infosantésuisse Nr. 02/2010 deutsch

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Spitäler: Qualität, Kosten und Finanzierung

Das Magazin der Schweizer Krankenversicherer


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Entscheidend ist die Verbesserung des Patientennutzens: Das Schweizer Spitalsystem im Banne der neuen Spitalfinanzierung

Krass unterschiedliche Behandlungen und Behandlungskosten ohne medizinische Erklärung: Spital- und Belegärzte in der Beweispflicht

Auf dem Weg zu einheitlichen Qualitätsindikatoren: Spitalqualität wird vor 2012 vergleichbar

Inhalt Im Fokus 4 Entscheidend ist die Verbesserung des Patientennutzens: Das Schweizer Spitalsystem im Banne der neuen Spitalfinanzierung 6 Krass unterschiedliche Behandlungen und Behandlungskosten ohne medizinische Erklärung: Spital- und Belegärzte in der Beweispflicht 8 Die Beispiele Neuenburg und Laufen zeigen: Reorganisationen im Spitalbereich nach wie vor heftig umstritten 10 Auf dem Weg zu einheitlichen Qualitätsindikatoren: Spitalqualität wird vor 2012 vergleichbar 12 Die Spitalplanung: Hemmschuh für einen gesunden Wettbewerb 13 Drei Fragen an Oliver Peters, Verwaltungs- und Finanzdirektor des Waadtländer Universitätsspitals (CHUV): «Wettbewerbsfähig macht zunächst die Motivation des Personals» Gesundheitswesen 14 Studie der OECD nimmt die Gesundheitssysteme unter die Lupe: Für ein besseres Kosten-Nutzen-Verhältnis im Gesundheitswesen 16 Grafik des Monats: Hat die Schweiz zu viele MRIs? 17 Feierliche Diplomübergabe: Sechs neue eidgenössisch diplomierte Krankenversicherungs- expertinnen und -experten 18 Buchtipp: Gesundheitssysteme im Wandel: Länderübergreifende Suche nach Reformen Service 20 Bild des Monats: Weniger Schulen, weniger Spitäler, aber mehr Kirchen 21 Die Würde des Menschen am Lebensende wahren: Palliativpflege: Kernstück der Gesundheitspolitik 21 Neues Kursangebot von santésuisse: Vertiefungskurs B 21 Aus aller Welt 23 Veranstaltungen 23 Mr Raoul

Nr. 2, märz 2010. Erscheint zehnmal jährlich Abonnementspreis Fr. 69.− pro Jahr, Einzelnummer Fr. 10.− Herausgeber und Administration santésuisse, Die Schweizer Krankenversicherer, Römerstrasse 20, Postfach, 4502 Solothurn Verantwortliche Redaktion Maud Hilaire Schenker, Abteilung Politik und Kommunikation, Postfach, 4502 Solothurn, Tel. 032 625 41 27, Fax 032 625 41 51, E-Mail: redaktion@santesuisse.ch Herstellung: Rub Graf-Lehmann, Murtenstrasse 40, 3001 Bern Gestaltungskonzept: Pomcany’s Layout: Henriette Lux Anzeigenverwaltung: Alle Inserate − auch Stelleninserate − sind zu richten an: «infosantésuisse», Römerstrasse 20, Postfach, 4502 Solothurn E-Mail: redaktion@santesuisse.ch Abonnementsverwaltung Tel. 032 625 42 74, Fax 032 625 41 51 Homepage: www.santesuisse.ch Titelbild: Prisma Bildagentur AG, Schlieren-Zürich ISSN 1660-7228


Mit neuer Spitalfinanzierung zu mehr Transparenz und Qualität 2008 machten die stationären und ambulanten Spitalkosten 39,1 Prozent der Kosten der Grundversicherung aus. Zwischen 2007 und 2008 betrug der Spitalkostenanstieg pro versicherte Person 7,1 Prozent. Diese Zahlen gehen aus dem Datenpool von santésuisse hervor. In den kommenden Jahren scheint keine Besserung in Sicht. Die besorgniserregende Entwicklung hat das Parlament veranlasst, eine neue Spitalfinanzierung in die Wege zu leiten, um der Führung und Finanzierung der Spitäler neue Impulse zu verleihen. Stationäre Spitalleistungen werden künftig mit Fallpauschalen nach SwissDRG (DRG – Diagnosis related groups) abgegolten. Qualität und Preise der erbrachten Leistungen lassen sich so besser vergleichen. Parallel dazu werden die Investitionskosten von Spitälern neu in die Preise einbezogen, wie es in der Wirtschaft allgemein der Fall ist. Bis jetzt sind nämlich die Investitionen öffentlicher und halböffentlicher Spitäler von den Kantonen übernommen und nicht in Rechnung gestellt worden! Die Vorgabe ist klar: Man will Spitäler untereinander vergleichen können und sich dabei vor allem auf Qualitätskriterien stützen. Die Intransparenz von heute soll verschwinden. Das Spitalangebot und die damit einhergehenden Investitionen müssen dabei in erster Linie die WZW-Kriterien erfüllen (Wirksamkeit, Zweckmässigkeit, Wirtschaftlichkeit) und sich nicht nach der Gunst der Wähler richten. Qualität und Transparenz muss in Zukunft die Devise im Spitalbereich heissen. Seltsamerweise hat man indessen – als gut schweizerische Kompromisslösung – den Kantonen die Kompetenz zur Spitalplanung belassen. Das steht im Widerspruch zur anvisierten Vergleichbarkeit der Preise und der Qualität der einzelnen Spitäler. Im Gegensatz zu heute werden jedoch die Kantone nicht einfach auf Protektionismus oder Regionalismus setzen können. Denn sie müssen künftig beim Erstellen der Spitallisten die Qualität und die Preise objektiv und sachlich vergleichen. Man darf hoffen, dass sie das auch konsequent tun werden und nicht auf staatliche Interventionspolitik zurückgreifen, wie dies bisher gang und gäbe war. Die Einführung der neuen Spitalfinanzierung per 1. Januar 2012 könnte die schweizerische Spitallandschaft gründlich umgestalten. Denn die diagnosebezogenen Fallpauschalen bringen schweizweit eine einheitliche Tarifstruktur und ermöglichen damit den Vergleich der Spitalkosten über die Kantonsgrenzen hinweg. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, dann haben die Spitäler einen Anreiz, qualitativ hochstehende Leistungen zu guten Preisen anzubieten. Ansonsten sähen sie sich über kurz oder lang mit Defiziten konfrontiert, ihr Ruf wäre dahin und die Patienten, die frei wählen können, liessen sich anderswo behandeln. Die Kantone sollten sich also darauf beschränken, eine gute, ausreichende Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Denn die Priorität unseres Gesundheitssystems ist es, qualitativ hochstehende Gesundheitsleistungen zu vernünftigen Preisen zu garantieren und nicht ineffiziente, kostspielige Strukturen aufrechtzuerhalten.

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Claude Ruey Verwaltungsratspräsident von santésuisse


Entscheidend ist die Verbesserung des Patientennutzens

Das Schweizer Spitalsystem im Banne der neuen Spitalfinanzierung Die neue Spitalfinanzierung muss konsequent, vollständig und termingerecht umgesetzt werden, fordert der Gesundheitsökonom Heinz Locher. Für viel wichtiger als die Umstellung auf Swiss DRG hält er aber die neuen Bestimmungen zur Spitalplanung. Und noch wichtiger sind für ihn neue Formen der Leistungsfinanzierung jenseits von TARMED und SwissDRG im Rahmen der integrierten Versorgung.

Vorerst sei festgehalten, dass unser Spitalsystem die ihm obliegenden Aufgaben das ganze Jahr rund um die Uhr zuverlässig wahrnimmt. Es hat sich in den letzten Jahren positiv entwickelt, das Spitalmanagement setzt die in andern Wirtschaftszweigen bewährten Führungsinstrumente vermehrt ein, stärkt dadurch die strategische und verbessert die operative Führung. Leider ist aber das politische Umfeld vielerorts problematisch geblieben: der industriellen Logik der Spitalführung steht eine (regional-)politische Logik entgegen. Insgesamt zeigt sich demzufolge ein vielfältiges Bild. Licht, Schatten und Zwischentöne wechseln sich – ungleichmässig verteilt – ab. Gibt es in der Schweiz zu viele Spitäler?

Dieses Thema musste ja kommen! Es ist sehr plakativ und eignet sich bestens für Politiker und publizistisch Tätige, um sich wieder einmal in Erinnerung zu rufen: Wer bietet we- niger: 200, 100, 40? Die Frage hat einen wahren Kern, ist aber falsch gestellt. Nicht die Zahl der «Spitäler» ist bedeutungsvoll (was ist ein «Spital»?), sondern die Zahl der «Produktionseinheiten» (z.B. Kliniken). Zwar hat die Zahl der Grundversorgungsspitäler in den vergangenen zehn Jahren deutlich abgenommen. Nach wie vor werden aber innerhalb der einzelnen Spitalunternehmungen oder -betriebsstätten zu viele Produktionseinheiten mit subkritischen Leistungsmengen betrieben, was nicht nur Qualitäts- und Kostenprobleme zur Folge hat, sondern auch die Problematik der ohnehin zu grossen Varianz im Leistungsgeschehen verschärft. Nach wie vor weist das Unternehmensmodell vieler Spitäler ein zu wenig klar definiertes und fokussiertes Profil auf, demzufolge ist die Angebotspalette zu breit an- gelegt («alle machen alles»). Es ist halt schwieriger, Posterioritäten zu identifizieren und zu eliminieren als vielen mit einer entsprechend langen Prioritiätenliste (zumindest kurzfristig) entgegenzukommen.

Der Countdown läuft. Wie relevant ist aber eigentlich die Einführung von SwissDRG?

Die Schweizer Spitalwelt steht nun schon seit einiger Zeit im Banne der neuen Spitalfinanzierung. Hoffen und Bangen sind unterschiedlich verteilt. Eines ist gewiss – die schlechtestmögliche Variante für alle wäre eine verzögerte, unvollständige und mit viel zu vielen offen gebliebenen Fragen belastete Umsetzung der neuen Bestimmungen zur Spitalfinanzierung. Das ganze Vorhaben stand ja von Anfang an unter der aufgrund der gegebenen politischen und rechtlichen Konstellation wohl unvermeidlichen Problematik des «too little too late». Deshalb muss die Parole nun umso bestimmter lauten: kompromisslose Termintreue, so viel Konzept- und Prinzipientreue wie möglich, so viel Pragmatismus wie unerlässlich. Die Konsequenzen der leistungsorientierten Tarifierung werden eher überschätzt, die weiteren Folgen der Reform der Spitalfinanzierung dafür massiv unterschätzt. Bedeutungsvoller als die reine Tarifumstellung sind die neuen Bestimmungen zur Spitalplanung, die Gleichstellung öffentlicher und privater Spitäler mit den sich daraus ergebenden Auflagen und Pflichten, der Einbezug der Kosten für die Anlagenutzung in die Leistungsfinanzierung und die Pflicht der Kantone zur (mehrheitlichen) Mitfinanzierung des Leistungsgeschehens. Ob die – leider mit tariflichen Einschränkungen – nun bevorstehende freie Spitalwahl über die Kantonsgrenzen hinaus ein Gegengewicht zur finanziellen Re-Kantonalisierung schaffen wird, bleibt abzuwarten und wird je nach regionaler Verknüpfung der Wirtschaftsräume unterschied- liche Folgen zeitigen. Spitallisten und Leistungsaufträge dürfen dabei nicht zum Instrument der «Geiselnahme» der Bevölkerung durch die eigene Kantonsregierung werden. Noch haben nicht alle Parlamentarierinnen und Parlamentarier realisiert, dass die kantonalen Anteile an den DRGs (inkl. die Abgeltung der Investitionsnutzung) aufgrund der Bundesgesetzgebung sogenannte gebundene Ausgaben darstellen, die nicht mehr der Genehmigung der Parlamente bedürfen – das könnte noch ein böses Erwachen (ohne Kreditvorlagen für Spitalbauten!) geben. Über Nutzen, Kosten und Finanzen

