infosantésuisse Nr.01/2011 deutsch

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info santĂŠsuisse

Health Technology Assessment (HTA)

Das Magazin der Schweizer Krankenversicherer


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Man muss nicht bei null beginnen, wenn man in der Schweiz HTAs auf nationaler Ebene einführen will, sagt santésuisse-Direktor Stefan Kaufmann im Interview.

Heiner C. Bucher und seine Mitarbeiter am Basel Institut für klinische Epidemiologie und Biostatistik (CEB) erhalten regelmässig Aufträge für HTAs – aus dem Ausland.

Regierungsrat Carlo Conti hält nichts von der Einheitskasse. Bessere Ergebnisse bringen der regulierte Wettbewerb mit sozialen Leitplanken und Prämienverbilligungen.

Inhalt Im Fokus

4 Worum es geht – eine Einführung ins Thema Health Technology Assessment 6 HTA fördert die Behandlungsqualität, sagen Politiker, Wissenschaftler und Ökonomen 9 Zürich hat mit dem Medical Board den HTA-Stein ins Rollen gebracht 10 SwissHTA hat zum Ziel, die fehlenden HTA-Grundlagen zu erarbeiten 12 Das CEB in Basel forscht, publiziert und lehrt zur evidenzbasierten Medizin 12 Heiner C. Bucher: «HTA ist im ureigensten Interesse des aufgeklärten Konsumenten» 16 Wieviel ist ein Menschenleben wert? 17 Professor Gérard de Pourvouville zu HTA in Frankreich Rubriken

1 3 Punktlandung: Gesundheitspolitiker, die HTA sagen, sollten auch B sagen 15 Grafik des Monats: Qualität bedeutet nicht höhere Kosten 18 Drei Fragen an: Regierungsrat Carlo Conti zur Einheitskasse 19 Klipp&klar: Wegweisender Entscheid des Bundesgerichts zu Myozyme 20 Service: Lesetipps zu HTA 20 Service: Aus aller Welt 21 Bild des Monats: Langmut auf der Loipe

Nr. 1, märz 2011. Erscheint sechsmal jährlich Abonnementspreis Fr. 54.− pro Jahr, Einzelnummer Fr. 10.− Herausgeber und Administration santésuisse, Die Schweizer Krankenversicherer, Römerstrasse 20, Postfach, 4502 Solothurn Verantwortliche Redaktion Silvia Schütz, Abteilung Kommunikation, Postfach, 4502 Solothurn, Tel. 032 625 41 53, Fax 032 625 41 51, E-Mail: redaktion@santesuisse.ch Herstellung: Rub Graf-Lehmann, Murtenstrasse 40, 3001 Bern Gestaltungskonzept: Pomcany’s Layout: Henriette Lux Anzeigenverwaltung: Alle Inserate − auch Stelleninserate − sind zu richten an: «infosantésuisse», Römerstrasse 20, Postfach, 4502 Solothurn E-Mail: redaktion@santesuisse.ch Abonnementsverwaltung Tel. 032 625 42 74, Fax 032 625 41 51 Homepage: www.santesuisse.ch Titelbild: Heiner Grieder, Langenbruck ISSN 1660-7228


Die Zeit ist überreif für HTA Winterzeit gleich Hochsaison für Spitäler und Arztpraxen der Wintersportorte. Behandelt wird alles, vom Beinbruch über die ausgerenkte Schulter bis hin zum Kreuzbandriss. Dabei entscheidet der Arzt über die jeweilige Behandlung. Ginge es nach dem Medical Board, würde im Fall von Kreuzbandrissen nicht operiert, sondern eine Physiotherapie verschrieben. Mit dem Medical Board (S. 9) hat Zürich in einem Gebiet Pionierarbeit geleistet, das dringend auf die Agenda der nationalen Politik gehört: HTA – Health Technology Assessment. Darunter wird die systematische, wissenschaftliche Bewertung von medizinischen Leistungen auf Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit verstanden – unter Einbezug von moralischen und gesellschaftlichen Überlegungen (S. 4). Sinn machen HTAs nur, wenn sie methodisch fundiert, unabhängig und transparent sind. Dafür müssen sie auf nationaler Ebene eingeführt werden und ihre Ergebnisse müssen zur verbindlichen Grundlage von Entscheidungen im Gesundheitswesen werden (S. 10). Im Vergleich mit Europa hinkt die Schweiz hintendrein. Dies, obwohl Schweizer Institute Aufträge für HTAs erhalten – vom Ausland (S. 12). In Grossbritannien, Deutschland und Frankreich bestehen etablierte, nationale HTA-Institute (S. 16). Der Blick auf Europa zeigt, wie verschieden HTAs politisch umgesetzt werden. In Grossbritannien wurde mit Hilfe der sogenannten QALY-Methode eine Kostengrenze von rund 100 000 Franken für Behandlungen festgesetzt (S. 17). Deutschland lehnt dieses System ab. Die Frage möglicher Rationierung beschäftigt auch die Schweiz, seit das Bundesgericht seinen Entscheid zur Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit des Medikaments Myozyme gefällt hat (S. 19). Doch kann es grundsätzlich die Aufgabe eines Gerichtes sein, Wirksamkeit und Kosten/Nutzen selbst zu evaluieren? HTA heisst auch hier die bessere Lösung. Unsere Umfrage bei Politikern, Patientenvertretern, Medizinern und Ökonomen zeigt, dass ein breiter Konsens besteht über die Notwendigkeit von nationalen HTAs (S. 6). Mit SwissHTA wurde ein Projekt ins Leben gerufen, um die methodischen und prozessualen Grundlagen auszuarbeiten, damit nationale HTAs auch in der Schweiz Realität werden (S. 10). Hoffen wir auf schnelles Gedeihen. Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre!

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Silvia Schütz Chefredaktorin infosantésuisse


Die Evaluation des Kosten-Nutzen-Verhältnisses macht nur Sinn, wenn der Bund das Heft in die Hand nimmt

HTA – der Code steht für nationale Herausforderung Hinter der Abkürzung HTA (Health Technology Assessment) steht ein Konzept, von dem alle Akteure des Schweizer Gesundheitswesens profitieren könnten. Sein Ziel: die systematische Bewertung medizinischer Leistungen, um Behandlungsqualität, Innovation und Wirtschaftlichkeit unter einen Hut zu bringen. Wie soll das geschehen? Ist das Verfahren bereits einsetzbar? Ein Überblick zum Thema HTA.

Die Fortschritte in der Medizin, ständig steigende Gesundheitskosten und die demografische Alterung stellen uns vor die Frage: Wie kann eine qualitativ optimale Gesundheitsversorgung für alle sichergestellt werden, ohne die finanziellen Ressourcen eines Gesundheitssystems, das für Innovationen offen ist, zu gefährden? Eine Lösung kann darin bestehen, Kosten und Nutzen von medizinischen Leistungen systematisch zu überprüfen. Dabei geht es nicht nur um die Frage, ob eine neue Analyse, eine neue chirurgische Technik oder ein neues Medikament effizient sind, sondern darum, wie hoch der Mehrnutzen und die Kosten im Vergleich mit den Bisherigen sind. Dies zu bewerten ist die Aufgabe von Health Technology Assessments (HTA), die sich weltweit zunehmend etablieren. Obschon in der Schweiz verschiedene Projekte nebeneinander existieren, fehlt bisher ein nationaler Konsens, der Methoden und Prozesse einheitlich definiert und dadurch die Umsetzung optimiert. Dies zu erreichen ist kein leichtes Unterfangen, nicht zuletzt wegen der beträchtlichen Ressourcen, die dafür erforderlich sind.

Parlamentsdebatte Die FDP-Fraktion reichte am 16. Juni 2010 die Motion «Für eine effektive nationale Health Technology Assessment-Agentur» (10.3451) ein. Eingereichter Text Damit die Wirtschaftlichkeit und Angemessenheit der Gesundheitsversorgung garantiert werden können, wird der Bundesrat beauftragt, die Rahmenbedingungen für die Gründung einer unabhängigen Technology-Assessment-Agentur zu schaffen. Diese soll die Wirtschaftlichkeit (Verhältnis Kosten-Nutzen, Kosten-Wirkung) der neuen Technologien und Leistungen im medizinischen Bereich analysieren und die für die Öffentlichkeit vorgesehenen Resultate veröffentlichen. Der Bundesrat beantragt die Annahme der Motion.

Leistungen der Grundversicherung (Art. 32 KVG). Derzeit werden viele Leistungen nicht oder ungenügend evaluiert und auch nicht systematisch überprüft.¹ Deshalb ist es wichtig, die systematische Prüfung von Leistungen und Medikamenten zu optimieren und in der Schweiz einen Konsens über die dazu nötigen Prozesse und Abläufe zu erreichen. Krankenversicherer und Pharmaindustrie arbeiten unter dem Namen SwissHTA gemeinsam an der Verwirklichung eines derartigen Projekts, das breit abgestützt ist. (siehe S. 10–11). Definition von Health Technology Assessment (HTA)

Die aktuelle Situation

Unter Health Technology Assessment (HTA) versteht man weltweit die systematische Bewertung medizinischer Prozeduren und Technologien. HTAs liefern heute wichtige, evidenzbasierte Resultate, auf die Politker ihre Entscheidungen abstüt-

Foto: Prisma

Das schweizerische Krankenversicherungsgesetz verlangt den Nachweis und die systematische Prüfung von Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit (WZW-Kriterien) von

Damit HTA eine Zukunft hat, muss ein nationaler Konsens geschaffen werden.

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zen können. Es handelt sich dabei um einen multidisziplinären, systematischen, transparenten und unabhängigen Prozess, der auf wissenschaftlich fundierte Forschungsmethoden abgestützt ist. Im Rahmen eines HTA sammeln Experten Informationen über medizinische, wirtschaftliche, soziale und ethische Aspekte einer Behandlung. Zu Beginn des Prozesses evaluieren die HTAs systematisch die vorhandenen faktengesicherten Grundlagen, besonders hinsichtlich Unschädlichkeit und Wirksamkeit. In zweiter Linie wird das Nutzen-Risiko-Verhältnis festgelegt, indem die gewünschten patientenrelevanten Ergebnisse und allfällige unerwünschte Wirkungen gegeneinander abgewogen werden. In einem dritten Schritt wird die Rentabilität analysiert: direkte sowie indirekte Kosten und der Nutzen werden einander gegenübergestellt. Im vierten und letzten Schritt geht es darum, die ethischen und rechtlichen Auswirkungen zu analysieren und zu werten. Wie lauten die Schlüsselprinzipien?

Nach einer amerikanischen Studie² garantieren folgende Schlüsselprinzipien wirksame und effiziente HTAs: • Relevanz und Erklärung der Ziele: Vor Beginn eines HTAProzesses sind die Probleme und Ziele, die von den HTAs berücksichtigt werden sollen, detailliert aufzuführen. • Transparenz und Objektivität: HTAs müssen unabhängig durchgeführt werden. • In der Kosten-Nutzen-Analyse sind alle relevanten Behandlungsalternativen zu berücksichtigen. • Klare Definition der HTA-Prioritäten: Welche Sektoren sind prioritär zu analysieren usw.? • Adäquate Evaluationsmethoden zur Ermittlung der KostenNutzen-Verhältnisse. • Bei einem klinischen Entscheid sind alle ethischen und gesellschaftlichen Begleitumstände zu berücksichtigen. • Detaillierte Darlegung von Ungewissheiten, die rund um bestimmte Resultate bestehen: Bei jeder analytischen Methode sind Abweichungen, Einschränkungen und Irrtümer möglich. Diese Einschränkungen sind in den Analysen genau zu benennen. • Einbezug aller am Gesundheitswesen beteiligten Parteien (Patienten, Leistungserbringer, Krankenversicherer, Pharmaindustrien usw.). • Monitoring der Resultate von HTAs. • Geeignetes Weiterleiten der Ergebnisse an die relevanten Entscheidungsinstanzen. • Transparenz und klare Definition der Zusammenhänge zwischen den Ergebnissen von HTAs und dem Treffen politischer Entscheide.

Glossar A Appraisal Evaluation (gewöhnlich auf der Grundlage eines Assessments im Rahmen von HTAs), die sich mit Kriterien befasst, die im eigentlichen Assessment nicht berücksichtigt wurden, etwa rechtliche, ethische, soziale und gesellschaftliche Aspekte.

