infosantésuisse Nr.1-2/ 2004 deutsch

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infosantésuisse Magazin der Schweizer Krankenversicherer Nr. 1–2, Januar/Februar 2004

Schweizer Bevölkerung will keine Einheitskasse Seite 10

Halbprivatverträge im Kanton Aargau Seite 12

IM VISIER:

Ausblick 2004


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INHALT

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GESUNDHEITSWESEN WAS BRINGT DAS JAHR 2004? Ein Jahr zuvor – ein Jahr danach REAKTIONEN AUF DAS SCHEITERN DER 2. KVG-REVISION KVG-Revision – wie weiter? 8 GESCHÄFTE MIT DER KRANKHEIT Kritik an der «Medikalisierung» 9 JURA: MRT-TARIFSTREIT BEIGELEGT Bundesrat korrigiert überhöhte Abgeltung 4 7

KRANKENVERSICHERUNG 10 MACHBARKEITSSTUDIE «SCHWEIZERISCHE EINHEITSKASSE» Schweizer Bevölkerung will keine Einheitskasse 12 BESCHWERDEENTSCHEID DER REKURSKOMMISSION FÜR WETTBEWERBSFRAGEN Beschwerde teilweise gutgeheissen 14 DER DATENSCHUTZ UND DIE WEITERGABE MEDIZINISCHER DATEN AN DIE VERSICHERER Versicherer sind nicht blosse Zahlstellen

Jura: MRT-Tarifstreit beigelegt

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TARMED 16

TARMED SEIT 1.1.2004 GESAMTSCHWEIZERISCH IN KRAFT Die wichtigsten Fragen und Antworten zu TARMED

INFO 17 17 17 17

Klipp und Klar Wartungskosten für Inhalatoren Verbindlichkeit der Verträge Kassenzulässigkeit von Glucose-Teststreifen Gelegenheits-Appendectomie

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Service PRO GENERIKA Der Generikaratgeber ist umfassender denn je zuvor KLAGE DES SPITALVERBANDS ZURÜCKGEWIESEN Krankenversicherer bekommen auf der ganzen Linie Recht TARMED Bald auch in Liechtenstein TARMED-START-TAXPUNKTWERT 1 Franken für UV/MV/IV im ambulanten Spitalbereich SANTÉSUISSE-TERMINE 2004 Generalversammlung ÖKK LUZERN MIT NEUEM NAMEN UND NEUEM KLEID Von der Krankenkasse zur Gesundheitskasse VON DER KBV ZU HELSANA Versicherungsschutz gewährleistet FREIER WARENVERKEHR Vorschriften für den Parallelimport von Arzneispezialitäten SQMH: NEUE GESELLSCHAFT FÜR QUALITÄTSMANAGEMENT Qualitätssicherung in Spitälern und Heimen STIFTUNG FÜR PATIENTENSICHERHEIT Studie: Zwischenfälle in Schweizer Spitälern NETZWERK SCHULISCHE BUBENARBEIT Plakatserie mit Pioniercharakter KRANKEN- UND UNFALLVERSICHERUNG Seit 1. Januar 2004 beim BAG

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Heikel: Weitergabe medizinischer Daten Seite 14

Die wichtigsten Fragen und Antworten zu TARMED Seite 16

Nr. 1–2, Januar/Februar 2004 Erscheint zehnmal jährlich

Layout: Henriette Lux

Abonnementspreis: Fr. 69.− pro Jahr, Einzelnummer Fr. 10.−

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Titelbild: Heiner Grieder, Langenbruck ISSN 1423-4440


EDITORIAL

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Neue und klare Rollenbesetzung für alle Akteure

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Pierre-Marcel Revaz Vizepräsident santésuisse

ine Gesellschaft oder ein Verein funktioniert erst dann richtig, wenn die Rollen jedes einzelnen Mitglieds klar verteilt sind. Man muss allerdings das Know-how und die Kompetenzen jedes Einzelnen respektieren. Die Revision ist gescheitert. Das ist ein Fakt. Natürlich ist die Versuchung gross, das Ganze als Scherbenhaufen zu bezeichnen und zu jammern. santésuisse ist diese Haltung fern. Mal kurz auf die Bremse zu stehen, bedeutet noch lange nicht Stillstand. Solange wir unseren Weg fortsetzen können, ohne Hals über Kopf im Graben zu landen, kann man dieser Situation auch etwas Positives abgewinnen. Bessere Voraussetzungen für eine wirksame Kostensteuerung zu schaffen, ist eine gute Strategie. Was dabei zählt, ist vor allem die Fähigkeit, ausgewogene Verhandlungen zwischen allen Akteuren zu führen. Die Politik muss die Grundsätze definieren, die für alle Gesundheitsakteure des Systems gelten. Dieses System ist eine liberal ausgerichtete Ordnung mit einem gesunden Wettbewerb, die zum Ziel hat, allen Versicherten Qualitätsleistungen zu einem erschwinglichen Preis zu bieten. Patienten, Leistungserbringer, Versicherer und Staat stehen gleichermassen in der Verantwortung. Es ist Aufgabe der Politik, nicht zu rigide Regeln aufzustellen, die das System blockieren könnten und die Akteure aus der Verantwortung entlassen würden. Der Staat sorgt in erster Linie für ein soziales Gleichgewicht. Das heisst, den Schwächeren in unserer Gesellschaft muss geholfen werden, damit auch für sie der Zugang zur Gesundheitsversorgung garantiert ist. Die Leistungserbringer sorgen mit wirksamen und wirtschaftlichen Leistungen dafür, dass die Patienten wieder gesund werden. Übertriebenen und unbegründeten Forderungen versuchen sie entgegenzuwirken. Die Versicherten müssen sich im Klaren darüber sein, dass alle Leistungen ihren Preis haben und dass sich dieser Preis direkt auf die Prämien auswirkt, die sie bezahlen. Die bezahlte Prämie ist kein absoluter Anspruch, sondern die Garantie, bei Bedarf Zugang zu einer qualitativ hochstehenden Gesundheitsversorgung zu haben. Die Versicherer ihrerseits müssen gegenüber den Leistungserbringern und den Versicherten allzeit

die finanzielle Sicherheit des Systems garantieren können – flexibel und effizient. In diesem Sinne vertreten sie die Interessen beider Parteien. Der KVG-Zwischenstopp vom letzten Dezember rührt vielleicht daher, dass man sich zu sehr von diesen Grundsätzen entfernt hat. Theoretisch hat die Revision das richtige Ziel verfolgt: praktisch wurde sie dann reglementarisch und ideologisch überlastet. Nehmen wir als Beispiel die Gesundheitsnetzwerke: sie zu fördern ist eine Sache, sie durchzusetzen ist eine andere. Entweder sind diese Netzwerke effizient und setzen sich von alleine durch oder sie sind es eben nicht und kommen dann über das Projektstadium nicht hinaus. Ein weiterer Diskussionspunkt könnte die Höhe der Rückerstattung sein, um so die Kostenentwicklung aufzufangen. Diese könnte man stufenweise reduzieren, und so würden die Prämien einige Jahre stabil gehalten werden. In Frankreich hat man diesen Schritt bereits vollzogen. In der Zwischenzeit könnte man parallel dazu Massnahmen ergreifen, die alle Akteure zur Mässigung mahnen. Massnahmen, die in diese Richtung gehen, sind in der abgelehnten Revi­sionsvorlage bereits enthalten: Transparenz, Spital­finanzierung, Wettbewerb zwischen öffentlichen Spitälern und Privatkliniken, neue Aufteilung bei der Finanzierung der Langzeitpflege, effizientere Instrumente für Kostenkontrolle und Prämieninkasso, klarere Abgrenzung zwischen ambulanter und stationärer Pflege, damit die Verlagerung in den ambulanten Sektor nicht alleine zu Lasten der Versicherten gehen. Eine Grundlage für die Neulancierung der KVGRevision ist also vorhanden. Mit einem pragmatischen und kostenbewussten Ansatz können wir die Reform wieder auf den Weg bringen. Genau hier sehe ich die Prioritäten für das Jahr 2004.


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GESUNDHEITSWESEN

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Was bringt das Jahr 2004?

Ein Jahr zuvor – ein Jahr danach Bereits vor einem Jahr stand das Gesundheitswesen vor wichtigen Entscheidungen und Veränderungen: So übernahm unter anderem ein neuer Gesundheitsminister das Departement, die 2. Teilrevision des KVG stand an, die SP-Gesundheitsinitiative, das Referendum gegen Kantonsbeiträge an Behandlungen in der Halbprivat- oder Privatabteilung oder der TARMED-Abschluss. Wo stehen wir heute? Und was ist aus unseren Wünschen, Fragen und Unsicherheiten geworden?

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er SP-Gesundheitsinitiative wurde eine klare Abfuhr erteilt und zwar in der ganzen Schweiz. Sogar in der Romandie, wo man einige Ständemehrs erwartet hatte. Dieses Abstimmungsergebnis bestätigt, dass Schweizerinnen und Schweizer auf eine geteilte Verantwortung im Gesundheitsbereich setzen: der Versicherte auf der einen Seite, die öffentliche Hand auf der anderen. Eine «Staatsmedizin» lehnt das Volk kategorisch ab. Das Referendum gegen das dringliche Bundesgesetz über die Anpassung der kantonalen Beiträge an Spitalbehandlungen, das die Assura unerwartet lanciert hatte, war vor dem Volk ebenfalls chancenlos.

Wurde der eingeschlagene Kurs weiterverfolgt? Pascal Couchepins erste Ankündigung als neuer Vorsteher des Eidgenössischen Departements des Innern liess aufhorchen: im Herbst wollte nicht mehr er als Gesundheitsminister jeweils die neuen Prämien ankündigen, diese Aufgabe sollten künftig die Versicherer übernehmen. Sie seien alleine verantwortlich für die Prämien. Eine alte Gewohnheit aus den Zeiten, als Bundesrätin Ruth Dreifuss noch das Sagen hatte, gehörte nun der Vergangenheit an. Es entbrannten daraufhin heftige Diskussionen, obwohl dieser Entscheid nicht als Mangel an Transparenz verstanden werden sollte. Allerdings lief nach diesem Entscheid nicht alles optimal: So warfen einige Beobachter und Versicherer dem Gesundheitsmi-

nister vor, er würde seine Verantwortung als Chef der Aufsichtsbehörde nicht wahrnehmen. Andererseits muss man einräumen, dass die Versicherten, wenn sie direkt vom Versicherer informiert werden, umgehend über die genaue Höhe ihrer neuen Prämie Bescheid wissen. Unter der Ägide des neuen Gesundheitsministers hat diese Prämie denn auch einige Änderungen erfahren. So wurde per Verordnung entschieden, die Rabatte auf den wählbaren Franchisen zu senken und die Grundfranchise zu erhöhen. Die Reaktionen blieben nicht aus. Der Bundesrat musste in der Folge von allen Seiten heftige Kritik einstecken. Im Hintergrund liefen derweil die 2. KVGRevision und die Abschlussverhandlungen zu TARMED.