Nach wie vor dreht sich die gesundheitspolitische Diskussion (im Kreise) um die Kosten der Gesundheitsversorgung und deren Finanzierung. Dabei weisen Porter und Teisberg* völlig zu Recht darauf hin, dass die Verbesserung des Patientennutzens – bezogen auf einen ganzen Behandlungszyklus – im Zentrum aller Bemühungen stehen sollte. Solange nicht dieser Massstab angesetzt wird, sind weitere Fehlentwicklungen zu erwarten, werden noch so «gut gemeinte» Reformen und Korrekturmassnahmen zu Verschlimmbesserungen. Die gegenwärtig im Schwange stehende, ausschliesslich kurzfristig orientierte Kostenfixierung droht zu einem «race to the bottom», der Eliminierung leistungsfähiger Anbieter mit einem ausgezeichneten, langfristig qualitativ und

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Rehabilitationsbereich oder der ganzheitlichen Betreuung von Chronischkranken durch ambulante und stationäre Leistungen. Damit würden sie nicht nur unserem Gesundheitssystem einen Dienst erweisen, sondern auch die Grundlagen für einen echten Leistungswettbewerb unter sich schaffen, der einzigen Legitimation für ein vielfältig gegliedertes System mit einer Mehrzahl von Krankenversicherern und damit eine Art vorgezogener indirekter Gegenvorschlag zur angekündigten populistischen Einheitskasseninitiative. Das Prinzip der Tarifpartnerschaft stärken

Die dem KVG zugrundeliegenden liberalen Prinzipien der ausgehandelten Verträge und der Tarifpartnerschaft stellen wichtige Werte dar. Jede Schwächung des Vertragsprinzips hat eine Schwächung der Tarifpartnerschaft zur Folge. Also: Verantwortliche in Spitälern und Krankenversicherungen, rauft euch zusammen, lasst wo nötig die Fetzen fliegen, aber geht nicht fahrlässigerweise auf Konfrontationskurs. Denn: Wo zwei sich streiten, lacht der Dritte. Dr. Heinz Locher, Bern

* Vgl. dazu bezogen auf die Schweiz: Teisberg Elizabeth O., Nutzenorientierter Wettbewerb im schweizerischen Gesundheitswesen: Möglichkeiten und Chancen, Zürich, Juli 2008

Foto: ZVG

finanziell guten Kosten-/Nutzen-Verhältnis, auszuarten. Zusätzlich entsteht durch die im Leistungsfinanzierungsbereich geschaffene «ménage-à-trois» zwischen Krankenversiche- rern, Spitälern und Kantonen ein erhebliches Problem- und Irritationspotenzial. Sie verwischt die Rollenteilung und die Zuweisung klarer Verantwortlichkeiten und sollte raschmöglichst durch eine «duopolistische» Regelung abgelöst werden: Beiträge aus Steuermitteln von Bund und Kantonen sollen zweckspezifisch für die Finanzierung von Lehre und Forschung, zu sozialpolitischen Zwecken (Prämienbeiträge, Ergänzungsleistungen) oder gemeinwirtschaftliche Aufgaben (z.B. Kosten der Leistungsbereitschaft in peripheren Landesteilen) eingesetzt werden. Die Leistungsfinanzierung hingegen sollte in allen Teilbereichen (ambulant, stationär) nach einem einheitlichen System durch die Krankenversicherer aus einer Hand finanziert werden (Kopfprämien kombiniert mit Prämienbeiträgen). Es stünde den Krankenversicherern gut an, zu diesem Themenbereich unverzüglich zwei Initiativen zu ergreifen: Einer- seits ein Crash-Programm zur Förderung der Versorgungsfor- schung zu Themen wie die ausserordentlich hohe regionale Varianz der Leistungen oder die Messung (und Publikation) risikobereinigter Outcomes. Andererseits besteht ein dringen- der Bedarf nach neuen Formen der Leistungsfinanzierung «jenseits von TARMED und SwissDRG»: Komplexpauschalen zur Finanzierung der integrierten Versorgung im Akut- und

Dr. Heinz Locher : «Die Verbesserung des Patientennutzens – bezogen auf einen ganzen Behandlungszyklus – sollte im Zentrum aller Bemühungen stehen.»

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Krass unterschiedliche Behandlungen und Behandlungskosten ohne medizinische Erklärung

Spital- und Belegärzte in der Beweispflicht Zwischen den Kantonen klaffen die Spitalkosten für Grundversicherte weit auseinander. Wo es mehr Spitalärzte, Belegarzt-Chirurgen, Spitalbetten und Computertomografen gibt, dort werden Patientinnen und Patienten viel häufiger operiert, intensiver untersucht, länger behandelt und mit mehr Medikamenten versorgt.

Intensivere und längere Spitalbehandlungen bringen selten Vorteile, sondern vor allem Risiken: Jedes Jahr kommt es nach Angaben des Spitalverbands H+ in Schweizer Spitälern zu rund 1200 vermeidbaren Todesfällen wegen Pannen, Irrtümern oder unsorgfältigen Behandlungen. Nochmals zu rund 2000 Todesfällen kommt es gemäss SwissNoso, weil Patienten eine Infektion auflesen und dann an einer Lungenentzündung oder einem tödlichen Abszess sterben. Weitere rund 50 000 Patienten müssen wegen einer Spitalinfektion einige Tage länger im Spital bleiben. Grosse kantonale Unterschiede bei den medizinischen Leistungen

Foto: ZVG

Wer behauptet, wir hätten «die beste Medizin», meint das grosse Angebot an Ärzten, Spitälern, technischer Ausstattung, medizinischen Hilfsmitteln und Medikamenten. Den Genfern verschreiben die Ärzte für doppelt so viel Geld Medikamente wie den Zugern. Sind die Genfer besser versorgt? Berner Ärzte haben dreissig Prozent mehr Frauen die Gebärmutter entfernt als St. Galler oder Walliser Ärzte. Sind die Bernerinnen besser versorgt? Im Gegenteil: Nach einer Studie der Gesellschaft für Gynäkologie war bei jeder siebten Frau das Risiko grösser als der Nutzen, wenn die Gebärmutter wegen eines Myoms entfernt wurde. Insgesamt waren vier von zehn analysierten Gebärmutterentfernungen «unzweckmässig». Im Klartext: Die Frauen gehen unnötige Risiken ein. Ärzte und Spitäler, welche Frauen so viel häufiger operieren, muss man zum Beweis verpflichten, dass die betroffenen Frauen einen Nutzen haben. Im Kanton Bern gibt es pro 10 000 Einwohner 21 Prozent mehr Gynäkologen als im Kanton St. Gallen und 42 Prozent mehr als im Kanton Wallis. Je mehr Gynäkologen, desto aggressiver der Kampf ums lukrative «Patientengut». Die Ärzte verdienen an jeder Operation und wollen ausgelastet sein.

Urs P. Gasche war zehn Jahre Leiter der TV-Sendung Kassensturz. Heute ist er freier Publizist, spezialisiert auf Gesundheitsfragen. In der Eidgenössischen Arzneimittelkommission vertritt er die Konsumenteninteressen und veröffentlicht Resultate unabhängiger Warentests auf «www.testbeste.ch».

Im Vergleich: Die Kantone St. Gallen und Waadt

Vergleichen wir den teuren Kanton Waadt mit dem günstigen Kanton St. Gallen. Beide Kantone sind in ihrer Bevölkerungsstruktur und ihren Lebenshaltungskosten vergleichbar. Gemäss FMH-Statistik gibt es aber im Kanton Waadt im Verhältnis zur Einwohnerzahl 68 Prozent mehr Spezialärzte in eigenen Praxen. Viele sind Belegärzte in Spitälern. «Die Spezialarzt-Dichte erhöht die Kosten signifikant», heisst es in einer Analyse des Gesundheitsobservatoriums von 2001. Für die Waadtländer heisst das konkret: Sie müssen sich viel häufiger diagnostischen und therapeutischen Eingriffen unterziehen. Medizinisch kann dies niemand begründen. Der Waadtländer Bevölkerung werden die Oberschenkel 70 Prozent häufiger operiert als der St. Galler, die Gallenblasen 20 Prozent häufiger. Das zeigt eine sorgfältige Auswertung der vorhandenen Daten. Zehn Prozent häufiger kommt es zu Kaiserschnitten. Computertomografien zu diagnostischen Zwecken ordnen Ärzte in der Waadt trotz der enormen Strahlenbelastung 40 Prozent häufiger an als ihre St. Galler Kollegen. Untersuchungen mit dem Herzkatheter, ebenfalls mit Risiken verbunden, werden durch Waadtländer Ärzte 80 Prozent häufiger durchgeführt. Trotzdem sterben die Waadtländer nicht etwa seltener an Herzleiden. Die Waadtländer müssen für 40 Prozent mehr Geld Medikamente schlucken. Jedes Medikament hat Nebenwirkungen. Am Schluss kommt noch die Rechnung: Waadtländer oder Berner zahlen zwanzig bis dreissig Prozent mehr für ihre Gesundheit als die St. Galler, Thurgauer oder Luzerner. Holland hat die Spitalkosten besser im Griff, ohne dass die Gesundheit der Bevölkerung leidet. Spitäler mit besonders grossem Aufwand sollen endlich den Beweis erbringen, dass ihre ungleich häufigeren Diagnosen, Check-ups, Untersuchungen und Operationen von Gebärmutter, Herzgefässen, Prostata oder Kreuzbändern auch zu einer verbesserten Gesundheit und Lebensqualität führen, und dass sie ihre Patienten nicht nutzlos höheren Risiken aussetzen. Urs P. Gasche

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Foto: Prisma

Kantonal sehr unterschiedliche Kosten und Behandlungen: Warum?

Warum die Spitalkosten so unterschiedlich sind Zahl der Spezialärzte

Zu viele teure Medikamente

Faustregel: Je mehr Spezialisten mit eigener Praxis, desto höher die Spitalkosten. Spezialärzte weisen häufiger ins Spital ein und behandeln dort manchmal erst noch selber. Im Kanton Waadt gibt es pro 10 000 Einwohner 70 Prozent mehr Spezialisten als im Kanton St. Gallen. Ein Vorteil für die Waadtländer Bevölkerung ist nicht ersichtlich und schon gar nicht belegt.

Regel: Je häufiger ein Spital nach erfolgloser Chemotherapie die Leidenszeit von terminalen Krebspatienten zusätzlich mit extrem teuren Krebsmedikamenten um wenige Tage oder Wochen zu verlängern versucht, desto höher die Spitalkosten.

Zahl der Spitalbetten

Faustregel: Je grösser das Angebot an Spitalbetten, desto intensiver und länger werden die Patienten behandelt. Ein Vorteil für die Patienten ist nicht ersichtlich. Jedes Spital zielt auf eine maximale Auslastung. Die Kantone Waadt und Bern haben sechs Prozent mehr Betten als St. Gallen und 25 Prozent mehr als Luzern. Kantonale Spitalplanungen

Faustregel: Je dezentraler die Planung, je mehr politische Rücksichtsnahmen, weil Kantone selber Besitzer sind, desto höher die Spitalkosten. Beispiele von Fehlplanungen: Das Baselbieter Kantonsspital Bruderholz liegt fünf Luftkilometer vom Universitätsspital Basel entfernt. In der Stadt Bern gibt es neben dem Inselspital acht Akutstandorte. In der Schweiz gibt es doppelt so viele Spitäler wie in Holland, obwohl dort doppelt so viele Menschen leben. Die Schweizer sind aber medizinisch nicht besser versorgt. Zu viele technische Geräte

Regel: Je mehr teure Medizinalprodukte und hochtechnisierte Geräte, desto teurer die Spitalkosten. Beispiel Computertomografen (CT): Im teuren Kanton Waadt gibt es 40 Prozent mehr CTs als im Kanton St. Gallen. Ein medizinischer Vorteil für die Waadtländer ist weder ersichtlich und schon gar nicht belegt. Sicher ist jedoch, dass viele Waadtländer unnötig vielen Röntgenstrahlen ausgesetzt werden.

