infosantĂŠsuisse
Magazin der Schweizer Krankenversicherer Nr. 10, Oktober 2007
Im Kampf gegen Spitalschliessungen sind viele Mittel recht Seite 10
Die Krankenkasse auf dem Klosterberg Seite 18
IM FOKUS:
Spitalplanung
INHALT
infosantésuisse Nr. 10, Oktober 2007
SCHWERPUNKT 4 5 6 7 8 9 10 12 14 15
Spitalplanung: Hat das heutige System versagt? Tessin macht vorwärts trotz politischer Hindernisse Freiburgs Spitalversorgung wird schlanker Wallis: Neues Spitalkonzept für effiziente Lösungen Bern will bedarfsgerechte Spitalplanung Neuenburg führt seine Spitäler zusammen Strukturerhaltung übers Hintertürchen: Im Kampf gegen Spitalschliessungen sind viele Mittel recht Rainer Klöti: «Die heutigen Strukturen hinken der Realität um Jahre hinterher» Wirkungsanalyse der kantonalen Spitalplanungen: Ziele nicht erreicht Spitalzusatzversicherung: Kantonale Tarifpolitik verstösst gegen Kartellrecht
Wallis: Neues Spitalkonzept für effiziente Lösungen Seite 7
KRANKENVERSICHERUNG 6 Die Krankenkasse auf dem Klosterberg 1 18 Grafik des Monats Oktober: Statistik nach Behandlungsdatum – Bessere Zuordnung der Kosten
GESUNDHEITSWESEN 9 1 20 22
Buchtipp: Das neue Lexikon der Medizin-Irrtümer Diplomfeier für die frischgebackenen Krankenversicherungs-Fachleute Neue kaufmännische Grundbildung: Mehr als 95 Prozent der Lernenden erfolgreich
SERVICE 3 2 23 23 24 24 24 25 25
Bern will bedarfsgerechte Spitalplanung
Seite 8
Punktlandung von Gerhard Kocher Bern schafft neues Bildungszentrum für Pflege Medikamenten-Stents sind nicht gefährlicher News aus aller Welt Bevölkerung wünscht Gesundheitsberatung in Spitälern Weniger psychische Probleme in der Schweizer Bevölkerung Veranstaltungen
Neuenburg führt seine Spitäler zusammen Seite 9
Nr. 10, Oktober 2007 Erscheint zehnmal jährlich
Layout: Henriette Lux
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EDITORIAL
infosantésuisse Nr. 10, Oktober 2007
Welche Spitalplanung brauchen wir?
D Dr. Beat Ochsner Verwaltungsrat santésuisse
en Kantonen obliegt die Pflicht, für eine genügende medizinische Versorgung der Bevölkerung zu sorgen. 26 Stände nehmen pflichtbewusst ihre Aufgabe wahr und planen. Das Resultat in Zahlen: Von 2002 bis 2006 sind der spitalambulante und der stationäre Bereich die grössten Kostentreiber unseres Gesundheitswesens. Im internationalen Vergleich liegt die Schweiz punkto Kosten-Nutzen-Verhältnis der medizinischen Versorgung im Mittelfeld. Was läuft hier falsch? Ist allenfalls gar der Ansatz Planung falsch und müsste dem freien Markt das Wort geredet werden? Angesichts der grossen Investitionsvolumen, die im Spitalbereich anfallen, bestünde die Gefahr, dass schlussendlich eine einseitig renditeorientierte Optik die Oberhand behielte. Die legitimen Wünsche der Patienten – eine qualitativ hochstehende Versorgung, die auch dem Solidaritätsgedanken Rechnung trägt – könnten auf der Strecke bleiben. Also doch Planung? Aber wenn, dann welche? Der Schlüssel zur Problemlösung liegt wie oft in der Klarheit der Rollenverteilung und einer Definition sinnvoller Planungskriterien. Die Kantone können als Garanten der medizinischen Versorgung zwei Wege einschlagen. Entweder sie beschränken sich auf die Funktion der Regulatoren und machen Vorgaben, die neben der weiterhin anzustrebenden Patientennähe auch Kosten-Nutzen-optimierte Strukturen verlangen. Eine diesbezüglich
ernst gemeinte Verantwortung der Kantone führt in der Umsetzung zwingend zu einer kantonsübergreifenden Zusammenarbeit nicht nur in der Spitzenmedizin, sondern auch bei der Basisversorgung. Sehen sich Kantone dem Service publicGedanken folgend eher in der Rolle der Betreiber, so ist das Prinzip «wer zahlt, befiehlt» konsequent einzuhalten. Die Krankenversicherer sind bei der Planung einzubeziehen, denn sie bringen als Repräsentanten der Prämienzahler die gesamtökonomischen Aspekte ein. Spitalplanung ist nicht von Spitalfinanzierung zu trennen. Es ist zu hoffen, dass die eidgenössischen Räte diesen Zusammenhängen bei den laufenden Diskussionen um Monistik, DRGs und gesamtschweizerischer Spitalwahl genügend Rechnung tragen.
SCHWERPUNKT
infosantésuisse Nr. 10, Oktober 2007
Mehrfachrolle der Kantone verhindert bedarfsgerechte Spitallisten
Spitalplanung: Hat das heutige System versagt? Das Krankenversicherungsgesetz verpflichtet die Kantone zu einer bedarfsgerechten Spitalplanung. Im Clinch der Interessen haben sie jedoch grosse Mühe, diese Vorgabe umzusetzen. Um das zu ändern, dürfen die Kantone im Spitalwesen künftig nicht mehr Planer, Betreiber und Schiedsrichter gleichzeitig sein.
sorgungsangebotes konzentrieren. Selbstverständlich braucht es in einem System mit freien Vertragsverhandlungen gewisse Rahmenbedingungen: Die Kantone müssen einschreiten können, wenn sich Wartezeiten oder Engpässe abzeichnen. Solange dies aber nicht der Fall ist, sind Vertragsverhandlungen zwischen den Direktbeteiligten sicher der bessere Weg zu einer bedarfsgerechten Spitalversorgung als Planungen in jedem einzelnen Kanton.
Bis es soweit ist…
D
as Krankenversicherungsgesetz (KVG) verpflichtet die Kantone zu einer bedarfsgerechten Spitalplanung. Es lässt ihnen auch ausdrücklich die Option, diese Planung in Zusammenarbeit auszuführen. Bisher haben sie von dieser Möglichkeit allerdings kaum Gebrauch gemacht: Die Kantone erstellen ihre Spitalplanung lieber jeder für sich. Das führt dazu, dass oft nicht der tatsächliche Bedarf, sondern politische Sensibilitäten, die kantonalen Finanzhaushalte, regionale Sonderinteressen oder Prestige denken die Spitallisten gestalten. Von einer bedarfsgerechten Spitalversorgung, wie vom KVG gefordert, sind wir weiterhin weit entfernt.
Widersprüchliche Mehrfachrolle Ein wichtiger Grund für diese Situation ist die Mehrfachrolle der Kantone: Sie sind
Spitalplaner, Spitalbetreiber und Schiedsrichter in Tariffragen in einem. Das führt zu Interessenskonflikten, die sehr schwierig aufzulösen sind. Die Bundespolitik verspricht mit der Einführung der leistungsorientierten Spitalfinanzierung zumindest teilweise Abhilfe: Preise und Leistungen der Spitäler sollen dank dem DRG-System vergleichbar werden. Damit stünde ein wichtiges Instrument für eine effiziente, objektive und bedarfsgerechte Spitalplanung zur Verfügung. Mit der Einführung der Fallpauschalen entsteht eine neue Transparenz, welche die heutige Rolle der Kantone zusätzlich in Frage stellt: Die Voraussetzungen für Vertrags- und Tarifverhandlungen zwischen den Spitälern und den Versicherern sind in diesem System gegeben. Die Rolle der Kantone könnte sich so auf die Zulassung der Leistungserbringer und auf die Überwachung des Ver-
Zurzeit ist eine generelle Reform der Spitalplanung und die Vertragsfreiheit im stationären Bereich kaum Gegenstand von politischen Diskussionen. Im Vordergrund steht die Finanzierung der Kosten. Dabei setzt sich die Erkenntnis durch, dass private und öffentliche Spitäler gleich finanziert werden sollen – sofern sie auf der Spitalliste stehen. Die Fallpauschalen werden zudem eine Abkehr vom Kostendeckungs- hin zum Leistungsprinzip bringen. santésuisse begrüsst diese Tendenzen, könnte sich allerdings vorstellen, noch einen Schritt weiterzugehen: Eine monistische Spitalfinanzierung vereinfacht die Geldflüsse und erhöht auch deren Transparenz. In diesem System würden die Spitäler ihre Zahlungen vollumfänglich von den Krankenversiche rern erhalten, während die Kantone ihre Beiträge an die Versicherer richten. Solche Reformen wären Schritte in die richtige Richtung – doch der verzerrende und kostentreibende Interessenskonflikt der Kantone ist damit noch nicht aus der Welt geschafft. Peter Kraft
SCHWERPUNKT
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Spitalplanung im Kanton Tessin: Ein heisses Eisen
Tessin macht vorwärts trotz politischer Hindernisse Wie in andern Kantonen verursacht die Spitalplanung auch im Tessin verschiedene Probleme politischer Art. Die Situation ist wegen der Rivalität zwischen den Kantonsteilen Sotto- und Sopraceneri sowie durch die ausgeprägte lokalpatriotische Mentalität besonders schwierig.
D
ie Tessiner Versicherten wollen eine Spitalversorgung, welche vor allem das rasche Erreichen eines Spitals vom Wohnort aus gewährleistet. Dieser Anspruch erleichtert die Planungsarbeit nicht gerade. Ein Beispiel: Gegen die Zentralisierung der Kinderonkologie des Sopraceneri in Bellinzona kamen innerhalb von wenigen Wochen 30 000 Unterschriften zusammen. Grossen Einfluss hat auch die Konkurrenzsituation zwischen öffentlichem Sektor (8 Einrichtungen mit 1205 Betten) und privatem Sektor (11 Einrichtungen mit 783 Betten). Die Spitalplanung ist also ein heikles Thema für die grosse Mehrheit der Tessiner Politiker.
Auf dem richtigen Weg Am 22. August 2007 wies der Bundesrat die Beschwerde des Spitals Alabardia gegen den Entscheid des Grossen Rates vom 22. November 2005 zurück, wonach dieser die Klinik von der Spitalliste gestrichen hatte. Damit konnte die Liste der Spitäler, die zu Lasten der Grundversicherung betrieben werden dürfen, definitiv in Kraft treten. Insgesamt wurden 209 Akutbetten im stationären Bereich sowie drei Einrichtungen von der Spitalliste gestrichen: die oben erwähnte Klinik Alabardia, die psychiatrische Klinik San Nazzaro und die Humaine Clinica Sementina, eine Rehabilitationsklinik. Hat der Kanton Tessin damit das Ziel erreicht? Patrizia Pesenti, Direktorin des Ge-
sundheits- und Sozialdepartements, erklärte kürzlich in einem Interview, dass die Bestätigung des Entscheids von Ende November 2005 durch die Bundesbehörden wichtig sei und zeige, dass die vom
Bund aufgestellten Kriterien für die Spitalplanung eingehalten werden. Weiter führte sie aus, dass sie den eingeschlagenen Weg weiter verfolgen und an einer besseren Konzentration durch Leistungsaufträge arbeiten wolle: Eine längst beschlossene Aufgabe, die in den letzten Jahren nicht angegangen wurde, weil dazu ganz offensichtlich der politische Wille fehlte.
Was bringt die neue Spitalfinanzierung? Laut der Gesundheitsdirektorin muss der Kanton Tessin also im Bereich der Leistungsaufträge aktiv werden. santé suisse teilt diese Ansicht, wohlwissend, dass eine Rationalisierung in diesem Bereich viele Spannungen hervorrufen wird. Insbesondere gilt es, übereinstimmende Grundsätze und das Einverständnis sowohl der privaten wie der öffentlichen Einrichtungen zu erlangen. Die eidgenössischen Räte werden in naher Zukunft die neue Spitalfinanzierung verabschieden. Danach werden die Kantone private Listenspitäler, die bei uns über rund 40 Prozent der Betten verfügen, gleich mitfinanzieren wie öffentliche. Wir sind überzeugt, dass mit der neuen Spitalfinanzierung eine intensivere Zusammenarbeit mit den politischen Behörden möglich wird: Die finanziellen Auswirkungen der Gesetzesänderung werden für den Kanton Tessin mit den heutigen Einrichtungen auf rund 100 Millionen Franken geschätzt. Dies sollte für die politische Behörde Anreiz genug sein, eine umfassende Rationalisierung der Spitallandschaft zu prüfen. Gian Paolo deNeri, santésuisse Tessin
SCHWERPUNKT
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santésuisse Freiburg stellt die neusten Entwicklungen in der Spitalplanung des Kantons vor
Freiburgs Spitalversorgung wird effizienter Nach dem Entscheid des Bundesrats vom Februar 2006 über eine Beschwerde von santésuisse musste die Freiburger Gesundheitsdirektion über die Bücher. Nun legt sie Vorschläge für die Anpassung der Freiburger Spitallandschaft vor.
