterbreitet wird, wird jährlich den aktuellen Gegebenheiten angepasst. Neben den drei unveränderten Vorschlägen (Medikamentenpreise im europäischen Durchschnitt, Bezahlung von Behandlungen im Ausland, Versichertenkarte) musste die Frage mit der Erhöhung des Selbstbehalts angepasst werden. Das Ergebnis lässt sich also nur bedingt mit jenen früherer Jahre vergleichen. Frage: „Ich lese Ihnen jetzt eine Reihe von politischen Forderungen vor. Sagen Sie mir bitte jeweils, ob Sie sicher dafür, eher dafür, eher dagegen oder sicher dagegen sind.“ - Die Medikamentenpreise in der Schweiz sollten dem europäischen Durchschnitt entsprechen. - Die Krankenversicherung soll auch Behandlungen im Ausland finanzieren, wenn dort bei tieferen Kosten die gleichen Leistungen erbracht werden können. - Mit der neuen Versichertenkarte sollen die behandelnden Ärzte Zugang zum elektronischen Patientendossier erhalten. - Der Selbstbehalt soll für Versicherte mit Managed Care (HMO, Hausarztmodelle) bei 10% bleiben. Für alle andern soll er auf 20% verdoppelt werden.“

Im Mehrjahresvergleich der Mittelwerte zeigt sich, dass die Meinungen sehr stabil sind. Politische Fragen

2004 MW

2005 MW

2006 MW

Medikamentenpreise Behandlungen im Ausland Versichertenkarte Selbstbehalt erhöhen

1,82

1,67

1,80

Basis

1209

1205

1203

3,11

2007 MW 3,60 3,14

2008 MW 3,59 3,10

2009 MW 3,67 3,07 3,07 1,85

2010 MW 3,60 2,99 3,15 *2,20

1205

1210

1201

1218

*2010: Erhöhung Selbstbehalt ohne Managed Care

Eindeutig ist die Zustimmung zu den bereits bekannten Vorschlägen zur Nivellierung der Medikamentenpreise auf europäischem Durchschnitt, der Bezahlung von Behandlungen auch im Ausland sowie zur Versichertenkarte mit elektronischem Patientendossier. Ebenfalls eindeutig ist umgekehrt die Ablehnung der Verdoppelung des Selbstbehalts, daran ändert auch die zusätzliche Verbindung mit der integrierten Versorgung nichts. Die nachstehende Grafik lässt darauf schliessen, dass individuelle wirtschaftliche Verhältnisse die Meinungen zu dieser Frage beeinflussen. Die Verknüpfung der Erhöhung des Selbstbehalts mit der Frage des Beitritts zu einem Versicherungsmodell mit Managed Care hat die Zustimmung als Ganzes bei fast allen Merkmalsgruppen etwas erhöht. Der Vergleich mit dem Vorjahr zeigt aber auch, dass die Ergebnisse der verschiedenen Merkmalsgruppen nun stärker streuen bzw. vom Durchschnittswert abweichen. Dies wäre ein Hinweis, dass die Thematik kontroverse Diskussionen auslösen wird. Römerstrasse 20 Postfach CH-4502 Solothurn Tel. 032 625 41 41 Fax 032 625 41 51 mail@santesuisse.ch www.santesuisse.ch

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Einschränkung der freien Arztwahl gegen Prämienrabatt erwünscht Wie werden Alternativen zum heute geltenden Vertragszwang beurteilt? Würden die Versicherten akzeptieren, dass ihre Krankenversicherer über die bevorzugten Vertragspartner entscheiden, oder ziehen sie es vor, wenn die öffentliche Hand über die Zulassung von Ärztinnen und Ärzten bestimmt? Frage: „Zurzeit werden neue Lösungen für die Grundversicherung diskutiert. Wenn Sie heute entscheiden könnten: Welche der folgenden Varianten würden Sie wählen und welche nicht? - Die Krankenversicherer sollen entscheiden, mit welchen Ärzten und Spitälern sie Verträge abschliessen und zusammenarbeiten. - Die Kantone bestimmen, welche Ärzte in der Grundversicherung zugelassen werden. - Die Versicherten haben die Wahl zwischen der freien Arztwahl und einer eingeschränkten Arztwahl bei tieferen Prämien. - Die Versicherten müssen bei jeder Erkrankung zuerst den Hausarzt aufsuchen. - Das System soll bleiben wie bisher. Es müssen mit allen Ärzten Verträge abgeschlossen werden.“

Bei diesen Fragen wird der Grad der Zustimmung zu verschiedenen sich teilweise ausschliessenden Lösungsansätzen erhoben. Die grösste Zustimmung erhält die Option, zwischen der freien Arztwahl und einer eingeschränkten Arztwahl bei tieferen Prämien wählen zu können (78%). Die Zustimmung hat sich sogar noch verstärkt (+5 Prozentpunkte). Mit der aktuellen politischen Diskussion zur Förderung von Managed Care soll diese Option für jedermann eingeführt werden. Obwohl die Bevölkerung ganz eindeutig eine solche Option haben will, würde sie sich momentan, wie wir oben gesehen haben, trotz höheren Prämien zu 55 Prozent für die uneingeschränkte Arztwahl entscheiden. Erstaunlicherweise sind die Befragten aber nicht bereit, wie wir ebenfalls gesehen haben, für die freie Arztwahl einen höheren Selbstbehalt zu tragen. Römerstrasse 20 Postfach CH-4502 Solothurn Tel. 032 625 41 41 Fax 032 625 41 51 mail@santesuisse.ch www.santesuisse.ch

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Die ebenfalls hohe Zustimmung zur Auflage, bei einer Erkrankung zuerst den Hausarzt aufsuchen zu müssen (72%), kann wohl damit erklärt werden, dass diese Vorgehensweise für die meisten ohnehin der Normalfall bedeutet, obschon immer mehr Leute direkt die Notfallabteilung eines Spitals aufsuchen. Aus der Sicht der Befragten bietet das geltende System der Krankenversicherung neben gewissen Nachteilen auch Vorteile. Einer davon ist offensichtlich die Tatsache, dass die Krankenversicherer mit allen Ärzten Verträge abschliessen müssen. 59% der Befragten können sich auch den Verbleib beim bisherigen System vorstellen. Nur 44% möchten hingegen bei der Arztwahl die Initiative den Krankenkassen überlassen, und gar nur 36% der Befragten wollen, dass die Kantone über die Zulassung der Ärzte entscheiden. Keine Chance für einkommens- und vermögensabhängige Prämien Soll die Art der Finanzierung der Grundversicherung geändert werden? Wäre ein System gerechter, das den Versicherungsbeitrag auf Grund des Einkommens, der Steuern oder des Vermögens bestimmt? Frage: „Die Ausgaben der Grundversicherung werden mit Prämien der Versicherten und vom Staat finanziert. Einkommensschwache Personen erhalten vom Staat eine Prämienverbilligung. Diesem System werden immer wieder neue Vorschläge gegenüber gestellt. Welche Variante wählen Sie, wenn Sie heute über ein System entscheiden könnten: - Ich möchte beim bisherigen System mit den Prämien der Versicherten und Prämienverbilligungen für einkommensschwache Personen bleiben. - Ich möchte die Krankenkassenprämie mit einem prozentualen Lohnabzug bezahlen. - Ich möchte, dass die Krankenkassenprämie auf Grund meines Vermögens festgelegt wird. - Ich möchte, dass die Grundversicherung vom Staat, also über die Steuern und andere Einnahmen finanziert wird.“

Die beiden eingangs erwähnten Fragen können klar mit Nein beantwortet werden. Alle drei Veränderungsvorschläge sind chancenlos. Die Zustimmung für das bisherige System mit Kopfprämien und Prämienverbilligungen für einkommensschwache Personen hat sogar noch um drei Prozentpunkte zugenommen. Betrachtet man die Ergebnisse der Teilauswertungen, fällt auf, dass das bisherige System bei Personen über 55 (54%) und in der Deutschschweiz (53%) stärker favorisiert wird. In der Westschweiz wählen nur 37% das bisherige System, dafür möchten 23%, dass die Grundversicherung via Steuern und andere Einnahmen finanziert wird bzw. 17%, dass die Prämien auf Grund des Vermögens festgelegt werden. Römerstrasse 20 Postfach CH-4502 Solothurn Tel. 032 625 41 41 Fax 032 625 41 51 mail@santesuisse.ch www.santesuisse.ch

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Schweizerinnen und Schweizer sind ausgesprochen solidarisch Wie stark ist in der Bevölkerung die Solidarität mit Kranken und wirtschaftlich Schwächeren, wie ausgeprägt das Gerechtigkeitsempfinden? Wohl spielt bei allen Fragen zu Veränderungen der Krankenversicherung das Portemonnaie eine ausschlaggebende Rolle. Im Hintergrund dürften aber auch gesellschaftliche Werte die Einstellungen zu dieser Sozialversicherung prägen. Dies sollte mit einigen Aussagen zur Solidarität erhoben werden. Frage: „Mit dem 1996 eingeführten Krankenversicherungsgesetz (KVG) sollte die Solidarität zwischen den Versicherten gestärkt werden, also zwischen Gesunden und Kranken, Männern und Frauen, jung und alt, arm und reich. Ich habe dazu wieder ein paar Aussagen und bitte Sie zu sagen, ob diese für Sie zutreffen oder nicht. - Nur mit einer obligatorischen Krankenversicherung ist die Solidarität zwischen allen Gesunden und Kranken sichergestellt. - Es braucht die Solidarität zwischen reich und arm. Dafür sind die Prämienverbilligungen da. - Es braucht keine obligatorische Krankenversicherung. Jeder ist für sich selbst verantwortlich. - Es ist gegenüber den anderen Prämienzahlern unfair, wenn jemand zu seiner Gesundheit keine Sorge trägt. - Es ist richtig, dass ältere Menschen höhere Prämien bezahlen. Sie nehmen ja auch mehr Leistungen in Anspruch. - Wenn es mir gesundheitlich schlechter geht, ändere ich die Franchise und zahle höhere Prämien.“

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Die Beurteilung der sechs Aussagen im Zusammenhang mit dem Thema Solidarität ist ausgesprochen stabil. Selbst die weiter unten besprochenen Teilauswertungen weichen nur minimal von den Vorjahreswerten ab. Die Schwankungen sind so gering, dass inhaltliche Interpretationen von Abweichungen eher gewagt wären. Keine Chancen haben momentan höhere Prämien für ältere Menschen sowie die Abschaffung des Obligatoriums. Bei der Solidarität zwischen Gesunden und Kranken sind signifikante Unterschiede zwischen den Altersgruppen festzustellen. Die Zustimmung erreicht bei den 15-34Jährigen 74%, bei den über 55-Jährigen aber 84%. Die unterschiedlichen Mentalitäten in den Landesgegenden wirken sich auf die Beurteilung dieser Aussage gar nicht aus. Hingegen ist die Zustimmung bei Personen mit Volksschule die Zustimmung signifikant tiefer (70%). Die Aussage „Es ist gegenüber den anderen Prämienzahlern unfair, wenn jemand zu seiner Gesundheit keine Sorge trägt“ spricht das Gerechtigkeitsempfinden an. Auch dieses scheint sehr stabil zu sein. Selbst die Abweichungen der Ergebnisse der Teilauswertungen fallen beinahegleich aus wie 2009:

Branchenimage: Krankenversicherer halten ihren Platz Die Krankenversicherer halten den dritten Platz im Vergleich der Vertrauenswürdigkeit verschiedener Branchen. Besser bewertet werden nur die Unfallversicherungen und die übrigen Versicherungen. Im Vergleich zu 2009 war das laufende Jahr bis Ende Juni von eher positiven Wirtschaftsaussichten und – abgesehen von der Ölindustrie – von imageschädigenden Grossereignissen verschont geblieben. So erstaunt die Konstanz der Bewertungen nicht. In der folgenden Tabelle fällt auf, dass die Anteile «sehr vertrauenswürdig» überall unter «eher vertrauenswürdig» liegen. Blindes Vertrauen geniesst also keine Branche. Frage: „Ich nenne Ihnen nun einige Branchen und bitte Sie, mir jeweils zu sagen, ob Sie diese als sehr, eher, eher nicht oder gar nicht vertrauenswürdig empfinden.“

Unfallversicherungen übrige Versicherungen Krankenkassen Pensionskassen Telekommunikation Banken Pharmaindustrie Medien

vertrauenswürdig sehr eher nicht gar nicht % % % % 22 60 10 2 18 61 14 3 12 59 23 3 12 48 28 5 9 44 34 10 10 34 35 18 7 35 40 17 4 33 43 18

weiss nicht % 6 3 1 6 3 2 2 2

keine Antwort % 0 0 0 1 1 1 1 1

MW 3.09 2.98 2.83 2.73 2.53 2.38 2.32 2.24

Basis: 1218 Befragte

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Bis auf die Krankenversicherer konnten sich alle Branchen im Vergleich der Mittelwerte leicht verbessern. Die Banken allerdings konnten die massiven Einbrüche in den Jahren 2008 und 2009 noch nicht aufholen. Die Pensionskassen konnten offenbar den durch die internationale Finanzkrise verursachten Imageschaden in Grenzen halten. Bei den Krankenversicherern soll noch etwas genauer hingeschaut werden. Es fällt auf, dass sich die Ergebnisse der verschiedenen Merkmalsgruppen doch einigermassen unterscheiden und die bereits bei anderen Fragen beobachteten Dimensionen erkennen lassen. So vertrauen den Krankenversicherern Personen mit Volksschule eher als solche mit hohem Bildungsniveau. Weit unter dem Schnitt liegen wieder Personen aus der Westschweiz. Dann zeigt sich auch, dass die 35-54-Jährigen etwas weniger vertrauen als die anderen Altersgruppen.

Wie bei den Krankenversicherern scheinen sich auch bei der Bewertung der Vertrauenswürdigkeit der Pharmaindustrie die Geister stärker zu scheiden. Auch dieser Branche vertrauen Personen mit tiefem Bildungsniveau stärker als der Durchschnitt, ebenso die 15-34-Jährigen. Bei den beiden anderen Altersgruppen liegen die Vertrauenswerte unter dem Durchschnitt. Interessant ist die Feststellung, dass Personen aus der Westschweiz der Pharmaindustrie mehr Vertrauen schenken als jene aus der Deutschschweiz.

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infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 20

Zufriedenheit mit der eigenen Krankenversicherung ist gross 16% der Befragten geben an, im letzten Jahr die Krankenversicherung gewechselt zu haben. Dieser Anteil entspricht in etwa den tatsächlich erfolgten Wechseln. Die Zufriedenheit mit der eigenen Krankenversicherung wird als häufigster Grund für den Verzicht auf einen Wechsel genannt. Frage: „Haben Sie letztes Jahr die Krankenversicherung gewechselt?“ Wechsel

2003 % 14

Krankenversicherung gewechselt

2004 % 12

… 2009 % 11

2010 % 16

In den Jahren 2007 und 2008 wurden die Fragen nach den Gründen für den Verzicht auf einen Wechsel der Krankenkasse indirekt gestellt. Es wurden alle Teilnehmenden der sondage santé gefragt, welche Gründe sie vermuteten, dass so viele Versicherte bei ihrer Krankenkasse bleiben und nicht wechseln. Den Befragten, die angegeben hatten, die Krankenkasse nicht gewechselt zu haben, wurde wie erstmals 2009 folgende Frage gestellt: Frage: „Sie haben die Krankenkasse nicht gewechselt. Können Sie mir dafür Gründe nennen?“

Zufriedenheit mit der Krankenkasse Aufwand mit der Kündigung Zu geringe Preisunterschiede

2003 % 88 23

Alter, Gesundheit Die Grund- und Zusatzversicherung soll bei der gleichen Krankenkasse sein. Am Arbeitsplatz versichert

2004 % 90 32

2005 % 92 29

2010 % 68 14 13 4

79

81

anderes Weiss nicht, keine Antwort Basis

2009 % 66 10 17

447

551

526

3

3 1

14 4

8 3

1057

1015

Die Ergebnisse der Jahre 2003–2005 sind wegen unterschiedlicher Fragestellungen nicht mit jenen ab 2009 vergleichbar. Trotzdem kann ihnen entnommen werden, dass die Zufriedenheit mit der eigenen Krankenversicherung der wichtigste Grund für den Verzicht auf einen Wechsel darstellen dürfte. 73% der Personen über 55 äusserten diesen Grund für den Verzicht auf einen Wechsel der Krankenversicherung. Befragte aus der Westschweiz liegen erwartungsgemäss tiefer (63%), wobei dieses Ergebnis angesichts der grundsätzlich kritischeren Haltung gegenüber den Krankenversicherungen erstaunlich moderat ausfällt.

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Wer mit dem bisherigen System der Krankenversicherung zufrieden ist, ist auch mit seiner eigenen Krankenversicherung überdurchschnittlich zufrieden – oder umgekehrt. Nutzen der Krankenversicherung: Medizinische Beratungsdienste immer beliebter Was nützt Ihnen eigentlich die Krankenkasse, oder anders gefragt, ist Ihnen die Krankenversicherung die hohen monatlichen Prämien wert? Diese Frage ist – wie bei allen Versicherungen – hypothetisch und bringt kaum verwertbare Antworten, würde sie offen gestellt. Aus diesem Grund werden den Befragten eine Reihe von Aussagen zum Nutzen der Krankenversicherungen präsentiert. Frage: „Haben Sie sich auch schon überlegt, was Ihnen Ihre Krankenversicherung überhaupt nützt? Ich lese Ihnen dazu ein paar Aussagen vor und bitte Sie jeweils zu sagen, ob diese zutreffen oder nicht zutreffen oder ob Sie davon noch gar nie etwas gehört haben. - Die Krankenkasse schützt mich im Krankheitsfall vor finanziellen Problemen. - Die Krankenkasse kontrolliert und bezahlt für mich Arzt- und Spitalrechnungen, Medikamente und medizinische Behandlungen. - Die Krankenkasse bietet einen medizinischen Beratungsdienst per Telefon oder Internet an. - Die Krankenkasse vermittelt Ratschläge und Angebote zur Gesundheitsförderung. - Die Krankenversicherungen sorgen für ein gutes Preis-Leistungsverhältnis bei Ärzten, Spitälern und Medikamenten.“ Nutzen der Krankenversicherung Schutz vor finanziellen Problemen Begleichen der Rechnungen medizinischer Beratungsdienst Ratschläge Gesundheitsförderung Preisgestaltung

2008 % 54 82 55 69 48

2009 % 51 80 61 70 40

2010 % 54 80 67 70 41

Basis

1210

1201

1218

Der Nutzen mit der grössten Zustimmung, das Begleichen der Rechnung, darf wohl nicht nur im wörtlichen Sinne (Zahlungsverkehr) verstanden werden, sondern kann durchaus auch dahingehend interpretiert werden, dass die Krankenversicherung an der Stelle der Versicherten die finanzielle Verantwortung gegenüber den Leistungserbringern übernimmt. Die eher tiefe Zustimmung zur Aussage, dass die Krankenversicherer für ein gutes PreisLeistungsverhältnis bei den Leistungserbringern sorgen, dürfte mit einem fehlenden Verständnis der Arbeitsweise der Krankenversicherer zusammenhängen. Vielleicht erscheint einigen aber auch die Vorstellung eines guten Preis-Leistungsverhältnisses angesichts der ständig steigenden Kosten im Gesundheitswesen als eher unrealistisch.

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Im Vergleich der drei Jahre, in denen diese Fragen nun gestellt werden, zeigt sich bei den medizinischen Beratungsdiensten der Beginn eines zunehmenden Trends. Seit 2008 ist die Zustimmung von 55% auf 67% gestiegen. Dies hängt auch damit zusammen, dass immer mehr Krankenversicherer solche Dienstleistungen in der Grundversicherung anbieten. Der Schutz vor finanziellen Problemen wird in der Deutschschweiz (59%) stärker als Nutzen wahrgenommen als in der Westschweiz (38%). Während 2009 die Zustimmung von Personen mit tiefem Bildungsniveau bei dieser Aussage stark unter dem Durchschnitt lag, streuen 2010 abgesehen von der Westschweiz die Ergebnisse nur schwach.

Wenig Lust auf Ratschläge zur Gesundheitsförderung seitens der Krankenversicherer hat man in der Westschweiz (44%). Umgekehrt haben Personen in der Deutschschweiz (78%) dafür eher offene Ohren. Etwas tiefer als im Durchschnitt liegt auch die Zustimmung bei Personen mit Volksschulniveau.

Verbesserung der Volksgesundheit? 32% beträgt in der Stichprobe 2010 der Anteil der Personen, die seit Mitte März eine ärztliche Behandlung in Anspruch genommen haben. Frage: „Nun noch ein paar Fragen zum persönlichen gesundheitlichen Befinden und von Personen in Ihrer Familie.“ - Waren Sie seit Mitte März in ärztlicher Behandlung? - Waren Sie seit Mitte März in Spitalbehandlung (amb./stationär)? - Haben Sie in den vergangenen vier Wochen regelmässig vom Arzt verschriebene Medikamente eingenommen? - War eine Person im engsten familiären Umfeld seit Mitte März in ärztlicher Behandlung und/oder Spitalbehandlung?“

beim Arzt im Spital Medikamente Umfeld Basis

2003 % 38 13 32

2004 % 36 12 30 36

2005 % 36 12 29 48

2006 % 40 12 33 40

2007 % 36 11 34 41

2008 % 36 12 32 40

2009 % 37 12 33 40

2010 % 32 10 32 38

1205

1209

1205

1203

1205

1210

1201

1218

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infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 23

Hat sich das Gesundheitsempfinden verbessert, oder ist gar tatsächlich eine Verbesserung der Volksgesundheit festzustellen? Diese Fragen stellen sich auf Grund des Rückgangs bei den Arztbesuchen um 5 Prozentpunkte. Für die Antwort muss die Schweizerische Gesundheitsbefragung von 2012 abgewartet werden. Sicher ist soviel: 2007 waren gemäss dem statistischen Jahrbuch 2010 (BFS) 18,1% der Bevölkerung in den Alltagsaktivitäten eingeschränkt, 11,7% arbeitsunfähig und 4,2% bettlägerig. Es hatten somit insgesamt 34% der Bevölkerung gesundheitliche Probleme; die Ergebnisse der sondage santé liegen also in derselben Grössenordnung. Der gleichen Quelle ist auch zu entnehmen, dass das Gesundheitsempfinden der Bevölkerung seit 2002 ziemlich stabil ist. Hinweise zur Umfrage Die seit 2003 achte sondage santé ist eine repräsentative Telefonumfrage im Auftrag von santésuisse, dem Verband der Schweizer Krankenversicherer. In Ergänzung zu verschiedenen anderen Befragungen sollen spezifische Fragen aus der Sicht der Krankenversicherer erhoben werden. Neff-Pidoux Wissensmanagement, Bern, hat die sondage santé konzipiert und ausgewertet, das Marktforschungsinstitut DemoSCOPE führte in den Kalenderwochen 23 - 26 des Jahres 2010 die computergestützten Interviews durch. Die Grundgesamtheit umfasst die Bevölkerung aus allen Landesteilen im Alter zwischen 15 und 74 Jahren. Befragt wurden insgesamt 1218 Personen. Die Resultate der Gesamtstichprobe sollten mit 95 Prozent Wahrscheinlichkeit und einer Messgenauigkeit von ± 2,8 Prozent mit der Gesamtbevölkerung übereinstimmen. Weitere Auskünfte Felix Schneuwly santésuisse Leiter Abteilung Politik und Kommunikation Römerstrasse 20, CH-4502 Solothurn Telefon +41 (0)32 625 42 57 Mobile +41 (0)79 600 19 12 felix.schneuwly@santesuisse.ch Franz Neff, Soziologie Neff-Pidoux, Wissensmanagement, Bern Telefon +41 (0)31 310 95 95 fn@neff-pidoux.ch

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infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 24 Die Finanzkrise schlägt sich auch in Umfragewerten zum Gesundheitswesen nieder

sondage santé: Bevölkerung ist für dringliche Sparmassnahmen Zum siebten Mal in Folge hat das Marktforschungsinstitut DemoSCOPE im Auftrag von santésuisse die Bevölkerungsbefragung sondage santé zum Gesundheitswesen durchgeführt. Die Ergebnisse widerspiegeln die aktuelle Lage: Die Sorgen wegen der starken Prämienanstiege haben sich in der Krise deutlich verstärkt. Für 80 Prozent der Befragten sind Sparmassnahmen im Gesundheitswesen notwendig. Es soll gespart werden – aber bitteschön zuerst bei den anderen, lautet der Tenor.

DemoSCOPE hat die sondage santé 2009 vom 2. bis 22. Juni mittels einer repräsentativen, computergestützten Telefonumfrage durchgeführt. Das Marktforschungsinstitut hat schweizweit 1201 Personen im Alter von 15 bis 74 Jahren befragt. Dabei hat sich herausgestellt, dass die Bevölkerung den unmittelbaren Zusammenhang zwischen steigenden Kosten und steigenden Prämien versteht. santésuisse hat deshalb beschlossen, seine Kommunikation auf diesen Punkt auszurichten und den Prämienanstieg auf objektive Weise zu erläutern. Seit anfangs August ist die entsprechende Informationskampagne auf der Website von santésuisse aufgeschaltet (rotes Band mit Pflaster anklicken). Gegenwärtig gehen 33 Prozent der Befragten davon aus, dass die Prämien wegen zu vieler Arztbesuche steigen. 28 Prozent glauben, dass der Anstieg auf die Medikamente zurückzuführen ist. 13 Prozent (gegenüber vier Prozent im Vorjahr) sind der Meinung, dass der wichtigste Grund für das Kostenwachstum die fehlende Sparbereitschaft ist. Angesichts der erheblichen Kostenentwicklung erachten 80 Prozent der Befragten Einsparungen im Gesundheitswesen als dringlich. 80 Prozent empfinden die Prämien als hoch und 30 Prozent (20 Prozent im Vorjahr) als zu hoch. Nur noch 16 Prozent (24 Prozent im Vorjahr) betrachten die Prämien nicht als Problem. Offen bleibt die Frage, wo denn die Befragten Einsparungen akzeptieren würden.

Sparen ja, aber zuerst bei den anderen

Die befragte Bevölkerung sieht nach eigenen Angaben ein, dass sie zumindest teilweise selber für die Kostenund Prämienentwicklung verantwortlich ist. Dennoch ziehen es die meisten vor, dort zu sparen, wo man selber nicht direkt betroffen ist. Dabei werden hauptsächlich genannt: Die Verschreibung von Medikamenten und die Medikamentenpreise (84 Prozent), die Apparate und Methoden der Spitzenmedizin, die Leistungen der Krankenversicherer (65 Prozent) und die Anzahl der Apotheken (58 Prozent). Hingegen halten sich die befragten Personen zurück, wenn es darum geht, ihren persönlichen Konsum von medizinischen Leistungen zu hinterfragen. Verschiedene Lösungsvorschläge zur Einschränkung des Zugangs zu Leistungen stiessen auf wenig Gegenliebe: 39 Prozent können sich eine Praxisgebühr vorstellen. 47 Prozent sehen dies allerdings nur dann gerechtfertigt, wenn man kein Hausarzt- oder Managed-Care-Modell gewählt hat. 52 Prozent finden, dass man bei einem direkten Eintritt in ein Spital ohne vorherige Konsultation eines Arztes eine Gebühr zahlen sollte. Die Befragten sind mehrheitlich auch nicht bereit, eine Einschränkung der Arztwahl durch die Krankenversicherung (nur 43 Prozent sind dafür) oder die Kantone (37 Prozent dafür) hinzunehmen. 73 Prozent würden aber eine freiwillige eingeschränkte Arztwahl akzeptieren, wenn sie dadurch von tieferen Prämien profitieren können. 71 Prozent fänden es in Ordnung, wenn sie im Krankheitsfall zuerst ihren Hausarzt konsultieren müssten. Aktuelles System beibehalten

Trotz der aktuellen Wirtschaftskrise und der wenig erfreulichen Entwicklung der Kosten und Prämien möchte die Bevölkerung keine grundlegende Veränderung des Gesundheitssystems. Dieses Ergebnis beweist, dass keine der bisher vorgeschlagenen Reformen wirklich überzeugen. Neue Arten der Finanzierung ernten nur geringe Zustim-

mung. Generell hängen die SchweizerInnen am Solidaritätsprinzip, der Basis des KVG. 80 Prozent der Befragten glauben, dass nur eine obligatorische Grundversicherung die Solidarität zwischen Kranken und Gesunden sichern kann. 87 Prozent erachten die Solidarität zwischen Reich und Arm als unabdingbar. Auch die Versicherungspflicht, die Kopfprämie und die Prämienverbilligung finden breite Zustimmung. Imageproblem der Versicherer

Das Ansehen der Versicherer hat etwas gelitten. So erachten 55 Prozent der Befragten die Krankenkassen als eher glaubwürdig (64 Prozent im 2008). 28 Prozent schätzen die Transparenz der Krankenkassen (37 Prozent im Vorjahr). Das sind die tiefsten Zahlen seit der Einführung der Befragung. Verschiedene Faktoren erklären dieses Ergebnis. Zuerst einmal reagieren die Versicherten durch die Krise empfindlicher auf negative Meldungen von der Prämienfront. Hinzu kommt das grosse Medienecho auf den bevorstehenden Prämienanstieg. Die Lage ist aber im Vergleich mit anderen Branchen nicht dramatisch. So nimmt die Krankenversicherung in punkto Glaubwürdigkeit immer noch einen Spitzenplatz ein, hinter der Unfallversicherung und den anderen Versicherungen, aber vor Pharmaindustrie und den Pensionskassen. Die Banken und Medien sind die Schlusslichter. Die Bevölkerung schätzt die Leistungen der Krankenversicherung, wünschen sich doch 89 Prozent der Befragten, dass sie die Arztrechnungen strenger prüfen. 90 Prozent begrüssen die Möglichkeit von Zusatzversicherungen, 79 Prozent sind mit der raschen Abrechnung der Krankenkassen zufrieden, 70 Prozent stehen der Gesundheitsförderung positiv gegenüber und 61 Prozent finden den medizinischen Beratungsdienst via Telefon oder Internet eine sehr gute Sache. Grundversicherung: Informationsdefizit besteht weiterhin

Die sondage santé deckt wie schon in den Vorjahren ein beträchtliches Infor-

16 | Gesundheitswesen 8/09


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 25

Sparen im Gesundheitswesen

sondage santé 2009 (Basis: 1201)

Eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung bezeichnet Sparmassnahmen im Gesundheitswesen als dringend.

Sparmöglichkeiten prüfen bei…

84% 84%

Medikamenten Dienstleist. KK

65% 65%

Spitzenmedizin

65% 65%

Anz. Apotheken

56% 56%

Ärztl. Behandl.

53% 53%

Anz. Arzpraxen

52% 52%

Anzahl Spitäler

46% 46%

Prävention

44% 44%

Therapien 35% 35%

Forschung

31% 31%

Pflegeheime 24% 24%

Spitex 10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

sondage santé 2009 (Basis: 1201)

Bei den Medikamenten, den Krankenversicherern und der Spitzenmedizin orten die Befragten das grösste Sparpotenzial.

Höhere Schwellen für den Arztbesuch

Franchise abschaffen

Bevölkerung will nachhaltige Massnahmen

41% 41%

Praxisgebühr einführen

39% 39%

HMO oder Gebühr

47% 47%

Gebühr (Spital statt Hausarzt)

52% 52%

bisheriges System

77% 77% 10%

20%

30%

40%

mationsdefizit bezüglich der Grundversicherung auf. Unter anderem überschätzen die Befragten den Anteil der Verwaltungskosten der Krankenkassen mit 32 Prozent massiv. In Tat und Wahrheit liegt er bei lediglich 5,7 Prozent. Von 100 Franken Prämieneinnahmen erhalten die Versicherten also mehr als 94 Franken direkt in Form von Leistungen zurück. Um mehr Klarheit zu schaffen, hat santésuisse einen kurzen Film produziert, welcher die Funktionsweise des Krankenversicherungssystems erläutert. Der Film ist auf der Website von santésuisse aufgeschaltet. Zudem hat santésuisse die Gratisbroschüre «1x1 der Krankenversicherung» neu aufgelegt. Sie richtet sich ans breite Publikum und beantwortet alle wichtigen Fragen zur Krankenversicherung. Den Journalisten, Politikern und allen anderen, die mehr über die Gesundheitspolitik wissen wollen, steht die vom Dachverband herausgegebene Broschüre «Plus 2 der obligatorischen Krankenpflegeversicherung OKP: Zahlen plus Fakten zu Organisation, Leistungen, Finanzierung und Kosten» zur Verfügung. Lehrpersonen können auf der Plattform www.kiknet.ch pädagogisch einsetzbare Dokumente zur Erläuterung des Schweizer Gesundheitssystems herunterladen. santésuisse wird weiterhin dafür kämpfen, dass sich das Wissen über das Gesundheitssystem in der Bevölkerung verbessert.

50%

60%

70%

80%

90%

100%

sondage santé 2009 (Basis: 1201)

Die Bevölkerung fordert Massnahmen zum Fortbestand einer finanzierbaren Krankenversicherung mit einem reglementierten Wettbewerb – unter anderem nachhaltige Reformen für eine wirksame medizinische Versorgung. Dazu gehören aus Sicht von santésuisse die Förderung von Managed Care, die Einführung eines monistischen Finanzierungssystems und mehr Wettbewerb, vor allem zwischen den Leistungserbringern. maud hilaire schenker

Die Bevölkerung steht höheren Schwellen für Arztbesuche skeptisch gegenüber.

17 | Gesundheitswesen 8/09


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 26 sondage santé zeigt das Dilemma auf, in dem die Krankenversicherer seit Jahren stecken

Versicherte wollen hohe Qualität beibehalten und gleichzeitig sparen – aber nicht selbst Ohne Qualitätseinbussen und Einschränkung der Wahlfreiheit Kosten im Gesundheitswesen sparen? Ein Dilemma, das nur mit neuen Denkansätzen überwunden werden kann. Die sondage santé versuchte zu ergründen, ob die Bevölkerung dazu bereit wäre.

Dringend sparen

79 Prozent der Befragten sind der Meinung, im Gesundheitswesen müsse sehr oder eher dringend gespart werden. Die Ursachen der jährlichen Prämien­ erhöhungen vermuten 47 Prozent der

Foto: Prisma

In der jährlichen repräsentativen Bevölkerungsumfrage werden jeweils vier Themenbereiche untersucht: Einstellungen zu gesundheitspolitischen Fragen, Meinungen zum System der Krankenversicherung, Wissen und Einstellungen zu den Krankenversicherern

sowie Hinweise zur persönlichen Situation der Versicherten. Die Lagebeurteilung soll den Krankenversicherern eine Betrachtung des Systems aus der Sicht der Versicherten und der Stimmberechtigten ermöglichen, tragen sie doch mit ihrem Verhalten und periodisch auch mit dem Stimmzettel massgebend zur künftigen Ausgestaltung des schweizerischen Gesundheitswesens bei.

Befragten auf der Seite der Leistungsempfänger (häufige Arztbesuche, Alterung der Gesellschaft, Gesundheitszustand). Ein ebenso grosser Anteil sieht die Ursache aber auch auf der Seite der Leistungserbringer (Medikamente, Spitzenmedizin, fehlende Sparbereitschaft). Ein Viertel der Befragten vermutet wirtschaftliche (allgemeine Teuerung) oder politische Gründe. Ein Zehntel der Befragten macht die Krankenversicherer für die Prämienerhöhungen verantwortlich. Wo sparen?