Und jetzt? 2004 – ein Schaltjahr. Das heisst, uns steht ein Tag mehr zur Verfügung, all das noch besser zu machen, wozu wir auf Grund unserer Verantwortung verpflichtet sind. Aus dem letzten Jahr übernehmen wir die gescheiterte KVG-Revision, die nun neu lanciert werden muss, sowie die Umsetzung von TARMED. Uns steht die Unterschriften­ aktion zur Initiative des «Mouvement populaire des familles» bevor, die eine einkommens- und vermögensabhängige nationale Einheitskasse verlangt. Zudem ist unsere Aufsichtsbehörde nicht mehr das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV), sondern das Bundesamt für Gesundheit (BAG). Pascal Couchepin hatte im letzten Jahr


GESUNDHEITSWESEN

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entschieden, den Bereich Krankenversicherung ins BAG zu transferieren. Die Krankenversicherung wird also integraler Bestandteil der öffentlichen Gesundheit, was aus einer globalen Gesundheitsper­spektive nicht uninteressant ist. Kompetenzkonflikte sind aber möglich, insofern als ein und dieselbe Behörde gleichzeitig für eine Vielzahl von konkurrierenden Aufgaben zuständig ist. Vorsicht ist deshalb geboten, damit eigentliche Präventionsaufgaben nicht einfach in den Leistungskatalog der Grundversicherung übernommen werden.

TARMED

Das Gesundheitswesen im Jahr 2004: Der Bundesrat wird in seiner neuen Zusammensetzung zeigen müssen ...

Die neue gesamtschweizerische Arzttarifstruktur für den ambulanten Bereich, genannt TARMED, ist eine echte Herausforderung. Die Versicherer werden den Beweis antreten müssen, dass sie dieses Instrument im Griff haben und damit zu einer höheren Kostentransparenz beitragen. Es wurde alles in die Wege geleitet, um dieses Ziel zu erreichen. Die Versicherer haben 5000 Spezialisten ausgebildet, die den neuen Tarif bewirtschaften müssen und die dazu da sind, Leistungserbringer und Versicherte über die neuen Tarife zu informieren. In verschiedenen Bereichen besteht zu Jahresbeginn noch immer Klärungsbedarf. So hat man sich mit allen kantonalen Ärztegesellschaften auf einen Starttaxpunktwert geeinigt, nicht aber mit den Privatkliniken. In zwölf Kantonen haben die Tarifstreitigkeiten zwischen den Partnern ein Tariffestsetzungsverfahren der Kantonsbehörde zur Folge. santésuisse ist nämlich nicht bereit, einen Tarif über einen Franken zu akzeptieren. Diesen Grenzbetrag hatten sowohl der Bundesrat als auch der Preisüberwacher vorgegeben. Gehen die Kantonsbehörden über diesen Grenzwert, so werden die Versicherer Beschwerde beim Bundesrat einreichen. Auch für die Ärzte bringt TARMED einige Änderungen. Die neue Tarifstruktur führt zu einer Aufwertung der allgemeinmedizinischen und intellektuellen ärztlichen Tätigkeit zulasten der technischen Tätigkeit (wie Radiologie, Chirurgie, Ophthalmologie). Ein ambitioniertes Vorhaben, dem die Interessen der verschiedenen medizinischen Spezialitäten gegenüberstehen. Wird die spürbare Missstimmung, die in gewissen Disziplinen herrscht, das System blockieren? Die kommenden Monate werden es zeigen.


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Fotos: Heiner Grieder

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... wie weitsichtig er die Probleme im Gesundheitswesen lösen kann.

Das KVG Das Kernproblem ist bekannt. Die Interessenkonflikte sind zu gross, als dass sich hier in naher Zukunft etwas Grundlegendes ändern wird. Die Herausforderungen sind sowohl wissenschaftlicher, demographischer als auch wirtschaftlicher Natur. An Widersprüchen fehlt es nicht. Es ist Sache der Politik, die verschiedenen Interessen abzuwägen. Die Gesundheitsakteure sind aufgerufen, konstruktiv mitzuarbeiten. Die Ablehnung der 2. KVG-Revision durch das Parlament ist ein Rückschritt. Aber während der letzten drei Jahre konnten viele neue Erkenntnisse gewonnen werden. Nun liegt es am Bundesrat, die Revision neu zu lancieren und einen anderen Ansatz vorzuschlagen, ohne aber das Rad neu erfinden zu wollen. Die Ziele einer neuen Revision sind immer noch die gleichen: • Stärkung und Wahrung eines liberal und solidarisch ausgerichteten Wettbewerbssystems; • wirksame Kostendämpfung; • zumutbare Prämienerhöhung; • mehr Unterstützung für die Schwächeren. Die Instrumente dazu sind: • mehr Transparenz und Effizienz im Spitalwesen;

• eine ausgewogene Finanzierung der Langzeitpflege; • schärfere gesetzliche Normen für die Kontrolle der Leistungserbringer und das Prämieninkasso; • Vertragsfreiheit im ambulanten und stationären Bereich. Die Erfahrung der 2. KVG-Revision lehrt uns Pragmatismus und zwingt uns zur Politik der kleinen Schritte. Denkbar wäre es, die nicht umstrittenen Bestimmungen dieser Revision wieder aufzunehmen. Für santésuisse sind dies: die Gleichbehandlung aller auf der Spitalliste aufgeführten Spitäler, eine ausgebaute Prämienverbilligung für kleine Einkommen, eine Neuregelung der Finanzierung der Langzeitpflege, eine Lösung im Zusammenhang mit ausstehenden Prämien oder Kostenbeteiligungen sowie schärfere Sanktionen bei Missbräuchen. Dringlich sind auch die Geschäfte, wo gesetzliche Fristen bestehen, so etwa die Verlängerung des Risikoausgleichs, der bis 2005 begrenzt ist, und die Weiterführung oder Ablösung des Moratoriums für die Eröffnung von Arztpraxen. Die monistische Finanzierung und die Vertragsfreiheit sind weitere anstehende Themen, die aber längerfristig angegangen werden können.

Zu ändern ist die Kostenaufteilung bei der Spitalfinanzierung. Sie muss kostenneutral ausfallen und nicht paritätisch wie in der 2. KVG-Revision vorgesehen. Der EDI-Vorsteher führt zwischen Januar und Februar Hearings mit den wichtigsten Gesundheitspartnern durch, um diese anzuhören und eine Prioritätenliste zu erstellen. Im Zuge dieser Konsultationen werden auch die Änderungen auf Verordnungsebene geprüft. Priorität hat auch das Problem der Langzeitpflege. Welche Bestimmungen von der gescheiterten Revision übernommen werden, wird nach der Anhörung der verschiedenen Akteure entschieden. Man nehme die gleichen Zutaten und fange wieder von vorne an, ist man geneigt zu sagen! Nicht ganz abwegig. Trotz finalem Misserfolg haben die ganzen Debatten im Endeffekt dazu beigetragen, gewisse Probleme besser beurteilen zu können. Dies trifft hauptsächlich auf die Langzeitpflege zu. Das Parlament unterliegt nicht mehr dem Druck der Wahlen des letzten Jahres und kann nun unbeschwerter arbeiten. Der Bundesrat in seiner neuen Zusammensetzung ist nun gefordert. Wird er die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllen können? Er wird nun den Beweis antreten müssen!  (YS)


GESUNDHEITSWESEN

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Reaktionen auf das Scheitern der 2. KVG-Revision

KVG-Revision – wie weiter? Ganz unerwartet kam das Aus für die 2. KVG-Revision am Schluss der vergangenen Dezembersession nicht. Es zeichnete sich im Voraus eine «unheilige Allianz» der Unzufriedenen ab. Wichtiger wäre jedoch eine Allianz für das weitere Vorgehen.

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ie 2. KVG-Revision ist letztlich gescheitert, weil sie überladen war und damit zu viele Angriffsflächen bot. So führten schliesslich Argumente wie Machtverschiebung zu Gunsten der Krankenversicherer, fehlende Kostenbremsen und mangelhafte Entlastung von Familien mit Kindern, ob stichhaltig oder nicht, dazu, dass die Mehrheit der Parlamentsmitglieder ihre eigene jahrelange Arbeit desavouierte. Mitgespielt haben dürfte dabei auch die Angst vor der Niederlage in einer Volksabstimmung. Noch ist ungewiss, wie die Reform der Krankenversicherung neu aufgegleist werden soll. Aus den Reaktionen unmittelbar nach der Ablehnung der Vorlage und in den Wochen danach, lassen sich aber mögliche Ansätze für das weitere Vorgehen erkennen.

Unterschiedliche Reaktionen Der Bundesrat Bundesrat Pascal Couchepin hat an der Pressekonferenz vom 19. Dezember dargelegt, was aus Termingründen möglichst bald anzupacken ist. Er erwähnte dabei die Anschlussgesetzgebung an den Zulassungsstopp für Leistungserbringer, der bis Mitte 2005 befristet ist, und an das dringliche Bundesgesetz (dBG) über die Kantonsbeiträge an innerkantonale stationäre Behandlungen, das Ende 2004 ausläuft. Rasch zu regeln ist nach Meinung des Bundesrates zudem die Fristverlängerung für den Risikoausgleich und die Pflegefinanzierung. Das Departement wird die neue Situation analysieren, Vorschläge für das weitere Vorgehen ausarbeiten und dann Gespräche mit den wichtigsten Akteuren im Gesundheitswesen aufnehmen. Zu erwarten sind Paketlösungen. Neben den dringlich zu lösenden Fragen und der Pflegefinanzierung dürften die unbestrittenen Teile der gescheiterten Vorlage ein weiteres Paket bilden.

Kantone Für die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren (GDK) ist in erster Linie die rasche Überführung des dBG über die kantonalen Sockelbeiträge ins ordentliche Recht wichtig, da sonst der EVG-Entscheid vom November 2001 ohne Übergangsfrist und vollumfänglich umgesetzt werden müsste. Weiter erinnert die GDK an das Auslaufen der Zulassungsbeschränkungen für Leistungserbringer Mitte 2005 und verlangt eine Erhöhung der Bundesbeiträge an die kantonalen Prämienverbilligungen sowie eine rasche Regelung der Pflegefinanzierung.

abhängige Prämien fordern und entsprechende Vorstösse unterstützen. Auch die CVP (Initiative Frick) verlangt eine sofortige Neuauflage der Revision, die sich an der von der Einigungskonferenz erarbeiteten Vorlage ausrichten soll. Speziell zu erwähnen ist die Forderung nach dem Übergang zur monistischen Spitalfinanzierung innert dreier Jahre und nach einer stärkeren Prämienentlastung für kinderreiche Familien. Nationalrat Otto Ineichen will eine überparteiliche parlamentarische Taskforce zusammenstellen, um rasch neue mehrheitsfähige Lösungen zu finden.