A
nfangs Juli 2007 hat die Freiburger Gesundheitsdirektion den vom Bundesrat geforderten Bericht zur Spitalplanung vorgelegt und in die Vernehmlassung geschickt. Gestützt auf eine umfassende Bedarfs analyse empfiehlt der Kanton eine Konzentration der Aufgaben sowie die Bildung eines kantonalen Kompetenzzentrums für die HerzKreislauf-Rehabilitation. Die Umsetzung dieser Ideen dürfte sich aufgrund der per 1. Januar 2007 erfolgten Vernetzung der öffentlichen Spitäler im Kanton Freiburg vereinfachen.
Chirurgie und Hals-Nase-Ohren. Im Gegenzug erhält das öffentliche Spital Freiburg (vormals Kantonsspital) einige spezifische Aufgaben im Bereich Chirurgie exklusiv. Die Grundversorgung in den verschiedenen Regionen bleibt dennoch gesichert.
Neue kantonale Aufgabe in der Herz-KreislaufRehabilitation Der Planungsbericht sieht vor, ein neues Rehabilitationszentrum für Herzund Kreislaufpatienten am öffentlichen Spital Meyriez einzurichten, damit sich die Patienten aus dem Kanton Freiburg möglichst in der Nähe ihres Wohnorts behandeln lassen können.
Sicht der Krankenversicherer
Planungsmethode nach Vorgabe des Bundesrats Bei der Umsetzung der Planung setzt die Gesundheitsdirektion auf die vom Bundesrat definierte Methode. Demnach beruht die Spitalplanung auf der Abklärung des Bedarfs in der Bevölkerung, und zwar unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung. Die Gesundheitsdirektion hat sich dabei vor allem auf die Daten aus der medizinischen Statistik der Krankenhäuser BFS 2005 und die Kostenstellenrechnung der Spitäler für den Zeitraum von 2001 bis 2006 gestützt. Ebenso hat sie die behandelten Fälle nach Fachrichtung pro Einrichtung, die durchschnittliche Schwere der Fälle (Casemix-Index) sowie die durchschnittlichen Kosten pro Fall nach Casemix-Index mitberücksichtigt.
santésuisse begrüsst die umfassenden Analysen der Freiburger Spitallandschaft. Die Aufgabenkonzen tration und -umverteilung gehen in die richtige Richtung. Hingegen erachtet santésuisse die Einrichtung eines kantonsinternen Herz-Kreislauf-Rehabilitationszentrums als unbegründet: Einerseits liegen die Fallzahlen zu tief, und andererseits deckt das ausserkantonale Angebot den Bedarf der Freiburger Bevölkerung genügend ab.
Umverteilung und Konzentration der Aufgaben Aus Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsgründen (Stichwort Mindestfallzahlen) werden bestimmte Aufgaben neu zugeteilt, manchmal zu Lasten einer Einrichtung. So muss beispielsweise das öffentliche Spital Meyriez seine chirurgische Tätigkeit ganz aufgeben. Die Privatklinik Daler verliert die Bereiche orthopädische
Weiterer Verlauf Das Vernehmlassungsverfahren bei den betroffenen Kreisen ist am 15. September 2007 abgeschlossen worden. Die neue Spitalliste als Teil der neuen Spitalplanung tritt am 1. Januar 2008 in Kraft. Sébastien Ruffieux, Geschäftsführer santésuisse Fribourg
SCHWERPUNKT
infosantésuisse Nr. 10, Oktober 2007
Spitalplanung und Akutpflege im Kanton Wallis
Wallis: Neues Spitalkonzept für effizientere Leistungen Seit 2004 hat der Kanton Wallis ein neues Spitalkonzept. Es fasst die bisher einzeln betriebenen zehn Spitäler und medizinisch-technischen Institute im Gesundheitsnetz Wallis (GNW) zusammen.
D
as Gesundheitsnetz Wallis unterteilt sein Leistungsangebot in drei Spitalzentren (Ober-, Mittel-, Unterwallis). Die Spitäler haben klare Leistungsaufträge und die medizinischen Dienstleistungen sind unter den Einrichtungen aufgeteilt. Der Bettenbestand ist nach Einrichtung und Pflegekategorie definiert. Aufgabenbereiche und Leistungsaufträge folgen nun einem klaren Schema: Komplexe und leichtere Fälle sind jeweils den einzelnen Einrichtungen eines Spitalzentrums zugeteilt.
Qualität und Kosten gleichermassen berücksichtigt Die sechs heutigen Akutspitäler behalten ihre Operationsbereiche. Ausgenommen sind die Nacht und das Wochenende. Zu diesen Zeiten hat jeweils nur ein Spital pro Zentrum Operationsbereitschaft. Aus Qualitäts- und Kostengründen hat das Gesundheitsnetz Wallis bestimmte Fachbereiche zentralisiert: Sie sind nur noch in einer Einrichtung pro Spit alzentr um zu finden. A l le r d i ng s bleibt die a m b u l a nt e Notaufnahme in allen Akutspitälern während 24 Stunden an sieben Tagen erhalten. Für seine Finanzierung steht dem Gesundheitsnetz Wallis ein Rahmenbudget zur Verfügung, welches das Kantonsparlament bewilligen muss.
Walliser Spitallandschaft in Bewegung Das Gesundheitsnetz wurde am 1. Februar 2002 per Dekret geschaffen und am 4. September 2003 durch ein neues, befristetes Dekret abgelöst. Heute regelt ein kantonales Gesetz die Kompetenzen und die Organisation des Gesundheitsnetzes. Am 12. Oktober 2006 hat der Grosse Rat des Kantons Wallis dem neuen Gesetz über die Krankenanstalten und -institutionen (RSVS) mit deutlicher Mehrheit zugestimmt. Weil niemand ein Referendum ergriffen hat, ist das Gesetz am 1. Februar 2007 in Kraft getreten. In den vergangenen Jahren hat die Spitallandschaft im Wallis eine bedeutende Entwicklung durchgemacht. So sind die Kranken tage in den Jahren 1990 bis 2005 um 30 Prozent zurückgegangen, während sich die Anzahl der Krankentage pro 1000 Einwohner im gleichen Zeitraum um knapp 40 Prozent verringert hat. Die Spitalplanung zieht diese Entwicklung mit ein und passt das Spitalangebot entsprechend an.
Der Bedarf an Palliativpflege wird in den kommenden Jahrzehnten allerdings nicht abnehmen. Um dieser Entwicklung gerecht zu werden, gibt es in Martigny, Siders (beide Spitalzentrum Mittelwallis) und Brig (SZO) je eine Palliativpflege-Einrichtung. Im Gegenzug werden in den Spitälern die Wartebetten für Personen, die auf einen Pflegeheimplatz warten, laufend abgebaut – und zwar im gleichen Ausmass wie neue Pflegeheimbetten entstehen. santésuisse findet übrigens auch Gehör in der Walliser Spitalplanung: Für die Rechnungsperiode 2006 bis 2009 ist eine kantonale Gesundheitsplanungskommission eingesetzt worden, in der auch der Geschäftsführer von santésuisse Wallis Einsitz nimmt. Michel Reichenbach, santésuisse Region West
SCHWERPUNKT
infosantésuisse Nr. 10, Oktober 2007
Die Spitalplanung 2007–2010 im Kanton Bern – taugliche Ansätze?
Bern will bedarfsgerechte Spitalplanung Das bernische Spitalwesen ist gut, fast zu gut ausgebaut und teuer – zumindest aus Versicherersicht. Mit 1261 Franken pro Kopf (2006) fallen zulasten der Grundversicherung etwa 20 Prozent höhere Kosten an als im schweizerischen Durchschnitt. Mit dem universitären Inselspital sowie einer Reihe öffentlicher und privater Spitäler und Kliniken besteht ein sehr dichtes und vielschichtiges Angebot. Trotzdem – oder gerade deswegen: Spitalplanerische Eingriffe, wie sie der Kanton Bern vorsieht, bergen politischen Zündstoff.
Trennung von Grundversorgung und Spitzenmedizin Die im Sommer 2007 erlassene Spitalversorgungsplanung bezeichnet jetzt weiteren Reorganisationsbedarf. Anhand von fünf Planungsmassnahmen will der Kanton Bern die Entwicklung im Spitalsektor in den Jahren 2007–2010 steuern. • Im Zentrum steht eine qualitativ gute umfassende Grundversorgung in allen Regionen. Ausbaubedarf gibt es bei Akutgeriatrie, geriatrischer Rehabilitation, Post-Akut-Pflege (Übergangspflege) und Palliativmedizin. • Die hochspezialisierte Medizin – heute auf zu viele Spitäler verteilt – gehört
vorab ins Inselspital, das anderseits die Aktivitäten in der Grundversorgung einschränken muss. Auch mit anderen Kantonen will Bern zusammenarbeiten, in erster Linie mit Basel. • Heute sind deutlich zu viele Eingriffe in öffentlichen und privaten Spitälern mit einer Übernachtung verbunden. Deshalb gehen Leistungen schrittweise vom stationären in den ambulanten oder teilstationären Bereich über. Etwa 25 Prozent der heute stationären Akutfälle und 20 Prozent der organspezifischen Rehabilitationen wären damit künftig teilstationär oder ambulant. Der Kanton Bern will zudem mit den Krankenversiche
Prognose Patientenzahl Akutspitäler öffentlich und privat im Kanton Bern 1) 250’000
200’000
150’000
100’000
Quelle: Kanton Bern
B
is anfangs der 90er-Jahre hat der Kanton Bern praktisch alle öffentlichen Spitäler saniert, ohne aber die im Postkutschenzeitalter entstandenen, dezentralen Strukturen à fond anzupassen. Die Kantonspolitik wollte es so. Parallel dazu rüsteten auch die Privatkliniken ihre Häuser auf – natürlich frei von staatlichen Einschränkungen. Häufig war dieser Ausbau verbunden mit einem Transfer von Ärzten aus dem benachbarten Inselspital, wo sie ihre Aus- und Weiterbildung genossen hatten. Spardruck und die rasante medizinische Entwicklung erzwangen dann ab Mitte der 90er- Jahre die Schliessung von Abteilungen und einer Reihe von (öffentlichen) Spitälern. In der Folge entstanden 2005/06 aus den verbleibenden, bis dahin von Gemeindeverbänden geführten Bezirks- und Regionalspitälern sechs Regionale Spitalzentren (RSZ). Nur das Hôpital du Jura Bernois blieb selbstständig. Der Kanton ist überall faktisch Alleinaktionär.
50’000
0
1)
stationär teilstationär gesamt
2002
138’321
54’628
192’949
2004
147’432
62’678
210’110
2010
108’450
94’407
202’857
Beispiel max. Verlagerung von stationär zu teilstationär
Der Anteil der stationären Spitalpatienten wird in den nächsten Jahren sinken.
rern nach Lösungen für die Aufteilung der finanziellen Folgen suchen. • Vermehrt sollen die Spitäler innerkantonal, aber auch kantonsübergreifend zusammenarbeiten. Für diverse Leistungen sind die Fallzahlen zu gering. Deshalb prüft der Kanton Bern Mindestfallzahlen. Daneben hat er diverse Projekte für Re- und Umstrukturierungen eingeleitet. • Der Kanton will wieder vermehrt in die öffentlichen Spitäler investieren, nachdem er in den letzten Jahren viele Unterhalts- und Renovationsarbeiten aufgeschoben hat. Weitere Massnahmen sind bei der Rehabilitation, der Psychiatrie, dem Rettungswesen sowie den Pflege- und Betreuungsberufen geplant.
Genügen die Massnahmen? santésuisse hatte im Vorfeld zur Versorgungsplanung die Bedarfsanalyse positiv gewürdigt, jedoch auch Kritik angebracht: Bei den kostspieligen medizinischen Grossgeräten zum Beispiel müssten sich auch die privaten Anbieter einer kantonalen Koordination anschliessen. Die Ausgestaltung der Spitalliste ist unbefriedigend, weil sie bisher die Privatspitäler uneingeschränkt aufgeführt hat. Deshalb möchte der Kanton jetzt die Leistungsaufträge auf der Spitalliste mit maximalen Fallzahlen gemäss Bedarfsschätzungen hinterlegen und die Angebote der Spitzenmedizin von der Grundversorgung unterscheiden. Diese Bestrebungen sind sicher positiv – ob sie genügen, wird von der konkreten Ausgestaltung abhängen. Thomas Linder, Geschäftsführer santésuisse Bern
SCHWERPUNKT
infosantésuisse Nr. 10, Oktober 2007
Gesundheitsplanung im Kanton Neuenburg: Seit 1997 ein dynamischer Prozess
Neuenburg führt seine Spitäler zusammen Der Kanton Neuenburg will mit seiner Spitalplanung die Kosten eindämmen. Gleichzeitig soll die Qualität der Leistungen erhalten und möglichst viele Leistungen auf den ambulanten Bereich übertragen werden. Der Kanton verfolgt drei grosse Projekte: Die kantonal vereinheitlichten Spitex-Dienste (NOMAD), die Reorganisation der Spitäler (HNe) und die Umstrukturierung der Psychiatrie (CNP).