Die Rangliste 2009 der Sparziele hat sich nicht verändert. An erster Stelle würden die Befragten beim Verschreiben von Medikamenten sparen (85 Prozent). An zweiter Stelle folgen die Dienstleistungen der Krankenversicherer (65 Prozent) und an dritter Stelle der Einsatz von Geräten und Methoden der Spitzenmedizin (60 Prozent). Hier werden offensichtlich Sparmöglichkeiten vermutet, die nicht unmittelbar mit persönlichen Nachteilen verbunden sind. Solche Vorschläge werden jeweils nur noch von etwa der Hälfte der Befragten befürwortet: ärztliche Behandlungen, Anzahl Apotheken, Spitäler und Arztpraxen oder präventive Massnahmen. Nur noch eine Minderheit der Befragten würde bei Therapien für die Rehabilitation, bei der medizinischen Forschung, den Pflegeheimen oder bei den SpitexDienstleistungen sparen. Telefonische Beratungsdienste im Aufwind

Unter der Lupe vergrössern sich auch die Verwaltungskosten der Krankenversicherer um den Faktor 6. Real sind es 5,2 Prozent. Schätzung der Versicherten: 33 Prozent.

4 | Im Fokus 7/10

Das persönliche Kostenbewusstsein hat eher wieder etwas nachgelassen. Für 41 Prozent (2009: 37 Prozent) der Befragten spielen die Kosten keine Rolle, wenn es um die Gesundheit geht. Gleichzeitig hat die Belastung durch die Prämien wieder nachgelassen. Nur noch 21 Prozent (2009: 29 Prozent) empfinden die Prämien als zu hoch. Erneut zugenommen hat die Bereitschaft, bei einem gesundheitlichen Problem zuerst einen telefonischen Beratungsdienst anzurufen. 63 Prozent würden davon profitieren. 49 Prozent (2009:


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 27 WO SOLL IM GESUNDHEITSWESEN GESPART WERDEN? VERSCHREIBEN VON MEDIKAMENTEN DIENSTLEISTUNGEN KRANKENVERSICHERER SPITZENMEDIZIN ÄRZTLICHEN BEHANDLUNGEN ANZAHL APOTHEKEN ANZAHL SPITÄLER

43 Prozent) der Befragen würden bei der Auswahl von Ärzten, Spitälern usw. den Empfehlungen der Krankenkasse folgen.

ANZAHL ARZTPRAXEN PRÄVENTIVE MASSNAHMEN THERAPIEN FÜR DIE REHABILITATION MEDIZINISCHE FORSCHUNG

Kennen Sie Managed Care?

ANZAHL PFLEGEHEIMEN SPITEX DIENSTLEISTUNGEN 0%

10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 2010

2009

Sparen, wo nicht unmittelbare persönliche Nachteile vermutet werden.

NUTZEN DER KRANKENVERSICHERUNG RECHNUNGEN BEGLEICHEN

RATSCHLÄGE GESUNDHEITSFÖRDERUNG

MEDIZINISCHER BERATUNGSDIENST

SCHUTZ VOR FINANZIELLEN PROBLEMEN

PREIS-LEISTUNGSVERHÄLTNIS 0% TRIFFT ZU

10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

TRIFFT NICHT ZU

NOCH NIE GEHÖRT

W.N./K.A.

Hauptnutzen: Die Krankenversicherung kontrolliert und bezahlt die Rechnungen.

BELASTUNG DER PRÄMIE FÜR DIE GRUNDVERSICHERUNG 60% 50% KEIN PROBLEM

40% 30%

HOCH, ABER TRAGBAR

20% 10%

ZU HOCH FÜR MEINE VERHÄLTNISSE

0% 2004

2005

2006

2007

2008

2009

Es lohnt sich, die Versicherten als Konsumenten zu betrachten, die eigennützig überlegen, welche Dienstleistungen ihnen im Falle von gesundheitlichen Problemen ihre Bedürfnisse am besten erfüllen, Produkte, die den heutigen Konsumgewohnheiten entsprechen müssen: rasch, jederzeit, unkompliziert, preiswert. Wie Grossverteiler müssen auch Leistungserbringer im Gesundheitswesen deshalb neue Produkte zuerst bekannt machen und erklären. Managed Care wäre durchaus eine Idee mit Marktpotenzial. Um die Bekanntheit steht es gar nicht so schlecht. 65 Prozent der Befragten haben schon von Netzwerken gehört, in denen Ärzte verschiedenster Fachrichtungen, Spitäler und medizinische Fachpersonen zusammenarbeiten. Ebenso viele sehen Managed Care als Massnahme zum Kostensparen. Die Bekanntheit ist allerdings stark vom Bildungsniveau abhängig. Managed Care ist nur bei 47 Prozent der Personen mit Volksschule als höchstem Schulabschluss bekannt, bei Personen mit Mittelschule oder höheren Ausbildungen sind es 73 Prozent. Diese Ergebnisse deuten auf Informationsdefizite hin. Das bedeutet aber auch, dass die Beantwortung von Einstellungsfragen – vorsichtig ausgedrückt – nicht immer in voller Kenntnis der Sachlage erfolgen und deshalb mit entsprechender Zurückhaltung interpretiert werden müssen. Man gibt über die Fahreigenschaften des neuen Jaguars Auskunft, ohne damit gefahren zu sein. Positiv: alles unter einem Dach

2010

Die Belastung durch die Prämien für die Grundversicherung hat wieder etwas nachgelassen.

5 | Im Fokus 7/10

Im Gegensatz zum Kauf eines Jaguars ist die Teilnahme an einem Managed Care-Modell aber allen möglich, ein vertiefter Blick auf die Einstellungen zu diesem Produkt also trotz aller Vorsicht interessant. Dabei lässt sich eine insgesamt positive Beurteilung erkennen.


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 28 PERSÖNLICHES KOSTENBEWUSSTSEIN 100% 90% 80% 70% 60%

Dass unter einem Dach immer eine Fachperson zur Verfügung steht, finden 77 Prozent positiv und dass dank deren Zusammenarbeit die Versorgungsqualität erhöht wird, schätzen 69 Prozent der Befragten. Umgekehrt befürchten nur 34 Prozent eine schlechtere Behandlungsqualität bzw. 27 Prozent der Befragten, dass sie zwar tiefe Prämien zahlen, dafür aber auch längere Wartezeiten in Kauf nehmen müssten.

50% 40% 30% KRANKENKASSE SOLL ARZTRECHNUNGEN KONTROLLIEREN

20%

Reizthema freie Arztwahl

KONTROLLIERE ARZTRECHNUNGEN KÖNNTE BEI TELEFONISCHEM BERATUNGSDIENST ANRUFEN

10%

Konsumenten wollen freien Zugang und unbeschränkte Auswahl. So möchten 55 Prozent der Befragten den Arzt lieber selber wählen und dafür höhere Prämien bezahlen. Und nur 36 Prozent sind sehr oder eher dafür, dass der Selbstbehalt für Versicherte ohne Managed Care in der Grundversiche-

KOSTEN SPIELEN KEINE ROLLE FOLGE DEN EMPFEHLUNGEN DER KRANKENKASSE

0%

2003

2004

2005

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2010

Zunehmende Akzeptanz von telefonischen Beratungsdiensten.

Managed Care-Umfragen: Unwissen verleiht Macht Man erinnert sich: In der von interpharma in Auftrag gegebenen Umfrage Gesundheitsmonitor 2010 gaben 10 Prozent der Versicherten an, in einem Managed Care-Modell versichert zu sein, in Tat und Wahrheit sind es 30 Prozent1. Und auch der Vergleich der Umfragen Gesundheitsmonitor und sondage santé zeigt, dass Managed Care in der Pharmaumfrage schlechter abschneidet. Wie sind diese Diskrepanzen zu erklären? «Schuld am Imageproblem (von Managed Care) ist nicht nur die Pharmalobby, die mit Umfragen Stimmung macht. Sondern auch (…) die Krankenkassen», kommentierte die Sonntagszeitung. Die Pharmalobby wolle durch Stimmungsmache ihre Pfründen retten und die Kassen hätten die integrierte Versorgung falsch verkauft, indem sie den Spareffekt statt den Qualitätsgewinn betonten. Auf einen weiteren Punkt weist die NZZ hin: «In der Pharmastudie haben sich eine Mehrheit der Befragten grundsätzlich viel kritischer zu Managed Care geäussert als in der santésuisse-Umfrage – was zeigt, dass Studien je nach Auftraggeber und Art der gestellten Fragen unterschiedliche Resultate zutage fördern». Diese Aussagen werden durch den Vergleich der beiden Studien bestätigt. Für die unterschiedlichen Resultate gibt es zwei Begründungen. Erstens: sondage santé stellt in ausführlichen, erklärenden Fragen die Organisation in Leistungserbringer-Netzwerken in den Mittelpunkt. Anders als der Gesundheitsmonitor konzentriert sie sich nicht auf Fragen rund um den beschränkt bekannten Namen Managed Care. Die Auswertung der Umfragen nach sozialen Merkmalen zeigt nämlich, dass Wissensdefizite bestehen. Das hat zur Folge, dass die Beantwortung von Einstellungsfragen eher aus dem Bauch heraus und nicht in voller Kenntnis der Sachlage erfolgt. Deshalb müssen solche Fragen zweitens mit entsprechender Zurückhaltung interpretiert werden. Das Unwissen der Antwortenden ist die Macht der Interpretierenden.

Die Macht der suggestiven Fragen Suggestive Fragen sind ein machtvolles Instrument, um gewünschte Antworten zu erhalten. Gesundheitsmonitor: Chronisch Kranke sollten nicht mit höheren Selbstbehalten bestraft, sondern durch gute Qualität für Managed Care gewonnen werden. 84 Prozent sind voll oder eher einverstanden. sondage santé: Der Selbstbehalt soll für Versicherte mit Managed Care (HMO, Hausarztmodelle) bei 10 Prozent bleiben. Für alle andern soll er auf 20 Prozent verdoppelt werden. 68 Prozent sind voll oder eher nicht einverstanden. Die Solidarität zwischen Gesunden und Kranken ist ein ausgesprochen breit abgestützter Wert (79 Prozent). So gesehen ist zu verstehen, dass nur wenige Leute chronisch Kranke bestrafen möchten und die Frage entsprechend beantworten. Der Schluss darf gezogen werden, dass die Ablehnung im Gesundheitsmonitor wegen der Fragestellung drastischer ausfällt als in der sondge santé. Ähnliche Fragen, ähnliche Resultate Werden Fragen ähnlich gestellt, liegen auch die Resultate näher beieinander: Managed Care ist eine wichtige Massnahme, um im Gesundheitsweisen Kosten zu sparen (sondage santé) Managed Care-Modelle sind wichtig für Kostendämpfung im Gesundheitswesen (Gesundheitsmonitor). Im Falle des Gesundheitsmonitors sind 75 Prozent voll oder eher einverstanden, während der sondage santé antworten 65 Prozent mit «trifft zu». Unterschiedliche Fragen zum gleichen Thema und Fragen zu unterschiedlichen Themen machen Umfragen schwer vergleichbar. Wie gefragt wird, spielt eine Rolle. Ebenso wichtig ist, was bei der Präsentation der Ergebnisse betont wird. Silvia Schütz Statistik der obligatorischen Krankenversicherung 2008, BAG.

1

6 | Im Fokus 7/10


rung auf 20 Prozent verdoppelt wird. Noch stärker kommt diese Einstellung bei der Frage nach Alternativen zum Vertragszwang zum Ausdruck: 78 Prozent der Befragten wollen selber entscheiden, ob sie sich die Arztwahl bei tieferen Prämien einschränken lassen wollen oder nicht. Weder der Kanton (36 Prozent) noch die Krankenversicherer (44 Prozent) sollen bestimmen, mit welchen Ärzten zusammengearbeitet wird. Aus Konsumentensicht werden wohl auch die politischen Fragen beurteilt, die jedes Jahr aktualisiert gestellt werden. Die Medikamentenpreise sollen dem europäischen Durchschnitt entsprechen (90 Prozent), denn wer liebt es schon, wenn andere weniger zahlen müssen. Die Grundversicherung soll auch Behandlungen im Ausland übernehmen, falls dies bei gleichen Leistungen günstiger ist (68 Prozent). Und die neue Versichertenkarte mit Zugang für Ärzte zum elektronischen Patientendossier wird von 76 Prozent der Befragten begrüsst. Nutzen der Krankenversicherung

Immer wieder ins Visier von Kritikern geraten die Verwaltungskosten der Krankenversicherer. Es erstaunt darum nicht, dass sie so massiv überschätzt werden: 33 Prozent beträgt der Durchschnitt der Schätzungen, also fünfmal zu viel. Dies lässt darauf schliessen, dass die Konsumenten zwar die Haupteigenschaften der Krankenversicherung kennen und nutzen, aber viel zu wenig über die Hintergründe wissen. Deshalb die Frage: Wo sehen die Versicherten bzw. Konsumenten den Nutzen ihrer Krankenversicherung? 80 Prozent begrüssen, dass sie Rechnungen kontrolliert und begleicht, 70 Prozent schätzen Ratschläge zur Gesundheitsförderung und 67 Prozent erkennen einen Nutzen in den medizinischen Beratungsdiensten per Telefon oder im Internet. Leistungen also, die einem das Leben erleichtern. Dass die Krankenversicherung aber im Krankheitsfall vor finanziellen Problemen schützt, erkennen nur 54 Prozent als Nutzen. Gar nur 41 Prozent sind der Ansicht, die Krankenversicherungen sorgten für ein gutes Preis-Leistungsverhältnis bei Ärzten, Spitälern und Medikamenten. Das eingangs angesprochene Dilemma könnte vielleicht überwunden werden, wenn es gelingt, gleichzeitig den individuellen Nutzen und die Kosten zu optimieren. franz neff

Die sondage santé wurde 2010 bereits zum achten Mal durchgeführt. In der vom Marktforschungsinstitut DemoSCOPE durchgeführten repräsentativen Telefonbefragung nahmen im Juni 1218 Personen Stellung zu Fragen des Gesundheitswesens und der Krankenversicherung.

Punktlandung

infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 29

Christian Beusch

Leiter Unternehmenskommunikation Visana-Gruppe

Die Versicherer auf dem Prüfstand Die neuste sondage santé zeigt zwei Aspekte auf: Einerseits verstehen viele Versicherte nicht, wie die Krankenversicherer arbeiten. Die Studie zeigt auch auf, dass Wissensdefizite bestehen, die zu beheben sind. Beispielsweise werden die Verwaltungskosten massiv überschätzt. Die Ergebnisse zeigen andererseits auf, dass viele Menschen auch im Gesundheitswesen wie im Alltagsleben als kritische Konsumenten handeln. Sie wägen ab, wo sie für den bezahlten Preis die beste Gegenleistung erhalten. Sie sparen dort, wo nur geringe Nachteile zu erwarten sind. sondage santé belegt, dass die Versicherten durchaus offen für Neuerungen sind, sofern diese ihren persönlichen Bedürfnissen und Konsumgewohnheiten entsprechen. Ihre Bereitschaft, bei der Auswahl der Leistungserbringer den Empfehlungen der Krankenversicherer zu folgen oder deren Beratungsdienste in Anspruch zu nehmen, ist ein Beispiel dafür, die positive Grundhaltung gegenüber Managed Care-Modellen ein anderes. Bleiben wir bei den Managed Care-Modellen. Die Versicherten scheinen zu verstehen, welche Vorteile diese für sie bringen: kompetente Ansprechpartner für verschiedenste medizinische Fragen unter einem Dach, hohe Verfügbarkeit, lange Öffnungszeiten, rasche und unkomplizierte Kontakte zu Spezialärzten und Spitälern. Nur müssen wir Krankenversicherer besser als bis anhin erklären, dass die freie Wahl der ärztlichen Ansprechperson auch in Managed CareModellen möglich ist. Mit der zum achten Mal durchgeführten sondage santé verfügen die Krankenversicherer über eine unabhängige, repräsentative Basis, um Anliegen der Versicherten oder Verhaltensweisen der Konsumenten zu erkennen. Dass santésuisse die seit vielen Jahren festgestellten Wissensdefizite in einer Informationsoffensive abbauen will, trägt hoffentlich dazu bei, dass die Konsumenten – und die Stimmberechtigten – ihre Entscheidungen im Wissen um den für sie grössten Nutzen treffen können.

7 | Im Fokus 7/10


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 30 3 Fragen an René Allemann, CEO der Branding Agentur Branders

«Ein Auftritt als zuverlässiger, unkomplizierter Partner» Rund 70 Prozent der Versicherten schätzen die Ratschläge und Angebote der Krankenkassen zur Gesundheitsförderung. Fast gleichviel sagen, dass für sie der medizinische Beratungsdienst nützlich ist. Dass man mit Angeboten wie diesem auf dem richtigen Weg ist, bestätigt Branding-Profi René Allemann.

sondage santé zeigt den Blick der Versicherten und Stimmberechtigten auf die Krankenkassen. Was geht einem Brander beim Stichwort Krankenkassen spontan durch den Kopf?

Kundennähe: Bei keiner anderen Marke ist die Nähe zum Kunden vermutlich derart wichtig. Die Aufgabe ist in diesem Fall, das Gefühl zu vermitteln, wirklich nah beim Kunden zu sein und ihm bei Bedarf zur Seite zu stehen. Die Krankenkasse sollte deshalb als unkomplizierter und zuverlässiger Partner auftreten. Und dies sollte an jedem Kontaktpunkt mit der Marke vermittelt werden, sei das auf der Homepage, in Broschüren, im Anschreiben, am Telefon oder im persönlichen Kontakt mit den Mitarbeitern. Marke: Die Einzigartigkeit der Marke muss deutlich sein. Eine Krankenversicherung sollte ein klares Thema besetzen und dieses dann konsistent verfolgen. Entscheidet sich eine Kasse also beispielsweise für das Thema Familie, so erlebt der Kunde das im Idealfall in jedem Kontakt mit der Marke. Angebot, Werbung, Auftritt, Kommunikationsmittel, Mitarbeiter – alles und alle verkörpern dieses Thema und tragen so zu einem konsistenten und glaubwürdigen Markenerlebnis bei. Austauschbarkeit: Die meisten Krankenkassen sind als Marke nicht gut positioniert und haben kein klares Profil. Es fehlt

ihnen an Einzigartigkeit, und sie sind deshalb austauschbar. Mit einem guten Vorsorgeangebot könnten sich Krankenkassen als Marken besser positionieren und sich je nach Angebot auch von der Konkurrenz differenzieren. Nehmen Sie beispielsweise e-balance oder den Vitaparcours. Das sind zwei Vorsorgemethoden, die aus Branding-Sicht perfekt, weil nachhaltig, funktionieren: Sie bauen eine Beziehung zum Kunden auf, wenn er gesund ist. Niemand verbindet den Zurich Vitaparcours mit Krankheit. Das fördert die positive Einstellung gegenüber einer Marke, und dem Wachsen einer partnerschaftlichen Beziehung stehen keine negativen Assoziationen im Weg. Das hilft, der Ambivalenz entgegenzuwirken, dass Krankenkassen, deren Bezeichnung es ja bereits impliziert, automatisch mit Krankheiten assoziiert werden und gleichzeitig aber ein Partner sein sollen, mit dem man eine vertrauliche Bindung eingeht und auf welchen man sich verlassen kann, wenn es schwierig wird. Authentizität: Im Zuge der zunehmenden, überall geforderten Echtheit wird auch ein authentisches und vor allem umfassendes Gesundheitsbefinden noch wichtiger werden. Der Anspruch an Gesundheit und Wellness wächst stetig, und darauf gilt es als Krankenkasse zu reagieren. Das Gesundheitsbewusstsein heutzutage ist viel grösser als noch vor einigen Jahren, Gesundheit umfasst das ganze Wohlbefinden eines Menschen. Und darauf sollten Krankenkassen eingehen. Positioniert sich die Marke als Steigerung des Wohlbefindens, erleichtert das natürlich den Aufbau einer Beziehung zum Kunden. Einfachheit und Transparenz: Ihre Umfrage zeigt, dass Patienten nicht an Kosten sparen, wenn es um die eigene Gesundheit geht und deshalb häufig in Kontakt mit Krankenkassen kommen. Wichtig ist, dass die Krankenkasse sie mit einem unbürokratischen, schnellen Ablauf belohnt. Das stärkt

IMAGE DER KRANKENVERSICHERER 100%

QUELLE: SONDAGE SANTÉ 2010

90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% EHER MODERN 2003

EHER FLEXIBEL 2004

2005

EHER GLAUBWÜRDIG 2006

2007

EHER TRANSPARENT 2008

2009

EHER SYMPATHISCH

EHER KUNDENFREUNDLICH

2010

8 | Im Fokus 7/10

Über 50 Prozent empfinden die Krankenversicherer als eher modern, glaubwürdig, sympathisch und kundenfreundlich. Bei der in dieser Grafik nicht erfassten Vertrauenswürdigkeit fielen die Krankenversicherer vom zweiten auf den dritten Rang zurück. Mehr Vertrauen geniessen die Unfallversicherungen und die übrigen Versicherungen. Auf dem letzten Platz rangieren die Medien.


Foto: Gian Marco Castelberg (13 Photo)

infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 31

2005 gründete René Allemann die Markenberatungsagentur Branders, in der heute 16 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig sind. Zu seinen Kunden gehören unter anderem Novartis, die Basellandschaftliche Kantonalbank, die «NZZ» und die Schweizerische Post.

die Kundenbindung langfristig. Wichtig hierbei ist auch Transparenz: Es soll dem Kunden einleuchten, warum Abläufe so ablaufen, wie sie das eben tun. Auch sollte das Tarifmodell einfach sein und eine Vergleichbarkeit mit anderen Anbietern muss im Bereich der Zusatzversicherung möglich sein. Spontan fällt mir als gutes Beispiel hierfür Sympany ein. Sie vermittelt genau das. Ein Zehntel der Befragten macht die Krankenversicherer für die Prämienerhöhungen verantwortlich – und wissen nicht, dass sich in den Prämien die hohen Kosten widerspiegeln. Wie kommen solche Fehlurteile zustande und wie bringt man sie wieder aus den Köpfen?

Bei einem so grossen Gesellschaftsthema, wie das Gesundheitswesen es ist, scheinen mir die zehn Prozent nicht viel. Der Verband hat bisher offensichtlich gute Aufklärungsarbeit geleistet und sollte diesen Kurs weiterverfolgen. Dafür gibt es keinen Masterplan, aber wesentliche Aufklärungsfaktoren sind unumstritten die Transparenz und das Kostenbewusstsein – beispielsweise auch bei den Werbekosten. Als Krankenkasse arbeitet man in einem Markt, wo Massnahmen zur Stärkung der Marke oder zur Imagepflege immer auch einen echten Kundennutzen bewirken müssen, weil sonst das Vertrauen schwindet und man das Gegenteil von dem bewirkt, worauf man eigentlich abzielte. Deshalb würde ich weniger in klassische Werbung investieren denn in nachhaltige Branding Massnahmen. Das Anbieten eines Gesundheitsportals, das beispielsweise einen Ernährungscheck anbietet, könnte

vielleicht einen ähnlichen Erfolg verzeichnen wie Vitaparcours oder das e-balance Portal. Das Image der Krankenversicherer hat sich in verschiedenen Bereichen wie etwa der Glaubwürdigkeit leicht verbessert. Bei der Vertrauenswürdigkeit belegen sie den dritten Platz.

Vertrauenswürdigkeit und Vertrauen an sich sind das Allerwichtigste. Die Schwierigkeit der Marke einer Krankenkasse ist, dass die Marke dem Kunden nie ganz ans Herz wächst, weil er sie direkt mit Krankheit verbindet. Um dem entgegenzuwirken, ist deshalb die Kontaktpflege in Zeiten, wo der Kunde die Hilfe einer Kasse nicht beansprucht, so ausschlaggebend. In dieser Zeit kann sie sich am besten als verlässlicher Partner etablieren; als ein Partner, der Fragen beantwortet, sich aktiv an der Vorsorge beteiligt und zeigt, dass ihm meine Gesundheit wichtig ist. So entsteht nachhaltiges Vertrauen, das eine solche Bindung zwischen Mensch und Marke zulässt. Ein wichtiges Thema, das eine Kasse in diesem Zusammenhang ebenfalls berücksichtigen sollte, ist der Lebenszyklus der Kunden. Im Idealfall begleitet die Krankenkasse einen Menschen sein Leben lang. Je älter ein Mensch wird, umso häufiger wird er die Leistungen seiner Krankenkasse in Anspruch nehmen. Je besser die Leistungen dann sind, umso grösser die Chance, dass die Kasse in einer Familie an die nächstjüngere Generation weiterempfohlen wird. InterviEw: silvia schütz

9 | Im Fokus 7/10


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 32

Schlussbericht zum Gesundheitsmonitor 2010

Ambivalente Beurteilung von Managed-CareVersorgungsmodellen

Claude Longchamp Matthias Bucher Stephan Tschöpe Andreas Stettler Silvia-Maria Ratelband-Pally


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 33

Ambivalente Beurteilung von Managed-CareVersorgungsmodellen Schlussbericht zum Gesundheitsmonitor 2010

Projektteam: Claude Longchamp, Institutsleiter gfs.bern, Politikwissenschaftler Matthias Bucher, Projektleiter, Sozialpsychologe Stephan Tschöpe, Datenanalytiker/Programmierer Andreas Stettler, Programmierer Silvia-Maria Ratelband-Pally, Administratorin


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 34

Die grössten Veränderungen gegenüber 2009

Wunsch nach gemeinschaftlicher Verantwortung wieder wachsend – Zunahme des Bevölkerungsanteils (66 Prozent, +14 Prozentpunkte), der sich ein Gesundheitswesen wünscht, in dem die gemeinschaftliche Verantwortung wichtiger ist als die Eigenverantwortung. – Die Bereitschaft, Medikamente für Bagatellfälle selber zu bezahlen, ist stark zurückgegangen (32 Prozent, – 21 Prozentpunkte) und erstmals nicht mehr mehrheitlich gegeben. – Verstärkt wird gefordert, dass spezifische Leistungen von der Grundversicherung statt von den Betroffenen selbst bezahlt werden. Dies gilt insbesondere für Kosten, die im Zusammenhang mit Drogensucht (56 Prozent treten hier aktuell für Kassenzahlung ein, das sind 20 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr), ungewollter Kinderlosigkeit (56 Prozent, +18 Prozentpunkte) und der Pille zur Schwangerschaftsverhütung (46 Prozent, +22 Prozentpunkte) anfallen. – Die Ausnahme von der generellen Tendenz zu verstärkten Forderungen nach Kassenzahlung betrifft Stressbeschwerden: Aktuell verlangen noch 48 Prozent, dass Kosten infolge stressbedingter Erkrankungen von der Grundversicherung übernommen werden (– 12 Prozentpunkte). – Um 20 Prozentpunkte auf 41 Prozent angewachsen ist der Anteil Stimmberechtigter, der dafür plädiert, dass die nicht ärztliche Alternativmedizin in die Grundversicherungsleistung aufgenommen wird. – Abnahme des Anteils Befragter um 13 Prozentpunkte auf 10 Prozent, der die Krankenkassen als Hauptverursacher der Prämienverteuerung annimmt.

2

Das Wichtigste in Kürze


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 35

– Vergrösserung des Anteils Stimmberechtigter, der der Meinung ist, dass die Ärzte, solange sie vom Medikamentenverkauf profitieren können, daran interessiert sind, möglichst teure Medikamente zu verschreiben (78 Prozent, +16 Prozentpunkte), und des Anteils, der der Meinung ist, dass Apotheken als Zwischenhändler lediglich eine Verteuerung der Medikamente verursachen (50 Prozent, +16 Prozentpunkte). – Mit 28 Prozent (– 16 Prozentpunkte) ist der Anteil Stimmberechtigter, welcher der Meinung ist, dass gesetzliche Höchstpreise für Medikamente eingeführt werden sollten, so klein wie noch nie.

Das Wichtigste in Kürze

3


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 36

Die Synthese Die Befunde des Gesundheitsmonitors 2010 lassen sich in 10 Thesen ausdrücken: 1. Managed Care Die bisher diskutierten Managed-Care-Modelle sprechen ein minderheitliches Potenzial an, mit Akzentsetzung bei der jüngeren Generation und bei den Männern. Die Erwartungen der Politik und der Schweizer Stimmberechtigten an die Neuerung sind nicht deckungsgleich, insbesondere nicht bei der freien Arzt- und Spitalwahl und den daraus entstehenden Folgen für die Krankenkassenprämien. Ein erhöhter Informationsbedarf zu den Absichten dieser Reform des Gesundheitswesens erscheint angezeigt. 2. Generelle Werthaltungen Der Wettbewerbsdruck auf die Leistungserbringer im Gesundheitswesen soll durch marktwirtschaftliche Anreize erhöht werden. Erwartet wird, dass so ein Beitrag zur Kostenkontrolle geleistet werden kann. Die Tendenz zur Verlagerung der Kosten in Richtung vermehrter Eigenverantwortung wird aber zunehmend abgelehnt. 3. Gesundheitsmarkt Der Globalisierung des Gesundheitsmarktes werden klar Grenzen gesetzt. Die Medikamentenkontrolle soll national bleiben, zentraler Akteur im Gesundheitswesen sollen die Kantone sein. 4. Eigene Gesundheit Der subjektiv wahrgenommene Gesundheitszustand der Befragten hat sich nach Jahren der kontinuierlichen Verschlechterung wieder stabilisiert. Man geht weniger häufig in eine medizinische Behandlung; wenn man die jedoch in Anspruch nimmt, erwartet man die bestmögliche und nicht die günstigste Behandlung. 5. Apotheken Apotheken erscheinen als sehr nützliche Berater, welche die Notwendigkeit des Gangs zur Ärztin oder zum Arzt verringern. Mit den neuen Gebühren für die Beratung werden sie aber verstärkt unter dem Kostenaspekt betrachtet.

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Das Wichtigste in Kürze


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 37

6. Medikamente Die Bereitschaft sinkt, Medikamente für Bagatellen selbst zu bezahlen. Generell ist man angesichts hoher Krankenkassenprämien skeptisch, immer mehr medizinische Leistungen selber bezahlen zu müssen. 7. Prämienentwicklung Es wird unverändert damit gerechnet, dass sich die Prämien für die Krankenkassen nach oben entwickeln. Die Hoffnung, sie könnten stabilisiert werden, ist weitgehend verschwunden. 8. Geld für Leistungserbringer Man ist deutlich vorsichtiger geworden, mehr Geld für alle Leistungserbringer zur Verfügung stellen zu wollen. Am ehesten noch macht die Spitex hier eine Ausnahme. Weniger Geld möchte man bei der Verwaltung der Krankenversicherer einsetzen. 9. Pharmazeutische Forschung Die Bereitschaft, im Interesse der landeseigenen Forschung höhere Medikamentenpreise als im Ausland zu bezahlen, nimmt ab. Das trifft eines der Hauptargumente der Pharmaindustrie zentral. Deren Beitrag zu Lebensqualität, medizinischer Versorgung und wirtschaftlicher Prosperität wird aber klar registriert. 10. Bilanz KVG Eine volatile Mehrheit bilanziert die Auswirkungen des KVG auf das Gesundheitswesen als positiv. Das gilt für alle Parteilager. Der grösste Einwand bleibt bei den Kosten.

Das Wichtigste in Kürze

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infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 38

Das Wichtigste in Kürze

1

Die Übersicht

23

2 2.1 2.2 2.3 2.4

Die Einleitung Zielsetzungen des Gesundheitsmonitors Gesundheitspolitik in der öffentlichen Diskussion Grundsätze des Monitorings  Die Fragestellungen für den Gesundheitsmonitor 2010

24 24 24 26 27

3 3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3 3.3.4 3.4 3.4.1 3.4.2 3.4.3 3.4.4 3.5 3.5.1 3.5.2 3.5.3 3.5.4

Die Befunde  Schwerpunktthema Managed Care (MC) Das gegenwärtige Potenzial von Managed-Care-Modellen  Die Beurteilung von Managed Care  Zwischenbilanz  Das persönliche Gesundheitsverhalten  Der subjektive Gesundheitszustand  Die Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen  Zwischenbilanz  Die eigene Krankenversicherung  Das persönliche Versicherungsmodell  Die subjektive Belastung durch die Krankenkassenprämien  Die Wahl der Krankenkasse  Zwischenbilanz  Das Krankenversicherungswesen  Prämiensysteme  Franchisen und Selbstbehalt  Leistungen der Grundversicherung  Zwischenbilanz  Die Realität und die Ideale im schweizerischen Gesundheitswesen  Die Realität: die Beurteilung des KVG und der Qualität des Gesundheitswesens  Das ideale Gesundheitswesen: Maximierung von Qualität und Quantität statt Kostenminimierung Das ideale Gesundheitswesen: Wettbewerb und Wahlfreiheit Das ideale Gesundheitswesen: Föderalismus und Gemeinschaftsverantwortung

28 28 30 32 38 39 39 39 42 44 44 48 52 56 57 57 62 62 71

6

8

72 72 76 78 78

Das Wichtigste in Kürze


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 39

3.5.5 3.5.6 3.6 3.6.1 3.6.2 3.6.3 3.6.4 3.6.5 3.6.6 3.7 3.7.1 3.7.2 3.7.3 3.7.4 3.8 3.8.1 3.8.2 3.8.3 3.8.4 3.8.5

Polarisierende Wunschvorstellungen über das ideale Gesundheitswesen  Zwischenbilanz  Gesundheitskosten  Die erwartete Entwicklung der Kosten im Gesundheitswesen  Vermutete Ursachen der Kostensteigerung im Gesundheitswesen  Die Verantwortungsträger für die Kostendämpfung im Gesundheitswesen  Die persönliche Bereitschaft zur Teilnahme an Massnahmen zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen  Die erwünschte Verteilung der finanziellen Mittel im Gesundheitswesen  Zwischenbilanz  Die Beurteilung des Arzneimittelmarktes  Die Beurteilung der Medikamentenpreise  Die Beurteilung der Legitimität von Gewinnen beim Handel mit Arzneimitteln  Die Beurteilung der Bezugsquellen von Arzneimitteln  Zwischenbilanz  Die Beurteilung der Akteure im Gesundheitswesen, insbesondere der chemisch-pharmazeutischen Branche  Die Beurteilung der Kompetenz und der sozialen Verantwortung der Akteure im Gesundheitswesen  Die Beurteilung der volkswirtschaftlichen Bedeutung der chemisch-pharmazeutischen Branche  Das Image der chemisch-pharmazeutischen Industrie  Die Einstellungen gegenüber der pharmazeutischen Forschung  Zwischenbilanz

4

Synthese

114

A.1. A.1.1 A.1.2 A.1.3

Der Anhang Technischer Bericht zur aktuellen Befragung Der Fragebogen Die Befragungsarbeit Die Datenaufbereitung

119 119 119 120 123

Team von gfs. bern 2010

128

Das Wichtigste in Kürze

80 82 84 84 86 86 88 90 92 94 94 96 100 101 102 102 106 108 110 113

7


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Das Wichtigste in Kürze

Der Gesundheitsmonitor versteht sich als zuverlässiges Informationssystem über das Verhältnis der Schweizer Stimmberechtigten zum Gesundheitswesen in der Schweiz. Er basiert im Wesentlichen auf einer Jahresbefragung von jeweils mindestens 1200 repräsentativ ausgewählten StimmbürgerInnen. Der Hauptteil der Fragen wird dabei über die Jahre hinweg konstant gehalten, um Zeitvergleiche erstellen zu können. Der Gesundheitsmonitor wird seit 1997 vom Forschungsinstitut gfs.bern für Interpharma durchgeführt. Er wird regelmässig veröffentlicht. In jedem Jahr wird zudem ein variierendes Schwerpunktthema befragt, 2010 ist das die Einstellung zu Managed-Care-Modellen.

