infosantésuisse Nr.10/2006 deutsch

Page 1

infosantĂŠsuisse

Magazin der Schweizer Krankenversicherer Nr. 10, Oktober 2006

Im Gespräch: Hubert Schaller, Direktor des Kantonsspitals Freiburg Seite 6

Die Revision des IVG und ihre Auswirkungen auf die Krankenversicherung Seite 12

IM VISIER:

Der Kanton Fribourg


INHALT

infosantésuisse  Nr. 10, Oktober 2006

SCHWERPUNKT 4 6 8 10

Freiburg beweist: Zusammenarbeit im Gesundheitswesen zahlt sich aus Im Gespräch: Hubert Schaller, Direktor des Kantonsspitals Freiburg Betagtenbetreuung: Zukunftsweisende Projekte in Freiburg Freiburg hat(te) ein langsameres Kostenwachstum

GESUNDHEITSWESEN 1 1 12 14 16

Drei Fragen an: Francis Cordillot, Sektion Arten und Biotope beim Bundesamt für Umwelt BAFU Die Revision der Invalidenversicherung und ihre Auswirkung auf die Krankenversicherung KVG-Tagung der Universität St. Gallen: Die verschlungenen Wege der Realpolitik Im Gespräch: Marc-Henri Gauchat, Präsident des Walliser Ärzteverbandes

Freiburg beweist: Zusammenarbeit im Gesundheitswesen zahlt sich aus Seite 4

KRANKENVERSICHERUNG 8 1 20 21 22

Statistik des Risikoausgleichs: Höchst spannende «Nebenprodukte» Gemeinsame Einrichtung KVG: Mehr Aufwendungen für Behandlungen im Ausland Verwaltungskosten der Krankenversicherer sinken erneut Krankenversicherungs-Fachleute: Diplomfeier

SERVICE 4 2 24 24 25 25

News aus aller Welt Studie «Zusammenarbeit zwischen Pflegepersonal und Angehörigen» Ein Jahrzehnt obligatorische Krankenversicherung Veranstaltungen

«Die Einheitskasse bringt keine Lösung.»

SH

BS JU

BL SO

BE VD

TG AG LU

NE

Seite 16

ZH ZG

AR

SZ

NW OW

AI

SG GL

UR

FR

GR

TI

GE VS

Statistik des Risikoausgleichs: Höchst spannende Nebenprodukte Seite 18

Nr. 10, Oktober 2006 Erscheint zehnmal jährlich

Layout: Henriette Lux

Abonnementspreis: Fr. 69.− pro Jahr, Einzelnummer Fr. 10.−

Anzeigenverwaltung: Alle Inserate − auch Stelleninserate − sind zu richten an: «infosantésuisse», Römerstrasse 20, Postfach, 4502 Solothurn

Herausgeber und Administration: santésuisse, Die Schweizer Krankenversicherer, Römerstrasse 20, Postfach, 4502 Solothurn

E-Mail: shop@santesuisse.ch

Verantwortliche Redaktion: Peter Kraft, Abteilung Politik und Kommunikation, Postfach, 4502 Solothurn, Tel. 032 625 42 71, Fax 032 625 42 70

Abonnementsverwaltung: Tel. 032 625 42 74, Fax 032 625 42 70

E-Mail: redaktion@santesuisse.ch

Homepage: www.santesuisse.ch

Herstellung: Vogt-Schild Druck AG, Gutenbergstrasse 1, 4552 Derendingen

Titelbild: Heiner Grieder, Langenbruck ISSN 1660-7228


EDITORIAL

infosantésuisse  Nr. 10, Oktober 2006

Das heutige System fortlaufend verbessern

A Fabienne Clément Mitglied der Direktion von santésuisse, Leiterin der Region West

llzu oft wird unser Gesundheitssystem als rigide und zu kostenintensiv eingestuft. Zwar stimmt es, dass der gesetzliche Rahmen unserer Krankenversicherung sehr präzise, ja gar strikt ist, aber er garantiert auch eine sehr breit gefasste und qualitativ hoch stehende obligatorische Gesundheitsversorgung für die ganze Bevölkerung. Ausserdem ist die freie Wahl der Leistungserbringer Systembestandteil. Solche Vorteile finden sich nicht in allen Gesundheitssystemen unserer Nachbarländer wieder. Noch öfters hört man den Vorwurf, die Krankenversicherer würden nichts dafür tun, die Prämienerhöhungen in den Griff zu bekommen. Doch kennen die Kritiker überhaupt die Arbeit der Krankenversicherer und von santésuisse? Sind sie sich bewusst, wie eingehend und hart die Tarifverhandlungen geführt werden? Wissen sie, dass durch die Rechnungskontrollen der Krankenversicherer Jahr für Jahr Gesundheitskosten in beträchtlicher Höhe eingespart werden? Doch damit ist die Arbeit der Krankenversicherer noch lange nicht getan. Nehmen wir ein konkretes Beispiel aus dem Kanton Freiburg. Dort sind besonders innovative Projekte in die Wege geleitet worden, die von der öffentlichen Hand unterstützt werden und die dank einer engen Zusammenarbeit mit Leistungserbringern und den Krankenversicherern entstanden sind. Alternative Lösungen drängen sich den Gesundheitspartnern aus ganz konkreten Gründen auf: Die Bevölkerung wird immer älter, und die Anzahl pflegebedürftiger Patienten nimmt kontinuierlich zu.

Zwei Pilotprojekte sind im Kanton Freiburg lanciert worden: die pharmazeutische Betreuung in Alters- und Pflegeheimen, die auf Initiative der Vereinigung Freiburgischer Alterseinrichtungen (VAF) und santésuisse entstanden sind. Die in dieser Ausgabe vorgestellten Projekte zielen auf eine bessere Patientenbetreuung und Kosteneindämmung. Es sind nur einige mögliche Lösungsansätze, die für unser Gesundheitssystem in Betracht gezogen werden können und müssen, um eine umfassende qualitative und kostenoptimale Versorgung zu garantieren. Ein Allheilmittel gibt es nicht, obwohl die Befürworter einer Einheitskasse das Gegenteil behaupten. Aber sie können nicht zusichern, dass die Kosten und konsequenterweise auch die Prämien sinken würden. Der aktuelle Leistungskatalog und der rasche Zugang zur Gesundheitsversorgung sind ebenfalls nicht garantiert. Deshalb ist die Einheitskasse ein Irrweg. Wir müssen stattdessen versuchen, das heutige System fortwährend zu verbessern und nicht auf ein neues System zu setzen, das nicht halten kann, was es verspricht.


SCHWERPUNKT

infosantésuisse  Nr. 10, Oktober 2006

Partner im Gesundheitswesen kämpfen gemeinsam gegen Kostenanstieg

Freiburg beweist: Zusammenarbeit zahlt sich aus Die Freiburger Krankenversicherer und santésuisse Fribourg sind bestrebt, die Gesundheitskosten im Kanton in den Griff zu bekommen – und gleichzeitig eine hohe Leistungsqualität zu gewährleisten. In den vergangenen knapp zehn Jahren sind zusammen mit verschiedenen Gesundheitspartnern mehrere Projekte mit diesen Zielen aufgegleist worden. In allen so erfassten Bereichen wurden dabei deutliche Verbesserungen erzielt. Und das Potenzial, das die Zusammenarbeit unter den Gesundheitspartnern birgt, ist noch lange nicht ausgeschöpft.

S

eit 1998 werden auf Initiative des Freiburger Apothekerverbands, einer Ärztegruppe und vier Versiche­ rern (CSS, Groupe Mutuel, Helsana und Visana) Qualitätszirkel gebildet. Diese Zirkel umfassen bis zu acht Ärzte unter der Leitung eines Offizinapothekers. Deren direkte Zusammenarbeit zielt auf eine Verbesserung der Behandlungsqualität und eine Kosteneindämmung bei der ärztlichen Verschreibung ab. Mit der Sicherung der Finanzierung und Teilnahme an der Evaluation sind die Krankenversicherer aktiv in das Projekt miteingebunden. Aufgrund der positiven ersten Erfahrungen haben sich die Qualitätszirkel rasch im ganzen Kanton verbreitet.

Pharmazeutische Betreuung in Alters- und Pflegeheimen Zwischen 1998 und 2001 sind die Kosten für in Alters- und Pflegeheimen verabreichte Arzneimittel um jährlich durchschnittlich zehn Prozent gestiegen. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, wurde in den Freiburger Alters- und Pflegeheimen breit angelegte Reformen durchgeführt: Das Projekt «pharmazeutische Betreuung in Alters- und Pflegeheimen» ist aus einer Partnerschaft zwischen der Vereinigung Freiburgischer Alterseinrichtungen (VFA), dem Apothekerverband des Kantons Freiburg und santésuisse hervorge-

gangen und stützt sich auf das Modell der Qualitätszirkel zwischen Ärzten und Apothekern. Neben der Zusammenarbeit zwischen den behandelnden Ärzten in den Alters- und Pflegeheimen und einem beratenden Apotheker pro Einrichtung setzt die pharmazeutische Betreuung auch die Zusammenarbeit mit dem Pflegepersonal jeder Einrichtung voraus. Die Projektfinanzierung wird durch die Krankenversicherer sichergestellt. Das Projekt ist in jeder Hinsicht ein Erfolg. So konnten die jährlichen Kosten für Arzneimittel innerhalb von vier Jahren um 12,7 Prozent gesenkt und der Betrag auf das Niveau von 1999 (2742 Franken pro Heimbewohner und Jahr) gebracht werden. Selbst wenn das Einsparpotenzial jedes Jahr aufgrund der erreichten Verbesserungen kleiner wird, so ist erreicht, dass die Kosten für Arzneimittel und Verbrauchsmaterial in den Freiburger Alters- und Pflegeheimen im Griff sind.

Ausweitung auf andere Bereiche möglich? Die positiven Auswirkungen dieser zwei Projekte auf die Kosteneindämmung haben gezeigt, dass eine fachbereichübergreifende Zusammenarbeit zwischen Pflegepersonal, Ärzten, Apothekern und den Krankenversicherern sowohl notwendig

als auch möglich ist. Entsprechend stellt sich nun natürlich die Frage nach der Ausweitung dieser Projekte auf andere Leistungsbereiche. Der nächste Schritt dürfte die Einführung einer ähnlichen Massnahme in den Freiburger Spitälern sein. Die Vernetzung der öffentlichen Spitäler per 1. Januar 2007 bietet dazu eine gute Gelegenheit. Auch bei der Spitex besteht angesichts der Parallelen zu Alters- und Pflegeheimen ein Potenzial für eine interdisziplinäre Zusammenarbeit.

Pilotprojekt auf nationaler Ebene 2004 ist das Pilotprojekt «pharmazeutische Betreuung» auf eine Testgruppe von Alters- und Pflegeheimen im Wallis ausgeweitet worden. Die ersten Ergebnisse werden gerade ausgewertet. Zudem steht eine Ausweitung dieser Erfahrungen auf nationaler Ebene zur Debatte. Zu diesem Zweck


SCHWERPUNKT

infosantésuisse  Nr. 10, Oktober 2006

werden die Pilotprojekte einer ausführlichen Evaluation unterzogen, damit konkrete Anhaltspunkte als Entscheidungsgrundlage zur Verfügung stehen. Dennoch müsste eine nicht geringe Anzahl kantonaler Gesetzgebungen angepasst werden, wenn solche Massnahmen landesweit möglich werden sollen. Es sind also sowohl die Gesetzgeber als auch die kantonalen Regierungen zum Handeln aufgefordert.

Dialog begünstigt die Kosteneindämmung

Fotos: Heiner Grieder

Diese Projekte haben unter anderem gezeigt, dass die Dialogbereitschaft ein grundlegendes Hauptelement in unserem Gesundheitssystem darstellen muss. So ist ein ständiger, vorurteilsfreier und positionsneutraler Dialog zwischen den verschiedenen Beteiligten (und dessen Umsetzung in konkrete Massnahmen) hinsichtlich einer kostenoptimierten, ganzheitlichen Betreuung der Patienten mit gleich bleibender, hoher Pflegequalität unabdingbar. Sébastien Ruffieux, Generalsekretär santésuisse Freiburg

santésuisse Fribourg setzt auf Zusammenarbeit zur Kosteneindämmung. V.l.n.r.: Ghislaine Brique, Sébastien Ruffieux, Marie-Claire Berger.


SCHWERPUNKT

infosantésuisse  Nr. 10, Oktober 2006

Im Gespräch: Hubert Schaller, Direktor des Kantonsspitals Fribourg

«Wir sind für die Einführung des DRG-Systems bereit»

Foto: Nicole Bulliard

Nach der Spitalplanung nimmt Fribourg mit der Schaffung eines kantonalen Spitalnetzes eine zweite grosse Veränderung in seinem Spitalwesen in Angriff. Hubert Schaller, Direktor des Kantonsspitals Fribourg, nimmt Stellung zu den Umwälzungen in seinem Kanton und zu grundsätzlichen Fragen der Spitalfinanzierung.