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er Startschuss für die Umstrukturierung des Gesundheitswesens im Kanton Neuenburg fiel 1997. Die enorm hohen Gesundheitskosten und die nicht mehr zeitgemässen Spitalstrukturen haben umfassende Arbeiten und grundlegende Überlegungen ausgelöst.
an einem Standort, und zwar eingebettet in eine neue Leistungsaufteilung zwischen den Akutspitälern Pourtalès und La Chaux-deFonds. Das Ergebnis dieser Studie liegt nun vor: Gemäss HNe ist eine Zentralisierung unumgänglich. Der Staatsrat unterstützt das. Er hat den HNe nun beauftragt, bis zum 30. November 2007 einen Vorschlag für die Umstrukturierung der Spitalaufgaben vorzulegen.
Ein Spitalverbund für Neuenburg Seit dem 1. Januar 2006 sind sieben der acht Spitäler des Kantons in einer Einheit zusammengefasst, dem Spital Neuenburg (HNe). Dieser Spitalverbund ist eine öffe n t l i c h - r e c h tliche Körperschaft mit den Standorten Pourtalès, La Chauxde-Fonds, Val-de-Travers, Le Locle, Valde-Ruz, La Béroche und La Chrysalide. Das Spital Providence hat von einer Beteiligung an diesem Projekt abgesehen. Es besteht aber ein Partnerschaftsvertrag mit dem HNe für das Jahr 2007.
Massnahmenplan des Spitalverbunds HNe und Beschlüsse des Staatsrats Das Gesetz über die Einrichtungen eines Spitalverbunds legt die Organisation des HNe nur in groben Zügen fest. Der HNe hat deshalb bei der Ausübung seines Leistungsauftrags eine relativ grosse Entscheidungs- und Verwaltungsfreiheit. Dennoch obliegen spitalpolititische Entscheidungen und der Einsatz der finanziellen Mittel letztlich dem Kanton. Der HNe hat im Oktober 2006 einen Massnahmenplan vorgelegt, der drei Varianten vorsieht. Der vom Spitalverbund favorisierte Weg dürfte
Umstrukturierung der Psychiatrie
Einsparungen von insgesamt über 26 Millionen Franken bis ins Jahr 2009 ermöglichen. Der Staatsrat hat allerdings in seiner Stellungnahme vom 24. Januar 2007 den Vorschlägen dieser Variante nicht vollumfänglich zugestimmt. Uneingkeit besteht über den Leistungsauftrag des Standorts Val-de-Travers und über die Schliessung von regionalen Polikliniken in Le Locle, Landeyeux und La Béroche.
Konzentration der Mutter-Kind-Einrichtung Die Zentralisierung der Spitalpädiatrie am Standort Pourtalès hat einigen Wind aufgewirbelt. Es gab Rücktritte von AssistenzPädiatern und des Chefarztes im Spital Pourtalès sowie viele Leserbriefe und andere Wortmeldungen. Das Projekt wurde in der Folge auf Eis gelegt Der Staatsrat beauftragte den NHe mit einer Machbarkeitsstudie für eine Mutter-Kind-Einrichtung
Der Kanton Neuenburg erwägt, alle subventionierten stationären und ambulanten psychiatrischen Einrichtungen zusammenzuschliessen. Aus all diesen Anbietern soll ein einziges juristisches Gebilde, nämlich das Psychiatriezentrum Neuenburg (Centre neuchâtelois de psychiatrie, CNP), werden. Der Staatsrat hat sowohl den Gesetzesentwurf als auch den Bericht verabschiedet und an der Sitzung des Grossen Rats an die Kommission überwiesen. Die Kommission hat die Arbeit im Juli 2007 aufgenommen. Im Kanton Neueburg laufen aktuell mehrere Projekte mit erheblicher Tragweite. Alle zielen darauf, die stationären und ambulanten Strukturen anzupassen. Dabei sollen Doppelspurigkeiten vermieden, die Betriebe effizienter und Einsparungen realisiert werden. Allerdings hat diese Umwälzung auf den ambulanten Bereich einen (freilich geringeren) Anstieg der Kosten zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung zur Folge. Marie-Luce Jerabek, Geschäftsführerin santésuisse Neuenburg
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SCHWERPUNKT
infosantésuisse Nr. 10, Oktober 2007
Im Kampf gegen Spitalschliessungen sind viele Mittel recht
Strukturerhaltung übers Hintertürchen Weil immer mehr Behandlungen ambulant durchgeführt werden können, nimmt der Bedarf an stationärer Versorgung kontinuierlich ab. Das müsste eigentlich zu weitern Reduktionen im stationären Bereich führen – auch zu Spitalschliessungen. Zwar sind mittlerweile gewisse Fachbereiche der Grundversorgung von den Leistungsaufträgen von Kleinspitälern gestrichen worden. Wie schon vor mehreren Jahren im Kanton Bern geschehen, wird aber auch heute noch versucht, durch Einführung neuer Leistungsangebote die Schliessung nicht mehr benötigter Spitäler zu verhindern.
S
pitalschliessungen sind für die betroffenen Regionen, die Bevölkerung, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Gewerbetreibenden immer schmerzhaft. In Anbetracht der heutigen, gegenüber früher völlig veränderten Verhältnisse und Bedürfnisse sind sie jedoch unvermeidbar. Sehr problematisch ist es deshalb, wenn neue Leistungsangebote anstelle der bisherigen gefordert und teilweise sogar eingeführt werden, um die Schliessung nicht mehr benötigter Spitäler zu verhindern. Der Kanton Bern schloss 1999 sieben Bezirksspitäler – darunter jene in Jegenstorf und in Sumiswald. Obwohl es für diese beiden Spitäler offensichtlich keinen Bedarf mehr gab, versuchten findige Inte ressengruppen, sie via Hintertürchen am Leben zu erhalten. Das Spital Sumiswald wollte eine Initiantengruppe in eine Privatklinik im Akutbereich umwandeln. Dem Kanton wurde der Antrag gestellt, Sumiswald in seiner neuen rechtlichen Form als Privatspital auf der Spitalliste aufzuführen. Der Antrag wurde abgelehnt. Beim Spital Jegenstorf sah ebenfalls eine private Investorengruppe die Schaffung einer privaten Klinik für Psychotherapie, Psychosomatik und psychoemotionelle Rehabilitation vor. Auch hier wurde dem Kanton die Aufnahme auf die Spitalliste beantragt – mit dem gleichen Ergebnis wie in Sumiswald. Einer Beschwerde der Initianten beim Bundesrat wurde ebenfalls nicht statt gegeben. Die Fälle Sumiswald und Jegenstorf waren damit vom Tisch – nicht aber die entsprechende Vorgehensweise.
Spezialabteilungen gegen drohende Schliessungen Im Kanton Bern selbst wehrt sich das Spital Belp gegen eine allenfalls mögliche Schliessung, indem es vor kurzem eine AkutpflegeAbteilung eröffnet hat. Die Betriebsgesellschaft Spital Netz Bern AG hat in einem Schreiben alle privaten und öffentlichen Spitäler im Kanton Bern angeschrieben mit der Aufforderung, akutpflegebedürftige Patienten nach Belp zu verlegen. Im Kanton Fribourg führt das Spital Meyriez anstelle der ebenfalls geschlossenen chirurgischen Abteilung nun ein Kompetenzzentrum für kardiovaskuläre Rehabilitation ein. Dies mit der Begründung, dass mehr als 230 Freiburger Patienten sich für kardiovaskuläre Rehabilitationen bisher in spezialisierte Häuser ausserhalb des Kantons begeben mussten. Genannt werden die Kliniken in Le Noirmont JU, Gland VD, Genolier VD und Heiligenschwendi BE. Neben der Frage, ob sich diese Kliniken wirklich in unzumutbarer Entfernung befinden, scheint auch nicht klar, ob Meyriez sein Reha-Zentrum rentabel, kostengünstig und qualitativ einwandfrei wird betreiben können: Es sind gerade einmal 15 bis 20 Betten vorgesehen. Wenn andere Kantone diesem Beispiel folgen sollten, dürften sich ferner für alle Kliniken für kardiovaskuläre Rehabilitation Auslastungsprobleme stellen. In Grenchen schliesslich plant der Kanton Solothurn, das örtliche Spital zu schliessen und in ein medizinisches Alterszentrum umzuwandeln. Eine überparteiliche Gruppe von Lokalpolitikern und der Ver-
ein Pro Spital Grenchen versuchen nun, ein auf wenige Bereiche spezialisiertes Privatspital zu lancieren. Ob dafür Investoren gefunden werden und ob der Kanton Solothurn das Spital, das er gerne schliessen möchte, in anderer Form wieder auf die Spitalliste nimmt, ist jedoch mehr als fraglich. Bis anhin wäre ein solcher Schachzug für die Kantone lohnend gewesen, weil sie für ein privates Spital keine Beiträge zu leisten haben: Die Kosten müssen von Gesetzes wegen vollständig von der Krankenversicherung übernommen werden. Die anstehende Reform der Spitalfinanzierung wird jedoch höchstwahrscheinlich dafür sorgen, dass öffentliche und private Spitäler gleich finanziert werden. Die Kantone dürften also kein Interesse mehr daran haben, öffentliche Spitäler zu schliessen und als Privatkliniken wieder auf die Spitalliste zu setzen.
Unpräzise Leistungsaufträge Wie ist es überhaupt möglich, dass Spitäler ihrer Schliessung zuvorkommen können, indem sie neue, spezialisierte Angebote lancieren? Oft sind die Leistungsaufträge auf den Spitallisten viel zu unpräzise
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Foto: Keystone
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ten, welche für sie rentabel sind, während kostspielige und unrentable diagnostische und therapeutische Leistungen an die öffentlichen Spitäler oder die Universitätsspitäler abgeschoben werden.
Im Grossen wie im Kleinen
und lassen den Spitälern grossen Spielraum bei der Gestaltung ihres Angebots. Dazu ein weiteres Beispiel aus dem Kanton Bern: Das kleine Bezirksspital Münsingen, welches gemäss Spitalplanung eigentlich nur für die Grundversorgung in Medizin, Chirurgie, Gynäkologie und Geburtshilfe vorgesehen war, eröffnete dank dem auf der Berner Spitalliste bei allen Spitälern generell gehaltenen und uneingeschränkten Leistungsauftrag «Chirurgie» vor mehreren Jahren eine Orthopädie-Abteilung. Dieser Fachbereich wäre jedoch viel eher auf die damaligen, grösseren Regionalspitäler zugeschnitten gewesen. Hätte der Kanton – wie von Krankenversichererseite immer wieder gefordert – die Leistungsaufträge der Spitäler viel detaillierter und präziser formuliert, hätte dies vermieden werden können.