Honorare der Belegärzte

Regel: Je höher die Honorare, desto höher die Spitalkosten. Für die exakt gleichen Leistungen in Spitälern dürfen Waadtländer Belegärzte 14 Prozent höhere Tarife kassieren als ihre St. Galler Kollegen. Honorierung einzelner Leistungen

Faustregel: Die Einzelleistungshonorierung erhöht die ambulanten Spitalkosten. Belegärzte können ihre Einkünfte steigern, wenn sie häufiger und aufwändiger diagnostizieren und operieren. Ambulante Spitalbehandlungen

Faustregel: Je mehr Leute sich in einem Spital ambulant behandeln lassen statt in eine Arztpraxis zu gehen, desto höher die Spitalkosten. Spitäler dürfen für die Behandlung von identischen Diagnosen etwas mehr verlangen als Arztpraxen. Vor allem aber betreiben Spitäler bei gleichen Diagnosen einen grösseren Aufwand als eine Arztpraxis. Ein Nutzen ist nicht belegt. URS P. Gasche Quellen: • Elizabeth Teisberg: «Nutzenorientierter Wettbewerb im schweizerischen Gesundheitswesen: Möglichkeiten und Chancen.» economiesuisse 2008. • Elizabeth Olmsted Teisberg and Michael E. Porter: «Redefining Health Care: Creating Value-Based Competition on Results». Harvard Business Press 2006. • Robert E. Leu, Frans Rutten, Werner Brouwer und andere: «The Swiss and the Dutch Health Care Systems Compared». Nomos-Verlagsgesellschaft Baden- Baden 2008 / OECD Health Data.

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Die Beispiele Neuenburg und Laufen zeigen:

Reorganisationen im Spitalbereich nach wie vor heftig umstritten Die Schliessung von Spitälern, die Reorganisation der Pflege innerhalb des Kantons und der Abbau von Stellen führen oftmals zu heftigen Debatten. Diese Entscheide haben meist eine Optimierung der Qualität, der Effizienz und der Wettbewerbsfähigkeit zum Ziel – alles im Interesse der Patienten. Doch die Bevölkerung und politische Kreise sehen in solchen Massnahmen bloss ein Mittel zur Rationierung und eine Beeinträchtigung ihrer Wahlfreiheit. Die Reorganisation des Spitals Neuenburg und jene des Spitals Laufen sind perfekte Beispiele dafür.

Die Zahl der Spitäler in der Schweiz ist ein umstrittenes Thema. Vor seinem Rücktritt hatte Innenminister Pascal Couchepin bekannt gegeben, dass mehr als die Hälfte der Schweizer Spitäler schliessen müssten. Im Oktober 2009 forderte auch BAG-Chef Thomas Zeltner die Schliessung von hundert Spitälern. Wie kann die viel zu hohe Dichte an Krankenhäusern erklärt werden? Lange Zeit wurden die Kantone zum Bau eigener Spitäler ermutigt. Dies ermöglichte die Schaf- fung von Arbeitsplätzen und stellte die Bevölkerung zufrieden, die damit ein nahe gelegenes Spital erhielt. Heutzutage verfügen zahlreiche Kantone über Spitäler von bescheidener Grösse, die den nötigen Qualitätsanforderungen nicht mehr entsprechen. Trotzdem kommt die Forderung nach der Schliessung eines Spitals oder schon nur einer Abteilung für einen kantonalen Gesundheitsminister noch immer fast einem politischen Selbstmord gleich. Die Bürger sind nämlich wenig darüber erfreut, wenn sie für ihre Behandlung ein paar zusätzliche Kilometer zurücklegen müssen. Seit einigen Jahren führen die Kantonsbehörden jedoch umfassende Reorganisationen durch, wobei sie vor allem gleichartige Pflegeabteilungen in einer einzigen Klinik vereinen. Tatsache ist aber, dass die Zahl der Spitäler in der Schweiz trotz aller Widerstände Jahr für Jahr zurückgeht, wenn auch sehr langsam. Zwischen 1999 und 2007 ist sie von 399 auf 321 gesunken. Die Einführung der SwissDRG, die mehr Transparenz und Wettbewerbsfähigkeit erwarten lässt, wird diesen Prozess gewiss noch beschleunigen (siehe Seite 12). Unsere beiden Beispiele – das eine nach west- und das anderen nach deutschschweizerischem System – reflektieren die Situation in weiteren Kantonen (wie Solothurn, Aargau, Wallis) gut.

reren Standorten. Ziel dieses Projekts war es, 11,5 Millionen Franken einzusparen und Neuenburg bezüglich Spitalkosten in den Schweizer Durchschnitt der Nichtuniversitätskantone zu rücken. Der Staatsrat entschied sich auch zur Verringerung der Anzahl Akutpflegebetten, zur Schaffung kantonaler medizinischer Abteilungen und zur Zentralisierung der stationären Pädiatrie am Standort Pourtalès mit Beibehalt der ambulanten Pädiatrie in La Chaux-de-Fonds. Bis 2015 soll in La Chaux-de-Fonds ein speziell auf den Bereich Mutter-Kind ausgerichteter Standort geschaffen werden (dieser befindet sich gegenwärtig am Standort Pourtalès). Im Val-de-Travers wurde ein Gesundheitszentrum, d.h. eine Gruppenpraxis innerhalb des Spitals, geschaffen. Die akute stationäre Versorgung (Chirurgie und Entbindungsstation) wurde an den Standort Pourtalès verlegt. Die Standorte Le Locle, Val-deRuz und La Béroche werden zu Behandlungs- und Rehabilitationszentren. Insgesamt wurden 103 Stellen abgebaut. Die Standorte La Chaux-de-Fonds, Pourtalès und Val-de-Travers waren davon am stärksten betroffen. Über 75 Prozent der abgebauten Stellen hatten jedoch keine Entlassungen zur Folge (Abgänge, Weitervermittlung). Kritische Stimmen

Die Schaffung eines einzigen Standorts für den Bereich Mutter-Kind wurde nicht angefochten – der Entscheid des Staatsrates, diesen 2015 nach La Chaux-de-Fonds zu verlegen, hingegen schon. Dieser Transfer wird als nicht zweckdienlich und wenig an die demografische Situation des Kantons angepasst empfunden. Sechs Gynäkologen haben denn auch

Neuenburg: Ein Spital mit mehreren Standorten

Das Spital Neuenburg fasst sieben öffentliche Spitäler des Kantons unter einer einzigen administrativen, medizinischen und technischen Einheit zusammen. Dazu gehören die Spitäler La Chaux-de-Fonds, Pourtalès (Neuenburg), Val-de-Travers (Couvet), Val-de-Ruz (Landeyeux), La Béroche (SaintAubin), Le Locle und La Chrysalide (Zentrum für Palliativpflege von La Chaux-de-Fonds). Am 5. Juni 2005 stimmte die Neuenburger Bevölkerung mit nahezu 75 Prozent der Stimmen für das Prinzip einer kantonalen Spitalanstalt mit meh-

Der Kanton BaselLand will die Spitäler Laufen und Bruderholz zusammenlegen.

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Laufen: Vorbereitung auf die Einführung der SwissDRG

mit einer kollektiven Kündigung gedroht, weil sie die Zweckmässigkeit der Reorganisation anfechten und sich weigern, den Standort zu wechseln. Nach der Zusammenlegung der beiden Kinderspitäler des «Haut» und des «Bas» hatten sechs Kinderärzte sukzessive gekündigt, weil sie nicht gewillt waren, jeden zweiten Tag Bereitschaftsdienst zu leisten. Zudem wurden mehrere Schreiben an die Direktion des Neuenburger Spitals und an die lokale Presse geschickt, in denen die langen Wartezeiten in der Notfallabteilung des Spitals von Pourtalès bemängelt werden. Auch unter dem Personal von Pourtalès, das für unbestimmte Zeit einer höheren Arbeitsbelastung ausgesetzt ist, herrscht eine gewisse Angespanntheit. Die Sozialdemokratische Partei Neuenburg hat der Direktion des Neuenburger Spitals vorgeworfen, dass sie zur Umsetzung der politischen Entscheide nicht fähig sei. Die Partei ist der Ansicht, dass das Vertrauen in die Direktion völlig zerrüttet sei. Sie bemängelt, dass man fast unmerklich vom ursprünglichen Plan abkomme. Das führe nach und nach zu einem Ungleichgewicht zwischen den beiden Hauptstandorten und damit zur Entfernung vom Willen des Volkes und der Politik, eine Krankenanstalt mit mehreren Standorten zu schaffen. Die Partei hat auch die nach ihrer Meinung undurchsichtige Politik der Generaldirektion verurteilt – eine Politik, die zur systematischen Distanzierung gewisser Kader vom Spital Neuenburg geführt habe. Doch solche Fragen um die medizinische und wirtschaftliche Effizienz beunruhigen auch ausserhalb des Kantons Neuenburg die Gemüter.

Die Regierung des Kantons Basel-Landschaft möchte zwei der bestehenden Kantonsspitäler beibehalten. Im April 2009 kündigte sie die mögliche Fusion des Kantonsspitals Laufen mit jenem von Bruderholz unter dem Namen «Kantonsspital Bruderholz, Standort Laufen» an. Mit dieser Massnahme will die Regierung von Baselland der Einführung der SwissDRG am 1. Januar 2012 vorgreifen, welche die Spitäler mit einer zu geringen Zahl an Fällen unter grossen Druck setzen wird. Doch Laufen beharrt fest darauf, «sein» Spital nicht aufgeben zu wollen. Die Bevölkerung und der Kanton hängen an ihrem Spital, das mit 94 Betten das kleinste für somatische Akutpflege des Kantons Basel-Landschaft ist (Liestal zählt 400 und Bruderholz 440 Betten). Die Grünen und die FDP sind sich in ihrem Vorschlag für eine Alternativlösung einig: Umwandlung des Spitals Laufen in ein rund um die Uhr geöffnetes Pflegezentrum mit einem ambulanten Sektor, einer Triage- und Notfallstation und gegebenenfalls auch mit einer Abteilung für Physiotherapie. Gemäss Landrätin Madeleine Göschke führt der Vorschlag der Regierung des Kantons Basel-Landschaft wohl zu administrativen Einsparungen, kann aber die Doppelspurigkeit der medizinischen Abteilungen (Radiologie, Labors, Technik usw.) nicht verhindern. Der Vorschlag des Regierungsrats wird dem Landrat Anfang 2010 unterbreitet werden – es wird wohl zu zahlreichen Debatten kommen.

Foto: Keystone

Affektive gegen medizinische und wirtschaftliche Argumente

Diese Beispiele zeigen, wie die Kantone bis kurz vor der Einführung der SwissDRG versuchen, ihre Spitäler wettbewerbsfähiger zu machen. Auch wenn allen klar ist, dass nun mal nicht jedes Tal sein eigenes Spital haben kann, ist es oftmals schwierig sich einzugestehen, dass das «eigene» Spital zur Schliessung verurteilt ist. So sind die Gegenargumente häufig auch affektiver Natur und nicht medizinisch oder wirtschaftlich begründet. Die Bevölkerung lehnt sich oftmals gegen eine Reorganisation auf, wie es in Grenchen (Solothurn) oder Brugg (Aargau) der Fall war, doch nach einer gewissen Gewöhnungsphase wird die neue Situation bald einmal zur Normalität. Der Fall von Neuenburg zeigt, wie eine Änderung der Spitalstrukturen möglich ist, indem ähnliche Krankheitsbilder oder die Betreuung von spezifischen Patientengruppen (z.B. Kinder) Kriterien für die Reorganisation bilden. Die beiden Beispiele unterstreichen darüber hinaus, dass eine gewisse Zahl an Patienten derselben Krankheitsgruppe nötig ist, um qualitativ hoch stehende Leistungen gewährleisten zu können. Bei solchen Projekten wird es immer Unzufriedene geben – doch letzten Endes zählt nicht, die bestehenden Strukturen beizubehalten, sondern nur, dass den Patienten eine qualitativ hochstehende Pflege zu vernünftigen Kosten geboten werden kann. maud hilaire schenker


Auf dem Weg zu einheitlichen Qualitätsindikatoren

Spitalqualität wird vor 2012 vergleichbar Die Erwartungen der Schweizer Bevölkerung an die Qualität im Gesundheitswesen sind hoch. Das ist legitim, denn die Auswirkungen einer ungenügenden Qualität können fatal sein. Entsprechend haben Patientensicherheit und Qualität einen hohen Stellenwert in Spitälern und Kliniken und im Branchenverband H+. Transparenz über die Leistungen, eine Lernkultur und richtige Anreize für eine qualitativ hochstehende Versorgung sind zentrale Punkte.