«Das Kantonsspital wird im Spitalnetzwerk die Schlüsselposition innehaben.»

infosantésuisse: Seit 2002 weisen die Freiburger Spitäler relativ stabile Kosten im stationären Bereich auf, während die ambulanten Spitalkosten zugelegt haben. Können Sie diese Ergebnisse kommentieren? Wird man über lange Sicht die Kosten in diesem Bereich in den Griff bekommen? Hubert Schaller: Die stabilen Kosten im stationären Bereich erklären sich hauptsächlich durch eine Verschiebung zu ambulanten Behandlungen. Dies ist sowohl für den Patienten als auch das Spital ein Fortschritt, denn diese Verschiebung trägt auf ihre Weise zur Kosteneindämmung bei. Einige politische Entscheide haben hingegen Ausgabensteigerungen verur­ sacht. Zum Beispiel mussten durch die 50-Stunden-Woche für Assistenzärzte 25 zusätzliche Ärzte eingestellt werden. Das ist ein kostensteigernder Faktor, ohne dass die Patientenzahlen angestiegen wären.

Hinzu kam eine erhebliche Anpassung der Löhne des Pflegepersonals. Nicht zu vergessen sind auch die Ausgaben für Medikamente, Implantate und das Einwegverbrauchsmaterial – Ausgaben, die mit dem Fortschritt der Medizin und Technologie einhergehen und zur Verbesserung der Behandlungssicherheit beitragen. Was halten Sie von den Forderungen des Pflegefachpersonals nach einer Erhöhung der Löhne? Eine kantonale Kommission wird mit Vorschlägen zur Einreihung der Funktionen und jeweiligen Löhne an den Staatsrat gelangen. Diese Fragen liegen also nicht im Zuständigkeitsbereich des Spitals. Die heutigen Arbeitsbedingungen sind im Vergleich mit den anderen Kantonen absolut wettbewerbsfähig – auch lohnmässig. Die Unterschiede zum Kaderpersonal haben sich hingegen verringert. Welchen Platz nimmt das Kantonsspital im kantonalen Netzwerk ein, und wo steht es auf schweizerischer Ebene?

«Diesbezüglich ist die heutige Lösung nicht optimal, weil die Privatkliniken für allgemein versicherte Patienten anders als die öffentlichen Spitäler entschädigt werden.» Wir sind das Referenzspital für den Kanton Freiburg und in Spezialfachbereichen tätig, ausgenommen der Spitzenmedizin. Auf nationaler Ebene befinden wir uns zwischen den Spitälern Bern und Lausanne. Wir pflegen zu beiden Universitätsspitälern Beziehungen. Da unser Kanton zweispra-

chig ist, sind diese Kontakte von grosser Bedeutung. Das Kantonsspital ist gleichzeitig auch Spital des Saanebezirks. Einige unserer Ärzte sind Professoren oder Privatdozenten und unterrichten an Universitätsspitälern. Dadurch werden wir als Ausbildungseinrichtung anerkannt und können in zahlreichen Fachbereichen Schulungen durchführen. Die Vernetzung der Freiburger Spitäler ist in erster Lesung des Grossen Rats am vergangenen 22. Juni gutgeheissen worden. Wie müssen wir uns diese neue Einheit mit gut 2400 Mitarbeitenden vorstellen? Das Freiburger Spitalnetz bildet eine einzige rechtliche Einheit mit rund 2400 Mitarbeitenden. Aktuell arbeiten im Kantonsspital zwischen 1400 und 1500 Personen. Sowohl die Spitalplanung als auch der Leistungsauftrag der Spitäler sind noch beim Staatsrat hängig, so dass kurzfristig keine grossen Umwälzungen zu erwarten sind. Hingegen lassen sich wichtige Synergien nutzen. Diese umzusetzen wird Sache des künftigen Verwaltungsrats sein. Sie haben vor, neue Operationssäle einzurichten. Dient dies zur Gewährleistung Ihres Leistungsauftrags oder sollen damit andere Sektoren erschlossen werden? Das Projekt «Bertigny III», das übrigens nicht nur aus dem Bau von Operationssälen besteht, ist keineswegs eine Erweiterung des Spitals. Wir müssen unsere sechs OPs renovieren – sie sind bereits 35 Jahre alt. Der Umbau erforderte aber aufgrund der neuen Technologien eine vollständige Schliessung der OPs. Wir waren also gezwungen, einen Neubau mit vier neuen Operationssälen zu realisieren. Von den sechs verbleibenden alten OPs werden zwei renoviert und vier je nach Bedarf umgenutzt.


Wird das DRG-System tiefere Kosten und mehr Effizienz ermöglichen? Wir sind für die Einführung des DRG-Systems bereit. Der Haupteffekt wird allerdings nicht die Kosten betreffen. Die Kosteneindämmung basiert auf zahlreichen Faktoren, wie beispielsweise die Alterung der Bevölkerung, der Pflegeleistungskonsum und die Fortschritte in der Medizin. Das DRG-System wird dazu führen, dass das Spital nach seiner Tätigkeit und nicht nach den generierten Kosten entschädigt wird. Im Mittelpunkt steht die Leistungsqualität und nicht bloss eine Situations­ analyse unter dem Gesichtspunkt der Kosten.

«Das Spital muss kundenfreundlicher werden.»

die Verwaltung der Spitäler betrifft, zu Gunsten der Krankenversicherer aufzugeben, und sich gleichzeitig weiterhin an der Finanzierung zu beteiligen. Zudem machen die Kantone den Krankenversiche­ rern die Rolle als Monist streitig. Der Abgang von Ruth Lüthi als Vorsteherin der Gesundheits- und Sozialfürsorgedirektorin wird wohl einige Änderungen nach sich ziehen. Welche Aussichten hat nun das Spitalsystem? Ruth Lüthi hat die ganze Spitalplanung und den Aufbau des Spitalnetzes mitgestaltet. Das waren wichtige Entwicklungsschritte innerhalb der letzten gut fünfzehn Jahre. Künftig wird der Verwaltungsrat des neuen Netzes stark gefordert sein, ebenso wie die Person, die der Gesundheitsdirektion neu vorstehen wird. Ein Gesetz verabschieden ist eines, die Umsetzung in die Praxis et-

Bleiben wir beim Thema Finanzierung. Was halten Sie von der monistischen Spitalfinanzierung? Die Spitäler sind nicht grundsätzlich gegen das Prinzip und verhandlungsbereit. Ich persönlich jedoch lehne diese Idee ab, auf jeden Fall im Moment. Ich kann mir schlecht vorstellen, dass die Kantone bereit sind, ihre Vorrechte, was

infosantésuisse  Nr. 10, Oktober 2006

was ganz anderes. Der Aufbau des Spitalnetzes wird den Verwaltungsrat wesentlich vereinnahmen. Es gilt insbesondere, die ganze Harmonisierungsarbeit zu leisten. Das Gesundheitssystem und damit das Spitalwesen werden politisch weiterhin im Mittelpunkt stehen, nicht zuletzt deshalb, weil es die wichtigste Priorität der Bevölkerung betrifft: Die Gesundheit. Sucht das Spital eine neue Beziehung zu seinen Patienten? Wir haben in einem häufig frequentierten Korridor seit ein paar Jahren eine Ausstellung eingerichtet, um die Atmosphäre und ganz allgemein die Umgebung freundlicher zu gestalten. Das Spital muss kundenfreundlicher werden. Der Patient wird allzu oft noch eher bevormundend behandelt. Interview: Nicole Bulliard Foto: ZVG

Welche Rolle spielen Ihrer Ansicht nach die Privatkliniken im KVG? In der heutigen Situation spielen die Privatkliniken eine bedeutende Rolle, da die öffentlichen Spitäler nicht in der Lage sind, alle Patienten aufzunehmen. Sie bringen einen gewissen Wettbewerbsfaktor ein, was nicht unbedingt negativ ist. Was deren Rolle im KVG betrifft, so müssten Privatspitäler offensichtlich privat versicherte Patienten aufnehmen. Wir wissen aber, dass es für den Umsatz dieser Kliniken zu wenig Patienten dieser Kategorie gibt. Diesbezüglich ist die heutige Lösung nicht optimal, weil die Privatkliniken für allgemein versicherte Patienten anders als die öffentlichen Spitäler entschädigt werden.

SCHWERPUNKT

Das Freiburger Kantonsspital.


SCHWERPUNKT

infosantésuisse  Nr. 10, Oktober 2006

Alters- und Pflegeheime: Zwei Pilotprojekte

Betagtenbetreuung: Zukunftsweisende Projekte in Freiburg Der Kanton Freiburg befasst sich intensiv mit der Betreuung seiner älteren Einwohner und den stets steigenden Kosten in diesem Sektor. Zwei Pilotprojekte sind bereits lanciert: Die Tagesheime stehen betagten Personen mit somatischen oder psychischen Beschwerden für sporadische Aufenthalte tagsüber offen, und die pharmazeutische Unterstützung dient der wirtschaftlicheren Verwendung von Arzneimitteln in Altersund Pflegeheimen.

D

ie demografische Alterung führt zu gesteigerten Bedürfnissen im Bereich der Langzeitpflege. Doch vor dem Eintritt in ein Alters- und Pflegeheim gibt es andere Lösungen: Die Betreuung durch Angehörige hat den Vorteil, dass die betreute Person im gewohnten Umfeld bleiben kann. Die Angehörigen können sich dennoch nicht rund um die Uhr und an sieben Tagen die Woche um die pflegebedürftige Person kümmern. Zur Entlastung von betreuenden Angehörigen hat nun die Vereinigung Freiburgischer Alterseinrichtungen (VAF) ein kantonales Tagesheimprojekt ins Leben gerufen.

Tagesheime: Ergänzung zur Pflege zu Hause Tagesstätten sind für Personen gedacht, die bereits an somatischen oder psychischen Beschwerden leiden und die praktisch ganz von ihrem Umfeld betreut werden. Die Tagesstätte unterscheidet sich auch von einer Tagesklinik oder einem Tagesspital, deren Aufgabe im Wesentlichen darin besteht, Patienten zu behandeln. Es handelt sich um eine Zwischenstufe, die in erster Linie dazu beiträgt, die Pflege zu Hause beibehalten zu können oder in bestimmten Fällen die Rückkehr nach Hause nach einem Spitalaufenthalt zu ermöglichen. Das Projekt hat zum Ziel, die Selbstständigkeit von Personen aufrecht zu erhalten

und eine bedürfnisgerechte Betreuung anzubieten. So tragen diese Einrichtungen zur Sozialisierung von isolierten Personen bei. Sie dienen auch dazu, den Eintritt in ein Altersheim zu vermeiden, hinauszuzögern oder auch zu erleichtern. Die Projektphase dauert von Januar 2006 bis Dezember 2007. Die Teilnahmebedingungen und Entschädigungsart dieser Dienstleistung sind zwischen dem VFA und santésuisse vertraglich geregelt. Die Berechnung der Betreuung in der Tagesstätte erfolgt auf der für Alters- und Pflegeheime geltenden Tarifstufe und beträgt 50 Prozent der Tarife in Alters- und Pflegeheimen. Die Tagesstätten wenden also eine Tagespauschale nach Pflegefalltyp an. Die Kriterien für die Beurteilung der Schwere eines Falls sind Mobilität, Körperpflege und Ankleiden, Verpflegung, Inkontinenz, Arzneimittelbedarf, technische Pflegemittel, Information und Kommunikation. Es bestehen bereits ähnliche Projekte, vor allem in den Kantonen Genf und Waadt. Nach Abschluss der Pilotphase entscheiden die Projektpartner und die Behörden über die Zukunft des freiburgischen Projekts.

Pharmazeutische Betreuung in Alters- und Pflegeheimen Die Einführung der pharmazeutischen Betreuung in den Freiburger Alters- und Pflegeheimen erfolgte zeitgleich mit der Än-

derung des kantonalen Gesundheitsgesetzes per 1. Januar 2001. Basierend auf der Idee von Qualitätszirkeln der Ärzte und Apotheker, ist diese Zusammenarbeit zwischen Ärzten, Apothekern, Pflegepersonal und Krankenversicherern vertraglich zwischen santésuisse, der VFA und dem Apothekerverband des Kantons Freiburg geregelt. Im Alters- und Pflegeheim ist ein Apotheker für die Arzneimittelverwaltung zuständig. Dieser kümmert sich um die Lagerhaltung und die Einkäufe. Er bespricht die Rationalisierung der Medikamentenverschreibungen mit den Ärzten und die Materialrationalisierungen mit dem Pflege-


infosantésuisse  Nr. 10, Oktober 2006

Foto: Prisma

SCHWERPUNKT

Die zunehmende Alterung der Bevölkerung verlangt nach neuen Lösungen im Pflegebereich.

personal. Damit soll die Menge der Arzneimittel und somit die Kosten gesenkt werden. Durch die auf dem Austausch von Wissen basierende Zusammenarbeit der Fachleute kann dem Druck der Pharmaindustrie entgegen gewirkt werden, und es kommt zu weniger unnötigen Behandlungen.