Kaum Zusammenarbeit unter den Kantonen Zur Strukturerhaltung im Spitalbereich tragen jedoch nicht nur die Winkelzüge von Klinikbetreibern bei, sondern auch die mangelhafte Zusammenarbeit unter den Kantonen. Exemplarisch dafür sind die
hohe Dichte an hochspezialiserten medizinischen Apparaturen sowie das Gerangel um die Spitzenmedizin. Das KVG kennt bisher keine verpflichtenden Bestimmungen zur Koordination bei der Anschaffung und beim Einsatz kostspieliger Einrichtungen. Da auch in diesem Bereich die Leistungsaufträge keine oder nur wenige Einschränkungen enthalten und weil für den ambulanten Spitalbereich keine Leistungsaufträge vorgesehen sind, können heute auch Kleinstspitäler CTs oder MRIs fast uneingeschränkt einsetzen. Nicht umsonst hat die Preisüberwachung deren Vielzahl kritisiert – wobei auch sie erkennen musste, dass heute keine gesetzliche Handhabe besteht, um unnötige Anschaffungen zu verhindern. Vor allem Privatspitäler haben hier ein leichtes Spiel, weil sie viel schneller neue Investitionen beschliessen können als öffentliche Kliniken. So wird in den Privatspitälern alles angeschafft, was gewinnträchtig ist und den guten Ruf des Spitals fördern kann. Eine Koordination mit den öffentlichen Spitälern gibt es dabei nur sehr beschränkt. Die Privatspitäler betreiben zum Teil auch Rosinenpickerei, indem sie vor allem Leistungen anbie-
In der Spitzenmedizin haben Eigeninteressen der einzelnen Universitätsspitäler und der Kantone bisher alle Versuche, zu einer bedarfsgerechten anstelle der heutigen überdimensionierten Versorgung zu kommen, scheitern lassen. Zwar ist die Absicht grundsätzlich vorhanden: Am 25. November 2004 verabschiedete die Plenarversammlung der Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK) einstimmig die «Interkantonale Vereinbarung zur Koordination und Konzentration der Hochspezialisierten Medizin» (IVKKM). Mit ihrem Beitritt verpflichteten sich die Kantone, die Spitzenmedizin künftig gemeinsam auf Ebene GDK zu planen und zu koordinieren. Statt 26 soll es laut IVKKM in Zukunft also nur noch eine, von allen Kantonen getragene Planung im Bereich Spitzenmedizin geben. Anders ist, so die kantonalen Gesundheitsdirektoren, eine effiziente und qualitativ hoch stehende Versorgung in diesem Bereich nicht mehr möglich. Im Juli 2005 erklärte der Regierungsrat des Kantons Zürich, er wolle die IVKKM nicht ratifizieren und forderte aus Gründen der «Qualität und Wirtschaftlichkeit» eine Konzentration der Spitzenmedizin auf die beiden Standorte Zürich und Genf. Den Hintergrund dieser Entscheidung verhehlte die Zürcher Regierung nicht: Sie hätte laut IVKKM als einzige Disziplin auf die Herztransplantation verzichten müssen. Zu diesem Verzicht hätten «föderalistische Begehrlichkeiten» der anderen Universitätskantone geführt, weshalb Zürich nun auch nicht bereit sei, die Herztransplantationen abzugeben. Auch wenn der neue Zürcher Gesundheitsdirektor Flexibilität erkennen lässt: Das Beispiel um die Spitzenmedizin und die sehr zögerlichen Bemühungen der Kantone zu interkantonaler Zusammenarbeit zeigen: Im Gesundheitsbereich lassen regionale Begehrlichkeiten und Sonderinteressen nur sehr schwer Kompromisse zu. Das setzt sich fort bis auf die Ebene der Kleinstspitäler: Mit allen Mitteln wird um deren Überleben gekämpft – auch in Fällen, in denen der Bedarf offensichtlich nicht mehr vorhanden ist. Pierre-Marcel Vallon/Peter Kraft
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Im Gespräch: Dr. med. Rainer Klöti, Arzt und Aargauer FDP-Grossrat
«Die heutigen Strukturen hinken der Realität um Jahre hinterher» Rainer Klöti ist Arzt und Gesundheitspolitiker im Grossen Rat des Kantons Aargau. Er kann den 26 Spitalwesen in der Schweiz nicht viel abgewinnen: «Sie verursachen unnötige Kosten, verhinden Transparenz und blockieren zukunftsgerichtete Reformen». Rainer Klöti fordert deshalb, dass die Kantone ihre Planungsfunktion aufgeben und sich darauf konzentrieren, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
infosantésuisse: Gerade in der Nordwestschweiz werden die Grenzen zum Ausland auch im Gesundheitsbereich immer offener. Wenn es aber um die Kantonsgrenzen geht, verschanzen sich die Kantone weiterhin hinter der Planungshoheit. Wie lange kann das noch so weitergehen? Rainer Klöti: Der OECD-Bericht über das Schweizer Gesundheitssystem hat die brennenden Probleme klar benannt. Es gibt zwei Gründe für unser überdurchschnittliches Kostenwachstum: Einerseits Angebot und Anspruchsverhalten, andererseits die 26 kantonalen Gesundheitssysteme. Die Ökonomie ist also zum Schluss gekommen, dass 26 Gesundheitsplanungen ineffizient sind. Die Politik scheint das auch langsam zu lernen. Aufgrund der heute geführten Debatten glaube ich, dass dieser Prozess in zwei bis drei Jahren abgeschlossen sein wird. Aber vielleicht lasse ich mich da auch vom Hoffnungsprinzip leiten. Einige Regionen des Kantons Aargau liegen nahe bei Basel, andere wiederum nahe bei Zürich. Wie sinnvoll ist bei dieser Lage eine kantonale Spitalplanung, ohne mit diesen (und anderen) Kantonen zusammenzuarbeiten? Der Kanton Aargau arbeitet zwar mit anderen Kantonen zusammen, vor allem in der spezialisierten Medizin. Allerdings sind die Fortschritte langsam und werden weiterhin durch Eigeninteressen blockiert. Aber die Überzeugung, dass sich etwas ändern muss, verbreitet sich immer mehr. Gerade in der Spitzenmedizin ist die Zusammenarbeit zwischen den Universitätskantonen blockiert.
Der neue Zürcher Gesundheitsdirektor, Thomas Heiniger, hat durchblicken lassen, dass er sich in dieser Frage weniger nach kantonalen Interessen, sondern nach Expertenmeinungen richten wird. Das ist aus meiner Sicht eine entscheidende Wendung: Wie man auch in der Medizin nicht mehr ohne evidenzbasiertes Wissen arbeiten kann, soll auch die Politik nicht mehr ohne die Verantwortung für übergeordnete Systeme handeln. Meiner Meinung nach kann eine interkantonale Zusammenarbeit nur über Expertengruppen herbeigeführt werden, deren Empfehlungen auch eine gewisse Verbindlichkeit haben. Die Fachkompetenz muss der Politik den Weg weisen. Gremien wie die Gesundheitsdirektoren-Konferenz, die sich in wesentlichen Punkten gar nicht einig sind, bringen uns hingegen nicht weiter.
«Wir haben noch immer eine teure Politik der geschützten Werkstätten, die an den Kantonsgrenzen endet.» Wie können die Kantone überhaupt eine sinnvolle Spitalplanung betreiben, wenn sowohl zur Qualität als auch zu den Kosten keine vergleichbaren Zahlen oder Analysen zur Verfügung stehen? An dieser Situation sind die Kantone selber schuld. Sie haben es während Jahren sträflich vernachlässigt, eine Vorgabe des KVG umzusetzen – nämlich transparente Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsnachweise zu erbringen. Von den Spitälern wird keine Kostentransparenz verlangt, sie unterstehen auch keiner Wirtschaftlichkeitskontrolle wie wir Ärzte. Wir haben noch immer eine teure Politik der
geschützten Werkstätten, die an den Kantonsgrenzen endet. Das müssen wir in erster Priorität ändern. Was versprechen Sie sich in diesem Zusammenhang von der Einführung von Fallpauschalen? Vom DRG-System erwarte ich diesbezüglich einiges. Es wird aufdecken, wer eine bestimmte Leistung zu einem vernünftigen Preis und in guter Qualität erbringen kann. Das führt automatisch zu einer Strukturbereinigung. Vielleicht kann so der Rückstand der heutigen Spitalplanung, die der medizinischen Realität um mindestens zehn Jahre hinterherhinkt, wettgemacht werden. Der Aargauer Grosse Rat hat 2005 eine gesundheitspolitische Gesamtplanung verabschiedet, die unter anderem Anreize zur Zusammenarbeit und zur Angebotskonzentration schafft. Welche Auswirkungen zeigt dieser Beschluss bis heute? Bei der Regierung und beim Gesundheitsdepartement ist dieser Parlamentsbeschluss nicht unbedingt auf grosse Gegenliebe gestossen. Wir stellen ganz klar einen Rückstand in der Umsetzung fest. Unsere politische Aufgabe ist es, dort wieder nachzuhaken und darauf zu pochen, dass wir eine Systemsteuerung via Anreize und nicht über eine Planwirtschaft wollen. Was für Bedenken hat denn die
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Regierung, den Parlamentsbeschluss umzusetzen? Ich glaube, es ist ihre Doppelrolle: Sie ist einerseits Betreiberin der Spitäler, andererseits aber auch Planerin und Erteilerin der Leistungsaufträge. Die Regierung muss sich von diesen Funktionen lösen, sonst wird sie weiterhin sinnvollen Reformen im Weg stehen. Wenn die Regierung über die Zukunft von eigenen Spitälern bestimmen muss, wird sie die Einzelinteressen wohl meistens vor die übergeordneten Interessen stellen. Die Erkenntnis wird langsam mehrheitsfähig, dass die Kantone nicht mehr Planer und Spitalbetreiber gleichzeitig sein können. Wahrscheinlich wer-
den sie früher oder später von der Planungsfunktion Abschied nehmen müssen, denn sie sind damit überfordert, hinken ihrer Zeit hinterher und verheddern sich in Details und politischen Grabenkämpfen. Die Bilanz ist ernüchternd: Bisher hat kaum eine spitalplanerische Massnahme einer Kantonsregierung die gewünschte Wirkung gezeigt – schon gar nicht auf der Kostenseite. Welche Rolle bleibt den Kantonen also in Zukunft? Den Kantonen obliegt die Gewährleistung der Versorgungssicherheit. Um diesen Auftrag zu erfüllen, müssen sie nicht zwingend eine Spitalplanung betreiben. Die Kantone müssen in einer liberalisierten Spitallandschaft aber wohl darauf achten, dass die Leistungsaufträge erfüllt werden, und sie müssen einschreiten, wenn Wartezeiten oder Versorgungslücken entstehen. Sie sind im Verwaltungsrat des medizinischen Zentrums Brugg, das sich auf ambulante Operationen spezialisiert. Was für Erfahrungen haben Sie bisher damit gemacht? Wie reagieren die Spitäler? Die Ärzte haben sehr schnell gelernt, Eingriffe wenn möglich auf die ambulante Ebene zu überführen. Die Spitäler nehmen uns ebenfalls positiv wahr. Wir sind kein isoliert da-
«Bisher hat kaum eine spitalplanerische Massnahme einer Kantonsregierung die gewünschte Wirkung gezeigt.»
stehendes Zentrum, sondern integrieren Leistungserbringer vom benachbarten Kantonsspital bis zu einem Privatlabor, die in unseren Räumen ihre Spezialitäten anbieten. Ohne Zwang und staatliche Planung haben wir eine Zusammenarbeit von verschiedensten Anbietern erreicht, die im Schema der bekannten Versorgungsstrukturen gar nicht vorgesehen ist. Unser Zentrum zeigt exemplarisch die Möglichkeit, aus den erstarrten Strukturen auszubrechen und zukunftsfähige Lösungen zu entwickeln.
«Wahrscheinlich werden die Kantone früher oder später von der Planungsfunktion Abschied nehmen müssen.»
Wie werden die Patienten nach den ambulanten Eingriffen nachbetreut? Unser Angebot ist auf Eingriffe ausgerichtet, die tatsächlich ambulant vorgenommen werden können und keine stationäre Nachbehandlung brauchen. Die Betreuung nach dem Eingriff übernimmt wieder der Hausarzt. Sie selber haben sich vehement gegen die Aufhebung gewisser Leistungsaufträge am Kantonsspital Baden gewehrt. Ist das nicht ein Widerspruch zu ihrer Forderung nach mehr überregionaler Zusammenarbeit? Der Widerspruch hört dort auf, wo die Leistungsaufträge derart detailliert sind, dass sie letztlich planwirtschaftliche Massnahmen darstellen. Beim Kantonsspital Baden war das ganz klar der Fall. Beispielsweise wurde die Gefässchirurgie gestrichen – ohne zu berücksichtigen, dass diese Disziplin die Grundlage für Behandlungen ist, die weiterhin im Leistungsauftrag festgeschrieben sind. Die Streichungen waren also inhaltlich nicht durchdacht – und es fehlte der Nachweis, dass sie betriebswirtschaftlich etwas bringen. Interview: Peter Kraft
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Wirkungsanalyse der kantonalen Spitalplanungen: Studie von Christian Rüefli
Spitalplanung erreicht Ziele nicht Sind die Kantone in der Lage, eine bedarfsgerechte Spitalplanung durchzuführen? Der Politologe Christian Rüefli beantwortet diese Frage in einer Wirkungsanalyse eher mit nein. Zu gross seien die Hindernisse für die Kantone, und zu vielfältig die anderen Einflüsse und Sachzwänge, welche die Spitallandschaft gestalten.