International weit überdurchschnittliche medizinische Versorgung und menschliche Betreuung der ihnen anvertrauten Patientinnen und Patienten sind die zentralen Elemente des Berufsverständnisses für Fachleute in Schweizer Spitälern und Kliniken. Angesichts des zunehmenden Kosten- und Leistungsdrucks ist dieser hohe Anspruch nicht immer einfach zu erfüllen. Er stellt Pflegende, Ärzte und andere therapeutische Fachpersonen wiederholt vor schwierige Entscheidungen. Umso wichtiger ist es, dass sie Sicherheit und Qualität der einzelnen Patientenbehandlungen mit grosser Aufmerksamkeit verfolgen. Die Forderung nach einfachen und gleichzeitig aussagekräftigen Indikatoren zum Vergleich der Qualität der Spitäler untereinander ist unter diesem Gesichtspunkt legitim, aber keinesfalls ausreichend. H+ qualité und der nationale Qualitätsverein ANQ

Mit der gesundheitspolitischen Erklärung von H+ im Jahr 2005 haben sich die Spitäler und Kliniken für die Transparenz ihrer Leistungen und ihrer Qualität ausgesprochen. Seit mittlerweile zwei Jahren verfügt H+ über eine Webplattform, die diese Transparenz gewährleistet. Das Leistungsangebot von fast allen Spitälern und Kliniken der Schweiz kann auf einfache Art und Weise auf www.hplusqualite.ch abgefragt werden. 160 Spitäler und Kliniken stellen zurzeit der Öffentlichkeit ihre Leistungskennzahlen und Qualitätsindikatoren in einem national einheitlichen Bericht dar. Seit einem Jahr besteht der nationale Qualitätsverein ANQ. Gemeinsam mit Kranken- und Unfallversicherern sowie den Kantonen legen die Spitäler wichtige Qualitätsindikatoren fest, die gesamtschweizerisch einheitlich gemessen und veröffentlicht werden. Die für das Jahr 2010 bestimmten Kennzahlen sind im Hinblick auf die Einführung der national einheitlich bestimmten Fallpauschalen SwissDRG 2012 wichtig: Mit der Rehospitalisationsrate, der Reoperationsrate und der Infektionsrate nach bestimmten chirurgischen Eingriffen beobachtet der ANQ gesamtschweizerisch vor und nach der Einführung der Fallpauschalen, wie sich die drei Kennzahlen entwickeln.

Medizinische Behandlungsqualität: entscheidendes Wettbewerbskriterium

Die Messung und der öffentliche Ausweis der medizini- schen Behandlungsqualität als Wettbewerbselemente im Gesundheitswesen sind wichtig. Andernfalls würde sich der Wettbewerb nur noch um Kosten drehen – mit voraussehbar negativen Konsequenzen für Patientinnen und Patienten, weil zu Lasten der Qualität der Behandlungen gespart würde. Wettbewerb kann deshalb nur dann korrekt stattfinden, wenn die medizinische Behandlungsqualität ein entscheidendes Wettbewerbskriterium bleibt – und landesweit einheitlich gemessen wird. Einem unreflektierten Wettbewerbsansatz sind jedoch auch andere Grenzen gesetzt. Erstens könnten dadurch seltene, aber möglicherweise für die Patientin oder den Patienten gravierende Ereignisse nicht erkannt werden. Zweitens müssen kritische Zwischenfälle übergreifend in der ganzen Branche erfasst werden. Damit alle Spitäler und Kliniken diese Ereignisse systematisch erfassen und von den Erkenntnissen aus solchen Einzelfällen profitieren können, sind Zusammenarbeit, Vertrauen, Austausch und Anonymität notwendig, genau das Gegenteil von Wettbewerb und Transparenz. Die meisten Spitäler führen heute intern Meldesysteme für kritische Zwischenfälle und vernetzen sich zunehmend mit vergleichbaren anderen Institutionen, regional oder national. Eine weitere Schwierigkeit: Es würde wohl niemand behaupten, dass ein Auto besonders gut ist, wenn man damit nach dem Kauf unversehrt aus der Garage des Händlers fahren kann. Bei vielen schwierigen Behandlungen zeigt sich erst nach Monaten oder Jahren, ob sich die Ergebnisse zwischen einzelnen Behandlungsmethoden oder Institutionen, die solche Eingriffe durchführen, wirklich unterscheiden. Beispiele sind Krebstherapien oder orthopädische Implantate. Bis die Ranglisten bekannt sind, haben sich möglicherweise die Behandlungsmethoden oder die medizinischen Behandlungsteams wieder geändert. Kein irreführender Wettbewerb mit medizinischen Qualitätsindikatoren

Die Mitgliedorganisationen des ANQ haben sich auf die wichtigen Prinzipen geeinigt, die die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften SAMW über Messungen der medizinischen Behandlungsqualität festgehalten hat. Z.B. sollen die Qualitätsindikatoren so gemessen werden, dass sie wissenschaftlichen Prinzipien entsprechen und in einer Form veröffentlicht werden, dass damit keine Fehlinterpretationen möglich sind. Mit diesen Grundsätzen schafft der ANQ Sicherheit und Vertrauen für die Spitäler und Kliniken. Hohe Versorgungsqualität verlangt verbesserten Risikoausgleich

Fünf bis zehn Prozent der Versicherten beanspruchen heute weit mehr als die Hälfte aller Gesundheitsleistungen. Sie sind meistens chronisch krank und haben mehrere Krankheiten gleichzeitig. Bei den hier notwendigen, komplexen

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Foto: Prisma

Im Schritttempo zur Vereinheitlichung der Qualitätskriterien.

und langwierigen Behandlungen stellt ein einzelner Leistungserbringer meist nur ein Glied in der Kette der Behandlungen dar. Integrierte Netzwerke, die einen Patienten auf seinem ganzen Weg im Gesundheitssystem begleiten, sind unerlässlich, um für ihn eine optimale Behandlungsqualität zu gewährleisten. Die heutigen Anreize im Krankenversicherungsgesetz wirken der Bildung von solchen Netzwerken für qualitativ hochstehende Behandlungen aber genau entgegen. Mit dem aktuellen Risikoausgleich ist es für Versicherungen geradezu existenzgefährdend, solche Netzwerke von Leistungserbringern zu unterstützen und zu fördern. Denn damit würden sie attraktiv für genau diejenigen Versicherten, die überdurchschnittlich viele medizinische Leistungen beanspruchen müssen. Mit einem substanziell verbesserten Risikoausgleich – die Anpassung 2012 genügt nicht – werden die Anreize für die Versicherungen und die Leistungserbringer identisch. Es lohnt sich damit für beide Seiten, sich auf eine qualitativ hochste-

hende und effiziente Versorgung von kranken Personen zu konzentrieren, statt Risikoselektion der möglichst gesunden Personen zu betreiben. Und genau dadurch könnte sich das schweizerische Gesundheitswesen auszeichnen, durch eine hervorragende Behandlung und Betreuung der Chronischund Schwerkranken. Dass es funktioniert, zeigen erste Erfahrungen im niederländischen Gesundheitswesen, das 2006 fundamental reformiert wurde, unter anderem mit einem sehr guten Risikoausgleich. Netzwerke, z.B. für Diabetesversorgung, haben sich seither stark entwickelt. Bernhard Wegmüller, Direktor H+ Die Spitäler der Schweiz

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Spitalplanung im Rahmen der neuen Finanzierung

Die Spitalplanung: Hemmschuh für einen gesunden Wettbewerb Mit der neuen Spitalfinanzierung werden stationäre Eingriffe nach einer einheitlichen nationalen Tarifstruktur abgegolten. Erstmalig wird es damit möglich sein, Preisvergleiche zwischen den Spitälern anzustellen. Für einen bestimmten Eingriff wird unter gleichen Voraussetzungen also im Landspital in der Westschweiz gleich viel bezahlt werden wie in einem Universitätsspital in der Deutschschweiz.

Damit beginnt für die Spitäler ein neues Zeitalter: an Stelle der bisherigen Kostenabgeltung tritt ein Preis- und Qualitätswettbewerb. Dieser führt mittelfristig dazu, dass sich jedes Spital auf seine Kernkompetenzen beschränken muss, um im zunehmenden Wettbewerb bestehen zu können. Die Folge ist eine Konzentration auf wenige Bereiche, in welchen gute Qualität zu wettbewerbsfähigen Kosten erbracht wird. Für die Kantone ändert sich damit der Fokus in der Spitalplanung. Wurden bisher Kapazitäten bestimmt, erhalten Spitäler neu statt Betten Leistungsaufträge zugewiesen. Berücksichtigt werden dürfen nur jene Spitäler, die zur Versorgung der Bevölkerung nötig sind. Spitäler, die zur Versorgung nicht notwendig sind, können von den Versicherern als Vertragsspitäler berücksichtigt werden, wobei der Kantonsanteil durch eine Zusatzversicherung übernommen werden muss. Gleiche Finanzierung bringt mehr Wettbewerb

Der Kanton wird neu mindestens 55 Prozent des Preises pro Behandlung (Fallpauschale) übernehmen, der Krankenversicherer maximal 45 Prozent. Unter diesen Umständen werden offensichtlich Spitäler einen Wettbewerbsvorteil haben, welche der Bevölkerung kostengünstige und qualitativ hochstehende medizinische Behandlungen anbieten. Erfahrungen aus Deutschland zeigen, dass dabei nicht unbedingt grosse Spitäler die kleinen verdrängen, sondern diejenigen sich durchsetzen, welche sich am raschesten auf ihre Stärken konzentrieren. santésuisse wird sich in der Spitalplanung nicht vordrängen und fördert primär einen wettbewerblichen Ansatz. Da neu auch Privatspitäler vom Kanton mitfinanziert werden, kann eine faire Konkurrenz entstehen. Dabei soll die Spitalplanung darauf achten, dass durch eine flexible Leistungsvergabe innovative und wettbewerbsfähige Spitäler wachsen können. Sollten Kantone nicht konkurrenzfähige Spitäler aus regionalpolitischen Gründen weiter betreiben wollen, müssen sich die Versicherer nicht mehr automatisch über erhöhte Tarife an den Defiziten beteiligen, sondern allein die Steuerzahlenden.