Zusammenarbeit zwischen den Heimen Es ist damit sogar eine Regulierung der Ausgaben für Arzneimittel zwischen den Alters- und Pflegeheimen möglich, und zwar auf zwei Wegen: mit einer Fixpauschale pro Bewohner und einem gemein-

samen Pool der Alters- und Pflegeheime. Die mit santésuisse ausgehandelte Pauschale bestimmt ein Globalbudget, während der gemeinsame, durch die Altersund Pflegeheime geäufnete Pool einen teilweisen Ausgleich der Mehrkosten zwischen den Einrichtungen ermöglicht. Idealerweise führt die Pauschale zu einer Reduktion der Arzneimittelpalette zugunsten der wirksamsten und kostengünstigsten Präparate, während der gemeinsame Pool dazu dient, die durch Patienten mit Bedarf an teuren Arzneimitteln verursachten Kosten abzufedern. Die Ergebnisse sind erfreulich. Zwischen 2001 und 2004 war bei den Arzneimit-

teln ein Kostenrückgang um 7 Prozent zu verzeichnen, während die Kosten im ambulanten Bereich in der gleichen Zeitspanne um 14 Prozent gestiegen sind. Dieser Rückgang hat sich in der Senkung der Tagespauschale für das Jahr 2005 niedergeschlagen. Diese erneute Reduktion der Arzneimittelkosten pro Bewohner um 5,7 Prozent zwischen 2004 und 2005 bedeutet einen bemerkenswerten Rückgang auf einen Wert unter demjenigen von 1999. Andere Kantone, beispielweise das Wallis, haben ein ähnliches System ebenfalls mit ersten überzeugenden Ergebnissen eingeführt.  Nicole Bulliard


10

SCHWERPUNKT

infosantésuisse  Nr. 10, Oktober 2006

Die Ausgaben der OKP sind seit 1998 um 36 Prozent gestiegen

Freiburg hat(te) ein langsameres Kostenwachstum Die Kosten der Grundversicherung sind in Freiburg seit 1998 nicht ganz so stark gestiegen wie in der gesamten Schweiz: Mit einem jährlichen Ausgabenwachstum von durchschnittlich 4,4 Prozent unterbietet der Kanton das schweizerische Mittel von 5,4 Prozent recht deutlich. 2005 hat der Kanton Freiburg mit 6,4 Prozent aber einen markanten Kostensprung verzeichnet, was hauptsächlich auf neue KVG-Tarife in den Privatspitälern zurückzuführen ist.

M

gen, im stationären um 25 Prozent. Kräftig ausgefallen ist der Anstieg auch bei den Kosten für die Alterspflege, obwohl Anstrengungen zur Eindämmung der Medikamentenkosten in Alters- und Pflegeheimen und zur Förderung der Pflege zu Hause unternommen worden sind. Bei den Alters- und Pflegeheimen haben sich die Kosten innerhalb von acht Jahren praktisch verdreifacht (+ 187 Prozent), während sie

Foto: Heiner Grieder

it einer Durchschnittsprämie von 279 Franken im Jahr 2006 (KVGPrämien inklusive Unfall, Grundfranchise von 300 Franken) lag der Kanton Freiburg in der Prämienrangliste der teuersten Kantone auf Rang zwölf. Damit platziert er sich unter dem Schweizer Mittel, das bei 298 Franken liegt. Doch wie haben sich die Kosten in den letzten Jahren entwickelt? Zwischen 1998 und 2005 sind die Kosten im Kanton Freiburg jahresdurchschnittlich um 4,4 Prozent angestiegen. Der schweizerische Durchschnitt lag bei 5,4 Prozent. Im Kanton Freiburg steigen die Kosten also weniger schnell als gesamtschweizerisch, obwohl sich der Gesamtanstieg auch hier auf mehr als ein Drittel (36 Prozent) beläuft.

Pflege und Spital ambulant: Starker Anstieg Die Einführung des KVG hat den Kostenanstieg kaum eindämmen können. Die Alterung der Bevölkerung, der technologische Fortschritt und die Konsumgewohnheiten der Patienten treiben die Ausgaben dermassen in die Höhe, dass die zur Kosteneindämmung eingeführten Massnahmen den Zuwachs nicht mehr auffangen können. Zwar hat der Kanton Freiburg eine Spitalplanung eingeführt und die Zahl der Spitäler reduziert. Übrig geblieben sind das Hôpital Sud Fribourgeois, das Spital des Saanebezirks und ein Spital im Norden des Kantons. Gleichzeitig sind die Anzahl Betten verringert und die Aufenthalte verkürzt worden. Dennoch hat der Spitalsektor deutlich zugelegt: Im ambulanten Bereich sind die Kosten seit 1998 um 69 Prozent angestie-

Wie diese Szene aus der Altstadt ist das Freiburger Kostenwachstum relativ gemächlich.

sich im Spitex-Bereich verdoppelt haben (+ 104 Prozent). Der Medikamentensektor steht dem in nichts nach: Die Kosten für die in den Apotheken abgegebenen Arzneimittel sind um mehr als 26 Prozent nach oben geschnellt, während durch Ärzte abgegebene Medikamente einen Zuwachs von über einem Drittel verzeichneten (36 Prozent). Der Bereich Ärzte verbuchte einen Zuwachs von 26 Prozent.

Ein stetes Auf und Ab 2005 lag das Kostenwachstum im Kanton Freiburg mit 6,4 Prozent über dem schweizerischen Durchschnitt von 5,6 Prozent. Diese Situation ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen. Im ambulanten Spitalbereich hat die Einführung von TARMED Mehrkosten verursacht. Für 2006 ist eine Kompensation von sieben Mio. Fr. genehmigt, und gleichzeitig erfolgte eine Senkung des Taxpunktwertes. Im stationären Spitalbereich war der neue Tarif für Spitalaufenthalte von KVG-Patienten in Privatspitälern kostentreibend. Die altersbedingte Pflege hat sich volumenmässig ausgeweitet, und es sind neue Betten hinzugekommen, während die Pflegetarife eingefroren sind. Die Entwicklung der Kosten verläuft von einem auf das andere Jahr sehr unterschiedlich. Auf einen nur geringen Kostenanstieg folgt nicht selten ein massiver Zuwachs und umgekehrt. Während die Kosten 2004 mit 3,9 Prozent nicht allzu stark stiegen, war im Jahr darauf prompt ein Kostenschub zu verzeichnen. Diese Schwankungen sind auch auf unregelmässige Rechnungsstellungen zurückzuführen.  Nicole Bulliard


GESUNDHEITSWESEN

11

infosantésuisse  Nr. 10, Oktober 2006

Drei Fragen an: Francis Cordillot, Sektion Arten und Biotope beim Bundesamt für Umwelt BAFU

«Gefährliche Verlängerung der Pollensaison» Im vergangenen heissen Sommer waren Ambrosia und Co. in aller Munde, und in der südlichen Schweiz soll die aus dem Mittelmeerraum stammende Dornfingerspinne vermehrt gesichtet worden sein. Was für Risiken für

infosantésuisse: Warum können gebietsfremde Organismen im Allgemeinen – und eine unauffällige Pflanze wie Ambrosia im Speziellen – hierzulande zum Problem werden? Francis Cordillot: Dafür gibt es verschiedene Gründe. Von grosser Bedeutung sind die Eigenschaft der Art selber – bei Ambrosia vor allem ihre enorme Verbreitungsfähigkeit und ihr grosses Allergiepotenzial. Weiter ist wichtig, welche Lebensbedingungen das neue Verbreitungsgebiet der eindringenden Art bietet. Bei Ambrosia ist praktisch das ganze Mittelland ein potenzieller Lebensraum. Auch der Mensch spielt eine bedeutende Rolle: Er verursacht oder beschleunigt häufig die Ausbreitung gebietsfremder Arten. Das geschieht entweder durch unsachgemässe Haltung dieser Arten, die dadurch verwildern, oder durch unbeabsichtigte Verschleppung, zum Beispiel von samenhaltiger Erde. Ambrosia wird vor allem aus der Poebene oder aus dem französischen Rhonetal eingeschleppt. Ein weiterer Kanal ist die Einfuhr von verunreinigtem Vogelfutter aus Ambrosia-kontaminierten Kulturen der EU, namentlich aus Ungarn: Die Samen der Pflanze sind darin enthalten und verbreiten sich via Futterstellen und Vogelkot. Es brauchte einige Zeit, um die Problematik besser einschätzen und Massnahmen einleiten zu können. Das Bundesamt für Umwelt entwickelt seit 2001 Grundlagen und fördert den Wissensaustausch mit den Partnerämtern. MeteoSchweiz überwacht die Ambrosiapollen-Konzentration in der Luft und informiert darüber im Pollenbulletin. Dieses Jahr haben das Bundesamt für Landwirtschaft und mehre Kantone Ambrosia als meldepflichtiges und zu bekämpfendes gefährliches Unkraut bezeichnet.

Foto: Peter Kraft

Gesundheit und Umwelt kommen da auf uns zu? Und was wird getan, um den «invasiven Organismen» zu Leibe zu rücken? Francis Cordillot, der zuständige Fachmann beim Bundesamt für Umwelt (BAFU), gibt Auskunft.

«Der Mensch verursacht die Ausbreitung gebietsfremder Arten.»

Diese Schritte verlangen viel Koordinationsarbeit, Information und Forschung: Eine wirksame Bekämpfung ist eine komplexe Angelegenheit, zumal die Pflanzen keine politischen Grenzen kennen. Welche Personen sind durch invasive Organismen besonders gefährdet? Worauf müssen sie achten? Das ist pauschal schwierig zu beantworten, weil die einzelnen Arten jeweils einen anderen Lebensraum besiedeln, aber auch unterschiedlich auf den Menschen wirken. Von der Ambrosia sind vor allem Personen betroffen, die sich oft in der Nähe von massivem Vorkommen aufhalten: Baustellen, Siedlungsraum, Deponien, Verkehrswege oder Äcker. In Kontakt mit dem Riesenbärenklau kann man am Spazierweg, im

Ufer- oder Waldbereich oder im Garten bei Unterhaltsarbeiten kommen. Das heisst, dass diejenigen, die oft Grünarbeiten verrichten, sowie bestimmte Berufsgruppen wie Bauarbeiter, Landschaftspfleger, oder Landwirte besonders gefährdet sind. Doch der Kreis der Betroffenen geht über diese Berufsgruppen hinaus: Die Ambrosia-Pollen lassen sich über weite Strecken in der Luft transportieren, und es reicht bereits eine sehr tiefe Pollendichte, um die allergische Reaktion auszulösen. In diesem warmen Sommer hat man in Österreich, aber auch in der Schweiz, immer wieder vom vermehrten Auftreten der Dornfingerspinne gehört. Stellen Sie tatsächlich eine vermehrte Einwanderung von Giftspinnen aus südlichen Gefilden fest? Wir führen kein systematisches Monitoring über jede Tierart, und über ein vermehrtes Auftreten der Dornfingerspinne ist uns nichts bekannt. Aber von anderen Tierarten, zum Beispiel von neuartigen krankheitsübertragenden Zecken in Auengebieten oder von der Tigermücke im Südtessin, gibt es vermehrte Beobachtungen. Auch einheimische Nachtfalterarten wie der Goldafter oder Prozessionsspinner mit Brennhaaren geben häufiger zu reden. Damit eine verlässliche Aussage über die Verbreitung solcher Tierarten gemacht werden kann, müssen Beobachtungen systematisch und zentral dokumentiert sein. Nachgewiesene Beobachtungen sollten in jedem Fall dem Schweizer Zentrum für die Kartographie der Fauna gemeldet werden (www.cscf.ch). Empfehlenswerte Informationen ab www.umweltschweiz.ch – Pflanzen und Tiere/invasive Organismen. Dort sind unter anderem Infoblätter und das Pollenbulletin von Meteoschweiz verlinkt. Siehe auch www.nationalstrassen.ch bezüglich Arbeitsrisiken.