Schwerpunktthema 2010: Managed-Care-Modelle Managed-Care-Modelle (MC) sind in der gesundheitspolitischen Diskussion seit Längerem ein zentrales Thema. Die Politik hofft, dass mit diesen sog. integrierten Versorgungsnetzwerken in Zukunft das weitere Ansteigen der Gesundheitskosten eingedämmt werden kann. Mit MC-Modellen ist auch der Verzicht auf eine freie Arzt- und Spitalwahl verbunden. Im aktuellen Berichtsjahr stellte sich der Nationalrat klar hinter diese angestrebte Reform des Gesundheitswesens, stimmt später auch der Ständerat dem Gesetz zu, sollen ab dem Jahr 2012 die ManagedCare-Modelle zum Regelfall werden. Das wichtigste Ergebnis der Befragung zum Thema Managed Care betrifft deren Verbreitung: 10 Prozent der Schweizer StimmbürgerInnen sind laut eigenen Angaben bereits in einem Managed-Care-Modell versichert. 18 Prozent können sich zudem vorstellen, sich in einem solchen Modell versichern zu lassen. Damit liegt das gegenwärtige Potenzial bei knapp einem Drittel der StimmbürgerInnen. (Grafik 1) Die wichtigste Determinante ist das Alter; vor allem bei den 30- bis 39-Jährigen ist der Anteil höher, bei 60- bis 69-Jährigen ist er unterdurchschnittlich. Hinzu kommen Unterschiede zwischen den Geschlechtern, so sind Männer etwas häufiger bereit als Frauen, sich in einem MC-Modell versichern zu lassen.

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Das Wichtigste in Kürze


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1 | Managed-Care-Versicherung «Kommt für Sie eine Versicherung in einem Managed-Care-Modell infrage?» In  % Stimmberechtigter

Weiss nicht/keine Antwort 14%

Ist bereits in einem ManagedCare-Modell versichert 10% Ja 18%

Nein 58%

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = 1200)

Drei Viertel der befragten BürgerInnen stimmen der Aussage, dass MC-Modelle wichtig für die Dämpfung der Kosten im Gesundheitswesen sind, zu. Somit finden MC-Modelle vor allem in Bezug auf Kostensenkung Akzeptanz. Die Kostenorientierung der BürgerInnen geht aber nicht so weit, dass sie höhere Selbstbehalte bei der Beibehaltung der freien Arzt- und Spitalwahl im MC-Modell akzeptieren würden: 77 Prozent aller Befragten lehnen eine solche Einschränkung der freien Arzt- und Spitalwahl ab. Organisatorisch wünscht man sich generell, dass die MC-Modelle von den Leistungserbringern wie ÄrztInnen, Spitälern, aber auch Krankenkassen unabhängig sein sollen. Einseitige Abhängigkeiten werden mehrheitlich abgelehnt. Bei den Spitälern ist die Ablehnung am höchsten, gefolgt von den Krankenkassen und den ÄrztInnen. Wenn bestimmte Leistungen nicht mehr bezahlt werden sollen, müssen das nach Ansicht von drei Vierteln der Versicherten die PatientInnen mit ihren ÄrztInnen gemeinsam entscheiden. Für zwei Drittel sollen das sogar die PatientInnen alleine machen dürfen. Komplexere Gremien werden kaum akzeptiert. Auch keine der

Das Wichtigste in Kürze

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zentralen Behörden im Gesundheitswesen scheint genügend legitimiert zu sein, entsprechende Entscheidungen verbindlich treffen zu dürfen. Das gilt ganz besonders für das BAG, beschränkt auch für die Konferenz der kantonalen GesundheitsdirektorInnen. Die Forderung, dass Krankenkassen sehr teure Behandlungen mit einem ungünstigen Kosten-Nutzen-Verhältnis gar nicht mehr bezahlen sollen, wird von einer Mehrheit abgelehnt. Am klarsten dagegen ist man bei der Streichung von Krebsbehandlungen. Am ehesten noch vorstellbar ist gleiches bei Psychotherapien. Eigenes Gesundheitsempfinden 87 Prozent der Befragten (+1 Prozentpunkt) fühlten sich zum Zeitpunkt der Befragung mehr oder weniger gesund. Dieser Wert ist seit 2005 einigermassen konstant, davor nahm er während längerer Zeit ziemlich kontinuierlich ab. (Grafik 2) Dabei ist das Gesundheitsempfinden wie schon in früheren Untersuchungen nachweisbar altersabhängig sowie durch die Schichtzugehörigkeit beeinflusst. Unverändert nimmt der Arztbesuch aus Gründen der Behandlung von Krankheiten, aber auch der Prävention ab. Man geht weniger schnell zum Arzt oder zur Ärztin, sodass sich (bei gleichem Gesundheitsempfinden) die Wahrscheinlichkeit verringert, dass man innert eines Jahres in ärztlicher Behandlung ist. Die eigene Krankenversicherung Die empfundenen Belastungen durch die eigenen Krankenkassenprämien sind 2010 gegenüber den Vorjahren weitgehend unverändert geblieben. Gut die Hälfte der Befragten bekundet, ein dauerhaftes oder gelegentliches Problem mit der Begleichung der Krankenkassenprämie zu haben. Dabei variiert der Anteil in erster Linie nach den Einkommensverhältnissen: Wer wenig verdient, bezeichnet die Krankenkassenprämien eher als ein Problem. (Grafik 3)

10

Das Wichtigste in Kürze


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 43

2 | Persönlicher Gesundheitszustand «Wie geht es Ihnen zurzeit gesundheitlich?» In  % Stimmberechtigter

100 75

50

25 0 1994

1986

n  Weiss nicht

n  Schlecht

n  Eher gut

2002

n  Gut

2010

n  Sehr gut

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

3 | Belastung durch verschiedene Haushaltskosten: Krankenkassenprämien «Sagen Sie mir bitte für jeden der folgenden Ausgabenbereiche Ihres Haushaltes, ob er für Sie ein dauerhaftes oder ein gelegentliches Problem darstellt, welche Ausgaben Sie für hoch, aber tragbar halten und welche Ausgaben für Sie kein Problem darstellen?» In  % Stimmberechtigter 60

40

20

0 1997

2002

2006

2010

n  Gelegentliches Problem    n  Dauerhaftes Problem Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

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Die finanziellen Belastungen unter dem KVG haben zu einer beschränkten Mobilität der Versicherten zwischen den Kassen geführt. Ein Fünftel der Befragten gibt zwischenzeitlich an, in den letzten fünf Jahren mindestens einmal den Krankenversicherer gewechselt zu haben. Vor fünf Jahren waren das nur 14 Prozent. Die Prämien sind der Hauptgrund für Wechsel. Allenfalls tritt dieser Faktor in Kombination mit bestimmten Leistungen auf. (Grafik 4) Rund zwei Drittel der Versicherten haben über die Grundversicherung hinaus eine Zusatzversicherung. Dieser Anteil nahm bis 2006 zu und ist seither weitgehend konstant. Wer keine Zusatzversicherung hat, zeigt auch kein Bedürfnis hierfür. Bedenken, sich eine Zusatzversicherung nicht leisten zu können, gingen in den letzten zehn Jahren zurück, wenn auch das Bedürfnis unter den Schweizerinnen und Schweizern im Wesentlichen gedeckt erscheint. Was die Verursacher der Prämiensteigerung betrifft, gibt es eine klare Kritik an der Bürokratie. Diese betrifft die mangelnde Effizienz des Gesundheitswesens im Generellen und die Verwaltungskosten der Leistungserbringer im Speziellen. Die 2006 bis 2008 gehegten Hoffnungen, die Krankenkassenprämien könnten stabilisiert werden, sind heute weitgehend verschwunden. Man rechnet weder mit einer Verringerung noch mit einer Stabilisierung der Prämien. Vielmehr gehen 85 Prozent der Befragten davon aus, dass die Abgaben an die Krankenversicherer weiter steigen werden.

12 12

Das Wichtigste in Kürze


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4 | Wechsel Krankenkasse «Planen Sie konkret einen Wechsel Ihrer Krankenkasse, haben Sie in jüngster Zeit einmal an einen solchen Schritt gedacht, haben Sie in den letzten 5 Jahren einen Wechsel vollzogen, oder war nichts davon bei Ihnen der Fall?» In  % Stimmberechtigter, welche eine Angabe über 30 Mitgliedschaftsdauer machen können ihre

20

10

0 2002

2004

2006

n  Denkt an einen solchen Schritt n  Ja, plant einen Wechsel konkret

2008

2010

n  Hat in den letzten 5 Jahren gewechselt

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

5 | Leistungskatalog «Ganz generell gesprochen, sind Sie beim Leistungskatalog, der durch die Grundversicherung abgedeckt wird, für einen Ausbau, für das Belassen auf dem heutigen Stand oder für einen Abbau?» In  % Stimmberechtigter 100 75

50

25 0

2001

n  Weiss nicht / keine Antwort n  Für einen Abbau

2007

2004

2010

n  Für Belassen auf dem heutigen Stand n  Für einen Ausbau

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

Das Wichtigste in Kürze

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Das hat beschränkte Auswirkungen auf die Beurteilung des Leistungskatalogs in der Grundversicherung. Für eine klare Mehrheit von 68 Prozent sollte er auf dem gegenwärtigen Stand belassen werden. 21 Prozent wünschen sich einen generellen Ausbau, 5 Prozent eine Kürzung. Die Werte sind seit zwei Jahren einigermassen stabil. Unterschiede gibt es allerdings bei den Sprachregionen. In der Romandie sind die Erwartungen an einen Ausbau und an das Belassen in etwa gleich stark, in der Deutschschweiz dominiert das Belassen. Nirgends sind die Forderungen nach einem Abbau stärker als nach einem Ausbau. (Grafik 5) Bezogen auf einzelne zu vergütende Massnahmen kommen Stressbeschwerden unter Druck. Die Bereitschaft, deren Behandlung über die Krankenkasse verrechnen zu können, ist sinkend und gegenwärtig nicht mehr mehrheitlich. Neu eindeutig mehrheitlich ist die Zustimmung zur Kassenzahlung von Massnahmen bei ungewollter Kinderlosigkeit und Drogensucht. Gegen die Tendenzen, bei leicht steigenden Kosten weniger zu vergüten, gibt es zwischenzeitlich eine messbare Gegenbewegung. So sind nur noch 32 Prozent damit einverstanden, dass die Kassen Medikamente für Bagatellen nicht mehr übernehmen sollten. 65 Prozent sind umgekehrter Meinung. Damit sind erstmals mehr Befragte dagegen als dafür. Der Trend setzte vor etwa zwei Jahren ein und erhielt nun eine Beschleunigung. In die gleiche Richtung verweisen auch die Trendindikatoren gegen Bonussysteme im Versicherungswesen. Zwar ist die Mehrheit meist immer noch auf der positiven Seite für die Bonusversicherungen, doch weisen die Trends nach 2008 in die negative Richtung. (Grafik 6) KVG und ideales Gesundheitswesen Die Bilanz zum KVG ist in den letzten Jahren volatil, verändert sich aber übers Ganze hinweg positiv. Aktuell haben 66 Prozent der Befragten alles in allem einen sehr oder eher positiven Eindruck, 30 Prozent einen negativen. Bei allen ParteianhängerInnen gibt es Mehrheiten auf der positiven Seite. (Grafik 7) Das heisst indessen nicht, dass man die Kosten für das Gesundheitswesen gut findet. Man sieht hier unverändert den Bund in der Pflicht, für Kosteneinsparungen zu sorgen. Der Bund rangiert hier klar vor den Kassen und den ÄrztInnen. Die Antworthäufigkeit auf diese Frage geht indessen seit einigen Jahren zurück. Das verweist auch darauf, dass es eine verbreitete und wachsende Ratlosigkeit bei dieser Frage gibt.

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6 | Forderungen zu den Krankenkassen: Medikamente für Bagatellen «Medikamente für Bagatellen sollen von den Krankenkassen nicht mehr bezahlt werden.» In  % Stimmberechtigter 100 75

50

25 0 2004

2005

2006

n Gar nicht einverstanden n Eher nicht einverstanden

2007

2008

n Weiss nicht/keine Antwort n Eher einverstanden

2009

2010

n Sehr einverstanden

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = jeweils ca. 1200)

7 | Bilanz KVG «Wenn Sie einmal Bilanz ziehen zum Stand des Gesundheitswesens nach 13 Jahren KVG. Ist Ihr Eindruck vom Gesundheitswesen in der Schweiz …?» In  % Stimmberechtigter 100 75

kann sich 50

25 0

2003

2004

2005

2006

2007

n  Sehr negativ n  Kann sich nicht mehr n  Eher negativ erinnern / keine Antwort

2008

2009

2010

n  Eher positiv n  Sehr positiv

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

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Finanziell überdotiert sieht man am ehesten die Apparate der Krankenversicherer einerseits, die Apotheken anderseits. Letzteres ist neu, Ersteres regelmässig der Fall. Einen finanziellen Nachholbedarf ortet man am ehesten bei der Spitex. Doch sind es auch hier nur Minderheiten, die so denken. Überhaupt fällt auf, dass die Bereitschaft zur Öffnung neuer Schleusen für Kosten im Gesundheitswesen nur noch beschränkt vorhanden ist. Das nach Ansicht der Stimmberechtigten ideale Schweizer Gesundheitswesen erlaubt prinzipiell Wahlmöglichkeiten, sichert die Qualität der Leistungen und hält deren Quantität hoch. In diesen Eckwerten ist der Konsens aus Bevölkerungssicht praktisch unverändert gegeben. Seit Längerem klar ansteigend erweist sich der Bevölkerungsanteil, der eine klarere marktwirtschaftliche Ausrichtung auf Seiten der Leistungserbringer befürwortet. 2003 machte er erst 39 Prozent aus. Heute beträgt er 75 Prozent. Rückläufig ist dafür der Anteil derjenigen, die Eigenverantwortung auf der Mikroebene zu unterstützen. 32 Prozent weist die Befragung hier auf; vor zwei Jahren war es noch rund die Hälfte der Befragten. 66 Prozent setzen heute eher auf die Gemeinschaftsverantwortung. (Grafik 8) Die Beurteilung des Arzneimittelmarktes An der Medikamentenabgabe verdienen sollen nach Ansicht einer Mehrheit der Befragten die Hersteller, die Grossisten und die Apotheken. Umstritten ist dies bei den Ärzten und Versendern. Zeitlich gesehen wächst das Verständnis für Grossisten seit 2007, während Hersteller und Apotheken, von kleinen Ausnahmen abgesehen, praktisch stabile Zustimmungswerte kennen. Die Apotheken schneiden vor allem als Schnittstellen im Arzneimittelmarkt gut ab. 95 Prozent der Befragten halten sie für nützlich, weil man sich so den Gang zum Arzt sparen kann und beraten wird. Zeitlich betrachtet gibt es keine Veränderungen. (Grafik 9) Immerhin sind auch hier zwei Drittel der Meinung, ohne Beratung seien die Apotheken eher teure Zwischenhändler. Das gilt noch deutlicher für Ärzte: Wachsende 78 Prozent unterstützen die Aussage, Ärztinnen und Ärzte hätten ein Interesse daran, teurere Medikamente zu verschreiben, wenn sie daran verdienen. Das setzt sich im geschärften Blick auf die Pharmaindustrie fort, verringert sich doch die Zustimmung zur Aussage, hohe Medikamentenpreise seien gerechtfertigt, wenn

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Das Wichtigste in Kürze


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 49

8 | Wunschvorstellung Gesundheitswesen in der Schweiz «Bitte sagen Sie mir, was für ein Gesundheitswesen Sie sich in der Schweiz wünschen. Wenn Sie mit dem ersten Teil der Vorgabe übereinstimmen, wählen Sie die Zahl 1 oder eine Zahl nahe bei 1. Wenn Sie mit dem zweiten Teil der Vorgabe übereinstimmen, wählen Sie die Zahl 6 oder eine Zahl nahe bei 6.» «Möchten Sie ein Gesundheitswesen in der Schweiz, wo der Markt mehr regelt als der Staat oder wo der Staat mehr regelt als der Markt?» In  % Stimmberechtigter 100 75

50

25 0

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

n  6, Staat    n  5    n  4    n  Weder noch    n  3    n  2    n  1, Markt

«Möchten Sie ein Gesundheitswesen in der Schweiz, wo die gemeinschaftliche Verantwortung wichtiger ist als die Eigenverantwortung oder wo die Eigenverantwortung wichtiger ist als die Gemeinschaftsverantwortung?» In  % Stimmberechtigter 100 75

50

25

Ge

0

2003

2004

n  6, Eigenverantwortung

2005

2006

2007

2008

n  5   n  4   n  Weder noch   n  3   n  2

2009

2010

n  1, Gemeinschaftsverantwortung

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = jeweils ca. 1200)

Das Wichtigste in Kürze

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infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 50

9 | Argumente zu Verdienst an Medikamenten «Ich nenne Ihnen jetzt verschiedene Argumente zur Frage, wer an Medikamenten verdienen soll. Sagen Sie bitte jeweils, ob Sie mit dem Argument voll, eher, eher nicht oder überhaupt nicht einverstanden sind.» In  % Stimmberechtigter (voll und eher einverstanden)

100 80 60 40 20 0

2001

2004

2007

2010

n  «Die Beratungen in den Apotheken sind nützlich, weil man nicht für sämtliche Beschwerden zum Arzt gehen muss.» n  «Hohe Preise für Medikamente sind gerechtfertigt, wenn ein grosser Teil der Einnahmen wieder in die Erforschung besserer Heilmittel fliesst.» n  «Solange Ärzte vom Medikamentenverkauf profitieren, sind daran sie interessiert, möglichst teure Medikamente zu verschreiben.» n  «Die Apotheken sind nur zusätzliche Zwischenhändler, welche eine Verteuerung von Medikamenten bringen.» Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

ein grosser Teil in die Erforschung besserer Heilmittel fliesse; aktuell umfasst sie genau die Hälfte der Befragten. Im Jahr 2001 waren es, auf dem Höhepunkt, drei Viertel. Wachsend ist die Bereitschaft, dass die Kassen mit den Herstellern über die Medikamentenpreise verhandeln können. Darin spiegelt sich die Erwartung, dass die Leistungserbringer vermehrt dem Markt ausgesetzt werden sollten. Aktuell sind 69 Prozent für Verhandlungen, was der absolute Höchstwert in allen bisherigen Gesundheitsmonitorbefragungen hierzu ist. Generika, die den gleichen Wirkstoff beinhalten wie Originalpräparate, werden von fast drei Vierteln der Befragten akzeptiert. Es ist eine gewisse Sättigung zu beobachten, denn seit etwa 2005 verändert sich die Akzeptanz kaum mehr. (Grafik 10)

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Das Wichtigste in Kürze


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 51

10 | Haltung Original/Generika «Wenn Sie die Auswahl haben, würden Sie eher das Originalmedikament oder Nachahmerprodukte, sogenannte Generika, kaufen?» In  % Stimmberechtigter

100 75

50

25 0

2000

n  Originalmedikament

2008

2006

2004

2002

n  Weiss nicht/keine Antwort

2010

n  Generika

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

11 | Medikamentenkauf Ausland oder Schweiz «Wenn Sie die Auswahl hätten, würden Sie dann Ihre Medikamente eher im Ausland oder eher in der Schweiz kaufen?» In  % Stimmberechtigter

100 75

50

25 0

1997

n  Im Ausland

2000

2002

2004

n  Weiss nicht/keine Antwort

2006

2008

2010

n  In der Schweiz

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

Das Wichtigste in Kürze

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Der Medikamentenmarkt bleibt in der Vorstellung der Befragten klar national strukturiert. Der Anteil jener, die Medikamente lieber in der Schweiz als im Ausland kaufen, steigt sogar an. Aktuell beträgt er 79 Prozent. In den 90er-Jahren des 20. Jahrhunderts stellten wir hier Werte zwischen 50 und 60 Prozent fest. (Grafik 11) Die Akteure im Gesundheitswesen Erstmals sind die Apotheken die glaubwürdigsten Leistungserbringer im Gesundheitswesen. Auf einer 10er-Skala erhalten sie bei der Kompetenzzuschreibung im Mittel die Note 7.6. Ärztinnen und Ärzte, die bisherigen Spitzenreiter, sinken auf 7.4, die Pharmaindustrie auf 7.2 Punkte. Die grössten Verlierer bei der Kompetenz- wie auch bei der Verantwortungszuschreibung sind die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie die Krankenkassen. Bei Ersteren dürfte das eine Reaktion auf die Schweinegrippediskussion im Berichtszeitraum sein. Das zeigt sich auch daran, dass das BAG erstmals seit Längerem wieder schlechtere Werte erhält. Klarer Gewinner ist der Bundesrat, der 2008 einen Tiefstwert hatte. Seither steigen die Noten wieder; mit dem Wechsel im EDI von Bundesrat Couchepin zu Bundesrat Burkhalter hat sich das weiter verdeutlicht. Das hat im Übrigen keine Entsprechung bei den Gesundheitspolitikerinnen und -politiker, deren Kompetenz wieder schlechter beurteilt wird. Auffällig ist das tiefe Rating der eigenen Kompetenzbeurteilung, ist es doch sinkend und mit einer Durchschnittsnote von 5.2 auf einem sehr geringen Wert. Das spricht für verbreitete Überforderungsgefühle, wenn es um Fragen des Gesundheitswesens geht. Die Pharmaindustrie wird namentlich in wirtschaftlicher Hinsicht praktisch unverändert als wichtig angesehen. 92 Prozent der Befragten halten sie für bedeutsam. Damit rangiert sie auf Rang 3, praktisch gleichauf mit den Versicherungen und Banken. Erstmals höher eingestuft wird die wirtschaftliche Bedeutung der Energiewirtschaft. (Grafik 12)

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Das Wichtigste in Kürze


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12 | Bedeutung Branchen «Wie stark ist Ihrer Meinung nach der Einfluss der folgenden Branchen auf die Wirtschaftskraft der Schweiz als Standort? Ist er sehr bedeutend, ziemlich bedeutend, es geht so, unbedeutend oder ganz unbedeutend?» In  % Stimmberechtigter

Energiewirtschaft

Banken

Versicherungen

Chemisch-pharmazeutische Industrie

Tourismus

Informatik und Telekommunikation

Baugewerbe

Maschinenindustrie

Nahrungsmittelhersteller

80 70 60 50 40

Landwirtschaft

30 20 10

0 Textilindustrie Nahrungsmittelher Medien Landwirtschaft Maschinenin Informatik Baug u

Medien

Textilindustrie 0%

20%

n  Sehr bedeutend n  Ziemlich bedeutend

40% n  Es geht so n  Unbedeutend

60%

80%

100%

n  Ganz unbedeutend n  Weiss nicht/keine Antwort

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = 1200)

Das Wichtigste in Kürze

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infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 54

13 | Aussagen zur pharmazeutischen Forschung «Wir haben hier einige Aussagen gesammelt, die man zur pharmazeutischen Forschung in der Schweiz hören kann. Sagen Sie mir bitte jeweils, ob diese aufgrund von dem, was Sie wissen, voll zutreffen, eher zutreffen, eher nicht zutreffen oder überhaupt nicht zutreffen.» In  % Stimmberechtigter (voll und eher zutreffend)

100 80 60 40 20 0

2002

2004

2006

2008

2010

n  «Der Beitrag der Forschung ist wichtig für die Qualität des Gesundheitswesens in der Schweiz.» n  «Die medizinische Forschung ist wichtig für die Lebensqualität in der Schweiz.» n  «Durch den Einsatz neuer Medikamente kann die Heilung beschleunigt werden.» n  « Durch den Einsatz neuer Medikamente können die Kosten für Spital und Arzt gesenkt werden.» Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

Die pharmazeutische Forschung leistet für die Befragten einen wichtigen Beitrag zur Lebensqualität in der Schweiz, zur Forschung und zur Heilung von Krankheiten. Das alles ist für 9 von 10 Befragten der Fall. Umstrittener ist allerdings, welchen Beitrag sie zur Kostensenkung leistet. In der öffentlichen Meinung sind die Werte hierzu klar tiefer und seit zwei Jahren sogar leicht fallend. (Grafik 13)

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Das Wichtigste in Kürze


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 55

1 Die Übersicht

Der vorliegende Schlussbericht zum Gesundheitsmonitor 2010 ist in drei Hauptteile gegliedert: – Die Einleitung in Form einer generellen Projektbeschreibung (Kapitel 2) – Die Darstellung der Befunde aus dem Gesundheitsmonitor 2010 (Kapitel 3) – Die Synthese der Ergebnisse vor dem Hintergrund der übergeordneten Arbeitshypothesen (Kapitel 4)

Entstanden ist der Bericht als Gemeinschaftsprodukt des zuständigen Projektteams am Forschungsinstitut gfs.bern, das mit folgender Arbeitsteilung funktionierte: – Claude Longchamp hatte die Projektleitung inne und erstellte gemeinsam mit dem Auftraggeber Interpharma den Fragebogen; er leitete die Projektpräsentationen und redigierte den Schlussbericht. – Matthias Bucher fungierte als stellvertretender Leiter des Projektes. Er leitete dieses operativ und beteiligte sich an der Aufarbeitung der Ergebnisse für die Präsentationen sowie bei der Berichterstattung. – Stephan Tschöpe leistete die Programmierarbeit und die Datenauswertung für die aktuelle Befragung. – Silvia-Maria Ratelband-Pally erstellte die Präsentationsunterlagen und die grafische Aufarbeitung des Schlussberichtes. Seitens des Auftraggebers Interpharma bestand die Begleitgruppe aus Thomas B. Cueni, Generalsekretär und Heinz K. Müller, Senior Communication Manager.

Die Übersicht

23


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 56

2 Die Einleitung

2.1

Zielsetzungen des Gesundheitsmonitors

Ziel des Gesundheitsmonitors Schweiz ist es, ein zuverlässiges Monitoring der Einstellungen der Schweizer Stimmberechtigten zu Fragen des schweizerischen Gesundheitswesens zu leisten. Er basiert im Wesentlichen auf einer jährlich wiederholten Befragung von jeweils rund 1200 repräsentativ ausgewählten StimmbürgerInnen. Wie der Begriff «Monitoring» schon andeutet, sollen in erster Linie die mittel- und längerfristigen Entwicklungen bestimmt und analysiert werden; in zweiter Linie geht es auch um die schwerpunktmässige Klärung von kurzfristigen oder aktualitätsbezogenen Meinungen der Bürgerschaft in kontrovers diskutierten Fragen des schweizerischen Gesundheitswesens. Für den Gesundheitsmonitor 2010 sind dies insbesondere Fragen bezüglich Managed-Care-Modellen. Thematisch will der Gesundheitsmonitor Schweiz also politisch relevant sein, er hat jedoch nicht die Absicht, eine umfassende Gesundheitsbefragung in der Schweiz zu sein, sondern versteht sich als Führungsinstrument zur politischen Gesundheitsdebatte in der Schweiz.

2.2

Gesundheitspolitik in der öffentlichen Diskussion

Gesundheitspolitik bewegt sich im Schnittfeld verschiedenster Erwartungen: zunächst jener der Kranken an die Ärzte und Ärztinnen; dann auch der Kranken an die Gesunden und an die Gemeinschaft. Die so entstehende Gesundheitsbranche kennt eine ganze Reihe von Leistungserbringern: das medizinische Personal, die Spitäler, die medizinische Forschung, die Pharmabranche, die Apotheken und die Krankenversicherungen. Sie alle haben sich in Verbänden organisiert und steuern mit den Patientenorganisationen das Gesundheitswesen. Doch damit nicht genug: «Gesundheit» ist zum öffentlichen Thema geworden.

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Die Einleitung


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Kaum ein Lebensbereich ist heute so stark von Partikularinteressen durchdrungen wie eben das Gesundheitswesen. So erstaunt es auch nicht, dass die Gesundheitspolitik mit der Säkularisierung der Kirchen zu einer vorrangigen Aufgabe des Staates avanciert ist. Der Bund kann die Gesundheitspolitik nicht den Kantonen überlassen – zu aufwendig ist die Spitzenmedizin geworden, als dass man sie mehrfach führen könnte. Umgekehrt wachen die Kantone über Kompetenzen im Gesundheitswesen wie kaum in einem anderen Politikbereich. Je nach weltanschaulichen Vorstellungen ist der Staat dabei selber der Leistungserbringer oder er definiert nur die Rahmenbedingungen, unter denen Private Dienste und Produkte auf den Markt bringen sollen. Staatsmedizin, Privatspitäler, globale Medizinketten und AlternativmedizinerInnen ringen um die Vorherrschaft im Gesundheitswesen. Aktuell zählt die Gesundheitsbranche auch zu einer der wenigen wirklichen Wachstumsbranchen. Ähnlich wie die Reisebranche unterliegt sie nur bedingt den normalen konjunkturellen Zyklen, vielmehr befriedigt sie eine Nachfrage, die in modernen Gesellschaften sowohl in guten wie in schlechten Zeiten der wirtschaftlichen Entwicklung zu wachsen scheint. Da die finanziellen Verpflichtungen angesichts des Wachstums der Gesundheitsausgaben jedoch fast überall zu einer Belastungsprobe für Versicherte und Versicherungen geworden sind, steigt die Forderung, dass der Staat das Gesundheitswesen nicht nur regeln, sondern mittels Verteilungs- und Umverteilungsmassnahmen auch lenken soll. Es macht den Bereich umso interessanter, dass er auch in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert wird. Massenmedien beschäftigten sich damit und gesundheitsspezifische Fachzeitschriften spriessen wie Pilze aus dem Herbstboden. Alle reden von Krankenkassen, Gesundheitsleistungen, Kostenexplosion und Leistungsdichte. Die Sicht der zentralen Akteure im Gesundheitswesen ist durch Kommunikation und Interessenformulierung gut bekannt. Weniger bekannt ist dagegen, wie die EinwohnerInnen oder BürgerInnen zu ihrem Gesundheitswesen stehen. Direkte Rückschlüsse von Kranken, Geheilten oder Versicherten auf die Allgemeinheit der BürgerInnen sind dabei gefährlich. Zu stark sind die Bewertungen geprägt, die man als VerunfallteR, als GenesendeR, oder als PrämienzahlerIn aus der unmittelbaren Erfahrung mit den Vor- und Nachteilen des modernen Gesundheitswesens macht. Deshalb lohnt es sich auch, einen repräsentativen Querschnitt von Bürgerinnen und Bürgern beizuziehen, um die Beurteilung des Gesundheitswesens kennen zu lernen. Dieser kommt dem Normalfall am nächsten. Er repräsentiert Frauen und Männer, jüngere und ältere Menschen, Reiche und Bedürftige. Er

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gleicht die speziellen Perspektiven der kranken und gesunden Menschen aus. Er repräsentiert im eigentlichen Sinne BürgerInnenmeinungen, welche die Basis der öffentlichen Meinung bilden, die sich in Alltagsgesprächen kristallisieren, in Zeitungsbeiträgen äussern, an Parteiveranstaltungen diskutiert werden und parlamentarische Vorstösse begründen. Stehen Entscheidungen an, bildet sich daraus auch eine vorherrschende öffentliche Meinung. Einmal entschieden, reflektiert diese auch, was bis zur nächsten Entscheidung gilt und was nicht.

2.3

Grundsätze des Monitorings

Wer sich für ein Monitoring entscheidet, weiss, dass er mehr als eine Fallstudie machen will, obwohl er genau damit beginnt. Die punktuelle Fallstudie muss im Monitoring ausgebaut werden; entweder in vergleichender Perspektive, etwa indem mehrere Entscheidungen in einem Land oder ähnliche Entscheidungen in verschiedenen Ländern untersucht werden, oder mit einer zeitlichen Optik, indem nicht punktuelle Untersuchungen gemacht werden, sondern länderspezifische Entscheidungen in einer mittel- und längerfristigen Betrachtung analysiert werden. Letzteres ist die eigentliche Aufgabe des Monitorings. Darunter versteht man alle Arten der Erfassung von Zuständen oder eines Vorgangs mittels eines (technischen) Beobachtungssystems. Ein Monitoringsystem ermöglicht Interventionen in die betreffenden Prozesse, sofern sich abzeichnet, dass der Prozess nicht den gewünschten Verlauf nimmt. Monitoring ist ein Überbegriff mit mindestens drei Bedeutungen: – Beobachtung: die Erfassung eines Zustandes («observation monitoring») – Überwachung: die verschärfte, besondere Beobachtung eines potenziell/ tatsächlich gefährlichen Objektes/Sachverhaltes («detection monitoring») – Kontrolle: Vergleich zwischen Ist-Zustand einer Sache und deren Soll-Zustand («control monitoring») Für den Fall Schweiz sind sowohl der Anlass als auch das Instrument evident: Seit der grossen Gesundheitsreform, die 1996 mit dem KVG eingeführt worden ist, ist der Bedarf nach Beobachtung, Überwachung und Kontrolle der Gesundheitspolitik aus öffentlicher Warte von Bedeutung. Wenn sich das schweizerische Gesundheitsmonitoring auf die Bürgerschaft konzentriert, hat das verschiedene Gründe, aber auch einige Konsequenzen: Das Instrumentarium versteht sich als politikbezogenes Informationsinstrument. Es soll

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nicht alle Aspekte im Gesundheitswesen ausleuchten, sondern schwergewichtig die politisch relevanten. Deshalb konzentriert sich das Gesundheitsmonitoring auf die Sammlung und die Analyse von Meinungen der SchweizerInnen mit Stimmrecht und lässt im Normalfall die nicht stimmberechtigten Menschen, sprich die unter 18-Jährigen und NichtschweizerInnen, weg.

2.4

Die Fragestellungen für den Gesundheitsmonitor 2010

Auch nach 14 Jahren Arbeit am Gesundheitsmonitoring haben wir uns entschieden, das Grundgerüst der Fragestellungen konstant zu halten. Neu aufgenommen wurden aber Fragen zur Einstellung der BürgerInnen zu Managed-Care-Modellen der Gesundheitsversorgung. Die hieraus hervorgegangenen Befunde bilden 2010 das Schwerpunktthema des aktuellen Gesundheitsmonitors. Die Verwertung des Gesundheitsmonitors ist öffentlich. Alle Befragungen der letzten 14 Jahre, die zum Gesundheitsmonitor gehören, sind einzeln und als Serie veröffentlicht worden. Die pharmazeutische Branche wie auch die Politik wurden jeweils im Voraus informiert. Der Allgemeinheit wurden die Studienresultate wie jedes Jahr in Form einer Medieninformation präsentiert.