Wettbewerb weiterhin gebremst

Problematisch ist und bleibt hingegen die Tatsache, dass die grundsätzlich wettbewerbliche Ausrichtung des KVG wegen des Vertragszwangs weitgehend zunichte gemacht wird. Statt Verträge mit den Spitälern, die eine qualitativ gute Leistung zu attraktiven Konditionen bieten, abzuschliessen, müssen die Versicherer weiterhin alle Listenspitäler als Vertragspartner akzeptieren. Vor dem Hintergrund der noch immer weitgehend fehlenden Qualitätsdaten ist eine Bevorzugung effizienter Spitäler kaum möglich. Damit werden die knappen Ressourcen im Gesundheitswesen weiterhin suboptimal eingesetzt. Hinzu kommt, dass die Kantone auch im Rahmen der neuen Spitalfinanzierung Spitäler planen, betreiben, mitfinanzieren und bei Tarifstreitigkeiten zwischen Spitälern und Krankenversicherern Schiedsrichter spielen. Ohne diesen Rollenkonflikt der Kantone könnten die Patienten durch ihre freie Spitalwahl entscheiden, welche Spitäler dank Kosteneffizienz und Qualität überleben. Patientenfreizügigkeit und unnütze Investitionen

Zu grosser Sorge Anlass gibt aktuell auch die Tatsache, dass zahlreiche Kantone im Hinblick auf die Einführung der neuen Spitalfinanzierung und der damit verbundenen Patientenfreizügigkeit ihre Spitäler möglichst wettbewerbsfähig machen wollen. Das mag auf den ersten Blick sinnvoll scheinen, führt aber letztendlich dazu, dass zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung massiv in Leistungserweiterung und Infrastruktur investiert wird. So werden, bevor der Wettbewerb über die SwissDRG zum Tragen kommt, Überkapazitäten geschaffen, die von den Steuer- und Prämienzahlenden finanziert werden. Findet dann unter fairen Wettbewerbsbedingungen ab 2012 eine Strukturbereinigung statt, werden diese teuer finanzierten Überkapazitäten wieder vernichtet. Wird der Wettbewerb durch die Kantone jedoch verhindert, so leiden Kosteneffizienz und Qualität darunter und Steuerund Prämienzahlende müssen stattdessen weiterhin unnötige Mittel für die Strukturerhaltung aufwenden. Spitalplanung: eine überflüssige Massnahme

Wettbewerbsverzerrend wirkt sich auch weiterhin die Tatsache aus, dass die Kantone, die gemäss den bundesrätlichen Vorgaben die Planung zu erstellen haben, gleichzeitig Eigner der Spitäler sind und über die Tarifgenehmigung den von ihnen zu zahlenden Aufwand beeinflussen können. Die neue Spitalfinanzierung, wie sie das Parlament wollte, würde Spitalplanung eigentlich überflüssig machen. Notwendig wären lediglich Konzepte für die Versorgungssicherheit bei Marktversagen. Der Kontrahierungszwang zwischen Versicherern und sogenannten Listenspitälern müsste konsequenterweise beseitigt werden. Die Tarifgenehmigung durch die Kantone ebenfalls, weil diese schlicht modernen Anforderungen an die Corporate Governance widerspricht. Michael Rolaz, Leiter Spital stationär bei santésuisse

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Drei Fragen an Oliver Peters, Verwaltungs- und Finanzdirektor des Waadtländer Universitätsspitals (CHUV)

Um den Kostenanstieg zu stabilisieren, empfiehlt Oliver Peters eine Verbesserung der Betreuung der chronisch kranken Patienten. Kompetenz und Empathie sowie Zufriedenheit der Patienten und des Personals sind die institutionellen Werte dieses Universitätsspitals, in dem Qualität gleichbedeutend mit Zusammenarbeit ist.

Um die Prämienerhöhungen zu erklären, steht gegenwärtig der Anstieg der Spitalkosten am Pranger. Was machen Sie, um diesen Kostenanstieg in Schach zu halten?

Seit einigen Jahren geht der Kanton Waadt systematisch vor, um den Anstieg der Spitalkosten einzudämmen. Heute liegt dieser Anstieg im stationären Bereich deutlich unter dem schweizerischen Durchschnitt. Zudem hat das Waadtland die tiefsten Hospitalisierungskosten aller Universitätskantone. Die Spitäler (darunter das CHUV) werden gemäss Leistungsverträgen, Globalbudget und einem marginalen Finanzierungsausgleich geführt. Artikel 51 KVG, der die Führung der Spitäler mittels Globalbudgets ermöglicht, ist historisch gesehen auf das Waadtländer Beispiel zurückzuführen. Etwas anders verhält sich die Situation im ambulanten Bereich, der bis vor drei Jahren von den stationären Tarifen mitfinanziert worden war. Heute ist er komplett selbstfinanziert und stark defizitär (Deckungsgrad von 90 Prozent). Wie alle anderen öffentliche Spitäler musste auch das CHUV die Erfassung und die Fakturierung seiner ambulanten Leistungen verbessern, um die Defizite zu beseitigen. Das natürliche und auch notwendige Wachstum des ambulanten Bereichs lässt sich aber in erster Linie durch das demografische Wachstum (Zunahme der über 65-jährigen Personen um ca. 2,5 Prozent pro Jahr) und den Transfer von stationären Leistungen in den ambulanten Bereich erklären. Hinzu kommt, dass die niedergelassenen Ärzte eine ganze Reihe von Tätigkeiten der Allgemeinmedizin aufgeben, weil sie zu wenig gewinnbringend sind. Wir müssen uns aber auch bewusst sein, dass im Gesundheitsbereich ein Prozent der Versicherten 25 Prozent der Kosten und zehn Prozent der Versicherten 70 Prozent der Kosten verursachen. Um den Kostenanstieg zu begrenzen, muss die Integrierung der Betreuung der schwer kranken Patienten, die oftmals chronisch Kranke sind, verbessert werden. Hierzu ist die regionale Kooperation zwischen Spitälern, Pflege zu Hause, niedergelassenen Ärzten und Pflegeheimen der Schlüssel zum Erfolg.

Qualität und Wettbewerbsfähigkeit sind Schlüsselwörter bei der Definition eines guten Spitals. Was macht das CHUV im Vergleich zu anderen Spitälern wettbewerbsfähig? Wie kommt der Einsatz des CHUV für die Qualität im Alltag zum Ausdruck?

Was das CHUV im Verhältnis zu anderen Spitälern wettbewerbsfähig macht, ist zunächst einmal die Motivation seines Personals: 88 Prozent des Personals bestätigten in einer anonym durchgeführten Zufriedenheitsumfrage (2007), dass sie Freude an ihrer Arbeit im CHUV haben und 94,4 Prozent, dass ihre Arbeit dort von Nutzen ist. Zweitens ist es die Kombination von klinischer Praxis, Ausbildung und Forschung, die unsere Patienten von hunderten von Spezialisten nationalen und internationalen Ranges sowie einer technischen Spitzenausrüstung profitieren lässt. Dann ist es eine Direktion, welche sich die institutionellen Grundwerte Kompetenz, Empathie, Kreativität und Verantwortung zu Eigen gemacht hat und bei der Qualität gross geschrieben wird. Das CHUV misst alle seine wichtigen Ergebnisse, die finanziellen wie die medizinischen, aber auch die Zufriedenheit der Patienten und der zuweisenden Ärzte in Echtzeit. Das CHUV ist Gründungsmitglied des ANQ (Nationaler Verein für Qualitätsentwicklung in Spitälern und Kliniken) und beteiligt sich an zahlreichen nationalen und internationalen Programmen zur Verbesserung der Betreuung der Patienten in den Kliniken. Eine sehr selektive und pragmatische Implementierung klinischer Wege vervollständigt dieses Dispositiv. Schliesslich sehen sich die Fachpersonen des CHUV auf allen Ebenen als einen wesentlichen Bestandteil eines Waadtländer Gesundheitsnetzes und sie wissen, dass wahre Qualität im Gesundheitsbereich nicht durch Wettbewerb, sondern durch Zusammenarbeit erreicht wird. interview: maud hilaire schenker

SPITALKOSTEN (STATIONÄR UND AMBULANT) IN % DER GESUNDHEITSKOSTEN IM KANTON WAADT 35,0%

QUELLE: SERVICE CANTONAL DE RECHERCHE ET D’INFORMATION STATISTIQUE - STATISTIQUE VAUD

Foto: ZVG

«Wettbewerbsbfähig macht zunächst die Motivation des Personals»

34,5% 34,0% 33,5% 33,0% 32,5% 32,0% 31,5%

Was halten Sie davon, dass die Spitalkosten (ambulant und stationär) einen immer grösser werdenden Teil der Grundversicherungskosten ausmachen?

Für den Kanton Waadt ist statistisch nicht erwiesen, dass das Gewicht der Spitalkosten immer grösser wird. (siehe Grafik).

31,0% 30,5% 1993

1994

1995

1996

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1997

1998

1999

2000

2001

2003

2004

2005

2006

2007 (p)


Studie der OECD nimmt die Gesundheitssysteme unter die Lupe

Für ein besseres Kosten-Nutzen-Verhältnis im Gesundheitswesen Fast alle Länder der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) sind mit dem gleichen Problem konfrontiert, nämlich dem Anstieg der öffentlichen Gesundheitsausgaben. Die OECD bietet daher einige Denkanstösse, wie diese ständige Zunahme eingedämmt und dabei auch die Qualität der Gesundheitssysteme verbessert werden kann.* Sie evaluiert die Politiken, durch welche die Ressourcen rationalisiert und die langfristige Existenzfähigkeit der Gesundheitssysteme gefördert werden können.

1970 beliefen sich die Gesundheitsausgaben in den OECD-Staaten auf durchschnittlich etwas mehr als fünf Prozent des BIP, 1990 auf rund sieben Prozent und im Jahr 2006 bereits auf fast neun Prozent. Wie kann dieser Kostenanstieg gebremst werden? Wie können die Gesundheitssysteme ihre Ausgaben so in Grenzen halten, dass ihre finanzielle Sicherheit längerfristig gewährleistet ist? Die OECD versucht diese Frage ansatzweise zu beantworten, indem sie verschiedene Instrumente prüft: den Wettbewerb, die Pharmapolitik, die bessere Koordination der Behandlung und die Entwicklung der Datenverwaltung zugunsten der Pflegequalität. Förderung des Wettbewerbs

Der Wettbewerb führt in der Schweiz zu heftigen Debatten. Seine Gegner sehen ihn als Bremse für die Solidarität und Gleichbehandlung. Seine Befürworter stellen ihn als Mittel zur langfristigen Nutzenmaximierung dar. Die klassische Wirtschaftstheorie sieht im Wettbewerb – unter Vorbehalt korrekter regulatorischer Rahmenbedingungen – auch einen Faktor für administrative Effizienz, für Qualität und Innovation, aber auch einen effizienten Re-

gulator des Angebots und ein Mittel zur Senkung der Produktionskosten. Im Gesundheitswesen tritt der Wettbewerb hauptsächlich auf drei Arten in Erscheinung: Wettbewerb bei Krankenversicherungen, Wettbewerb bei kollektiv eingekauften Gesundheitsdienstleistungen und Wettbewerb bei der individuellen Pflege. Für jede dieser drei Arten von Wettbewerb zieht die OECD ihre Schlüsse. Im Versicherungswesen würde ein Wettbewerbssystem nur dann optimal funktionieren, wenn die Versicherer nicht dem Kontrahierungszwang unterworfen wären, d.h. wenn sie das Recht hätten, frei zu wählen, mit welchen Leistungserbringern sie Verträge abschliessen möchten (was in den Niederlanden der Fall ist). Dies würde nämlich automatisch die Ef- fizienz der Leistungserbringer steigern. Mehr Effizienz wäre auch von gemeinsamen Leistungseinkäufen zu erwarten. Denn Kollektiveinkäufer (wie Versicherer, öffentliche Hand oder grosse Arbeitgeber) wären im Stande, selektive Verträge abzuschliessen. Vorgängig sollte jedoch klar definiert werden, welche Dienstleistungen Teil des Marktes sind. Zudem sollten die Wettbewerbsverfahren und die Vergütungsmechanismen festgelegt werden. Was die Wahlfreiheit der Patienten betrifft, stellt sich die Frage, ob sie darauf abzielt, den Patienten Vorteile zu verschaffen oder aber die Ergebnisse der Leistungserbringer zu verbessern. Im zweiten Falle müssen die Leistungen korrekt evaluiert werden, um zu verhindern, dass die Leistungserbringer vor allem mit Hilfe eines teuren «medizinischen Wettrüstens», das für die klinischen Ergebnisse jedoch ohne Nutzen ist, Patienten anzuziehen versuchen. Effizienz der Ausgaben für Pharmaprodukte verbesseren