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Foto: Keystone
ie Zahl der Spitäler in Spitallisten zustande gebracht. der Schweiz geht zuDie meisten Kantone scheuen rück: Zwischen 1997 es zudem, bestehende Krankenund 2005 ist sie von 406 auf häuser nicht auf die Spitallisten 337 gesunken. Das lässt vermuzu setzen. Die Kantone könnten ten, dass die mit dem KVG einden Spitälern auch vorschreigeführte Spitalplanungs-Pflicht ben, welche Behandlungen sie der Kantone ihre Wirkung geanbieten. Doch diese Leistungszeigt hat. Christian Rüefli kommt aufträge sind oft sehr offen forin seiner Wirkungsanalyse der muliert. Eine präzise Leistungskantonalen Spitalplanungen aber steuerung ist dann kaum mögzu einem anderen Schluss. Der lich. Allzu offene LeistungsaufStrukturwandel hatte schon um träge erschweren nicht nur die einiges früher eingesetzt, nämKapazitätsreduktion, sondern lich 1985. Der hauptsächliche auch die Zusammenarbeit unter Auslöser für Veränderungen in den Kantonen. der Spitallandschaft muss deshalb ein anderer sein. Christian Wettbewerb statt Planung? Rüefli zeigt in seiner Studie denn Laut Christian Rüefli bemühen auch auf, dass hauptsächlich der sich die meisten Kantone, ihre Spardruck in den Kantonen den Spitalplanung leistungsorientiert Anstoss für Reformen gibt. Eine oder grenzüberschreitend zu gewichtige Rolle spielen auch sinstalten. Allerdings scheitern diese kende Aufenthaltsdauern dank Versuche meist an den kantonal dem medizinischen Fortschritt, unterschiedlichen Versorgungsdie Verlagerung von Behandkonzepten oder an den fehlenlungen in den ambulanten Beden Daten. Eine mögliche Löreich oder betriebswirtschaftsung ist deshalb die Einführung liche Überlegungen. Weil die von Wettbewerbs- statt Planungsjüngsten Veränderungen in der Wohin mit den Spitalbetten? Die Hindernisse für elementen. Dazu braucht es aber Spitallandschaft wenig mit der eine bedarfsgerechte Spitalplanung sind gross. einige Voraussetzungen: Die moSpitalplanungs-Pflicht der Kannistische Finanzierung, die Untone zu tun hat, bleibt auch deternehmensfreiheit der Spitäler, ren Einfluss auf die Kostenentwicklung Kantone lokalen Interessen gegenüber, die die Gleichbehandlung öffentlicher und gering. gerade im Spitalbereich auf grosses Echo privater Krankenhäuser, die klare Abin der Bevölkerung stossen. In diesem grenzung der KVG-Leistungen und ausIm Clinch der Interessen Spannungsfeld ist der Handlungsspielraum sagekräftige Qualitätsmessungen. ChrisDie Rolle der Kantone als Spitalplaner hat, der Kantone stark eingeschränkt. tian Rüefli stellt klar fest: Diese Bedinso Christian Rüefli, zu einer Politisierung gungen sind im Moment (noch) nicht gegeben. der Spitallandschaft geführt. Die Spital- Kaum Zusammenarbeit Peter Kraft listen der Kantone können beim Bundes- unter den Kantonen verwaltungsgericht* angefochten werden, Dass die Kantone nicht von allen Mög- Christian Rüefli: Wirkungsanalyse der kantonalen Spitalplanungen. Die Studie kann auf der Homepage und die Krankenversicherer machen re- lichkeiten der Spitalplanung Gebrauch des Büro Vatter heruntergeladen werden: gen Gebrauch davon: Nur gerade im Wal- machen, zeigt die kaum vorhandene Zu- http://www.buerovatter.ch/pdf/2_Wirkungsanalyse_ lis, in Uri und im Jura ist noch nie eine sammenarbeit untereinander. Nur Basel- Spitalplanung.pdf Beschwerde gegen die Spitallisten einge- land und Basel-Stadt sowie Uri, Ob- und reicht worden. Andererseits sehen sich die Nidwalden haben bis jetzt gemeinsame *früher beim Bundesrat
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Spitalzusatzversicherung: Kantonale Tarifpolitik verstösst gegen Kartellrecht
Marktmacht der Kantone gebrochen Die Festsetzung der Spitaltarife in der Zusatzversicherung ist im Umbruch. Die Wettbewerbskommission (Weko) hat die bisher üblichen kantonalen Tarifverordnungen für nichtig erklärt und damit die Verhandlungsmacht der Versicherer gestärkt.
D
ie Kantone müssen ihre planwirtschaftliche Tarifpolitik gegenüber den Krankenversicherern überdenken und sich künftig wie privatwirtschaftliche Unternehmen verhalten. Die Wettbewerbskommission (Weko) hat kantonale Tarifvorschriften für die halbprivate und private Abteilung der öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spitäler für nichtig erklärt. Das Kartellgesetz, so die Weko, gelte nicht nur für die privaten Unternehmen, sondern auch für die Kantone. Diese müssten darum ihre Spitalleistungen, welche nicht von der obligatorischen Grundversicherung gedeckt werden, dem Wettbewerb aussetzen.
Spitälern nicht mehr verweigern. Die Kantone können sich auch nicht mehr einfach auf ihre Taxordnung berufen und einseitig per Gesetz oder Verordnung Tarife festsetzen. Beim Verdacht auf missbräuchlich hohe Preise kann der Versicherer künftig die Weko einschalten und die zu hohen Tarife überprüfen lassen.
Zulasten der Versicherten Bisher war es für die Krankenversicherer praktisch unmöglich, Tarifverhandlungen im Interesse ihrer Kundinnen und Kunden wettbewerbsorientiert zu führen. Der Kanton verhandelte, und wenn man nicht einig wurde, diktierte er einfach den Tarif. Die Kantone machten keine Unterschiede
zwischen den Versicherern. Diese waren dadurch faktisch gezwungen, den gleichen Preis wie Konkurrenten zu bezahlen. Diese Macht erlaubt es den Kantonen bis heute, jährlich rund 100 Millionen Franken Gewinn zu erwirtschaften – Geld, welches die Zusatzversicherten durch überhöhte Tarife bezahlen müssen. Der wegweisende Entscheid der Weko ist eine Zwischenverfügung aus einer Untersuchung, welche die Behörde im Februar 2007 im Kanton Luzern eröffnet hatte. Die Verfügung wurde nicht angefochten und gilt somit definitiv. Derzeit klärt die Weko ab, ob die Kantone zu hohe Tarife verlangt haben. Pius Gyger, Leiter Gesundheitsökonomie und -politik, Helsana
Tarifvorschriften gesetzeswidrig Foto: Keystone/santésuisse
Kantonale Bestimmungen, welche Kollektivverträge mit den Krankenversicherern vorsehen, sind laut Weko gesetzeswidrige Eingriffe in die Wirtschaftsfreiheit. Diese würden zudem Bundesrecht widersprechen, welches für die Tarife bei den Spitalzusatzversicherungen den freien Wettbewerb und die Vertragsfreiheit vorsehe. Kantonale Tarifvorschriften, so die Weko weiter, hätten weder in der Verfassung noch in den Gesetzen eine Grundlage.
Preisdiktat verhindert Der Entscheid der Weko bedeutet, dass sich die Krankenversicherer nicht mehr mit kantonal verordneten Einheitstarifen zufriedengeben müssen, sondern eigene Tarife für ihre Kundinnen und Kunden aushandeln dürfen. Darum werden sich zwischen den einzelnen Versicherern und den öffentlichen Spitälern vermehrt bilaterale Verhandlungen durchsetzen. Dieser Wettbewerb verhindert ein Preisdiktat der Spitäler.
Mittel gegen zu hohe Preise Eine weitere Folge des Weko-Entscheids: Die Kantone dürfen den Krankenversicherern Verhandlungen mit den öffentlichen
Keine kantonal verordneten Einheitstarife mehr.
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infosantésuisse Nr. 10, Oktober 2007
Zu Besuch bei der Krankenkasse Institut Ingenbohl
Die Krankenkasse auf dem Klosterberg In der «Wiege der Schweiz» rund um den Urnersee hat nicht nur die Eidgenossenschaft ihre Wurzeln: Hoch über Brunnen, mit einem gewaltigen Panorama auf die Biegung des Sees gesegnet, thront das Kloster Ingenbohl. Der Gebäudekomplex ist das Mutterhaus eines weltumspannenden Ordens: Die Barmherzigen Schwestern vom heiligen Kreuz sind in vier Kontinenten präsent, um «die geistige und materielle Not in der Welt» zu lindern. So formulieren sie ihre Vision in der Broschüre zum 150-JahrKlosterjubiläum. Doch die Schwestern von Ingenbohl kümmern sich auch um ganz profane Dinge: So betreiben sie eine eigene Krankenkasse nach KVG.
D Fotos: Peter Kraft
ie Geschäftsführung der «Krankenkasse Institut Ingenbohl» obliegt keiner Ordensfrau: Monika Schiermann zeichnet für die Finanzen des Klosters verantwortlich und führt die Krankenkasse quasi im Nebenamt. Die Versicherung besteht seit 1926. Der Orden wuchs damals sehr stark – so stark, dass sich die Schwestern nur noch mit einer Versicherung gegen die finanziellen Risiken von Krankheiten schützen konnten (auch ein Pflegeheim für Klos-
terfrauen entstand fast gleichzeitg in Ingenbohl). Noch heute ist die Krankenkasse Institut Ingenbohl zur Hauptsache für Ordensleute da, auch für Ordensmänner. Insgesamt 1099 Versicherte sind es, davon 888 Frauen. Zwar würden andere Mitglieder auf Wunsch auch aufgenommen, erklärt Monika Schiermann – das Gesetz verlange es so. Doch ist dies selten der Fall. Zum einen macht die Kasse keinerlei Werbung, und zum anderen bietet sie nur die Grundversicherung mit der ordentlichen Franchise an, erklärt die Geschäftsführerin. Und weil die Krankenkasse Institut Ingenbohl vor allem Ordensleute versichert, haben viele Mitglieder ein relativ hohes Alter. Deshalb seien auch die Prämien nicht allzu tief. Trotzdem: Einige wenige Mitglieder, die keine Ordensleute sind, hat auch die Krankenkasse Institut Ingenbohl. Die Kasse wird nicht vom Kloster direkt betrieben: Sie ist eine klostereigene Stiftung.
Ordensleute als Prämienzahlende?
Schwester Editha Guntern und Monika Schiermann.
Wie bezahlen Ordensleute ihre Krankenkassen-Prämien? Diese Frage stellt sich bei ihnen mehr als bei allen anderen Versicherten. Wer in ein Kloster eintritt, verpflichtet sich zur Armut und verzichtet auf jede Art von persönlichem Besitz – also auch auf Geld. Die Ordensleute bekommen trotzdem ganz normal eine Prämienrechnung zugestellt, sagt Monika Schiermann. Sie leiten den Einzahlungsschein aber ans Kloster weiter, welches die Rechnung begleicht. Aus diesem Grund arbeitet die Stiftung in Ingenbohl auch nicht mit
anderen Krankenkassen zusammen, wenn es um die Zusatzversicherungen geht: Sollten Leistungen anfallen, die von Zusatzversicherungen gedeckt wären, übernimmt diese das Kloster.
«Gesundheitswesen zu wenig koordiniert» Auch die Krankenkasse Institut Ingenbohl spürt die steigenden Kosten im Gesundheitswesen. «Vielleicht noch etwas mehr als andere, weil unsere Mitglieder immer älter werden, ohne dass jüngere nachrücken», sagt Monika Schiermann. Das schweizerische Gesundheitswesen sieht sie, die ursprünglich aus Österreich stammt, in mehrerer Hinsicht am «oberen Ende der Skala». Es sei zwar umfassend, aber auch sehr kostspielig. Verbesserungspotenzial sieht Monika Schiermann vor allem bei den Medikamentenpreisen, die im Vergleich zum Ausland sehr hoch seien. Sie bedauert auch, dass gewisse Methoden der Komplementärmedizin nicht mehr von
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der Zeit anzukämpfen. Noch heute dreht sich viel um die inzwischen selig gesprochene Gründungsmutter: Ihr Bildnis ist im Kloster überall anzutreffen, und die Krypta mit ihrem Grab ist das Zentrum des klösterlichen Lebens in Ingenbohl. In den 150 Jahren Klostergeschichte hat sich einiges getan. Der Gebäudekomplex der Ingenbohler Schwestern, der nach und nach entstanden ist, beeindruckt. Im Zentrum stehen die Bürogebäude und die Wohnräume der Ordensschwestern. Vom Dach dieses von aussen eher schlichten und nüchternen Bauwerks schweift der Blick auf das Pflegeheim für betagte Schwestern, die Mädchenschule, die Klosterkirche und ein weiteres Wohngebäude. In einiger Entfernung, in Richtung des Dorfs Ingenbohl, steht das so genannte «Paradies». Dort haben die Ingenbohler Schwestern früher ein Waisenheim betrieben. Heute dient auch dieses Gebäude als Schwestern-Altersheim.