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3 Die Befunde

Die Darstellung der Befunde des Gesundheitsmonitors 2010 gliedert sich in die folgenden Unterkapitel: 3.1 Schwerpunktthema Managed Care (MC) 3.2 Das persönliche Gesundheitsverhalten 3.3 Die eigene Krankenversicherung 3.4 Das Krankenversicherungswesen 3.5 Die Realität und die Ideale im schweizerischen Gesundheitswesen 3.6 Gesundheitskosten 3.7 Die Beurteilung des Arzneimittelmarktes 3.8 Die Beurteilung der Akteure im Gesundheitswesen, insbesondere der chemisch-pharmazeutischen Branche

3.1

Schwerpunktthema Managed Care (MC)

Managed-Care-Modelle sind in der gesundheitspolitischen Diskussion seit Längerem ein zentrales Thema. Die Politik hofft, dass mit diesen sog. integrierten Versorgungsnetzwerken in Zukunft ein weiteres Ansteigen der Gesundheitskosten eingedämmt werden kann. Als integriertes Versorgungsnetzwerk gilt eine Gruppe von Leistungserbringern wie Haus- und Spezialärzten sowie weiteren medizinischen Fachpersonen, welche die Behandlung von Patienten und Patientinnen koordinieren. Insbesondere die Behandlung Chronischkranker soll durch MC optimiert werden. MC-Organisationen arbeiten nach festgelegten Richtlinien und tragen Mitverantwortung für die Krankheitskosten. Mit MC-Modellen ist auch der Verzicht auf eine freie Arzt- und Spitalwahl verbunden. Im aktuellen Berichtsjahr stellte sich der Nationalrat klar hinter diese angestrebte Reform des Gesundheitswesens; stimmt später auch der Ständerat dem Gesetz zu, sollen ab 2012 die MC-Modelle im Schweizer Gesundheitswesen zum Regelfall werden. Um mehr über die entsprechende Einstellung der Schweizer Stimmberechtigten sowie ihre Erfahrungen und ihren Informationsstand rund um das Thema zu er-

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Die Befunde


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14 | Managed-Care-Versicherung «Kommt für Sie eine Versicherung in einem Managed-Care-Modell infrage?» In  % Stimmberechtigter

Ist bereits in einem ManagedCare-Modell versichert 10%

Weiss nicht/keine Antwort 14%

Ja 18%

Nein 58%

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = 1200)

15 | Managed-Care-Versicherung nach Alter «Kommt für Sie eine Versicherung in einem Managed-Care-Modell infrage?» In  % Stimmberechtigter 100 75 50 25 0

18–29 Jahre

30–39 Jahre

n  Weiss nicht/keine Antwort n  Nein

40–49 Jahre

50–59 Jahre

60–69 Jahre

70 + Jahre

n  Ja n  Ist bereits in einem Managed-Care-Modell versichert

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = 1200), sig.

Die Befunde

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fahren, wurde für den Gesundheitsmonitor 2010 als das traditionell jährlich variierende Spezialthema «Managed Care» gewählt. Die Befragung der Stimmberechtigten fand dabei kurz vor der entsprechenden Debatte und Abstimmung im Nationalrat statt.1 3.1.1 Das gegenwärtige Potenzial von Managed-Care-Modellen Das wichtigste Ergebnis der Befragung zum Thema Managed Care betrifft die generelle Akzeptanz und Verbreitung von MC-Modellen: 10 Prozent der Schweizer Stimmberechtigten sind laut eigenen Angaben bereits in einem integrierten Versorgungsnetzwerk versichert, 18 Prozent können sich vorstellen, sich in einem solchen Modell versichern zu lassen. Damit liegt das gegenwärtige Potenzial für MC-Modelle bei knapp einem Drittel der Stimmberechtigten. (Grafik 14) Die wichtigste soziodemografische Determinante ist dabei das Alter der Befragten, vor allem bei den 30- bis 39-Jährigen ist jener Anteil, der sich eine Versicherung in einem MC-Modell vorstellen kann, überdurchschnittlich hoch. Bei den 60- bis 69-Jährigen ist er unterdurchschnittlich tief. Hinzu kommen Unterschiede zwischen den Geschlechtern. So sind Männer etwas häufiger als Frauen bereit, sich in einem MC-Modell versichern zu lassen. Beschränkt wird das Potenzial auch durch den subjektiven Gesundheitszustand beeinflusst. Befragte, die ihren Gesundheitszustand als gut bezeichnen, können sich etwas häufiger als weniger gesunde Befragte vorstellen, sich in einem MC-Modell versichern zu lassen. Das spricht für ein ausbaubares, gegenwärtig jedoch nur minderheitliches Potenzial für MC-Modelle. (Grafik 15) Für diejenigen 18 Prozent der Befragten, die sich grundsätzlich vorstellen könnten, sich in einem MC-Modell zu versichern, ist die wichtigste hierzu notwendige Grundvoraussetzung die Reduktion der Krankenkassenprämien. Für 87 Prozent der an MC-Modellen Interessierten müsste diese Bedingung erfüllt sein, bevor sie sich für eine Versicherung in einem integrierten Versorgungsnetzwerk entscheiden würden. Gut die Hälfte der an MC Interessierten stimmt zudem der Forderung zu, 1 Um in der Befragung von einem möglichst einheitlichen Informationsstand bezüglich der Ausgestaltung von Managed Care ausgehen zu können, wurden die Befragten vor den Fragen zu Managed Care mittels folgenden Displays über MC informiert: «Reden wir nun einen Moment von sogenannten Managed-Care-Modellen. Dabei wird die gesamte Behandlung bei Hausärzten, Spezialärzten, Labors, Spitälern, Physiotherapie usw. von einer Stelle aus organisiert. Managed-Care-Organisationen arbeiten nach festgelegten Behandlungsrichtlinien und tragen eine Mitverantwortung für die von ihnen verursachten Krankheitskosten. Wer bei der Krankenversicherung ein Managed-Care-Modell auswählt, verzichtet auf die freie Arzt- und Spitalwahlwahl.»

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Die Befunde


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16 | Voraussetzungen für Entscheid für Managed Care «Welche der folgenden Voraussetzungen müssten Ihrer Ansicht nach zwingend erfüllt sein, damit Sie sich für ein Managed-Care-Versicherungsmodell entscheiden?» In % Stimmberechtigter, für welche ein Managed-Care-Modell infrage kommt

Meine Krankenkassenprämie sinkt.

Ich kann meinen bisherigen Hausarzt behalten.

Die Qualität der Behandlung und nicht die niedrigen Kosten muss im Vordergrund stehen.

Mein Selbstbehalt ist tiefer als bei freier Arzt- und Spitalwahl. 0%

20%

n  Muss zwingend erfüllt sein

40%

60%

n  Kann sicht nicht entscheiden

80%

100%

n  Muss nicht erfüllt sein

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = 205)

17 | Aussagen/Forderungen zu Managed Care «Im Parlament werden zurzeit verschiedene Vorlagen für einen Ausbau von Managed Care diskutiert. In dieser Diskussion werden verschiedene Aussagen gemacht und Forderungen gestellt. Sagen Sie mir bei den folgenden Aussagen und Forderungen bitte jeweils, ob Sie damit voll einverstanden, eher einverstanden, eher nicht einverstanden oder überhaupt nicht einverstanden sind.» In  % Stimmberechtigter

Chronisch Kranke sollten nicht mit höheren Selbstbehalten bestraft, sondern durch gute Qualität für Managed Care gewonnen werden.

Die Krankenversicherungen sollen Anreize über einen Risikoausgleich erhalten, damit sie qualitätsorientierte Managed Care auch für chronisch Kranke anbieten.

Managed-Care-Modelle sind wichtig für Kostendämpfung im Gesundheitswesen.

Versicherte, die weiterhin freie Arzt- und Spitalwahl haben wollen, sollen einen höheren Selbstbehalt bezahlen. 0%

20%

n  Voll einverstanden n  Eher einverstanden

40%

60%

n  Weiss nicht/keine Antwort n  Eher nicht einverstanden

80%

100%

n  Gar nicht einverstanden

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = 1200)

Die Befunde

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dass bei einer Versicherung nach MC-Standards der Selbstbehalt tiefer sein sollte als bei weiterhin freier Arzt- und Spitalwahl. Ebenfalls mehrheitlich (von 63% der Interessierten) wird aber ebenso der Forderung zugestimmt, dass ebenso in MCModellen die Qualität der Behandlung und nicht die niedrigen Kosten im Vordergrund stehen muss. Für die allermeisten der an MC-Modellen Interessierten (84%) muss garantiert sein, dass sie ihren bisherigen Hausarzt bzw. ihre bisherige Hausärztin behalten können. (Grafik 16) 3.1.2 Die Beurteilung von Managed Care Drei Viertel der befragten Schweizer BürgerInnen stimmen der Aussage zu, dass MC-Modelle wichtig für Dämpfung der Kosten im Gesundheitswesen sind. Somit findet die integrierte Versorgung vor allem in Bezug auf Kostensenkungen Akzeptanz. Dies gilt sowohl für die kollektive wie auch für die individuelle Ebene. Einschränkungen in der Akzeptanz von MC-Modellen ergeben sich aber namentlich aus der Qualitätsorientierung der BürgerInnen. Diese ist den Befragten noch wichtiger als die Kostenorientierung. So stimmt eine grosse Mehrheit (84%) voll oder eher der Forderung zu, dass chronisch Kranke vor allem durch gute Qualität für MC-Modelle gewonnen werden sollten und dass die Krankenversicherer über einen Risikoausgleich Anreize erhalten sollen, qualitätsorientiertes Managed Care auch für chronisch Kranke anzubieten. Die Kostenorientierung der BürgerInnen geht auch nicht so weit, dass sie höhere Selbstbehalte bei der Beibehaltung der freien Arzt- uns Spitalwahl im MC-Modell akzeptieren würden: 77 Prozent aller Befragten lehnen eine solche Einschränkung der freien Arzt- und Spitalwahl ab. (Grafik 17) Organisatorisch betrachtet wünscht man sich generell, dass die integrierte Versorgung unabhängig von einzelnen Leistungserbringern funktionieren sollte und einseitige Abhängigkeiten vermieden werden. So sind 69 Prozent der Befragten dafür, dass Managed-Care-Modelle von einer unabhängigen Organisation betrieben werden. Lediglich 35 bzw. 33 Prozent votieren dafür, dass die integrierte Versorgung von den Ärzten und Ärztinnen selbst bzw. von den Krankenkassen organisiert wird. Sogar lediglich 21 Prozent könnten sich die Spitäler als Betreiber des MC-Modells vorstellen. (Grafik 18)

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Die Befunde


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18 | Betreiber Managed Care «Von wem sollen Managed-Care-Modelle betrieben werden? Sagen Sie mir bitte, bei welchen folgenden Leistungserbringern Sie grundsätzlich dafür oder dagegen wären.» In % Stimmberechtigter

Organisation, die unabhängig von Ärzten, Spitälern und Krankenkassen ist

Ärzte und Ärztinnen

Krankenkassen

Spitäler 0%

20%

40%

60%

80%

100%

n  Dafür      n  Kann sicht nicht entscheiden      n  Dagegen Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = 205)

19 | Verteilung der Mittel der Krankenkassen «Welche der folgenden beiden Ansichten ist aus Ihrer Sicht die richtigere?» In % Stimmberechtigter

Weiss nicht/keine Antwort 14%

Die Krankenkassen dürfen für einige Patientengruppen mit speziellen Problemen mehr bezahlen als für andere. 20%

Die Krankenkassen müssen ihre Mittel auf alle Patientengruppen unter ihren Versicherten gleichmässig verteilen 75%

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = 1200)

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Generell ist man der Meinung, dass Krankenversicherer auch zukünftig ihre Mittel auf alle PatientInnengruppen gleichmässig verteilen müssen. Drei Viertel der befragten Stimmberechtigten stützen diese Ansicht. Nur ein Fünftel kann sich vorstellen, dass die Versicherer für PatientInnengruppen mit speziellen Problemen mehr bezahlen als für andere. (Grafik 19) Wenn man aber die Minderheitsmeinung unterstützt, kann man sich vorstellen, dass dies bei PatientInnen mit Diabetes, Krebs oder sonst lebensbedrohenden Situationen der Fall wäre, insbesondere auch dann, wenn es sich um PatientInnen mit Kindern handelt. (Grafik 20) Wenn bestimmte Leistungen nicht mehr bezahlt werden sollen, müssen das nach Ansicht von drei Vierteln der Befragten die PatientInnen mit ihren ÄrztInnen gemeinsam entscheiden. Für zwei Drittel sollen das sogar die PatientInnen alleine machen dürfen. Komplexere Gremien werden kaum akzeptiert. (Grafik 21) Keine der zentralen Behörden im Gesundheitswesen scheint genügend legitimiert zu sein, entsprechende Entscheidungen verbindlich treffen zu dürfen. Das gilt ganz besonders für das BAG, die Spitalleitungen und die Krankenkassen, beschränkt auch für die Konferenz der kantonalen GesundheitsdirektorInnen. Die Forderung, dass Krankenkassen sehr teure Behandlungen mit einem ungünstigen Kosten-Nutzen-Verhältnis gar nicht mehr bezahlen sollen, wird von einer Mehrheit abgelehnt. Am klarsten dagegen ist man bei der Streichung von Krebsbehandlungen, der Behandlung von chronischen Krankheiten und der Spitzenmedizin. Für Teile der Bevölkerung am ehesten noch vorstellbar ist die Streichung der Krankenkassendeckung bei Psychotherapien. (Grafik 22)

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Die Befunde


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20 | Rechtfertigung höherer Kosten bei speziellen Patientengruppen «Bei welchen Patientengruppen sind Ihrer Meinung nach höhere Kosten gerechtfertigt?» In % Stimmberechtigter, welche der Meinung sind, dass für Patienten mit speziellen Problemen höhere Kosten gerechtfertigt sind

Bei Patienten mit chronischen Krankheiten, wie z.B. Diabetes

Bei Kindern

Bei Krebspatienten

Bei Patienten in lebensbedrohenden Situationen

Bei Patienten mit Krankheiten, die zur Einschränkung der Arbeitsfähigkeit führen können

Bei Patienten mit seltenen Erkrankungen

Wenn es keine Alternativen zu einer kostspieligen Behandlung gibt

Bei betagten Patienten

Bei übergewichtigen Patienten 0%

20%

n  Höhere Kosten gerechtfertigt n  Kann sicht nicht entscheiden

40%

60%

80%

100%

n  Höhere Kosten nicht gerechtfertigt

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = 264)

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21 | Entscheid Übernahme von teuren Behandlungen «Wer soll darüber entscheiden, ob eine sehr teure Behandlung aufgrund eines ungünstigen KostenNutzen-Verhältnis von den Krankenkassen nicht bezahlt werden soll?» In  % Stimmberechtigter

Die Ärzte und Ärztinnen gemeinsam mit den Patienten

Die Patienten und Patientinnen

Die Ärzte und Ärztinnen

Ein unabhängiges Institut von Experten (z.B. Mediziner und Gesundheitsökonomen)

Eine Kommission mit Vertretern aller Beteiligten

Die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren

Die Krankenkassen

Die Spitalleitung

Das Bundesamt für Gesundheit 0%

20%

40%

60%

80%

100%

n  Dafür      n  Kann sicht nicht entscheiden      n  Dagegen Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = 1200)

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22 | Forderung Streichung der Übernahme von teuren Behandlungen «Es gibt Forderungen, dass sehr teure Behandlungen mit einem ungünstigen Kosten-Nutzen-Verhältnis künftig nicht mehr von den Krankenkassen bezahlt werden sollen. Wo ist Ihrer Meinung nach eine Streichung medizinischer Leistungen denkbar?» In  % Stimmberechtigter

Bei Psychotherapien

Bei sehr teuren Therapien gegen seltene Krankheiten

Bei neuen Behandlungsmethoden

Beim Einsatz technischer Apparate im Spital

Bei chirurgischen Eingriffen bei Patienten ab 80 Jahren

Bei chirurgischen Eingriffen generell

Bei der Spitzenmedizin (z.B. Herzchirurgie)

Bei der Behandlung von chronischen Krankheiten (z.B. Diabetes)

Bei Krebsbehandlungen 0%

20%

40%

60%

80%

100%

n  Streichung denkbar     n  Kann sicht nicht entscheiden     n  Streichung undenkbar Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = 1200)

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3.1.3 Zwischenbilanz – Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sprechen Managed-Care-Modelle nur ein minderheitliches Potenzial von rund einem Drittel der Stimmberechtigten an. Etwas verstärkt ist die Bereitschaft, sich in einem MC-Modell versichern zu lassen, bei der jüngeren Generation und den Männern vorhanden. – Von drei Vierteln der befragten BürgerInnen wird der Aussage zugestimmt, dass MC-Modelle wichtig für die Dämpfung der Kosten im Gesundheitswesen sind. Somit finden MC-Modelle vor allem in Bezug auf Kostensenkung Akzeptanz. – Die Kostenorientierung der BürgerInnen geht aber nicht so weit, dass sie akzeptieren würden, wenn bei Beibehaltung der freien Arztund Spitalwahl im MC-Modell höhere Selbstbehalte fällig würden. Rund drei Viertel aller Befragten lehnen eine solche Einschränkung der freien Arzt- und Spitalwahl ab.

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3.2

Das persönliche Gesundheitsverhalten

3.2.1 Der subjektive Gesundheitszustand Die subjektive Wahrnehmung des persönlichen Gesundheitszustandes der Schweizer Bürgerinnen und Bürger verharrt 2010 auf ähnlichem Niveau wie in den Vorjahren. 2010 fühlten sich 87 Prozent der Befragten zum Befragungszeitpunkt mehr oder weniger gesund. Schlecht ging es nach eigener Beurteilung 13 Prozent der stimmberechtigten SchweizerInnen. Vor dem Jahr 2000 lag dieser Wert regelmässig bei höchstens 1 oder 2 Prozent. (Grafik 23) Die Beurteilung des eigenen Gesundheitszustands hängt auch 2010 mit verschiedenen soziodemografischen und sozioökonomischen Variablen zusammen. Biologisch bedingt, findet sich ein fast linearer Zusammenhang mit dem Alter: Je älter eine Person ist, desto eher fühlt sie sich gesundheitlich schlechter im Vergleich zur Gruppe der jüngeren Befragten. Aber auch die Siedlungsstruktur hat einen Einfluss auf den subjektiven Gesundheitszustand: Der subjektive Gesundheitszustand von auf dem Land wohnenden Personen (92% geben hier an, sich eher bis sehr gut zu fühlen) ist im Schnitt besser als bei Personen, die in kleinen und mittleren Agglomerationen wohnen (87%); am schlechtesten geht es den BewohnerInnen der grossen Städte, hier geben nur 82 Prozent an, sich eher gut bis sehr gut zu fühlen. Kein statistisch bedeutsamer Unterschied im Gesundheitsempfinden liess sich zwischen den Geschlechtern finden. (Grafik 24) Nach sozioökonomischen Kriterien betrachtet, findet sich wie schon in den vergangenen Jahren ein bedeutsamer Zusammenhang zwischen der Einkommensklasse und dem Gesundheitszustand: Je höher das zur Verfügung stehende Haushaltseinkommen, desto besser fühlt man sich gesundheitlich. Damit einher geht auch, dass Erwerbstätige ihre Gesundheit generell als besser beurteilen als Nichterwerbstätige. Kein Zusammenhang konnte dieses Jahr aber wiederum zwischen der Bildungsschicht und dem persönlichen Befinden gefunden werden. (Grafik 25) 3.2.2 Die Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen Trotz der seit einigen Jahren beobachteten negativen Entwicklung des Wohlbefindens der SchweizerInnen verringerte sich auch 2010 der Anteil an Stimmberechtigten wieder, welche sich in ärztliche Behandlung begeben hatten. Nur 22 Prozent der Befragten haben in den 12 Monaten vor dem Interview zur Behandlung einen Arzt oder eine Ärztin aufgesucht, 10 Jahre zuvor lag der entsprechende

Die Befunde

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23 | Persönlicher Gesundheitszustand «Wie geht es Ihnen zurzeit gesundheitlich?» In  % Stimmberechtigter

100 75

50

25 0 1994

1986

n  Weiss nicht

n  Schlecht

2002

n  Eher gut

n  Gut

2010

n  Sehr gut

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

24 | Persönlicher Gesundheitszustand nach Siedlungsstruktur «Wie geht es Ihnen zurzeit gesundheitlich?» In  % Stimmberechtigter 100 75 50 25 0

n  Sehr gut n  Gut

Ländlich

Kleine/mittlere Agglomeration

n  Eher gut n  Eher schlecht

Stadt

n  Schlecht n  Sehr schlecht

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = 1200), sig.

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25 | Persönlicher Gesundheitszustand nach Haushaltseinkommen «Wie geht es Ihnen zurzeit gesundheitlich?» In  % Stimmberechtigter 100 75 50 25 0

bis 3000 CHF Monat

n  Weiss nicht/ keine Antwort

3000–5000 CHF Monat n  Sehr schlecht n  Schlecht

5000–7000 CHF Monat

7000–9000 CHF Monat

n  Eher schlecht n  Eher gut

über 9000 CHF Monat n  Gut n  Sehr gut

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = 1200), sig.

26 | Ärztliche Behandlung in den letzten zwölf Monaten «Sind Sie in den letzten 12 Monaten in ärztlicher Behandlung oder Kontrolle gewesen oder sind Sie zurzeit in Behandlung oder Kontrolle?» In  % Stimmberechtigter 100 75

50

25 0 1997

2000

n  Weiss nicht / keine Antwort n  Nein n  Ist zurzeit in  Kontrolle

2002

2004

2006

2008

2010

n  Ist zur Kontrolle gewesen n  Ist zurzeit in  Behandlung n  Ist in  ärztlicher Behandlung gewesen

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

Die Befunde

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Wert noch bei 40 Prozent. Das heisst nicht, dass die Arztpraxen weniger Besuche haben, es scheint aber, dass bei Beschwerden der erste Arztbesuch hinausgezögert wird. Ein Indiz dafür ist auch die Tatsache, dass 50 Prozent der Befragten in den letzten 12 Monaten nie in ärztlicher Behandlung oder Kontrolle waren – der höchste Wert seit Beginn der Messreihe im Jahr 1997. (Grafik 26) Entsprechend dem Befund, dass der subjektive Gesundheitszustand bei Personen mit tieferem Haushaltseinkommen schlechter ist als bei Personen mit höherem Haushaltseinkommen, lassen sich Personen mit bescheidenem Einkommen deutlich häufiger ärztlich behandeln. Diese Personen gehen auch häufiger zu Kontrollen als Personen mit hohem Haushaltseinkommen. (Grafik 27) Biologisch bedingt sind auch ältere Personen häufiger in Behandlung als jüngere, gleiches gilt für Frauen (26% waren oder sind in Behandlung) im Vergleich zu Männern (19%). Nach Sprachregionen betrachtet fällt auf, dass der Anteil französisch- und italienischsprachiger SchweizerInnen, der in den letzten 12 Monaten keine ärztlichen Leistungen beanspruchte, mit 40 bzw. 42 Prozent deutlich kleiner ist als unter deutschsprachigen (53%) SchweizerInnen. Zudem ist festzuhalten, dass ärztliche Kontrolluntersuchungen in der lateinischen Schweiz (FCH: 33%; ICH: 44%) signifikant häufiger unternommen wurden als in der Deutschschweiz (25%).

3.2.3 Zwischenbilanz – Die subjektive Wahrnehmung des persönlichen Gesundheitszustandes der Schweizer BürgerInnen verharrt 2010 auf ähnlichem Niveau wie in den Vorjahren. Im langfristigen Vergleich ist aber eine deutliche Verschlechterung zu beobachten. – Unverändert schrumpft der Anteil BürgerInnen, der im letzten Jahr zur Behandlung oder Kontrolle beim Arzt war. Exakt die Hälfte der Befragten war in den 12 Monaten vor der Befragung nie in ärztlicher Kontrolle oder Behandlung.

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27 | Ärztliche Behandlung in den letzten zwölf Monaten nach Haushaltseinkommen «Sind Sie in den letzten 12 Monaten in ärztlicher Behandlung oder Kontrolle gewesen, oder sind Sie zurzeit in Behandlung oder Kontrolle?» In  % Stimmberechtigter 100 75 50 25 0

bis 3000 CHF Monat

3000–5000 CHF Monat

n  Weiss nicht/keine Antwort n  Nein

5000–7000 CHF Monat

n  Ist zurzeit in Kontrolle n  Ist zur Kontrolle gewesen

7000–9000 CHF Monat

über 9000 CHF Monat

n  Ist zurzeit in Behandlung n  Ist in Behandlung gewesen

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = 1200), sig.

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3.3

Die eigene Krankenversicherung

3.3.1 Das persönliche Versicherungsmodell Bei der Auswahl der persönlichen Jahresfranchise sind keine wesentlichen Veränderungen gegenüber den Vorjahren auszumachen. Die unter Schweizer Stimmberechtigten weitaus populärste Franchise bleibt auch 2010 mit 45 Prozent die Minimalfranchise von 300 CHF/Jahr. Für ein Versicherungsmodell mit der höchsten zulässigen Franchise von 2500 CHF entscheiden sich nach wie vor nur sehr wenige (8% der Befragten). (Grafik 28) Bei der Wahl des Franchisemodells lassen sich statistisch bedeutsame Unterschiede u.a. aufgrund des Geschlechts, des Alters, des Einkommens und der Sprachregion feststellen: Frauen (49%) wählen häufiger als Männer (41%) das 300-CHF-Modell. Entsprechend entscheiden sich Männer häufiger als Frauen für die Modelle mit den hohen Franchisen von 2000 CHF (Frauen: 3%; Männer 6%). Für die mittleren Franchisemodelle sowie für die höchste Franchisestufe von 2500 CHF sind hingegen keine Geschlechtsunterschiede feststellbar. Differenziert man die Wahl der Franchise nach Altersgruppen, fällt vor allem auf, dass die Kohorte der 30- bis 39-Jährigen deutlich risikofreudiger ist als die anderen Altersgruppen. So geben 16 Prozent der 30- bis 39-Jährigen an, nach der Maximalfranchise von 2500 CHF versichert zu sein, in den anderen Altersgruppen beträgt dieser Wert zwischen 0 und 11 Prozent. Mit einer Franchise von 300 CHF sind die 18- bis 29-Jährigen sowie die über 60-Jährigen am meisten risikoavers. Sie folgen damit wohl vor allem der Logik ihrer eher beschränkten finanziellen Ressourcen (die 18- bis 29-Jährigen) bzw. ihres im Vergleich eher schlechteren Gesundheitszustandes (die über 60-Jährigen). Das zur Verfügung stehende Haushaltseinkommen spielt insbesondere bei der Entscheidung, ob man die minimale oder eine höhere Franchise wählt, eine Rolle. 61 Prozent der untersten Einkommenskategorie bis 3000 CHF/Monat sind mit der Minimalfranchise versichert und 54 Prozent derjenigen mit einem Haushaltseinkommen zwischen 3000 und 5000 CHF/Monat. Ab einem Einkommen von 5000 CHF/Monat sinkt dieser Wert auf 41 Prozent, ab 7000 CHF/Monat sogar auf 30 Prozent. Bei den sehr gut Verdienenden mit einem Haushaltseinkommen ab 9000 CHF/Monat steigt diese Rate aber wieder auf 45 Prozent. (Grafik 29)

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Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 77

28 | Jahresfranchise «Welche Form des Selbstbehaltes in der Grundversicherung haben Sie mit Ihrer Krankenkasse heute?» In  % Stimmberechtigter 100 75

50

25 0 1997

2000

2002

n  Weiss nicht/ keine Antwort n  2500 CHF

2004

2006

n  2000 CHF n  1500* / 1500 CHF n  1200* CHF

2008

2010

n  600* / 1000 CHF n  400* / 500 CHF n  230* / 300 CHF

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

* Jahresfranchisen bis 2004

29 | Jahresfranchise: nach Haushaltseinkommen «Welche Form des Selbstbehaltes in der Grundversicherung haben Sie mit Ihrer Krankenkasse heute?» In  % Stimmberechtigter 100 75 50 25 0

bis 3000 CHF Monat

n  Weiss nicht/ keine Antwort

3000–5000 CHF Monat n  2500 n  2000

5000–7000 CHF Monat n  1500 n  1000

7000–9000 CHF Monat

über 9000 CHF Monat

n  300 n  500

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = 1200), sig.

Die Befunde

45


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 78

30 | Spezialversicherungen: Hausarztmodelle «Haben Sie eine der folgenden Spezialversicherungen abgeschlossen?» In  % Stimmberechtigter 100

75

50 25 0

2003

2004

n  Trifft nicht zu

2005

2006

n  Weiss nicht / keine Antwort

2007

2008

2009

2010

2009

2010

n  Trifft zu

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = jeweils ca. 1200)

31 | Spezialversicherungen: HMO «Haben Sie eine der folgenden Spezialversicherungen abgeschlossen?» In  % Stimmberechtigter 100 75

50

25 0

2003

2004

n  Trifft nicht zu

2005

2006

n  Weiss nicht / keine Antwort

2007

2008

n  Trifft zu

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = jeweils ca. 1200)

46

Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 79

32 | Spezialversicherungen: Bonusversicherung «Haben Sie eine der folgenden Spezialversicherungen abgeschlossen?» In  % Stimmberechtigter 100 75

50

25 0 2003

2004

n  Trifft nicht zu

2005

2006

n  Weiss nicht / keine Antwort

2007

2008

2009

2010

n  Trifft zu

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = jeweils ca. 1200)

33 | Spitalzusatzversicherung «Haben Sie für sich selbst eine Spitalzusatzversicherung oder ist das bei Ihnen nicht der Fall?» In  % Stimmberechtigter 100 75

50

25 0 2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

n  Befragte/-r hat keine Spitalzusatzversicherung n  Weiss nicht/keine Antwort n  Befragte/-r hat eine Spitalzusatzversicherung Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

Die Befunde

47


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 80

Eine sprachregionale Differenz ergibt sich aus der Tatsache, dass sich mit 48 Prozent deutlich mehr deutschsprachige SchweizerInnen für die tiefste Franchisestufe von 300 CHF entschieden haben, als französischsprachige (38%) und italienischsprachige (22%) SchweizerInnen. Weiterhin steigender Beliebtheit erfreuen sich Hausarztmodelle, während sich der Anteil Befragter mit HMO-Versicherung aber deutlich reduziert hat: So sind gemäss eigenen Angaben bereits 55 Prozent der Befragten in einem Hausarztmodell versichert, aber nur noch 9 Prozent in einem HMO-Modell. (Grafiken 30, 31) Auch Bonusversicherungen können sich weiterhin nicht durchsetzen. Nach einem Boom in den Jahren 2004 und 2005 hat sich die Zahl der in einer Bonusversicherung versicherten Personen auf einem sehr tiefen Niveau von gegenwärtig 5 Prozent stabilisiert. Als weiterhin leicht zunehmend erweist sich der Anteil Stimmberechtigter, die eine Spitalzusatzversicherung abgeschlossen haben. Heuer verfügen exakt zwei Drittel der SchweizerInnen über eine solche. Dasjenige Drittel, das keine Spitalzusatzversicherung hat, gibt als hauptsächliche Gründe dafür an, kein Bedürfnis danach zu haben (rund ein Drittel) oder sich keine Spitalzusatzversicherung leisten zu können (22%). Der Anteil derjenigen, die finanzielle Bedenken gegenüber einer Spitalzusatzversicherung haben, geht damit weiterhin leicht zurück. (Grafiken 32, 33) Die Möglichkeit, sich bei geringem Einkommen die Krankenkassenprämien von den Kantonen bezuschussen zu lassen, wurde 2010 von 9 Prozent der befragten Stimmberechtigten in Anspruch genommen. Das sind 10 Prozentpunkte weniger als noch im vergangenen Jahr. (Grafik 34) 3.3.2 Die subjektive Belastung durch die Krankenkassenprämien Die subjektiv empfundene finanzielle Belastung durch die Krankenkassenprämien ist im aktuellen Berichtsjahr gegenüber dem Vorjahr weitgehend unverändert geblieben. Nach wie vor empfindet mehr als die Hälfte der befragten Stimmberechtigten (54%) das Begleichen der Prämienrechnungen als zumindest gelegentliches Problem. (Grafik 35) Im Vergleich mit anderen regelmässig wiederkehrenden Haushaltsausgaben liegen die Krankenkassenprämien bei der Wahrnehmung als dauerhaft oder gelegentlich problematisch in diesem Jahr sogar deutlich vor den Steuern, die von den meisten Stimmberechtigten als hoch, aber tragbar empfunden werden. (Grafik 36)

48

Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 81

34 | Prämienverbilligungen von den Kantonen «Die Kantone bieten Personen und Familien mit niedrigem Einkommen zur Entlastung Prämienverbilligungen für die Krankenversicherung an. Nehmen Sie die vom Staat angebotenen Prämienverbilligungen in Anspruch?» In  % Stimmberechtigter 100 75

50

25 0 2005 n  Nein

2006

2008

2007

n  Weiss nicht / keine Antwort

2009

2010

n  Ja

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = jeweils ca. 1200)

35 | Belastung durch verschiedene Haushaltskosten: Krankenkassenprämien «Sagen Sie mir bitte für jeden der folgenden Ausgabenbereiche Ihres Haushaltes, ob er für Sie ein dauerhaftes oder ein gelegentliches Problem darstellt, welche Ausgaben Sie für hoch, aber tragbar halten und welche Ausgaben für Sie gar kein Problem darstellen.» In  % Stimmberechtigter

40

20

0 1997

2000

2002

2004

2006

2008

2010

n  Gelegentliches Problem    n  Dauerhaftes Problem Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

Die Befunde

49


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 82

36 | Belastung durch verschiedene Haushaltskosten «Sagen Sie mir bitte für jeden der folgenden Ausgabenbereiche Ihres Haushaltes, ob er für Sie ein dauerhaftes oder gelegentliches Problem darstellt, welche Ausgaben Sie für hoch, aber tragbar halten und welche Ausgaben für Sie gar kein Problem darstellen?» In  % Stimmberechtigter Krankenkassenprämien

Steuern

Zahnarztrechnungen

Sonstige Versicherungen

Arztrechnungen, Ausgaben für Medikamente

Miete für die Wohnung oder Zinsen für Wohneigentum 0%

20%

n  Dauerhaftes Problem n  Gelegentliches Problem

40%

60%

n  Weiss nicht/keine Antwort

80%

100%

n  Hoch, aber tragbar n  Kein Problem

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = 1200)

Die problematische Wahrnehmung der Krankenkassenprämien hängt trotz der kantonalen Unterstützungszahlungen bei tiefen Einkommen mit der Höhe des zur Verfügung stehenden Haushaltseinkommens zusammen. Grundsätzlich gilt: Je tiefer das Einkommen, desto eher wird die Krankenversicherung zum gelegentlichen oder sogar dauerhaften finanziellen Problem; in den unteren und mittleren Einkommensschichten mit einem Haushaltseinkommen von bis zu 5000 CHF/ Monat sogar für eine Mehrheit. (Grafik 37) Wie schon in den vergangenen Jahren finden sich hier auch bemerkenswerte sprachregionale Unterschiede: Die subjektive Belastung durch die Krankenkassenprämien ist in der französischsprachigen Schweiz deutlich höher als in der deutsch- und der italienischsprachigen Schweiz. 77 Prozent der WelschschweizerInnen geben 2010 an, dass die Krankenkassenprämien für sie ein gelegentliches oder ein dauerhaftes finanzielles Problem darstellen, dem stehen 48 Prozent

50

Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 83

37 | Belastung durch verschiedene Haushaltskosten: Krankenkassenprämien nach Haushaltseinkommen «Sagen Sie mir bitte für jeden der folgenden Ausgabenbereiche Ihres Haushaltes, ob er für Sie ein dauerhaftes oder gelegentliches Problem darstellt, welche Ausgaben Sie für hoch, aber tragbar halten und welche Ausgaben für Sie gar kein Problem darstellen?» In  % Stimmberechtigter