Parteien und Parlamentsmitglieder Die SVP sieht eine Chance für ihre Krankenversicherungsinitiative (Eingrenzung des Leistungskatalogs und Aufhebung des Vertragszwangs). Verschiedene SVP-Parlamentarier fordern zudem eine neue Vorlage mit klar bürgerlicher, das heisst wettbewerbsfreundlicher Ausrichtung. Die FdP-Fraktion hat eine Motion eingereicht, worin der Bundesrat aufgefordert wird, möglichst bald einen Entwurf für eine neue KVG-Revision (oder Teilrevisionen) vorzulegen. Dieser soll folgende Elemente enthalten: Rascher Übergang zur monistischen Spitalfinanzierung, Aufhebung des Vertragszwangs, die Förderung von «Managed Care», eine neue Regelung der Pflegefinanzierung und eine wirksame Prämienverbilligung. Die SP hat sich offiziell noch nicht zum weiteren Vorgehen vernehmen lassen, aber aufgrund der Aussagen verschiedener Exponenten kann man folgende Schlüsse ziehen: Die SP wird sich für die rasche Ausarbeitung einer Vorlage mit Schwerpunkt höhere Prämienverbilligung und Sozialziel einsetzen. Zudem wird sie ihre vom Parlament abgelehnten Sparvorschläge wieder aufgreifen. Vor allem aber wird sie verstärkt einkommens-

Ärzte und Versicherer Die Verbindung der Schweizer Ärzte (FMH), die bereits im Oktober das Referendum gegen die 2. KVG-Revision beschlossen hatte, verbirgt ihre Genugtuung über den Schiffbruch der Vorlage nicht. Sie wird weiterhin jede Reform bekämpfen, die ihren Interessen zuwiderläuft. Auf konstruktive Vorschläge der Ärzte zur Lösung der drängenden Probleme in Gesundheitswesen und Krankenversicherung warten Politik und Öffentlichkeit aber noch immer. santésuisse stimmt einer Aufteilung der KVG-Revision in Pakete zu. Kurzfristig sind Massnahmen zu ergreifen, um einen massiven Kostenanstieg im Pflegesektor durch eine einseitige Kostenverlagerung zu Lasten der Krankenversicherung zu verhindern. Für dringend hält santésuisse weiter die Verbesserung des Systems der Prämienverbilligung. Die Reform der Spitalfinanzierung muss kostenneutral, das heisst ohne Mehrbelastung für die Prämienzahler erfolgen. Da ohne Instrumente gegen die Mengenentwicklung die Kosten weiter aus dem Ruder laufen werden, wird sich santésuisse auch weiterhin für die Aufhebung des Vertragszwangs einsetzen.  (WF)


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GESUNDHEITSWESEN

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Geschäfte mit der Krankheit

Kritik an der «Medikalisierung» Der Biologe und Medizinredaktor beim «Spiegel», Jörg Blech, nimmt in seinem Buch «Die Krankheitserfinder» pharmazeutische Firmen und medizinische Interessengruppen ins Visier. Er wirft ihnen vor, laufend neue Leiden zu erfinden und natürliche Wechselfälle in medizinische Probleme umzumünzen und damit das Leben zu «medikalisieren». Laut Blech manipulieren die Krankheitserfinder das dem Menschen angeborene Streben nach Gesundheit für ihre Zwecke und nutzen es oft schamlos aus, dies nicht zuletzt zum Schaden der Sozialversicherung. aufführt. Mit dem «Sissi-Syndrom» wird für ein Psychopharmaka geworben. Allein in Deutschland sollen drei Millionen Menschen an diesem Syndrom erkrankt sein – ein «Volksleiden», das Mediziner des Uniklinikums Münster als Erfindung der Industrie entlarvten.

Beispiel «Reizdarmsyndrom»

Jörg Blech: Die Krankheitserfinder. Wie wir zu Patienten gemacht werden. Fischer-Verlag, Frankfurt am Main 2003, 256 Seiten, Fr. 30.50, ISBN 3-10-004410-X.

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estützt auf Beispiele aus dem deutschsprachigen Raum und aus angelsächsischen Quellen zeigt der Autor auf, nach welchen Regeln der Ausverkauf der Gesundheit funktioniert. Krankheitserfinder reden den Menschen ein, sie seien krank. In gezielten Medienkampagnen wird die Öffentlichkeit mit einer ganzen Palette von Krankheiten konfrontiert, die auf den Einzelnen zutreffen könnten, aber nicht unbedingt zutreffen. Dabei wird darauf spekuliert, dass sich möglichst viele von dieser oder jener Krankheit betroffen fühlen. Als einen typischen Fall erwähnt der Autor das Geschäft mit dem so genannten «Sissi-Syndrom». Das nach der Kaiserin Elisabeth («Sissi») benannte und von einigen Psychologen propagierte Syndrom soll darin bestehen, krankhafte Niedergeschlagenheit dadurch zu überspielen, dass man sich besonders aktiv und lebensbejahend

Wie leicht Symptome als Vorboten schwerer Leiden verkauft werden, zeigt das Beispiel «Reizdarm». Mit dem Ziel, ein neues Medikament gegen Reizdarm-Störungen zu lancieren, soll ein grosser Pharmakonzern die nur in wenigen Fällen ernste Erkrankung zu einer Volkskrankheit hochstilisieren mit allgemein bekannten Symptomen wie Darmschmerzen, Durchfall und Blähungen. Eine PR-Firma wird beauftragt, den «Reizdarm» als «glaubhafte, häufige und richtige Krankheit» ins Bewusstsein zu bringen. In einer gross angelegten Kampagne werden Artikel und Interviews mit Meinungsträgern in Medizinzeitschriften veröffentlicht und Apotheker, Krankenschwestern und Patienten mit Werbematerial eingedeckt. Weil beim propagierten Medikament schwere Nebenwirkungen bekannt wurden, musste die Werbekampagne gestoppt werden. Die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA wies den Hersteller darauf hin, «dass das Reizdarmsyndrom in weniger als fünf Prozent der Fälle als ernsthaft anzusehen ist.»

Gravierende Folgen Dass eine Medikalisierung des Lebens in gesundheitlicher Hinsicht fatale Folgen haben kann, ist offensichtlich, ganz abgesehen von der damit verbundenen Ausbeutung der Sozialversicherung und auch leichtgläubiger Selbstzahler. Die vielleicht

schwerwiegendste Folge sieht der Autor darin, dass sie den Irrglauben nährt, die Gesundheit sei ein käufliches Gut. Seine Feststellung und seine Folgerung dürfte weitgehende Zustimmung finden: «Prozesse und Schwierigkeiten des Lebens wie Geburt, Sexualität, Alter, Frust, Müssigkeit, Einsamkeit, Hässlichkeit werden mehr und mehr medikalisiert. Die Medizin kann diese Probleme nicht lösen, sondern sie zerstört nur die Fähigkeit des Menschen, Schmerzen, Krankheiten und sogar den Tod anzuerkennen.»

Gegenbewegung stärken Jörg Blech zeichnet ein Besorgnis erregendes Bild von gewissen Missständen im Gesundheitswesen, wobei er auf pauschale Schwarzmalerei verzichtet. Auch von einer Gegenbewegung berichtet sein Buch, von der «wachsenden Zahl von Medizinern», die gegen die Medikalisierung des Lebens rebellieren und denen das «ärztliche Ethos allemal mehr wert ist als die trübe Aussicht, gesunde Menschen für krank zu verkaufen». Anzumerken wäre jedoch, dass sich auch Pharmaunternehmen bei der Forschung nach neuen Medikamenten nicht nur und nicht immer von Profitinteressen leiten lassen. Der Autor macht abschliessend verschiedene Vorschläge, wie der weiteren Medikamentalisierung Einhalt geboten werden könnte, so durch vermehrte Kontrollen der für das Gesundheitswesen zuständigen Instanzen, ebenso durch eine breite Aufklärung über desinformierende Werbung und ganz allgemein durch eine Förderung des kritischen Verhaltens der Patienten. «Wer eine Diagnose bekommt, sollte mit Fragen an den Arzt nicht zurückhalten.»  (Z)


GESUNDHEITSWESEN

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Jura: MRT-Tarifstreit beigelegt

Bundesrat korrigiert überhöhte Abgeltung Nach einem Entscheid des Bundesrates muss das Centre d’imagerie médicale in Delsberg seine Tarife rückwirkend massiv nach unten korrigieren.

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Foto: Heiner Grieder

er Kanton Jura verfügt über einen Magnetresonanz-Tomographen (MRT) für die 80 000 Einwohner des Einzugsgebietes Delsberg. Seit der Installation des Tomographen Ende der Neunziger Jahre hat ­santésuisse vergeblich versucht, sich mit dem jurassischen Tomographiezentrum, der Eigentümerin des MRT, auf einen Tarif zu einigen. Einige unzufriedene Versicherer haben Beschwerde beim Bundesrat eingereicht, der nun im letzten Oktober entschieden hat. Der bis anhin geltende Tarif von 4.45 Franken beträgt neu 2.73 Franken und zwar rückwirkend. Der geschuldete Betrag beläuft sich somit auf rund 1,5 Millionen Franken.

Entscheid beruht auf früheren Fällen

Kostentreibend: Ein MRT für 180 000 Einwohner würde genügen.

Da das Tomographiezentrum seine Rechnung nicht ausreichend belegen konnte, stützte sich der Bundesrat auf einen Entscheid, der für den Kanton Schaffhausen gefällt

wurde und eine jährliche Mindestauslastung für den dort installierten Tomographen vorsieht. Ebenfalls massgebend waren ein Entscheid aus dem Kanton Thurgau, wo der Wert für eine Magnetresonanz-Tomographie bei 398 Franken festgelegt wurde, sowie verschiedene Berichte des Preisüberwachers. Anhand dieser Informationen wurde der neue Taxpunktwert bei 2.73 Franken angesetzt. Dieser gilt ab 1. März 2001 bis 1. Januar 2004, bis zur Einführung von TARMED also. Gegen diesen Entscheid ist keine Beschwerdemöglichkeit gegeben.

