infosantésuisse Magazin der Schweizer Krankenversicherer Nr. 9, September 2007
Im Gespräch: Bea Heim, Solothurner SP-Nationalrätin Seite 9
Health Atlas: Unvermutete regionale Unterschiede Seite 16
IM FOKUS:
Medikamente
INHALT
infosantésuisse Nr. 9, September 2007
SCHWERPUNKT 4 5 6 7 8 9 11 12
Preisunterschiede bei den Originalmedikamenten sind geblieben Generika: Sparpotenzial in dreistelliger Millionenhöhe allein im Inland Schweiz bleibt Hochpreisinsel – auch nach Patentablauf Die Medikamentenpreise auf europäischen Durchschnitt senken Der Kampf gegen Medikationsfehler beginnt Im Gespräch: Bea Heim, Solothurner SP-Nationalrätin Grafik des Monats: Wo setzen die Reformen im Medikamentenbereich an? Weitere Massnahmen für tiefere Medikamentenpreise
GESUNDHEITSWESEN 3 1 14 16 18 20 22
Dritter Medikamenten-Preisvergleich von santésuisse Seite 4
Buchtipp: Gesundheitswesen Schweiz 2007 – 2009 Im Gespräch: Marco D’Angelo, Leiter Brancheninformationssysteme bei santésuisse Health Atlas: Regionale Unterschiede wo man sie kaum vermutet KVG-Versichertenkarte: Realistische Erwartungen Symposium Forum Managed Care 2007 SWV: Differenziertes Verfahren im Interesse der Versicherten
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Punktlandung von Marc-André Giger Deutsche Ärzte veröffentlichen Liste mit Scheininnovationen Wissenslücken im Nano-Bereich schliessen News aus aller Welt Ein einziger Krankenkassenverband für Deutschland
Der Kampf gegen Medikationsfehler Seite 8
Veranstaltungen
Im Gespräch: Marco D’Angelo, Leiter Brancheninformationssysteme bei santésuisse Seite 14
Nr. 9, September 2007 Erscheint zehnmal jährlich
Layout: Henriette Lux
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EDITORIAL
infosantésuisse Nr. 9, September 2007
Wettbewerb bei den Medikamentenpreisen
D Peter Fischer Verwaltungsrat santésuisse
ie von Bundesrat Pascal Couchepin eingeleiteten Massnahmen bei den Medikamentenpreisen zeigen Wirkung. Dies ist aus Sicht der Krankenversicherer eine erfreuliche Nachricht. Für das Jahr 2006 kann in der Grundversicherung ein gegenüber dem Vorjahr deutlich vermindertes Wachstum der Medikamentenkosten festgestellt werden. Die vermehrte Verschreibung von Generika aufgrund des differenzierten Selbstbehalts spielt bei der Kostendämpfung eine Hauptrolle. Allerdings ist bei den kassenpflichtigen Medikamenten auch das Mengenwachstum von neuen und teuren auf Kosten von günstigeren Medikamenten im Auge zu behalten. In dieser Hinsicht sieht die Bilanz bedeutend weniger rosig aus. Einem moderaten Preiseffekt steht ein starker Umsteige- und Mengeneffekt gegenüber. Insgesamt muss deshalb das abgeschwächte Wachstum der Medikamentenkosten im vergangenen Jahr in seiner Wirkung stark relativiert werden. Längerfristigen Erfolg bei der Kostendämpfung versprechen nur Massnahmen, die gleichzeitig bei Menge und Preis ansetzen. Staatliche Planungsinstrumente sind dazu nicht in der Lage, weil sie die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten nicht berücksichtigen. Nur eine auf Marktmechanismen beruhende Preisbildung erreicht sowohl betreffend Preis als auch betreffend Menge ein nachfrageorientiertes und kostengünstiges Angebot an Medikamenten. Es gilt deshalb zu prüfen, ob das heute bestehende System der behördlichen Festsetzung der Medikamentenpreise durch direkte Preisverhandlungen zwischen Pharmaherstellern und den einzelnen Versicherern oder Gruppen von Versicherern ersetzt werden kann. Dadurch könnte die Preisbildung unter Marktbedingungen und damit so optimal wie möglich erfolgen.