100 75 50 25 0

bis 3000 CHF Monat

3000–5000 CHF Monat

n  Weiss nicht/keine Antwort

5000 –7000 CHF Monat

n  Kein Problem n  Hoch, aber tragbar

7000 –9000 CHF Monat

über 9000 CHF Monat

n  Gelegentliches Problem n  Dauerhaftes Problem

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = 1200), sig.

der DeutschschweizerInnen und 33 Prozent der italienischsprachigen SchweizerInnen gegenüber. Nach Kantonen aufgeschlüsselt ergibt sich das in der unten stehenden Karte dargestellte Bild der regional unterschiedlichen subjektiven Belastung durch die Krankenkassenprämien. Diese Auswertung basiert auf den gepoolten Daten der Jahre 2007 bis 2010. Diese Datenaggregation ist für Auswertungen auf Kantons­ ebene notwendig, um in den einzelnen Kantonen die für statistisch fundierte Aussagen genügend grossen Fallzahlen zu erreichen. Im mittelfristigen Durchschnitt der Jahre 2007 bis 2010 bezeichneten 50 Prozent der Stimmberechtigten die Krankenkassenbeiträge als dauerhaftes oder gelegentliches Problem. Kantone, die nicht bedeutsam von diesem Mittelwert abweichen, sind orange eingefärbt, Kantone in denen anteilsmässig deutlich weniger BürgerInnen die Prämien als problematisch empfinden, werden blau dargestellt (LU und SG) und Kantone,

Die Befunde

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infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 84

in denen überdurchschnittlich viele BürgerInnen über die Prämien klagen (JU, VD, GE), erscheinen rot. In Kantonen ohne Farbe ist die Fallzahl zu klein für gesicherte Aussagen. (Grafik 38) 3.3.3 Die Wahl der Krankenkasse Nach wie vor ist die Tradition die am häufigsten angegebene Begründung dafür, warum man gerade bei «seiner» Krankenkasse versichert ist. So entfielen auch 2010 mit 28 Prozent der Nennungen die meisten Begründungen in die Kategorie «weil es schon immer so war». Allerdings setzte sich die bereits letztes Jahr beobachtete Verschiebung von der Traditions- hin zur Leistungsorientierung weiter fort: Mit einem Anteil von einem Viertel der Nennungen ist wie schon 2009 auch 2010 das Leistungsangebot der Krankenkasse der zweitwichtigste Grund für die Versicherten, bei ihrer Kasse versichert zu sein. Zudem kommt 2010 neu als annähernd gleich häufig genannter Grund die Zufriedenheit mit der von der Kasse gebotenen Leistung zu den wichtigsten Begründungen für die Wahl der eigenen Krankenkasse hinzu. Weiter abgenommen hat hingegen die Häufigkeit der Begründungen, die in der Kategorie «günstige Prämien» zusammenzufassen sind. (Grafik 39) Das nach wie vor vorhandene Traditionsbewusstsein der SchweizerInnen bei den Krankenkassen sorgt für einen relativ immobilen Markt und treue Kunden: Eine kurze Mitgliedschaftsdauer von 1 bis 5 Jahren haben seit Jahren nur rund ein Fünftel der Stimmberechtigten. Demgegenüber stehen 56 Prozent die schon seit über 10 Jahren beim gleichen Anbieter versichert sind. (Grafik 40) Der bisher ansteigende Trend zum Krankenkassenwechsel hat sich vorderhand stabilisiert: Die Kasse gewechselt haben in den letzten 5 Jahren 21 Prozent der BürgerInnen. Dieser kumulierte Wert fällt 2010 damit genau gleich hoch aus wie im letzten Jahr, liegt aber deutlich über den Werten zu Beginn des letzten Jahrzehnts. Aktuelle Pläne für einen Wechsel hegt 1 Prozent, weitere 2 Prozent erwägen diesen Schritt, die Anteile dieser potenziellen Wechsler bleiben also seit Jahren stabil. (Grafik 41) Die hauptsächlichen Auslöser von Kassenwechseln sind, im Gegensatz zu den Gründen, wieso man gerade bei seiner Krankenkasse versichert ist, Kostenminimierungsüberlegungen. Die grosse Mehrheit der Begründungen (sowohl von denjenigen, die die Kasse gewechselt haben, wie auch von jenen, die einen Wechsel planen) geht eindeutig in diese Richtung. (Grafik 42, 43)

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Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 85

38 | Ausgaben für Krankenkassenprämien als Problem «Sagen Sie mir bitte für jeden der folgenden Ausgabenbereiche Ihres Haushalts, ob er für Sie ein dauerhaftes oder ein gelegentliches Problem ist, welche Ausgaben halten Sie für hoch, aber tragbar und welche Ausgaben sind für Sie gar kein Problem?» Krankenkassenprämien dauerhaftes/gelegentliches Problem Mittel CH: 50% der Stimmberechtigten JU 36

BL –17 SO –15

NE 13 VD 26

SH

BS –18

BE –2

LU –19

TG –7

ZH 2

AG –14

AR AI

ZG –10 SZ –12 NW

OW

UR

SG –25 GL GR –10

FR 12 TI –7

GE 24 VS 13

Angaben nur bei N > 50, Pool Gesundheitsmonitor 2007–2010 Stichprobe: 4854

n  Bis – 19%   n  Mitte ± 18%   n  +19% und mehr

Lesehilfe: Kartendarstellungen basieren auf einem Pool aller Befragungen seit 2007. Die Befragungen wurden jeweils schweizweit durchgeführt. Unterschiede in der Grafik werden nur ab einer Fallzahl von mehr als 50 im jeweiligen Kanton ausgewiesen. Trotz der relativ grossen Fallzahl von 4854 Befragten ist dies nicht in allen Kantonen der Fall. Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010

39 | Gründe für Mitgliedschaft Krankenkasse «Können Sie mir sagen, warum Sie heute gerade bei dieser Krankenkasse versichert sind?» Basis: inhaltliche Nennungen (1. Grund)

50 40 30 20 10 0

1997

2001

n  War schon immer so / aus Tradition n  Günstige Prämien

2004

2007

2010

n  Leistungsangebot n  Zufriedenheit mit der Leistung

Basis: sachlich gruppierte, inhaltliche Nennungen von Befragten, die mindestens eine inhaltliche Aussage machten Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

Die Befunde

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infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 86

40 | Mitgliedschaft Krankenkasse «Wie lange sind Sie schon Mitglied Ihrer jetzigen Krankenkasse? Machen Sie mir eine Angabe in Jahren.» In % Stimmberechtigter 100 75

50

25 0 1997

2000

2002

n  Weiss nicht / keine Antwort n  1 bis 5 Jahre

2004

2006

n  6 bis 10 Jahre n  11 bis 20 Jahre

2008

2010

n  21 bis 30 Jahre n  Mehr

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

41 | Wechsel Krankenkasse «Planen Sie konkret einen Wechsel Ihrer Krankenkasse, haben Sie in jüngster Zeit einmal an einen solchen Schritt gedacht, haben Sie in den letzten 5 Jahren einen Wechsel vollzogen, oder war nichts davon bei Ihnen der Fall?» In % Stimmberechtigter, welche eine Angabe über ihre Mitgliedschaftsdauer machen können

20

10

0 2002

2003

2004

n  Denkt an einen solchen Schritt

2005

2006

2007

n  Ja, plant einen Wechsel konkret

2008

2009

2010

n  Hat in den letzten 5 Jahren gewechselt

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

54

Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 87

42 | Hauptgründe für Wunsch nach Wechsel der Krankenkasse «Welches ist der Hauptgrund, warum Sie Ihre Krankenkasse wechseln wollen?» Basis: inhaltliche Nennungen (1. Grund)

100 80 60 40 20 0

2001

2004

2007

2010

n  Prämien   n  Leistung   n  Qualität   n  Allgemeine Gründe Basis: sachlich gruppierte, inhaltliche Nennungen von Befragten, die ihre Krankenkasse wechseln wollen und mindestens eine inhaltliche Aussage machten. Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = jeweils ca. 100)

43 | Hauptgründe für Wechsel der Krankenkasse «Welches ist der Hauptgrund, warum Sie Ihre Krankenkasse in den letzten 5 Jahren gewechselt haben? (1. Grund)» Basis: inhaltliche Nennungen

70 56 42 28 14 0

2001

2004

2007

2010

n  Prämien   n  Leistung   n  Allgemeine Gründe Basis: sachlich gruppierte, inhaltliche Nennungen von Befragten, die ihre Krankenkasse wechseln wollen und mindestens eine inhaltliche Aussage machten. Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = jeweils ca. 100)

Die Befunde

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infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 88

3.3.4

Zwischenbilanz

– Knapp die Hälfte der befragten Stimmberechtigten wählt auch 2010 ein Versicherungsmodell mit der minimalen Franchise von 300 CHF/Jahr, nur jeder Zwölfte lässt sich mit der maximalen zulässigen Franchise von 2500 CHF/Jahr versichern. – Hausarztmodelle erfreuen sich weiterhin steigender Beliebtheit, während deutlich weniger Befragte als in den vergangenen Jahren angeben, in einem HMO-Modell versichert zu sein; über Bonusversicherungen ver­fügen weiterhin nur wenige. Zwei Drittel der SchweizerInnen haben aber eine Spitalzusatzversicherung abgeschlossen. – Weiterhin leidet mehr als die Hälfte der befragten SchweizerInnen unter der finanziellen Belastung durch die Krankenkassenprämien und bezeichnet das Bezahlen der Prämien als zumindest gelegentliches Problem. Diese subjektive Belastung durch die Prämien wird dabei in tieferen Einkommensschichten verstärkt empfunden. – Die Tradition bleibt der wichtigste Grund, weshalb man bei seiner Krankenkasse versichert ist, allerdings ist weiterhin eine zunehmende Verschiebung in Richtung Leistungsorientierung zu beobachten: Ein Viertel der Stimmberechtigten gibt an, dass das Leistungsangebot für die Wahl der Krankenkasse ausschlaggebend war, zunehmend spielt auch die Zufriedenheit mit der Leistung der Krankenkassen eine Rolle. – Vorderhand stabilisiert hat sich der bisher ansteigende Trend zum Krankenkassenwechsel: In den letzten fünf Jahren die Kasse gewechselt hat rund ein Fünftel der Befragten. Dieser Wert ist genau gleich hoch wie im letzten Jahr, liegt aber deutlich über den Werten zu Beginn des Jahrzehnts.

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Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 89

3.4

Das Krankenversicherungswesen

3.4.1 Prämiensysteme Das heute in der Schweiz praktizierte Prämiensystem findet die Zustimmung einer grossen Mehrheit der Stimmberechtigten. Es zeichnet sich durch im Prinzip für alle gleich hohe Kopfprämien aus, welche jedoch mit von den Kantonen subventionierten, einkommensabhängigen Prämienzuschüssen sozial abgefedert werden. 94 Prozent der Befragten – und somit so viele wie noch nie seit Beginn dieser Messreihe im Jahr 2001 – sind für die Beibehaltung dieses Systems. Wie im letzten Jahr auch schon, variiert der Zustimmungsgrad jedoch nach Sprachregion: So ist die Zustimmung zum Kopfprämiensystem in der französischsprachigen Schweiz mit 81 Prozent zwar auch gross, aber nicht derart flächendeckend gegeben wie in der deutschsprachigen (98%) und der italienischsprachigen Schweiz (93%). Die noch im letzten Jahr beobachteten Unterschiede in der Zustimmung nach parteipolitischer Positionierung der Befragten haben sich nivelliert und sind heute nicht mehr nachzuweisen. (Grafik 44) Dazu im Widerspruch stehend wird aber zugleich von einer seit drei Jahren kons­ tanten Zweidrittelmehrheit der Stimmberechtigten der Forderung nach einkommensabhängigen Krankenkassenprämien zugestimmt. Wie in den Vorjahren finden sich auch dieses Jahr keine nach Parteipräferenz unterschiedlichen Mehrheiten zu dieser Forderung, sehr wohl aber Unterschiede im Zustimmungsgrad: Grössere Anteile der AnhängerInnen der CVP (82% Zustimmung), der Grünen (79%) und der SP (75%) sind für einkommensabhängige Prämien als der AnhängerInnen der SVP (58%) und der FDP (56%) und der Stimmberechtigten ohne Parteipräferenz (59%). Die Forderung nach einkommensabhängigen Prämien in der Grundversicherung wird ebenso wie in den Vorjahren auch in den Sprachregionen unterschiedlich bewertet: Die höchste Zustimmung findet sich mit 71 Prozent wie bisher in der französischsprachigen Schweiz, während sich die deutsch(59%) und italienischsprachigen (58%) SchweizerInnen bei einkommensabhängigen Prämiensystemen etwas skeptischer zeigen.

Die Befunde

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infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 90

Die generationenübergreifende Solidarität bei der Krankenversicherung soll nach Ansicht der grossen Mehrheit der Stimmberechtigten nicht angetastet werden. So spricht sich nur eine Minderheit von 14 Prozent für die Einführung einer altersabhängigen Prämienstruktur aus. Betrachtet nach parteipolitischer Präferenz der Befragten zeigt sich hier in diesem Jahr erstmals ein statistisch bedeutsamer Unterschied: AnhängerInnen linker Parteien sowie der FDP votieren zwar immer noch minderheitlich, aber in deutlich stärkerem Mass für die nach Alter abgestuften Krankenkassenprämien (Zustimmung Grüne: 28%, SP: 20%, FDP: 23%) als die AnhängerInnen der CVP (8%) und der SVP (5%). Sprachregional betrachtet zeigt sich das bereits aus früheren Jahren bekannte Muster, dass man sich in der lateinischen Schweiz altersabhängige Prämien eher vorstellen kann. Während in der Deutschschweiz nur 11 Prozent einem nach Alter abgestuften Prämienmodell zustimmen, sind dies in der französischsprachigen Schweiz 24 Prozent und im Tessin 19 Prozent. (Grafik 45)

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Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 91

44 | Prämiensysteme «Wir haben hier einige allgemeine Forderungen zu den Krankenkassen gesammelt, die man immer wieder hören kann. Sagen Sie mir bitte jeweils, ob Sie damit sehr einverstanden, eher, eher nicht oder gar nicht einverstanden sind.» In  % Stimmberechtigter (sehr und eher einverstanden) 100 90 80 70 60 50 40

2001

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

n  Das heutige Prämiensystem mit Kopfprämien, die für alle gleich hoch sind und mit Subventionen für tiefere Einkommen ausgeglichen werden, soll beibehalten bleiben. n  Die Prämien in der Grundversicherung sollten einkommensabhängig gestaltet werden. Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200 vorher ca. 1000)

45 | Altersabstufung Krankenkassenprämien «Heute zahlt man unabhängig vom Alter die gleiche Prämie in der Krankenkasse. Weil die Krankenkassenkosten in der Regel im Alter steigen, wird darüber diskutiert, in der Grundversicherung – wie in der Zusatzversicherung – eine Altersabstufung der Prämien einzuführen. Was ist ihre Meinung?» In  % Stimmberechtigter 100

75 50 25 0 2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

n  Die Prämien sollten altersunabhängig sein n  Weiss nicht/keine Antwort n  Die Prämien sollten nach Alter abgestuft werden können Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = jeweils ca. 1‘200)

Die Befunde

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infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 92

Zwar trifft das heutige Prämiensystem der Kopfprämien, kombiniert mit einkommensabhängigen Prämienvergünstigungen, auf grosse Zustimmung, eher nicht einverstanden sind die Stimmberechtigten jedoch mit der heute praktizierten Finanzierung der Prämienvergünstigungen durch die Kantone. Lediglich 14 Prozent der Stimmberechtigten sind der Meinung, dass dies eine Aufgabe der Kantone sei. Die relative, aber im Vergleich zum Vorjahr um 8 Prozentpunkte geschrumpfte Mehrheit von 30 Prozent wünscht, dass der Bund für die Prämienvergünstigung aufkommen sollte. Ähnlich populär wie die Finanzierung durch die Kantone ist mit 13 Prozent Zustimmung der Vorschlag, die Prämienvergünstigungen durch eine Reichtumssteuer zu finanzieren. Andere vorstellbare Finanzierungsmöglichkeiten wie Mehrwertsteuer- oder Lohnprozente, Erbschaftssteuern oder ökologische Steuern finden wie bisher praktisch keine Zustimmung. (Grafik 46) Verhaltensabhängige Prämiensysteme werden zwar auch 2010 nach wie vor mehrheitlich unterstützt, im Vergleich zu den Vorjahren ist der Anklang dieser BonusMalus-Prämiensysteme jedoch leicht rückläufig. Die Forderung, dass die Krankenversicherungen bei Nichtbeanspruchung von KVG-Leistungen einen Bonus auf die Krankenkassenprämien ausbezahlen sollen, wird 2010 noch von 60 Prozent der Stimmberechtigten unterstützt. Das sind so wenige wie noch nie seit 2003, als mit der entsprechenden Erhebung begonnen wurde. Gegenüber dem Vorjahr nochmals um 9 Prozentpunkte auf 59 Prozent abgenommen hat auch die Unterstützung für Prämienmodelle, die bei besonders gesundheitsförderlichem Verhalten die versicherte Person mit einem Bonus belohnen. Ebenso nachlassend ist mit einem Rückgang von 3 Prozentpunkten auf 51 Prozent die Unterstützung für die Bestrafung von gesundheitsschädigendem Verhalten durch höhere Prämien, zum Beispiel bei Suchtverhalten (insbesondere Rauchen). Praktisch konstante 64 Prozent der Stimmberechtigten stimmen aber auch 2010 der im Widerspruch zu den Forderungen nach verhaltensabhängigen Prämiensystemen stehenden Forderung nach verhaltensunabhängigen Prämien zu. (Grafik 47)

60

Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 93

46 | Finanzierung Subventionen Grundversicherungsprämie «Die Prämien für die Grundversicherung sind innerhalb einer Prämienregion für alle Personen gleich. Sie werden aber für tiefere Einkommen verbilligt. Wie sollten diese Subventionen Ihrer Meinung nach finanziert werden? Was steht für Sie an erster Stelle?» In  % Stimmberechtigter 60

50 40 30 20 10 0

2002

n  Bund n  Kantone

2003

2004

2005

n  Reichtumssteuer n  Lohnprozente

2006

2007

2008

n  Mehrwertsteuerprozente n  Erbschaftssteuer

2009

2010

n  Ökologische Steuer

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

47 | Verhaltensabhängige Prämiensysteme «Wir haben hier einige allgemeine Forderungen zu den Krankenkassen gesammelt, die man immer wieder hören kann. Sagen Sie mir bitte jeweils, ob Sie damit sehr einverstanden, eher, eher nicht oder gar nicht einverstanden sind.» In  % Stimmberechtigter (sehr und eher einverstanden)

80 70 60 50 40

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

n  Bei Nichtbeanspruchung von KVG-Leistungen sollte ein Bonus auf die Krankenkassen­prämie gegeben werden. n  Die Krankenkassenprämien sollten unabhängig vom Verhalten der versicherten Person sein. n  Gesundheitsförderndes Verhalten (regel­mässige Bewegung, gesundes Essen) sollte mit einem Bonus belohnt werden. n  Personen mit Suchtverhalten, wie Raucher, sollten eine höhere monatliche Prämie bezahlen. Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200 vorher ca. 1000

Die Befunde

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infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 94

3.4.2 Franchisen und Selbstbehalt Wie auch bei den Prämien unterstützt die Mehrheit der Stimmberechtigten eine einkommensabhängige Jahresfranchise. Wer mehr verdient, soll auch eine höhere Franchise bezahlen. War hier der Trend in den zwei zurückliegenden Jahren noch positiv, sind 2010 aber nur noch 57 Prozent mit dieser Massnahme zur Eindämmung der von der Allgemeinheit zu tragenden Gesundheitskosten einverstanden, das sind 10 Prozentpunkte weniger als noch im letzten Jahr. Keine Unterschiede sind in Bezug auf die Meinungen zu einkommensabhängigen Franchisen entlang der Sprachregionen und der Parteibindungen festzustellen. (Grafik 48) Eine Fortsetzung des Negativtrends ist hingegen bei jenen Massnahmen zu beobachten, welche Anreize zu kostenbewussterem und selbstverantwortlicherem Verhalten der Versicherten setzen sollen: Mit heuer 16 Prozent Zustimmenden hat sich der Anteil derjenigen Stimmberechtigten, die für eine Erhöhung der Maximalfranchisen votieren, zum dritten Mal nacheinander verkleinert. Eine allfällige Erhöhung der Maximalfranchise ist damit nun ebenso unpopulär wie die Erhöhung des Selbstbehaltes. Ebenfalls weiterhin rückläufig ist die Zustimmung zu Erhöhungen der Minimalfranchise: 2010 zeigen sich noch 14 Prozent der Befragten mit dieser Massnahme einverstanden. 3.4.3 Leistungen der Grundversicherung Der Katalog der durch die Grundversicherung abgedeckten Leistungen wird weiterhin in einem hohen Mass akzeptiert. Rund zwei Drittel der Schweizer Stimmberechtigten sind gegenwärtig für das grundsätzliche Belassen des Leistungskataloges auf dem heutigen Stand, ein Fünftel wünscht sich einen Ausbau und lediglich 5 Prozent eine Kürzung der abgedeckten Leistungen. Die Werte erwiesen sich seit zwei Jahren als einigermassen stabil. Unterschiede in der Beurteilung des Leistungskatalogs finden sich vor allem nach Sprachregion und Parteipräferenz der Befragten. (Grafik 49)

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Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 95

48 | Selbstbehalt/Franchise «Wir haben hier einige allgemeine Forderungen zu den Krankenkassen gesammelt, die man immer wieder hören kann. Sagen Sie mir bitte jeweils, ob Sie damit sehr einverstanden, eher, eher nicht oder gar nicht einverstanden sind.» In  % Stimmberechtigter (sehr und eher einverstanden)

80 70 60 50 40 30 20 10

2001

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

n  Die Franchisen in der Grundversicherung sollten einkommensabhängig gestaltet werden, d.h., wer mehr verdient, zahlt auch eine höhere Franchise. n  Die maximale Franchise, die man als VersicherteR bezahlt, soll erhöht werden. n  Der Selbstbehalt bei der Beanspruchung einer Leistung soll erhöht werden. n  Die minimale Franchise, die man als VersicherteR bezahlt, soll erhöht werden. Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

49 | Leistungskatalog «Ganz generell gesprochen, sind Sie beim Leistungskatalog, der durch die Grundversicherung abgedeckt wird, für einen Ausbau, für das Belassen auf dem heutigen Stand oder für einen Abbau?» In  % Stimmberechtigter 100 75

50

25 0 2001 n  Weiss nicht / keine Antwort n  Für einen Abbau

2004

2007

2010

n für Belassen auf dem heutigen Stand n für einen Ausbau

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

Die Befunde

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infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 96

Nach Sprachregionen betrachtet, geniesst der gegenwärtige Leistungskatalog wie schon in den vergangenen Jahren in der deutschsprachigen Schweiz am meisten Rückhalt. Hier sind drei Viertel der Stimmberechtigten mit dem Status quo zufrieden. Im Tessin erreicht die Zufriedenheit mit 72 Prozent einen ähnlich hohen Wert wie in der Deutschschweiz. Anders die Romandie: In dieser Region sind nur 40 Prozent der Stimmberechtigten für das Belassen des Kataloges auf dem heutigen Stand, gleich viele wünschen sich hier den Ausbau der durch die obligatorische Grundversicherung übernommenen Leistungen. (Grafik 50) Das verfeinerte, nach Kantonen aufgeschlüsselte und in der unten stehenden Karte dargestellte Bild der regional unterschiedlichen Zufriedenheit mit dem Leistungskatalog bestätigt zwar diese sprachregionalen Unterschiede. Es zeigt aber auch, dass es sich bei der unterschiedlichen Bewertung des Leistungskatalogs nicht nur um ein sprachregionales Phänomen, sondern vielmehr um ein Gefälle zwischen Ost- und Westschweiz handelt. Diese Auswertung basiert auf den gepoolten Daten2 der Jahre 2007 bis 2010 und zeigt, dass sich in den Westschweizer Kantonen Waadt, Neuenburg und Jura (blau) unterdurchschnittlich viele Stimmberechtigte für das Belassen des Leistungskatalogs auf dem heutigen Stand aussprechen. Durchschnittlich ausgeprägt ist die Zufriedenheit in den orange eingefärbten Kantonen, klar überdurchschnittlich in den rot dargestellten Kantonen Solothurn, Schwyz und Graubünden. (Grafik 51) Nach Parteipräferenz betrachtet, zeigt sich, dass AnhängerInnen der FDP mit 75 Prozent am häufigsten für das Belassen des Leistungskatalogs votieren, gefolgt von den SVP-AnhängerInnen und den Stimmberechtigten ohne Parteibindung (jeweils 70%). Sowohl bei der SP wie auch bei der CVP sind die Meinungen etwas polarisierter: Unter beiden Parteianhängerschaften wünschen überdurchschnitt­lich viele sowohl einen Ausbau (jeweils 24%) als auch einen Abbau (jeweils 17%), für das Belassen sprechen sich bei der SP 58 Prozent und bei der CVP 54 Prozent aus. Die AnhängerInnen der Grünen sind zwar auch mehrheitlich für das Belassen des Leistungskatalogs (53%), hier wollen aber so viele wie sonst nirgends (41%), dass mehr Leistungen als bisher von der Grundversicherung übernommen werden.

2 Diese Datenaggregation ist für Auswertungen auf Kantonsebene notwendig, um in den einzelnen Kantonen die für statistisch fundierte Aussagen genügend grossen Fallzahlen zu erreichen. Im mittelfristigen Durchschnitt der Jahre 2007 bis 2010 sprechen sich landesweit 64 Prozent der Stimmberechtigten für das Belassen des Leistungskataloges der obligatorischen Grundversicherung auf dem heutigen Stand aus. In Kantonen ohne Einfärbung ist die Fallzahl mit N < 50 trotz Datenaggregation zu klein für gesicherte Aussagen.

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Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 97

50 | Leistungskatalog nach Sprachregion «Ganz generell gesprochen, sind Sie beim Leistungskatalog, der durch die Grundversicherung abgedeckt wird, für einen Ausbau, Belassen auf dem heutigen Stand oder für einen Abbau?» In  % Stimmberechtigter 100 75 50 25 0

DCH

FCH

n  Weiss nicht / keine Antwort n  Abbau

ICH

n  Belassen n  Ausbau

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = 1200), sig.

51 | Leistungskatalog regionale Zufriedenheit «Ganz generell gesprochen, sind Sie beim Leistungskatalog, der durch die Grundversicherung abgedeckt wird, für einen Ausbau, für Belassen auf dem heutigen Stand oder für einen Abbau?» «Belassen auf dem heutigen Stand» Mittel CH: 64% der Stimmberechtigten JU –32 NE –24 VD –21

SH

BS –15 BL 11 SO 22 BE 4

AG 15 LU 9 OW

TG –1

ZH 10

AR AI

ZG 0 SZ 23 NW UR

SG 5 GL GR 26

FR –13 TI –3

GE –10 VS –8

Angaben nur bei N > 50, Pool Gesundheitsmonitor 2007–2010 Stichprobe: 4854

n  Bis – 18%   n  Mittel ± 17%   n  +18% und mehr

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010

Die Befunde

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infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 98

In der allgemeinen Betrachtung hat sich also der Anteil Stimmberechtigter, die weder für einen Aus- noch einen Abbau der durch die obligatorische Grundversicherung zu tragenden Leistungen eintreten, seit zwei Jahren praktisch stabilisiert. Gibt man eine Liste von spezifischen Leistungsbereichen vor und fragt, ob diese Bereiche zwingend von den Krankenkassen in die Grundversicherung übernommen oder eher selbst bezahlt werden sollten, zeigt sich ein differenzierteres Bild. Grossmehrheitlich (zu 87%) ist man auch weiterhin der Meinung, dass bei der Betreuung behinderter Familienangehöriger entstehende Kosten von der obligatorischen Grundversicherung übernommen werden sollen. Mit 77 Prozent, die für die Kassenzahlung der Kosten der Behandlungen von Aids-Erkrankungen eintreten, ebenfalls konstant hoch bleibt die Bereitschaft, solche Kosten kollektiv über die im KVG geregelten Leistungspflicht zu tragen. Als gleich bleibend erweist sich mit aktuell exakt zwei Dritteln zudem auch der Anteil Stimmberechtigter, die es unterstützten, dass die Behandlung psychischer Beschwerden durch die Krankenkassen bezahlt werden sollten. Deutlich zugenommen hat in den letzten Jahren hingegen die Unterstützung der Forderung nach Kassenpflichtigkeit der ärztlichen Heroinabgabe für Schwerstsüchtige. Nachdem diese Forderung im letzten Jahr erstmals eine knappe Mehrheit der Stimmberechtigten hinter sich scharen konnte, sind es nun 62 Prozent der Stimmberechtigten, die für die Kassenzahlung der Heroinabgabe eintreten. Noch stärker ist der Zuwachs der Unterstützung bei der Forderung, dass grundsätzlich die Kosten zur Behandlung der Folgen von Drogenabhängigkeit von der obligatorischen Krankenversicherung übernommen werden sollten. Nach einem 2009 beobachteten leichten Rückgang der Unterstützung für diese Forderung ist 2010 nach einer Zunahme um 20 Prozentpunkte erstmals eine Mehrheit der Stimmberechtigten (56%) dieser Ansicht. Erstmals klar mehrheitlich (56%) wird auch unterstützt, dass Massnahmen zur Behebung ungewollter Kinderlosigkeit durch die obligatorische Krankenversicherung gedeckt werden sollten. Auf konstantem Niveau von derzeit genau 50 Prozent verharrt hingegen der Anteil Stimmberechtigter, die dafür votieren, dass auch prophylaktische Massnahmen der Gesundheitsvorsorge in den Katalog der KVG-Leistungen fallen sollen. (Grafik 52)

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Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 99

52 | Selbstbezahlte Leistungen/Krankenkassenleistungen «Ich nenne Ihnen im Folgenden ein paar Situationen, wo Leistungen in der Grundversicherung vergütet werden können, Sagen Sie mir bei jeder, wann Ihrer Ansicht nach der Betroffene selbst die Leistungen bezahlen sollte und wann Sie der Ansicht sind, dass die Kassen dies tun sollten.» In  % Stimmberechtigter (mehrheitlich für Kassenzahlung)

100 80 60 40 20

1997 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010

n  Behinderung Familienangehöriger n  Psychische Beschwerden n  Erkrankung an AIDS n  Abhängigkeit von Drogen

n  Ärztlich verordnete Heroinabgabe n  Ungewollte Kinderlosigkeit n  Vorbeugung von gesundheitlichen Schäden

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

53 | Selbstbezahlte Leistungen/Krankenkassenleistungen «Ich nenne Ihnen im Folgenden ein paar Situationen, wo Leistungen in der Grundversicherung vergütet werden können. Sagen Sie mir bei jeder, wann Ihrer Ansicht nach der Betroffene selbst die Leistungen bezahlen sollte und wann Sie der Ansicht sind, dass die Kassen dies tun sollten.» In  % Stimmberechtigter (minderheitlich für Kassenzahlung) 80 70 60 50 40 30 20

1997 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010

n  Beschwerden durch Stress n  Pille zur Schwangerschaftsverhütung

n  Gewichtsbedingte Beschwerden n  Schäden durch Rauchen oder Alkohol

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

Die Befunde

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infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 100

Von 48 Prozent und damit neu knapp nicht mehr mehrheitlich als kassenpflichtig anerkannt werden hingegen die Behandlungskosten bei Stressbeschwerden. Im Vergleich zu den vergangenen Jahren ist hier die Unterstützung um mehr als 10 Prozentpunkte eingebrochen. Ob es sich dabei um eine längerfristige Trendumkehr hin zu einer wieder kritischeren Betrachtung von Stressfolgen oder lediglich um ein singuläres Phänomen handelt, ist derzeit nicht zu beurteilen und wird sich in den kommenden Jahren zeigen müssen. Ebenfalls nur noch knapp nicht mehrheitlich ist die Unterstützung der Forderung, dass die Antibabypille von der obligatorischen Krankenversicherung übernommen werden sollte. 2010 votieren 46 Prozent der Stimmberechtigten hierfür. Das sind 22 Prozentpunkte mehr als im vergangenen Jahr und der Höchstwert seit Beginn dieser Messreihe im Jahr 2003. Wie in den vergangenen Jahren nach wie vor minderheitlich ist die Ansicht verbreitet, dass die Linderung von gewichtsbedingten Beschwerden (38%) sowie die Folgen von Nikotin- und Alkoholabusus (26%) zu den von der Grundversicherung gedeckten Leistungen gehören. (Grafik 53) Eine deutliche Verschiebung der Mehrheitsverhältnisse ist 2010 in Bezug auf die Beurteilung der Kassenpflichtigkeit von Medikamenten zur Behandlung von Bagatellfällen zu beobachten. Erstmals sind mit 65 Prozent mehr Befragte dafür, dass diese Kosten von der Krankenkasse übernommen werden, als dagegen (32%). Der Trend setzte vor zwei Jahren ein und erhielt nun eine Beschleunigung. Dies lässt sich als Gegenbewegung zu der bisherigen Tendenz lesen, bei ständig steigenden Kosten immer weniger zu vergüten. (Grafik 54) Dieser Trend ist auch in Bezug auf die Aufnahme der nicht ärztlichen Alternativmedizin in die Grundversicherung zu beobachten. Innerhalb eines Jahres hat sich der Anteil Stimmberechtigter, der die nicht ärztliche Alternativmedizin in die Grundversicherungsleistungen aufgenommen haben will, von 21 Prozent im Jahr 2009 auf gegenwärtig 41 Prozent annähernd verdoppelt. Im gleichen Masse reduziert hat sich dabei der Anteil derjenigen, die solche Leistungen nur als Teil der ambulanten Zusatzversicherungen angeboten haben wollen. (Grafik 55)

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Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 101

54 | Forderungen an die Krankenkassen: Medikamente für Bagatellen «Medikamente für Bagatellen sollen von den Krankenkassen nicht mehr bezahlt werden.» In  % Stimmberechtigter 100 75

50

25 0 2004

2005

2006

n  Gar nicht einverstanden n  Eher nicht einverstanden

2007

2008

n  Weiss nicht / keine Antwort n  Eher einverstanden

2009

2010

n  Sehr einverstanden

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = 1200)

55 | Forderungen an die Krankenkassen: nicht ärztliche Alternativmedizin «Sollten die Krankenkassen Ihrer Ansicht nach die nicht ärztliche Alternativmedizin in die Grundversicherung aufnehmen, als ambulante Zusatzversicherung anbieten oder gar nicht in den Leistungs­ katalog aufnehmen?» In  % Stimmberechtigter 100 75

50

25 0 2006

2007

n  Weiss nicht/keine Antwort n  In die Grundversicherungsleistungen aufnehmen

2008

2009

2010

n  Als ambulante Zusatzversicherung anbieten n  Gar nicht in den Leistungskatalog aufnehmen

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = jeweils ca. 1200)

Die Befunde

69


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 102

3.4.4

Zwischenbilanz

– Das heute in der Schweiz praktizierte Prämiensystem mit Kopfprämien, die von den Kantonen mit einkommensabhängigen Zuschüssen sozial abgefedert sind, geniesst die Zustimmung fast aller Stimmberechtigten. – Eine Mehrheit plädiert jedoch ebenfalls für ein einkommensabhängiges Prämiensystem. Ein altersabhängiges System wird aber klar mehrheitlich abgelehnt. – Auch verhaltensabhängige Prämiensysteme werden von einer Mehrheit unterstützt. Der Anklang dieser Bonus-Malus-Prämiensysteme ist jedoch weiterhin rückläufig. – Massnahmen zur Prämienoptimierung durch Übernahme von mehr Eigenverantwortung (Erhöhung des Selbstbehalts oder der Maximal- und Minimalfranchisen) finden nur minderheitliche Unterstützung. Weiterhin mehrheitlich ist trotz rückläufiger Tendenz hingegen die Unterstützung der Forderung nach einkommensabhängiger Gestaltung der Franchisen. – Der Katalog der durch die obligatorische Grundversicherung abgedeckten Leistungen wird grossmehrheitlich akzeptiert und nur eine Minderheit wünscht sich einen Ausbau des Leistungsumfangs. Der Wunsch nach einem Ausbau ist in der französischsprachigen Schweiz aber deutlich stärker ausgeprägt als in der deutsch- oder der italienischsprachigen Schweiz.