Assessment Objektive wissenschaftliche Evaluation mittels expliziter, oft standardisierter Kriterien.

H HTA Health Technology Assessment. Wissenschaftliche, systematische Evaluation von medizinischen Leistungen. Die HTAs enthalten appraisals und assessments.

O Outcome Auch «Folge» oder «Auswirkung»; Sammelbegriff für die Auswirkungen (oft auf die Gesundheit) einer Technologie; kann (je nach genauer Definition) auch die Kosten einschliessen. Wichtiges Element bei der Kosten-Nutzen-Evaluation.

T Technologie (Technology) Sehr weit gefasste Definition im Rahmen von HTAs; kann Produkte (Medikamente, Apparate, usw.), Prozeduren (chirurgische Eingriffe, multimodale Therapiekonzepte usw.) sowie Systeme (Ablauf von Präventions- und Behandlungsprogrammen usw.) umfassen.

W WZW Wirksamkeit, Zweckmässigkeit, Wirtschaftlichkeit (gemäss KVG, Art. 32)

die WZW-Kriterien operationalisiert werden für die diversen Leistungsbereiche und deren rechtliche Verankerung? Sollen zur Realisierung der HTA-Studien zentrale oder dezentrale Lösungen angewendet werden? Wie soll man die HTA-Resultate in die bestehenden Entscheidungsverfahren für Leistungen der Grundversicherung integrieren? Welche Leistungen sind prioritär zu evaluieren? Mit welcher Methode? Wie soll man mit Ungewissheiten umgehen und Ergebnisse weiterleiten? Wie sollen die Daten international verglichen werden? Mit der Schaffung von SwissHTA ist nun der erste Schritt getan. Und auch auf politischer Ebene gehen die Dinge vorwärts, reichte doch die FDP-Fraktion die Motion «Für eine effektive nationale Health Technology Assessment-Agentur» ein (siehe Kasten auf S. 11). Wird ihr Vorschlag bei allen Gesundheitsakteuren auf Zustimmung stossen? Man darf gespannt sein. maud hilaire schenker

Zeichnet sich ein nationaler Konsens ab?

Obschon HTAs ein gemeinsames Ziel verfolgen, wenden sie unterschiedliche Methoden an, um dieses zu erreichen. Auch in der Schweiz ist es noch ein weiter Weg bis zur Schaffung eines HTA-Konsenses. Viele Fragen sind noch offen: Wer wird mit der Ausarbeitung der HTAs beauftragt? Welches ist der institutionelle Rahmen? Wie verlaufen die Entscheidungsprozesse, welches sind die teilnehmenden Parteien? Wie sollen

¹ Jahresbericht 2008 der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle, Anhang zum Jahresbericht 2008 der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte, 23. Januar 2009, Seite 6. ² DRUMMOND, Michael F. et al., «Key principles for the improved conduct of health technology assessments for ressource allocation decisions», in: International Journal of Technology Assessment in Health Care, 24:3 (2008), S. 244-258.

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Umfrage: Wie Akteure des Gesundheitswesens HTA beurteilen

Allgemeines Losungswort: Konsens

Fotos: ZVG

HTA prüft Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit medizinischer Leistungen und führt zur näheren Zusammenarbeit von Politikern, Wissenschaftlern, Ökonomen, Leistungserbringern und Patienten. Doch ziehen alle am selben Strick? Die Umfrage zeigt, dass ein Konsens besteht. Zusätzlich sehen alle in HTA ein Qualitäts- und kein Rationierungsinstrument.

Gianfranco Domenighetti, Ph. D., Ökonom, Professor an der Universität der italienischen Schweiz, Lugano

Thomas Heiniger, Regierungsrat (FDP), Gesundheitsdirektion Kanton Zürich

Erika Ziltener, Präsidentin des Dachverbands Schweizerischer Patientenstellen

Prof. John-Paul Vader, Arzt, Institut für Sozial- und Präventivmedizin, Universität Lausanne

Was ist Ihre Meinung zu HTA? Wie sehen Sie die Zukunft von HTA in der Schweiz?

Wie wir wissen, sind die Gesundheitskosten hauptsächlich gestiegen, weil sich die neuen Technologien ungeordnet und exponenziell verbreitet haben, ohne Berücksichtigung des Mehrwerts und einer zweckmässigen Nutzung. HTA ist hier ein wichtiges Instrument. Es stellt für die soziale Krankenversicherung nützliche Informationen bereit. So kann die Verbreitung und Nutzung der Gesundheitstechnologien innerhalb der sozialen Krankenversicherung ihrer tatsächlichen Wirksamkeit gemäss reglementiert werden. Bezüglich der Zukunft von HTA in der Schweiz beziehungsweise der Schaffung einer gesamtschweizerischen Institution, die solche Evaluationen direkt oder indirekt vornehmen würde, sehe ich unse-

Der medizinische und technische Fortschritt eröffnet fast unendliche Möglichkeiten, um Krankheiten zu behandeln. In dieser Vielfalt schafft HTA Transparenz für Patienten und Leistungserbringer in Bezug auf Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit. Kriterien, die das KVG für medizinische Leistungen vorgibt, die heute aber nur punktuell bei deren Zulassung erhoben werden. Dabei verändert sich mit Innovationen auch die Verhältnismässigkeit bestehender Leistungen: Wenn neue, ebenso wirksame, aber günstigere Behandlungsformen zur Verfügung stehen. HTA ist also nicht nur als Grundlage für die Zulassung neuer Medikamente notwendig, sondern auch für Leistungen, die bereits erbracht werden. Und: HTA kann die

Patientinnen und Patienten erhalten heute oft eine hochspezialisierte medizinische Behandlung, deren Nutzen und Gewinn an Lebensqualität nicht ausgewiesen ist, sondern die sich an den Interessen der verschiedenen Leistungserbringer orientiert. Ein unabhängiges HTA wäre deshalb sowohl im Interesse der Patienten, die eine an der Wirkung orientierten Therapie erwarten dürfen als auch ökonomisch sinnvoll. Ein international vernetztes und ein von wirtschaftlichen Interessen unabhängiges Beurteilungssystem leistet somit nicht nur einen Beitrag zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen, es stellt sich vor allem auch die ethische Frage um den Wert der Behandlung und der Therapie in Bezug auf den Gewinn an Lebensqualität. Auch im Wis-

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Die Evaluation der Gesundheitstechnologien (HTA) ist ein Schlüsselelement bei unseren Bemühungen, unser Gesundheitssystem zu reformieren und zu optimieren und es zu akzeptablen Kosten wirksamer zu machen Aus diesem Grund ist HTA ein unumgängliches Mittel, und ich bin sehr zufrieden, dass der Nationalrat (Motion Cassis 10.3451) und der Bundesrat grünes Licht zum Grundsatz der Einführung und Nutzung dieses Instruments gegeben haben. Ein solches Werkzeug gibt es bereits in vielen anderen Ländern, und die Schweiz ist bereits Mitglied eines internationalen Netzwerks von Evaluationsagenturen für die Gesundheitstechnologien. Der Kanton Zürich hat begonnen und ein Medical Board geschaffen, das


Gianfranco Domenighetti

Thomas Heiniger

Erika Ziltener

John-Paul Vader

ren Föderalismus (Autonomie der Kantone) als erhebliches Hindernis.

Entwicklung neuer Produkte beeinflussen, weil daraus hervorgeht, welche Innovationen notwendig sind. Ich sehe HTA nicht als Rationierungsinstrument, sondern als Beitrag zur Optimierung der Behandlungsqualität.

sen und in der Akzeptanz, dass nicht jede medizinische Behandlung per se und zu jedem Zeitpunkt sinnvoll ist.

finde ich gut. Nun geht es aber nicht darum, dass es 26 Medical Boards gibt. Damit leisten wir keinen Beitrag zu den Bemühungen um mehr Effizienz in unserem Gesundheitssystem. Im Gegenteil.

Welches sind die Stärken von HTA, welches die Schwächen – in der Schweiz und generell?

Mit HTA werden hauptsächlich zwei Ziele verfolgt. Wissenschaftliche Ziele, nämlich die systematische Evaluation anhand einer Faktengrundlage und das Eruieren und Bewerten von schlüssigen Daten zum Kosten-Nutzen-Verhältnis der Behandlungen. Das zweite Ziel ist ein politisches: Die Belieferung der politisch Verantwortlichen und von weiteren Entscheidungsträgern mit Informationen und Resultaten. HTA kann die kostensparende Nutzung der Ressourcen fördern und Vergeudung mindern. Eine Hauptschwäche von HTA sehe ich dort, wo man sich nicht einig ist über den Prozess, das Vorgehen, die Einschätzung des Nutzens der Behandlungen und deren Kosten. Viele wichtige Fragen sind noch offen im Zusammenhang mit der fehlenden Transparenz der Methoden und der Umsetzung der Beurteilungen. Nicht geklärt ist, wie die vergleichenden Kosten-NutzenAnalysen unter Verwendung des Systems der in gewonnenen Jahren ausgedrückten Kosten (QALY) schlüssig eingesetzt werden können.1 1

HTA gibt Aufschluss darüber, welche Behandlungen bei welchen Indikationen und Patientengruppen optimal sind. So können vergleichsmässig unwirksame und zugleich teure Leistungen vermieden werden. Die Schwäche von HTA liegt in den noch uneinheitlichen Methoden, die einen Vergleich der Ergebnisse erschweren. Wir brauchen einheitliche HTAProzesse. Diese müssen einerseits dem Kosten-Wirksamkeits-Verhältnis und andererseits ethischen Betrachtungen Rechnung tragen. Besonders schwierig sind Diskussionen um Kostenlimiten für bestimmte Therapien. Vor wenigen Wochen hat das Bundesgericht mit einem Präzedenzentscheid die Grundlage für die Einführung solcher Limiten geschaffen. Transparente und breit abgestützte HTA-Prozesse können in Zukunft dazu beitragen, dass solche Entscheide fundiert gefällt werden.

Die Chancen bestehen in der Möglichkeit, hochspezialisierte Leistungen auf den Nutzen für die Patienten zu überprüfen und einer ethischen Bewertung zu unterziehen. Die Art der Evaluation und die Umsetzung der Resultate müssen bereits im Vorfeld klar definiert sein, damit Interessenvertreter die für sie unbequemen Resultate nicht torpedieren können. Der Machtkampf um die Bewertung der ersten Leistungen durch das Medical Board (MB) hat dies aufgezeigt. Im MB konnte der Nutzen der Behandlung mit Avastin bei Darmkrebs nicht nachgewiesen werden. Nicht berücksichtigt wurde, dass jede Chemotherapie einen massiven Eingriff in den Körper darstellt, oft mit gravierenden Nebenwirkungen. Die Schwäche ist hier, dass nicht einzig und allein der Nutzen für die Patienten im Mittelpunkt steht. Ist dieser nicht das oberste Prinzip, wiederholt sich das Schicksal des MB und alles ist blockiert.

Nachdem die Betroffenen aufgefordert und ermuntert wurden, ihre Meinung zu äussern und diese angehört wurde, muss eine Agentur zur Evaluation der Gesundheitstechnologien unabhängig von Lobbys jeder Art (Industrie, Ärzte … aber auch Patienten) prüfen, was eine neue Technologie der bereits bestehenden Leistungs- und Interventionspalette hinzufügen kann. Dafür muss sie wirtschaftliche, ethische, wissenschaftliche und gesellschaftliche Aspekte miteinbeziehen. Sie muss auch berücksichtigen, dass diese neuen Technologien – eventuell sogar mit geringeren Kosten – Technologien ersetzen können, die veraltet sind, aber immer noch angewendet werden. Das ist fundamental. Ohne einen Mechanismus, der vor unnützen und veralteten Leistungen schützt, werden wir nicht über die nötigen Ressourcen verfügen, um die neuen wissenschaftlichen und technologischen Fortschritte zu finanzieren.