Eine vollständig freie Preisbildung sollte für Generika erfolgen. Indem der Regulator heute bei Generika minimale Preisdifferenzen zu den Originalpräparaten festlegt, wird das Parallelverhalten der Anbieter gefördert und der Markteintritt neuer Anbieter von Generika unter Umständen gerade verhindert. Weil ein Generikum meist nur einen Bruchteil der Entwicklungskosten eines Originalpräparats verursacht, schlagen in erster Linie die Kosten für Marketing und Vertrieb zu Buche. Eine Preisregulierung verunmöglicht es so einem neuen Anbieter gerade, die je nach Produkt unterschiedlichen Einführungskosten im Preis abzubilden. Eine staatliche Regulierung der Generikapreise ist auch noch aus einem weiteren Grund schädlich: Die Preise bleiben zum Nachteil der Patientinnen und Patienten mittel- bis längerfristig auf einem zu hohen Niveau.
SCHWERPUNKT
infosantésuisse Nr. 9, September 2007
Trotz Reformen bleibt das Einsparpotenzial im dreistelligen Millionenbereich
Preisunterschiede bei den Originalmedikamenten sind geblieben
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Gegenüberstellung Publikums- und Fabrikabgabepreis, umsatzgewichtet 100
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Bezogen auf den Fabrikabgabe-Preis – jenen Preis also, den der Hersteller beansprucht – liegen die Preise in den ver glichenen Ländern zwischen 7 und 34 Prozent tiefer als in der Schweiz (siehe Grafik). Das Einsparpotenzial liegt entsprechend zwischen 86 und 420 Millionen Franken – durchschnittlich liegt es bei 157 Millionen. Diese Zahlen beziehen sich auf 51 Prozent des Arzneimittelmarktes. Das wirkliche Einsparpotenzial liegt also beträchtlich höher. Erstaunlich ist, dass beim Fabrikabgabepreis auch Dänemark und die Niederlande günstiger sind als die Schweiz. Weil es hier keine festen Fabrikabgabepreise gibt, mussten notgedrungen die Apothekereinstandspreise herangezogen werden. Letztere sind deutlich höher – entsprechend werden die Preisunterschiede zu diesen beiden Ländern gar noch unterschätzt. Bei den Publikumspreisen tut sich die Schere noch weiter auf: Hier bezahlen
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Grösste Diskrepanz beim Publikumspreis
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Preisindex
an kann es drehen und wenden wie man will. Egal mit welchem europäischen Land man die Schweizer Medikamentenpreise vergleicht, egal ob man den Fabrikabgabe- oder den Publikumspreis als Basis heranzieht: Stets sind die Arzneimittel in der Schweiz deutlich teurer als anderswo. Für seinen Auslandpreisvergleich hat santésuisse pro Vergleichsland die jeweils 100 umsatzstärksten vergleichbaren Originalpräparate unter die Lupe genommen. Der Marktanteil dieser Medikamente beträgt 51 Prozent. Referenzländer sind Deutschland, die Niederlande, Dänemark, Grossbritannien, Frankreich, Italien und Österreich. Verglichen wurden sowohl die Fabrikabgabe- als auch die Publikumspreise.
Quelle: santésuisse
Der neue Arzneimittelpreis-Vergleich von santésuisse zeigt es deutlich: Allen Reformen zum Trotz bleibt die Schweiz unangefochtene Spitzenreiterin in Sachen Medikamentenpreise. Bis zu 30 Prozent beträgt die Differenz zum europäischen Ausland. Besonders gross ist die Diskrepanz beim Publikumspreis – dem Betrag also, den Patienten und Krankenversicherer letztlich berappen.
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Vergleichsländer
In allen Vergleichsländern ausser Italien sind die Preisunterschiede beim Publikumspreis höher als beim Fabrikabgabepreis.
wir zwischen 11 und 31 Prozent mehr, das Einsparpotenzial liegt zwischen 193 und 548 Millionen Franken und bei 381 Millionen im Durchschnitt. In allen Ländern ausser Italien ist die Diskrepanz beim Publikumspreis grösser als beim Fabrikabgabepreis (siehe Grafik). Erwartungsgemäss ist dies vor allem im Vergleich zu den Niederlanden besonders ausgeprägt. Nicht ganz unerheblich in diesem Zusammenhang: Für seinen Auslandpreisvergleich ermittelt das BAG die fehlenden Fabrikabgabepreise, in dem es etwa im Fall der Niederlande sechs Prozent vom Apothekereinstandspreis abzieht. Das scheint sehr wenig zu sein – das BAG geht bei der Preisfestsetzung also möglicherweise von zu hohen Auslandpreisen aus.