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Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 103

– Bezogen auf einzelne Bereiche, die von der Grundversicherung vergütet werden sollen, kommen Stressbeschwerden unter Druck. Die Bereitschaft, deren Behandlung über die Krankenkasse verrechnen zu können, ist sinkend und gegenwärtig nicht mehr mehrheitlich gegeben. Neu eindeutig mehrheitlich ist die Zustimmung zur Kassenzahlung von Massnahmen bei ungewollter Kinderlosigkeit und Drogensucht. – Gegen die Tendenz, bei steigenden Kosten immer weniger zu vergüten, gibt es zwischenzeitlich eine messbare Gegenbewegung: So ist erstmals eine Mehrheit damit einverstanden, dass die Kassen Medikamente für Bagatellen bezahlen sollten. Der Trend setzte vor zwei Jahren ein und erfuhr nun eine Beschleunigung. – Dieser Trend ist auch in Bezug auf die Aufnahme der nicht ärztlichen Alternativmedizin in die Grundversicherung zu beobachten. Innerhalb eines Jahres hat sich der Anteil Stimmberechtigter, der die Alternativmedizin über die Grundversicherung abrechnen will, von einem auf zwei Fünftel verdoppelt.

Die Befunde

71


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 104

3.5

Die Realität und die Ideale im schweizerischen Gesundheitswesen

3.5.1

Die Realität: die Beurteilung des KVG und der Qualität des Gesundheitswesens Die Bilanz zum Schweizer Gesundheitswesen, dessen Beschaffenheit massgeblich vom Krankenkassenversicherungsgesetz (KVG) abhängt, fällt vierzehn Jahre nach dessen Inkrafttreten am 1. Januar 1996 mehrheitlich positiv aus. Insgesamt 66 Prozent der Stimmberechtigten geben 2010 an, einen positiven Eindruck vom Gesundheitswesen zu haben (21% sehr positiv, 45% eher positiv). Das sind 13 Prozentpunkte mehr als 2009 und annährend gleich viele wie vor zwei Jahren, als das KVG mit 68 Prozent einen so hohen Zustimmungswert wie nie zuvor erreichte. Dementsprechend hat sich gegenüber 2009 auch der Anteil kritischer Stimmen um 8 Prozentpunkte auf 30 Prozent verkleinert (5% sehr negativ, 25% eher negativ). Die Beurteilung des KVG ist somit in den letzten Jahren etwas volatil, in der langfristigen Entwicklung ist aber ein grundsätzlich positiver Trend festzustellen. (Grafik 56) Die Bilanz zum Schweizer Gesundheitswesen unterscheidet sich dabei unter anderem nach Sprachregionen und Parteibindungen. Wie bereits im letzten Jahr sind die italienischsprachigen SchweizerInnen gegenüber dem KVG am positivsten eingestellt, hier bezeichnet eine deutliche Mehrheit von insgesamt 77 Prozent das KVG als Erfolg. In der deutschsprachigen Schweiz sind es mit insgesamt 69 Prozent annähernd gleich viele, die eine positive Bilanz ziehen. Dabei fällt aber auf, dass in der Deutschschweiz der Anteil Personen, der eine sehr positive Beurteilung abgibt, signifikant grösser ist als in der lateinischen Schweiz. Am meisten Kritik kommt dieses Jahr aus der französischsprachigen Schweiz. Hier stehen sich mit 49 Prozent, die eine positive Bilanz ziehen, und 40 Prozent, die eine negative Beurteilung abgeben, zwei annähernd gleich grosse Lager gegenüber. (Grafik 57)

72

Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 105

56 | Bilanz KVG «Wenn Sie einmal Bilanz ziehen zum Stand des Gesundheitswesens nach 14 Jahren KVG: Wie ist Ihr Eindruck vom Gesundheitswesen in der Schweiz?» In  % Stimmberechtigter 100 75

50

25 0 2003

2004

2005

2007

2006

n  Sehr negativ n  Kann sich nicht mehr n  Eher negativ erinnern / keine Antwort

2008

2009

2010

n  Eher positiv n  Sehr positiv

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000) )

57 | Bilanz KVG nach Sprachregion «Wenn Sie einmal Bilanz ziehen zum Stand des Gesundheitswesens nach 14 Jahren KVG. Wie ist Ihr Eindruck vom Gesundheitswesen in der Schweiz?» In  % Stimmberechtigter 100 75 50 25 0

DCH

FCH

n  Sehr negativ n  Weiss nicht/keine Antwort n  Eher negativ

ICH n  Eher positiv n  Sehr positiv

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = 1200), sig.:

Die Befunde

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infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 106

Zwischen den verschiedenen Parteilagern ist das KVG weniger umstritten als auch schon. Mit Ausnahme der SP-Basis sind die AnhängerInnen aller grossen Parteien wie auch die Parteiungebundenen zu rund zwei Drittel zufrieden mit dem KVG. Bei der SP-Wählerschaft stehen 49 Prozent, die eine positive Beurteilung abgeben, 46 Prozent mit einer negativen Beurteilung gegenüber. (Grafik 58) Auch wenn die Bilanzierung der Wirkung des Krankenversicherungsgesetzes auf das Schweizer Gesundheitswesen im Zeitvergleich volatil ist, bleibt ein Faktor immer stabil: die Zufriedenheit mit der Qualität des Gesundheitswesens. Auch 2010 sind die Stimmberechtigten grösstmehrheitlich zufrieden mit der Qualität des Gesundheitswesens, insgesamt bezeichnen 96 Prozent die Qualität als zumindest eher gut. Bemerkenswert ist der heuer mit 44 Prozent gegenüber den bisherigen Erhebungen fast doppelt so grosse Bevölkerungsanteil, der sogar die höchste Note «sehr gut» vergibt. (Grafik 59)

74

Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 107

58 | Bilanz KVG nach Partei «Wenn Sie einmal Bilanz ziehen zum Stand des Gesundheitswesens nach 14 Jahren KVG. Wie ist Ihr Eindruck vom Gesundheitswesen in der Schweiz?» In  % Stimmberechtigter 100 75 50 25 0

Grüne

SP

CVP

FDP / Die Liberalen

SVP

n  Sehr negativ n  Weiss nicht/keine Antwort n  Eher negativ

keine Partei n  Eher positiv n  Sehr positiv

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = 1200), sig.

59 | Qualität Gesundheitswesen «Wie schätzen Sie ganz allgemein die Qualität des schweizerischen Gesundheitswesens ein? Glauben Sie, es ist qualitativ sehr gut, gut, eher gut, eher schlecht, schlecht oder sehr schlecht?» In  % Stimmberechtigter 100 75

50

25 0 2004 n  Weiss nicht n  Sehr schlecht

2005

2006

n  Schlecht n  Eher schlecht

2007 n  Eher gut n  Gut

2008

2009

2010

n  Sehr gut

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = jeweils ca. 1200)

Die Befunde

75


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 108

60 | Wunschvorstellung Gesundheitswesen in der Schweiz «Bitte sagen Sie mir, was für ein Gesundheitswesen Sie sich in der Schweiz wünschen. Wenn Sie mit dem ersten Teil der Vorgabe übereinstimmen, wählen Sie die Zahl 1 oder eine Zahl nahe bei 1. Wenn Sie mit dem zweiten Teil der Vorgabe übereinstimmen, wählen Sie die Zahl 6 oder eine Zahl nahe bei 6.» «Möchten Sie ein Gesundheitswesen in der Schweiz, in dem die Qualität der Leistungen wichtiger als die Kosten ist, oder eines, in dem die Kosten wichtiger sind als die Qualität der Leistungen?» In  % Stimmberechtigter

100 75

50

25 0

2003

2004

n  6, Kosten

n  5

2005

n  4

2006

n  Weder noch

2007

n  3

n  2

2008

2009

2010

n  1, Qualität Leistungen

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = jeweils ca. 1200)

3.5.2

Das ideale Gesundheitswesen: Maximierung von Qualität und Quantität statt Kostenminimierung Soll man bei der Gestaltung des Gesundheitswesens vor allem darauf achten, dass die Kosten auf ein erträgliches Mass minimiert oder dass die Qualität und die Quantität der Leistungen maximiert werden? Vor dieses Dilemma gestellt sind sich die StimmbürgerInnen faktisch einig: Lieber sollen die Qualität und die Quantität der Leistungen betont, statt die Kosten optimiert werden. Allerdings kann bezüglich des Dogmas der Maximierung der Qualität ohne Berücksichtigung der dabei entstehenden Kosten in den letzten Jahren eine gewisse Verunsicherung beobachtet werden. Das Total der mehr oder weniger dezidiert für die Betonung der Qualität Eintretenden ist zwar seit Jahren praktisch konstant und beträgt 2010 wie schon im letzten Jahr 88 Prozent. Der Anteil, der eindeutig für das Vorziehen von Qualitäts- vor Kostenkriterien eintritt, nimmt aber seit 2008 von Jahr zu Jahr leicht ab und beträgt aktuell noch 29 Prozent. (Grafik 60)

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Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 109

61 | Wunschvorstellung Gesundheitswesen in der Schweiz «Bitte sagen Sie mir, was für ein Gesundheitswesen Sie sich in der Schweiz wünschen. Wenn Sie mit dem ersten Teil der Vorgabe übereinstimmen, wählen Sie die Zahl 1 oder eine Zahl nahe bei 1. Wenn Sie mit dem zweiten Teil der Vorgabe übereinstimmen, wählen Sie die Zahl 6 oder eine Zahl nahe bei 6.» «Möchten Sie ein Gesundheitswesen in der Schweiz, wo die Menge der Leistungen wichtiger ist als die Kosten oder wo die Kosten wichtiger sind als die Menge der Leistungen?» In  % Stimmberechtigter

100 75

50

25 0

2004

n  6, Kosten

2005

n  5

2006

n  4

n  Weder noch

2007

n  3

2008

n  2

2009

2010

n  1, Menge der Leistungen

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = jeweils ca. 1200)

Annähernd gleich viele Stimmberechtigte wie im Vorjahr wünschen sich auch ein Gesundheitssystem, welches neben der Versorgungsqualität auch die Versorgungsquantität stärker betont als die Sorge um die dabei entstehenden Kosten. Insgesamt 81 Prozent geben mehr oder weniger dezidiert der Sicherung der Leistungsmenge den Vorrang vor allfälligen Kostenüberlegungen. Aber auch hier ist die Verunsicherung, ob nicht auch ein wenig an die Kosten gedacht werden müsste, spürbar: Der Anteil derjenigen, die der Versorgungsquantität unbedingt den Vorrang geben, beträgt aktuell 14 Prozent, das ist so wenig wie noch nie in dieser Messreihe. (Grafik 61) Die Minimierung der Kosten steht also nur für eine kleine Minderheit der Stimmberechtigten im Vordergrund, wenn sie sich zwischen Sparen und Maximierung der Qualität bzw. der Quantität der Leistungen des Gesundheitswesens entscheiden müssen. Trotzdem ist bezüglich der Kostenfrage insofern Verunsicherung feststellbar, als dass so wenige wie noch nie sich kategorisch für Qualitäts- und Quantitätsmaximierung einsetzen.

Die Befunde

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infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 110

3.5.3 Das ideale Gesundheitswesen: Wettbewerb und Wahlfreiheit Ein Gesundheitswesen, welches marktwirtschaftlichen Prinzipien folgend durch das freie Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage statt durch staatliche Eingriffe reguliert wird und dabei den PatientInnen die freie Wahl von Arzt und Spital überlässt, geniesst in der Schweiz nach wie vor klar mehrheitlichen Rückhalt. So sprechen sich insgesamt 88 Prozent der Stimmberechtigten mehr oder weniger bestimmt für die volle Freiheit bei der Auswahl ihres medizinischen Dienstleisters aus, das sind praktisch gleich viele wie in den Vorjahren. Allerdings ist aktuell auch hier ein gewisses Aufweichen der Positionen und damit Verunsicherung beobachtbar. Der Anteil derjenigen, die sich unbedingt für die freie Arzt- und Spitalwahl einsetzen, erreicht 2010 mit 31 Prozent (–12 Prozentpunkte gegenüber 2009) einen bisher nicht gesehenen Tiefstand. (Grafik 62) Als weiterhin zunehmend erweist sich die Unterstützung einer weiteren Liberalisierung des schweizerischen Gesundheitswesens. So treten in diesem Jahr insgesamt 75 Prozent der Stimmberechtigten für Marktwirtschaft im Gesundheitssektor ein. Dies entspricht einem Zuwachs von 4 Prozentpunkten gegenüber 2009, was den seit 2003 praktisch ununterbrochenen Trend hin zu mehr Markt weiter fortsetzt. Weiter verkleinert hat sich dementsprechend die Gegnerschaft der Marktöffnung. Ihr Anteil unter den Stimmberechtigten beträgt aktuell noch 18 Prozent. Das sind 32 Prozentpunkte weniger als zu Beginn der Messung im Jahr 2003. (Grafik 63) 3.5.4

Das ideale Gesundheitswesen: Föderalismus und Gemeinschaftsverantwortung Sowohl in der Frage, ob das Schweizer Gesundheitswesen eher föderalistisch oder eher zentralistisch organisiert werden sollte, wie auch in der Frage, ob im Gesundheitswesen das Primat der Individual- oder der Kollektivverantwortung vorherrschen sollte, waren die Stimmberechtigten bisher in zwei annähernd gleich grosse Lager gespalten und es liessen sich keine klaren Mehrheitsverhältnisse für oder gegen eine dieser Positionen bestimmen. Im aktuellen Berichtsjahr wurden diese Polarisierungen nun überwunden und es sprechen sich klare Zweidrittelmehrheiten zum einen für den Föderalismus und zum andern für die Betonung der Gemeinschaftsverantwortung aus. Bezüglich der Verteilung der Kompetenzen im Gesundheitswesen zwischen dem Bund und den Kantonen zeichnete sich der Meinungswandel hin zu mehr Föde-

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Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 111

62 | Wunschvorstellung Gesundheitswesen in der Schweiz «Bitte sagen Sie mir, was für ein Gesundheitswesen Sie sich in der Schweiz wünschen. Wenn Sie mit dem ersten Teil der Vorgabe übereinstimmen, wählen Sie die Zahl 1 oder eine Zahl nahe bei 1. Wenn Sie mit dem zweiten Teil der Vorgabe übereinstimmen, wählen Sie die Zahl 6 oder eine Zahl nahe bei 6.» «Möchten Sie ein Gesundheitswesen in der Schweiz, in dem die Patienten frei wählen können, bei welchem Arzt oder in welchem Spital sie sich behandeln lassen, oder eines, in dem die Krankenkassen die Arzt- oder Spitalwahl vorentscheiden?» In  % Stimmberechtigter 100 75

50

25 0

2003

2004

n  6, Vorgegebene Arztwahl

2005 n  5

2006 n  4

2007

n  Weder noch

2008 n  3

n  2

2009

2010

n  1, Freie Arztwahl

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = jeweils ca. 1200)

63 | Wunschvorstellung Gesundheitswesen in der Schweiz «Bitte sagen Sie mir, was für ein Gesundheitswesen Sie sich in der Schweiz wünschen. Wenn Sie mit dem ersten Teil der Vorgabe übereinstimmen, wählen Sie die Zahl 1 oder eine Zahl nahe bei 1. Wenn Sie mit dem zweiten Teil der Vorgabe übereinstimmen, wählen Sie die Zahl 6 oder eine Zahl nahe bei 6.» «Möchten Sie ein Gesundheitswesen in der Schweiz, in dem der Markt mehr regelt als der Staat, oder eines, in dem der Staat mehr regelt als der Markt?» In  % Stimmberechtigter 100 75

50

25 0

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

n  6, Staat    n  5    n  4    n  Weder noch    n  3    n  2    n  1, Markt  Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = jeweils ca. 1200)

Die Befunde

79


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 112

ralismus ab 2007 ab und begann sich ab 2009 durchzusetzen. Damit entspricht das schweizerische Gesundheitswesen mit seinen stark föderalisitischen Strukturen somit den Idealvorstellungen der derzeitigen Mehrheit der Stimmberechtigten. (Grafik 64) Die aktuell klare Bevorzugung eines auf Kollektivverantwortung basierenden Gesundheitswesens ist eine neue, erst im laufenden Berichtsjahr eingetretene Entwicklung. Gegenüber dem Vorjahr hat der Anteil Stimmberechtigter, der mehr oder weniger stark die Gemeinschaftsverantwortung betont haben möchte, um 14 Prozentpunkte zugenommen, der Anteil derjenigen, die auf Eigenverantwortung setzen wollen, hat im gleichen Masse abgenommen. (Grafik 65) 3.5.5 Polarisierende Wunschvorstellungen über das ideale Gesundheitswesen Keine klaren Mehrheitsverhältnisse über das ideale Gesundheitswesen finden sich in der Schweiz 2010 nur noch bezüglich der Frage, ob die Grundversicherung nur für den Schutz gegen Risiken, welche die finanzielle Leistungsfähigkeit der Versicherten übersteigen, aufkommen sollte, oder ob sie für sämtliche Gesundheitsauslagen bezahlen sollte. So herrscht im Schweizer Stimmvolk über die ideale Ausgestaltung der Grundversicherung weiter Uneinigkeit vor: Während heute 46 Prozent mehr oder weniger ausgeprägt der Meinung sind, dass die Grundversicherung, wie es heute der Fall ist, für sämtliche gesundheitsbezogenen Leistungen und Auslagen aufkommen sollte, präferieren 45 Prozent eine schlankere Grundversicherung, welche nur gegen jene Risiken versichern sollte, die die finanzielle Leistungsfähigkeit des Versicherten (z.B. schwere Krankheit, lange Behandlungen) übersteigen. Gegenüber dem Vorjahr haben sich hier die Mehrheitsverhältnisse somit wiederum vertauscht. (Grafik 66)

80

Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 113

64 | Wunschvorstellung Gesundheitswesen in der Schweiz «Bitte sagen Sie mir, was für ein Gesundheitswesen Sie sich in der Schweiz wünschen. Wenn Sie mit dem ersten Teil der Vorgabe übereinstimmen, wählen Sie die Zahl 1 oder eine Zahl nahe bei 1. Wenn Sie mit dem zweiten Teil der Vorgabe übereinstimmen, wählen Sie die Zahl 6 oder eine Zahl nahe bei 6.» «Möchten Sie ein Gesundheitswesen in der Schweiz, in dem die Kantone mehr entscheiden als der Bund oder in dem der Bund mehr regelt als die Kantone?» In  % Stimmberechtigter 100 75

50

25 0

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

n  6, Bund    n  5    n  4    n  Weder noch    n  3    n  2    n  1, Kantone  Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = jeweils ca. 1200)

65 | Wunschvorstellung Gesundheitswesen in der Schweiz «Bitte sagen Sie mir, was für ein Gesundheitswesen Sie sich in der Schweiz wünschen. Wenn Sie mit dem ersten Teil der Vorgabe übereinstimmen, wählen Sie die Zahl 1 oder eine Zahl nahe bei 1. Wenn Sie mit dem zweiten Teil der Vorgabe übereinstimmen, wählen Sie die Zahl 6 oder eine Zahl nahe bei 6.» «Möchten Sie ein Gesundheitswesen in der Schweiz, wo die gemeinschaftliche Verantwortung wichtiger ist als die Eigenverantwortung, oder eines, wo die Eigenverantwortung wichtiger ist als die Gemeinschaftsverantwortung?» In  % Stimmberechtigter 100 75

50

25 0

2003

2004

n  6, Eigenverantwortung

2005

2006

2007

2008

n  5   n  4   n  Weder noch   n  3   n  2

2009

2010

n  1, Gemeinschaftsverantwortung

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = jeweils ca. 1200)

Die Befunde

81


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 114

66 | Wunschvorstellung Gesundheitswesen in der Schweiz «Bitte sagen Sie mir, was für ein Gesundheitswesen Sie sich in der Schweiz wünschen. Wenn Sie mit dem ersten Teil der Vorgabe übereinstimmen, wählen Sie die Zahl 1 oder eine Zahl nahe bei 1. Wenn Sie mit dem zweiten Teil der Vorgabe übereinstimmen, wählen Sie die Zahl 6 oder eine Zahl nahe bei 6.» «Möchten Sie ein Gesundheitswesen in der Schweiz, wo die Grundversicherung vor allem Risiken, welche die finanzielle Leistungsfähigkeit des Versicherten (schwere Krankheit, lange Behandlung) übersteigen, abdeckt, oder eines, wo die Grundversicherung für sämtliche Leistungen/Auslagen aufkommt?» In  % Stimmberechtigter 100 75

50

25 0 2005

2006

2007

2008

n 6, Deckt sämtliche n  5 n  4 n  Weder noch Leistungen

2009 n  3

n  2

2010 n  1, Deckt Risiken

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = jeweils ca. 1200)

3.5.6

Zwischenbilanz

– Die Auswirkungen des KVG auf das Schweizer Gesundheitswesen werden mehrheitlich positiv beurteilt. Zwei Drittel der Befragten ziehen 14 Jahre nach Einführung des KVG eine vorteilhafte Gesamtbilanz. Die Beurteilung des KVG ist somit in den letzten Jahren etwas volatil gewesen, in der langfristigen Entwicklung ist aber ein grundsätzlich positiver Trend festzustellen. Sprachregional betrachtet fällt auf, dass die Zustimmung zum KVG in der französischsprachigen Schweiz klar negativer ausfällt als in der deutsch- und der italienischsprachigen Schweiz. Zwischen den verschiedenen Partei­lagern ist das KVG weniger umstritten als auch schon. Eine Ausnahme ist die SP-Basis, wo nur rund die Hälfte zufrieden mit dem KVG ist. In allen andern Parteilagern beträgt die Zustimmung rund zwei Drittel. – Die Zufriedenheit mit der Qualität des Gesundheitswesens bleibt auch

82

Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 115

2010 auf konstant hohem Niveau, 4 von 10 Befragten beurteilen die Qualität sogar als sehr gut. – Im idealen Gesundheitswesen geniessen aus Sicht der Stimmberechtigten die Qualität und die Quantität des Angebots Priorität vor der Kostenfrage. Bezüglich der Kostenfrage ist aber insofern wachsende Verunsicherung festzustellen, als dass sich so wenige wie noch nie kategorisch für Qualitäts- und Quantitätsmaximierung einsetzen. – Starken und in diesem Jahr noch verstärkten Rückhalt geniesst in den Idealvorstellungen ein Gesundheitswesen, welches marktwirtschaftlichen Prinzipien folgt und dabei dem Patienten die freie Wahl von Arzt und Spital überlässt. In Bezug auf die freie Arzt- und Spitalwahl ist aber ebenfalls eine gewisse Verunsicherung beobachtbar: Der Anteil derjenigen, die sich unbedingt für die volle Wahlfreiheit einsetzen, erreicht 2010 einen bisher nie gesehenen Tiefststand. – Fanden sich in früheren Jahren keine klaren Mehrheitsverhältnisse in den Fragen, ob das Gesundheitswesen eher zentralistisch oder eher föderalistisch organisiert werden sollte und ob eher das Primat der Individual- oder der Kollektivverantwortung vorherrschen sollte, wurden diese Polarisierungen nun überwunden. Klare Zweidrittelmehrheiten sprechen sich 2010 zum einen für den Föderalismus und zum anderen für die Betonung der Gemeinschaftsverantwortung aus. – Keine klaren Mehrheitsverhältnisse über das ideale Gesundheitswesen finden sich in der Schweiz 2010 nur noch bezüglich der Frage, ob die Grundversicherung nur für den Schutz gegen Risiken, welche die finanzielle Leistungsfähigkeit der Versicherten übersteigen, aufkommen sollte oder ob sie für sämtliche Gesundheitsauslagen bezahlen sollte.

Die Befunde

83


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 116

3.6

Gesundheitskosten

3.6.1 Die erwartete Entwicklung der Kosten im Gesundheitswesen Die grosse Mehrheit der Schweizer Stimmberechtigten geht auch 2010 davon aus, dass die Kosten des Gesundheitswesens weiterhin ansteigen werden. Mit 84 Prozent der Stimmberechtigten, die von weiter wachsenden Kosten ausgehen, und nur 10 Prozent, die davon überzeugt sind, dass die Kosten stabilisiert werden können, ist die Stimmung ähnlich pessimistisch wie im Vorjahr. Mit einer baldigen Reduktion der Kosten des Gesundheitswesens rechnet nur jeder Zwanzigste. (Grafik 67) Analog zu den Erwartungen über die Entwicklung der generellen Kosten im Gesundheitswesen sind grossmehrheitliche 85 Prozent der Befragten überzeugt, dass auch die Krankenkassenprämien weiter ansteigen werden. Auch hier sind die Hoffnungen auf eine zukünftige Stabilisierung der Prämien, die sich in den Jahren 2007/2008 bei Teilen der Stimmberechtigen bereitgemacht hatten, definitiv verflogen. (Grafik 68) Zusammengefasst ist die Stimmung unter den Stimmberechtigten in Bezug auf die Entwicklung der Gesundheitskosten und der Krankenkassenprämien somit genauso pessimistisch wie schon im Vorjahr.

84

Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 117

67 | Aussagen zur Kostenentwicklung «Welche der folgenden Aussagen trifft Ihrer Meinung nach am ehesten auf das schweizerische Gesundheitswesen zu?» In  % Stimmberechtigter 100 75

50

25 0 2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2009

2010

n  Weiss nicht / keine Antwort n  Die Kosten des Gesundheitswesens werden bald abnehmen n  Die Kosten des Gesundheitswesens können stabilisiert werden n  Die Kosten des Gesundheitswesens werden weiterhin zunehmen Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = jeweils ca. 1200)

68 | Aussagen zur Prämienentwicklung «Welche der folgenden Aussagen trifft Ihrer Meinung nach am ehesten zu?» In  % Stimmberechtigter 100

75

50 25 0 2004

2005

2006

2007

2008

n  Weiss nicht / keine Antwort n  Die Krankenkassenprämien werden bald abnehmen n  Die Krankenkassenprämien können stabilisiert werden n  Die Krankenkassenprämien werden weiterhin zunehmen Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = jeweils ca. 1200)

Die Befunde

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infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 118

3.6.2

Vermutete Ursachen der Kostensteigerung im Gesundheitswesen Als Ursache der Krankenkassenprämiensteigerung werden von den Stimmberechtigten mit jeweils 17 Prozent der Nennungen am häufigsten die allgemeinen Verwaltungskosten sowie die fehlende Effizienz vermutet. Während die Verwaltungskosten bereits 2006 und 2007 die Spitzenplätze einnahmen, hat die Kritik an der fehlenden Effizienz in den letzten Jahren stetig zugenommen und wurde im Jahr 2010 erstmals als am häufigsten genannt. Zurückgegangen ist die Kritik an den Krankenkassen. Im vergangenen Jahr war noch annähernd jeder vierte Stimmberechtigte der Meinung, dass die Versicherer selbst die Hauptschuld für die fortwährend ansteigenden Prämien tragen, im aktuellen Berichtsjahr vertritt noch jeder Zehnte diese Ansicht. (Grafik 69) Leicht zugenommen hat aber die Anzahl Personen (12%), welche den stetigen Anstieg der Krankenkassenprämien in der demografischen Tatsache begründet sieht, dass immer mehr Menschen immer älter werden. Von 10 Prozent der befragten Stimmberechtigten und damit von mehr als bisher jemals beobachtet, wird heute auch die Pharmaindustrie mit ihren Produkten in die Verantwortung genommen. Nur selten (Nennungshäufigkeit < 10%) als Kostentreiber vermutet werden: die Ärzte und Ärztinnen, die Spitäler im Allgemeinen, die ansteigenden Erwartungen an die Qualität der Gesundheitsversorgung, SimulantInnen, die Apotheken, die Spitex-Organisationen, die Privatspitäler, die medizinische Forschung, teure medizinische Instrumente, der Ausbau der Pflege, Leistungserweiterungen in der Grundversicherung und Süchtige. 3.6.3

Die Verantwortungsträger für die Kostendämpfung im Gesundheitswesen Am häufigsten orten die Stimmberechtigten die Verantwortung dafür, dass die Kostensteigerung im Gesundheitswesen gedämpft oder sogar verhindert wird, primär beim Bund. Nachdem in den vergangenen Jahren hier ein abnehmender Trend beobachtet werden konnte, hat sich nun aber der Anteil Stimmberechtigter, die vor allem die nationale Exekutive in die Pflicht nehmen wollen, bei rund einem Viertel (28%) stabilisiert. Im Vergleich zu den Vorjahren abgenommen hat die Anzahl Stimmberechtigter, die die Krankenkassen stärker in die Verantwortung nehmen wollen. War im letzten Jahr noch ein Viertel der Meinung, dass vor allem die Versicherer etwas dafür tun müssten, dass die Kostenentwicklung im Gesundheitswesen gebremst wird, sind 2010 noch 16 Prozent der Stimmberechtigten dieser Ansicht. Diese seltener gewordene Zuschreibung von Verantwortung für

86

Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 119

69 | Verursacher für den Anstieg der Krankenkassen­prämien «Ich gebe Ihnen hier eine Liste mit verschiedenen Verursachern für die Steigerung bei den Krankenkassenprämien. Welcher ist für Sie der hauptsächliche Grund?» In  % Stimmberechtigter 25 20 15 10 5 0

2000

2001

2002

2003

n  Krankenkassen n  Mehr alte Menschen

2004

2005

2006

n  Verwaltungskosten n  Fehlende Effizienz

2007

2008

2009

2010

n  Pharmaindustrie

Anmerkung: Abgefragte potenzielle Verursacher mit einer aktuellen Nennungshäufigkeit von <10% sind nicht in der Grafik dargestellt. (Apotheken, Spitäler im Allgemeinen, Spitex, Ärzte, Süchtige, Privatspitäler, Simulanten, medizinische Forschung, teure medizinische Instrumente, Leistungserweiterung in der Grundversicherung, Ausbau der Pflege, steigende Erwartungen die Qualität) Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

70 | Verantwortung für Kostendämpfung «Wir haben hier die Liste mit den Leistungserbringern im Gesundheitswesen. Wer sollte Ihrer Meinung nach an erster Stelle stehen, wenn es um die Verantwortung für die Kostendämpfung im Gesundheitswesen geht?» In  % Stimmberechtigter 50 40 30 20 10 0

2002

2003

n  Bund n  Kantone n  Ärzte und Ärztinnen

2004

2005

2006

2007

n  Patienten und Patientinnen n  Krankenkassen

2008

2009

2010

n  Pharmaindustrie n  Spitäler

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

Die Befunde

87


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 120

Kostendämpfungsmassnahmen im Gesundheitswesen entspricht dabei der oben beschriebenen, ebenfalls seltener gewordenen Wahrnehmung der Krankenversicherer als Ursache der Kostensteigerung bei den Prämien. (Grafik 70) Die Verantwortung der Ärzteschaft wird im Vergleich zum letzten Jahr von 10 Prozent der Stimmberechtigten wahrgenommen. Mit jeweils 9 Prozent konstant blieb der Anteil Stimmberechtigter, die in erster Line die Pharmaindustrie in die Pflicht nehmen wollen sowie die der Meinung sind, dass auch die PatientInnen durch eine vernünftige Nutzung des Gesundheitswesens beitragen sollten, dass die Kosten nicht weiter explodieren. Nach wie vor nur sehr wenige erwarten Kostendämpfungsmassnahmen durch die Kantone (7%) oder die Spitäler (4%). 3.6.4

Die persönliche Bereitschaft zur Teilnahme an Massnahmen zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen Wie bereits in den vergangenen Jahren zeigen sich auch 2010 Mehrheiten der befragten Stimmberechtigten bereit, gewisse Einschränkungen der Versorgung in Kauf zu nehmen, wenn dadurch die Kosten im Gesundheitswesen reduziert werden könnten. Dies betrifft aber 2010 einzig die Einschränkung der Freiheit bei der Auswahl der Therapie, die 6 Prozent ohne Bedingung und weitere 50 Prozent je nach Höhe der Kostensenkung hinzunehmen bereit wären. Zusammengenommen ergibt dies eine Mehrheit von 56 Prozent der Stimmberechtigten (+4 Prozentpunkte gegenüber 2009), die sich grundsätzlich vorstellen könnten, auf die volle Therapiefreiheit zu verzichten. Im Vergleich zum Durchschnitt sind insbesondere die deutsch- und italienischsprachigen SchweizerInnen im verstärkten Masse bereit, auf die Therapiefreiheit zu verzichten. Im Kontrast dazu stehen die französischsprachigen SchweizerInnen, unter denen lediglich 36 Prozent bereit wären, auf jeden Fall oder je nach Höhe der Kostensenkung eine Einschränkung der Therapiefreiheit in Kauf zu nehmen. (Grafik 71) Einschränkungen der freien Spital- bzw. der freien Arztwahl als Kosten senkende Massnahmen werden zwar von 50 bzw. 51 Prozent der befragten Stimmberechtigten kategorisch abgelehnt. Mit 49 bzw. 47 Prozent, die uneingeschränkt oder je nach Höhe der Kostensenkung bereit wären, zu verzichten, besteht hier aber ein gewisser Verhandlungsspielraum. Im Unterschied zur eingeschränkten Therapiefreiheit sind aber weder bei der Einschränkung der freien Spital- noch der freien Arztwahl bedeutsame Unterschiede in der Bereitschaft zur Teilnahme an diesen

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Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 121

71 | Haltung Massnahmen zur Kostensenkung «Welche der folgenden Massnahmen wären Sie selbst bereit, für sich in Kauf zu nehmen, wenn dadurch die Kosten im Gesundheitswesen sinken würden? Sagen Sie mir bitte jeweils, ob Sie auf jeden Fall bereit wären, ob Sie dazu bereit wären, je nachdem, wie hoch die Kostensenkung wäre, oder ob Sie auf keinen Fall dazu bereit wären.» In  % Stimmberechtigter

Keine Therapiefreiheit

Keine freie Spitalwahl

Keine freie Arztwahl

Kürzung Leistungskatalog

Eingeschränkter Zugang zu neuen Medikamenten und Behandlungsformen 0%

20%

40%

60%

n  Auf jeden Fall n  Je nach Höhe der Kostensenkung

80%

100%

n  Auf keinen Fall n  Weiss nicht / keine Antwort

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = 1220)

72 | Trend Haltung Massnahmen zur Kostensenkung «Welche der folgenden Massnahmen wären Sie selber bereit, für sich in Kauf zu nehmen, wenn dadurch die Kosten im Gesundheitswesen sinken würden? Sagen Sie mir bitte jeweils, ob Sie auf jeden Fall bereit wären, ob Sie dazu bereit wären, je nachdem wie hoch die Kostensenkung wäre, oder ob Sie auf keinen Fall dazu bereit wären.» In60  % Stimmberechtigter («Auf jeden Fall» und «je nach Höhe Kostensenkung») 50 40 30 20

2002

2003

n  Keine Therapiefreiheit n  Keine freie Spitalwahl n  Keine freie Arztwahl

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

n  Kürzung Leistungskatalog n  Eingeschränkter Zugang zu neuen Medikamenten oder Behandlungsformen

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

Die Befunde

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infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 122

Kosten dämpfenden Massnahmen zwischen den Sprachregionen feststellbar, sehr wohl aber nach Bildungsgrad der Befragten: Hochgebildete sind in überdurchschnittlichem Masse bereit, allenfalls Einschränkungen der freien SpitalArztwahl zu akzeptieren. Unverändert nicht mehrheitsfähig und sogar von in den letzten Jahren ab­ nehmender Akzeptanz betroffen sind Kürzungen des Leistungskataloges (32%) sowie des Zugangs zu neuen Medikamenten und Behandlungsmethoden (28%). (Grafik 72) Die mehrheitliche Ablehnung einer Einschränkung der freien Arztwahl als Kostensenkungsmassnahme wird auch in der Beurteilung der Kontroverse deutlich, ob die Krankenkassen weiterhin verpflichtet sein sollen, mit allen zugelassenen Ärzten Verträge abzuschliessen, oder ob sie zukünftig frei entscheiden dürfen, mit welchen Ärzten sie zusammenarbeiten. Mit 74 Prozent der befragten Stimmberechtigten ziehen es so viele wie noch nie seit Beginn dieser Messung vor, wenn die Kassen die Leistungen aller zugelassenen Ärzte abgelten müssen. Im Jahresvergleich hat dieser Wert nochmals um 11 Prozentpunkte zugenommen. (Grafik 73) 3.6.5

Die erwünschte Verteilung der finanziellen Mittel im Gesundheitswesen Könnten die Stimmberechtigten die im Gesundheitswesen vorhandenen finanziellen Mittel nach eigenem Gutdünken völlig frei neu verteilen, würden sie auch in diesem Jahr in erster Linie bei der Verwaltung der Krankenkassen sparen. 63 Prozent würden in diesem Bereich weniger Geld einsetzen wollen, als dies heute der Fall ist. Der Anteil jener, welche hier aufs Sparen setzen wollen, hat sich im Jahresvergleich damit um 6 Prozentpunkte vergrössert. Stark angewachsen auf 49 Prozent ist der Anteil jener, welche den Sparhebel bei den Apotheken anset­ zten würden (+13 Prozentpunkte gegenüber 2009). Damit landen die Apotheken erstmals auf einem der Spitzenplätze in der nach Häufigkeit der Einsparabsichten geordneten Liste. Bei den Spezialärzten sparen möchten praktisch konstante 41 Prozent (+2 Prozentpunkte). Sparmassnahmen bei allen anderen Bereichen des Gesundheitswesens werden nur klar minderheitlich unterstützt. (Grafik 74) Mehr Mittel als bisher einsetzen möchten 36 Prozent der Befragten bei den Spitex-Diensten (+3 Prozentpunkte) und 28 Prozent bei der alternativen Medizin (– 5 Prozentpunkte). Ein Sechstel würde mehr als bisher für die öffentlichen Spitäler (– 8 Prozentpunkte), die Intensivmedizin (– 5 Prozentpunkte) und die Erforschung

90

Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 123

73 | Haltung Verträge mit Ärzten/Ärztinnen «Es wird diskutiert, dass die Kassen nicht mehr verpflichtet sein sollen, mit allen Ärzten/Ärztinnen Verträge abzuschliessen, wie es bis anhin der Fall war. Ihre Meinung ist: In  % Stimmberechtigter 100 75

50

25 0 2001

2004

2007

2010

n  Die Krankenkassen sollen frei sein, mit welchen Ärzten/Ärztinnen sie Verträge abschliessen wollen n  Weiss nicht/keine Antwort n  Die Krankenkassen sollen weiterhin mit allen zugelassenen Ärzten/Ärztinnen Verträge abschliessen Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

neuer Medikamente (– 4 Prozentpunkte) ausgeben. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Bereitschaft zu Mehrausgaben im Vergleich zu den Vorjahren in allen Bereichen zurückgegangen ist.