23 656

4,9

Siehe S. 16–17

1300

Mio. US-Dollars kostet die Entwicklung eines Medikaments

5000 Artikel werden im Bereich der biomedizinischen Forschung täglich publiziert (geschätzt)

Mio. CHF kosteten die Bruttoleistungen im Jahr 2009, inklusive Kostenbeteiligungen der Versicherten

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Mia. CHF beträgt der Gesamtumsatz des Schweizer Medikamentenmarktes


Foto: Prisma/santésuisse

Die Schweiz hat punkto HTA grossen Nachholbedarf. Auch darüber sind sich die Befragten einig.

Gianfranco Domenighetti

Thomas Heiniger

Erika Ziltener

John-Paul Vader

Was müssen Politik, Wissenschaft und Leistungserbringer beachten, damit HTA ein Erfolg wird?

HTA ist aus Gründen der Wirksamkeit, Gleichbehandlung und Gerechtigkeit nur sinnvoll, wenn es gesamtschweizerisch eingeführt wird. Zuerst müssen sich Politik, Gesellschaft und Wissenschaft und die grossen Partner des Gesundheitssektors über den Nutzen von HTA für die Schweiz einig werden. Ist dieser Konsens einmal vorhanden, muss auf jeden Fall eine gesamtschweizerische Institution geschaffen werden, welche die Technologien zu beurteilen hat. Diese Institution müsste mit den schweizerischen Universitäten und den ausländischen HTA-Institutionen (Deutschland, Kanada, Australien und NICE in Grossbritannien) zusammenarbeiten. Schliesslich bräuchte es eine mit dem KVG verbundene, gesetzliche Grundlage. Der Erfolg hängt meiner Meinung nach davon ab, ob HTA als nützliches Mittel zur Verbesserung der Zweckmässigkeit von Leistungen und zur Verminderung von Vergeudung angesehen wird, oder aber als indirekte «Rationierung».

Die Politik muss Rahmenbedingungen schaffen: Für die Durchführung von HTA und für die tatsächliche Umsetzung der Ergebnisse, damit diese auch in die Arbeiten der Zulassungs­­behörden und der Leistungserbringer einfliessen können. Zur Weiterentwicklung von HTA braucht es ein Zusammen­gehen von Politik, Wissenschaft und Praxis. Hier muss der Bund den Lead übernehmen. Da für solche Vorhaben die Ressourcen knapp sind, scheint mir ein pragmatischer Ansatz, der auf Bestehendem aufbaut, erfolgversprechend. Ich denke etwa an das im Kanton Zürich lancierte und heute von der GDK, der FMH und der SAMW getragene Medical Board. Damit sich eine solche Institution auf Bundesebene etablieren kann, ist zentral, dass HTA nicht als Rationierungs­instrument verstanden wird. Es geht um Qualitätsverbesserung. Und um das über­geordnete Ziel, eine Gesundheitsversorgung zu gewährleisten, die medizinisch sinnvoll, ethisch vertretbar und langfristig finanzierbar ist.

Der Bund muss den Lead übernehmen und die nationalen Parlamentarierinnen und Parlamentarier müssen die Mittel sprechen, die für ein unabhängiges HTA notwendig sind, damit die erforderlichen personellen und zeitlichen Ressourcen auch langfristig zur Verfügung stehen. Die Rolle der Leistungserbringer und -bezieherinnen muss von Anfang an geklärt sein – sie müssen ihre Interessen dem Nutzen für die Patientinnen und Patienten unterordnen. Die Wissenschaft muss die Rahmenbedingungen des HTA so schaffen, dass Fachwissen, ethische Werthaltung und weitere Faktoren eine unabhängige und qualitativ hochstehende Arbeit ermöglichen.

Transparenz ist ein grundlegendes Element, genauso die Beteiligung aller Betroffenen. Alle müssen sich zu den Themen und Technologien äussern können, die zu evaluieren sind, aber auch zum Evaluationsprozess selber. Alle müssen zudem bereit sein, die Empfehlungen der Evaluationsberichte zu unterstützen und umzusetzen. Es sind für diese Arbeit die nötigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen, einschliesslich der Ressourcen für die periodische Überprüfung der bereits evaluierten Technologien, so dass Anpassungen vorgenommen werden können, welche die Erfahrung und den wissenschaftlichen und technologischen Fortschritt berücksichtigen. Umfrage: Silvia Schütz und Maud Hilaire Schenker

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Das Medical Board hat auf Bundesebene Wind in die HTA-Diskussion gebracht

Zürich hat die Segel gesetzt Mit dem Medical Board hat die Gesundheitsdirektion (GD) des Kantons Zürich im Frühling 2008 ein Pilotprojekt gestartet, das seither in fünf Fällen Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit (WZW) von medizinischen Behandlungen evaluiert hat. Damit hat der Kanton Zürich Neuland im Schweizer Gesundheitswesen betreten und notwendige, politische Diskussionen ausgelöst.

Das Medical Board setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern der Fachbereiche Medizin, Pflege, Ethik, Recht und Ökonomie zusammen. Die Expertengruppe ist laut GD Zürich von Verwaltung, Leistungserbringern und Industrie unabhängig und gibt Empfehlungen für den Einsatz von Therapien und Diagnoseinstrumenten ab. «Durch die Empfehlung, auf unwirksame Therapien und Diagnosen zu verzichten, kann es wesentlich zur Verbesserung der Behandlungsqualität beitragen», so Regierungsrat und Gesundheitsdirektor Thomas Heiniger. Bessere Qualität hat meist auch tiefere Kosten zur Folge. Während ihrer Arbeit sammeln und prüfen die Experten Daten und Fakten, ermitteln die medizinischen Wirkungen (erwünschte und unerwünschte), berechnen die Kosten und bilden die KostenWirksamkeits-Verhältnisse ab. Dabei stützt man sich auf vorhandene Studien und Erhebungen ab. Zusätzlich bringen renommierte Fachspezialisten der schweizerischen Leistungserbringer ihr Wissen in die Evaluation ein. Um konkrete Aussagen machen zu können, werden quantitative Grössen für Wirkungen und Kosten abgeschätzt. Diese Ergebnisse werden in einem wertenden Teil auf ethische und rechtliche Aspekte hin diskutiert. Die daraus resultierenden Empfehlungen richten sich an die Trägerschaft, welche die stufengerechte Verbreitung an die Öffentlichkeit übernimmt. Die Umsetzung der Empfehlungen kann auf verschiedenen Ebenen erfolgen; durch Publikation in Fachzeitschriften, Anpassung medizinischer Guidelines, Auflagen in Leistungsaufträgen bis hin zur Einleitung von Umstrittenheitsverfahren. Schwierige Operationalisierung der Wirtschaftlichkeit

Mit seiner Arbeit hat das Medical Board auch einen bisherigen Schwachpunkt bei der Beurteilung von Leistungen aufgrund der WZW-Kriterien angepackt – die fehlende Operationalisierung. Dieses Problem wurde durch die explizite Beurteilung des Kosten-Wirksamkeits-Verhältnisses von medizinischen Leistungen gelöst. Die Operationalisierung hat aber auch zu Kritik geführt. Stein des Anstosses ist vor allem die Messgrösse QALY (Quality adjusted life year – Qualität eines gewonnenen Lebensjahres). Dabei erhält ein Jahr in absoluter Gesundheit den Wert 1, ein Jahr mit einer Krankheit erreicht je nach Schweregrad und Art der Beeinträchtigung durch die Krankheit einen Wert zwischen 0 (Tod) und 1 (gesund). Diese Mess-

grösse für die medizinische Wirkung – das «qualitätsbereinigte Lebensjahr» – kann in Relation zu den Kosten gesetzt werden. In den USA geht man noch weiter, indem für ein durch Blutwäsche (Dialyse) gewonnenes Lebensjahr etwa 50 000 Dollar ausgegeben werden. Ist es zulässig, festzustellen und zu diskutieren, wie viel man für ein gewonnenes Lebensjahr in Franken und Rappen ausgibt? Das Medical Board hat sich die Frage abgewandelt gestellt: Kann man eine Diskussion über die Verteilung von knappen Mitteln ohne die Einführung von quantitativen Messgrössen für Wirkung und Kosten führen? Also ohne darüber nachzudenken, wie viel eine Behandlung pro gewonnenes Lebensjahr effektiv kostet und wie viel sie kosten darf? Reicht es, verschiedene (Behandlungs-) Alternativen zu vergleichen oder braucht es auch Schwellenwerte? Das Medical Board orientiert sich nicht an einem Schwellenwert; vordringlich ist der Vergleich alternativer Behandlungsoptionen. Tabuthema Schwellenwerte ist lanciert

«Der Diskussion um Schwellenwerte wird im Gesundheitswesen hierzulande ausgewichen. In anderen Bereichen gilt das aber nicht mehr», so Heiniger. Als ein Beispiel nennt der Regierungsrat etwa Sicherheitsmassnahmen gegen Naturgefahren. Dort geht man in der Schweiz von einem Wert von fünf Millionen Franken aus, um ein Menschenleben zu retten. Die Diskussion um Schwellenwerte bei medizinischen Eingriffen wird von der Politik auch in der Schweiz geführt werden müssen – das zeigt der Bundesgerichtsentscheid im Falle von Myozyme (Urteil 9C–334/ 2010 vom 23.11.2010; BGE-Publikation und auf Seite 19 dieser Ausgabe). Empfehlungen beeinflussen Praxis

Die Empfehlungen der Berichte – allen voran der beiden zu Bevacizumbab und zum Kreuzband – hatten laut GD Zürich bereits Auswirkung auf die Praxis von Versicherungen und Ärzten. «Die Pionierarbeit hat sich auch für die Praxis ohne Qualitätseinbussen in der Behandlung gelohnt», lautet die Bilanz. Im Jahr 2010 wurde das Medical Board neben der Gesundheitsdirektion Zürich auch von der Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK) getragen. Anfangs Februar 2011 gründeten die Konferenz der Gesundheitsdirektoren (GDK), die Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte FMH und die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften SAMW den Verein Trägerschaft Medical Board. Im Jahr 2011 wird das Medical Board zwei weitere Fachberichte erstellen. Silvia Schütz Publizierte Empfehlungen und weitere Informationen zum Medical Board befinden sich hier: www.medical-board.ch

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Interview mit santésuisse-Direktor Stefan Kaufmann über HTAs

Ist alles, was neu ist, automatisch besser? Ist alles, was neu ist, automatisch besser? Diese Frage müssen sich HTAs stellen, meint santésuisse-Direktor Stefan Kaufmann. Für ihn ist der Einsatz von geeigneten HTAs in der Schweiz unerlässlich, falls unser Gesundheitssystem rationalisiert werden soll. Wie dies genau geschehen soll, ist aber zurzeit noch offen.

Sind HTAs ein Instrument, das Behandlungsqualität garantiert?

Die Qualität ist ein Aspekt von HTAs, besonders wenn sie medizinische Leistungen vergleichen. Dieser Vergleich ist aber nur eine Aufgabe von HTAs. Ihr vorrangiges Ziel ist zu bewerten, ob neue Leistungen den WZW-Kriterien entsprechen, die das KVG (Art. 32) definiert. In Gesundheitskreisen geht man oft vom Prinzip aus, dass alles, was neu ist, auch besser ist. Doch das ist auch teurer. Daher müssen HTAs systematisch nachweisen, ob neue Leistungen im Vergleich mit bereits bestehenden auch tatsächlich einen Mehrwert bringen. Eines steht fest: Die HTA-Expertisen müssen neutral und unabhängig zustande kommen. Im Moment stehen uns für Entscheide – das Abklären, ob eine Behandlung durch die Grundversicherung erstattet werden muss – einzig die Informationen der Firmen zur Verfügung, die das Produkt hergestellt haben. Sind HTAs demnach ein Mittel, um die stets ansteigenden Kosten in den Griff zu bekommen?

Nein, ich glaube nicht, dass HTAs in erster Linie die Aufgabe haben, Kosten zu senken. Im komplexen Bereich der Gesundheitsleistungen sammeln sie Informationen, um systematisch zu bewerten, ob eine neue Behandlung zweckmässiger und wirtschaftlicher ist. Sie sind ein Instrument, das die politische Entscheidungsfindung unterstützt. Um Wirkung entfalten zu können, müssen HTAs zu einer Selbstverständlichkeit werden. Doch damit ein solches Projekt realisiert werden kann, sind entsprechende Ressourcen und klare Prozesse notwendig. Nicht alle Leistungen können bewertet werden. Wer legt die Prioritäten fest?