Die Frage der Pharmaprodukte erhitzt auch die Gemüter in der Schweiz – gleichzeitig Weltzentrum der Pharmaforschung und Land mit zu hohen Arzneimittelpreisen. In der Tat liegen in der Schweiz die mittleren Detailpreise der Arzneimittel 30 bis 85 Prozent über

dem Durchschnitt der OECD-Länder. (Auf einem ähnlich hohen Niveau befinden sich nur noch Deutschland, Kanada, USA und Island.) Diese Unterschiede sind einerseits durch die Hersteller-Preise und andererseits durch die grossen Differenzen bei den Vertriebskosten bzw. den Mehrwertsteuern zu erklären . Die Ausgaben für Pharmaprodukte hängen aber nicht nur von den Detailpreisen ab, sondern ebenso von der Menge und der Kombination der eingenommenen Produkte. In diesem Sinne schlägt die OECD eine Serie von Strategien für die politischen Entscheidungsträger vor. Sie rät namentlich zur Ersetzung der Markenprodukte durch Generika (Generikasubstitution) und zum Preiswettbewerb auf dem Markt der nicht patentierten Produkte. Zudem empfiehlt sie die Schaffung von Anreizen für Ärzte, Apotheker und Patienten, damit Medikamente angemessen verschrieben, vertrieben und verwendet werden. Auch die öffentliche Hand sollte ihren Beitrag zur Steigerung der Effizienz leisten. Sie könnte z.B. Innovationen fördern, indem sie dafür sorgt, dass vor der Tarifierung und dem Einkauf vergleichende Kosten/NutzenAnalysen erstellt werden. Eine andere Möglichkeit wären Preis/Mengen-Vereinbarungen. Dabei könnten ab einem bestimmten Einkaufsvolumen Reduktionen gegenüber dem offiziellen Preis gewährt werden. Die OECD ermutigt die Vertragspartner überdies, Vereinbarungen zur Teilung der Risiken abzuschliessen. Damit kann das finanzielle Risiko, das bei der Markteinführung neuer Medikamente wegen anfänglich ungenügenden Informationen über deren Kosten und Wirkungen besteht, vermindert werden. Es gibt verschiedene Modelle der Risikoteilung zwischen den Versicherern und der Pharmaindustrie (in der Schweiz eher selten). So können beide Parteien beispielsweise übereinkommen, sich die Rückerstattung eines neuen Arzneimittels bis zum Ende seiner Entwicklung zu teilen. Diese Strategien haben letztlich zum Ziel, die Effizienz der gesamtem Gesundheitsausgaben nicht durch Mass-

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Krankenversicherungskarte, RFID-Armbänder, die Informatik, die eindeutige Patientenidentifizierung und die Vernetzung der Datenbanken. All diese EleBessere Koordination mente ermöglichen es, den komplexen Weg der Patienten innerhalb der Geder Behandlung Nebst den Vorschlägen zur Verbessesundheitssysteme zu verfolgen und dierung des Wettbewerb und zu Einsparunjenigen Bereiche oder Leistungen des gen bei den Pharmaprodukten setzt die Systems zu erfassen, die sowohl bezügOECD auf eine Verbesserung lich Kosten als auch bezüglich in der Koordination der Beklinischer Ergebnisse verbessert handlung – eines der Hauptanwerden könnten. Die OECD liegen der Akteure des Schweisetzt ebenfalls auf den Einsatz zer Gesundheitssystems. Das der Informations- und Komzeigen die Diskussionen über munikationstechnologien zur Verbesserung der PflegequaliManaged Care, die Schaffung von vernetzten Spitalzentren tät. Sie sieht darin ein Mittel zur (VS, FR, NE), die steigende Erleichterung der DatensammZahl der Gruppenpraxen usw. lung und der vergleichenden Obwohl sich die OECD-Staaten Analyse sowie zur einfacheren der Wichtigkeit einer KoordinaBestimmung der qualitätssteition der Behandlung bewusst gernden Mittel. sind, wird diese nur in wenigen Die Schweiz wurde bereits einLändern auf vertraglicher Badringlich auf ihren Rückstand sis gefördert. Bloss 31 Prozent im Bereich der Qualitätsevaluder Länder honorieren die Koierung und der Sammlung nationaler Daten hingewiesen. ordination der Behandlung auf Ebene der Grundversorgung, Sie muss sich künftig speziell und es gibt kaum finanzielle mit dieser Problematik befasAnreize zur Verbesserung diesen. Um die Projekte zu optiser Koordination. Sie könnte mieren, müssen die richtigen jedoch durch folgende MassIndikatoren ausgewählt wernahmen optimiert werden: den. Vor allem aber gilt es klar • die Informations- und Komaufzuzeigen, welches die konmunikationstechnologien kreten Vorteile für die Patien(ICT) für den Datentransfer ten und die Leistungserbringer sind. verbessern; Zusammenfassend geht es bei • die Angemessenheit der für die ambulante Pflege und dieser OECD-Studie darum, die Möglichkeiten der Rationalisiedie Grundversorgung eingesetzten Mittel evaluieren; rung auszuschöpfen, um langfristig eine Rationierung zu ver• die Systeme der LeistungsDie OECD nimmt die Gesundheitssysteme unter die Lupe mit meiden. erbringer neu konfigurieren dem Ziel, das Qualität-Leistungs-Verhältnis zu verbessern. und Anreize zur Verbesserung der Koordination der maud hilaire schenker Behandlung schaffen; • die bestehenden Hindernisse zwi- Ausbau der Informationstechnologien * OECD, Studien der OECD über die Gesundheitspolitiken: Obtenir un meilleur rapport qualité-prix schen den verschiedenen Ebenen im Dienste der Pflegequalität dans les soins de santé, Paris, 2009. Erschienen in der Behandlung und den verschie- Die Schweiz versucht durch die EntwickFranzösisch und in Englisch. denen Komponenten der Pflege aus lung einer e-Health-Strategie, also mit Hilfe verschiedener Informations- und dem Weg räumen; • einen Pflegekoordinator bestimmen, Kommunikationstechnologien (ICT), die der ein geeignetes Berufsprofil vor- Koordination der Behandlung zu verbessern. Beispiele hierfür sind die nationale weist. Wie effizient diese Massnahmen sind, hängt vor allem von den Verträgen zwischen den Leistungserbringern und den Leistungsvergütern (Versicherungen, Managed Care-Organisationen usw.) ab. Daher ist es wichtig, die Verträge auszuweiten und darin speziell Leistungen zu regeln, welche die Koordination der Behandlung verbessern.

Foto: Keystone

nahmen in Frage zu stellen, welche die Effizienz der Pharmaausgaben verbessern wollen.

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Grafik des Monats

Hat die Schweiz zu viele MRIs? Der Einsatz neuster medizinischer Technologien ist einer der Hauptgründe für den Anstieg der Gesundheitskosten in den OECD-Ländern. Die Grafik des Monats zeigt die Anzahl der verfügbaren MRIEinheiten (Magnetresonanz- oder auch Kernspintomographie) pro Million Einwohner in den einzelnen OECD-Ländern (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung).

Die Schweiz liegt mit 14,4 MRI-Einheiten klar über dem OECD-Durchschnitt von 11. Die Grösse und die Bevölkerungsdichte eines Landes sind ein Faktor für die Anzahl Geräte, die es braucht, um die Nachfrage zu decken. Starker Anstieg in den letzten 15 Jahren

Die Zahl der MRI-Einheiten ist in den letzten 15 Jahren in den meisten OECDLändern rasch angestiegen. Japan weist mit Abstand die grösste Dichte an Geräten auf, gefolgt von den USA. Mexiko und Polen bilden das Schlusslicht, was angesichts der hohen Kosten kaum erstaunt.

ANZAHL MRI-EINHEITEN PRO MILLION EINWOHNER, 2007 (ODER LETZTES VERFÜGBARE JAHR) JAPAN

40,1

USA

25,9

ISLAND

19,3

ITALIEN

18,6

ÖSTERREICH

Über- bzw. Unternutzung

Verschiedene Studien in den USA haben versucht aufzuzeigen, dass von MRI-Untersuchungen oft übermässig Gebrauch gemacht wird. So stieg zwischen 1997 und 2006 die Zahl der MRI-Untersuchungen in den USA massiv an, ohne dass parallel dazu die Häufigkeit der Erkrankungen die gleiche Entwicklung verzeichnete.1 Weniger aussagekräftig zeigen sich die Studien, was den konkreten medizinischen Nutzen des massiven Anstiegs von MRI-Untersuchungen anbelangt. Eine weitere Feststellung ist der negative Zusammenhang zwischen Anzahl Geräten und Häufigkeit der Nutzung. Allgemein gilt, je mehr Geräte es gibt, umso weniger wird jedes einzelne genutzt. Laut einer kürzlich veröffentlichten Studie2 kommt in der Schweiz jedes Gerät im Schnitt 6- bis 8-mal pro Tag zum Einsatz, während es in Norwegen 40-mal sind. Somit wären die Kosten in der Schweiz auch 10-mal höher als in Norwegen.

17,7

KOREA

Paradebeispiel Lausanne

16

FINNLAND

15,3

SCHWEIZ

Die Stadt Lausanne alleine zählt 12 MRI-Einheiten. Das sind hochgerechnet 92 Geräte je eine Million Einwohner. Das Universitätsspital CHUV besitzt vier, die Privatkliniken drei und die Röntgeninstitute fünf. Vor zehn Jahren waren es bereits neun MRI-Einheiten. Deren Installation kostet über eine Million Schweizer Franken. In Zeiten der Kostenexplosion im Gesundheitswesen fragt sich, ob all diese Geräte wirklich nötig sind.

14,4

GRIECHENLAND

13,2

OECD

11

LUXEMBURG

10,5

DÄNEMARK

10,2

SPANIEN1

9,3

PORTUGAL

8,9

NEUSEELAND

8,8

IRLAND

8,5

DEUTSCHLAND1

8,2

GROSSBRITANNIEN

8,2

BELGIEN

7,5

KANADA

6,7

NIEDERLANDE2

6,6

FRANKREICH1

5,7

SLOWAKEI

5,7

TÜRKEI

maud hilaire schenker

5,6

AUSTRALIEN3

5,1

TSCHECHIEN

Smith-Bindman und al., 2007 Max Hotopf, Opportunities in Healthcare: Diagnostic Services – Laboratories and Imaging, Healthcare Europa, 2010

1

4,4

UNGARN

2,8

POLEN

2,7

MEXIKO

2

1,5 0

10

20

30

40

50

ANZAHL APPARATE PRO MILLION EINWOHNER 1 2 3

NUR DIE APPARATE IN DEN SPITÄLERN (UND IN FRANKREICH EINE KLEINE ZAHL APPARATE AUSSERHALB DER SPITÄLER). NUR ZAHL DER SPITÄLER, DIE ANGEBEN, ÜBER MINDESTENS EINEN APPARAT ZU VERFÜGEN. NUR VON DER SOZIALEN KRANKENVERSICHERUNG GEDECKTE MRI-EINHEITEN

Die Schweiz liegt mit 14,4 MRI-Einheiten klar über dem OECD-Durchschnitt von 11.

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Foto: Martina Wolf

V.l.n.r.: Stefan Borer, Daniel Wyler, André Steffen, Gaudentia Steffen, Daniela Hess, Thomas Stäbler, Turan Campinar.

Feierliche Diplomübergabe

Sechs neue eidgenössisch diplomierte Krankenversicherungs-Expertinnen und -Experten Anlässlich einer kleinen Feier, die am 25. Januar 2010 im Hotel Widder in Zürich stattgefunden hat, konnte der Präsident der Prüfungskommission, Daniel Wyler, sechs neuen Krankenversicherungs-Expertinnen und Krankenversicherungs-Experten das Diplom überreichen.