Zukunft des Tomographiezentrums ungewiss Nach dem Entscheid des Bundesrates hat der Leiter des jurassischen Tomographiezentrums, Dr. Roger Kollo, der Presse erklärt, er sei nicht bereit, den geschuldeten Betrag von 1,5 Millionen Franken zu begleichen. Er hat den sieben Mitarbeitenden gekündigt. Zur Zeit laufen noch Diskussionen mit dem Hôpital du Jura, denkbar wäre eine Übernahmelösung. Die Zukunft eines MRT in der Region Delsberg ist somit ungewiss.  (NB)

Kommentar

Magnetresonanz-Tomographen im Überfluss Die MRT-Problematik ist nicht neu: In der Schweiz stehen MagnetresonanzTomographen im Überfluss zur Verfügung. Ein Magnetresonanz-Tomograph für 180 000 Einwohner würde genügen, um die medizinische Versorgung sicherzustellen. Doch jedes Jahr bewilligen die Kantone die Anschaffung neuer Geräte. Im letzten Jahr beispielsweise hat der Kanton Wallis dem Kauf eines weiteren MRT zugestimmt. Insgesamt verfügt das Wallis mit seinen 170 000 Einwohnern nun über neun Geräte. Dass gleichzeitig die Zahl der Untersuchungen schlagartig in

die Höhe geschnellt ist, erstaunt nicht. Je breiter das Angebot um so grösser die Nachfrage. Man darf sich indes fragen, ob jede Untersuchung therapeutisch wirklich notwendig ist. Doch hier sind den Krankenversicherern die Hände gebunden. Erst kürzlich hat der Kanton Neuenburg, der 170 000 Einwohner zählt, den Antrag des Hôpital de la ville de Neuchâtel Cadolles-Pourtalès gutgeheissen und einen neuen MRT angeschafft (1,65 Millionen Franken). Die Kommission «Bedürfnisklausel», der auch santésuisse angehört, hatte sich zuvor für diesen Kauf

ausgesprochen. Hingegen wurde über die Anschaffung eines MRT im Spital von La Chaux-de-Fonds für 2006 noch nicht definitiv entschieden. santésuisse hatte sich gegen diesen Kauf ausgesprochen, wurde aber in dieser Sache nicht angehört. Das Beispiel im Kanton Jura lässt gewisse Investoren aber vielleicht aufhorchen. Die Entscheide des Bundesrates und vor allem TARMED bringen nun endlich eine klare Ausrichtung und dürften die fehlende Bedürfnisabklärung auf Kantons- oder Bundesebene aufwiegen.  (NB)


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KRANKENVERSICHERUNG

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Machbarkeitsstudie «Schweizerische Einheitskasse1»

Schweizer Bevölkerung will keine Einheitskasse Das Forum «Groupement latin des assurances sociales» (GLAS), das sich aus den für die Sozialversicherungen zuständigen kantonalen Behörden der Westschweizer Kantone sowie der Kantone Bern und Tessin zusammensetzt, hat kürzlich den Bericht «Schweizerische Einheitskasse» veröffentlicht. Es handelt sich um eine von der CRASS, der Konferenz der Westschweizer Gesundheitsdirektoren in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie.

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er Bericht ist als Anregung in der Debatte um ein neues Krankenversicherungsmodell gedacht und soll in diesem Zusammenhang Denkanstösse für die Einführung einer nationalen Einheitskasse oder einer durch die heutigen Versicherer verwalteten Kasse liefern. Diese Initiative knüpft an die vom Genfer Regierungsrat Pierre-François Unger lancierten Idee einer Einheitskasse für die Romandie an. Da die kritische Grösse für eine solche Kasse in der Romandie nach Ansicht seiner Amtskolleginnen und -kollegen nicht erreicht werden kann, kam man schliesslich von dieser Idee ab. Ihrer Meinung nach liefe ein solches System der Stärkung des Solidaritätsprinzips zuwider, insbesondere zwischen den Kantonen. Ein Mehrkassensystem in der Deutschschweiz und eine Einheitskasse in der Romandie sei ausserdem in verschiedener Hinsicht problematisch, etwa in Bezug auf gewünschte Transparenz oder die Systemeffizienz. Deshalb wollte man die Überlegungen auf nationaler Ebene führen, obwohl es das Parlament schon verschiedentlich kategorisch abgelehnt hat, auf einen solchen Systemwechsel einzugehen.

sensystems eine klare Stellungnahme der Schweizer Bevölkerung zu Gunsten einer Kassenvielfalt. Schuld an der heutigen Situation ist nach Meinung des Autorenteams die Konkurrenz zwischen den Kassen, die nicht die gewünschte Wirkung entfaltet hätte, weshalb die Prämienunterschiede in einer gleichen Region immer noch gross seien. Auch die angeblich begrenzten Restrukturierungen in der Branche werden an den Pranger gestellt: nach wie vor zähle die Schweiz 93 Krankenversicherer, deren Verwaltungskosten weiter ansteigen würden (was übrigens nicht stimmt). Dies sei darauf zurückzuführen, dass die Konkurrenz zwischen den Kassen hauptsächlich über die Risikoselektion laufe. Die Kassen seien vor allem an jungen und gesunden Versicherten interessiert. Alte und Kranke passten da nicht ins Konzept. Kritisiert wurden aber auch die Tarifverhandlungen, die ressourcen- und zeitintensiv seien. Aufgrund der fehlenden Kostentransparenz würden die Konflikte dann unzählige Beschwerden an die Behörden zur Folge haben, was ebenfalls ressourcen- und zeitintensiv sei.

Einheitskasse: Verstaatlichung des Gesundheitssystems

Kernstück der Neuordnung wäre eine starke zentrale Instanz, die den Krankenversicherern klare und einheitliche Vorgaben in Bezug auf die Betriebsführung erteilen würde. Im Vordergrund stünde dabei die Harmonisierung der Informatiksysteme und die Zentralisierung der Datenverwaltung. Die drei möglichen Varianten sähen gemäss Bericht wie folgt aus:

Die meisten Beobachter sind sich zudem einig, dass die Einführung einer nationalen Einheitskasse das Synonym für eine staatliche Krankenkasse und eine Verstaatlichung des Gesundheitssystems ist. Das deutlich negative Abstimmungsergebnis der SP-Gesundheitsinitiative im letzten Mai ist für die Befürworter eines Mehrkas-

Plädoyer für eine Neuordnung des Krankenversicherungssystems

• Die heutigen Krankenkassen bleiben weiter bestehen, unterzeichnen aber einen Leistungsvertrag: sie dürften keine Zusatzversicherungen mehr anbieten, ausser sie verzichten auf die Durchführung der Grundversicherung. • Die zentrale Instanz gründet ihre eigenen kantonalen Versicherungsagenturen. • Die zentrale Instanz überträgt die Krankenversicherungsaufgaben den AHVAusgleichskassen.

Vor- und Nachteile Einer der Vorteile des neuen Systems liegt gemäss dem Autorenteam in der Effizienzsteigerung: eine Reduktion der Zahl der Krankenversicherer würde zu einer Verringerung der Verwaltungskosten führen und die Kostentransparenz erhöhen. Den Behörden stünden die notwendigen statistischen Angaben zur Verfügung, um wirksamer gegen den Kostenanstieg vorzugehen. Sie könnten ausserdem geeignete Präventionsmassnahmen treffen. Hinzu kommt, dass mit der Einführung einer Gesundheitskarte die Leistungskontrolle optimiert würde. Ein Nachteil wäre der Autonomieverlust der Krankenversicherer und die mögliche Schwächung der Anreize zur Kosteneindämmung. Gemäss GLAS muss der letzte Punkt indes relativiert werden, da die Krankenversicherer ja keine kostspielige Risikoselektion mehr betreiben würden. Das KVG müsste zuvor aber grundlegend reformiert werden, weil die heutige Philosophie in die gegenteilige Richtung zielt. Deshalb würde die ganze Umstellung Jahre dauern.


KRANKENVERSICHERUNG

Kritische Würdigung des Berichts Das neue System würde nach Ansicht des Autorenteams das Vertrauen der Versicherten wieder herstellen, die mit ihren Krankenversicherern immer unzufriedener seien. Neuste Umfragen belegen indes das Gegenteil: neunzig Prozent der befragten Versicherten gaben an, dass sie mit ihrem Krankenversicherer zufrieden bzw. sehr zufrieden seien. Rund die Hälfte der Versicherten hält die Prämien für angemessen. Für rund vierzig Prozent sind die Prämien zu hoch, für zwölf Prozent der Versicherten gar kostengünstig. Nur neun Prozent der befragten Versicherten sprachen sich für einen reduzierten Leistungskatalog aus, während ein Viertel noch mehr Pflichtleistungen möchte.

Einseitige Argumentation Es ist offenkundig, dass die an dieser Studie beteiligten Westschweizer Kantone aus einer einseitigen und reduzierten Sicht argumentieren. Sie schieben den Versicherern die Schuld für etwas zu, was eigentlich auf gesetzliche Beschränkungen oder auf eine verfehlte Politik der Kantone und auch des Bundes zurückzuführen ist. Sowohl die Pflichtleistungen als auch der Risikoausgleich und die freie Wahl des Arztes und des Versicherers sind gesetzlich verankert. Die Versicherer müssen sich folglich

daran halten. Hingegen geht der Bericht nicht auf die Überkapazitäten bei Ärzten und im Spitalbereich in gewissen Kantonen ein. Unerwähnt bleiben auch das übermässige Leistungsvolumen und die Masse von unnötigen Leistungen sowie die zu hohen Medikamentenpreise. Dass die Kantone schon heute die Möglichkeit haben, die Spitalinvestitionen zu planen, und der Bund die Leistungen und Medikamente begrenzen kann, ist auch nicht Gegenstand des Berichts. Vergessen wurden auch die Kosten und Investitionen verursacht durch die Flut von unterschiedlichen Rechnungsformularen, die die Leistungserbringer bis heute noch nicht harmonisieren und standardisieren konnten bzw. wollten. Was die Tarifverhandlungen angeht, so vergisst das Autorenteam zu erwähnen, dass viele Tarifverträge auf gesamtschweizerischer Ebene verhandelt werden; kantonal festgesetzte Taxpunkte bilden die Ausnahme. Eine Zentralisierung der Verhandlungen hätte eine Festsetzung politischer Tarife zur Folge, die in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Kosten stünden. Jeglicher Anreiz für ein effizientes Kostenmanagement würde so verloren gehen. Die Prämienunterschiede wiederum sind ein Indikator für die unterschiedlichen Kosten, die in den einzelnen Regionen entstehen können, beispielsweise zwischen Stadt und Land. Sie einfach weg-