Ganz klar: Jede neue Leistung muss zwingend evaluiert werden. Es stellt sich aber auch die Frage nach der Neubewertung von bestehenden Leistungen. Ich bin überzeugt, dass die am häufigsten verwendeten Leistungen, die einen grossen Einfluss auf die Kosten haben, Priorität haben. Wer diese Prioritäten wie festlegt, ist bisher offen. Der Bund könnte zum Beispiel zusammentragen, welche Leistungen kanto-

nale Gesundheitsdirektoren, Ärztevereinigungen, Krankenversicherer und weitere Player im Gesundheitswesen möglichst schnell einer Prüfung unterziehen möchten. Danach könnte er entsprechende Mandate für HTAs an wissenschaftliche Institutionen vergeben. Ebenfalls denkbar wäre, dass eine bestehende Institution die Prioritäten festlegt, etwa die eidgenössische Leistungskommission. Es sind verschiedene Modelle möglich. Wer könnte den Lead bei den HTAs übernehmen?

Meiner Meinung nach müsste ein nationales Institut den Lead bei den HTAs übernehmen und unter anderem festlegen, welche Methoden man im Rahmen von HTAs anwendet, welche Leistungen man untersucht, wie man die Aufträge vergibt, wer die Empfehlungen aufgrund der Resultate ausspricht und wie man diese verbindlich in die Praxis integriert. Vorbild wären hier das IQWIG in Deutschland oder das NICE in Grossbritannien. In einem ersten Schritt müsste nun dieses nationale Institut ins Leben gerufen werden, das diesen Rahmen festlegt und das weitere Vorgehen und die Prioritäten definiert. Das Institut macht selbst keine HTAs, könnte diese aber auch international in Auftrag geben. Ist es somit denkbar, dass das Modell Medical Board wieder aufgegriffen wird?

Das Medical Board könnte eine Institution sein, die gewisse HTAs durchführt. Bei HTAs sind aber zwei Dinge zu unterscheiden: die Assessments, d.h. die wissenschaftliche Evaluation an sich, und die Appraisals, d.h. die Empfehlungen und Entscheide, die aus diesen Evaluationen hervorgehen. Für die Krankenversicherer müsste ein Appraisal klar aussagen, ob eine Leistung von der Grundversicherung vergütet werden muss. Aktuell führt das Medical Board Assessments durch und gibt seine Ergebnisse dazu heraus. Doch niemand ist verpflichtet, sich an diese Empfehlungen zu halten. Das Medical Board könnte nach wie vor Assessments

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Foto: Henriette Lux

für die Assessments aufkommen. Auch eine Mischfinanzierung wäre denkbar: ein Teil würde durch die Firmen finanziert, der andere durch Steuern. Die Assessments müssten aber neutral und unabhängig bleiben. Die Tatsache, dass die Firma die Kosten trägt, räumt ihr bei den Assessments kein Mitspracherecht ein. Ganz sicher werden sie nicht über die Prämien finanziert. Auf ihnen lastet ohnehin bereits ein grosser Druck aufgrund des medizinischen und technologischen Fortschrittes. HTA-Programme werfen heikle ethische Fragen auf, besonders wenn es um Wertskalas geht, etwa das umstrittenen QALY.

Stefan Kaufmann: «Assessments werden ganz sicher nicht über die Prämien finanziert.»

durchführen und sich dafür um die entsprechenden Mandate bewerben. Man könnte sich das Medical Board indes auch in der Rolle des schweizerischen Instituts vorstellen, das HTAs vergibt. Die endgültige, auf den Assessments fussende Entscheidung könnte in heute existierenden Strukturen gefällt werden. Etwa durch die eidgenössische Arzneimittel- oder die Leistungskommission. Nicht dieser Rahmen muss geändert werden, sondern die Herkunft der wissenschaftlichen Unterlagen aus den Labors der Herstellerfirmen. Welches wäre genau die Rolle des Bundes?

Die Rollen des Bundes sind heute vermischt – er ist zugleich für die Assessments wie die Appraisals zuständig, speziell im Medikamentenbereich. Zur Ausarbeitung eines Assessments liefern die Herstellerfirmen die notwendigen Informationen. Anschliessend verfasst die Arzneimittelkommission oder falls zuständig die Leistungskommission eine Empfehlung zu Handen des Bundesamtes für Gesundheit (BAG). Dieses entscheidet dann, ob der Empfehlung Folge geleistet werden muss oder nicht. Das BAG hat hier eine Doppelrolle: Es erteilt den Kommissionen die Aufträge (Assessments) und nimmt auch die Bewertung (Appraisals) vor. In Zukunft müsste man die Assessments der HTAs und die Appraisals klar trennen. Auch die Appraisals können unabhängig geführt werden. Dies muss nicht unbedingt durch das BAG erfolgen. Es ist eine politische Frage, wer letztendlich berechtigt sein soll, solche Entscheidungen zu treffen: eine politische Instanz oder ein Fachgremium unter Beizug von HTA-Berichten? Selbst mit einem Assessment-Bericht ist nicht alles schwarz oder weiss, es gibt immer auch eine politische Komponente. Und wer würde die Programme finanzieren?

Das ist eine spannende Frage. Auch hier gibt es verschiedene Möglichkeiten: Zum Beispiel könnten die Firmen, die der Grundversicherung ein Produkt vorschlagen möchten,

Konzepte wie QALY1 unterstützen die Entscheidungsfindung. Es sind Instrumente, präzise und konkrete Indikatoren. Sie sind aber nicht das entscheidende Kriterium. Es ist problematisch zu erklären, diese oder jene Leistung werde nicht vergütet, weil sie diesen oder jenen QALY hat. Dahinter verbergen sich oft heikle ethische Fragen. Niemand möchte diese Entscheidungen treffen. Sie sind aber notwendig. (Aber es geht nicht nur um wirtschaftliche Aspekte.) Der Ausgestaltung eines solchen Projekts gehen offensichtlich Überlegungen und Diskussionen voraus. Wurde deshalb das Projekt SwissHTA ins Leben gerufen?

Ziel des SwissHTA-Projekts (siehe Kasten) ist, Ideen vorzubringen, die zur Erarbeitung geeigneter HTAs für die Schweiz beitragen, wobei bestehende Institutionen und die Schweizer Besonderheiten berücksichtigt werden sollen. Das Projekt SwissHTA möchte nicht bei 0 anfangen, sondern dort, wo es nötig ist, Verbesserungen und Veränderungen vornehmen. SwissHTA lud sämtliche Akteure aus dem Gesundheitswesen ein, an der Diskussion teilzunehmen. Wir sind überzeugt – und die Erfahrungen im Ausland haben es gezeigt – dass eine offene Diskussion zwischen den Partnern unerlässlich ist. Denn jeder bringt andere, nützliche Positionen ein. interview: maud hilaire schenker Mehr Informationen im Internet auf www.swisshta.ch. 1

Siehe S. 16–17

SwissHTA: was ist das? SwissHTA entstand aus einer Zusammenarbeit zwischen santésuisse und interpharma. Ziel des Projekts ist es, einen nationalen Konsens zu finden, der zur Ausgestaltung eines schweizerischen HTA-Programms führt. Den verschiedenen Akteuren des Gesundheitswesens werden Workshops angeboten, in denen sie sich austauschen können. Behandelt werden etwa methodische, finanzielle, institutionelle und rechtliche Fragen. Ausgewiesene Gesundheitsökonomen aus aller Welt sprechen über HTA-Erfahrungen im Ausland sowie die diversen Facetten des sehr umstrittenen QALY. Um einen nationalen Konsens zu erreichen, müssen Erkenntnisse der Gesundheitsökonomie, die institutionellen und rechtlichen Rahmenbedingungen, die nationalen Gesundheitsziele sowie die sozialen Bedürfnisse der Schweizer Bevölkerung in Einklang gebracht werden.

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Das CEB betreibt patientenorientierte Forschung, lehrt Evidenz basierte Medizin und bewertet Technologien

Forschung zum Wohle des Patienten

Wie unterscheidet man virale von bakteriellen Infektionen? Eine Frage, die Grundversorger immer wieder vor Probleme stellt; auch im Fall der Behandlung von Stirnhöhlenentzündung (Sinusitis). Weil die Symptome bei Viren und Bakterien die gleichen sind, verschreiben Ärzte zu viele Antibiotika gegen vermeintlich bakterielle Infektionen. Bestehende Guidelines unterstützen dies, indem sie raten, bei einer Symptomdauer von sieben bis zehn Tagen Antibiotika einzusetzen. Es sind Fälle wie dieser, die das CEB anpackt (www.ceb-institute.org). Zusammen mit anderen Forschern stellte Heiner C. Bucher bei der nochmaligen Analyse (Meta-Analyse) von 2547 bereits bestehenden, individuellen Patientendaten zur Stirnhöhlenentzündung fest, dass die prinzipielle Behandlung mit Antibiotika bei den üblichen Symptomen und Anzeichen nicht gerechtfertig ist, selbst wenn die Symptome zwischen sieben und zehn Tagen anhalten. Die Analyse zeigt, dass Patienten, die während mehr als acht Tagen unter Infektionen an den oberen Atemwegen litten, oft Antibiotika erhielten, weil ihre Infektion fälschlicherweise als bakterielle Stirnhöhlenentzündung gedeutet wurde. Zusätzlich heilten solche Infektionen in 64 Prozent der Fälle nach 14 Tagen ohne Behandlung von alleine wieder aus. Aus allen Daten konnte keine Subgruppe destilliert werden, bei der die üblichen Symptome und Anzeichen einer Stirnhöhlenentzündung auf eine bakterielle Infektion hingewiesen hätten. Die Schlussfolgerung lautet daher: «Anhand von klinischen Symptomen und Anzeichen lassen sich keine Stirnhöhlen-Patienten identifizieren, für die eine Behandlung mit Antibiotika angebracht wäre. Antibiotika sind auch bei einer Symptomdauer von sieben bis zehn Tagen nicht zwingend einzusetzen».1 Evidenzbasierte Entscheidungsgrundlagen

«Analysen mit individuellen Patientendaten sind aufwändig und dauern in der Regel drei Jahre, haben aber den Vorteil, dass die vorhandenen Daten entlang der eigenen Fragestellung neu analysiert werden können», erklärt Heiner C. Bucher in seinem Büro auf dem Universitätsgelände in Basel. Draussen scheint die Sonne im Februar bereits früh-

Foto: Silvia Schütz

Das CEB in Basel ist eines von wenigen Instituten in der Schweiz, dessen Mitarbeiter international als Sachverständige für Health Technology Assessments (HTA) hinzugezogen werden. Das Institut publiziert zudem regelmässig Forschungsarbeiten zur Nutzenbewertung, sogenannte Meta-Analysen, in angesehenen Journals. Ziel aller Studien ist es, Ärzten dort evidenzbasierte Entscheidungshilfen zu geben, wo diese im Alltag fehlen.