12

GESUNDHEITSWESEN

infosantésuisse  Nr. 10, Oktober 2006

Revision der Invalidenversicherung und ihre Wirkungen auf die Krankenversicherung

IVG-Revision: Macht die Umlagerung von Leistungen Sinn? Die 5. Revision der Invalidenversicherung fasst im Wesentlichen die berufliche Wiedereingliederung und die Früherfassung ins Auge. Bestimmte Aspekte der Revision wirken sich, obschon medienmässig wenig beachtet,

Foto: Nicole Bulliard

in nicht unerheblichem Ausmass auf die Versicherten aus. So beispielsweise die medizinischen Massnahmen zur beruflichen Eingliederung, deren – teilweise – Überführung in das Leistungssystem der Krankenversicherung vom Parlament verabschiedet wurde.

den auch weitere Leistungen Gegenstand von «sozial verträglichen» Vorschlägen zur Sanierung der IVFinanzen. So schlägt der Bundesrat vor, auf den Karrierezuschlag und die laufenden Zusatzrenten zu verzichten. Auch sollen die medizinischen Massnahmen zur beruflichen Eingliederung in die Krankenversicherung überführt werden – ausser wenn die Behandlungen auf Geburtsgebrechen zurückgehen. Gemäss Artikel 12 Absatz 1 IVG haben Versicherte Anspruch auf medizinische Massnahmen, «die nicht Béatrice Despland, Lehrbeauftragte und stv. auf die Behandlung des Leidens Direktorin des Instituts für Gesundheitsrecht an sich, sondern unmittelbar auf an der Universität Neuchâtel. die Eingliederung ins Erwerbsleben oder in den Aufgabenbereich gerichtet und geeignet sind, die Ereit Monaten liefert die Revision des werbsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich im Bundesgesetzes über die Invaliden- Aufgabenbereich zu betätigen, dauernd versicherung (IVG) Diskussionsstoff. und wesentlich zu verbessern oder vor Am 24. September 2004 hat das Eidge- wesentlicher Beeinträchtigung zu bewahnössische Departement des Innern den ren». Anspruchsberechtigt sind laut der Revisionsentwurf in die Vernehmlassung Verordnung über die Invalidenversichegeschickt. Der Entwurf ist dreiteilig und rung (IVV) und den Präzisierungen im enthält einerseits die 5. Revision des IVG, Kreisschreiben für medizinische Eingliedie IV-Zusatzfinanzierung und das IV-Ver- derungsmassnahmen (KSME) der Invalifahren. Zur 5. IVG-Revision sind insge- denversicherung sowohl Erwachsene als samt 143 Stellungnahmen eingegangen, auch Kinder. Der Bundesrat ist der Anaufgrund derer der Bundesrat einen Ge- sicht, dass sich die Überführung dieser setzesentwurf ausgearbeitet und die ent- Massnahmen in das KVG aufdrängt, und sprechende Botschaft dem Parlament am zwar aufgrund der Probleme bei der Ab22. Juni 2005 vorgelegt hat. grenzung zwischen den durch die IV zurückerstatteten Massnahmen und den LeisLeistungsübernahme durch tungen zulasten des KVG. Der obligatodie Krankenversicherung rische Charakter der Krankenversicherung Die berufliche Eingliederung steht zwar (seit 1996) macht diese Überführung übim Mittelpunkt der Revision. Dennoch bil- rigens möglich. Es ist nicht das erste Mal,

S

dass der Bundesrat den Verzicht auf Artikel 12 IVG vorschlägt.

1958 bis 2005… 1958 beantragt der Bundesrat die Annahme eines Gesetzes über die Invalidenversicherung, einschliesslich der Übernahme von medizinischen Eingliederungsmassnahmen. Damals begründete der Bundesrat seine Haltung mit der Tatsache, dass die Schweiz über kein obligatorisches Krankenversicherungssystem verfügte. Im Oktober 1967 verabschiedete das Parlament eine Revision des IVG. Die medizinischen Massnahmen wurden keinen grundlegenden Änderungen unterzogen. Das Parlament präzisierte indessen die Kriterien, um den Abgrenzungsproblemen Rechnung zu tragen, die sich seit der Verabschiedung des Gesetzes stellten. Der Bundesrat hat dann anlässlich der 4. IVGRevision seine Absicht bekannt gemacht, die medizinischen Massnahmen in die Krankenversicherung zu überführen. In seiner Botschaft vom 25. Juni 1997 über den ersten Teil der Revision wird auf den Inhalt des zweiten Teils hingewiesen, der auf die Kosteneindämmung ausgerichtet ist. Die Aufhebung von Artikel 12 IVG war Teil der vorgesehenen Massnahmen. Der erste Teil der IVG-Revision ist in der Abstimmung vom 13. Juni 1999 abgelehnt worden. Der Bundesrat sprach sich dann 2001, als er den neuen Revisionsentwurf vorlegte, gegen eine Aufhebung von Artikel 12 IVG aus. Angesichts des mit der Überweisung an die Krankenversicherung anfallenden Betrags war der Bundesrat der Ansicht, dass es gilt, eine Kostenverlagerung von einer nach sozialen Kriterien finanzierten Versicherung zu einer


13

infosantésuisse  Nr. 10, Oktober 2006

Foto: Prisma

GESUNDHEITSWESEN

Sozialversicherung, welche mit Kopfprämien finanziert wird, zu vermeiden. Vier Jahre später schlägt der Bundesrat diese Bedenken in den Wind und beschränkt sich auf die Hervorhebung des obligatorischen Charakters der Krankenversicherung.

Parlamentarische Arbeiten und ihre Folgen Die beiden Kammern des Parlaments haben dem Grundsatz des Überführens der medizinischen Massnahmen in das Leistungssystem der Krankenversicherung zugestimmt und damit eine wichtige Korrektur im Gesetzesentwurf ermöglicht: Die medizinischen Massnahmen für Kinder (bis zum 20. Altersjahr) gehen weiter zu Lasten der IV. Im Vernehmlassungsverfahren hatten sich mehrere Vernehmlassungsteilnehmer in diesem Sinn geäussert. Die Mehrheit des Parlaments ist dieser Richtung gefolgt und hat auf die Bedeutung der heute von der IV gedeckten psychiatrischen Pflegeleistungen und anderer Therapieformen für Jugendliche hingewiesen. Von der Aufhebung des Artikels 12 IVG erhoffte sich der Bundesrat Einsparungen in der Höhe von jährlich 53 Millionen Franken (im Durchschnitt bis 2025). Der Entscheid des Parlaments reduziert diese Einsparungen, belaufen sich die Kosten für Leistungen an Kinder doch auf 30 Millionen Franken pro Jahr. Für die Erwachsenen hätte die Überführung der medizinischen Eingliederungsmassnahmen an die Krankenversicherung mindestens zwei Folgen: Einerseits hätten sie keine Gewähr, dass die medizinischen Massnahmen, die sie bis dahin beanspruchten, durch die Krankenversicherung rückerstattet werden. Andererseits werden sie dazu aufgefordert, einen Teil der anspruchsberechtigten Leistungen selber zu finanzieren (Franchise und Selbstbehalt). Die neuen Lasten der Krankenversicherer werden sich wohl in Prämienerhöhungen niederschlagen. Die Kantone schliesslich werden mit der Spitalkostenbeteiligung neue Ausgaben zu tragen haben. Die Revision von Artikel 12 IVG sieht wie ein Kompromiss aus. Die Umsetzung in die Praxis wird zeigen, ob die gewählte Lösung vernünftig ist. Béatrice Despland Berufliche Wiedereingliederung: Sollen die notwendigen medizinischen Behandlungen in die Krankenversicherung überführt werden?

Lehrbeauftragte und stellvertretende Direktorin des Instituts für Gesundheitsrecht an der Universität Neuchâtel


14

GESUNDHEITSWESEN

infosantésuisse  Nr. 10, Oktober 2006

KVG-Tagung der Universität St. Gallen in Luzern

Die verschlungenen Wege der Realpolitik In der Gesundheitspolitik sind Interessen und Ansichten mannigfaltig. Keine idealen Voraussetzungen für zügiges Fortschreiten bei Reformvorhaben. In der Neuordnung der Spitalfinanzierung ist der Spruch «lieber den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach» zum Motto avanciert. Realpolitik bestimmt den Rhythmus in Bern. Dies sind auch die Schlüsse, welche aus der KVG-Tagung vom 24. August 2006 in Luzern gezogen werden können.

D

ie diesjährige Tagung der Universität St.Gallen stand unter dem Motto: «Das Krankenversicherungsgesetz (KVG) zwischen Spitalfinanzierung und Pharmainteressen». Dies sind zweifelsohne zwei der wichtigsten und umstrittensten Themen in der laufenden Debatte um die KVG-Revision, repräsentieren doch der Spitalsektor und die Medikamente beinahe 60 Prozent der Kosten in der Grundversicherung. Die Spitäler sind dabei nicht nur der weitaus grösste Kostenfaktor für die Krankenversicherung, sie wachsen auch am schnellsten. Seit 2001, das heisst innert vier Jahren, haben die Kosten in der Grundversicherung um 20,6 Prozent zugenommen, die Ausgaben für Spitalbehandlungen aber um rund 30 Prozent. Konzentrieren wir uns deshalb auf die Diskussion rund um die Spitalfinanzierung (in den Ausgaben 6 und 7/8 von infosantésuisse wurde das Thema Medikamente ausführlich aufgegriffen).

Ausgangslage: Vorschlag des Ständerats In Luzern stand bei allen Referenten die Spitalfinanzierung gemäss dem Vorschlag des Ständerats aus der vergangenen Frühjahrssession im Vordergrund. Diese Vorlage kennzeichnet sich durch folgende wichtigen Elemente: • Leistungsfinanzierung: Die stationäre Behandlung und der Spitalaufenthalt werden mit leistungsbezogenen Pauschalen abgegolten • Kantonsbeiträge an private Listenspitäler

• Einbezug der Investitionskosten in die Abrechnungspauschalen • Zuständigkeit für Spitalplanung weiterhin bei den Kantonen • Schaffung zweier Spitalkategorien: - Listenspitäler (privat und öffentlich) zur Sicherstellung der Versorgung - Vertragsspitäler ohne Leistungsauftrag und Beitrag vom Kanton

DRG1 als einziger gemeinsamer Nenner? Die ständerätliche Vorlage zur Neuordnung der Spitalfinanzierung ist umstritten. Sie enthält aber einen Punkt, in dem sich Politiker in Bern und Referenten in Luzern einig sind – die leistungsabhängige Spitalfinanzierung. Die Art, wie heute Spitäler finanziert werden, setzt falsche wirtschaftliche Anreize. Das hat zur Folge, dass im Spital mehr Leistungen als nötig erbracht und die Aufenthaltsdauer unnötig verlängert wird. Trotz der Einigkeit in diesem Punkt bleibt die vorliegende Revision hart umkämpft. Zu den weiteren zentralen Elementen der Vorlage herrscht keine Einigkeit. Bei den Kantonen stösst besonders die Erweiterung der Finanzierungspflicht der Kantone auf die Privatspitäler auf Widerstand. Gemäss Carlo Conti, Regierungsrat des Kantons Basel Stadt und Präsident des Vereins Swiss DRG, ist die Zeit für den grossen Wurf im Dossier der Spitalfinanzierung noch nicht gekommen. Deshalb soll heute realisiert werden was möglich ist. Seines Erachtens sollte sich die Revision in einer ersten Etappe auf die leistungsorientierte Spitalfinanzierung,

sprich auf die Einführung von Swiss DRG konzentrieren, um nicht die gesamte Revision zu gefährden. So will Conti die beiden Themen trennen und parallel führen.

Rosinen picken verboten Im Gegensatz zu Conti wehrt sich Urs Schwaller, Ständerat und Vizepräsident der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK), gegen die Entkoppelung der Leistungsabgeltung von den übrigen Punkten der Vorlage. Es bestehe sonst die Gefahr, so Schwaller, dass sich die Kantone nach der Einführung von Swiss DRG aufgrund des nachlassenden Drucks aus der verbleibenden Diskussion verabschieden. Eine isolierte Einführung von Swiss DRG würde von den Kantonen wohl als grosse Errungenschaft ver­kauft werden. Diese kaschiere aber nur das Scheitern der eigentlichen Neuordnung der Spitalfinanzierung. Schwaller steht deshalb nach wie vor hinter der Lösung des Ständerats und kritisiert dabei auch offen den Vorschlag der SGK des Nationalrats. Dieser will den «Binnenmarkt» im Spitalwesen einführen. Ein eidgenössischer Regulator soll nicht nur die Mindestversorgung, Transparenz, Effizienz und Qualität sichern, sondern auch Qualitäts- und Kostenvergleiche durchführen. Nach Aussage von Schwaller ist es nicht nachvoll-


Spitalfinanzierung: Soll DRG isoliert eingeführt werden oder im Rahmen eines Reformpakets?

ziehbar, warum Beamte anstelle gewählter Regierungen solche Entscheide fällen sollten. Die Übereinstimmung von Entscheidungskompetenz und Finanzierungsträger sollte gewährleistet bleiben. Weiter warnt Schwaller auch vor dem Bestreben, die totale Marktöffnung für Spitäler zu erwirken. Solche Begehren seien, wenn auch gut gemeint, illusorisch. Die Realpolitik erlaube solche Sprünge momentan nicht. Es sind die kleinen, pragmatischen Schritte, welche zum Ziel führen.

Zwischenschritt zu mehr Leistungswettbewerb Was für die Kantone bereits zu weit geht, darf für Hans-Ueli Regius, Generaldirektor der SWICA Gesundheitsorganisation und Verwaltungsrat von santésuisse, nur ein Zwischenschritt zur weiteren Förderung des Leistungswettbewerbs sein. Regius, als Vertreter der Versicherer und damit der Versicherten, unterstützt zwar klar und deutlich die Einführung einer schweizweit einheitlichen Tarifstruktur, betrachtet diese aber nur als Mittel zum Zweck – wird doch alleine dadurch die Kostenfrage keineswegs gelöst. An der aktuellen Vorlage kritisiert Regius neben dem Kostenteiler zwischen der öffentlichen Hand und den Krankenversicherern besonders auch die weiterhin bestehende Mehrfachrolle der Kantone.