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zustreichen, liefe dem Transparenzprinzip zuwider, das es eben gerade erlaubt, den Kostenunterschieden in den Regionen Rechnung zu tragen. Eine Prämienvereinheitlichung hätte ausserdem den unerwünschten Nebeneffekt, dass alle Prämien in die Höhe schnellen würden, besonders in den 17 Kantonen, die heute unter dem nationalen Prämiendurchschnitt liegen. Dass gewisse statistische Daten nicht zur Verfügung stehen, hängt nicht mit einer zentralen Instanz zusammen. Denn schon heute könnte der Datenaustausch zwischen den betroffenen Instanzen – Bund, Versicherer und Leistungserbringer – optimiert werden. Im Übrigen war die Einführung einer Gesundheitskarte im Rahmen der 2. KVG-Revision vorgesehen. Bleibt noch ein letzter Punkt, nämlich die Reorganisation des Systems. Das Autorenteam ist sich im Klaren darüber, dass eine solche Massnahme enorme Kosten verursachen würde, da das ganze System von Grund auf neu strukturiert werden müsste. Damit verbunden wären Investitionen, die zu Lasten der Versicherer gingen. Die vom Autorenteam anvisierte Vereinheitlichung würde mit einer Rationierung einhergehen, deren Folge eine Zweiklassenmedizin wäre.  (YS) Une caisse suisse d’assurance-maladie. Rapport du Groupement latin des assurances sociales (GLAS) vom 24. November 2003

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Kommentar

Einseitige Sichtweise Die Initiative der Westschweizer Kantone ist nur eines, nämlich ein Plädoyer für eine Einheitskasse. Und wer Einheitskasse sagt, meint staatliche Krankenkasse und «Staatsmedizin». Ein anderes Ziel hat diese Initiative nicht. Die Zusammensetzung der CRASS, deren Mitglieder politisch mehrheitlich links gerichtet sind, spielt inhaltlich da wohl mit eine Rolle. Politisch gesehen lässt sich dieses Vorgehen rechtfertigen. Was hingegen anstössig ist, ist die a priori einseitige Sichtweise. Die Autoren sind allesamt Beamte, die ihrem Chef unterstehen, dessen Auftrag klar ist: Rechtfertigung einer nationalen Krankenkasse. Die Einführung einer solchen Kasse käme einem politischen oder gar ideologischen Entscheid gleich, ohne indes die Vor- und Nachteile eines zentralisierten Systems kritisch gegeneinander abzuwägen. Ein Vergleich solcher Systeme schafft Klarheit: Die vom Autorenteam genannten Vorteile sind in der Praxis nicht feststellbar. Grossbritannien, Frankreich oder Deutschland er-

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leben einen vergleichbaren Kostenanstieg wie die Schweiz. Hingegen lassen die dort erbrachten Leistungen zu wünschen übrig, mit der Folge, dass sich die laufenden Reformen in diesen Ländern eher dem schweizerischen Modell nähern, als dass sie das bestehende Modell stärken. Das Autorenteam ist sich im Klaren darüber, dass es ein Modell vorschlägt, das den heutigen Systemprinzipien zuwider läuft. Führt man sich die Umfragen unter den Versicherten und die klare Abstimmung zur Gesundheitsinitiative vom 18. Mai vor Augen, so lässt sich nur ein Fazit ziehen, nämlich dass die Initiative der Westschweizer Kantone dem Bedürfnis und dem Willen der Versicherten völlig entgegengesetzt ist. Optimierung des Bestehenden, Korrektur von Lücken, Stärkung der finanziellen Sicherheit und der Systemeffizienz entsprechen da schon eher den Erwartungen der Versicherten. Diese Richtung gilt es denn auch einzuschlagen.  (YS)


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Beschwerdeentscheid der Rekurskommission für Wettbewerbsfragen

Beschwerde teilweise gutgeheissen Die Verfügung der Wettbewerbskommission vom 1. Oktober 2001 stellte fest, dass der Halbprivatvertrag zwischen den Versicherern, den Ärzten und den Privatkliniken im Kanton Aargau vier unzulässige Abreden darstellt und dass der Vertrag aufzuheben sei. Die Versicherer hatten anschliessend die Verfügung der Wettbewerbskommission (WEKO) angefochten. Jetzt liegt der Beschwerdeentscheid der Rekurskommission vor.

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rund der Anfechtung seitens der Versicherer war insbesondere die «schludrige» Analyse des Sachverhaltes, die falschen Erwägungen und unrichtigen Zusammenhänge. Die beschwerdeführenden Versicherer beantragten zu prüfen, • ob der Vertrag überhaupt in den Anwendungsbereich des Kartellgesetzes falle, • wie sich das KVG auf den Wettbewerb im klassischen Halbprivatbereich auswirkt, • dass die Behörde die Funktionsweise des Marktes richtig darzustellen habe, • und dass der Kollektivvertrag nach richtiger Analyse der Funktionsweise aus Effizienzgründen für zulässig zu erklären sei. Die Rekurskommission für Wettbewerbsfragen (REKO/WEF) hält jetzt fest, dass 1. das Kartellgesetz anwendbar ist; 2. die Auswirkungen des KVG Wettbewerb mit Bezug auf die klassischen Halbprivatversicherungen zulasse; 3. nicht vier, sondern nur eine Abrede (Versicherer–Ärzte–Spitäler) vorliegt; 4. der relevante Markt von der WEKO nicht in wesentlichem Umfang falsch definiert wurde; 5. sich die Leistungserbringer aufgrund der Produktmerkmale volle Wahlfreiheit und volle Kostenübernahme de facto in einer mächtigen Verhandlungsposition befinden (faktischer Kontrahierungszwang). Die WEKO hat in ihrer Verfügung nicht hinreichend geklärt, ob unter diesen Umständen ein Kollektivvertrag nicht doch zu einer effizienteren Lösung führen kann als Einzelverhandlungen, wie die Verfügung es verlangt hätte. Die Beschwerde wird deshalb teilweise gutgeheissen. Die Verfügung der WEKO wird

aufgehoben und die Sache zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die Wettbewerbskommission zurückgewiesen.

Schlussfolgerungen für die Versicherer • Kollektivverhandlungen im Zusatzversicherungsbereich mit anderen Versicherern bei Produkten mit voller Wahlfreiheit und voller Kostenübernahme sind vorläufig nicht unzulässig. Obwohl die Versicherer vermehrt Konkurrenz wollen, können sie damit ungeahndet gemeinsam verhandeln, wenn sie aufgrund der Marktmacht der Leistungserbringer dazu gezwungen werden. • Mit Inkrafttreten des revidierten Kartellgesetzes am 1. April 2004 treten verschärfte Sanktionsbestimmungen in Kraft. Deswegen besteht bei Kollektivverhandlungen ein erhöhtes Risiko, bestraft zu werden, falls sie sich in einem letztinstanzlichen Entscheid wider Erwarten trotzdem als kartellrechtswidrig herausstellen sollten. • Anders müssen Verhandlungen im Zusatzversicherungsbereich bei Produkten mit eingeschränkter Wahl beurteilt werden. • Einzelverhandlungen sind kartellrechtlich unproblematisch.

Auszug einzelner Erwägungen Die REKO/WEF bestätigt die WEKO in ihrem Entscheid, dass es sich bei der Vertikalabrede um eine erhebliche Wettbewerbsbeeinträchtigung gemäss Art. 5 Abs. 1 KG handle. Es ist zu prüfen, ob der Vertrag notwendig ist, um die Herstellungs- oder Vertriebskosten zu senken. Die Effizienzprüfung gemäss Art. 5 Abs. 2 KG bedingt, dass die Kosten senkenden oder steigenden Wirkungen der

Abreden so gut wie möglich eingeschätzt werden. Es müsse im Einzelnen geprüft werden, wie sich der Kollektivvertrag auf die Ta-


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Kontrahierungszwänge verschaffen den Leistungserbringern eine starke Stellung in Tarifverhandlungen. • «Verhandeln die Leistungserbringer – wie es die angefochtene Verfügung verlangt – mit jedem Versicherer einzeln und ohne sich untereinander zu koordinieren, besteht somit eine grosse Wahrscheinlichkeit, dass die Tarife insgesamt höher ausfallen als bei einem Kollektivvertrag, denn es bestehen in dieser Konstellation für die Leistungserbringer sehr starke Anreize für hohe Forderungen und keine Belohnung für tiefe Preise.» • Mit der Feststellung der WEKO, dass Einzelverträge möglich seien, stellt sie lediglich einen unbestrittenen Sachverhalt fest, der nichts über die Effizienz des Foto: Markus Kocher

rife der Leistungserbringer auswirkt, und ob diese höher oder tiefer sind als diejenigen, die sich mutmasslich ergäben, wenn nach den Vorgaben der angefochtenen Verfügung Einzelverhandlungen an die Stelle des Kollektivvertrages treten würden. Bei dieser Prüfung macht die REKO/WEF folgende wesentlichen Feststellungen: • Es kann aufgrund der Produktausgestaltung (volle Wahlfreiheit und volle Kostenübernahme) von einem faktischen Kontrahierungszwang gesprochen werden. Wurden die Policen noch vor Inkrafttreten des KVG abgeschlossen, so besteht aufgrund von Art. 102 Abs. 2 KVG hinsichtlich solcher Policen gegenüber den Versicherten und deshalb auch gegenüber den Leistungserbringern auch ein rechtlicher Kontrahierungszwang. Diese

Im Kanton Aargau wird das Angebot an Halbprivatabteilungen durch die Spitalplanung gesteuert (Bild: hirslanden Klinik Aarau).

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Kollektivvertrages aussagt. Die WEKO hat es unterlassen aufzuzeigen, wieviel Spielraum den Versicherern verbleibt, um günstigere Preise auszuhandeln. • Dass die Versicherer nach einer Aufhebung des Kollektivvertrages vermehrt Einzelverträge abschliessen können, die nach einer Berücksichtigung der Versichertenstruktur effizienter seien – wie das die WEKO behauptet – müsse bezweifelt werden. • Der Kanton Aargau hat sich für eine integrierte Spitalplanung entschieden, in der nicht nach Spitalabteilungen unterschieden wird. In diesem Kanton wird somit auch das Angebot an Halbprivatabteilungen durch die Spitalplanung gesteuert. «Wenn die Bettenzahl durch behördliche Vorgaben bestimmt und auf die Spitäler verteilt wird, ist das Steuerungspotenzial des Wettbewerbs durch Einzelverträge eng begrenzt oder sogar aufgehoben.» Der Preiswettbewerb könne keine Allokationswirkung haben, wenn die Angebotsmenge für die einzelnen Anbieter von den Behörden festgelegt wird. Auf keinen Fall kann von vornherein ausgeschlossen werden, dass die Aushandlung von Einzelverträgen bei einem quantitativ begrenzten Angebot und unelastischer Nachfrage zu höheren Preisen führen wird, weil die Machtbalance und der Gruppendruck kollektiver Verhandlungen wegfällt. • Schliesslich wird auf das wiederholt anzutreffende Argument eingegangen, die Versicherer könnten die klassischen Halbprivatprodukte derart verteuern, dass die Kunden auf sie verzichten und sich statt dessen für neue günstigere Produkte mit eingeschränkter Wahl entscheiden. «Es kann aber nicht im gesetzgeberischen Sinn dieser Besitzstandsgarantie liegen, die Erhaltung des Besitzstandes zu verteuern, um für die Inhaber den Verzicht darauf attraktiver zu machen.» • Die vertiefte Prüfung des streitigen Kollektivvertrages ist in Verbindung mit der laufenden Untersuchung des Kollektivvertrages mit den öffentlichen Spitälern vorzunehmen. Sollte die WEKO das Verfahren nicht einstellen, was sie aufgrund der seit Oktober 2001 veränderten Umstände vielleicht tun möchte, muss sie die Frage der Effizienz des Kollektivvertrages erneut prüfen.