Prof. Heiner C. Bucher, Institutsleiter und Professor an der Universität Basel und zwei seiner Mitarbeitenden Prof. Matthias Briel und Dr. Heike Raatz vor dem Institutsgebäude des Basel Institut für klinische Epidemiologie und Biostatistik (CEB).

lingshaft. Sie passt zur Atmosphäre in den Räumen des CEB, das mit einem kleinen Team von 19 Mitarbeitenden unermüdlich forscht und publiziert. Das Ziel ist es, für Ärzte in der Praxis und für Kliniker evidenzbasierte Information zu schaffen. Dadurch erhalten Mediziner eine rationale Entscheidungsgrundlage. Zum Wohl der Patienten. 75 Prozent der Antibiotika könnten gespart werden

Matthias Briel, der im benachbarten Büro arbeitet, hat mit Kollegen des Universitätsspitals untersucht, wie sich Antibiotika in der Grundversorgung einsparen lassen, ohne dass Patienten mehr Komplikationen befürchten müssen. Denn obwohl eine Infektion der Atemwege häufiger durch Viren als durch Bakterien verursacht wird, verschreiben Grund-

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Punktlandung

versorger in 50 Prozent der Fälle Antibiotika gegen die vermeintlich bakterielle Infektion. Bei zu häufiger Verschreibung besteht jedoch die Gefahr von Antibiotikaresistenzen. Eine randomisierte Studie bei Grundversorgern in der Nordwestschweiz hat gezeigt, dass Ärzte, die den Behandlungsentscheid für ein Antibiotikum auf die Ergebnisse von Procalcitonin stützen, bei Infektionen der unteren Atemwege weniger Antibiotika verschreiben. Procalcitonin ist ein neuartiger Entzündungsmarker im Blut, ein Blutwert, der bei hohem Wert auf eine (bakterielle) Entzündung schliessen lässt. «75 Prozent der Antibiotika könnten durch dieses Testverfahrern eingespart werden», sagt Matthias Briel. Die Schlussfolgerung in diesem Fall ist: «Nur bei hohem Procalcitoninwert Antibiotika verschreiben».2

Zur Zeit ist man am CEB daran, Ergebnisse aus Analysen als evidenzbasierte Diagnosehilfen für Smartphones, iPad, PC und Laptops zu programmieren, um den Ärzten im Alltag die Arbeit zu erleichtern. Wie eine solche Evibox funktioniert, demonstriert Heiner C. Bucher auf dem iPhone und dem Computer am Falle eines Patienten, der auf die Notfallstation eingeliefert wird. Durch Fragen, die der Arzt mit ja/nein oder einer prozentualen Einschätzung beantwortet («Ist der Patient erschöpft?» – «leidet er an einer Erkrankung der Herzkranzgefässe?» usw.) wird der Schweregrad des Falles festgestellt. Die Schnelldiagnose unterstützt den Arzt etwa beim Entscheid, ob er den Patienten ins Spital aufnehmen soll oder nicht. «Unser Ziel ist das Wohl des Patienten mit der besten den individuellen Bedürfnissen angepassten Versorgung, nicht primär das Sparen von Kosten», sagt Heiner C. Bucher. Das CEB-Team strotzt vor Tatendrang.

Foto: ZVG

Die Evibox als Helfer in der Praxis

Prof. Dr. med. Johann Steurer Leiter Horten Zentrum für praxisorientierte Forschung und Wissenstransfer, Zürich

HTA-Berichte: Gesundheitspolitiker, nehmt euch vor deren Konsequenzen in Acht! Ein schlagfertiger Mediziner gab dem amerikanischen Präsidenten auf die Frage, wie das Gesundheitssystem finanziert werden soll, die Antwort: «Define what good medicine is and pay for it.» Was «good medicine» ist wird in Health Technology Assessement-Berichten (HTA) geklärt. Unter Berücksichtigung sozialer, rechtlicher und ethischer Aspekte, was immer das konkret heissen mag, werden in HTABerichten Wirksamkeit, Sicherheit und Kosten medizinischer Interventionen beurteilt. Daten über die Wirksamkeit und die Sicherheit beruhen auf den Ergebnissen der Forschung. Die Synthese der Fakten über die Wirksamkeit und Sicherheit aus meist mehreren Studien muss seriös durchgeführt werden, es verlangt Kompetenz und ist nicht ganz so einfach wie einige sich das vorstellen. Kostenberechnungen basieren teilweise auf Fakten, die Erstellung von Kosten-Nutzen-Relationen zum Teil aber auf nicht nachvollziehbaren Annahmen. Das Verfassen von HTA-Berichten bedeutet Arbeit und kostet Geld. Die Auftraggeber, in der Regel politische Behörden, sollten sich also primär überlegen, ob sie Steuergelder für solche Berichte ausgeben sollen und dürfen, wenn sie aus wahltaktischem Kalkül die Konsequenzen der Ergebnisse dieser Berichte dann doch nicht ziehen.

HTAs für ausländische Auftraggeber

HTAs sind systematische Evaluationen medizinischer Behandlungen nach den Methoden der evidenzbasierten Medizin, also aufgrund von wissenschaftlichen Methoden. Dabei werden sowohl medikamentöse wie auch nicht-medikamentöse Behandlungen evaluiert. Ebenfalls bewertet werden Mittel und Wege, die von Medizinern für die Diagnose verwendet werden (Diagnostikmassnahmen). Häufig werden bereits vorliegende Untersuchungen, Berichte und Studien nochmals ausgewertet. Fehlen diese, kann im Rahmen eines HTA auch eine neue Studie gemacht werden. Der Umfang der zu untersuchenden Aspekte (klinische Wirksamkeit und Schaden sowie soziale, ökonomische und ethische Überlegungen), hängt davon ab, welche Fragestellung mit dem HTA beantwortet werden soll und für welche Entscheidungen oder Auftraggeber der Bericht als Grundlage genutzt werden soll. Entsprechend reicht die Bandbreite der Projekte von relativ kurzen Projekten von ein paar Wochen oder Monaten bis zu Projekten von ein bis zwei Jahren. Viele HTA-Organisationen ziehen externe Sachverständige für die Evaluation von Technologien hinzu. Unter der Verantwortung von Heike Raatz arbeitet CEB als externe Spezialistin für internationale Auftraggeber wie das deutsche

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Nationale HTAs sollen einst europaweit genutzt werden

CEB arbeitet im Auftrag des Schweizer Netzwerkes für HTA auch am EUnetHTA-Projekt mit.4 Ziel dieses von der Europäischen Kommission geförderten Projektes ist es, die Ressourcen in Europa für die sehr zeit- und kostenintensive Erstellung von HTAs zu bündeln. Das Erstellen von sogenannten «Core-HTAs» nach einer standardisierten Methodik und das systematische Sammeln von Informationen aus nationalen HTAs soll in Zukunft erlauben, dass europäische HTAOrganisationen diese Informationen für ihre HTAs übernehmen können und nur noch an ihre lokalen Gegebenheiten anpassen müssen. «Die Methodik ist derzeit noch in der Entwicklung und die Praxis wird zeigen müssen, wie gut sich dieses Konzept anwenden lässt», kommentiert Heike Raatz. Gute HTAs, so sind sich am CEB alle einig, zeichnen sich durch Transparenz, saubere Methodik, Qualität und Unabhängigkeit von Interessenvertretern aus. Zu den Rahmenbedingungen gehört laut Heiner C. Bucher ausserdem die Auswahl der zu untersuchenden Behandlungen durch ein unabhängiges Fachgremium und die internationale Ausschreibung von HTAs. Silvia Schütz

1 Jim Young, An De Sutter, Dan Merenstein, Gerrit A van Essen, Laurent Kaiser, Helena Varonen, Ian Williamson, Heiner C Bucher: Antibiotics for adults with clinically diagnosed acute rhinosinusitis: a meta-analysis of individual patient data, in: Lancet 2008; 371: 908–14. 2 Matthias Briel, Philipp Schuetz, Beat Mueller, Jim Young, Ursula Schild, Charly Nusbaumer, Pierre Périat, Heiner C. Bucher, Mirjam Christ-Crain. ProcalcitoninGuided Antibiotic Use vs a Standard Approach for Acute Respiratory Tract Infections in Primary Care. Archives Intern Medicine 2008; 168: 2000-7. 3 Bericht für das IQWiG: https://www.iqwig.de/d06-01a-positronen-emissionstomographie-pet-bei.986.html?tid=1135 4 EUnetHTA: http://www.eunethta.eu/Public/About_EUnetHTA/HTA/ INHTA: http://www.inahta.org/HTA/Glossary/#_G

Foto: Silvia Schütz

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) oder das National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) in Grossbritannien. In Zusammenarbeit mit anderen Sachverständigen – auch hier zum Teil in internationaler Kooperation – evaluiert CEB die bereits vorliegenden wissenschaftlichen Arbeiten (die Evidenzlage) für einen patientenrelevanten Nutzen einer Technologie. Ein Beispiel ist die Positronenemissionstomografie (PET bzw. PET/CT) bei Lymphompatienten. CEB wirkt auch an der Berichterstellung mit.3 Die möglichst umfassende, systematische und transparente Aufarbeitung und Bewertung bereits bestehender Studien, Berichte usw. ist der Grundstein eines HTA. Eine transparente Darstellung der Ergebnisse und Bewertungen soll Entscheidungsträgern eine differenzierte Entscheidung etwa für eine Zulassung oder eine Vergütung einer Massnahme ermöglichen.

3 Fragen an Professor Heiner C. Bucher

«HTA ist im ureigensten Interesse des aufgeklärten Konsumenten» Wieso gibt es in der Schweiz noch keine HTAs auf nationaler Ebene? Die Gründe sind sehr vielfältig. Ein Hauptgrund ist sicherlich die föderalistische Versorgungsstruktur des Schweizerischen Gesundheitswesens, durch welche die Kantone ebenfalls Anbieter von Leistungen sind. Damit fehlt eine wichtige politische Anreizstruktur, Leistungen bezüglich ihrer Evidenz und Wirksamkeit zu untersuchen. Obwohl wir eines der teuersten Gesundheitswesen in Europa haben, ist der Druck für mehr Evidenz und Effizienz im medizinischen Angebot scheinbar immer noch zu wenig gross. Die Frage, ob die Leistung und Qualität im Vergleich zum Aufwand stimmt, bedrückt scheinbar noch zu wenig Bürger. HTA ist eigentlich im ureigensten Interesse des aufgeklärten Konsumenten. Was können HTAs bewirken? Sie ermöglichen uns, die Mittel besser einzusetzen und Medizin, die dem Patienten tatsächlich nützt von solcher zu unterscheiden, die wenig nützt oder potenziell sogar schadet. HTAs schaffen für Entscheidungsträger im Gesundheitswesen objektivere Grundlagen, wie die beschränkten Mittel im Gesundheitswesen besser eingesetzt werden können, um für Patienten einen optimalen Nutzen zu erzielen. HTAs können auch Defizite in der Anwendung und zusätzlichen Forschungsbedarf aufzeigen. Zum Beispiel? Wir benötigen neue diagnostische Tests in der Grundversorgung, um die Antibiotikaverschreibung zu optimieren. Trotz den Mitteln des Nationalfonds fanden wir die restlichen Gelder nicht, um eine Studie bei Grundversorgern durchzuführen und mussten die Mittel zurückgeben.

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Grafik des Monats

Mit mehr Effizienz gegen die Kostenspirale Eine Studie der OECD bestätigt, dass eine verbesserte Leistungsfähigkeit der Gesundheitssysteme und damit der Pflegequalität mittelfristig die Entwicklung der Gesundheitskosten dämpft. Anders gesagt: Qualität bedeutet nicht automatisch höhere Kosten.

Wenn die Regierungen die Pflegequalität aufrechterhalten wollen, ohne die öffentlichen Finanzen noch stärker zu belasten, müssen sie die Leistungsfähigkeit ihrer Gesundheitssysteme steigern. Zu diesem Schluss kommt ein kürzlich erschienener Bericht der OECD. Mit einer Erhöhung der Ausgaben, wie es die Regierungen jahrzehntelang gemacht haben, können die Resultate im Gesundheitsbereich nicht verbessert werden. Hohe Gesundheitsausgaben – Tendenz steigend

Die Gesundheitsversorgung ist heute einer der grössten Ausgabenposten. Sie macht durchschnittlich 15 Prozent der öffentlichen Ausgaben der OECD-Länder aus – Tendenz steigend. Die wachsenden Ausgaben haben zwar die Gesundheitsresultate ständig verbessert: Verlängerung der Lebenserwartung um ein Jahr alle vier Jahre oder die Erhöhung der Überlebensrate von Menschen mit Krankheiten wie Krebs. Die Kosten indes dürfen und können nicht ins Unermessliche ansteigen. Sie sind bereits jetzt eine Last für die Versicherten. Effizienzunterschiede zwischen den Ländern

Aus vergleichenden Analysen geht hervor, dass die Leistungsfähigkeit der Gesundheitssysteme von Land zu Land

variiert. Australien, Japan, Südkorea und die Schweiz erreichen die besten Resultate, wenn es sich um die erreichten Resultate pro ausgegebenen Franken handelt. Auch wenn die Schweiz ein gutes Kosten/Nutzen-Verhältnis zu erzielen scheint, könnte sie ihre Gesundheitsausgaben bis 2017 noch um rund 0,5 Prozent des BIP reduzieren. In Griechenland, den USA, Irland und in Grossbritannien wurden die Resultate ohne Ausgabenanstieg am stärksten verbessert. Bessere Leistungsfähigkeit meint bessere Qualität zu gleichen Kosten

Gemäss dem Bericht der OECD könnte allein durch eine Steigerung der Leistungsfähigkeit die Pflegequalität weiter verbessert werden – zu gleich bleibenden Kosten. Dadurch könnten die Kosten OECD-weit bis 2017 um fast zwei Prozent des BIP gesenkt werden. Würden alle Länder so effizient wie die Leistungsfähigsten werden, könnte die Lebenserwartung in der OECD-Zone durchschnittlich um mehr als zwei Jahre zunehmen, ohne eine Erhöhung der Gesundheitsausgaben. Vergleichsweise würde eine Erhöhung der Gesundheitsausgaben um 10 Prozent mit gleich bleibender Leistungsfähigkeit die Lebenserwartung bloss um drei oder vier Monate erhöhen. maud hilaire schenker

Der Bericht der OECD analysiert den Zusammenhang von Gesundheitspolitik und Leistungsfähigkeit von Gesundheitssystemen und bringt für jedes Land spezifische Verbesserungsvorschläge an. Weitere Informationen: www.oecd.org

Mögliche Einsparungen aufgrund grösserer Effizienz bei den öffentlichen Ausgaben für die Gesundheit in % des BIP 2017 QUELLE: OECD

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Auch wenn die Schweiz auf internationaler Ebene bereits sehr effizient ist, sind Verbesserungen durchaus noch möglich.