Die Befunde

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infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 124

74 | Verteilung der Finanzen «Nehmen wir an, Sie könnten im Gesundheitswesen selbst über die Verteilung der Finanzen entscheiden. Allerdings müssten Sie dabei mit den vorhandenen Mitteln auskommen. Wo würden Sie weniger, wo etwa gleich viel wie heute, wo mehr einsetzen? Wenn Sie einen der folgenden Bereiche nicht kennen, sagen Sie mir das bitte.» In  % Stimmberechtigter (Sortiert nach «weniger»)

Verwaltung der Krankenkassen

Apotheken

Spezialärzte

Allgemeine Ärzte

Suchtprävention

Privatspitäler

Medikamente

Leistungsangebot der Krankenkassen

Medikamentenforschung

Bereich Psychotherapie

Naturheilärzte/alternative Medizin

Intensivmedizin

Spitex

Öffentliche Spitäler 0%

20%

n  Eher weniger n  Gleich viel wie bisher

40%

60%

n  Weiss nicht / keine Antwort n  Eher mehr

80%

100%

n  Kenne ich nicht

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = 1200)

92

Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 125

3.6.6

Zwischenbilanz

– Die grosse Mehrheit der Stimmberechtigten geht auch 2010 davon aus, dass die Kosten des Gesundheitswesens weiterhin ansteigen werden. Analog wird ebenfalls grossmehrheitlich davon ausgegangen, dass auch die Krankenkassenprämien weiter steigen werden. – Am häufigsten werden Verwaltungskosten und fehlende Effizienz als Ursachen der stetig steigenden Krankenkassenprämien vermutet. Stärker als in den vergangenen Jahren wird auch die Pharmaindustrie in die Verantwortung genommen. Die Krankenkassen selbst sind 2010 nicht wie noch 2009 die meistgenannten Sündeböcke. – Die Verantwortung für Kosten dämpfende Massnahmen im Gesundheits­ wesen wird von den BürgerInnen am ehesten beim Bund und in abnehmenden Mass auch bei den Krankenversicherern geortet. – Einschränkungen der Therapiefreiheit als Massnahme zur Reduktion der Kosten im Gesundheitswesen werden von einer Mehrheit der Stimm­ berechtigten bedingt, d.h. je nach Höhe der Einsparung, akzeptiert. Einschränkungen der freien Arzt- sowie der freien Spitalwahl sind – ebenfalls in Abhängigkeit vom Sparpotenzial – für 47 bzw. 49 Prozent der Befragten denkbar. Nicht mehrheitsfähig sind Kürzungen des Leistungs­ katalogs sowie Einschränkungen des Zugangs zu neuen Medikamenten und Behandlungsmethoden. – Knapp drei Viertel der Befragten sprechen sich dafür aus, dass die Krankenkassen weiterhin mit allen zugelassenen Ärztinnen und Ärzten Verträge abschliessen müssen. Das ist ein neuer Höchstwert, vor zwei Jahren war nur rund jeder zweite Befragte dieser Meinung. – Sparpotenzial sehen die Stimmberechtigten vor allem bei den Verwaltungskosten der Krankenkassen und den Apotheken. Mehr Mittel als bisher wünscht man sich für die Spitex-Dienste und die Alternativmedizin. Die Bereitschaft für Mehrausgaben ist aber grundsätzlich in allen abgefragten Bereichen des Gesundheitswesens zurückgegangen.

Die Befunde

93


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 126

3.7

Die Beurteilung des Arzneimittelmarktes

3.7.1 Die Beurteilung der Medikamentenpreise Die Preise, die man in der Schweiz für Medikamente bezahlen muss, werden fast einhellig als zu hoch empfunden. Mit 86 Prozent der Stimmberechtigten ist der Anteil jener, die finden, dass man zu viel bezahlt, praktisch gleich hoch wie im Vorjahr und liegt genau im langjährigen Mittel. Als angemessen beurteilt werden die Arzneimittelpreise von lediglich 12 Prozent der Befragten. (Grafik 75) Die kontinuierlich weit verbreitete Wahrnehmung, dass die Medikamentenpreise in der Schweiz zu hoch seien, spiegelt sich in einer etwas verstärkten Kostensensibilität in Bezug auf die Medikamente wider: 21 Prozent der Stimmberechtigten sind aktuell der Ansicht, dass der Arzt bzw. die Ärztin beim Verschreiben von Medikamenten ökonomische Überlegungen anstellen sollte und vor allem darauf achten sollte, dass die verschriebene Medizin nicht zu teuer ist. Jeder fünfte Stimmberechtigte stellt somit die Kostenoptimierung vor die Nutzenmaximierung, das sind so viele wie noch nie seit Beginn dieser Messreihe. Weiter abgenommen hat dementsprechend die Anzahl Personen, die die differenzierte Ansicht vertreten, das von Fall zu Fall abgewogen werden sollte, ob nun ein günstigeres Medikament zur Anwendung gelangen könnte oder man doch lieber das geeignetste Medikament einsetzen will. Dachte vor acht Jahren mit 45 Prozent noch eine relative Mehrheit so, ist es heute mit 16 Prozent eine klare Minderheit. Im Jahresvergleich ebenfalls etwas abgenommen hat der Anteil Personen, die erwarten, dass der Arzt in jedem Fall das medizinisch geeignetste Medikament verschreibt und so, ohne auf die Kosten zu achten, alles medizinisch Mögliche zum Wohle der Patienten unternimmt. Dennoch bilden die so denkenden NutzenmaximiererInnen nach wie vor die grosse Mehrheit (61%). Betrachtet man die langfristige Entwicklung, kann sogar festgehalten werden, dass das Primat der Nutzenmaximierung bei der Medikamentenversorgung stark im Trend liegt. (Grafik 76) Obschon also die Ansicht, dass die Medikamentenpreise in der Schweiz zu hoch seien, weit verbreitet ist, tritt nur eine im Vergleich zu den Vorjahren deutlich geschrumpfte Minderheit von 28 Prozent der Stimmberechtigten dafür ein, dass gesetzliche Vorschriften mit fixierten Maximalpreisen erlassen werden sollten. Die klare Mehrheit von derzeit 69 Prozent ist der Meinung, dass die Krankenkassen mit den Arzneimittelherstellenden über die Medikamentenpreise verhandeln sollten, um so die Kostenentwicklung zu bremsen. Darin spiegelt sich die Erwartung, dass die Leistungserbringer vermehrt dem Markt ausgesetzt werden sollten. (Grafik 77) 94

Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 127

75 | Haltung zu Medikamentenpreisen «Wie sind die Medikamentenpreise in der Schweiz Ihrer Meinung nach alles in allem?» In  % Stimmberechtigter

100 75

50

25 0 1997

2004

2010

n  Angemessen    n  Weiss nicht / keine Antwort    n  Zu hoch Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

76 | Haltung zur Medikamentenabgabe «Für die meisten Beschwerden gibt es eine Auswahl von mehreren Medikamenten zur Behandlung. Wenn Sie zum Arzt gehen, sollte dieser dann in jedem Fall das medizinisch geeignetste Medikament verschreiben, ohne auf die Kosten zu achten, sollte er vor allem darauf achten, dass die Medikamente, die er verschreibt, nicht zu teuer sind, oder sollte er in jedem Fall die beiden Punkte abwägen?» In  % Stimmberechtigter 100 75

50

25 0 2001 n  Weiss nicht / keine Antwort n  Nicht zu teure Medikamente

2004

2007

2010

n  In jedem Fall abwägen n  Das geeignetste Medikament

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

Die Befunde

95


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 128

3.7.2 Die Beurteilung der Legitimität von Gewinnen beim Handel mit Arzneimitteln Am Handel mit Medikamenten verdienen sollen nach Ansicht von acht von zehn Befragten die Hersteller von Arzneimitteln (82%, +12 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr). Erstmals seit 2006 sind damit mehr Befragte der Meinung, dass die Produzenten berechtigter sind, mit ihren Produkten Gewinne zu generieren, als die Apotheken, welche in den Augen von 73 Prozent der Befragten am Medikamentenhandel verdienen sollten (– 5 Prozentpunkte). Stark zugenommen hat mit einem Zuwachs um 18 Prozentpunkte zudem auch die Akzeptanz von Gewinnen bei den Pharmagrossisten. Ihnen wird erstmals seit 2002 wieder von einer klaren Mehrheit (67%) der Stimmberechtigten die Legitimität zu Verdienst am Verkauf von Medikamenten zuerkannt. (Grafik 78) Nur minderheitlich akzeptiert wird hingegen weiterhin, dass die Ärzte und Ärztinnen (43%) sowie die Medikamentenversender (40%) an der Medikamentenabgabe verdienen. Allerdings hat die Akzeptanz von Gewinnen bei den Medikamentenversendern in Vergleich zu den Vorjahren stark zugenommen. Der Grund für die nach wie vor hohe, aber leicht zurückgegangene Akzeptanz der Apotheken als am Medikamentenhandel Verdienender, dürfte einerseits in der nach wie vor flächendeckend von 95 Prozent der Befragten geteilten Meinung zu finden sein, dass die Beratung in den Apotheken nützlich ist und den Gang zum Arzt oder zur Ärztin ersparen kann. Anderseits sind zwei von drei Befragten und damit so viele wie noch nie in den letzten Jahren auch der Meinung, dass die Apotheken eigentlich nur zusätzliche Zwischenhändler sind, welche zu einer unnötigen Verteuerung der Medikamente beitragen. Einen Höchststand erreicht mit 78 Prozent Unterstützung auch die Kritik am direkten Verkauf von Medikamenten durch die Ärzte und Ärztinnen. Nach einem schwachen Rückgang dieser Kritik im vergangenen Jahr sind nun ebenfalls so viele wie noch nie der Meinung, dass, solange die Ärzteschaft vom Medikamentenverkauf profitiert, sie daran interessiert ist, möglichst teure Medikamente zu verkaufen. Genau die Hälfte der Befragten und damit exakt gleich viel wie im letzten Jahr unterstützt hingegen das von Medikamentenherstellern oft vorgebrachte Argument, dass hohe Medikamentenpreise dann gerechtfertigt sind, wenn ein Grossteil der Einnahmen wieder in die Erforschung und die Entwicklung von besseren Heilmitteln investiert wird. (Grafik 79)

96

Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 129

77 | Haltung zu Verhandlungen über Medikamentenpreise «Sie sehen hier zwei Meinungen zu Medikamentenpreisen. Welcher würden Sie eher zustimmen?» In  % Stimmberechtigter 100 75

50

25 0 2004

2001

2007

2010

n  Medikamente sind zum Teil lebenswichtig und sollten deswegen durch gesetzliche Höchstpreise geregelt sein. n  weiss nicht / keine Antwort n  Die Krankenkassen sollten mit Medikamentenherstellern über den Preis der Medikamente   verhandeln können, um so Kosten zu senken Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

78 | Haltung zum Verdienst an Medikamenten «Wer sollte Ihrer Meinung nach an Medikamenten verdienen, und wer nicht? Wenn Sie eine Gruppe nicht kennen, sagen Sie mir das bitte.» («Sollte verdienen») In  % Stimmberechtigter 100 80 60 40 20 0

2001

2002

2003

n  Hersteller von Pharmaprodukten n  ApothekerInnen n  Pharmagrossisten

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

n  ÄrztInnen n  Medikamentenversender (per Post)

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

Die Befunde

97


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 130

79 | Argumente zum Verdienst an Medikamenten «Ich nenne Ihnen jetzt verschiedene Argumente zur Frage, wer an Medikamenten verdienen soll. Sagen Sie bitte jeweils, ob Sie mit dem Argument voll, eher, eher nicht oder überhaupt nicht einverstanden sind.» In  % Stimmberechtigter (voll und eher einverstanden) 100 80 60 40 20

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

n  «Die Beratungen in den Apotheken sind nützlich, weil man nicht für sämtliche Beschwerden zum Arzt gehen muss.» n  «Hohe Preise für Medikamente sind gerechtfertigt, wenn ein grosser Teil der Einnahmen wieder in die Erforschung besserer Heilmittel fliesst.» n  «Solange ÄrztInnen vom Medikamentenverkauf profitieren, sind Sie daran interessiert, möglichst teure Medikamente zu verschreiben.» n  «Die Apotheken sind nur zusätzliche Zwischenhändler, welche eine Verteuerung von Medikamenten bringen.» Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

80 | Bezug Medikamente «Was kommt für Sie infrage und was nicht, wenn Sie Medikamente beziehen müssten, die Ihnen der Arzt verschrieben hat? Wie ist das beim Bezug der Medikamente über …?» In  % Stimmberechtigter (kommt infrage) 100 80 60 40 20 0

2001

n  Apotheken n  Arzt/Ärztin

2002

2003

2004

2005

2006

n  Drogerien n  Postversand

2007

2008

2009

2010

n  I nternet n  N ormale Einkaufsläden

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

98

Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 131

81 | Medikamentenkauf Ausland oder Schweiz «Wenn Sie die Auswahl hätten, würden Sie dann Ihre Medikamente eher im Ausland oder eher in der Schweiz kaufen?» In  % Stimmberechtigter 100 75

50

25 0 1997

2000

2002

2004

2006

2008

2010

n  Im Ausland    n  Weiss nicht / keine Antwort    n  In der Schweiz Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

82 | Haltung Original / Generika «Wenn Sie die Auswahl haben, würden Sie eher das Originalmedikament oder eher Nachahmer­ produkte, sogenannte Generika, kaufen?» In  % Stimmberechtigter

100 75

50

25 0 2000

2002

2004

2006

2008

2010

n  Originalmedikament    n  Weiss nicht / keine Antwort    n  Generika Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

Die Befunde

99


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 132

3.7.3 Die Beurteilung der Bezugsquellen von Arzneimitteln Die Schweizer Stimmberechtigten beziehen ihre Medikamente traditionellerweise am liebsten beim Spezialisten. 93 Prozent können sich vorstellen, ihre ärztlich verschriebenen Heilmittel in Apotheken zu kaufen. Für eine Mehrheit der Befragten kommt ebenfalls der Bezug direkt beim Arzt oder bei der Ärztin (83%) oder den Drogerien (63%) infrage. (Grafik 80) Nur Minderheiten vertrauen beim Medikamenteneinkauf auf Versandhändler (25%) oder im Internet operierende Anbieter (28%). Trotz heute weit verbreitetem Zugang zum Internet und zunehmender Gewöhnung an die Onlinebestellung von Gütern und Dienstleistungen (zum Beispiel im Buch- und im Reisemarkt), bleibt also der Onlinemedikamentenbezug konstant nur für rund einen Viertel der BürgerInnen eine Option. Dies, obwohl viele Medikamente über diese Quellen wohl günstiger als bei den Apotheken zu haben wären. Für nur knapp jede fünfte Person (18%) kommt der Einkauf von Medikamenten in «normalen» Geschäften, wie zum Beispiel Warenhäusern, infrage. Mehrheitlich Bedenken haben die Stimmberechtigten gegenüber dem Kauf von Medikamenten im Ausland. Die freie Wahl vorausgesetzt, ziehen 8 von 10 Personen den Bezug der Medikamente im Inland einem Kauf im Ausland vor. Damit setzt sich die seit den 90er-Jahren beobachtete Entwicklung zu immer weiter verbreiteter Bevorzugung nationaler Medikamenteanbieter weiter fort. (Grafik 81) Als weiterhin konstant erweisen sich die Verhältnisse in Bezug auf die Wahl zwischen Originalpräparat und Generikum. Rund drei Viertel der Stimmberechtigten ziehen, wohl aus Kostengründen, das Nachahmerprodukt dem Original vor. Der Markt für Generika scheint damit vorderhand gesättigt. (Grafik 82)

100

Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 133

3.7.4

Zwischenbilanz

– Die Schweizer Medikamentenpreise werden weiterhin von den allermeisten Befragten als zu hoch beurteilt. Dessen ungeachtet bevorzugt die Mehrheit den Arzneimitteleinkauf in der Schweiz dem Einkauf im Ausland. – Nach Ansicht der Mehrheit der Befragten soll ohne Rücksichtnahme auf die Kosten immer das medizinisch geeignetste Medikament verschrieben werden. Dennoch ist eine leicht verstärkte Kostensensibilisierung zu beobachten: Diejenigen, die der Meinung sind, dass man beim Verschreiben eines Medikamentes auch darauf achten sollte, dass es nicht zu teuer ist, sind mit einem Anteil von einem Fünftel so zahlreich wie noch nie. – Am Handel mit Medikamenten verdienen sollen nach mehrheitlicher Ansicht die Hersteller, die Apotheken und die Grossisten. – Nach Ansicht einer im Jahresvergleich deutlich gewachsenen Mehrheit motiviert der Verkauf von Medikamenten durch die Ärzte und Ärztinnen diese dazu, möglichst teure Medikamente zu verschreiben. Ebenfalls deutlich angewachsen und klar mehrheitlich ist der Anteil Stimmberechtigter, der überzeugt ist, dass die Apotheken nur zusätzliche Zwischenhändler darstellen, welche die Medikamente unnötig verteuern. Trotzdem wird das Beratungsangebot der Apotheken praktisch einstimmig als nützlich beurteilt. – Drei Viertel der Befragten ziehen bei freier Auswahl das Generikum dem Originalmedikament vor. Dieser Wert ist nach einem langen stetigen Anstieg seit drei Jahren stabil.

Die Befunde

101


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 134

3.8

Die Beurteilung der Akteure im Gesundheitswesen, insbesondere der chemisch-pharmazeutischen Branche

3.8.1

Die Beurteilung der Kompetenz und der sozialen Verantwortung der Akteure im Gesundheitswesen Die glaubwürdigsten Akteure im Gesundheitswesen sind 2010 erstmals die Apotheken. Sie schneiden bei der Kompetenz- und Verantwortungszuschreibung mit jeweils durchschnittlich 7.6 Punkten (von maximal 10 möglichen Punkten) in beiden Bereichen am besten ab. Sie lösen damit die Ärzte und Ärztinnen als bisherige Spitzenreiter ab, die mit 7.4 bzw. 7.3 Punkten nun in beiden Bereichen auf dem zweiten Rang zu liegen kommen. Im Vergleich zum Vorjahr haben mit Ausnahme des Bundesrates alle Akteure mehr oder weniger stark sowohl an Kompetenz- wie auch an Verantwortungszuschreibung verloren. Bei den Apotheken fällt dieser Rückgang mit – 0.3 Punkte bei der Kompetenz- und mit – 0.2 Punkten bei der Verantwortungszuschreibung eher klein aus. Nicht so bei der Ärzteschaft, die bei der Kompetenz 0.6 und bei der sozialen Verantwortung 0.9 Punkte verliert und somit den Rangtausch mit den Apotheken bewirkt. Mit einem Wert von 7.2 Punkten (– 0.4) belegt die Pharmaindustrie bei der Kompetenzzuschreibung den dritten Rang, dahinter folgen mit 7.0 Punkten (+0.2) der Bundesrat noch vor den PatientInnenorganisationen (6.8 Punkte, – 0.3) und die mit Gesundheitsfragen beschäftigten Bundesämter mit ebenfalls 6.8 Punkten (– 0.3). Für deutlich weniger kompetent und auch weniger kompetent als noch im letzten Jahr beurteilt man die WissenschaftlerInnen und ExpertInnen (6.3 Punkte, – 0.8), die Krankenkassen (6.2 Punkte, – 0.9), die KonsumentInnenorganisationen (6.1 Punkte, – 0.5) sowie die GesundheitspolitikerInnen (6.0 Punkte, – 0.5). Von den befragten Stimmberechtigten bei der Kompetenzeinschätzung regelmässig mit einigem Abstand auf den letzten Platz gesetzt werden die BürgerInnen selbst («Leute wie Sie und ich», 5.2 Punkte, – 0.3). Das deutet auf eine erhebliche Überforderung der Stimmberechtigten in Fragen des Gesundheitswesens hin, denn in anderen Bereichen – beispielsweise der Steuerpolitik – stufen sich die BürgerInnen sonst vor allen andern Gruppen als besonders kompetent ein. (Grafik 83, 84) Bei der Beurteilung der sozialen Verantwortung hat sich die chemisch-pharmazeutische Industrie mit einer Abnahme von 0.4 Punkten zwar etwas verschlechtert, kommt aber mit aktuell 6.7 Punkten wegen der generell tieferen Bewertung

102

Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 135

83 | Kompetenz der Akteure im Gesundheitswesen «Verschiedene Gruppen nehmen in der Öffentlichkeit Stellung, wenn es um Fragen der Gesundheitspolitik geht. Wir möchten gerne wissen, was Sie über diese denken. Sagen Sie mir bitte anhand dieser Skala, wie hoch Sie in Fragen des Gesundheitswesens die Kompetenz bei den nachfolgenden Organisationen einschätzen. 0 bedeutet keine Kompetenz, 10 bedeutet ‹hohe Kompetenz›. Mit den Werten dazwischen können Sie Ihre Meinung abstufen. Wenn Sie eine der folgenden Organisationen nicht kennen, sagen Sie mir das bitte.» Mittelwerte ApothekerInnen ÄrztInnen Pharmaindustrie Bundesrat PatientInnenorganisationen Bundesämter WissenschaftlerInnen, ExpertInnen Krankenkassen KonsumentInnenorganisationen GesundheitspolitikerInnen Leute wie Sie und ich 0

1

2

3

4

5

6

7

8

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = 1220)

84 | Kompetenz der Pharmaindustrie «Sagen Sie mir bitte anhand dieser Skala, wie hoch Sie in Fragen des Gesundheitswesens die Kompetenz bei den nachfolgenden Organisationen einschätzen. 0 bedeutet keine Kompetenz, 10 bedeutet hohe Kompetenz. Mit den Werten dazwischen können Sie ihre Meinung abstufen. Wenn Sie eine der nachfolgenden Organisationen nicht kennen, sagen Sie mir das bitte.» Mittelwerte

6 4 2 0

1997

2000

2002

2004

2006

2008

2010

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

Die Befunde

103


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 136

fast aller Akteure des Gesundheitswesens wie bisher im Mittelfeld zu liegen. Als hinter den Spitzenreitern Apotheken und Ärzteschaft am ehesten sozial verantwortlich handelnd gilt 2010 mit 7.1 Punkten (gegenüber 2009 unverändert) der Bundesrat. Dahinter folgen die PatientInnenorganisationen (6.9 Punkte, – 0.2) und die Bundesämter (6.7 Punkte, – 0.6) gleichauf mit der Pharmaindustrie. Das untere Ende der Rangliste nehmen die Krankenkassen (6.2 Punkte, – 1.0), die KonsumentInnenorganisationen (6.2 Punkte, – 0.5), die GesundheitspolitikerInnen (6.0 Punkte, – 0.8) und die WissenschaftlerInnen/ExpertInnen (5.8 Punkte, – 1.1) ein. (Grafik 85, 86) Zu den grössten Verlierern sowohl bei der Kompetenz- wie auch bei der Verantwortungszuschreibung gehören die WissenschaftlerInnen/ExpertInnen und die Krankenkassen. Bei Ersteren dürfte das eine Reaktion auf die Schweinegrippendiskussion im Berichtszeitraum sein. Das erkennt man auch daran, dass die Bundesämter (gemeint ist in diesem Zusammenhang vor allem das BAG) erstmals seit Längerem wieder schlechtere Werte erhalten haben. Klarer Gewinner ist 2010 der Bundesrat, eine mögliche Erklärung hierfür ist der Wechsel von Gesundheitsminister Couchepin zu Gesundheitsminister Burkhalter im November 2009.

104

Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 137

85 | Soziale Verantwortung der Akteure im Gesundheitswesen «Sagen Sie mir bitte anhand dieser Skala zu den nachfolgenden Organisationen, wie Sie die soziale Verantwortung einschätzen. 0 bedeutet keine soziale Verantwortung, 10 bedeutet hohe soziale Verantwortung. Mit den Werten dazwischen können Sie Ihre Meinung abstufen. Wenn Sie eine der folgenden Organisationen nicht kennen, sagen Sie mir das bitte.» Mittelwerte ApothekerInnen ÄrztInnen Bundesrat PatientInnenorganisationen Bundesämter Pharmaindustrie KonsumentInnenorganisationen Krankenkassen GesundheitspolitikerInnen WissenschaftlerInnen, ExpertInnen 0

1

2

3

4

5

6

7

8

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = 1200)

86 | Soziale Verantwortung der Pharmaindustrie «Sagen Sie mir bitte anhand dieser Skala zu den nachfolgenden Organisationen, wie Sie die soziale Verantwortung einschätzen. 0 bedeutet keine soziale Verantwortung, 10 bedeutet hohe soziale Verantwortung. Mit den Werten dazwischen können Sie Ihre Meinung abstufen. Wenn Sie eine der folgenden Organisationen nicht kennen, sagen Sie mir das bitte.» Mittelwerte

8 6 4 2 0

1997

2000

2002

2004

2006

2008

2010

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = jeweils ca. 1000, ab 2003 = jeweils ca. 1200)

Die Befunde

105


infosantĂŠsuisse : dossier sondage santĂŠ 1/2011 138

3.8.2

Die Beurteilung der volkswirtschaftlichen Bedeutung der chemisch-pharmazeutischen Branche Die volkswirtschaftliche Bedeutung der chemisch-pharmazeutischen Branche wird fast einstimmig anerkannt. Konstante 92 Prozent der Stimmberechtigten messen den Arzneimittelherstellern einen bedeutenden Einfluss auf die Wirtschaftskraft der Schweiz zu. Im Branchenvergleich der volkswirtschaftlichen Bedeutung kommt die Pharmaindustrie damit im Urteil der Stimmberechtigten auf den dritten Rang zu liegen, knapp hinter den Banken und der Energiewirtschaft, die erstmals so hoch eingestuft wird. (Grafik 87, 88)

106

Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 139

87 | Bedeutung der Branchen «Wie stark ist Ihrer Meinung nach der Einfluss der folgenden Branchen auf die Wirtschaftskraft der Schweiz als Standort? Ist er sehr bedeutend, ziemlich bedeutend, es geht so, unbedeutend oder ganz unbedeutend?» In  % Stimmberechtigter

Energiewirtschaft

Banken

Versicherungen

Chemisch-pharmazeutische Industrie

Tourismus

Informatik und Telekommunikation

Baugewerbe

Maschinenindustrie

Nahrungsmittelhersteller

80 70 60 50 40

Landwirtschaft

30 20 10

0 Textilindustrie Nahrungsmittelher Medien Landwirtschaft Maschinenin Informatik Baug u

Medien

Textilindustrie 0%

20%

n  Sehr bedeutend n  Ziemlich bedeutend

40% n  Es geht so n  Unbedeutend

60%

80%

100%

n  Ganz unbedeutend n  Weiss nicht/keine Antwort

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = 1200)

Die Befunde

107


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 140

88 | Bedeutung der chemisch-pharmazeutischen Industrie «Wie stark ist Ihrer Meinung nach der Einfluss der chemisch-pharmazeutischen Industrie auf die Wirtschaftskraft der Schweiz als Standort? Ist er sehr bedeutend, ziemlich bedeutend, es geht so, unbedeutend oder ganz unbedeutend?» In  % Stimmberechtigter

100 75

50

25 0 1999

n  Weiss nicht / keine Antwort n  Ganz unbedeutend

2003

n  Unbedeutend n  Es geht so

2007

2010

n  Ziemlich bedeutend n  Sehr bedeutend

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

3.8.3 Das Image der chemisch-pharmazeutischen Industrie Die Schweizer Pharmaindustrie verfügt über ein seit Jahren positives Image, insbesondere die Leistungskomponenten werden grossmehrheitlich positiv beurteilt: 93 Prozent der Befragten anerkennen die wichtige Bedeutung der Pharmaindustrie in der Schweiz als Arbeitgeber und ebenfalls 93 Prozent stimmen der Aussage zu, dass die Pharmaindustrie wegen ihrer Exportorientierung wichtig für das Prosperieren der Schweizer Wirtschaft ist. Trotz der verbreiteten Klagen über zu hohe Medikamentenpreise sehen 82 Prozent der Stimmberechtigten ein, dass zur Finanzierung der Forschung hohe Gewinne für die Pharmaindustrie eine Notwendigkeit darstellen. Mit 78 Prozent ebenfalls recht verbreitet ist die Annahme, dass die chemisch-pharmazeutische Industrie im Ausland zum guten Image der Schweiz beiträgt. (Grafik 89)

108

Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 141

89 | Aussagen zur Pharmaindustrie «Hier sind einige allgemeine Aussagen zur Pharmaindustrie in der Schweiz. Sagen Sie mir bitte zu jeder Aussage, wie stark sie aufgrund von dem, was Sie wissen, für die Pharmaindustrie zutrifft.» In  % Stimmberechtigter (voll und eher zutreffend) 100 90 80 70 60 50 40 30 20

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

n  Die Pharmaindustrie ist eine wichtige Arbeitgeberin in der Schweiz. n  Die Pharmaindustrie ist über den Export ein Motor der schweizerischen Wirtschaft. n  Die Pharmaindustrie in der Schweiz geniesst einen guten professionellen Ruf im Ausland. n  Grosse Gewinne der Pharmaindustrie sind nötig, um die Forschung zu finanzieren. n  Die Pharmaindustrie interessiert sich für den Standort Schweiz. n  Die Pharmaindustrie in der Schweiz informiert transparent über die Tätigkeiten. Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

Weiter verbessert hat sich auch das Bild, welches man sich von der Branchenkommunikation macht. Mit 65 Prozent sind dieses Jahr so viele wie noch nie der Ansicht, dass die Pharmaindustrie in der Schweiz transparent über ihre Tätigkeiten informiert. Mehrheitlich wahrgenommen wird trotz Rückgang um 10 Prozentpunkte auch eine Verbundenheit der Pharmaindustrie mit ihrem Heimatmarkt Schweiz; so stimmen 59 Prozent der Stimmberechtigten der Aussage zu, dass sich die Medikamentenhersteller für den Standort Schweiz interessieren.