P ius G yger , H elsa na


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KRANKENVERSICHERUNG

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Der Datenschutz und die Weitergabe medizinischer Daten an die Versicherer

Versicherer sind nicht blosse Zahlstellen Damit ein Versicherer einen Versicherungsantrag prüfen oder seine Leistungspflicht in einem konkreten Fall abklären kann, ist er auf Informationen und die Mitwirkung des behandelnden Arztes1 angewiesen. Die Weitergabe von medizinischen Daten an die Versicherer ist jedoch für die Ärzte heikel, handelt es sich hierbei doch um besonders schützenswerte Daten im Sinne des Datenschutzgesetzes (DSG). Zu Recht fragen sich die Ärzte, ob sie derartige Informationen überhaupt weitergeben dürfen, und was mit diesen anschliessend passieren wird.

A

lle Informationen über den Patienten, die der Arzt in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit erfährt, fallen unter das Arztgeheimnis, d.h. grundsätzlich darf der Arzt solche Daten weder mündlich noch schriftlich an Dritte weitergeben. Liegt hingegen ein Rechtfertigungsgrund vor, sei es, dass die betroffene Person eingewilligt hat, oder dass die Informationsbeschaffung durch Gesetz gerechtfertigt ist, so ist die Datenweitergabe rechtmässig. Die Unfallversicherer nach Unfallversicherungsgesetz (UVG) haben eine klare gesetzliche Grundlage für die Informationsbeschaffung. Dasselbe gilt für die Krankenversicherer nach Krankenversicherungsgesetz (KVG). Die übrigen Versicherer müssen sich auf eine Einwilligung der versicherten oder geschädigten Person stützen. Am Beispiel der Krankenversicherung ergibt dies folgende zwei Varianten: 1. Der Arzt als Leistungserbringer nach KVG ist im Verhältnis zum Krankenversicherer von seinem Berufsgeheimnis befreit (Art. 42 Abs. 3 und 4 und Art. 57 Abs. 6 KVG) und untersteht einer gesetzlichen Auskunftspflicht. Dies gilt für die Grundversicherung. 2. Im Bereich der Zusatzversicherungen muss der Arzt durch die versicherte Person von der Schweigepflicht entbunden werden. Somit darf der Arzt medizinische Informationen an den UVG-Versicherer, an den KVGVersicherer und – falls eine entsprechende

Einwilligung gegeben wurde – auch an die übrigen Versicherer weiterleiten.

Verhältnismässigkeit der Datenbearbeitung Gemäss Datenschutzgesetz muss jede Datenbearbeitung verhältnismässig sein. Es dürfen nur jene Daten bearbeitet werden, die für die Erfüllung des bestimmten Zweckes erforderlich sind, wobei die Persönlichkeitsbeeinträchtigung möglichst gering zu halten ist. Liegt eine gültige Einwilligung des Patienten vor, so ergibt sich aus deren Wortlaut der Umfang der Daten, die rechtmässig verlangt werden können. Die privaten UVG-Versicherer und die Suva müssen sich nicht auf eine Einwilligung berufen. Sie können gestützt auf das UVG alle für die Feststellung der Leistungspflicht erforderlichen Daten einholen. In der Unfallversicherung herrscht die Untersuchungsmaxime, d.h. der Sachverhalt ist von Amtes wegen sehr genau zu ermitteln. So hat der Unfallversicherer beispielsweise festzustellen, ob überhaupt ein Unfall-Ereignis stattgefunden hat, ob Vorzustände zu berücksichtigen sind usw. Für die Krankenversicherer gilt die Untersuchungsmaxime ebenfalls. Sie dürfen sich auf der Grundlage des KVG all jene Daten beschaffen, die zur Erfüllung ihrer Aufgabe erforderlich sind. In diesem Zusammenhang ist immer wieder daran zu erinnern, dass die Krankenversicherer keine blossen Zahlstellen sind, sondern sie müssen zuerst ihre Leistungspflicht und ihren Leistungs-

umfang überprüfen und in einem zweiten Schritt die Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit der Leistungen.

Behandlung von irrelevanten oder hochsensiblen Daten Von Datenschutzseite wird befürchtet, die Versicherer würden sich – zur Verfolgung anderer Zwecke – in grossen Mengen Daten beschaffen, die sie für ihre Aufgabenerfüllung gar nicht benötigen. Dies verstosse gegen das Verhältnismässigkeitsprinzip, wonach bei der Bestellung von medizinischen Daten immer fein säuberlich zwischen relevanten und irrelevanten Angaben getrennt werden müsse. Tatsächlich interessieren sich die Versicherer jedoch nur für jene Informationen, die sie entweder für die Antragsprüfung oder für die Schadenerledigung brauchen. Auch ihnen geht es letztlich darum, jeden überflüssigen administrativen Aufwand zu vermeiden. Im Übrigen stellt sich die Frage, wie ein Versicherer die Relevanz einer Information beurteilen soll, wenn er diese gar nicht kennt. Jedenfalls müsste er seine Abklärungen oft mittels umfangreicher Fragebögen treffen, was zu einer Aufblähung des Verwaltungsapparates führen würde. Auch für die Ärzteschaft wäre ein solcher Aufwand


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Foto: Prisma

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Die Weitergabe von medizinischen Daten an die Versicherer ist für die Ärzte besonders heikel.

kaum zu bewältigen. Überzogene Forderungen an die Verhältnismässigkeit sind nicht praxistauglich, und sie führen auch nicht zu einer spürbaren Verbesserung des Datenschutzes. Vielmehr kann man einerseits darauf vertrauen, dass der Arzt keine offensichtlich irrelevanten Daten weiterleitet. Andererseits ist der Versicherer gehalten, ihm zugeschickte Daten zu vernichten, wenn diese für die Aufgabenerfüllung nicht erforderlich sind. Bei den Krankenversicherern nach KVG sorgt der Vertrauensarzt für eine zusätzliche Dimension des Datenschutzes: Er erfüllt eine eigentliche Filterfunktion für «Daten mit einem erhöhten Schutzbedürfnis». Demgegenüber haben die Privatversicherer keine Vertrauensärzte, sondern sie arbeiten mit beratenden Ärzten zusammen. Auch hier können aber hochsensible Daten ausnahmsweise an den «medizinischen Dienst» des Versicherers adressiert werden. In aller Regel ist jedoch eine Zustellung der Informationen an den Sachbearbeitenden unbedenklich.

Bearbeitung der Patientendaten durch die Versicherer Für die Handhabung medizinischer Akten durch die Versicherer ergeben sich aus

dem Datenschutzgesetz ebenfalls strenge Auflagen. Wiederum ist das Verhältnismässigkeitsprinzip entscheidend: Datenzugriff soll nur haben, wer die entsprechenden Informationen auch tatsächlich braucht. Alle Versicherer sehen intern vor, dass Papier- und elektronische Daten nur einem beschränkten Personenkreis zur Verfügung stehen. Für Daten in Papierform wird dies vor allem erreicht, indem die Fälle einzelnen Sachbearbeitenden zugeteilt werden und das Archiv nicht allgemein zugänglich ist. Die elektronischen Zugriffe werden für die verschiedenen Datensammlungen unterschiedlich – gestützt auf die jeweiligen Bedürfnisse – geregelt. Alle Versicherer sind zudem dafür verantwortlich, dass keine besonders schützenswerten Personendaten an unberechtigte Dritte gelangen. Sie schulen die Mitarbeitenden entsprechend und treffen die notwendigen organisatorischen und technischen Vorkehrungen.

Fazit Die Weitergabe von medizinischen Daten an die Versicherer ist immer dann rechtmässig, wenn eine Einwilligung der betroffenen Person oder eine Rechtfertigung durch Gesetz vorliegt, wie dies im UVG

und im KVG der Fall ist. Die Versicherer dürfen lediglich jene Daten bearbeiten, die sie für die Erfüllung ihrer Aufgabe benötigen. Offensichtlich irrelevante Informationen muss der Arzt daher nicht weiterleiten. Ausserdem kann er besonders heikle Daten dem Vertrauensarzt der KVG-Versicherer und in Ausnahmefällen auch dem «medizinischen Dienst» der Privatversicherer zustellen. Die Datenbearbeitung durch die Versicherer unterliegt ebenfalls strengen datenschutzrechtlichen Kriterien.

D r . iur . Thom as M att ig S ch w eizer ischer Versicherungsv er ba n d C or inne L utz , sa nt ésuisse Literaturhinweise: Barbara Hürlimann, Reto Jacobs, Tomas Poledna (Hrsg.), Datenschutz im Gesundheitswesen, Zürich 2001. Lukas S. Brühwiler-Frésey, Medizinischer Behandlungsvertrag und Datenrecht, Zürich 1996 Karin Keller, Das ärztliche Berufsgeheimnis gemäss Art. 321 StGB, Diss. Zürich 1993 Paul Günter, Datenschutz im Gesundheitsbereich, in: Rainer J. Schweizer (Hrsg.), Das neue Datenschutzgesetz des Bundes, Zürich 1993

Hinweis: Aus Gründen der Lesbarkeit wurde im Text die männliche Form gewählt, nichtsdestoweniger beziehen sich die Angaben auf Angehörige beider Geschlechter.

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TARMED

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TARMED seit 1.1.2004 gesamtschweizerisch in Kraft

Die wichtigsten Fragen und Antworten zu TARMED Seit Anfang Jahr werden die ambulanten ärztlichen Verrichtungen nach einem gesamtschweizerisch einheitlichen Tarif, genannt TARMED, abgerechnet. Zum besseren allgemeinen Verständnis haben wir nachfolgend die elementarsten Fragen und Antworten zum neuen Tarif zusammengestellt.

Was bedeutet TARMED? TARMED ist der Tarif für die medizinischen Leistungen. Das Wort ist eine abgekürzte Synthese von «tarif médical». Welche Leistungen sind im TARMED enthalten? Im Tarif sind sämtliche diagnostischen und therapeutischen Leistungen enthalten, welche von Ärztinnen und Ärzten erbracht werden.

sche Tarifkommission (PTK) tarifiert und festgelegt werden.

dung von TARMED nicht steigen dürfen. Das Stichwort heisst: Kostenneutralität.