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Im Blickpunkt: Erfahrungen mit HTA-Modellen in Europa

Wie viel ist ein Menschenleben wert? Hat das Leben einen Preis? Wenn ja, welchen? 100 000, 500 000 oder eine Million Franken? Eine schockierende ethische Frage, die sich angesichts der stetig steigenden Gesundheitskosten immer mehr aufdrängt. Vielleicht können die HTAs dabei helfen, eine Antwort auf diese Frage zu finden. Dazu braucht es jedoch ein strukturiertes und auf nationaler Ebene koordiniertes HTA-Programm. Ein Blick auf die Situation in Europa.

Wie viel Geld kann die Grundversicherung der Krankenkasse maximal für eine bestimmte Behandlung zurückerstatten, ohne damit die Allgemeinheit zu stark zu belasten? In der Schweiz gibt es zurzeit keine gesetzliche Grundlage, welche diese Frage beantworten würde. Wie auch immer, früher oder später müssen die Politiker dieses Problem angehen, wenn sie ein solidarisches Gesundheitssystem garantieren wollen. Die Kosten-Nutzen-Analyse medizinischer Behandlungsmethoden, wie sie unter den HTAs verstanden wird (siehe Seite 4), erlaubt vielleicht, eine Antwort darauf zu finden, vorausgesetzt, dass sie auf einem schweizweit abgestützten Konsens beruht. Dabei muss präzisiert werden, dass das Ziel der HTAs nicht darin besteht, die Kosten eines Menschenlebens zu bewerten, sondern vielmehr den Mehrwert einer neuen Behandlung einzuschätzen, d.h. zu überprüfen, ob eine solche gegenüber einer bereits bestehenden Methode wirksamer und effizienter ist. Mehrere europäische Staaten verfügen bereits über derartige nationale Programme. Aktuelle Situation in Europa

Die erste nationale Agentur für HTA wurde erst 1987 in Schweden gegründet. Ihr Ziel bestand damals darin, die schwedische Regierung und die Grafschaften über neue Gesundheitstechnologien zu informieren. Seither ist die Zahl der HTA kontinuierlich gestiegen. Heute gelten diese in Europa als ein unentbehrliches Instrument zur Verbesserung der Gesundheitssysteme. Handhabung, Auftrag und Berichterstattung an die politischen Behörden sind allerdings – genau wie die Gesundheitssysteme selber – sehr heterogen. Grundsätzlich unterscheidet man zwei Agenturtypen: Die einen sind auf regionaler oder nationaler Ebene tätig, während die anderen für Spitäler arbeiten und diese bei organisatorischen Entscheidungen unterstützen. In der Regel handelt es sich um Non-Profit-Organisationen, die von der öffentlichen Hand finanziert werden. Was für einen Nutzen kann die Schweiz für sich aus der vorhandenen Vielfalt ziehen?

die HTA-Bewertungen systematisieren und den Prioritäten des Gesundheitswesens anpassen: Sie müssen strukturiert und schweizweit koordiniert werden. Lektion 2: Vereinheitlichung von Methoden

Es liegt auf der Hand, dass der Erfolg der HTA von der Qualität der Berichte sowie von der Kommunikation und Verbreitung der Informationen abhängt. Man muss sich also auf eine geeignete, für alle nachvollziehbare Methode festlegen. In Deutschland beispielsweise werden die HTAs von zwei Organisationen durchgeführt: der Deutschen Agentur für Health Technology Assessment (DAHTA@ DIMDI) und dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen IQWiG). Nun stiessen die Methoden des IQWiG aber auf heftige Kritik, weil sie als zu komplex und daher als nicht praktikabel angesehen wurden. Die ersten methodischen Ansätze wurden also komplett überarbeitet. In Frankreich hingegen liegen die Kosten-Nutzen-Bewertungen medizinischer Technologien in den Händen einer einzigen Organisation, der Haute autorité de santé (HAS), die sämtliche Aktivitäten im Zusammenhang mit der Qualität medizinischer Behandlungen (HTA, Leitfäden für die Berufspraxis, Akkreditierung der Spitäler) koordiniert. Dieses einheitliche Vorgehen ermöglicht, die nationalen Prioritäten festzulegen und die Effizienz zu steigern. Lektion 3: Kooperation mit anderen Ländern

HTAs sind nur im politischen Kontext und innerhalb des Gesundheitssystems eines gegebenen Landes aussagekräftig. Angesichts der gewaltigen Aufgabe, welche die systematische Bewertung jeglicher Gesundheitsleistung darstellt, wäre es dennoch sinnvoll, die bereits im Ausland erarbeiteten HTA nutzen zu können. Eine Überwachung der Resultate und eine Vereinheitlichung der Praktiken wären also nützlich. Verschiedene Non-Profit-Organisationen fördern die internationale Koordination, beispielsweise das International Network of Agencies for Health Technology Assessment INAHTA, dem 50 von der öffentlichen Hand finanzierte HTAAgenturen aus 26 verschiedenen Ländern angehören, oder das EUnetHTA (European Network for Health Technology Assessment), welches HTA-Agenturen, Regierungskreise und Forschungsgruppen von Ländern zusammenbringt, in denen es noch keine offiziell etablierten HTA-Agenturen gibt. Das EUnetHTA umfasst 54 Mitglieder aus 31 europäischen Ländern. Aber bis zu einer effizienten transnationalen Kooperation ist es noch ein weiter Weg. Damit bleibt noch ein letztes Rätsel zu lösen:

Lektion 1: Systematisierung der HTA

Gesundheitsbehörden ohne HTA-Programm müssen sich auf einseitige Informationen seitens der Industrie stützen, auf private Interessen, auf Experten oder auch auf im Ausland getroffene Entscheidungen. Die Herausforderung liegt also darin, die Entscheidungsfindung zu beschleunigen und zu optimieren, ohne gleichzeitig fixfertige Rezepte bereitzustellen, und sodann die HTA in den bestehenden Entscheidungsprozess zu integrieren. Zu diesem Zweck muss man

Lektion 4: Wie lässt sich der Wert des Lebens bemessen?

Es gibt zwei gegensätzliche Methoden. Die eine ist in Grossbritannien gebräuchlich und wird vom National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) angewendet. Die zweite verfolgt einen differenzierteren Ansatz und berücksichtigt auch gesellschaftliche Faktoren.

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Drei Fragen an Professor Gérard de Pourvourville Gérard de Pourvourville ist Inhaber des Lehrstuhls für Gesundheit sowie Direktor des Instituts für Gesundheit an der ESSEC Business School bei Paris. Er arbeitet aktiv an zahlreichen Wirtschafts- und Gesundheitszeitschriften mit. Seit 1982 ist er als wissenschaftlicher Berater für die Abteilung Spitäler des französischen Gesundheitsministeriums tätig und hat zahlreiche Spitäler und pharmazeutischen Labore beraten.

1. Welches sind bei Ihnen die Vor- und Nachteile der HTAs? Statt von Vor- und Nachteilen zu sprechen, würde ich eher die Stärken und Schwächen der HTA in den Vordergrund stellen. In Frankreich ist das Potenzial für Fachexpertisen im Bereich Evaluation sehr gross, wobei es bei der wirtschaftlichen Evaluation zweifellos noch hapert. Die Auswertungen sind hauptsächlich klinischer Art und eine wesentliche Schwachstelle ist, dass es praktisch keine Anreize oder Strafen gibt, welche die medizinischen Leistungserbringer dazu veranlassen würden, die Empfehlungen umzusetzen und ihre Behandlungsmethoden zu ändern. 2. Lassen sich in Frankreich die Auswirkungen der HTA auf die Gesundheitskosten beziffern oder anderswie einschätzen? Das Ziel einer HTA-Bewertung besteht nicht nur darin, die Kosten zu reduzieren, sondern auch die Effizienz der Behandlungsmethoden zu steigern. Dies lässt sich aber nur überprüfen, wenn die HTA-Analysen letztlich dazu führen, Verschwendungen – z. B. die Finanzierung wirkungsloser Behandlungen – zu erkennen oder die kostengünstigsten Behandlungsverfahren zu eruieren, welche die gleiche Wirksamkeit wie teurere Methoden aufweisen. Es ist heute nicht möglich, eine Gesamtwirkung der HTA-Aktivitäten hinsichtlich Effizienz und Kosten zu ermitteln, da es kein Instrument gibt, das die Empfehlungen durchzusetzen vermag. Auf alle Fälle jedoch sind Erfolge bei der Verschreibung von Antibiotika sowie auch hinsichtlich der Verbreitung von Generika zu verzeichnen. 3. Welches sind die entscheidenden Punkte für die Einführung eines leistungsstarken nationalen HTA-Programms? • eine unabhängige Institution, deren Finanzierung gesichert ist und die in der Lage ist, die erforderlichen Untersuchungen selber durchzuführen, aber auch externe Hilfe in Anspruch nehmen kann (denn es ist nicht möglich, alles selber zu bewältigen); eine Institution, die konsequent Empfehlungen zur praktischen Umsetzung abgibt; • Schulung der öffentlichen Entscheidungsträger in den HTA-Prinzipien, damit sie in der Lage sind, deren Ergebnisse zu analysieren und umzusetzen; • Koordination mit der Krankenkasse zur Entwicklung eines Motivationssystems für die Leistungserbringer im Gesundheitswesen; • ein leistungsfähiges Gesundheitsinformationssystem.