Für Regius ist die Arbeit mit der aktuellen Vorlage nicht getan, denn er will die richtigen Anreize für eine wirtschaftliche und qualitativ hoch stehende Medizin setzen. Es fehlen ihm dazu vor allem zwei Aspekte in der Vorlage, nämlich die Verknüpfung der Spitalfinanzierung mit Vertragsfreiheit und Managed Care. Zwei Varianten stehen dazu im Vordergrund: Bleibt es beim Vertragszwang, müssen gemäss Regius alle Akteure mehr Regulierung des Staates erdulden und in der Grundversicherung ein Zulassungsstopp akzeptieren. In den alternativen Versicherungsmodellen dürfte hingegen kein Zulassungsstopp gelten. Leistungserbringer sollen Budgetverantwortung übernehmen und echte Kosteneinsparungen an die Versicherten weitergeben. In Ergänzung dazu sei ebenfalls ein Kostenlenkungsfaktor einzuführen. Entscheidet sich die Politik für die Vertragsfreiheit, sollen die Akteure von genügend wettbewerblichem Gestaltungsspielraum profitieren können. Zulassungsstopp und Kostenlenkungsfaktor fallen dahin. In beiden Varianten entwickeln die Akteure im Vergleich zum Ist-Zustand vermehrtes Interesse an Kostensteuerung und optimaler Medizin.

15

infosantésuisse  Nr. 10, Oktober 2006

Foto: Prisma

GESUNDHEITSWESEN

Robert Bider, CEO von Hirslanden, ein Graus. Auch die Pharma sei wichtig für die Schweiz und trotzdem rede dort niemand von ihrer Verstaatlichung. In seinem Votum beklagt er die verschiedenen Systemschwächen im Schweizer Spitalwesen. Privatspitäler hätten besonders unter der Planwirtschaft, der stetigen Ausweitung des Grundleistungskatalogs sowie den ineffizient und falsch gesetzten Anreizen zu leiden. Die duale Finanzierung der Spitäler im KVG-Bereich sei ohne Transparenz, was multiplen und versteckten Subventionen Auftrieb verschaffe. Besonders heftig kritisiert Bider die kantonale Bedarfsplanung. Der berechnete Bettenbedarf variiere in den verschiedenen Kantonen um bis zu 50 Prozent. Als Konsequenz der kantonalen Planung komme es zur protektionistischen Abschottung des Spitalmarkts, zur fehlenden Koordination zwischen den Kanonen und zu Überkapazitäten. Bider sieht das Übel in der Mehrfachrolle der Kantone, welche als Richter in eigener Sache auftreten. Der ständerätlichen Vorlage mag Bider in dieser Situation nur wenig abgewinnen, weil sie sich zu sehr an den Kosten und nicht an der Qualität orientiere. Biders Credo lautet deshalb: «Mehr Markt – weniger Plan!». Wettbewerb beseitige das Überangebot, fördere die Innovation und Qualität sowie die Vielfalt der Anbieter und ihres Angebots. Die entsprechenden Forderungen der Privatspitäler sind klar und eindeutig: Übergang zur monistischen Spitalfinanzierung, Aufhebung des Vertragszwangs und der Spitalplanung sowie Rückzug des Staats aus Betrieb und Führung der Spitäler.

Es lebe die Realpolitik Die Tagung in Luzern demonstrierte in aller Deutlichkeit mit welchem Elan die Beteiligten in der Frage der Spitalfinanzierung am Strick ziehen. Leider zu oft nicht am gleichen Strick, geschweige denn in die gleiche Richtung. Man darf deshalb nicht ob dem langsamen Fortschreiten dieser Vorlage erstaunt sein. Nur sachte Schritte sind machbar. Aber auch diese führen schliesslich zum Ziel. Auf den verschlungenen Wegen der Realpolitik sind allerdings Geduld und Durchhaltewillen unentbehrlich.  Matthias Schenker

Mehr Markt – weniger Plan! Das Argument: «Gesundheit ist wichtig, deshalb braucht es Regulierung» ist

DRG heisst: Diagnosis Related Group oder Abrechnung gemäss Diagnosegruppen

1


16

GESUNDHEITSWESEN

infosantésuisse  Nr. 10, Oktober 2006

Im Gespräch: Dr. Marc-Henri Gauchat, Präsident des Walliser Ärzteverbands

Die Einheitskasse bringt keine Lösungen Nicht nur die Krankenversicherer stehen der Schaffung einer Einheitskasse kritisch gegenüber und beabsichtigen den weiteren Ausbau von «Managed Care»-Lösungen. So befasst man sich auch auf Ärzteseite mit der Entwicklung unseres Gesundheitssystems. Gespräch mit Dr. Marc-Henri Gauchat, Präsident des Walliser Ärzteverbands. Foto: ZVG

Ich bin dagegen, weil die Einheitskasse über kein klares Konzept verfügt: Wird es sich um eine staatliche Einrichtung handeln oder lediglich um einen staatlichen Auftrag an die bereits bestehenden Krankenkassen? Wie wird diese Kasse beaufsichtigt? Wird diese Aufsicht auf nationaler oder kantonaler Ebene durchgeführt? Zudem wird die bereits im heutigen System wenig entwickelte gegenseitige Abstimmung durch das Einheitskassen-System nicht gefördert. Wenn sich einige meiner Berufskollegen für die Einheitskasse geäussert haben, ist dies vermutlich auf deren Unzufriedenheit mit dem heutigen System zurückzuführen und nicht auf deren Begeisterung für die Einheitskasse. «Bei einkommensabhängigen Prämien hätte der Mittelstand die grösste Last zu tragen.»

infosantésuisse: Welches Bild haben Sie als Arzt von santésuisse? Dr. Marc-Henri Gauchat: Ich habe ein ziemlich kontrastreiches Bild von santésuisse. In bestimmten Bereichen arbeiten wir zusammen, besonders bei den Verhandlungen. Andererseits beliefert santésuisse die Medien mit Informationen, mit denen wir nicht einverstanden sind, vor allem was die Kostenstatistiken der Ärzte anbelangt. Das Verhältnis ist nichtsdestotrotz relativ gut, weil wir letztlich meist Einigungen erzielen – wie kürzlich betreffend TARMED. Intern haben wir allerdings manchmal den Eindruck, dass santésuisse seine Verhandlungsverantwortlichen nicht vollständig unterstützt. Wir bedauern auch die fehlende Entscheidungsbefugnis der Verhandlungspartner in den Kantonen. Sie sind Arzt und haben sich gegen die Schaffung einer Einheitskasse geäussert. Warum?

«Ich bin gegen die Einheitskasse, weil sie über kein klares Konzept verfügt.» Das von den Initianten vorgeschlagene Projekt sieht eine dreigliedrige Führungsstruktur vor, zusammengesetzt aus den Behörden, den Leistungserbringern und einer Interessenvertretung der Versicherten. Was halten Sie davon? Das grösste Problem dieser dreigliedrigen Leitung wäre, eine Interessenvertretung der Versicherten zu finden. Die heute bestehenden Patienten- und Versichertenorganisationen sind nicht sehr gewichtig, und keine ist schweizweit aktiv. Es wird auch schwierig sein, die für diese Führungsaufgabe vorgesehene Auswahl unter den Politikern zu treffen. Welche Personen mit welchen politischen Ausrichtungen sollen in der Führung einer Einheitskasse Einsitz nehmen? Mit einer Annahme der Einheitskasse würde sich der Ärztestatus ändern. Können Sie sich vorstellen, quasi zum Verwaltungsfunktionär zu werden? Meiner Ansicht nach würde der Arzt tatsächlich zum Funktionär. Es gibt ja fälsch-

licherweise bereits Ansichten, wonach der Arzt über ein garantiertes Einkommen verfügt. Ich glaube nicht, dass der Ärztestatus sich mit einer Einheitskasse verbessern würde. Wir haben diese Erfahrung ja bereits im Bereich Unfallversicherung mit der Suva gemacht. Zwar ist die Kohärenz besser geworden, aber das Ganze hat auch einen grossen Nachteil: Gegen einen Entscheid dieser Versicherung Recht zu bekommen, ist für einen Arzt praktisch unmöglich, und noch viel weniger für einen Versicherten. Eine Monopolsituation kann also rasch demokratischen Strukturen entgegenlaufen. Im schlimmsten Fall wird es eine Aufsicht pro Arzt geben. Die Initianten denken an eine Finanzierung mittels einkommensabhängiger Prämien. Was halten Sie davon? Ich bin gegen dieses System. Wiederum hätte nämlich der Mittelstand die grösste Last zu tragen. Es ist kaum denkbar, dass sich Personen mit hohen Einkommen viel stärker beteiligen werden. Eher steigt der Anreiz, ins Ausland abzuwandern. Der Solidaritätsgedanke ist eine gute Basis. Die Solidarität muss aber praktikabel bleiben. Die heutigen kantonalen Systeme mit Prämienverbilligungen unterstützen die niedrigen Einkommen. Mit dem neuen System hingegen käme es zu einer unerwünschten zusätzlichen Steuer. Was halten Sie von der Vereinheitlichung der Prämien für die ganze Schweiz, falls die Einheitskasse angenommen wird? Ich bin gegen diesen Vorschlag. Die Walliser müssen für ihre Kosten aufkommen, die Genfer für die eigenen. Die Westschweizer gehen weniger häufig zum Arzt als die Deutschschweizer, hingegen ist ihr Arzneimittelkonsum höher. Es bestehen effektiv kulturelle Unterschiede bei der Inanspruchnahme von Leistungen. Diesen gilt es Rechnung zu tragen. Obwohl gegen eine Einheitsprämie, bin ich aber


für eine Neuzuordnung der Prämienregionen. Die Region Chablais könnte beispielsweise kantonsübergreifend mit dem Walliser und dem Waadtländer Teil zusammengeführt werden, oder das Oberwallis mit der Zentralschweiz. Ich möchte also eine Vereinfachung und weniger eine Vereinheitlichung.

«Ich glaube nicht, dass der Ärztestatus sich mit einer Einheitskasse verbessern würde.»

17

infosantésuisse  Nr. 10, Oktober 2006

Der Arztberuf befindet sich im Wandel. Welchen Herausforderungen gilt es sich in Zukunft zu stellen? Wie wird der Nachwuchs gewährleistet? Ich glaube, dass die medizinische Versorgung, wie wir sie mit den Einzelpraxen kennen, zugunsten von Gruppenpraxen verschwinden wird. Denn Konfrontationen in der Ärzteschaft wird Ärzte dazu veranlassen, sich frühpensionieren zu lassen, und es befinden sich wenig junge Nachwuchsärzte in Ausbildung, vor allem nicht im Bereich der Grundversorgung. Es gibt auch immer weniger praktizierende Ärzte zur Sicherstellung des Betreuungsdienstes. Die Apotheker bilden ebenfalls ein wichtiges Netz innerhalb des Gesundheitssystems. Wenn dieses Netz wegen der zunehmenden Käufe via Versandhandel verschwindet, gibt es keinen Dienst in kurz erreichbarer Distanz mehr. Es gilt also, die bestehenden Strukturen nicht zerfallen zu lassen, um eine flächendeckende Gesundheitsversorgung zu gewährleisten.  Interview: Nicole Bulliard Foto: Prisma

Die FMH hat sich für «Managed Care»-Lösungen ausgesprochen. Sind Sie als Hausarzt für solche Systeme? Haben Sie bereits Erfahrung damit? Ich habe zwar keine Erfahrung damit, aber wir sprechen schon lange darüber. Heute besteht aufgrund der fehlenden Koordination ein gewisses Überangebot, was wir in der Praxis optimieren möchten. Das Projekt der FMH sieht indessen vor, dass die Netze durch die Ärzte und nicht

durch die Versicherer eingesetzt werden. Zudem darf ein solches System nicht quasi von oben aufgezwungen werden, wenn es gut funktionieren soll. Die Ärzte müssen selber bestimmen können, wie sie ihre Netze organisieren wollen. Es muss auch mit einbezogen werden, dass bereits informelle Netze bestehen. Die Hausärzte arbeiten nämlich aufgrund der gemachten guten Erfahrungen zunehmend mit den Spezialisten zusammen. Im Übrigen sind die bisher präsentierten Modelle im Bereich «Managed Care» nicht attraktiv, da immer noch die Vertragsfreiheit angestrebt wird: Man glaubt, damit Kosten einsparen zu können. Es handelt sich dabei aber um einen Denkfehler der Politiker und Versicherer, denn das persönliche Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient ist sehr wichtig. Man muss von der reinen wirtschaftlichen Betrachtungsweise wegkommen. Der Preis ist nicht alles. Im Vertrauen liegt nämlich die Triebfeder für das System.

GESUNDHEITSWESEN

Die Walliser Hauptstadt Sion.