Weshalb musste TARMED überhaupt erstellt werden? Das Krankenversicherungsgesetz (KVG) verlangt, dass alle Leistungen betriebswirtschaftlich berechnet werden und Tarife auf einer sachgerechten Struktur beruhen (Art. 43 Abs. 1 KVG).

Was bedeutet der Einführungszeitpunkt 1.1.2004? Der Einführungszeitpunkt ist eine Zäsur! Seit dem 1. Januar 2004 dürfen die erbrachten ärztlichen Leistungen nur noch gemäss TARMED (Version 1.1r korr) und den jeweils geltenden Taxpunktwerten abgerechnet werden. Massgebend für die Abrechnung nach TARMED ist das Behandlungsdatum. Alle früheren Behandlungen mit einem Behandlungsdatum bis und mit 31.12.2003 müssen nach den alten Tarifen und separat per 31.12.2003 abgerechnet werden.

Kann ich mir TARMED ansehen? Bei welchen Leistungen findet der Tarif Anwendung? Zunächst für alle diagnostischen und therapeutischen Verrichtungen, welche ambulant erbracht werden, unabhängig davon, ob sie in der Arztpraxis oder im Spitalambulatorium durchgeführt werden. Werden alle im TARMED aufgeführten Leistungen von Krankenversicherern übernommen und bezahlt? Nein. Im neuen Tarif sind auch solche ärztliche Verrichtungen aufgeführt, die nicht von den Versicherungen übernommen werden – wie z.B. Gerichtsmedizin und Pathologie. Bei Nichtpflichtleistungen entfällt der Tarifschutz, d.h. der behandelnde Arzt muss die TARMED-Tarifpositionen nicht anwenden. Dürfen behandelnde Ärzte immer noch Analogiepositionen verwenden? Nein. Mit der Einführung von TARMED gelten grundsätzlich keine Analogiepositionen mehr. Neue Leistungen bzw. Tarifpositionen müssen durch die Paritäti-

TARMED ist ein elektronischer Tarif, der auf der Website von santésuisse (www.santesuisse.ch) oder TARMED Suisse (www.tarmedsuisse.ch) gratis angesehen oder auch heruntergeladen werden kann. Kosten nun mit TARMED die Arztbehandlungen in der ganzen Schweiz gleich viel? In Taxpunkten ausgedrückt ja, frankenmässig ausgedrückt nein. Die Krankenversicherung muss auf die kantonalen Kostenunterschiede bezüglich Löhne, Mieten usw. Rücksicht nehmen, weshalb in den verschiedenen Kantonen unterschiedliche Taxpunktwerte zur Anwendung kommen. Der Taxpunktwert unterscheidet sich auch nach Ärzten und Spitälern. Sind die Arztbehandlungen seit dem 1. Januar 2004 nun teurer? Nein. Die Vertragspartner – santésuisse, die Ärzte und die Spitäler – wie auch der Bundesrat haben vorgesehen, dass die gesamten Kosten für die Behandlungen der Patientinnen und Patienten in einem Kanton bzw. pro Vertragsgemeinschaft mit der Anwen-

Gibt es Übergangslösungen? Nein. TARMED löste per Einführungstermin alle bisherigen kantonalen Arzttarife und den Spitalleistungskatalog SLK im Grundversicherungsbereich ab. Es gibt keine Übergangslösungen wie z.B. individuelle Einführungszeitpunkte oder Ausnahmen für kurz vor der Pensionierung stehende Ärztinnen und Ärzte. Was bleibt auch mit TARMED gleich? Der bisher im Kanton geltende Bezahlungsmodus ändert sich nicht – die Rechnungen werden immer noch vom Patienten bezahlt (System Tiers garant) oder vom Arzt direkt an den Krankenversicherer gesandt (Tiers payant). Die Versicherten müssen sich auch nach wie vor an den Behandlungskosten beteiligen (Franchise, Selbstbehalt). Ganz wichtig: Die Versicherten müssen Fehler auf der Rechnung dem Arzt oder der Krankenkasse mitteilen und sie korrigieren lassen.  (DW)


SANTÉSUISSE – SERVICE

Wartungskosten für Inhalatoren

Foto: Prisma

Betreffend Kauf und Wartungskosten von Aerosol-Apparaten erhalten wir immer wieder Anfragen. Offenbar werden von Lungenligen den Krankenversicherern oder den Patienten Wartungsverträge für Inhalatoren zu 80 Franken pro Jahr (entspricht dem Maximalpreis im Anhang 1 zum Tarifvertrag) angeboten. Im Kaufvertrag für einen Inhalator steht, dass, sofern kein Wartungsvertrag abgeschlossen wird, die Lungenliga die effektiv anfallenden Kosten in Rechnungen stellen wird. Im Tarifvertrag Art. 7 «Preise» steht jedoch, dass es sich bei den im Anhang 1 festgelegten Preisen um Höchstpreise handelt und Zusatzrechnungen ausgeschlossen sind. Der Vertrag ist klar: pro Jahr (ab dem zweiten Jahr) werden höchstens bis zu 80 Franken für Wartung be-

zahlt. Im Tarifvertrag wurde zudem Tarifschutz vereinbart, so dass zusätzliche Kosten nicht verrechnet werden dürfen! Weitere Wartungsverträge sind nicht notwendig, es sei denn, mit solchen Abmachungen beabsichtige man, jeweils die volle «Pauschale» von 80 Franken verrechnen zu können. Es könnte ja durchaus zutreffen, dass die effektiven Kosten tatsächlich tiefer liegen als 80 Franken. Ganz allgemein sind Kosten (auf Verlangen) nachzuweisen. Miet- oder Kaufverträge können mit den Patienten abgeschlossen werden, aber die Vereinbarungen dürfen nicht über den Vertragsrahmen hinaus gehen, da die Lungenligen sich verpflichtet haben, die Leistungen vollumfänglich (auch inkl. MwSt.) zu den Vertragsbedingungen zu leisten. (TS)

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MiGeL-Verträge Art. 55 KVV sagt, dass «wer nach kantonalem Recht zugelassen ist und mit einem Krankenversicherer einen Vertrag über die Abgabe von der Untersuchung oder Behandlung dienenden Mitteln und Gegenständen abschliesst, darf zu Lasten des Versicherers tätig sein». Da wir u.a. für die Produktgruppe 14 über mehrere Verträge verfügen, die die ganze Schweiz berücksichtigen, sollten die Krankenversicherer (die diesen Verträgen beigetreten sind) wenn immer möglich nur über diese Vertragspartner die entsprechenden Geräte beziehen. Es wurden ja sehr günstige Preise vereinbart.

Die MiGeL an und für sich gibt keine Garantie zur Leistungserbringung zulasten der OKP durch irgendwelche Leistungserbringer. Die MiGeL ist auch keine Preisliste, denn sonst bräuchte es keine Verträge. Art. 43 Abs. 6 KVG verlangt die Leistungserbringung «zu möglichst günstigen Kosten». Es ist auch für die Krankenversicherer eine gesetzliche Verpflichtung, die Leistungen zu möglichst günstigen Kosten zu beziehen. Fazit: Im Falle der Produktgruppe 14 sind die Vertragspartner zu berücksichtigen. Selbstverständlich können weitere Lieferanten diesen Verträgen beitreten! (TS)

Kassenzulässigkeit von Glucose-Teststreifen Da es sich bei den Glucose-Teststreifen um Medizinprodukte und nicht um eigentliche Arzneimittel handelt, hat das BAG beschlossen, die Glucose-Teststreifen von der Spezialitätenliste (SL) in die Mittel- und GegenständeListe (MiGeL) zu transferieren. Die Streichung der Glucose-Teststreifen aus der SL wurde für die

Krankenversicherer per 1.1.2004 wirksam und ist seither unter der MiGeL-Nr. 21.03 abzurechnen. Somit ist die lückenlose Überführung der Glucose-Teststreifen von der SL in die MiGeL und auch deren Kostenübernahme gewährleistet. (JPB)

Gelegenheits-Appendectomie Die Gelegenheits-Appendectomie stellt keine kassenpflichtige Leistung dar. In der Regel ist dieser Eingriff medizinisch nicht indiziert. Bei bösartigen Erkrankungen des Bauchraums

kann jedoch die Entfernung des reizlosen Blinddarms zur Vereinfachung einer späteren Diagnostik (bei allfälligem Wiederauftreten des Tumors) angezeigt sein. (JPB)


service Pro Generika

Klage des Spitalverbands zurückgewiesen

TARMED

Der Generika- Krankenversicherer bekommen Bald auch in auf der ganzen Linie Recht Liechtenstein ratgeber ist umfassender Entgegen der Argumentation von einem höheren Taxpunktwert Die Regierung des Fürstentums denn je zuvor H+ Die Spitäler der Schweiz ist als Fr. 1.– abzuschliessen. Dies Liechtenstein hat den Beschluss Vor kurzem ist die Pro-Generika Edition 2004, der jährliche Konsumentenratgeber für kostengünstige und bewährte Medikamente, erschienen. Die 296 Seiten dicke Edition 2004 enthält neben redaktionell unabhängigen Beiträgen verschiedener Autoren im Hauptteil mehrere Medikamentenlisten. Mit diesen kann der Konsument seinen Medikamentenschrank überprüfen und feststellen, wieviel Geld er mit therapeutisch gleichwertigen Generika sparen kann. Die konsequente Anwendung von Generika könnte zu Kosteneinsparungen von über 150 Millionen Franken führen. (PD) Die Pro-Generika Edition 2004 ist in Buchhandlungen zum Preis von 19.80 Franken erhältlich, ISBN 3-9521502-3-1.

das Berner Schiedsgericht nicht zuständig für die Beurteilung der Frage, ob santésuisse auf Grund des TARMED-Rahmenvertrags gezwungen werden könne, mit den Spitälern Tarifverträge mit

geht aus dem Urteilsspruch des Schiedsgerichtes hervor. Der nationale Spitalverband hat sich entschieden, das Urteil an das Eidgenössische Versicherungsgericht weiterzuziehen. (UVO)

gefasst, TARMED im Jahre 2005 ebenfalls einzuführen. Wie uns Regierungsrat Hansjörg Frick am 18.12.2003 mitgeteilt hat, ist das Ressort Soziales damit beauftragt worden, die notwendigen Vorbereitungen für die Einführung per 1.1.2005 zu treffen. (UVO)