Die erste Methode stützt sich auf das Konzept Quality Adjusted Live Year (QALY) oder «qualitätskorrigiertes Lebensjahr». Diese ökonomische Kennzahl kann dazu verwendet werden, den monetären Wert einer therapeutischen Intervention oder Behandlung einzuschätzen. Ein Jahr bei voller Gesundheit entspricht einem QALY 1; eine Intervention, die zum Tod führt, entspricht einem QALY 0; ein Jahr, in dem sich die Lebenserwartung dank einem therapeutischen Eingriff erhöht, die Lebensumstände sich aber gleichzeitig verschlechtern (indem z.B. der Tod auf Kosten einer Behinderung vermieden wird), wird auf einer Skala zwischen 0 und 1 liegen. Das QALY-Konzept ist sowohl ethisch als auch wissenschaftlich sehr umstritten. Die Kritiken richten sich vor allem dagegen, dass das QALY systematisch behinderte Menschen und ältere Patienten diskriminiert. In Grossbritannien sind die auf dem QALY-Konzept basierenden Kosten-Nutzen-Analysen an einen fixen Schwellenwert gekoppelt, was zu einer Rationierung der medizinischen Leistungen führt. Das NHS (National Health System) erstattet grundsätzlich nur Behandlungskosten zurück, die 30 000 Pfund pro QALY nicht übersteigen. Diese Berechnungen tragen den indirekten Kosten oder den sozialen Fragen wie Einkommensverlust nach einer Krankheit, berufliche Wiedereingliederung, Lebensqualität, Autonomie des Patienten usw. in keiner Weise Rechnung. Daher lehnen gewisse Länder wie Deutschland oder Schweden dieses Konzept ab. In Frankreich haben die ökonomischen Bewertungen zum Ziel, die verschiedenen Optionen aufgrund ihres Vermögens, mit den mobilisierbaren Ressourcen die bestmöglichen Resultate zu erreichen, hierarchisch zu gliedern. Die angewandten Methoden können in drei Kategorien eingeteilt werden: Kosten-Wirksamkeits-, Kosten-Zweckmässigkeits- und Kosten-Nutzen-Analysen. Evaluiert werden aber auch die wirtschaftlichen Folgen einer Änderung der Behandlungsform oder der Einfluss der generellen Kostenübernahme einer bestimmten Behandlung auf die gerechte und angemessene Ressourcenverteilung usw.1 Anders gesagt, wie hoch ist der Beitrag, den die Allgemeinheit zu leisten bereit ist, um einen zusätzlichen Tod zu vermeiden, das Sterblichkeitsrisiko zu verringern und die medizinische Versorgungssituation zu verbessern? Auch wenn es dem Wirtschaftsexperten aufgrund der Kosten-Nutzen-Analyse theoretisch möglich wäre, diesen Wert zu bestimmen, so bleibt die Frage dennoch offen. Die zahlreichen ethischen, philosophischen und persönlichen Fragestellungen, die sich daraus ergeben, machen jede Antwort problematisch. maud hilaire schenker

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Haute Autorité de Santé, L’Evaluation économique à la Haute Autorité de Santé, Principes et méthodes, Januar 2010, S. 15-16. Das Dokument wurde in die öffentliche Vernehmlassung gegeben


Drei Fragen an Carlo Conti

«Eine konkurrenzlose Einheitskasse ist wohl nicht günstiger als die besten Krankenversicherer»

Am 31. Januar ist die Volksinitiative für eine öffentliche Krankenkasse lanciert worden. In den Medien engagierten sich befürwortende Gesundheitsdirektoren aktiv für die Vorlage. Es wird behauptet, dass auch im bürgerlichen Lager die Front gegen die Einheitskasse bröckelt. Sie haben sich bisher stets gegen Einheitskassenideen geäussert. Warum?

Wir haben im Gesundheitswesen echte Herausforderungen zu meistern, damit auch die nächste Generation von einem qualitativ guten und finanziell für Prämien- und Steuerzahler tragbaren Gesundheitswesen profitieren darf. Die Zusammenführung der Krankenkassen zu einer Einheitskasse würde zuerst einmal viel Geld kosten. Ob eine Einheitskasse, welche keine Konkurrenz zu fürchten hätte, wirklich kundenfreundlicher und kostengünstiger arbeiten würde als die Besten unter den Krankenversicherern, wage ich zu bezweifeln.

Verstehen Sie den Ärger in der Bevölkerung über die massiven Prämienunterschiede, obwohl doch jede Kasse mindestens in der Grundversicherung den gleichen Leistungskatalog anbieten muss?

Diesen Ärger verstehe ich gut. Ich teile ihn sogar. Ich hoffe aber, dass die Initiative mindestens diejenigen Krankenversicherer aufschreckt, welche bisher das Unbehagen der Bevölkerung über die aggressive und teure Kundenwerbung ignoriert haben. Die Branche hat sich ja eben verpflichtet, die Telefonwerbung einzustellen, die Maklerprovisionen zu beschränken und Qualitätsstandards in der Kundenwerbung festzulegen. Der Bundesrat hat zudem ein neues Aufsichtsgesetz in die Vernehmlassung geschickt, welches in Zukunft die für die Versicherten schädlichen Auswüchse des Wettbewerbs unter den Versicherern unterbinden soll.

von der Jagd auf gute Risiken zu Qualität und Kosteneffizienz der medizinischen Versorgung verlagern und das Ausgabenwachstum für die medizinische Versorgung mindestens bremsen. Diese Ziele erreichen wir nur, wenn alle Akteure des Gesundheitswesens im Interesse des Gemeinwohls am gleichen Strick und in die gleiche Richtung ziehen. Interview: francoise tschanz

Foto: ZVG

Die Kosten im Gesundheitswesen werden auch mit einer Einheitskasse steigen. Die Volksinitiative für eine öffentliche Krankenkasse beseitigt keine Ursache der wachsenden Ausgaben für unser Gesundheitswesen. Es gilt nun, die auf Qualität und Kosteneffizienz ausgerichteten Reformen des Krankenversicherungsgesetzes wie die Pflegefinanzierung, die Spitalfinanzierung und Managed Care rasch umzusetzen. Der technische Fortschritt in der Medizin ist ein Segen, der sich in der demografischen Entwicklung widerspiegelt. Doch wird er die Krankenkassenprämien weiter ansteigen lassen.

Ist unsere Gesundheit nicht ein zu wichtiges Gut, um es den ökonomischen Gesetzen des Stärkeren zu opfern?

Die Krankenversicherer sind ja nicht für unsere Gesundheit verantwortlich. Das sind wir nämlich primär selber. Mit unseren Steuern und Prämien leisten wir alle einen solidarischen Beitrag, damit jeder von uns, ob reich oder arm, im Krankheitsfall die gleiche wirksame, zweckmässige und wirtschaftliche medizinische Behandlung bekommt. Es wäre unethisch, so zu tun, als ob wir im Gesundheitswesen unbeschränkte finanzielle Ressourcen hätten. Der regulierte Wettbewerb mit den soliden sozialen Leitplanken des Versicherungsobligatoriums und der Prämienverbilligungen gewährleistet eine gerechtere und flexiblere Zuteilung der beschränkten Ressourcen als eine staatlich gesteuerte Kasse. Der Hebel ist aber nicht nur bei der Aufsicht über die Krankenversicherer anzusetzen. Die neue Spitalfinanzierung und die integrierten Versorgungsnetzwerke mit einem verfeinerten Risikoausgleich werden den Wettbewerb

Dr. iur. Carlo Conti ist seit 2000 Regierungsrat (CVP) des Kantons Basel-Stadt und Vorsteher des Gesundheitsdepartements Basel-Stadt. Nach dem Jurisprudenzstudium an der Universität Basel war er als Anwalt tätig, später in leitender Position in der Rechtsabteilung von Hoffmann-La Roche. Er ist Vizepräsident der Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK), Verwaltungsratspräsident der SwissDRG AG und Vizepräsident von Swissmedic.

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Im Entscheid (9C_334/2010) hat sich die II. sozialrechtliche Abteilung des Bundesgerichts zur Frage der Kostenübernahmepflicht zur Behandlung der seltenen Krankheit Morbus Pompe geäussert. Zu beurteilen war, ob eine Krankenkasse jährlich rund 500 000 Franken für das Medikament Myozyme, das nicht auf der Spezialitätenliste figuriert, zur Behandlung von Morbus Pompe bezahlen muss. Die Kostenübernahme für ein solches Arzneimittel, das sich nicht auf der Spezialitätenliste (SL) befindet – oft auch mit «off label» umschrieben – setzt voraus, dass es einen hohen therapeutischen Nutzen hat. Ein wichtiger Anwendungsbereich für »off label use» gibt es bei Medikamenten, die gegen Krankheiten eingesetzt werden, die so selten sind, dass sich ein Zulassungsverfahren für den Medikamentenhersteller nicht lohnt (orphan drug bzw. orphan disease). Dazu das Bundesgericht wörtlich: «Für die Zulassung eines off label use kann aber nicht jeglicher therapeutischer Nutzen genügen, könnte doch sonst in jedem Einzelfall die Beurteilung des Nutzens an die Stelle des gesetzlichen Listensystems treten und dieses unterwandern. Da das gesetzliche System auch der Wirtschaftlichkeit dient, muss insbesondere vermieden werden, dass durch eine extensive Praxis der ordentliche Weg der Listenaufnahme durch Einzelfallbeurteilungen ersetzt und dadurch die mit der Spezialitätenliste verbundene Wirtschaftlichkeitskontrolle umgangen wird.» Auch bei orphan drugs wird verlangt, dass diese wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sind (Art. 32 KVG). Eine relativ bescheidene Besserung Zum Gebot der Wirksamkeit hat das Bundesgericht ausgeführt: «Die LOTS-Studie weist eine .statistisch signifikante, aber doch relativ bescheidene Besserung aus, indem die 6-Minuten Gehstrecke dank der Myozyme-Therapie um rund 10 Prozent verlängert werden konnte». Es zitiert aus der LOTS-Studie: «The treatment has a positive, if modest effect on walking distance and pulmonary function». Es hat die Wirksamkeit deshalb vorliegend verneint. In einer weiterführenden Argumentation verneint das Gericht zudem auch die Wirtschaftlichkeit. «Unter dem allgemeinen Gesichtspunkt der Verhältnismässigkeit, die für das gesamte Staatshandeln gilt, ist eine Leistung zu verweigern, wenn zwischen Aufwand und Heilerfolg ein grobes Missverhältnis besteht ... Dies setze eine Beurteilung des Verhältnisses von Kosten und Nutzen voraus ... Die berechtigten Kosten hängen vom Nutzen ab Die hohe therapeutische Wirksamkeit und die Wirtschaftlichkeit könne nicht getrennt voneinander betrachtet werden ... vielmehr ist die Frage graduell und in Relation zu den Behandlungskosten zu beurteilen: Je höher der Nutzen, desto höhere Kosten sind gerechtfertigt». Explizit widerspricht das Bundesgericht in diesem Zusammenhang der Auffassung, diese Kos-

tenfrage dürfe nicht gestellt werden, da sie ethisch und rechtlich unzulässig sei, wenn es um die menschliche Gesundheit gehe. «Die Mittel, die für eine bestimmte Aufgabe verwendet werden, stehen nicht für andere ebenfalls erwünschte Aufgaben zur Verfügung. Deshalb kann kein Ziel ohne Rücksicht auf den finanziellen Aufwand angestrebt werden, sondern es ist das Kosten-/Nutzen- oder das Kosten-/Wirksamkeitsverhältnis zu bemessen. Das gilt auch für die Gesundheitsvorsorge und die obligatorische Krankenpflegeversicherung». Das Bundesgericht hält vorerst Rückschau auf die Rechtsprechung im Bereich des Wirtschaftlichkeitsgebots, die es als «insgesamt eher zurückhaltend» bezeichnet. Kostengrenze von 100 000 Franken? Dann hält es fest, dass jährliche Behandlungskosten von 500 000 bis 600 000 Franken aus Gründen der Rechtsgleichheit nicht mehr als angemessen betrachtet werden dürfen. «Die Meinung der NZZ, die das Urteil in ihrer Ausgabe vom 23. Dezember 2010 kommentiert hat, erscheint durchaus realistisch: dass das Bundesgericht mit dem vorliegenden Entscheid eine Grenze bei rund 100 000 Franken Behandlungskosten pro Jahr zu ziehen geneigt ist», sagt Jürg Waldmeier, selbstständiger Rechtsanwalt bei Vogel Helfenstein & Partner in Zürich. Er hat die Krankenkasse vor Bundesgericht vertreten. Das Bundesgericht stellt zu dieser Frage folgende Rechnung an: In der Schweiz leben 180 000 Menschen, die aus unterschiedlichen medizinischen Ursachen mit einer vergleichbaren medizinischen Einschränkung der Lebensqualität leben müssen wie Morbus Pompe-Patienten. Wenn diese mit jährlichen Kosten von 500 000 Franken behandelt würden und sich deren Lebenssituation spürbar verbessern liesse, entstünden Kosten von rund 90 Milliarden Franken, was deutlich mehr als die gesamten Kosten des Schweizer Gesundheitswesens ausmacht, so das Bundesgericht. Bedeutung für Krankenversicherer

santésuisse geht davon aus, dass die Feststellung des Bundesgerichts, dass der hohe therapeutische Nutzen von Myozyme bei Patienten mit der Indikation Morbus Pompe mit der späten Verlaufsform nicht gegeben ist, von allgemeiner Aussagekraft ist. Somit ist eine Weiterführung der Kostenübernahme von Myozyme bei der Indikation Morbus Pompe (späte Verlaufsform) nicht mehr möglich. Die entsprechende Diagnose ist sehr selten (1:40 000 Geburten). santésuisse rechnet in der Schweiz mit 15 bis 20 betroffenen Personen für die infantile und späte Verlaufsform. Die Diskussion um eine allfällige Kosten-Obergrenze muss von der Politik geführt werden. alain vioget