18

KRANKENVERSICHERUNG

infosantésuisse  Nr. 10, Oktober 2006

Aus der Statistik des Risikoausgleichs

Höchst spannende «Nebenprodukte» Eine wichtige Aufgabe der Gemeinsamen Einrichtung KVG ist die Durchführung des Risikoausgleichs. Dabei entsteht eine Menge statistischer Informationen, die der Öffentlichkeit zugänglich sind. Es sind dies insbesondere die Gesamtkosten der obligatorischen Krankenversicherung, die Kosten pro Kanton, die Kosten nach Geschlecht und Alter, die Kostenbeteiligung und das Umverteilungsvolumen beim Risikoausgleich. Hinter diesen wenig klangvollen Begriffen verbergen sich jedoch höchst spannende Erkenntnisse über die soziale Krankenversicherung.

D

ie Abteilung Risikoausgleich der Gemeinsamen Einrichtung KVG fasst jeweils die statistischen Daten für den Jahresbericht zusammen. Die Statistik 2005 liefert einige höchst interessante Ergebnisse: • 2005 haben 85 Versicherer die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) durchgeführt. Davon zählten 17 über 100 000 Versicherte. Sie versicherten zusammen rund 84 Prozent der Bevölkerung. Auf der anderen Seite ver-

sicherten die 40 Versicherer mit weniger als 10 000 Versicherten nur gut zwei Prozent der Bevölkerung. • Die Gesamtkosten der OKP (inklusive Kostenbeteiligung der Versicherten) haben 2005 rund 20,3 Mrd. Franken betragen. Das sind 5,8 Prozent mehr als 2004. Die Kosten pro versicherte Person beliefen sich auf 2733 Franken. Das sind 5,4 Prozent mehr als im Vorjahr. • 14,8 Prozent der Kosten oder 3 Mrd. Franken haben die Versicherten via

KOSTEN PRO VERSICHERTEN NACH GESCHLECHT UND ALTER (STAND 2005) Alter

Kosten (Fr.) Frauen

Männer

0 – 18

817.56

852.38

19 – 25

1517.20

886.35

26 – 30

2116.50

987.48

31 – 35

2379.91

1152.22

36 – 40

2251.05

1358.00

41 – 45

2227.57

1614.18

46 – 50

2586.56

1980.54

51 – 55

3040.25

2503.20

56 – 60

3541.68

3245.15

61 – 65

4183.16

4107.96

66 – 70

4931.31

5161.95

71 – 75

5999.24

6459.83

76 – 80

7403.54

7704.70

81 – 85

9460.95

8960.44

86 – 90

12 512.55

10 810.05

ab 91

17 118.25

13 941.68

alle

3130.57

2319.10

Quelle: Gemeinsame Einrichtung KVG

Kostenbeteiligung direkt finanziert. (2004: 14,9 Prozent oder 2,86 Mrd. Franken). Die Kostenbeteiligung pro versicherte Person betrug 404 Franken (2004: 386 Franken). • Frauen haben 2005 im Durchschnitt Kosten in der Höhe von 3131 Franken verursacht. Die Männer liegen diesbezüglich bei 2319 Franken. Die Mehrkosten der Frauen fallen vor allem zwischen dem 20. und dem 50. Lebensjahr an. In den Alterskategorien 0 bis 18 und 66 bis 70 verursachen die Frauen sogar weniger Kosten als Männer (vgl. Tabelle). • Der Risikoausgleich führte 2005 zu einem Umverteilungsvolumen von rund 4,9 Mrd. Franken zwischen den Versicherten. Ein Grossteil dieser Umverteilung spielt sich aber innerhalb der einzelnen Krankenkasse ab. Zwischen den Krankenversicherern beträgt das Umverteilungsvolumen nur 1,2 Mrd. Franken. Es hat sich aber seit Inkrafttreten des KVG mehr als verdoppelt. • Die Kosten pro versicherte Person nach Kanton betrugen 2005 zwischen 1851 Franken (Appenzell AI) und 3761 Franken (Basel-Stadt).

Weiterhin grosse Kostenunterschiede unter den Kantonen Die Statistik des Risikoausgleichs zeigt, dass die Kostenunterschiede zwischen den Kantonen in der OKP nach wie vor sehr gross sind, auch wenn sie sich in den letzten Jahren etwas angeglichen haben. In den Kantonen Basel-Stadt und Genf sind die Kosten pro Person weiterhin doppelt so hoch wie in Appenzell Innerrhoden.


KRANKENVERSICHERUNG

infosantésuisse  Nr. 10, Oktober 2006

Kosten pro Versicherten nach Kanton (Stand 2005) SH

BS JU

TG

BL SO

AG

ZG

LU

NE

AR

SZ

NW

BE VD

ZH

OW

AI

SG GL

UR

FR

GR

VS

Bereich

Kanton

Kosten (Fr.)

Kanton

Kosten (Fr.)

AG

2385

NW

1969 2073

AI

1851

OW

AR

2083

SG

2247

BE

2884

SH

2606

BL

2845

SO

2569

BS

3761

SZ

2240

FR

2519

TG

2318

GE

3734

TI

3268

GL

2338

UR

2189

GR

2279

VD

3209

JU

2930

VS

2374

LU

2273

ZG

2205

NE

3119

Bedeutung weiss hellgrün

Schattierung

ZH

2673

CH

2733

Bereich

Franken bis

1999

2000

2499

mittelgrün

2500

2999

dunkelgrün

3000

und mehr

Die Statistik des Risikoausgleichs weist für die Kantone Basel-Stadt (3761 Franken), Genf (3734 Franken), Tessin (3268 Franken), Waadt (3209 Franken) und Neuenburg (3119 Franken) Kosten pro versicherte Person aus, die sich deutlich über dem schweizerischen Niveau von 2733 Franken bewegen. Auf der anderen Seite lie-

(2338 Franken), Wallis (2374 Franken) und Aargau (2385 Franken) deutlich unter dem Landesdurchschnitt. In den letzten Jahren haben sich die Kosten zwischen den günstigsten und den teuersten Kantonen allerdings etwas angeglichen. So stiegen die Kosten pro Versicherten zwischen 2001 und 2005 in den Kantonen Genf, Waadt, Neuenburg und Basel-Stadt «nur» zwischen 11 und 15 Prozent, in den kleineren Kantonen der Ostund der Innerschweiz (AI, AR, NW, OW, SZ, ZG, GL) hingegen um 20 bis 22 Prozent. Spitzenreiter bilden in diesem Vergleich jedoch die Kantone Solothurn, Luzern und Bern mit einem Kostenanstieg von 27 bis 31 Prozent.

Mögliche Erklärungen

TI

GE

19

Quelle: Gemeinsame Einrichtung KVG

gen die Kosten in den Kantonen Appenzell IR (1851 Franken), Nidwalden (1969 Franken), Obwalden (2073 Franken), Appenzell AR (2083 Franken), Uri (2189 Franken), Zug (2205 Franken), Schwyz (2240 Franken), St. Gallen (2247 Franken), Luzern (2273 Franken), Graubünden (2279 Franken), Thurgau (2318 Franken), Glarus

Die Kostenunterschiede sind aber nach wie vor enorm und verlangen nach einer Erklärung. Dies umso mehr, als sich die Bewohner in den Kantonen mit relativ tiefen Kosten gemäss einer Studie der Tessiner Gesundheitsökonomen Gianfranco Domenighetti und Luca Crivelli1 ebenso gut versorgt fühlen wie jene in anderen Regionen und keinerlei Anzeichen einer medizinischen Rationierung verspüren. Die bisher einzige Studie zu den kantonalen Kostenunterschieden von Adrian Vatter und Christian Rüefli2 führt die Unterschiede auf verschiedene Faktoren zurück: Die Kosten steigen mit der Dichte der Leistungserbringer, insbesondere der Spezialärzte und der Spitäler. Eine wichtige Rolle spielt der Grad der Urbanisierung: Je ländlicher ein Gebiet ist, desto geringere Gesundheitskosten weist es in der Regel aus. Je ausgeprägter soziale Netze wie Familie, Vereine oder Freunde sind desto weniger Leistungen werden bezogen – gerade Pflegeheim-Einweisungen finden in einem solchen Umfeld oft später statt. Die Altersstruktur einer Region hat ebenfalls Einfluss auf die Gesundheitskosten. Nicht zu vernachlässigen sind laut Vatter und Rüefli auch die kulturelle Unterschiede: Nicht in allen Regionen der Schweiz ist die Anspruchsmentalität gegenüber der sozialen Krankenversicherung die gleiche.  Walter Frei

Sécurité de l’approvisionnement en médecine de ville dans le cadre de la suppression de l’obligation de contracter, Lausanne 2001 2 Kostendifferenzen im Gesundheitswesen zwischen den Kantonen, Bern 2001 1


20

KRANKENVERSICHERUNG

infosantésuisse  Nr. 10, Oktober 2006

Jahresbericht 2005 der Gemeinsamen Einrichtung KVG

Mehr Aufwendungen für Behandlungen im Ausland Die Gemeinsame Einrichtung KVG hat in ihren drei Haupttätigkeitsbereichen – internationale Leistungsaushilfe, Risikoausgleich und Kostenübernahme für insolvente Versicherer – 2005 ein gewohnt intensives Jahr erlebt. Während die Aufwendungen für die Leistungsaushilfe und das Umverteilungsvolumen des Risikoausgleichs anstiegen, sank der Umfang der Insolvenzzahlungen deutlich, weil 2005 kein Versicherer Probleme mit der Zahlungsfähigkeit hatte.

I

m Jahr 2005 wendete die Gemeinsame Einrichtung über 106 Millionen Franken für Leistungen für Versicherte aus einem EU- oder EFTA-Staat auf. Das sind 11 Prozent mehr als im Vorjahr. Umgekehrt belief sich die Leistungsaushilfe für Schweizer in einem europäischen Land auf 20,6 Millionen Franken, was einer Steigerung von sechs Prozent entspricht. Stärker als die Aufwendungen in Franken nahmen die Anzahl Fälle zu: Über 90 000 Mal musste die Gemeinsame Einrichtung Rechnungen von Europäern in der Schweiz bezahlen – 23 Prozent häufiger als im Vorjahr. In fast 19 000 Fällen verursachten Schweizer Kosten in der EU oder EFTA – ebenfalls 23 Prozent häufiger als 2004.

Keine neuen Insolvenzfälle 2005 kam es zu keinen neuen Insolvenzen bei Krankenversicherungen. Die Gemeinsame Einrichtung KVG konnte deshalb die entsprechenden Zahlungen stark reduzieren. Statt über 33 Millionen Franken wie im Vorjahr fielen noch 2,5 Millionen an – «Nachwehen» früherer Insolvenzfälle. Weil das Bundesamt für Gesundheit die Gemeinsame Einrichtung angewiesen hat, den Insolvenzfonds von 50 auf 100 Millionen Franken zu erhöhen, musste 2005 von den Kassen ein relativ hoher Beitrag von drei Franken pro versicherte Person erhoben werden.

Risikoausgleich: Volumen bei 1,2 Milliarden Erneut zugelegt hat das Umverteilungsvolumen durch den Risikoausgleich: Von 1,1 Milliarden Franken im Vorjahr stieg es auf 1,2 Milliarden 2005. Die Risikoausgleich-Statistik der Gemeinsamen Einrichtung KVG bringt neben dieser Kernzahl jeweils noch andere Entwicklungen ans Licht: So hat sich die Kostenbeteiligung pro Versicherten seit 1998 prozentual zu den Versicherungsleistungen kaum verändert – in Franken stieg sie in dieser Zeit jedoch von 292 auf 404 Franken. Damit ist das enor­me Kostenwachstum in der Grundversicherung auch an den Zuzahlungen aus eigener Tasche veranschaulicht.  Peter Kraft

Interessante Details aus dem Jahresbericht • Nicht in allen Staaten gibt es zentrale Verbindungsstellen für internationale Leistungsaushilfe. So müssen zum Beispiel Rechnungen für bestimmte griechische Personengruppen, die in der Schweiz medizinische Leistungen beanspruchen, an separate Institutionen überwiesen werden. Dies betrifft namentlich die Seeleute, Beamte, Militärpersonen im Allgemeinen, Militärpersonen der Hafenpolizei und Studierende. • Die Rettungsfluggesellschaft Air Zermatt hat mit der Gemeinsamen Einrichtung ein Spezialabkommen, das Direktzahlungen ermöglicht. Der Grund: Die geretteten Touristen haben zwar eine Vergütung der Gemeinsamen Einrichtung erhalten, die Rechnung der Air Zermatt aber nicht selten nur nach teuren Inkassoverfahren beglichen. • Die italienische Exklave Campione bei Lugano mit ihren 2300 Einwohnern verursacht 7,5 Prozent der Kosten der internationalen Leistungsaushilfe.