Weltumspannender Orden
Blick vom Klosterdach zum Vierwaldstättersee.
der Grundversicherung gedeckt sind. Oft wären solche Behandlungen günstigere Alternativen zu den teuren Arzneimitteln, meint Schiermann. Die Nachfrage nach Alternativmedizin sei bei den Ordensleuten relativ hoch. Schwester Editha Guntern ergänzt: «Die vielen Untersuchungen in Labors und mit technischen Geräten sind nicht miteinander koordiniert. Das verteuert das Gesundheitswesen enorm.» Der Konkurrenzkampf unter den Spitälern sei gut, aber er dürfe nicht dazu führen, dass teure Apparate auch dort bereitstehen, wo es keinen Bedarf für sie gibt. Die Stiftungspräsidentin fragt auch nach dem Sinn von teuren Behandlungen, die keine Heilung bringen und zwar das Leben, aber auch das Leiden verlängern. Für beide Frauen ist die Prävention in der Schweiz noch zu wenig ausgebaut. Zwar wachse die Aufmerksamkeit für Themen wie Übergewicht oder Nikotin- und Alkoholkonsum. Doch ein Vergleich mit dem Ausland zeige, dass in der Schweiz noch
zu wenig unternommen werde. Auch die Krankenversicherer könnten sich von den Projekten in den Nachbarländern gut eine Scheibe abschneiden, sagt Monika Schiermann.
Wurzeln im Kampf gegen die Armut Die Zukunft der Krankenkasse Institut Ingenbohl hängt laut Monika Schiermann eng mit der Zukunft der Klosterorden in der Schweiz zusammen: Bei der Gründung der Versicherung 1926 waren in der Schweiz 4000 Ingenbohl-Schwestern tätig – heute sind es noch 700. Der Orden von Ingenbohl selbst entstand 1856. Diese Zeit brachte die Industrialisierung, aber auch grosse Armut bei weiten Teilen der Arbeits- und Landbevölkerung. Zusammen mit dem Kapuzinerpater Theodosius Florentini gründete Maria Theresia Scherrer die Gemeinschaft der «Barmherzigen Schwestern vom heiligen Kreuz» mit dem Anspruch, gegen die Nöte
Trotz der baulichen Grösse: Ingenbohl ist nur die Mutterprovinz eines weltumspannenden Ordens: Die Barmherzigen Schwestern vom heiligen Kreuz sind auf vier Kontinenten präsent. Der Schwerpunkt liegt in Ost- und Mitteleuropa, weitere Niederlassungen gibt es in den USA, Brasilien, Uganda, Indien und Taiwan. Die Arbeitsgebiete der Schwestern reichen von der Bildungsarbeit über die Krankenpflege bis hin zur Seelsorge und zur Sozialarbeit. Allerdings, sagt Schwester Editha Guntern, sei die Zeit vorbei, in der grosse Institutionen wie Schulen oder Spitäler vom Kloster geleitet würden. Heute sei der Platz der Ordensfrauen vielmehr im Alltag der Notleidenden. Beispielsweise haben Schwestern aus Indien Einsätze in den TsunamiGebieten von 2004 geleistet. Die Tätigkeiten und die Rolle des Klosters wandeln sich mit der Zeit: Aus Schul- und Klinikleiterinnen sind Helferinnen im Alltag geworden. Ein Teil der Infrastruktur des Klosters Ingenbohl wird heute weltlich genutzt. Bestand hat hingegen die Krankenkasse: Sie ist ganz offensichtlich eine Institution, die über Jahrzehnte hinweg ihren Zweck für die Schweizer Ordensleute bestens erfüllt hat. Monika Schiermann hat es angetönt: Solange es genügend Ordensleute gibt, wird auch die Krankenkasse Institut Ingenbohl weiter bestehen. Peter Kraft
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Grafik des Monats Oktober
Statistik nach Behandlungsdatum: Klarere Zuordnung der Kosten santésuisse hat beschlossen, die Statistiken aus dem Datenpool nicht mehr nur nach Abrechnungsperiode, sondern auch nach dem Datum des Behandlungsbeginns aufzubereiten und zu veröffentlichen.
A
m Abrechnungsdatum verbucht der Versicherer die Leistung. Der Behandlungsbeginn hingegen ist der Zeitpunkt, an welchem der Patient zum ersten Mal beim Leistungserbringer erscheint. Demnach fallen die Kosten bei der Betrachtung nach Behandlungsbeginn früher an als bei der Betrachtung nach Abrechnungsperiode.
Die Vorteile
Quelle: santésuisse-Datenpool
Ein wesentlicher Vorteil der Betrachtung nach Behandlungsbeginn: Verzögerungen bei der Rechnungsstellung oder bei der Verbuchung spielen damit keine Rolle mehr. Ausserdem beruht die Prämienberechnung der meisten Versicherer auf der Betrachtung nach Behandlungsperiode.
Unterschiede gleichen sich aus Allerdings führt die unterschiedliche zeitliche Zuordnung der Kosten dazu, dass die Kostensteigerungen nach Behandlungsbeginn und Abrechnungsdatum unterschiedlich sind. Die Grafik des Monats Oktober zeigt die Kostenentwicklung der letzten vier Jahre aus beiden Blickwinkeln. Auf 2005 zum Beispiel sind die Kosten nach Abrechnungsdatum stärker angestiegen, auf 2006 hingegen sind die Kosten nach Abrechnungsdatum schneller gewachsen. Über eine längere Zeit betrachtet, gleichen sich die unterschiedlichen Wachstumsraten zwischen den zwei Betrachtungsweisen aus.
Bessere Zuordnung der Kosten
ode die Kosten genauer zuordnet. Die Einführung von TARMED 2004 zum Beispiel hatte zur Folge, dass einige Spitäler ihre Leistungen nicht mehr im selben Jahr abrechnen konnten. Dies führte wiederum dazu, dass viele Rechnungen, die noch das Jahr 2004 betrafen, erst im Jahr 2005 abgerechnet wurden, was zu einer starken Kostensteigerung in diesem Jahr führte. Nach Abrechnungsperiode sind die Kosten für 2004 also zu tief angegeben, für 2005 dagegen zu hoch. Für 2006 führt die zu hohe Ausgangsbasis von 2005 dazu, dass das Kostenwachstum klar unterschätzt wird. Die Betrachtung nach Behandlungsbeginn glättet diesen Effekt. Christian Rütschi
Die Grafik des Monats zeigt auch, dass die Betrachtung nach Behandlungsperi-
Bruttoleistungen OKP für die Schweiz 22'000 Abrechnungsdatum (in Mio)
in Millionen
Behandlungsbeginndatum (in Mio) 20'000
18'000
16'000 2002
2003
2004
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Betrachtung nach Abrechnungsdatum und Behandlungsbeginndatum: Die Unterschiede gleichen sich mit der Zeit aus.
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Buchtipp: Das neue Lexikon der Medizin-Irrtümer
Vorurteile, Halbwahrheiten, fragwürdige Behandlungen Wer erkältet ist, muss möglichst viel trinken. Und die Cholesterinwerte gehören gesenkt, und zwar so tief wie möglich. So weit, so klar? Nicht ganz, denn auch die Medizin kann irren. Manchmal irrt sie sich sogar mit System. Denn vom Hausrezept bis hin zur hochkomplexen Behandlung hält sich hartnäckig viel falsches Wissen. Werner Bartens klärt in seinem neuen Buch über hundert solcher Irrtümer auf.
I
n kaum einem Bereich existieren so viele verblüffende, erschreckende und unglaubliche Irrtümer wie in der Medizin.» So steht es im Klappentext von Werner Bartens’ neuem Lexikon der Medizin-Irrtümer. Nach dem erfolgreichen Erstling doppelt der Autor mit einem nicht minder spannenden Werk nach. Viele Ratschläge und Hausrezepte, die sich hartnäckig halten, entlarvt der Autor als wirkungslos oder sogar schädlich. Genauso kritisch nimmt er die etablierte Medizin unter die Lupe – und findet auch dort Behandlungen oder Auffassungen, die mit wissenschaftlichen Erkenntnissen nichts zu tun haben oder ihnen gar zuwider laufen. Wer als Laie in die Welt der Medizinirrtümer eintauchen möchte, kann dies dank der einfachen und sehr lebendigen Sprache problemlos tun. Wer sich hingegen tiefer mit der Materie auseinandersetzen will, findet bei den meisten Artikeln weiterführende Literaturangaben.
Vom Schnaps nach dem Essen bis zum Herzinfarkt Welcher Art sind sie denn nun, die medizinischen Irrläufer? Viele sind mitten aus dem Alltag gegriffen. Schnaps hilft bei der Verdauung, Fernsehen schadet
den Augen, Kaffee entzieht dem Körper Wasser, Toiletten sind ein Bakterien-Herd: Solche Volksweisheiten widerlegt Bartens reihenweise. Andere befassen sich schon eher mit dem Kranksein: Es spricht nichts gegen Blumen im Krankenzimmer – auch nicht während der Nacht. Würde die Theorie stimmen, dass die Pflanzen den Patienten über Nacht Sauerstoff entziehen, wäre ein nächtlicher Waldspaziergang nur unter Lebensgefahr möglich. Der jährliche Gesundheits-Check trägt wenig zum Erkennen von Krankheiten bei: Das Untersuchungsschema ist dazu viel zu grob. Ausserdem wähnen sich viele nach dem positiven Bescheid in falscher Sicherheit. Antidepressiva schützen nicht wirklich vor Selbstmord: Zwar vertreiben sie die Niedergeschlagenheit – allerdings erst nach wenigen Tagen. Sofort steigern sie aber Aktivität und Unternehmungslust. Bisher Unentschlossene werden handlungsbereiter und könnten sich deshalb eher zum Selbstmord entschliessen. Der Herzinfarkt ist keine typische Männerkrankheit: Es sterben mehr Frauen an Herzerkrankungen als Männer. Die konkrete Diagnose Herzinfarkt wird dabei seltener gestellt – aus einem Vorurteil heraus.
Schliesslich zeigt Bartens auf, dass auch etablierte medizinische Therapien nicht davor gefeit sind, als fehlerhaft entlarvt zu werden. So ist es keineswegs unbedenklich, bereits kleinen Kindern die Mandeln zu entfernen. Sie stellen nämlich zahlreiche Abwehrzellen her, die für das Immunsystem der Kinder wichtig sind. Es nützt Cholesterin-Patienten wenig, wenn Medikamente ihre Fettwerte radikal senken. Die gleiche positive Wirkung erzielen bereits moderatere Korrekturen. Hochdosierte Cholesterinsenker wie Sortis bringen laut Bartens den Patienten im Vergleich zu anderen Therapien kaum einen Nutzen. Über 100 solcher Irrtümer klärt Werner Bartens in seinem neuen Buch auf. Manche seiner Erkenntnisse sind unangenehm – Alkohol ist auch in kleinen Mengen nicht wirklich gesund. Manche beruhigen – die Vogelgrippe ist nicht so gefährlich wie gemeinhin angenommen. Andere sollte man sich ernsthaft zu Herzen nehmen – zum Beispiel, dass auch Erkältete zu viel Flüssigkeit zu sich nehmen können. Peter Kraft
Werner Bartens: Das neue Lexikon der Medizin-Irrtümer, Eichborn-Verlag, Fr. 34.90
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GESUNDHEITSWESEN
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81 neue Krankenversicherungs-Fachleute erhalten ihre Fähigkeitsausweise
Mut zu ungewöhnlichen Lösungen Die diesjährige Diplomfeier für die frischgebackenen Krankenversicherungsfachleute stand ganz im Zeichen der Kreativität: Die Diplomandinnen und Diplomanden sollten im Berufsleben Mut zu ungewöhnlichen Lösungen aufbringen, forderte Daniel Wyler, der Präsident der Prüfungskommission. Er konnte auf einen erfreulichen Prüfungsjahrgang 2007 zurückblicken. sobald die Kreativität ins Spiel kommt.
Kreativität ins Berufsleben mitnehmen Der Präsident der Prüfungskommission, Daniel Wyler, nahm Eliana Burki als Beispiel: Er wünschte den frischgebackenen Krankenversicherungsfachleuten in ihrer beruflichen TätigDie santésuisse-Absolventen Michaela Ettore keit viel Kreativität und und Matthias Wechsler mit ihren Vorgesetzten den Mut zu ungewöhnMarco D’Angelo (l.) und Franz Wolfisberg (r.). lichen Ideen. Ans Gesetz müssten sie sich halten, ie Experimental-Alphornistin Eli- nicht aber sich daran klammern: Der komana Burki gab der Diplomfeier plexe Alltag in der Krankenversicherung den passenden musikalischen rufe manchmal nach Lösungen, die mit Rahmen. Sie begeisterte mit Klängen, die dem Gesetzbuch allein nicht gefunden kaum jemand von einem Alphorn erwar- werden können. Zudem gebe es Fälle, in tet hätte – das Spektrum reichte von Pop- denen die rechtlichen Bestimmungen verBalladen bis zum Jazz. Das Alphorn ist mit sagten. Zum Vergleich zog Wyler den Eheso vielen fixen Vorstellungen behaftet wie mann heran, der mit 140 Stundenkilomekaum ein anderes Musik-Instrument. Eli- tern auf der Autobahn seine Frau in den ana Burki bewies eindrücklich, dass sol- Wehen ins Spital fährt: Kaum ein Polizist che Schubladisierungen nicht standhalten, würde hier den Strafzettel zücken.