TARMED-Start-Taxpunktwert

1 Franken für UV/MV/IV im ambulanten Spitalbereich Im vergangenen Dezember informierte das EDI darüber, dass der Bundesrat den TARMED-Start-Taxpunktwert für den Unfallversicherungs-/ Militärversicherungs- und Invalidenversicherungsbereich auf 1 Franken festgesetzt hat. Die behördliche Festsetzung für die Einführung von TARMED im ambulanten Spitalbereich per 1. Januar 2004 erfolgte, weil sich die Partner über die Höhe

des Taxpunktwerts nicht einig wurden. Der Bundesrat hat zu seinem Entscheid festgehalten, dass er davon ausgehe, dass gemäss vertraglich vereinbarten Fallkosten-Stabilitätskonzepts die Höhe des Taxpunktwerts wenn nötig angepasst werde. Er wies darauf hin, dass der festgesetzte Start-Taxpunktwert von 1 Franken bezüglich Anpassung an der oberen Grenze liege. (UVO)

ÖKK Luzern mit neuem Namen und neuem Kleid

Von der Krankenkasse zur Gesundheitskasse Seit dem 1. Januar 2004 hat die ÖKK Luzern einen neuen Namen: Seit diesem Datum heisst das Unternehmen, bei dem zur Zeit gut 56 000 Personen versichert sind, «Xundheit Öffentliche Gesundheitskasse Schweiz» und tritt unter dem Namen «Xundheit» in Erscheinung. Mit dem neuen Namen bringt die Öffentliche Gesundheitskasse Schweiz zum Ausdruck, dass ihr die Gesundheitsvorsorge sowie innovative Versicherungsmodelle wie HMO- und Haus-

arztmodelle ein grossen Anliegen sind. So zum Beispiel mit dem Freizeit- und Wohlfühlprogramm «Xundheit Präventio» oder mit der «Xundheit Praxis HMO». Im Rahmen der unternehmerischen Neuausrichtung verlässt die ÖKK Luzern den Verband der Öffentlichen Krankenkassen Schweiz und schliesst sich dem Verband RVK Rück an. Das ist ein Verbund von 52 eigenständigen Krankenversicherungen mit total 768 000 Versicherten. (mko)

santésuisse-Termine 2004

Generalversammlung Die Generalversammlung von santésuisse wird am 4. Juni 2004 in Chur durchgeführt.

Von der KBV zu Helsana

Versicherungsschutz gewährleistet Die rund 60 000 Versicherten und 120 Mitarbeitenden der Winterthurer Krankenkasse KBV sollen per 1. Juli 2004 zu Helsana wechseln. Helsana ist bereit, sowohl die Versicherten der sozialen Krankenversicherung nach Krankenversicherungsgesetz (KVG) – obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) und Taggeldversicherung nach KVG – als auch jene mit freiwilligen Zusatzversicherungen nach Versicherungsgesetz (VVG) zu übernehmen. Versichertenschutz wie -leistungen sind sowohl bei den Versicherungen nach KVG als auch VVG bis zum Wechsel zu Helsana gewährleistet. Der Betrieb wird bis zur Integration in Helsana durch die KBV in Zusammenarbeit mit Helsana weitergeführt. (PD)


SANTÉSUISSE – SERVICE

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Freier Warenverkehr

SQMH: Neue Gesellschaft für Qualitätsmanagement

Vorschriften für den Parallelimport von Arzneispezialitäten

Qualitätssicherung in Spitälern und Heimen

Die Europäische Kommission hat eine Mitteilung veröffentlicht, in der sie klarstellt, wie der Grundsatz des freien Warenverkehrs in der EU in der Praxis auf Paralleleinfuhren von Arzneimitteln anzuwenden ist. Bei Paralleleinfuhren handelt es sich um Erzeugnisse, die ausserhalb der offiziellen Vertriebskanäle des Herstellers oder des Lizenznehmers aus einem Mitgliedstaat in einen anderen eingeführt und dort in Verkehr gebracht werden. Im Falle von Arzneimitteln sind solche Einfuhren erlaubt, wenn das importierte Erzeugnis mit einem

Am 13. November 2003 fand in Aarau die Gründungsversammlung der Schweizerischen Gesellschaft für Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen (SQMH) statt. Die Mitglieder dieser neuen Organisation sind mehrheitlich für die Umsetzung der Qualitätssicherung in Spitälern und Heimen zuständig. Die SQMH versteht sich als Anlaufstelle und Vertreterin der gemeinsamen Anliegen gegen innen und aussen, als Plattform für den nationalen und internationalen Erfahrungsaustausch sowie als Fachstelle für Forschungsund Entwicklungsaktivitäten. Damit wird das lose Netzwerk

im betreffenden Mitgliedstaat bereits zugelassenen Arzneimittel identisch oder im Wesentlichen identisch ist. Die Mitteilung, die Unternehmen und Verwaltungen der Mitgliedstaaten dabei helfen soll, die Möglichkeiten des Binnenmarktes für Arzneimittel auszuschöpfen, behandelt die Rechte und Pflichten der Beteiligten und die Gewährleistungen, die sie nach dem EU-Recht beanspruchen können. (PD) Den vollständigen Text der Mitteilung finden Sie unter: http://www.europa.eu.int/comm/ internal_market/de/goods/art2830.htm

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einiger Exponenten des Fachbereiches, das unter der Ägide von H+ Die Spitäler der Schweiz entstand, abgelöst, unabhängig institutionalisiert und weiteren Interessenten geöffnet. Der neu gewählte Vorstand der SQMH setzt sich aus sieben fachlich erfahrenen Mitgliedern zusammen und wird präsidiert von Dr. Jürg Nyfeler, Verantwortlicher für das Qualitätsmanagement am Spitalzentrum Biel. Weitere Informationen: Schweizerische Gesellschaft für Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen Dr. Jürg Nyfeler, Präsident Tel. 032 324 32 01, E-Mail: juerg.nyfeler@szb-chb.ch

Stiftung für Patientensicherheit

Studie: Zwischenfälle in Schweizer Spitälern Der Stiftungsrat der neu gegründeten Stiftung für Patientensicherheit hat am 8. Dezember 2003 seine konstituierende Sitzung abgehalten. Als Präsident des Stiftungsrates wurde Prof. Dr. med. Dieter Conen (Kantonsspital Aarau), als Vizepräsident Prof. Dr. med. Peter Suter (Universitätsspital Genf) und als Geschäftsführer der Stiftung Dr. med. MarcAnton Hochreutener gewählt. Der Zweck der Stiftung liegt in

der Entwicklung und Förderung der Patientensicherheit. Die Stiftung wird sich im ersten Jahr zur Hauptsache mit der Durchführung einer Pilotstudie «Kritische Zwischenfälle in Schweizer Spitälern» beschäftigen. Dabei soll abgeschätzt werden, wie hoch das Ausmass von kritischen Zwischenfällen in der Schweiz ist und in welchen Bereichen das Schadenspotenzial besonders hoch ist. (PD)

Kranken- und Unfallversicherung

Seit 1. Januar 2004 beim BAG Das Geschäftsfeld Krankenund Unfallversicherung (KUV) wechselte am 1. Januar 2004 vom Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) ins Bundesamt für Gesundheit (BAG). Mit dem Transfer erhofft sich Bun-

desrat Pascal Couchepin eine bessere Kenntnis und Kontrolle der Faktoren, die einen Einfluss auf die Gesundheit haben. Wissen und Kompetenzen sollen in einem Amt konzentriert werden. (PD)

Netzwerk Schulische Bubenarbeit

Plakatserie mit Pioniercharakter Das Netzwerk Schulische Bubenarbeit NWSB hat gemeinsam mit der Suchtpräventionsstelle der Stadt Zürich fünf Poster für Jungs entwickelt. Diese Posterserie, mit Begleitmaterial als Unterrichtshilfe ergänzt, eignet sich ausgezeichnet für Lehrkräfte, Schulische Bubenarbeit im Unterricht umzusetzen. Die Plakatserie richtet sich an männliche Jugendliche der Oberstufe, bzw. ab ca. 11 Jahren. Die fünf von bekannten Comiczeichnern gestalteten Poster greifen die Themen Gewalt/ Konflikte, Körper/Schönheit, Liebe, Risikoverhalten und Gefühle auf. Das Netzwerk Schulische Bubenarbeit, NWSB, ist ein Verein von Personen und Institutionen aus der Deutschweiz, die die geschlechtsbezogene Arbeit mit Buben und männlichen Jugend-

lichen in der Schule verstärken wollen. Das NWSB bietet Beratung und Projektbegleitung an und führt eigene Weiterbildungsveranstaltungen durch. Die ganze Serie kostet Fr. 25.– inkl. einem umfangreichen Begleitheft und kann via Internet (www.nwsb.ch) oder schriftlich (NWSB, Postfach 101, 8117 Fällanden) bestellt werden.


Handbuch der Schweizerischen Krankenversicherung 2004 Das Handbuch der Schweizerischen Krankenversicherung 2004 wird voraussichtlich im März 2004 erscheinen. Es enthält im Verbandsteil: • Zahlen zur sozialen Krankenversicherung in der Schweiz • Verzeichnis von eidgenössischen Behörden und Kommissionen • Verzeichnis von santésuisse (Verwaltungsrat, Mitarbeitende Hauptsitz, regionale und kantonale Geschäftsstellen) • Zusammensetzung der Kommissionen und der paritätischen Vertrauenskommissionen von santésuisse • Angeschlossene Institutionen • Kantonale Instanzen bei Streitigkeiten aus der Grund- und Zusatzversicherung • Verzeichnis der Mitglieder von santésuisse mit Detailangaben • Gruppierungen von Krankenversicherern • Statuten und Reglemente von santésuisse • Tabelle für die Leistungen an Wöchnerinnen

Der Gesetzesteil beinhaltet folgende Gesetze und Verordnungen: • Verordnung über die Kostenermittlung und die Leistungserfassung durch Spitäler und Pflegeheime in der Krankenversicherung (VKL) • Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) • Verordnung über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSV) • Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) • Verordnung über die Krankenversicherung (KVV) • Verordnung über die Leistungen in der oblig. Krankenpflegeversicherung (KLV) • Bundesgesetz über die Unfallversicherung (UVG) • Verordnung über die Unfallversicherung (UVV) • Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag (VVG)

Mit diesem aktualisierten und unentbehrlichen Nachschlagewerk sind Sie wieder vollumfänglich auf dem neusten Stand bei der Durchführung der Kranken- und Unfallversicherung. Das Handbuch ist in deutscher und französischer Sprache erhältlich und kostet je CHF 29.– exkl. MwSt. Bitte einsenden oder faxen (032 625 41 51) an: santésuisse, Verlag, Postfach, 4502 Solothurn, shop@santesuisse.ch

Bitte senden Sie mir: _____ Ex. Handbuch der Schweizerischen Krankenversicherung 2004, deutsch, CHF 29.– exkl. MwSt. _____ exemplaire(s) Annuaire de l’assurance-maladie suisse 2004, français, Fr. 29.–, TVA non comprise

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