In seiner Rede wies Daniel Wyler auf ein Zitat des Dalai Lama hin, welches lautet: «Lerne die Regeln, damit du weisst, wie Du sie in der richtigen Art und Weise brechen kannst.» Auf den ersten Blick erscheint die Aussage doch etwas übertrieben, der Referent spannte den Bogen aber zu den praktischen Anwendungen im Alltag. Das Vorgehen der so genannten «Staranwälte» entpuppt sich nämlich bei näherem Blick meist als Nachweis von Formfehlern, können doch auch diese Juristen aus ihren Klienten nicht Unschuldslämmer machen. Via Umweg mit den nicht respektierten juristischen Regeln müssen dann Verfahren entweder eingestellt, neu aufgerollt oder eben gar abgebrochen werden. Ohne exakte Kenntnis der Prozessregeln wären also einige Strafanstaltsinsassen mehr in der Statistik zu verzeichnen. Aber auch in der Kranken- oder der gesamten Sozialversicherung ist die exakte Kenntnis der Regeln von Vorteil, für die Versicherer ebenso wie für ihre Klienten, sprich die Versicherten. Denn

manchmal entpuppt sich eine formaljuristisch korrekte Lösung unter einem andern Aspekt (z.B. der medizinischen oder ökonomischen Betrachtung) als nicht überzeugend oder gar stossend. Hier ist ein Abweichen von den (streng juristischen) Regeln sinnvoll, vorausgesetzt man weiss, unter welchen Voraussetzungen, mit welchen Begründungen etc. dies möglich ist! Folgende Personen dürfen neu den geschützten Titel diplomierte Krankenversicherungs-Expertin oder diplomierter Krankenversicherungs-Experte führen (in alphabetischer Reihenfolge): Borer Stefan, EGK Gesundheitskasse, Solothurn; Campinar Turan, Helsana, Zürich; Hess Daniela*, Sanitas, Zürich; Stäbler Thomas, Helsana, Zürich; Steffen André, Sanitas, Zürich; Steffen Gaudentia, Agilia Krankenkasse, Malters. daniel wyler

*Tief bestürzt müssen wir mitteilen, dass Frau Hess im Januar 2010 leider verstorben ist.

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Buchtipp: Gesundheitssysteme im Wandel

Länderübergreifende Suche nach Reformen 2003 ist die Deutsch-Schweizerische Gesellschaft für Gesundheitspolitik (DSGG) gegründet worden. Seither haben jährlich Tagungen zu aktuellen Themen der Krankenversicherungs- und Gesundheitspolitik, die beide Länder betreffen, stattgefunden. Im Zentrum stand dabei die Suche nach möglichen Reformen. Die Diskurse haben nun ihren Ausdruck in der Publikation «Gesundheitssysteme im Wandel»* gefunden.

Wie Ueli Müller, Präsident der DSGG, in seinem Vorwort feststellt, stehen zwei föderal verfasste Länder mit ähnlichen historischen Strukturen im Gesundheitssystem und zum Teil vergleichbaren Reformkonzepten einander gegenüber – Reformkonzepte, die sowohl in der Politik als auch unter Fachpersonen heftig umstritten sind. Die Finanzierung des Systems über Kopfprämien mit kantonalen Prämienverbilligungen in der Schweiz und die Einführung eines Prämiensystems in Deutschland auf der Basis eines staatlichen Einheitsbeitragssatzes seien nur ein Bespiel für die ähnliche, aber eben nicht gleiche Reformstrategie. Daneben sei die Komplettierung des Risikostrukturausgleichs durch eine begrenzte Zahl von Krankheiten (Morbidität) in Deutschland und die Diskussion über die Berücksichtigung von stationären Aufenthalten als Morbiditätssurrogat in der Schweiz Ausdruck der Suche nach einer gerechteren Finanzausstattung im Wettbewerb der Krankenversicherer. Ein Schwerpunkt der DSGGTagung 2009, so Ueli Müller, war die Einführung der DRG in der Schweiz (SwissDRG – Diagnosebezogende Fallgruppen). Das System, das ab 2012 umgesetzt wird, lehnt sich an das deutsche System an. Die Schweiz kann dabei von den Erfahrungen in Deutschland zwischen 2003 und 2009 und den inzwischen erfolgten Ergänzungen profitieren.

Markanter Paradigmawechsel

In einem speziellen Beitrag beleuchtet Stefan Kaufmann den Stand der Arbeiten für die schweizweite Einführung des DRG-Systems aus der Sicht der Krankenversicherer. Der Autor beurteilt die Einführung der leistungsorientierten Abgeltung, des Kernelementes der 2007 vom Parlament beschlossenen neuen Spitalfinanzierung, als eigentlichen Paradigmawechsel. Dieser Wechsel bedeute die Abkehr von kantonal oder gar regional gewach-

senen Vergütungsmodellen, die zu einem kaum vergleich- und überschaubaren Finanzierungsdschungel und zu einer Verteuerung der Gesundheitsversorgung geführt hätten. Der neue Artikel 49 des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) besagt, dass die Tarifstrukturen für stationäre Behandlungen auf national einheitlichen Strukturen und leistungsorientierten Pauschalen basieren müssen. Das Gesetz gibt zwar nicht ausdrücklich vor, dass ein DRG-System nötig wäre, doch sind sich alle Partner

Projekt SwissDRG: Feinschliff vor der Einführung

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einig, dass damit das Ziel am besten erreicht werden könne. Das SwissDRGSystem soll am 1. Januar 2012 schweizweit eingeführt werden. Wie es für national einheitliche Tarifstrukturen der Fall ist, muss auch SwissDRG vom Bundesrat erst noch genehmigt werden. Rahmenbedingungen verbessern

Wie Stefan Kaufmann feststellt, ist der Erfolg von SwissDRG kein Selbstläufer, weshalb der Direktor von santésuisse für eine zügige Verbesserung der Rahmenbedingungen plädiert. So müssten die Datenlieferungen von den Spitälern an die Krankenversicherer bis 2012 geregelt sein, ebenso die damit zusammenhängenden Fragen des Datenschutzes. Ohne dies wäre für die Versicherer eine gesetzeskonforme Rechnungskontrolle unmöglich. Weiter bedürfe es möglichst bald vergleichbarer und transparenter Quali-

tätsmessungen, weil nur so die Fallpauschalen nachweisbar nicht den befürchteten Qualitätsabbau zur Folge haben. Kaufmann ist davon überzeugt, dass mit dem Inkrafttreten von DRG eine monistische Spitalfinanzierung sinnvoller denn je wäre. Aus Sicht der Versicherer müsste die Politik diese weitere Revision der Spitalfinanzierung nun rasch angehen. Schliesslich gibt der Autor zu bedenken, dass der Miteinbezug der Investitionen unter Umständen zu falschen Anreizen und zu einer Doppelbelastung für die Bevölkerung via Prämien und Steuern führen könnte. Ausserdem bestehe die Gefahr, dass die Investitionsbeiträge in den Spitälern versickern, die Benchmarks verwässern und damit eine sinnvolle Strukturbereinigung verhindern. Auch in diesem Punkt gelte es, eine ausgewogene Lösung zu finden.

Foto: Prisma

Die Chance nutzen

In seiner Schlussbetrachtung unterstreicht Stefan Kaufmann den dringenden Handlungsbedarf: Dem Gesundheitswesen in der Schweiz biete sich nicht nur die Gelegenheit, überholte Strukturen in ein moderneres Zeitalter zu überführen, sondern geradezu die Pflicht, diese Chance zu nutzen. «Ein System, das jährlich aus Milliarden Franken von Steuern und Prämiengeldern gespiesen wird, kann nicht allein damit gerechtfertigt werden, unzählige wertvolle Gesundheitsleistungen zu erbringen, sondern es ist auch für einen effizienten Umgang mit den Mitteln und für eine gute Lebensqualität verantwortlich. Beides erfordert den transparenten Umgang mit Daten, ohne dass dabei die Aspekte des Datenschutzes und die schützenswerten Interessen der Patientinnen und Patienten aufgegeben werden müssen.» josef ziegler

* Herbert Rebscher/Stefan Kaufmann (Hrsg.) Gesundheitssysteme im Wandel, 331 Seiten, 1. Auflage, 2009, Economica Verlag

Weitere Beiträge Neben dem besprochenen Kapitel von Stefan Kaufmann enthält das Buch «Gesundheitssysteme im Wandel» weitere Beiträge von Fachleuten: Aus der Schweiz: • Manfred Manser, Konzernchef Helsana:«Kostenentwicklung im Schweizer Gesundheitsswesen». • Markus Moser, juristischer Berater im Gesundheitswesen: «Summarischer Überblick zur Krankenversicherung in der Schweiz». • René Kühne, Facharzt, Pius Gyger, Leiter Gesundheitsökonomie und -politik, und Rita Achermann, Leiterin Gesundheitswissenschaften der Helsana Versicherungen AG: «Versorgungsforschung in der Schweiz». • Willy Oggier, Gesundheitsökonomische Beratungen: «Die Einführung von DRGs: was kann die Schweiz von Deutschland lernen?» • Adrian J. Dennler, Präsident Privatkliniken (PKS): «Stand der Einführung des DRG-Systems in der Schweiz – aus der Sicht der Krankenhausträger.». Aus Deutschland: • Herbert Rebscher, Vorsitzender des Vorstandes der DAK-Unternehmen Leben: «Warum brauchen wir Versorgungsforschung?». • Günter Neubauer, Direktor des Beratungsinstituts für Gesundheitsökonomik (IfG): «DRG-Ge/SwissDRG – ein Vergleich der politischen, institutionellen und ökonomischen Rahmenbedingungen». • Doris Pfeiffer, Vorsitzende des Vorstandes des GKV-Spitzenverbandes: «Politische Entwicklungen im deutschen Gesundheitswesen». • Georg Baum, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft e.V. (DKG): «Welche Steuerungs- und Kontrollmethoden braucht das DRG-System- aus Sicht der Krankenhäuser?». • Hagen Pfundner, Geschäftsführer der Roche Deutschland Holding GmbH: «Personifizierte Medizin als Innovationsstrategie der forschenden Pharmaindustrie für eine gesteigerte Effizienz in der Behandlung von Krankheiten».

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Weniger Schulen, weniger Spitäler, aber mehr Kirchen Die jüngsten Statistiken zeigen, dass in Rumänien in den letzten 20 Jahren 4000 Kirchen entstanden sind, d.h. jeden zweiten Tag eine. In der gleichen Zeit sind täglich drei Schulen geschlossen worden und die Spitäler haben jedes Jahr 3835 Betten verloren. Ein Artikel aus der rumänischen Tageszeitung Romania Libera wurde im französischen Courrier International unter dem Titel Moins d’écoles, moins d’hôpitaux, mais plus d’églises (Weniger Schulen, weniger Spitäler, aber mehr Kirchen) veröffentlicht. Dieser Artikel bietet verschiedene Erklärungen für dieses Phänomen. Gemäss dem Anthropologen Vintila Mihailescu sollen all diese religiösen Bauten die Schuld aufwiegen, die das Land während der Jahrzehnte, in denen die Kirche durch die Kommunisten marginalisiert und die religiösen Symbole verboten wurden, auf sich geladen hat. Die Rumänen lassen zudem Kirchen bauen, weil die Religion ihre eigene Angelegenheit ist, während die Spitäler und Schulen Sache des Staates sind. Man muss allerdings wissen, dass es um das rumänische Gesundheitssystem nicht gut steht. Das Spitalzentrum von Brasov hat im Oktober 2009 beispielsweise angekündigt, dass es nur noch die medizinischen Notfälle behandeln werde, da es nicht mehr über genügend Arzneimittel und Material verfüge. Seit dem Sommer 2009 wird die Liste ähnlicher Beispiele immer länger. Mangels ausreichender Finanzmittel ist auch die Entlöhnung des Spitalpersonals nicht mehr gewährleistet. Die Situation der Apotheken ist ebenso beunruhigend: Seit Juni 2009 warten die Apotheken darauf, dass ihnen die Finanzmittel ausgeschüttet werden, die für die Rückerstattung der kostenlosen Arzneimittel vorgesehenen sind. Immerhin machen diese Arzneimittel 70 Prozent der Verkäufe aus. Die Hälfte der Apotheken des Landes läuft Gefahr, Konkurs anmelden zu müssen, und diese Arzneimittel nicht mehr kostenlos abgeben zu können. Die Finanzmittel, die zur Lösung dieses Problems nötig sind, wurden aber von der nationalen Krankenversicherungskasse an die Spitäler «umgeleitet», damit diese ihren Betrieb weiterhin aufrechterhalten können.