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Klipp klar

Wegweisender Entscheid des Bundesgerichts zur Kostenübernahmepflicht von Myozyme


Nachstehend folgt eine Auswahl unlängst erschienener Publikationen:

Foto: Prisma

• Sorenson, Corinna, Drummond, Michael und Kanavos, Panos, Ensuring value for money in health care: the role of health technology assessment in the European Union, Europäisches Observatorium für Gesundheitssysteme und Gesundheitspolitik, XV +156 Seiten Dieses englischsprachige Werk geht detailliert auf die Rolle von HTA in der Europäischen Union ein. Es untersucht die HTA-Methoden und -Verfahren der Gesundheitssysteme und führt detaillierte Studien aus Schweden, Holland, Finnland, Frankreich, Deutschland und Grossbritannien auf. Es zielt auf die Verbesserung der HTA-Verfahren in Europa ab. • Euro Observer, das Gesundheitspolitik-Informationsbulletin des Europäischen Observatoriums für Gesundheitssysteme und Gesundheitspolitik, widmet seine ganze Nummer 4, Band 12, Winter 2010 dem Thema HTA. Diese Publikation ist online verfügbar. Die verschiedenen Artikel behandeln die Auswirkungen von HTA auf die Gesundheitssysteme im internationalen Vergleich und zeigen, wie HTA den Zugang etwa zu Arzneimitteln gegen Krebs beeinflusst. • Haute Autorité de Santé, L’Evaluation économique à la Haute Autorité de Santé, Principes et méthodes, Paris, Dezember 2010, 78 Seiten, verfügbar unter http://www.has-sante.fr. Dieses Dokument verdeutlicht die Grundsätze, nach denen die französischen Haute Autorité de Santé die Effizienz einer Intervention im Gesundheitswesen feststellt und bewertet. Das Dokument wurde vom 2. Dezember 2010 bis zum 31. Januar 2011 in die öffentliche Vernehmlassung geschickt. Das aktuell online verfügbare Dokument ist eine provisorische Version, die sich je nach Vernehmlassungsergebnissen noch ändern kann.

Aus aller Welt

Mehr Informationen über HTA

Service

Leseempfehlungen: Publikationen zum Thema Health Technology Assessment (HTA)

Arzneimittelskandal in Frankreich… Alles nahm mit dem Arzneimittel «Mediator» seinen Anfang, das bis November 2009 zahlreichen Diabetekern verschrieben wurde. Seine schweren Nebenwirkungen auf das Herz und die Lunge haben in Frankreich innert 33 Jahren zum Tod von 500 bis 2000 Patienten geführt. Inzwischen sind drei weitere Arzneimittel in Verdacht geraten, die in der Schweiz nicht zugelassen sind. Die französischen Überwachungsbehörden werden verdächtigt, die wirtschaftlichen Interessen der Pharmaindustrie zu unterstützen, und den politischen Behörden wird vorgeworfen, bei diesem Thema auf Tauchstation zu gehen. Könnte dies damit zusammenhängen, dass der Anwalt des fraglichen Labors während 18 Jahren ein gewisser Nicolas Sarkozy war?

…Misstrauen und... Gemäss einer Umfrage der Tageszeitung Le Parisien stehen 35 Prozent der Franzosen den Arzneimitteln argwöhnisch gegenüber. Im Gegenzug vertrauen sie sehr stark auf die Arzneimittel-Information ihres Arztes (94 Prozent) und ihres Apothekers (90 Prozent), während gerade mal eine knappe Mehrheit der Bevölkerung der Expertise der offiziellen Arzneimittelkontrollorganen Glauben schenkt.

…Quelle von Reformen Angesichts der Flut von Kritiken hat Frankreichs Gesundheitsminister Xavier Bertrand angekündigt, das gesamte Gesundheitssystem mit Augenmerk auf die Sicherheit zu erneuern.

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Monats

Foto: Keystone

Einzig der Gipfel der Weissfluh glänzt in der Morgensonne. Untendrunter ist es kalt und nebelgrau. Langlaufen in der Skating-Technik steht auf dem Programm. Im Sportfachgeschäft Hofmänner in Davos werde ich professionell ausgerüstet. Schuhgrösse, Gewicht und die Höhe der Stöcke werden bestimmt. Schuhe an. Rein in die Skier. Braun gebrannt und blau gewandet steht Urbi Meier vor mir und meinen zwei Mitschülern. In einer Saison – d.h. von Ende November bis Anfang April – erteile er gut und gern 450 Stunden Langlaufunterricht. Tendenz steigend. «Langlaufen ist eben eine Trendsportart.» Kaum steh ich auf den dünnen Brettern, schliesse ich schon Bekanntschaft mit dem Boden. Bei Langlauf-Skiern ist nämlich ein gutes Gleichgewicht gefragt. Besonders bei diesen Verhältnissen: Der Schnee ist aggressiv und die Skier laufen gut. Zu gut. Grossgewachsene Anfänger wie ich habens schwieriger, ihr Schwerpunkt liegt höher, klärt mich Urbi in breitem Bündner Dialekt auf. «Immer in de Chnü bliibe, dänn chan nüüt paassiere.» Der perfekte Langläufer muss klein sein und dicke Füsse haben, denke ich. Zudem ist die Skating-Technik anspruchsvoller als die klassische. Während die klassischen Läufer immer in der Spur bleiben, wippen die Skater regelmässig von einer Seite zur anderen. Profis wippen, ich kippe. Nach dem dritten Sturz weiss ich, wo mein Steissbein liegt, und verfluche Pauli Siitonen. Der Finne ist Urvater dieser Höl-

lentechnik. Das Skating kennt sechs verschiedene Laufarten, die sinnigerweise Gänge genannt werden. Urbi zeigt vor und zieht davon – ein blauer Blitz in der Spur. Meine Mitschüler wiegen sich perfekt von Gang zu Gang. Einzig ich komm nicht in die Gänge. Bloss der Zweite und der Vierte, auch der Asymmetrische und der Eins-Zwei genannt, funktionieren. Ansonsten stockt der Motor. Je mehr der Himmel über Davos aufklart, desto düsterer wird meine Stimmung. Beim siebten Sturz kippe ich vornüber. Ich schmecke wie der Schnee langsam unter meinem Gesicht schmilzt. Ich höre – whoosh, whoosh, whoosh – mit welcher Eleganz und Gleichmässigkeit mehrere Läufer an mir vorbei ziehen. Irgendetwas an diesem Sport macht den Leuten Spass. Sonst würden wohl kaum Jahr für Jahr 10 000 Langläufer am Engadiner Ski-Marathon teilnehmen. Nach zweieinhalb Stunden Langlauf-Lebenserfahrung erteilt mir Urbi seinen Segen und lässt mich alleine meine Runden drehen. Und jetzt! Endlich, endlich komme ich ins Gleiten, setze mutig einen SkatingSchritt vor den anderen. So muss es sein! Die Bretter, die die Welt bedeuten! Eine Art Glücksgefühl kommt auf. Eins-zwei, eins-zwei. Plötzlich sehe ich nur noch blau: Der Himmel über Davos strahlt stählern sein breites Grinsen auf mich herab. Das Dutzend ist voll. Gregor Patorski, 14. Januar 2011

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Bild

Langmut auf der Loipe


Der Schweizerische Versicherungsverband SVV ist die Dachorganisation der privaten Versicherungswirtschaft, der über 70 grosse und kleine, national und international tätige Erst- und Rückversicherer angeschlossen sind. Im Zuge einer Nachfolgeregelung sucht die Geschäftsstelle in Zürich eine/n

Projektleiter/in Kranken- und Unfallversicherung und stellvertretende/r Bereichsleiter/in Aufgabe und Verantwortung Als Interessensvertreter beobachten und analysieren Sie die Entwicklung im Bereich der Kranken- und teilweise auch der Unfallversicherung und erarbeiten zusammen mit den Projekt- und Arbeitsgruppen Stellungnahmen in Vernehmlassungsverfahren sowie Grundlagen- und Positionspapiere. Sie pflegen regelmässige Kontakte zu Dach-, Partnerverbänden und Aufsichtsbehörden und nehmen im Sinne einer zukunftsorientierten Weiterentwicklung der Krankenversicherung Einfluss auf die politische und technische Diskussion. Sie betreuen und unterstützen die zwei Kommissionen «Gesundheitswesen» und «Technik Kranken/Unfall». Im Weiteren stellen Sie die Umsetzung der erarbeiteten Schwerpunkte sicher und sind für die Informationen und Dokumentationen an die Mitgliedgesellschaften zuständig. Anforderungen • Hochschulabschluss (Uni/FH) oder gleichwertige Aus- und Weiterbildung • Gute Kenntnisse im Bereich der Kranken- und Unfallversicherung • Verhandlungsgeschick und Kommunikationskompetenz • Analytische und konzeptionelle Fähigkeiten • Hervorragendes mündliches und schriftliches Ausdrucksvermögen Wir bieten eine interessante und vielfältige Aufgabe, sehr gute Anstellungsbedingungen in einem interdisziplinären und modernen Umfeld. Haben wir Ihr Interesse geweckt? Dann freuen wir uns auf Ihre Bewerbungsunterlagen an folgende Adresse: [m.a.g.] management consulting Micheline Aebersold-Golay Gotthardstrasse 21 8002 Zürich

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SwissDRG E-Learning ab April 2011 DRG kommt per 2012 Wir sind vorbereitet und bieten für die Mitarbeitenden von Krankenversicherern, Privatversicherern und anderen Sozialversicherern eine zeitgemässe Einführung an. E-Learning erlaubt es Ihnen, von Zeit und Ort unabhängig in Ihrem eigenen Tempo zu lernen. Die Lerninhalte sind auf die spezifischen Bedürfnisse der Krankenversicherer ausgerichtet: • Von der Kostenvergütung zur Leistungsvergütung • Begriffe zu DRG • Die Fallpauschale • Das Data-Set Die Detailinformationen entnehmen Sie unserer Anmeldeplattform, wo Sie bereits heute Ihre Kursbuchung vornehmen können. Auszug aus unserer E-Learning Vision Es ist unser Ziel, E-Learning nicht nur für unsere internen Kurse zu verwenden, sondern diese auch interessierten externen Kreisen wie Krankenversicherern oder Leistungserbringern anzubieten. Effektives Lernen setzt didaktische Prinzipien und Fantasie voraus. Mit einem handlungs- und ressourcenorientierten Lehr- und Lernverständnis, entwickeln wir ein qualitativ hochstehendes E-Learning-Angebot. Weitere Auskünfte: Melisa Muharemovic, Projektleiterin NKG, Tel. 032 625 42 92, melisa.muharemovic@santesuisse.ch


Sanitas gehÜrt zu den fßhrenden Krankenver­ sicherern in der Schweiz. Das Geheimnis dieses Erfolges? Eine fortschrittliche Unternehmens­ politik, ausgezeichnete Mitarbeitende und erst­ klassige KrankenversicherungslÜsungen. An unserem Hauptsitz in Zßrich im Departement Leistungen suchen wir zur Ergänzung unseres Teams kompetente Personen als

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Referate Andreas Faller Vize-Direktor BAG Jean-François Steiert Vizepräsident des Dachverbandes Schweizerischer Patientenstellen Gerd Glaeske Gesundheitsökonom, Universität Bremen Klaus Peter Rippe Ethiker, Universität Zürich Charles Giroud Präsident RVK Benjamin Tommer Redaktor NZZ am Sonntag Diskussion auf dem Podium Rita Ziegler Vorsitzende der Spitaldirektion des UniversitätsSpitals Zürich Marc Müller Präsident Hausärzte Schweiz Beat Ochsner CEO Sympany Gruppe Moderation Markus Gilli Programmleiter Tele Züri

Verband der kleinen und mittleren Krankenversicherer


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