• Frauen verursachen mehr Kosten pro Person und Jahr als Männer – diese Aussage stimmt nur in bestimmten Lebensphasen. Als Kinder sind die Knaben sogar leicht kostenintensiver (852 gegenüber 817 Franken). Zwischen 19 und 55 Jahren beziehen Frauen dann deutlich mehr Leistungen zu Lasten der Grundversicherung. Besonders ausgeprägt sind die Unterschiede im gebärfähigen Alter zwischen 19 und 40 Jahren. Ein Mann zwischen 26 und 30 weist Kosten von 987 Franken auf, eine gleichaltrige Frau kommt auf 2116 Franken. Zwischen 55 und 70 liegen beide Geschlechter in etwa gleichauf – bei der Pensionierung betragen die Kosten für beide Geschlechter rund 4100 Franken. Darauf werden die Männer bis 80 Jahre wieder kostenintensiver – wohl, weil bei ihnen aufgrund der niedrigeren Lebenserwartung der Todeszeitpunkt näher liegt (6460 Franken gegenüber 5999 Franken mit 75 Jahren). Über 80 Jahren weisen dann wieder die Frauen höhere Gesundheitskosten auf.


KRANKENVERSICHERUNG

21

infosantésuisse  Nr. 10, Oktober 2006

Aufsichtsdaten des BAG

Verwaltungskosten der Krankenversicherer sinken erneut Der Anteil der Verwaltungskosten an den Gesamtausgaben in der obligatorischen Krankenversicherung ist weiter gesunken. Dies geht aus den neuen Aufsichtsdaten des Bundesamts für Gesundheit (BAG) hervor. Betrug die Quote 2004 noch 5,6 Prozent, konnte sie 2005 auf 5,4 Prozent verringert werden. Im gleichen Zeitraum ist die durchschnittliche Reservequote der Krankenversicherer von 16,5 auf 17,2 Prozent gestiegen.

Foto: Fritz Keller

Prozent der Ausgaben um einen Drittel von 8,1 auf 5,4 Prozent gesunken ist. (vgl. Grafik). Bei den Versicherern mit über 50 000 Versicherten schwankt der Verwaltungsaufwand zwischen 3,9 und 8,4 Prozent.

Steigende Reserven Im Sinkflug: Die Verwaltungskosten der Krankenversicherer.

D

ie Aufsichtsdaten der obligatorischen Krankenversicherung (OKP), die das BAG bei den Krankenversicherern erhebt und jährlich veröffentlicht, enthalten pro Versicherer und im Total der ganzen Branche folgende Kennzahlen: • Versichertenbestand • Einnahmen und Ausgaben • Prämiensoll • Risikoausgleich • Leistungen • Verwaltungskosten • Gesamtergebnis (pro Person) • Reserven und Rückstellungen

fang von 17,4 Mrd. Franken (pro Person 2327 Franken). Der Verwaltungsaufwand betrug 5,4 Prozent (2004: 5,6 Prozent) der Ausgaben. Das sind pro Person 134 Franken (2004: 133 Franken). Frankenmässig hat der Verwaltungsaufwand gegenüber dem Jahr nach der Einführung des KVG (1996) praktisch stagniert, während er in

Verwaltungsaufwand und Abschreibungen in % der Ausgaben 1996 − 2005 8,5% 8,1%

Zwischen 111 und einer Million Versicherte Ende 2005 waren laut BAG in der Grundversicherung bei insgesamt 85 Versicherern 7 458 475 Mio. Personen versichert. Die kleinste Kasse (Gondo/Zwischbergen) wies dabei einen Stand von 111, die grösste (CSS) einen solchen von 950 485 Versicherten auf. Den Gesamteinnahmen von 18,7 Mrd. Franken standen Ausgaben von 18,5 Mrd. Franken gegenüber. Die Versicherer bezahlten (abzüglich der Kostenbeteiligung der Versicherten) Leistungen im Um-

8,0% 7,5%

7,2%

7,0% 6,6%

6,5%

6,4%

6,0%

6,1% 6,1% 5,9%

5,7%

5,6%

5,5% 5,4% 5,0% 1996

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

2004

2005

Quelle: santésuisse

Die Reservequote hat 2005 gegenüber dem Vorjahr um 0,7 von 16,5 auf 17,2 Prozent zugenommen. Das sind 427 Franken pro Person. Die Reserven der Branche entsprechen damit in etwa den gesetzlichen Vorgaben für die Mindestreserven, wobei es zwischen den einzelnen Versicherern starke Unterschiede gibt. Elf Versicherer weisen deutlich höhere, sieben dagegen deutlich tiefere Reserven als vorgeschrieben auf. Ihr «Polster» liegt zehn Prozent über beziehungsweise unter dem gesetzlichen Minimum.  Walter Frei


22

KRANKENVERSICHERUNG

infosantésuisse  Nr. 10, Oktober 2006

Übergabe der Eidgenössischen Fachausweise an die neuen Krankenversicherungsfachleute

Nicht auf den Lorbeeren ausruhen Das Ressort Ausbildung von santésuisse hat den neuen Krankenversicherungs-Fachmännern und -Fachfrauen des Abschlussjahrgangs 2006 in Lausanne den eidgenössischen Fachausweis überreicht. In entspannter und herzlicher Atmosphäre fand die Diplomfeier erstmals in der Westschweiz statt. Sozialdienst als Anlaufstelle für Bedürftige

Anne-Christine Maillard, Gruppenleiterin im Sozialdienst Lausanne.

B

ei der Übergabe der Fachausweise 2006 an die Neudiplomierten herrschte eine feierliche Stimmung, die durch die musikalische Umrahmung des Duos Cadencia mit südamerikanischem Gesang und Gitarrenbegleitung unterstützt wurde. Daniel Wyler, Abteilungsleiter Services bei santésuisse, hat in seiner Grussnote die Anstrengungen der Absolventen, vertiefte Kenntnisse der Krankenversicherung in Ergänzung zu ihrer beruflichen Tätigkeit zu erlangen, gelobt. Ein besonderer Dank ging an die Lehrverantwortlichen und Experten für ihre Vorbereitungsarbeit und Prüfungskorrekturen. Den frisch Diplomierten gab er den Rat mit auf den Weg, sich niemals nur auf den Lorbeeren auszuruhen, sondern während der ganzen beruflichen Laufbahn weiter zu lernen.

Die Zielsetzung der Sozialversicherungen liegt in der Hilfeleistung an Personen in schwierigen Situationen. Es gibt jedoch Extremfälle, wo die Versicherungen nicht mehr ausreichen und Hilfe bei den Sozialdiensten angefordert werden muss. AnneChristine Maillard, Gruppenleiterin im Sozialdienst Lausanne, stellte als Gastrednerin die Dienstleistungen und Angebote für Menschen in grosser Bedrängnis vor. Die Sozialdienste bieten punktuelle oder zeitlich begrenzte Unterstützung an Hilfebedürftige in folgenden Bereichen: Finanzielle Hilfe, administrative Belange, Wohnungssuche, Ausbildungshilfe für junge Erwachsene zwischen 18 und 25 Jahren, Vorschüsse auf Leistungen aus der Arbeitslosenkasse, Behindertentransport oder Rechtsberatung. Trotz des breiten Angebots gibt es präzise Regelungen, damit die gewährten Hilfeleistungen auch wirklich den Bedürftigen zugute kommen. Es wird zwar keine Rückerstattung der erbrachten Leistungen gefordert, dennoch verlangt der Sozialdienst von den Leistungsempfängern eine gewisse Disziplin und exakte Informationen über ihre Situation und deren Entwicklung.

gen vier Kandidatinnen mit je 4,8. Sonja Althaus, Ausbildungsverantwortliche von santésuisse, betonte, dass ein Diplom der beruflichen Laufbahn nicht selten eine neue Wendung zu geben vermag. Häufig würden die unternommenen Bemühungen mit einer Beförderung oder einer anderen Position in einem Konkurrenzunternehmen belohnt. Georges-André Escoffey, Leiter des Ressorts Ausbildung Westschweiz, hat diese Westschweizer Premiere mit Genugtuung begrüsst. Er hat aber auch die Frage nach den Faktoren für Erfolg oder Misserfolg aufgeworfen. Eine durch das Ressort Ausbildung durchgeführte Untersuchung hat ergeben, dass die Kandidaten häufig über ein relativ grosses Fachwissen verfügen, es ihnen aber an praktischer Erfahrung in den verschiedenen Krankenversicherungssektoren fehlt. Deshalb sind die Ausbildungsverantwortlichen mit der Bitte an die Unternehmen gelangt, den Kandidatinnen und Kandidaten Einblick in die Tätigkeiten aller Abteilungen der Krankenversicherer zu gewähren. Die neuen Lehrgänge sind in der Deutschschweiz in diesem Herbst gestartet worden und werden in der Westschweiz voraussichtlich im Herbst 2007 eingeführt.  Nicole Bulliard

Prüfungsergebnisse – was nun? Die Präsentation der Prüfungsergebnisse ist der von allen erwartete Augenblick. Die anwesenden Lehrgangsteilnehmenden wissen zwar, dass sie bestanden haben, kennen aber die genauen Ergebnisse noch nicht. In diesem Jahr hat gut die Hälfte der Absolventen ein Diplom erhalten. Die Quote lag dabei in der Westschweiz leicht über der Diplomquote der Deutschschweiz (siehe Tabelle). Die Noten liegen insgesamt knapp unter den Vorjahresergebnissen. Der beste Kandidat kommt dieses Jahr aus der Westschweiz: André Schmid von der Philos erreichte einen Notendurchschnitt von 4,9. Es fol-

N O T E N S TAT I S T I K 2 0 0 6 Total Teilnehmende

138

deutschsprachige Schweiz französischsprachige Schweiz italienischsprachige Schweiz

102 36 0

Total bestandene Examen 70 = 50,72 % deutschsprachige Schweiz französischsprachige Schweiz

50 = 49,02 % 20 = 55,56 %

Total nicht bestandene Examen

68 = 49,28 %

Schlussnote 2006 Ø erfolgreicher Prüfungsabsolventen: - deutschsprachige Schweiz - französischsprachige Schweiz

4,32 4,33 4,29

Vergleich 2005 Ø erfolgreicher Prüfungsabsolventen

4,47

Vergleich 2004 Ø erfolgreicher Prüfungsabsolventen

4,37


23

infosantésuisse  Nr. 10, Oktober 2006

Photos: Martina Wolf

KRANKENVERSICHERUNG

V.l.n.r.: André Schmid, Cornelia Ettlin und Alexandra Weiss sowie Daniel Wyler, Abteilungsleiter Services bei santésuisse.

Diese Damen und Herren haben ihren Fachausweis erhalten: Deutsch: Amacker Roland, Groupe Mutuel Martigny; Anderegg Diana, innova Worb; Bagaric Ljilijana, Groupe Mutuel Zürich; Bischof Isabelle, carena schweiz Aadorf; Bolliger Marie-Claude, Helsana Oberentfelden; Bolliger Nicole, Helsana Olten; Cavegn Adrian, ÖKK Landquart; Cubuk Nilgül, Helsana Olten; Dembowski Tanja, Helsana Zürich; Eberhardt Vera, Groupe Mutuel Martigny; Estermann Adrian, Xundheit Luzern; Ettlin Cornelia Xundheit Luzern; Franzi Rémy, Assura Herrenschwanden; Fuchs Nicole, Wincare Winterthur; Gotsch Beatrix, KPT/CPT Bern; Hartung Manuela, Intras Basel; Hofstetter Claudia; Helsana Rotkreuz; Hostettler Socha Morena, Ombudsstelle Luzern; Hunziker Michael, SWICA Winterthur; Joho Evelyn, AGRISANO Brugg; Koller Roger, SWICA Winterthur; Kreienbühl Armin, CSS Willisau; Langegger Achim, sodalis Visp; Liniger-Koller Eliane, Sanitas Zürich; Lukacevic Mirela, Wincare Aarau; Lüscher Romy, KPT/CPT Bern; Marschall Eveline, Wincare Winterthur; Marty Claudia; Concordia Luzern; Meier Melanie, Aquilana Baden; Mettler Rosmarie, SWICA ST. Gallen; Moser Christoph, Krankenkasse Malters; Muff Melanie, SWICA Luzern; Obrist Bettina, AGRISANO Brugg; Okopnik Chantal, Groupe Mutuel Villars-sur-Glâne; Pavan Tanja, SWICA ST. Gallen; Pfammatter Elmar, Groupe Mutuel Mar-

tigny; Schmid Lisa; Visana Bern; Schnüriger Yolanda, Concordia Luzern; Seiler Evelyne, CSS Luzern; Spycher Helena, Sanitas Bern; Stadler Franziska, AGRISANO Brugg; Stäheli Sandra, SWICA Bern; Steffen André, Kolping KK Dübendorf; Steiger Hugo, Xundheit Luzern; Tarolli Sandra, innova Gossau; Weber Anne-Sofie, Wincare Winterthur; Weiss Alexandra, Wincare Aarau; Weissbaum David, Sanitas Bern; Widrig Miriam; Sanitas Luzern; Wirz Claudia; carena schweiz Aadorf Französisch: De Toro Luciano, Intras Carouge; Elsig Yannick, Groupe Mutuel Martigny; Gillioz Nathalie, Groupe Mutuel Martigny; Girardet Christine, SUPRA Lausanne; Haas Emmanuelle, Groupe Mutuel Villars-sur-Glâne; Magalhaes Liliane Christine, Groupe Mutuel Martigny; Marchon Philippe, Groupe Mutuel Martigny; Meynet Mathieu, Concordia Lausanne; Michellod Benoit, Groupe Mutuel Martigny; Monard Delphine, assura Hauterive; Pannatier Grégoire, Groupe Mutuel Martigny; Rosset Lyne, Helsana Lausanne; Sabino Miguel, CSS Ecublens; Schmid André, Philos Tolochenaz; Steiger Patrick, Groupe Mutuel Martigny; Streicher Bibiana, CSS Lausanne; Theytaz Frédéric, Groupe Mutuel Martigny; Zaugg Sandra, Concordia Luzern; Zollinger Larissa, assura Pully; Zuchuat Muriel, Groupe Mutuel Martigny


service Studie: An der Heimeinweisung von Demenzkranken teilhaben

Zusammenspannen von Angehörigen und Pflegepersonal ist entscheidend News aus aller Welt Frankreich: Frankreich hat eine Neugestaltung seiner Spitalplanung vorgenommen und die dazu eingesetzten Instrumente von Grund auf überarbeitet. Die Ressourcenzuteilung nach dem Betten-/Bevölkerungs-Index soll nach und nach durch das Prinzip «Tarifierung nach Tätigkeit» ersetzt werden.