Die Befunde

109


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 142

90 | Aussagen zur pharmazeutischen Forschung «Wir haben hier einige Aussagen gesammelt, die man zur pharmazeutischen Forschung in der Schweiz hören kann. Sagen Sie mir bitte jeweils, ob diese aufgrund von dem, was Sie wissen, voll zutreffen, eher zutreffen, eher nicht zutreffen oder überhaupt nicht zutreffen.» In  % Stimmberechtigter (voll und eher zutreffend)

100 90 80 70 60 50 40

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

n  Der Beitrag der Forschung ist wichtig für die Qualität des Gesundheitswesens in der Schweiz. n  Die medizinische Forschung ist wichtig für die Lebensqualität in der Schweiz. n  Durch den Einsatz neuer Medikamente kann die Heilung beschleunigt werden. n  Durch den Einsatz neuer Medikamente können die Kosten für Spital und Arzt gesenkt werden. Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

3.8.4 Die Einstellungen gegenüber der pharmazeutischen Forschung Die allermeisten Stimmberechtigten sind auch gegenüber der pharmazeutischen Forschung konstant positiv eingestellt. Dass die Forschung einen wichtigen Beitrag zur Qualitätssicherung im Schweizer Gesundheitswesen leistet, wird von 95 Prozent der Befragten anerkannt. 91 Prozent sind überzeugt, dass die medizinische Forschung zur Lebensqualität in der Schweiz beiträgt. Ebenfalls grossmehrheitlich wird von 88 Prozent der Stimmberechtigten anerkannt, dass durch den Einsatz neuer Medikamente Therapien verbessert werden können und so die Heilung beschleunigt werden kann. Dass damit auch Kosten im Gesundheitswesen gesenkt werden können, wird zum dritten Mal nacheinander klar mehrheitlich anerkannt: 2010 zeigen sich 58 Prozent der Befragten mit dieser Aussage einverstanden. (Grafik 90)

110

Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 143

91 | Forderungen zur pharmazeutischen Forschung «Wir haben hier einige Forderungen gesammelt, die man immer wieder zur pharmazeutischen Forschung in der Schweiz hören kann. Sagen Sie mir bitte jeweils, ob Sie damit voll einverstanden, eher einverstanden, eher nicht einverstanden oder überhaupt nicht einverstanden sind.» In  % Stimmberechtigter (voll und eher einverstanden) 100 90 80 70 60 50 40

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

n  Vom medizinischen Fortschritt sollen weiterhin alle BewohnerInnen der Schweiz profitieren können. n  Solange es Krankheiten gibt, die man nicht heilen kann, muss man in die Pharmaforschung investieren. n  Die Schweiz braucht einen starken Pharma- und Forschungsstandort. n  Höhere Preise für Medikamente sind gerechtfertigt, wenn man mit der damit finanzierten Forschung den Patienten und Patientinnen besser helfen kann. Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = ab 2003 jeweils ca. 1200, vorher ca. 1000)

Flächendeckend wird mit 94 Prozent auch die Forderung unterstützt, dass, solange es Krankheiten gibt, die man nicht heilen kann, weiterhin in die Pharmaforschung investiert werden solle. Die dabei erreichten medizinischen Fortschritte sollten aber allen Menschen in der Schweiz zugute kommen. Diese gegen eine mögliche Zweiklassenmedizin gerichtete Forderung wird von 96 Prozent der Befragten und somit fast einstimmig unterstützt. Grossmehrheitlich ist man in der Schweiz mit 93 Prozent Zustimmenden auch der Meinung, die Schweiz brauche einen starken Pharma- und Forschungsstandort. Umstritten bleibt die von knapp der Hälfte der Stimmberechtigten (46%) unterstützte Argumentation, dass höhere Preise für Medikamente gerechtfertigt seien, wenn man mit der damit finanzierten Forschung den PatientInnen besser helfen kann. (Grafik 91)

Die Befunde

111


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 144

92 | Ansichten zur Krebsforschung «Im Zusammenhang mit der Krebsforschung gibt es verschiedene Ansichten. Sagen Sie mir im Folgenden, ob Sie mit der genannten Ansicht voll einverstanden, eher einverstanden, eher nicht einverstanden oder überhaupt nicht einverstanden sind.» «Die Krebsforschung verteuert das Gesundheitswesen unnötig.» In  % Stimmberechtigter 100 75

50

25 0 2006

2007

n  Überhaupt nicht einverstanden n  Eher nicht einverstanden

2008 n  Weiss nicht / keine Antwort

2009

2010

n  Eher einverstanden n  Voll einverstanden

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = jeweils ca. 1200)

93 | Ansichten zur Krebsforschung «Im Zusammenhang mit der Krebsforschung gibt es verschiedene Ansichten. Sagen Sie mir im Folgenden, ob Sie mit der genannten Ansicht voll einverstanden, eher einverstanden, eher nicht einverstanden oder überhaupt nicht einverstanden sind.» «Die Medikamente aus der Krebsforschung müssen allen Menschen in der Schweiz unabhängig von ihrem Einkommen zugänglich sein.» In  % Stimmberechtigter 100 75

50

25 0 2006

2007

n  Überhaupt nicht einverstanden n  Eher nicht einverstanden

2008 n  Weiss nicht / keine Antwort

2009

2010

n  Eher einverstanden n  Voll einverstanden

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = jeweils ca. 1200)

112

Die Befunde


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 145

Zwar sind die Stimmberechtigten, wie oben dargelegt, zum grössten Teil der Meinung, dass, solange unheilbare Krankheiten existieren, in die Erforschung von entsprechenden Therapien investiert werden sollte. Beim Spezialfall der Krebstherapieforschung findet sich aber eine nicht unbedeutende Minderheit von 30 Prozent, die der Meinung ist, dass die Krebsforschung das Gesundheitswesen in der Schweiz unnötig verteuert. Dieser Anteil Stimmberechtigter ist jedoch seit zwei Jahren rückläufig. Unbestritten bleibt die Ansicht, dass die Medikamente zur Krebsbehandlung allen Menschen unabhängig von ihrem Einkommen zur Verfügung stehen müssen. Hier stimmen mit 93 Prozent fast alle Befragten zu. (Grafik 92, 93)

3.8.5. Zwischenbilanz – Erstmals werden 2010 die Apotheken als die glaubwürdigsten Akteure im Schweizer Gesundheitswesen beurteilt. Sie schneiden sowohl bei der Zuschreibung von Kompetenz wie auch von sozialer Verantwortung am besten ab. Auf dem zweiten Platz folgt in beiden Bereichen die bisher immer erstplatzierte Ärzteschaft. Die Pharmaindustrie rangiert wie bisher bei der Kompetenzwahrnehmung auf dem dritten Platz und bei der sozialen Verantwortung im Mittelfeld aller abgefragten Akteure. Sowohl bei der Kompetenz- wie auch bei der Verantwortungszuschreibung erleiden die Krankenkassen und die Experten im Jahresvergleich die grössten Verluste. – Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Pharmaindustrie wird fast ein­ stimmig anerkannt. Lediglich den Banken und neuerdings der Energiewirtschaft wird noch häufiger ein bedeutender Einfluss auf die Wirtschaftskraft der Schweiz attestiert. – Die Pharmaindustrie verfügt über ein gutes Leistungsimage. Immer mehr SchweizerInnen sind zudem der Meinung, dass die Branche transparent über ihre Tätigkeiten informiert. – Die allermeisten Stimmberechtigten sind auch gegenüber der pharma­ zeutischen Forschung konstant positiv eingestellt. Umstritten bleibt die Frage, ob höhere Preise für Medikamente gerechtfertigt sind, wenn man mit der damit finanzierten Forschung den PatientInnen besser helfen kann.

Die Befunde

113


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 146

Die Synthese

Während seiner diesjährigen Sommersession hat der Nationalrat mit seiner Zustimmung zur Managed-Care-Vorlage eine erste wichtige Weiche für die Weiterentwicklung des Schweizer Gesundheitswesens gestellt. Erklärtes Ziel dieser Gesundheitsreform ist die Dämpfung der bisher stetig ansteigenden Kosten der Gesundheitsversorgung. Stimmt im Herbst auch der Ständerat zu, sollen medizinische Behandlungen in der Schweiz ab 2012 im Rahmen von Managed Care durch Ärztenetzwerke erfolgen. Ab dann werden PatientInnen, die an der freien Arztwahl festhalten wollen, neu einen Selbstbehalt von 20 Prozent bezahlen. Nur für diejenigen, die sich in ein Ärztenetzwerk begeben, soll die bisherige Regelung von 10 Prozent weiterhin gelten. Während sich die Politik also vorerst über das weitere Vorgehen im Gesundheitswesen geeinigt hat, nehmen die Stimmberechtigten gegenüber dem Managed-Care-Modell noch eine ambivalente Haltung ein. Dies ist das Hauptergebnis der im Rahmen des Gesundheitsmonitors durchgeführten Befragung von Schweizer Stimmberechtigten zu Fragen des Gesundheitswesens, für die 2010 die Erhebung von Einstellungen und Informationsstand rund um Managed Care zum Schwerpunktthema gewählt wurde. Die Befragung fand im April und Mai 2010 und damit noch vor der Debatte und Abstimmung im Nationalrat statt und ist somit nicht von der entsprechenden Berichterstattung in den Medien beeinflusst. Laut den Ergebnissen ist ein knappes Drittel der Befragten derzeit bereit, sich in einem Managed-Care-Modell zu den gegenwärtig bekannten Konditionen versichern zu lassen. Damit sind die Erwartungen der Politik und die Handlungsbereitschaft einer Mehrheit der Stimmberechtigten nicht deckungsgleich. Ein Knackpunkt ist die vorgesehene Einschränkung der freien Arzt- und Spitalwahl: Der Gesundheitsmonitor verfügt über mehrere unterschiedliche Indikatoren zur Bestimmung der bevölkerungsseitigen Bereitschaft, hierbei Beschränkungen zu akzeptieren. Alle diese Indikatoren zeigen, dass es unter den Stimmberechtigten keine Mehrheiten für die eingeschränkte Arzt- und Spitalwahl gibt: So zeigen sich zum einen mehr als drei Viertel der Befragten nicht einverstanden mit der Forderung, dass wer weiterhin freie Arzt- und Spitalwahl haben will, zukünftig einen höheren Selbstbehalt bezahlen soll. Bei der allgemein gestellten Frage, ob man sich eher ein Gesundheitswesen wünsche, wo die PatientInnen frei wählen kön-

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Die Synthese


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nen, bei welchem Arzt oder Spital sie sich behandeln lassen, oder lieber eines, wo die Krankenkassen die Arzt- und Spitalwahl vorschreiben, votieren sogar annähernd neun von zehn Befragten mehr oder weniger dezidiert für die freie Wahl des Einzelnen. Auch bei der Frage, ob man bereit wäre, eine Einschränkung der freien Arzt- bzw. Spitalwahl zu akzeptieren, wenn dadurch die Kosten im Gesundheitswesen gesenkt werden könnten, zeigen sich nur Einzelne bedingungslos einverstanden, während die Hälfte die Teilnahme an solchen Kosten senkenden Massnahmen kategorisch ausschliesst. Allerdings zeigt das Antwortverhalten der Befragten bei dieser Frage auch, dass durchaus Verhandlungsspielraum besteht. So sind vier von zehn Befragten zumindest bereit, je nach Höhe der Kostensenkung, über Einschränkungen der freien Arzt- und Spitalwahl zu diskutieren. Dies und der ebenfalls aus der Befragung resultierende Befund, dass die Stimmberechtigten mehrheitlich anerkennen, dass Managed-Care-Modelle für die Dämpfung der anhaltenden Kostenexplosion im Gesundheitswesen von grosser Wichtigkeit sind, lässt erwarten, dass mit entsprechender Aufklärungs- und Informationsarbeit dereinst eine grössere Akzeptanz von Managed Care erzielt werden kann. Bei den BürgerInnen ist aber durchaus auch ein Bewusstsein für die Notwendigkeit von Kosten dämpfenden Massnahmen vorhanden. So zeigt der Befund im allgemeinen Teil des Gesundheitsmonitors, dass die Unterstützung eines gesteigerten Wettbewerbsdrucks auf die Leistungserbringer weiterhin von Jahr zu Jahr stetig zunimmt und sich mittlerweile drei Viertel der Befragten für ein Gesundheitswesen aussprechen, wo der Markt mehr regelt als der Staat. Erwartet wird, dass so ein Beitrag zur Kostenkontrolle geleistet werden kann. Das aus der Sicht der grossen Mehrheit der Bevölkerung ideale Gesundheitswesen soll weiterhin der Qualität und der Quantität des Angebots Priorität vor Kostenfragen einräumen. In diesem Sinne erfüllt das Schweizer Gesundheitswesen die Ansprüche der BürgerInnen: Die Beurteilung der allgemeinen Qualität des Gesundheitswesens verharrt auch 2010 auf dem sehr hohen Niveau von 96 Prozent der Befragten, die die Qualität als zumindest eher gut beurteilen. Bezüglich der Qualitäts- und Quantitätsmaximierung ohne Rücksicht auf die Kosten ist aber insofern auch Verunsicherung festzustellen, als dass sich so wenige wie noch nie kategorisch für die Qualitäts- und die Quantitätsmaximierung ohne Rücksicht auf die Kosten einsetzten. Trotz Kostenbewusstsein wird aber gleichzeitig auch der Tendenz, die Kosten durch eine Verstärkung der Eigenverantwortung der Versicherten kontrollieren zu wollen,

Die Synthese

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zunehmend widersprochen. In diese Richtung geht u.a. auch die Tatsache, dass die Bereitschaft, Medikamente zur Behandlung von Bagatellfällen selbst zu bezahlen, stark zurückgegangen ist und derzeit nur noch minderheitlich gegeben ist. Auch für andere Leistungen des Gesundheitswesens geht die Entwicklung eher in die Richtung, dass verstärkt gefordert wird, dass die Leistungen von der Grundversicherung statt von den Betroffenen selbst bezahlt werden sollten. Dies gilt insbesondere für Kosten, die in Zusammenhang mit Drogensucht, ungewollter Kinderlosigkeit und Schwangerschaftsverhütung anfallen. Eine Ausnahme vom generellen Ruf nach mehr Gemeinschaftsverantwortung betrifft Stressbeschwerden. Erstmals seit mehreren Jahren ist nur noch eine Minderheit der Befragten der Meinung, es sei Aufgabe der Krankenversicherung, dadurch anfallende Kosten zu tragen. Auf der generellen Ebene ist die Zufriedenheit mit dem heutigen Leistungskatalog aber nach wie vor hoch: Zwei Drittel der Stimmberechtigten sind für das Belassen der durch die Grundversicherung abgedeckten Leistungen auf dem heutigen Stand. Ein Fünftel und damit etwas mehr als im Vorjahr votiert im Einklang mit der beobachteten Tendenz zu mehr Gemeinschaftsverantwortung für einen Ausbau des Leistungskatalogs. In der französischsprachigen Schweiz sind mit einem Anteil von zwei Fünftel allerdings doppelt so viele für einen Ausbau wie im nationalen Durchschnitt. Die subjektiv empfundene finanzielle Belastung durch die Krankenkassenprämien bleibt sehr hoch, nach wie vor empfinden mehr als die Hälfte der Stimmberechtigten das Bezahlen der Prämienrechnungen als zumindest gelegentliches Problem. Es wird auch nicht erwartet, dass die Prämienbelastung in naher Zukunft abnehmen wird: Die grosse Mehrheit der Stimmberechtigten geht auch 2010 davon aus, dass die Gesundheitskosten und mit ihnen die Krankenkassenprämien weiterhin ansteigen werden. Als Ursachen der stetig steigenden Krankenkassenprämien werden dabei am häufigsten Bürokratie und fehlende Effizienz vermutet. Stärker als in vergangenen Jahren wird auch die Pharmaindustrie in die Verantwortung genommen, die Krankenkassen selbst hingegen sind nicht mehr wie noch im letzten Jahr die meistgenannten Sündenböcke. Sparpotenzial in Bezug auf einzelne Leistungsbereiche erkennen die Stimmberechtigten vor allem bei den Verwaltungskosten der Krankenversicherer und den Apotheken. Mehr Mittel als bisher wünscht man sich am ehesten bei den Spitex-Diensten und der Alternativmedizin, generell ist man aber bei den bereichsspezifischen Ausbauwünschen deutlich zurückhaltender geworden. Obwohl breite Bevölkerungsteile über die Belastung durch die Krankenkassenprämien klagen und kaum Hoffnung auf baldige Besserung der Situation besteht,

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Die Synthese


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werden die Auswirkungen des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) auf das Schweizer Gesundheitswesen mehrheitlich positiv beurteilt. Die Beurteilung des KVG ist somit in den letzten Jahren zwar etwas schwankend, in der langfristigen Entwicklung ist aber ein grundsätzlich positiver Trend festzustellen. Die Schweizer Medikamentenpreise werden weiterhin von den allermeisten Befragten als zu hoch beurteilt. Dem ungeachtet bevorzugt die Mehrheit den Arzneimitteleinkauf in der Schweiz vor dem Einkauf im Ausland. Nach Ansicht der Mehrheit der Befragten soll ohne Rücksichtnahme auf die Kosten immer das medizinisch geeignetste Medikament verschrieben werden. Dennoch ist eine leicht verstärkte Kostensensibilisierung zu beobachten: Diejenigen, die der Meinung sind, dass man beim Verschreiben eines Medikamentes auch auf den Preis achten sollte, sind mit einem Anteil von einem Fünftel so zahlreich wie noch nie. Eine im Jahresvergleich deutlich gewachsene Mehrheit ist der Meinung, dass der Verkauf von Medikamenten durch die Ärzte und Ärztinnen diese dazu motiviert, möglichst teure Medikamente zu verschreiben. Ebenfalls deutlich angewachsen und klar mehrheitlich ist der Anteil Stimmberechtigter, der überzeugt ist, dass die Apotheken nur zusätzliche Zwischenhändler darstellen, welche die Medikamente unnötig verteuern. Trotzdem wird das Beratungsangebot der Apotheken praktisch einstimmig als nützlich beurteilt. Erstmals werden 2010 die Apotheken zudem als die glaubwürdigsten Akteure im Schweizer Gesundheitswesen beurteilt. Sie schneiden sowohl bei der Zuschreibung von Kompetenz wie auch von sozialer Verantwortung am besten ab. Auf dem zweiten Platz folgt in beiden Bereichen die bisher immer erstplatzierte Ärzteschaft. Die Pharmaindustrie rangiert wie bisher bei der Kompetenzwahrnehmung auf dem dritten Platz, bei der sozialen Verantwortung im Mittelfeld aller abgefragten Akteure. Sowohl bei der Kompetenz- wie auch bei der Verantwortungszuschreibung erleiden die Krankenkassen und die Experten im Jahresvergleich die grössten Verluste. Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Pharmaindustrie wird fast einmütig gesehen; lediglich den Banken und neuerdings der Energiewirtschaft wird noch häufiger ein bedeutender Einfluss auf die Wirtschaftskraft der Schweiz attestiert. Die Pharmaindustrie verfügt auch über ein gutes Leistungsimage. Immer mehr SchweizerInnen sind zudem der Meinung, dass die Brache transparent über ihre Tätigkeiten informiert. Die allermeisten Stimmberechtigten sind auch gegenüber der pharmazeutischen Forschung konstant positiv eingestellt. Umstritten bleibt das wichtige Argument der Pharmaindustrie, dass höhere Preise für Medikamente gerechtfertigt seien, wenn man mit der damit finanzierten Forschung den PatientInnen besser helfen kann.

Die Synthese

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Der Anhang

A.1

Technischer Bericht zur aktuellen Befragung

Getragen wird der Gesundheitsmonitor seit Beginn von Interpharma, dem Verband der forschenden pharmazeutischen Firmen in der Schweiz, und dem Forschungsinstitut gfs.bern. Für die Konzeption und die Publikation des Monitors zeichnen beide Partner gemeinsam verantwortlich, die Durchführung und die Auswertung obliegen dem Forschungsinstitut gfs.bern. Interpharma bewilligt dabei vorgängig das Forschungskonzept und den Schlussbericht. Die Ergebnisse wurden vorgängig der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. A.1.1

Der Fragebogen

Das generelle Erkenntnisinteresse des Gesundheitsmonitors besteht in der Beobachtung des Meinungswandels, wenn ein Politikbereich wie jener des Gesundheitswesens von einer starken Reglementierung hin zu einer Liberalisierung übergeht. Es interessiert die Einstellungs- und Verhaltensänderungen der BürgerInnen der Schweiz einerseits, weil sie hier eine kollektive Verantwortung für die Gesundheitspolitik mittragen, als Kunden anderseits, die sich in der reinen Form als Maximierer des eigenen Nutzens verhalten. Im Gegensatz zu anderen Befragungen, die fallweise gemacht werden, gehört es zu den Absichten des Gesundheitsmonitors, Informationen auf einer einheitlichen und konstant gehaltenen Grundlage zu ermitteln. Nur dies erlaubt es nämlich, Unterschiede zwischen und Veränderungen in Indikatoren inhaltlich interpretieren zu können. Wo es also keine schwerwiegenden Einwände an bisher verwendeten Formulierungen im Fragebogen gab, wurden diese belassen. Nur so können sinnvolle Zeitvergleiche garantiert werden. Eine Übersicht der Indikatoren findet sich im Anhang A.2. Wo im Laufe des letzten Jahres neue Themen aufkamen, wurde der Fragebogen mit zusätzlichen Fragen ergänzt.

Der Anhang

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A.1.2 Die Befragungsarbeit Die Ergebnisse der Befragung «Gesundheitsmonitor 2010» basieren auf einer repräsentativen Befragung von 1200 Stimmberechtigten ab 18 Jahren aus der ganzen Schweiz, welche mindestens einer der drei wichtigsten Landessprachen (Deutsch, Französisch, Italienisch) mächtig sind. Die Befragung wurde zwischen dem 7. April und dem 8. Mai 2010 durchgeführt. Die Befragung der Stimmberechtigten wurde mittels persönlicher Face-to-FaceInterviews realisiert. Die Interviews führten 35 ausgebildete BefragerInnen durch. Sie wurden vorgängig über Ziel und Ablauf der Befragung instruiert. Ein einzelner Interviewer durfte maximal 60 Interviews durchführen, womit der Interviewer­ einfluss möglichst minimiert wurde. Die mittlere Befragtenzahl pro InterviewerIn lag bei 35. Die effektive Nettodauer des Interviews betrug durchschnittlich 49.2 Minuten. Die standardisierte Abweichung von der mittleren Befragungslänge lag bei 7.3 Minuten. 82 Prozent der Interviews konnten in diesem Zeitintervall realisiert werden. Die von den BefragerInnen produzierten Angaben wurden nachträglich plausibilisiert und auf allfällige Einflüsse der InterviewerInnen untersucht. Die Qualität der gelieferten Arbeit war für die Entlöhnung relevant. Bei einer Stichprobe entscheiden zwei Faktoren über die Qualität der später gewonnenen Aussagen entscheidend mit: Auf der einen Seite definiert sich die Datenqualität über die Grösse des Stichprobenfehlers. Dieser Index weist die Irrtumswahrscheinlichkeit und die Irrtumsgrösse einer getroffenen statistischen Aussage aus. Einerseits geht man in der Umfrageforschung immer von einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 Prozent aus, d.h., bei jeder 20. Aussage kann es sich auch um einen Irrtum handeln. In allen anderen Fällen ist die Grösse des Irrtums abhängig von der Stichprobengrösse – je mehr realisierte Interviews, desto kleiner wird der mögliche Fehler. (Tabelle 1)

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Der Anhang


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Tabelle 1 Ausgewählter statistischer Stichprobenfehler nach Stichprobengrösse und Basisverteilung Stichprobengrösse

Fehlerquote Basisverteilung 50:50

N = 1200

2.9%

2.3%

N = 700

3.8%

3.0%

20:80

N = 200

7.0%

5.6%

N = 100

10.0%

8.1%

Lesebeispiel: Bei rund 1200 Befragten und einem ausgewiesenen Wert von 50 Prozent liegt der effektive Wert mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent zwischen 50 Prozent ±2.9 Prozentpunkte, bei einem Basiswert von 20 Prozent zwischen 20 Prozent ±2.3 Prozentpunkte. Um Fehlinterpretationen zu minimieren, nehmen wir keine Subgruppenanalysen in Fällen von N < 50 vor.

Das andere Element einer qualitativ hochstehenden Analyse ist die Gewährleistung von Repräsentativität. Repräsentativität bedeutet nichts anderes, als dass jede Person aus der Grundgesamtheit genau die gleichen Chance haben muss, an der Befragung teilnehmen zu können. Werden bei der Stichprobenziehung systematisch Gruppen ausgeschlossen, ist eine Befragung nicht repräsentativ. Wir gewährleisten die Repräsentativität in unseren Face-to-Face-Befragungen durch eine gemischte Zufallsquoten-Stichprobe: – Die Ortsauswahl geschieht aufgrund des jeweils aktuellen Ortsverzeichnisses des Bundesamtes für Statistik. Dabei werden die Ortschaften nach ihrer Einwohnerzahl gewichtet, sodass alle Individuen die gleiche Chance haben, befragt zu werden. Die konkrete Ortauswahl geschieht sprachregional geschichtet, sodass ein repräsentatives Abbild entlang der Sprachgrenzen gewährleistet ist. – Die Personenauswahl in den einmal ermittelten Befragungszentren erfolgt nach einem Quotenverfahren, welches repräsentative Vorgaben für Geschlecht und Alter macht (Geschlecht: möglichst 50:50; Alter: max. 35% zwischen 18 und 39 Jahren, maximal 45% zwischen 40 und 64 Jahren, minimal 20% ab 65 Jahre). – Die Ortschaften bzw. Befragungszentren werden von Befragung zu Befragung neu ausgewählt, sodass die Wahrscheinlichkeit konstanter Interviews bei der gleichen Person sehr gering ist. Diese Methode verhindert auch, dass BefragerInnen direkt an ihrem Wohnort bzw. in ihrem Bekanntenkreis die Interviews realisieren.

Der Anhang

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Die Kontrolle der Stichprobengenauigkeit ergibt keine wesentlichen Abweichungen von den vorgegebenen Quoten. (Tabelle 2) Tabelle 2 Übersicht der Zusammensetzung der Stichprobe nach kontrollierten Merkmalsgruppen Merkmal

Anteil in Spaltenprozenten

a) Sprache Deutschsprachige Schweiz

58

Französischsprachige Schweiz

25

Italienischsprachige Schweiz

17

b) Geschlecht Frauen

50

Männer

50

c) Alter Bis 29-Jährige

20

Bis 39-Jährige

18

Bis 49-Jährige

19

Bis 59-Jährige

17

Bis 69-Jährige

16

Bis 79-Jährige

10

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2010 (N = 1200)

Bis 2002 wurden im Rahmen des Gesundheitsmonitors nur Personen der deutschund der französischsprachigen Schweiz befragt, während jene der italienischsprachigen Schweiz aus praktischen Gründen weggelassen wurden. Dieser Mangel wurde ab 2003 behoben. Seither wurde diese Sprachregion sogar überpropor­ tional berücksichtigt, um in Spezialauswertungen sofort genügend Informationen zu haben. Deshalb erhöhte sich die Zahl der Befragungen von früher rund 1000 auf rund 1200. (Tabelle 3) Zwei Eigenheiten des Gesundheitsmonitors bleiben: Die Befragung repräsentiert nicht alle EinwohnerInnen. Es fehlen die Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren sowie die AusländerInnen. Der Hauptgrund hierfür ergibt sich aus der Zielsetzung des Gesundheitsmonitors: Er soll als Orientierungsinstrument für die politische Willensbildung dienen, weshalb er auf den Meinungen der Stimm- und Wahlberechtigten basiert.

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Der Anhang


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 155

Tabelle 3 Übersicht über die technischen Daten der Befragungsreihe Gesundheitsmonitor (1997 – 2010) Welle Datum

Grundgesamtheit

Befragungsart

Stichprobe

N=

1 2

25.8.–12.9.1997 1.2.–19.2.1999

Stimmberechtigte DCH/FCH Stimmberechtigte DCH/FCH

Persönlich (face to face) Persönlich (face to face)

Zufallsquotenverfahren für Orte und Personen Zufallsquotenverfahren für Orte und Personen

1012

3

17.7.–28.7.2000

Stimmberechtigte DCH/FCH

Persönlich (face to face)

Zufallsquotenverfahren für Orte und Personen

1002

4 5

16.7.–7.8.2001 7.7.–4.8.2002

Stimmberechtigte DCH/FCH Stimmberechtigte DCH/FCH

Persönlich (face to face) Persönlich (face to face)

Zufallsquotenverfahren für Orte und Personen Zufallsquotenverfahren für Orte und Personen

998

6

1.7.–18.7.2003

Stimmberechtigte ganze Schweiz

Persönlich (face to face)

Zufallsquotenverfahren für Orte und Personen, italienischsprachige Schweiz übergewichtet für Spezialanalysen, für Längsschnittanalyse zurückgewichtet

1234

7

28.6.–16.7.2004

Stimmberechtigte ganze Schweiz

Persönlich (face to face)

Zufallsquotenverfahren für Orte und Personen, italienischsprachige Schweiz übergewichtet für Spezialanalysen, für Längsschnittanalyse zurückgewichtet

1213

8

4.7.–27.7.2005

Stimmberechtigte ganze Schweiz

Persönlich (face to face)

Zufallsquotenverfahren für Orte und Personen, italienischsprachige Schweiz übergewichtet für Spezialanalysen, für Längsschnittanalyse zurückgewichtet

1229

9

3.7.–23.7.2006

Stimmberechtigte ganze Schweiz

Persönlich (face to face)

Zufallsquotenverfahren für Orte und Personen, italienischsprachige Schweiz übergewichtet für Spezialanalysen, für Längsschnittanalyse zurückgewichtet

1203

10

16.4.–6.5.2007

Stimmberechtigte ganze Schweiz

Persönlich (face to face)

Zufallsquotenverfahren für Orte und Personen, italienischsprachige Schweiz übergewichtet für Spezialanalysen, für Längsschnittanalyse zurückgewichtet

1228

11

20.4.–12.5.2008

Stimmberechtigte ganze Schweiz

Persönlich (face to face)

Zufallsquotenverfahren für Orte und Personen, italienischsprachige Schweiz übergewichtet für Spezialanalysen, für Längsschnittanalyse zurückgewichtet

1220

Der Anhang

1008

1014

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infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 156

12

20.4. – 8.5.2009

Stimmberechtigte ganze Schweiz

Persönlich (face to face)

Zufallsquotenverfahren für Orte und Personen, italienischsprachige Schweiz übergewichtet für Spezialanalysen, für Längsschnittanalyse zurückgewichtet

1208

13

7.4.2010 –  8.5.2010

Stimmberechtigte ganze Schweiz

Persönlich (face to face)

Zufallsquotenverfahren für Orte und Personen, italienischsprachige Schweiz übergewichtet für Spezialanalysen, für Längsschnittanalyse zurückgewichtet

1200

Konstant: Stimmberechtigte DCH/FCH

Konstant: persönlich (face-to-face)

Konstant: Zufallsquotenverfahren für Orte und Personen

Total 1997–2010

14 769

Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor

Aus dem gleichen Grund ist der Gesundheitsmonitor auch keine PatientInnenbefragung. Diese würde ein anderes Bild vermitteln, das für die Marktausrichtung von Leistungserbringern interessant wäre, wohl aber viel differenzierter erfasst werden müsste. Der Gesundheitsmonitor will dagegen einen Querschnitt zeigen aus gesunden und kranken Menschen, und zwar so, wie sich die Stimmberechtigten jeweils zusammensetzen, wenn sie die Möglichkeit haben mitzuentscheiden. A.1.3

Die Datenaufbereitung

Die Daten der Befragung wurden in einem einheitlichen Datenfile für das SPSSProgramm aufgearbeitet. Zuerst leisteten wir die univariate Datenanalyse, bei der vor allem Häufigkeiten in Form von Prozentwerten beschrieben wurden. Dabei galten die folgenden Grundsätze: Merkmalsgruppen wurden nur dann ausgewiesen, wenn sie einerseits mindestens 50 Befragte in der Stichprobe umfassten, anderseits die prozentuale Abweichung der Ergebnisse vom Mittel mindestens 4 Prozentpunkte betrug. Ist eines der beiden nicht der Fall, wurden keine Ergebnisse ausgewiesen. Bei Trendvergleichen, die als Veränderungen interpretiert wurden, wurden die gleichen Grundsätze angewandt. Nur wenn die Verschiebungen von der einen zur anderen Befragung mindestens 4 Prozentpunkte betrugen, wurde von einem Trend gesprochen. Zusammenhänge zwischen zwei Variablen, also zwischen Stimmabsicht und dem Geschlecht beispielsweise, werden mittels Korrelationen gemessen. Das normalerweise verwendete Mass ist der Koeffizient Cramers V. Der Vorteil dieser Mass-

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Der Anhang


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zahl ist, dass sie unabhängig vom Skalenniveau bei den Indikatoren verwendet werden kann. Damit bestimmen wir die Stärke des Zusammenhangs. Dieser ist umso mehr gegeben, je mehr Cramers V von null differiert. Davon unterscheiden wir die Frage, ob der in der Befragung gefundene und vermessene Zusammenhang auch auf die Grundgesamtheit verallgemeinert werden darf. Hierfür verwenden wir den üblichen Signifikanztest Chi2. Dieser sagt, mit welcher Sicherheit eine Verallgemeinerung auch auf nicht befragte Personen übertragen werden kann. In der Regel verwenden wir ein Sicherheitsmass von 95 Prozent. Gilt es, die Zusammenhänge zwischen mehr als zwei Variablen zu bestimmen, kommen multivariate Analysemethoden zum Einsatz. Sollen Befragte aufgrund ihrer Antwort zu einer Anzahl von Indikatoren klassiert werden, kommt die ClusterAnalyse zum Zug. Sie vergleicht zwei oder mehrere Gruppen von Befragten hinsichtlich ihrer Ähnlichkeit. Dabei ordnet sie jede befragte Person der vorbestimmten Zahl von Gruppen so zu, dass sich die Gruppen möglichst stark unterscheiden. Dabei werden nicht alle Indikatoren gleich stark gewichtet, wie dies bei einem Index der Fall ist. Vielmehr werden sie so gewichtet, dass sie zu einer optimalen Teilung der Bürgerschaft in die gewünschte Zahl von Gruppen beitragen. Die Erklärung von Zusammenhängen zwischen mehreren unabhängigen Variablen und einer abhängigen Variablen leistet die multivariate Regressionsanalyse. Diese basiert analog zu Korrelationen auf Koeffizienten, welche die Stärke des Zusammenhangs bestimmen. Der Unterschied zur Korrelationsrechnung besteht allerdings darin, dass die Regressionsanalyse nicht nur eine unabhängige Variable ausmisst, sondern eine beliebige Zahl von Variablen mit einbeziehen kann. Dies kommt komplexen Realitäten deutlich näher. Die Regressionsanalyse bestimmt auf diese Weise, welche der unabhängigen Variablen wie stark auf die abhängige Variable wirken, wenn man die Effekte der anderen unabhängigen Variablen mitberücksichtigt. Dabei stellt man auf den Beta-Koeffizienten ab. Dabei gibt es ebenfalls wie bei der Korrelationsrechnung auch Sicherheitsmasse, die angeben, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein in der Stichprobe gefundener Zusammenhang auch in der Grundgesamtheit gilt. Konkret handelt es sich auch hier um den Signifikanztest, der analog zur obigen Beschreibung funktioniert.

Der Anhang

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infosantĂŠsuisse : dossier sondage santĂŠ 1/2011 158


infosantésuisse : dossier sondage santé 1/2011 159

Das Team von gfs.bern Claude Longchamp Politikwissenschafter, Institutsleiter, Verwaltungsrat gfs.bern ag. Schwerpunkte: Abstimmungen, Wahlen, Parteien, politische Kultur, politische Kommunikation, Lobbying, öffentliche Meinung, Rassismus, Gesundheits- und Finanzpolitik. Matthias Bucher Sozialpsychologe, Projektleiter. Schwerpunkte: Einstellungsforschung, Gesellschaftsthemen, Abstimmungen, Wahlen, Ad-hoc-Studien, quantitative Methoden. Stephan Tschöpe Datenanalytiker/Programmierer. Schwerpunkte: komplexe Datenanalytik, EDV- und Befragungsprogrammierungen, Hochrechnungen, Parteienbarometer, Visualisierung. Andreas Stettler Datenanalytiker/Programmierer. Schwerpunkte: Web-Services, Web-Applikationen, Datenbanken, Datenanalyse, Visualisierung. Silvia-Maria Ratelband-Pally Administratorin. Schwerpunkte: Desktop-Publishing, Visualisierungen, Projektadministration, Vortragsadministration.

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Das Team


infosantĂŠsuisse : dossier sondage santĂŠ 1/2011 160

Interpharma Petersgraben 35, Postfach CH-4003 Basel Telefon +41 (0)61 264 34 00 Telefax +41 (0)61 264 34 01 info@interpharma.ch www.interpharma.ch


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