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N O T E N S TAT I S T I K 2 0 0 7 Total Teilnehmende deutschsprachige Schweiz französischsprachige Schweiz italienischsprachige Schweiz Total bestandene Examen deutschsprachige Schweiz französisch- und italienischsprachige Schweiz
130 113 14 3 81 = 62,31% 71 = 62,83% 10 = 58,82%
Total nicht bestandene Examen 49 = 37,69% Schlussnote 2007 Ø erfolgreicher Prüfungsabsolventen: 4,38 deutschsprachige Schweiz 4,40 französisch- und italienischsprachige Schweiz 4,13 Vergleich 2006 Ø erfolgreicher Prüfungsabsolventen
4,32
Vergleich 2005 Ø erfolgreicher Prüfungsabsolventen
4,47
schwimmer aus, führt Kurse für Wiederbelebung durch und sorgt mit ihren ausgebildeten Mitgliedern für die Sicherheit bei Anlässen in und am Wasser.
Erfreulicher Prüfungsjahrgang Die Prüfungsergebnisse 2007 sind erfreulich (siehe Tabelle): Fast zwei Drittel aller Kandidaten haben die Schluss-Examen bestanden. 2006 waren es noch etwas mehr als die Hälfte. Der Notenschnitt der erfolgreichen Prüfungsteilnehmer liegt mit 4,38 im Rahmen der letzten Jahre. Ein Kuriosum dieser Diplomfeier war die Auszeichnung der besten Absolventinnen und Absolventen: Weil gleich vier von ihnen mit der Note 4,9 auf dem dritten Rang landeten, durfte Daniel Wyler sechs statt drei PreisträgerInnen gratulieren. Das beste Resultat erzielte Martina Herzig (CSS Luzern) mit einem Notendurchschnitt von 5,1. Peter Kraft
Über Wasser bleiben Einen ungewöhnlichen Weg in einem kleinen, ja kleinsten Teilgebiet des Gesundheitswesens geht auch die Schweizerische Lebensrettungs-Gesellschaft (SLRG): Sie widmet sich der Verhinderung von Unfällen im Wasser. Stephan Böhlen, Leiter der SLRG-Region Nordwest, stellte den Absolventinnen und Absolventen seine Organisation vor. Neben Aufklärungsarbeit fördert sie auch die Fähigkeiten im nassen Element. Dazu lanciert sie Schwimm-Programme bereits im Kindergarten, unterhält eigene Wassersport-Nationalmannschaften und bietet Schwimm- und Freitauchkurse an. Die SLRG bildet aber auch Rettungs
Eliane Burki begeisterte mit experimentellen Alphornklängen.
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Photos: Peter Kraft
infosantésuisse Nr. 10, Oktober 2007
Die diesjährigen Preisträger v.l.n.r.: Susanne Vögeli, Daniel Frossard, Marianne Ramseyer, Daniel Wyler (Präsident der Prüfungskommission), Martina Herzig, Sandra Sutter, Claudia Holderegger.
Diese Damen und Herren haben ihren Fachausweis erhalten: Herzig Martina, CSS Luzern; Ramseyer Marianne, SWICA Bern; Voegeli-Egli Susanne, Helsana Worblaufen; Sutter Sandra, Sanitas Zürich; Holderegger Claudia, Visana Bern; Frossard Daniel, Groupe Mutuel Martigny. Aeschbacher Sandra, Visana; Altay-Grünig Ruth, Bundesamt für Gesundheit Bern; Baumann Ramona, Helsana Olten; Binzegger Silvia Concordia Luzern; Blenk Carola, Helsana Zürich; Borer Stefan, EGK Gesundheitskasse Solothurn; Brülhart Adrian, Groupe Mutuel; Brunner Mariann, CSS Luzern; Brunner Melanie, rhenusana Heerbrugg; Buzzolini Catia, CSS Luzern; Campinar Turan, Helsana Zürich; Carrubba Irene, CSS Luzern; Dähler Corinne, Helsana St. Gallen; De Crescenzo Jessica, Groupe Mutuel Lausanne; De Luca Natascha, CSS Luzern; Descuves Florence, Groupe Mutuel Villars-sur-Glâne; Dober Martina, Xundheit Luzern; Dubuis AnneFlorence, SUPRA Lausanne; Elsener Nadja, CSS Luzern; Esseiva Karin, assura Lausanne; Ettorre Michaela, santésuisse Solothurn; Frei Carolina, rhenusana Heerbrugg; Frei Martin, rhenusana Heerbrugg; Frei Stephan, Bundesamt für Gesundheit Bern; Furrer Mireille, CSS Zürich; Gasser Markus, Helsana Burgdorf; Halbeisen Bettina, SWICA Basel; Hediger Martin, CSS Zürich; Hinnen Livia, Xundheit Luzern; Hirs Franziska, KLuG Zug; Hodder Marie-Laure, SUPRA Lausanne; Hofer Bernhard, Helsana Ittigen; Horner Anita, assura Pully; Hostettler-Alvarez Alexia, Helsana Zürich; Hugi
Stephanie, Visana Bern; Hunkeler Isabelle, Concordia Luzern; Jäggi Nicole, Spital Region Oberaargau; Janin Béatrice, Helsana Lausanne; Jeker Vonarburg Petra, Helsana Olten; Jöhr Daniel, Xundheit Luzern; Kathriner Ruth, Aquilana Baden; Keller Claudia, Helsana Olten; Kiefer Désirée, Visana Muttenz; Krättli Manuela, SWICA Chur; Lässer Anja, Helsana Olten; Lobina Margrit, Concordia Luzern; Lohrer Pascal, assura Muttenz; Luisier Sophie, CSS Ecublens; Meier Claudia, CSS Zürich; Meier Evi, CSS Luzern; Müller Jeannette, Helsana Zürich; Müller-Ulmi Vreni, SWICA Basel; Niederberger Nicole, Concordia Luzern; Odermatt André Xundheit, Luzern; Pleisch-Wegmann Rita, Helsana Zürich; Rähmi Alexandra, Krankenkasse SLKK Zürich; Reck Yves, assura Bern; Reinhard Montserrat, CSS Ecublens; Roggo Pierre-Alain, HPR SA Carouge GE; Sahli Yvonne, assura Bern; Sasso Simone, Visana Bern; Schlatter Lilian, ÖKK Winterthur; Spichiger Knüsel Ruth, Gemeinsame Einrichtung KVG Sol.; Stalder Pascale, Helsana Ittigen; Stocker Sibylle, Concordia Luzern; Suppiger Pirmin, Concordia Luzern; Tanner Sandra, Helsana Zug; Thürig Markus, Xundheit Luzern; Tinner Chantal, SWICA St. Gallen; Tunjic Ljerka, Atupri Zürich; Vermeille Isabelle, assura Pully; Walter Monika, Sanitas Zürich; Wechsler Matthias, santésuisse Luzern; Werren Cornelia, assura Bern; Wessner Melanie, ÖKK Basel; von Werdt Rudolf, Xundheit Luzern; Wirz Valérie, SUPRA Lausanne; Zguric Melita, SWICA Basel.
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infosantésuisse Nr. 10, Oktober 2007
Neue Kaufmännische Grundbildung – aus dem Qualifikationsverfahren 2007
Mehr als 95 Prozent der Lernenden erfolgreich
Foto: Keystone
Am diesjährigen Qualifikationsverfahren nach Neuer Kaufmännischer Grundbildung haben in der Branche santésuisse – Die Schweizer Krankenversicherer, gesamtschweizerisch 82 Lernende inklusive Repetenten teilgenommen. Deren vier haben das betriebliche Qualifikationsverfahren nicht bestanden. Die Erfolgsquote liegt mit 95,2 Prozent wiederum auf einem erfreulichen Stand. Über die Ergebnisse der schulischen Prüfungen liegen santésuisse als Branchenverband keine Informationen vor.
Tipps und Tricks für das Qualifikationsverfahren • Praxisberichte aussagekräftig formulieren • Gesprächsführung trainieren: Kundenbedürfnisse ermitteln und berücksichtigen • Unterschied der Weisungen des Ausbildungsbetriebes zu den gesetzlichen Bestimmungen/Verordnungen kennen • Sicherer Umgang mit dem Handbuch santésuisse
D
ie Ergebnisse der betrieblichen Qualifikationsverfahren* sind in der Deutschschweiz etwas tiefer ausgefallen als noch im letzten Jahr. In der Westschweiz ist den Kandidaten eine Steigerung gelungen. Die Tabelle zeigt einen Überblick über die diesjährigen Ergebnisse. 75 Prozent der Kandidaten haben die Ausbildung im erweiterten Berufsprofil (E-Profil) abgeschlossen, deren 15 Prozent im Basisprofil (B-Profil). Rund 10 Prozent haben die Berufsmaturität (M-Profil) gewählt, bei welcher der Unterschied zum E-Profil nur im schulischen Bereich liegt.
Schwierigkeiten in der Gesprächsführung In den Gesprächssituationen mussten in diesem Jahr einige ungenügende Noten erNOTENDURCHSCHNIT TE
teilt werden. Meist lag dies daran, dass es den Kandidaten nicht gelungen ist, die Gesprächsführung zu übernehmen. Zudem haben sie den Kundenbedürfnissen zu wenig Beachtung geschenkt. In der schriftlichen Prüfung bereiteten die Themen Rechtsweg, Schweigepflicht, Koordination und Taggeld die meisten Schwierigkeiten. Mit der Einführung der Neuen Kaufmännischen Grundbildung (NKG) werden in den Betrieben während der ganzen Ausbildung prüfungsrelevante Noten erteilt, welche 50 Prozent der Abschlussnote des betrieblichen Qualifikationsverfahrens ausmachen. Es zählt somit nicht nur noch die Leistung am Qualifikationsverfahren. Im Fähigkeitszeugnis ist damit seit dem letzten Jahr auch ersichtlich, welDEUTSCHSCHWEIZ
WESTSCHWEIZ
Mündliches Qualifikationsverfahren
4,58
4,92
Schriftliches Qualifikationsverfahren
4,22
4,53
Vorschlagsnote Prozesseinheiten
5,09
4,98
Vorschlagsnote Arbeits- und Lernsituationen
5,15
5,08
che Leistungen ein Lernender am Arbeitsplatz erbracht hat. Die Aufwertung der betrieblichen Ausbildung wird als Vorteil der NKG angesehen.
Dank an Berufsbildner und Experten Die Berufsbildner übernehmen nebst den alltäglichen Arbeitsbelastungen eine zusätzliche – nicht zu unterschätzende – Verantwortung. All jenen Personen gilt an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön. Sie haben durch ihren unermüdlichen Einsatz in der Nachwuchsförderung einen wichtigen Beitrag zum guten Endresultat beigetragen. Ebenfalls einen Dank richten wir an alle Personen, welche sich am Qualifikationsverfahren als Experten zur Verfügung stellen. Auch sie leisten einen wichtigen Beitrag zum guten Gelingen. Marlise Vögtlin
* Qualifikationsverfahren ist der neue Ausdruck für Lehrabschlussprüfung.
service Auf 41 000km2 leisten wir uns 26 Kantone, mit einer durchschnittlichen Fläche von gerade mal 40x40km – davon 30 Prozent Wald und 26 Prozent unproduktiv. Gesundheitspolitik und Spitalplanung in solchen Mikroorganismen stossen rasch an ihre Grenzen. Der heutige Spätföderalismus wird oft noch geschmückt mit Phrasen von der «Souveränität der Kantone» und Unwahrheiten wie «Das Gesundheitswesen ist Sache der Kantone». Die heutigen Realitäten zerstören aber diese Ballenbergfolklore immer mehr. santésuisse ist mit der Reduktion ihrer kantonzentrierten Struktur auf drei Regionen vorausgegangen. Leider ist im Gesundheitswesen eine Bundeskompetenz politisch noch nicht möglich. Als Vorstufe müssen wir die Bildung von drei bis vier Gesundheitsregionen anstreben. Mit ihren je 1–2 ½ Millionen Einwohnern wären sie gross genug für die wichtigsten Aufgaben. Sind solche Gesundheitsregionen realisierbar? Wir haben ja im Gesundheitswesen eine deprimierende Sammlung von endlosen Leidensgeschichten mit Innovationen wie Studienreformen, Pflegewissenschaft, Tarmed, DRG, Mutterschaftsversicherung, Qualitätsförderung oder Koordination der hoch spezialisierten Medizin. Nun, das Notwendige setzt sich immer durch. Am Ende entscheiden Sachzwänge, ohne Rücksicht auf alte Zöpfe. Aber mit Verspätungen ist zu rechnen. Gerhard Kocher Gesundheitsökonom
Bern schafft neues Bildungszentrum für Pflegeberufe
Seit dem 1. September hat der Kanton Bern ein Bildungszentrum für Pflegefachleute auf Stufe Höhere Fachschule: Das Bildungszentrum Pflege (BZ Pflege) hat an diesem Datum seinen Betrieb aufgenommen. Die bis-
herigen Pflegeberufsschulen in Bern und Thun sind die Gründer des BZ Pflege. Ihre Standorte bleiben erhalten. Neben der Ausbildung der «Pflegefachleute Höhere Fachschule» im deutschsprachigen
Teil des Kantons Bern bietet das BZ Pflege Nachdiplomstudiengänge und Nachdiplomkurse an. Im Endausbau werden jährlich 450 Frauen und Männer den Pflegestudiengang HF abschliessen. Der Berner Erziehungsdirektor Bernhard Pulver ist zuversichtlich, dass das BZ Pflege durch die Bündelung von Kompetenzen «das Potenzial hat, über die Kantonsgrenzen hinaus zu wirken.» Designierter Direktor des BZ Pflege ist Peter Marbet, derzeit Leiter der Abteilung Politik und Kommunikation sowie Mitglied der Direktion bei santésuisse. Er wird seine neue Aufgabe spätestens per 1. März 2008 übernehmen.