Die Häufigkeit von Demenzerkrankungen nimmt im hohen Alter zu. Demenz ist einer der wichtigsten Gründe für die Einweisung in ein Pflegeheim. Vor der Heimeinweisung nehmen Familie und Angehörige eine zentrale Rolle bei der Pflege zu Hause ein. Für das Pflegepersonal ist die Zusammenarbeit mit der Familie eine wichtige Komponente der Betreuung, wie eine Studie der Schweizerischen Gesellschaft für Gesundheitspolitik fest-

stellt. Mit der Einweisung der Mutter oder des Vaters verliert die Rolle der bisher pflegenden Angehörigen an Bedeutung. In der Studie wurden die Angehörigen darüber befragt, wie sie die Tage nach der Einweisung ihrer Mutter oder ihres Vaters ins Heim erlebten. Die Sicht des Heimpersonals wurde anschliessend den Aussagen und Erwartungen der Angehörigen gegenüber gestellt. Es hat sich gezeigt, dass es bereits

ab Eintritt der Krankheit Vorsorge und Betreuung braucht, damit die Pflegebedürftigen Hilfe und Unterstützung finden. Nach dem Heimeintritt braucht es die Zusammenarbeit von Familie und Pflegepersonal, um eine optimale Betreuung zu gewährleisten. Annick Anchisi, Véronique Luyet, Valérie Hugentobler, Placer une personne âgée démente en EMS, perspectives familiales et soignantes, Schriftenreihe der Schweizerischen Gesellschaft für Gesundheitspolitik Band 87, Zürich, 2006

«Soziale Sicherheit»: Bilanz nach 10 Jahren KVG

USA: In den USA ist jede sechste Person nicht krankenversichert. Dieser Anteil ist nicht in allen Bevölkerungsgruppen gleich hoch. Unter der lateinamerikanischen Bevölkerung der USA verfügt sogar jede dritte Person über keine Krankenversicherungsdeckung. NHS: Gemäss einem Bericht der von der britischen Regierung eingesetzten nationalen Agentur für Patientensicherheit sterben im Land jährlich fünftausend Personen an Infekten, die sie sich im Krankenhaus geholt haben.

Ein Jahrzehnt obligatorische Krankenversicherung Foto: Prisma

Liechtenstein: Am 23. August hat das Parlament Liechtensteins eine Änderung der Verordnung zur Abgabe von Generika beschlossen. Ab 1. Januar 2007 wird der Selbstbehalt für Originalmedikamente auf 20 Prozent der die Franchise übersteigenden Kosten festgesetzt. Demgegenüber beträgt der Selbstbehalt bei Generika lediglich 10 Prozent.

Die Zeitschrift «Soziale Sicherheit» (4/2006) des Bundesamtes für Sozialversicherung (BSV) widmet sich in ihrer neusten Ausgabe dem zehnjährigen Bestehen des KVG. Die Beiträge befassen sich mit dem Wechsel vom früheren KUVG zum neuen KVG und den jüngsten Entwicklungen. Thematisiert werden auch Zukunftsperspektiven bei der Alterspflege, die Kostenentwicklung und der Stand der Gesetzesrevision vor dem Parlament. Ein weiterer Artikel bietet einen Blick aus dem Ausland auf unser Gesundheitssystem. Das Schwerpunktthema Krankenversicherung, u.a. mit Beiträgen des ehemaligen Direktors des BSV, bietet eine interessante und informative Übersicht über die Entwicklung des komplexen Krankenversicherungsbereichs und die noch nicht gelösten Probleme. Die «Soziale Sicherheit» blickt auf die Entwicklung der Krankenversicherung mit einer gewissen zeitlichen Distanz – in einem Bereich, wo klare Zukunftsvisionen für das System noch fehlen.


SANTÉSUISSE – SERVICE

25

infosantésuisse  Nr. 10, Oktober 2006

Veranstaltungen Veranstalter

Besonderes

Datum/Ort

Weitere Informationen

24. Oktober Hilton Hotel, Zürich Flughafen

www.euroforum.ch

5. Jahrestagung Spitäler und Kliniken Euroforum

Schwerpunktthema DRG

3. Schweizerischer Kongress für Gesundheitsökonomie und Gesundheitswissenschaften MSD

Auf der Suche nach dem optimalen Gesundheitssystem

27. Oktober Inselspital Bern

www.msd.ch

Unternehmenskultur in Pflegeheimen

2. bis 3. November Kursaal Bern

www.curaviva.ch

9. November Congress Center der MCH Messe Schweiz, Basel

www.nationalegesundheit.ch

Fachkongress «Alter» CURAVIVA Suisse

8. Arbeitstagung Nationale Gesundheitspolitik Nationale Gesundheitspolitik Schweiz (GDK/BAG)

Stärkung der Grundversorgung

Jahrestagung Gesundheitsförderung und Arbeitssicherheit 23. November www.healthhospitals.ch Pflegezentrum Käferberg, Zürich

Zeichnung: Marc Roulin

Netzwerk Gesundheitsfördender Spitäler Die Tagung ist aufgeteilt in Impulsreferate und Parallelworkshops


Tarif- und Abrechnungskontrolle Chirurgie

Fasziniert Sie die Krankenversicherung? Wenn ja, dann sind Sie bei uns richtig.

Pensionierter Facharzt FMH mit langjähriger,

breitgefächerter praktischer und vertrauensärztlicher Erfahrung überprüft Abrechnungsverhalten und Honorarforderungen aus sämt-

Wir sind eine 1908 gegründete, mittelgrosse und gesamtschweizerisch tätige Krankenversicherung. In unserem Geschäftssitz an zentraler Lage, direkt beim HB Zürich, suchen wir zu attraktiven Anstellungsbedingungen eine/n

lichen operativen Disziplinen.

Abteilungsleiter/in Leistungen Zweck der Stelle:

MedicAssistance Consulting im Gesundheitswesen Wallstrasse 11, 4051 Basel Tel. 079 606 76 47

Selbständige Führung der Leistungsabteilung

Anforderungen: • Kaufm. Lehre oder Ausbildung im med. Bereich • Mehrjährige Erfahrung im Leistungs- oder Tarifbereich einer Krankenversicherung • Stilsichere Korrespondenz in deutsch • Sehr gute mündliche französische Kennnisse • Führungserfahrung

Aufgaben:

Brennpunkt Gesundheitspolitik Gratis! Der neue Brennpunkt 3/2006: In erster Linie ist diese Publikation gedacht für Politiker, Medienleute, Kader der Krankenversicherer und alle an der Gesundheitspolitik interessierten Personen. Diese Gratis-Publikation von santésuisse erscheint viermal pro Jahr und ist ebenfalls als Abonnement erhältlich. Bitte einsenden oder faxen (032 625 41 51) an: santésuisse, Verlag, Postfach, 4502 Solothurn.

Bestellung ________

Ex. «Brennpunkt Gesundheitspolitik» 3/06

________

Abonnement

Vorname / Name Strasse / Nr. PLZ / Ort

• Personelle und fachliche Führung der Mitarbeitenden • Planung, Organisation und Optimierung der Abläufe in der Abteilung • Mithilfe bei der Rekrutierung sowie Planung der Aus- und Weiterbildung • Medizinische Fallbeurteilungen und Entscheide • Fallbesprechungen inkl. Fachinstruktionen • EDV-Koordination für Leistungsarten und Zahlstellen der Leistungserbringer • Erledigung von Spezialfällen und entsprechender Korrespondenz • Unterstützung der Mitarbeitenden bei Spezialfällen • Stufengerechte Aufbereitung der Rundschreiben von santésuisse und anderer Mitteilungen • Verhandlung von Verträgen im Leistungsbereich der GALENOS Kranken- und Unfallversicherung • Ausarbeiten von Weisungen, Checklisten, Vorlagen und interner Informationen Wenn Sie an dieser verantwortungsvollen und abwechslungsreichen Tätigkeit interessiert sind, senden Sie Ihre Bewerbung mit den üblichen Unterlagen an: GALENOS Kranken- und Unfallversicherung Herr Hans-Peter Lang, Geschäftsleiter Militärstrasse 36, Postfach 8023 Zürich Tel. 044 245 88 20 (Direktwahl) E-mail: hplang@galenos.ch


Infosantesuisse 91x270 B

23.6.2006

10:23 Uhr

Seite 1

Stellen Sie Ihr Wissen auf den Prüfstand! Melden Sie sich rechtzeitig zu den alljährlich durch die Prüfungskommission SVS durchgeführten Prüfungen an:

Berufsprüfung Sozialversicherungs-Fachausweis 2007 Prüfungsdatum- und Ort: 9./10./11. Oktober 2007, mündlich nach Aufgebot, in Aarau, Bern, Chur, Lausanne*, Luzern, St. Gallen, Winterthur und Zürich. Prüfungsgebühr: Fr. 2’000.- + BBT-Urkunde Anmeldung: Bis 31. Mai 2007. Centris AG Grabackerstrasse 3 4502 Solothurn Fon 032 625 44 44 Fax 032 625 44 99 www.centrisag.ch Als effektivster Dienstleistungspartner im Schweizer Markt der Krankenund Unfallversicherer realisieren wir für unsere Kunden modulare IT-Lösungen, welche modernsten Anforderungen entsprechen. Fundierte Fachkenntnisse, Eigenverantwortung und Flexibilität sind für unsere rund 130 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ebenso selbstverständlich wie kundennahes und marktorientiertes Denken und Handeln.

Wir suchen per sofort oder nach Vereinbarung eine/n

Sekretär/in Teilzeit 50-80% (F/D) Ihre Aufgaben ■ ■ ■ ■ ■

Erstellen von Übersetzungen (Deutsch/Französisch) Korrespondenz selbständig und nach Stichworten in F und D Administrative und organisatorische Sekretariatsarbeiten Unterstützen und Entlasten des Managements Anspruchsvolle Protokollführung (GL)

Ihr Profil ■

■ ■

■ ■ ■

Kaufmännische Grundausbildung, Übersetzungsdiplom von Vorteil Gute Branchenkenntnisse im Krankenversicherungsbereich Ausgezeichnete Kenntnisse in MS-Office (Word, Excel, PowerPoint), Flair für Informatik Stilsicher in Französisch und Deutsch (mündl. und schriftl.) Bilingue F/D zwingend (Muttersprache Französisch) Flexible, selbständige Persönlichkeit mit betriebswirtschaftlicher Denkweise

Ihre Perspektiven ■ ■ ■

Angenehme Arbeitsatmosphäre in einem jungen, motivierten Team Flexible Arbeitszeiten Gute Sozialleistungen

Wollen Sie sich in einem modernen Umfeld weiterentwickeln und mit Eigeninitiative einen aktiven Beitrag zum Erfolg unseres Unternehmens leisten? Dann nehmen Sie mit uns Kontakt auf. Wir freuen uns auf Sie! Senden Sie Ihre Bewerbung an Käthy Dürig-Michel, E-Mail: kaethy.duerig@centrisag.ch unter Angabe der Referenznummer 4409/Z.

Höhere Fachprüfung Sozialversicherungs-Diplom 2007 Prüfungsdatum- und Ort: 23. bis 28. April 2007 in Zürich und Lausanne*. Prüfungsgebühr: Fr. 3’500.- zuzüglich BBT-Urkunde. Anmeldung: Bis 31. Oktober 2006. Für beide Prüfungen melden Sie sich mittels besonderem Anmeldeformular bei der Prüfungskommission Deutschschweiz an. Die Lehrgangsteilnehmer erhalten die Anmeldeunterlagen direkt zugestellt. *Anmeldung bei: FEAS, Commission romande des examens, c/o Jean-Paul Coquoz, président, Wasserschöpfi 24, 8055 Zürich.

Auf unserer Website finden Sie Prüfungsreglemente und Wegleitungen.

Prüfungskommission Deutschschweiz Sekretariat: Postfach 273 . 8353 Elgg . Tel. 052 368 61 50 Fax 052 368 61 51 . info@svs-edu.ch . www.svs-edu.ch



Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.