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Service

Generalversammlung von santésuisse Die ordentliche Generalversammlung von santésuisse findet am 11. Juni 2010, um 9 Uhr 45, im Hotel Bellevue Palace in Bern statt. Die Traktandenliste lautet wie folgt: Traktanden: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

Eröffnung und Begrüssung durch Herrn Nationalrat Claude Ruey, Präsident von santésuisse Grussadresse von Pascal Strupler, Direktor des Bundesamtes für Gesundheit Protokoll der Generalversammlung vom 26. Juni 2009, Bern Bericht der Direktion über den Geschäftsverlauf Geschäftsbericht 2009 Jahresrechnung 2009, Bericht der Revisionsstelle, Entlastung des Verwaltungsrats Wahlen 7.1 Präsident für die Amtsperiode 2010 bis 2012 7.2 Verwaltungsrat für die Amtsperiode 2010 bis 2012 7.3 Revisionsstelle für die Geschäftsjahre 2010 und 2011 Varia

Die Würde des Menschen am Lebensende wahren

Palliativpflege: Kernstück der Gesundheitspolitik wenn sie es möchten, werden nicht systematisch über das bevorstehende Ableben informiert. Die Todesnachricht wird oft nicht in dafür vorgesehenen Räumlichkeiten, sondern einfach im Krankenhausflur mitgeteilt. Zudem ist die psychologische und soziale Betreuung nicht genügend ausgebaut, und der Religionsaspekt wird oft vernachlässigt. Die Verdrängung des Sterbens durch die Pflegenden und die Ärzteschaft macht es für die Angehörigen oft schwer, die Trauer zu verarbeiten und damit umzugehen. Verbesserungsmöglichkeiten gibt es in verschiedener Hinsicht. Das französische Sozialinspektorat empfiehlt zum Beispiel, die Notfallaufnahme anzupassen, so dass die Intimität im Todesfall gewährleistet ist, oder auch einen Ort des Zuhörens für die Pflegenden zu schaffen. Die Wahrung der Patientenrechte am Lebensende ist neu ein Kriterium für die Zertifizierung von Spitaleinrichtungen in Frankreich. Das neu geschaffene Observatorium veröffentlicht jährlich einen Bericht. Mit gezielten Massnahmen lässt sich die Begleitung der Menschen am Lebensende sowohl in Frankreich als auch in der Schweiz nach und nach verbessern. Quelle: Le Monde, 23. Februar 2010

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Die letzte Ausgabe von infosantésuisse zeigte auf, wie mit der Strategie «Palliative Care» die Pflege und Betreuung in der letzten Lebensphase zur nationalen Priorität erklärt wird, um bestehende Lücken in der Schweiz zu schliessen (infosantésuisse 1/2010 S. 18 – 19). Auch Frankreich wird in dieser Richtung aktiv. Es plant ein nationales Observatorium, das sich den Bedürfnissen von Menschen am Lebensende widmet. Die Initiative geht auf die Veröffentlichung eines Berichts des französischen Sozialinspektorats (IGAS) zurück. Der Bericht, der Ende Januar 2010 ohne Unterstützung des Gesundheitsministeriums veröffentlicht worden ist, stellt fest, dass das Sterben in den Spitälern weitgehend ein Tabu darstellt. Nach Meinung des Sozialinspektorats muss den Spitälern gesetzlich vorgeschrieben werden, den Patienten einen würdigen Tod zu ermöglichen. Die Begleitung am Lebensende ist eine wesentliche Aufgabe, genau wie das Pflegen auch. Der Bericht beklagt, dass keine allgemeine Diskussion zum Thema stattfindet. Die einzelnen Spitäler gehen sehr unterschiedlich mit der Situation um. Sogar innerhalb der Krankenhäuser selber gibt es unterschiedliche Ansätze: Die Kranken und ihre Angehörigen, selbst

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Als Ergänzung zum bestehenden Vertiefungskurs A führt santésuisse 2010 erstmals einen dreitägigen B-Teil durch. Nutzen Sie die Gelegenheit, sich vertieft mit relevanten Krankenversicherungsinhalten zu befassen und ihre Berufserfahrung aktiv einzubringen. Sie werden dabei von ausgewiesenen Fachpersonen kompetent unterstützt. Der Kurs befasst sich mit folgenden Themen: Lernziele

Aus aller Welt

Service

Neues Kursangebot: Vertiefungskurs B

• Sie können in der Praxis UVG-pflichtige Fälle erkennen. • Sie sind in der Lage, die Koordinationsbestimmungen im Bereich Invalidenversicherung, Unfallversicherung und Krankenversicherung anzuwenden. • Sie können eine Frühintervention bei der IV auslösen. • Sie können die Zusammenhänge zwischen Preisen, Tarifen, Kostenentwicklung und Qualität erklären. Inhalte

• Erscheinungsbild von UVG-Fällen in der Praxis • Leistungskoordination UVG/KVG • Leistungskoordination IV/KVG • Grundlagen, Tarife und Wirtschaftlichkeitsprüfung • Gemeinschaftsaufgaben SVK Daten

• 28.06.2010 – 30.06.2010 (Anmeldeschluss: 22. April 2010) • 25.10.2010 – 27.10.2010 (Anmeldeschluss: 19. August 2010) Kursort

Fortbildungszentrum in Oberdorf SO: www.fortbildungszentrum.ch Nähere Informationen/Anmeldung

www.santesuisse.ch/Ausbildung/Bildungsangebot/ Kursübersicht – Kurs auswählen und anmelden. Hier erhalten Sie ebenfalls Informationen zum Vertiefungskurs-Angebot A. Selbstverständlich stehen wir Ihnen bei Rückfragen auch telefonisch zur Verfügung: Tel. 032 625 42 51. Thomas Meyer, Projektleiter Ausbildung

Debatte um Komplementärmedizin: Grossbritannien diskutiert derzeit über Sinn und Zweck der Kostenübernahme homöopathischer Behandlungen durch den National Health Service. Unter Befürwortern und Gegnern dieser Medizin ist ein heftiger Streit entbrannt. Die Gegner erachten die Behandlungsmethode als veraltet, ohne jeglichen Wirkungsnachweis. Zur Erinnerung: Im Mai 2009 sprachen sich 67 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer in einer Volksabstimmung für die Verankerung der Kostenübernahme der Komplementärmedizin in der Verfassung aus. Gesundheit an Schulen: Die Stadt Dakar im Senegal will 75 000 Schülerinnen und Schülern an Grundschulen eine medizinische Versorgung sichern. Hinter der Initiative steht die Feststellung, dass gesunde Kinder in der Schule leistungsfähiger sind. Ziel ist die Früherfassung von rund 90 000 Kindern. Der Schwerpunkt der Untersuchungen liegt auf Augen und Gehör der Kinder, Zahnpflege, Gewicht, Grösse und Sprachstörungen. Hotdogs als Erstickungsursache bei Kindern: Jedes Jahr sterben in den USA 77 Kinder durch Ersticken nach dem Verschlucken von Nahrungsmitteln. Rund 15 000 Kinder kommen in die Notaufnahme. Laut eines Berichts der Amerikanischen Kinderärztevereinigung sind in 17 Prozent der Fälle Hotdogs die Erstickungsursache. Sie verlangen, dass Hotdogs eine andere Form bekommen, um so Todesfälle bei Kleinkindern zu reduzieren.

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Veranstaltungen Veranstalter

Besonderes

Datum/Ort

Weitere Informationen

Thema: Swiss eHealth Barometer – Von der Diagnose zur Therapie

11./12. März 2010 BEA Expo AG, Bern

www.beaexpo.ch

Swiss eHealth Forum MKR Consulting AG

Pflege – kompetent, sichtbar, wertschöpfend FHS St. Gallen, Hochschule Fachtagung mit Referaten und Workshops für Angewandte Wissenschaften

16. März 2010 www.fhsg.ch Weiterbildungszentrum der Universität St. Gallen (Executive Campus HSG)

6. Trendtage Gesundheit Luzern interpharma, USZ, Gesundheits- und Sozialdepartement Luzern

Thema: Herausforderung Innovation. Mit Referaten u.a. von Didier Burkhalter, Thomas Cueni, Constantin Beck, und Carlo Conti

17./18. März 2010 KKL Luzern, Luzerner Saal

www.trendtage-gesundheit.ch

Zeichnung: Marc Roulin

Melden Sie uns Ihre Veranstaltungen an: redaktion@santesuisse.ch! Weitere Veranstaltungen unter www.santesuisse.ch

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Jahreskongress 2010 Ort:

Universität Fribourg

Datum:

17./18. März 2010

Programm:

Workshops, Referate zu vertrauensärztlichen und versicherungsmedizinischen Themen Motto: Krankheitswert im Spannungsfeld der Medizin, des Rechts, der Versicherungen

Referenten:

u. a. Prof. Dr. med. André Aeschlimann, Regierungsrat Dr. iur. Thomas Heiniger, Manfred Manser, Prof. Dr. iur. Erwin Murer, Prof. Dr. med. Georg Noll und viele mehr

Wen sprechen wir an: Ärztinnen und Ärzte, Fachspezialisten, Juristinnen und Juristen Programm und Anmeldung: siehe www.vertrauensaerzte.ch und www.medecins-conseils.ch. Auskünfte:

Geschäftsstelle SGV, unter info@vertrauensaerzte.ch, Tel. 052 226 06 03

Nationale Tagung für betriebliche Gesundheitsförderung 2010, Donnerstag, 2. September 2010, Universität Freiburg

BGM – was sichert den Erfolg? Ziele der Tagung Das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) ist erfolgreich, wenn es gelingt, in der Gesamtorganisation eines Unternehmens Wurzeln zu schlagen und dort fruchtbar zu werden. Im Zentrum der Tagung steht deshalb die Frage: Welche Faktoren sind entscheidend für die Integration des BGM in die zentralen Abläufe und Strukturen eines Unternehmens? Wichtige Punkte sind zum Beispiel eine partizipative Planung, Kennzahlen für das Evaluieren des Erfolgs, aber auch schnell erlebbare Erfolge. Kurz gesagt – der Erfolg wird gesichert durch eine bewusste und aktive Prozessgestaltung. Die Tagung will Denkanstösse vermitteln und im Einzelnen folgende Themen ausleuchten: Motivation zur Gesundheitsförderung: Welche Möglichkeiten haben die verschiedenen Akteure im Betrieb, einen BGF-Prozess zu initiieren und zu steuern? Projekte sicher umsetzen: Wie kann die BGF in Managementund andere Systeme eingebettet werden (ASA-System, Balanced Score Card, Management-Systeme, …)? Externe Unterstützung nutzen: Welche Rolle spielen externe Experten in diesem Prozess? Welchen Mehrwert bringt welche berufliche Qualifikation? Prozess richtig planen: Wie lässt sich die Unterstützung von oben, von unten und «von der Seite» bis zur Phase der Evaluation sicherstellen? Betriebsgrösse berücksichtigen: Welchen speziellen Bedingungen ist in einem Kleinbetrieb, einem mittelgrossen oder grossen Betrieb Rechnung zu tragen? Standards etablieren: Welche Qualitätskriterien sind Schweizer Standard? Return on Investment: Welche Bedeutung haben Kennzahlen für die Evaluation? Wie lässt sich der Nutzen aufzeigen?

Zielpublikum – Führungskräfte und Personalfachleute – Gesundheitsbeauftragte in Unternehmen, Spezialistinnen und Spezialisten der Arbeitssicherheit – Vertreterinnen und Vertreter von öffentlichen Institutionen – Entscheidungsträger/-innen in Politik, Wirtschaft und Verwaltung Veranstalter Gesundheitsförderung Schweiz in Kooperation mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft SECO Tagungsgebühr CHF 300.–/EUR 200.– inkl. Mittagessen, Pausenverpflegung und Tagungsmappe Tagungspartner Schweizerischer Verband für Betriebliche Gesundheitsförderung SVBGF | Schweizerische Gesellschaft für Arbeits- und Organisationspsychologie SGAOP | Suva | EKAS – Eidg. Koordinationskommission für Arbeitssicherheit | Schweizerischer Versicherungsverband SVV | santésuisse | Swiss Re | Helsana Versicherungen AG | Trust Sympany | Vivit Gesundheits AG | Bundesamt für Gesundheit BAG | Dachverband der Fachgesellschaften für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz suissepro Detailprogramm und Anmeldung: www.gesundheitsfoerderung.ch/tagung


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