Kein erhöhtes Thrombose-Risiko
Medikamenten-Stents sind nicht gefährlicher Medikamentenbeschichtete Stents sind nicht gefährlicher als andere. Das hat ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der Universität Bern herausgefunden. Befürchtungen, wonach Stents, die Medikamente freisetzen, das Thrombose-Risiko erhöhen, sind unbegründet, schreibt der Nationalfonds in einer Mitteilung. Die Sterblichkeit ist bei allen untersuchten StentTypen ungefähr gleich. Doch müssten Stents mit Medikamenten nicht nur weniger gefährlich sein, sondern auch besser wirken. Wie steht es damit? Stents, die mit dem Medikament Sirolimus beschichtet sind, können in vier Jahren einen zusätzlichen Herzinfarkt bei 100 behandelten Personen verhindern. Bei Stents mit dem Medikament Paclitaxel ist diese Wirkung nicht nachweisbar.
Foto: Prisma
Föderalismus im Zwergstaat
Peter Marbet designierter Direktor des BZ Pflege
Foto: Dominik Labhardt
Punktlandung
service Nicht mehr «nur» die Krankheit thematisieren
Bevölkerung wünscht Gesundheitsberatung in Spitälern
Zu hohe Löhne: In den vergangenen Jahren hat die britische Regierung die Gehälter der Ärzte im staatlichen Gesundheitssystem (NHS) stetig erhöht. Weil aber das NHS-Budget konstant blieb, müssen die Mehrausgaben kompensiert werden. Das hat unter anderem zur Entlassung von über 22 000 Ärzten und Krankenschwestern geführt. Alzheimer: In Frankreich bezahlen Patienten beim Kauf von Medikamenten künftig eine Abgabe von 50 Eurocent für die Alzheimerforschung. Präsident Nicolas Sarkozy hat die Krankheit zum «nationalen Drama» erklärt. Veto: Das amerikanische Repräsentantenhaus hat beschlossen, Kinder von armen und mittelständischen Familien obligatorisch zu versichern. Die Einkommensgrenze dafür legt der Gesetzesentwurf bei 82 000 Dollar fest. Präsident Bush hat jedoch sein Veto dagegen angekündigt. Organtransport: Laut der britischen Zeitung «The Sun» ist es in Grossbritannien keine Seltenheit, dass Spenderorgane per Linienbus zum Zielkrankenhaus gebracht werden. Es fehle an geeigneten Transportmitteln, sagen Klinikärzte.
74 Prozent der Schweizer Bevölkerung wünscht eine Gesundheitsberatung bei einem Spitalaufenthalt. Dies ergab eine Umfrage des schweizerischen WHO-Netzwerkes gesundheitsfördernder Spitäler. Vor allem die Themen Ernährung (58 Prozent) und Bewegung (30 Prozent) stossen auf
Interesse. Das Netzwerk gesundheitsfördernder Spitäler fordert deshalb, dass im Spital, aber auch in Heimen oder Gruppenpraxen nicht nur mehr die Krankheit, sondern auch die Gesundheit der Patienten thematisiert werden soll. Die Spitäler, so das Netzwerk, würden bereits über die
bestehenden Infrastrukturen und Fachleute verfügen. Gesundheitsberatungen wären deshalb ohne grösseren Aufwand möglich. Ausserdem sei die Gesundheitsförderung «die einzig nachhaltige Alternative zur Kostensteigerung im Gesundheitswesen bei gleichzeitiger Steigerung der Lebensqualität».
Trotzdem mehr Behandlungen von psychischen Krankheiten
Weniger psychische Probleme in der Schweizer Bevölkerung Der Schweizer Bevölkerung geht es psychisch besser als noch vor zehn Jahren. Das zeigt eine Studie des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums. Über die Hälfte der Schweizerinnen und Schweizer bezeichnen ihr Wohlbefinden und ihre Ausgeglichenheit als hoch. Zudem hat sich die Anzahl der Personen leicht erhöht, die psychologische oder psychiatrische Hilfe in Anspruch nehmen. Gemäss der Studie fühlten sich 2002 55 Prozent der Bevölkerung emotional stabil, 1992 waren es noch knapp 45 Prozent gewesen. Auch das psychische Wohlbefinden ist hoch: Rund 60 Prozent der Befragten sind gelassen und psychisch im Gleichgewicht. Gleichzeitig sind leichte psychische Beschwerden wie Niedergeschlagenheit, Pessimismus, Nervosität oder Schlafstörungen zurückgegangen, von 40 auf 30 Prozent. Dies gilt auch für schwerere, chronische psychische Probleme, deren Häufigkeit tendenziell abgenommen hat. Etwas mehr Personen als noch 1997 lassen sich wegen eines psychischen Problems behandeln. Die Zunahme der Behandlungen bei gleichzeitig sich ver-
bessernder psychischer Gesundheit lässt verschiedene Erklärungsansätze zu. Eine Rolle spielen dürften eine erhöhte Aufmerksamkeit der Ärzte für psychische Krankheiten, die erweiterten Therapiemöglich-
keiten und eine allenfalls abnehmende Stigmatisierung der psychischen Krankheiten. Endgültig beweisen lassen sich diese Thesen wegen der fehlenden Datengrundlage aber noch nicht.
Foto: Prisma
News aus aller Welt
SANTÉSUISSE – SERVICE
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infosantésuisse Nr. 10, Oktober 2007
Veranstaltungen Veranstalter
Besonderes
Datum/Ort
Weitere Informationen
4. Schweizerischer Kongress für Gesundheitsökonomie und Gesundheitswissenschaften MSD
Thema: Der ökonomische Nutzen von Gesundheit
19. Oktober Inselspital Bern, Auditorium Ettore Rossi
www.msd.ch
25. Oktober Tagungszentrum Bocken, Horgen
www.euroforum.ch
29. Oktober KKL Luzern
www.europa-forum-luzern.ch
8. November Solothurn, Landhaus und Palais Besenval
www.nationalegesundheit.ch
6. Jahrestagung Spitäler und Kliniken Euroforum
Thema: DRG als Instrument zur Prozessoptimierung
Die Konsumentenpreise auf dem Prüfstand europa forum luzern
Referate u.a. von Bundesrätin Doris Leuthard und Preisüberwacher Rudolf Strahm
Nationale Gesundheitspolitik
Thema: Steuerung der stationären Gesundheitsversorgung im Rahmen des Föderalismus
Zeichnung: Marc Roulin
9. Arbeitstagung der Nationalen Gesundheitspolitik
Handbuch der Schweizerischen Krankenversicherung 2007
Symposium Stand und Perspektiven des Qualitätsmanagements im schweizerischen Gesundheitswesen 6. Dezember 2007 im Kongresshaus Zürich
Mit diesem aktualisierten und unentbehrlichen Nachschlagewerk sind Sie wieder vollumfänglich auf dem neusten Stand bei der Durchführung der Kranken- und Unfallversicherung. Das Handbuch ist in deutscher und französischer Sprache erhältlich und kostet je Fr. 35.– zuzüglich MwSt, Porto- und Verpackungskosten.
Die Schweiz steht vor der Einführung eines DRGorientierten Abrechnungssystems. Vor diesem Hintergrund sollen der derzeitige Stand der Qualitätssicherung und die sich ergebenden Perspektiven erörtert werden, um hieraus Anregungen für die künftige Entwicklung zu gewinnen. Ziel des Symposiums: Eine zukunftsorientierte Standortbestimmung zum Qualitätsmanagement im schweizerischen Gesundheitswesen • mit Einbezug der Sichtweise aller Verantwortung tragenden Partner • vor dem Hintergrund der internationalen Praxis und dem Stand der wissenschaftlichen Diskussion.
Bestellung Es referieren: • Peter Indra, Vizedirektor des Bundesamtes für Gesundheit • Thomas Mansky, Leiter medizinische Entwicklung, Helios Kliniken Berlin • Heinz Locher, Management + Consulting Services, Bern • Fritz Britt, Direktor santésuisse • Dieter Conen, Direktor der medizinischen Klinik, Kantonsspital Aarau • Georg von Below, Leiter QM, Spitalzentrum Biel, Präsident Society für Qualitiy Management in Healthcare • Berhard Wegmüller, Geschäftsführer H+ Die Spitäler der Schweiz • Wulf Dietrich Leber, Leiter des Geschäftsbereichs Gesundheit des AOK-Bundesverbands in Bonn
Anmeldung und weitere Informationen: www.rsmediaconsult.com
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Exemplar(e) Handbuch der Schweizerischen Krankenversicherung 2007, deutsche Ausgabe
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exemplaire(s) de l’Annuaire de l’assurance-maladie suisse 2007, édition française
Bestellungen an: santésuisse, Verlag, Postfach, 4502 Solothurn Fax 032 625 41 51, E-mail: shop@santésuisse.ch
Vorname / Name Strasse / Nr. PLZ / Ort
Gesundheitswesen Schweiz 2007 – 2009 Aktuelle und objektive Gesamtübersicht über das Schweizer Gesundheitswesen Das Schweizer Gesundheitswesen ist komplex und im Umbruch. Reformversuche und Sparmassnahmen jagen sich, oft ohne klare Ziele und ohne Koordination mit den anderen Sektoren. Gesundheitspolitik ist zu einem heissumstrittenen Politikbereich geworden. In einer solchen Lage ist Transparenz wichtig. Dieses Buch gibt eine aktuelle und sachliche Gesamtübersicht in 37 Kapiteln von 49 Autorinnen und Autoren. Besonderen Wert legen die beiden Herausgeber auf möglichst hohe Objektivität, aussagekräftige Daten und auf gute Lesbarkeit. Das Buch ist ein Nachschlagewerk für alle, die sich für das Gesundheitssystem und die Gesundheitspolitik interessieren: Fachleute aus dem Gesundheits- und dem Sozialversicherungswesen, für Politik, Medien und Wissenschaft und selbstverständlich auch für interessierte Versicherte und Patientinnen/Patienten. Es eignet sich besonders auch als Lehrmittel für Studierende und Auszubildende der verschiedenen Aus-, Weiter- und Fortbildungsgänge im Gesundheits-, Sozial- und Versicherungswesen. Die Herausgabe des Buches wurde von santésuisse – Verband der Schweizer Krankenversicherer und vom Projekt Nationale Gesundheitspolitik massgeblich unterstützt und dadurch erst möglich gemacht. «Gesundheitswesen Schweiz 2007–2009 – Eine aktuelle Übersicht», Herausgeber Dr. rer. pol. Gerhard Kocher, Gesundheitsökonom, Muri, und Dr. oec. Willy Oggier, Gesundheitsökonom, Küssnacht, 422 S., Fr. 39.90, 24.95 Euro, ISBN 978-3-456-84422-0.
BESTELLUNG Bitte senden Sie mir: _____
Ex. «Gesundheitswesen Schweiz 2007 – 2009 – Eine aktuelle Übersicht», Herausgeber Gerhard Kocher / Willy Oggier, 422 S., Fr. 39.90
BESTELLUNG AN: Verlag Hans Huber, Hogrefe AG Länggass-Strasse 76, Postfach, 3000 Bern 9 Fax 031 300 45 94, E-mail: distribution@hanshuber.com
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