Preisunterschiede nur leicht zurückgegangen Zwar haben sich die Preisunterschiede beim Fabrikabgabepreis vor allem seit 2005 etwas abgeschwächt – doch ist dieser Trend grösstenteils durch den schwächeren Franken 2006 erklärbar. Auch beim Publikumspreis sind die Preisunterschiede nur unwesentlich kleiner geworden. Die Preissenkungsrunde bei den Medikamenten 2006 hat ihre Wirkung zwar nicht verfehlt – das Pharmaabkommen betrifft jedoch nur ältere Präparate. Die neuen und umsatzstarken Präparate bleiben unbehelligt. Deshalb schlagen sich die Sparmassnahmen auch kaum im santésuisse-Auslandpreisvergleich nieder. Fridolin Marty
SCHWERPUNKT
infosantésuisse Nr. 9, September 2007
Nachahmer-Produkte wären in der Schweiz bereits jetzt deutlich günstiger zu haben
Generika: Sparpotenzial in dreistelliger Millionenhöhe allein im Inland Wenn in der Schweiz Generika verschrieben werden, heisst das nicht automatisch, dass die Patienten auch das günstigste Medikament erhalten: Allein bei den 30 umsatzstärksten Wirkstoffen gehen jährlich 50 Millionen Franken verloren, weil teure Generika abgegeben werden. Wenn auch die Originalpräparate konsequent durch das preiswerteste Nachahmerprodukt ersetzt würden, stiege das Sparpotenzial gar auf 120 Millionen.
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ie Generika sind in der Schweiz nicht nur im Vergleich zum Ausland zu teuer. Die teuersten Generika ein und desselben Originals kosten hierzulande bis zu 40 Prozent mehr als die günstigsten. Besonders problematisch daran: Die günstigen Präparate können sich nicht durchsetzen. Der Löwenanteil am Generika-Markt sichern sich nach wie vor die teuren Nachahmer-Produkte. Auch auf die Preise der generikafähigen Originale ist der Druck offensichtlich nicht allzu gross: Bis zu 70 Prozent beträgt der Preisunterschied zum günstigsten Ersatzpräparat.
Generikum zu wählen. Allerdings macht es für sie kaum einen Unterschied, wenn sie statt eines günstigen ein teures Ersatzpräparat wählen: So ist wohl der weiterhin hohe Marktanteil der teuren Generika und damit das Einsparpotenzial von 50 Millionen Franken innerhalb der Generika zu erklären. Doch woher kommen die restlichen 70 Millionen? Noch immer werden bei weitem nicht alle Originale, bei denen dies möglich wäre, durch ein Generikum ersetzt. Ganz offensichtlich zeigt der differenzierte Selbstbehalt nicht seine volle Wirkung. Einen Beitrag leisten dazu möglicherweise die problematischen Umsetzungsbestimmungen: So greift der diffe-
renzierte Selbstbehalt nur dann, wenn zwei Drittel aller Generika mehr als 20 Prozent günstiger sind als das Original. Ein besonders preiswertes Generikum kann also nicht von der Regelung profitieren, wenn seine Konkurrenz zu teuer ist. Zudem haben die Originalfirmen die Möglichkeit, sich vom differenzierten Selbstbehalt freizukaufen: Dazu müssen sie ihre Preise um 30 Prozent senken. Das ist schön und gut – nur bleibt der differenzierte Selbstbehalt auch dann ausser Kraft, wenn die Generika-Hersteller als Folge die Preise ihrerseits senken. Der angekurbelte Preiswettbewerb wird also schon nach der ersten Runde gestoppt. Markus A. Ziegler
Warum bezahlen wir so viel für Generika? Der Generika-Boom, der letztes Jahr durch den differenzierten Selbstbehalt ausgelöst wurde, ist an sich erfreulich. Die Patientinnen und Patienten haben nun einen handfesten Anreiz, statt des Originals ein
Einsparpotenzial bei den dreissig umsatzstärksten Wirkstoffen mit Generika 140 innerhalb der Generika 120 zum Originalpräparat 100
in Mio CHF
Grundlage des Inlandpreisvergleichs sind die 30 umsatzstärksten Originale, für die Generika existieren. Sie machen zusammen 70 Prozent des generikafähigen Marktes aus. Wenn beim Verschreiben eines Generikums konsequent das günstigste Produkt gewählt würde, könnten bei diesen 30 Wirkstoffen 50 Millionen Franken eingespart werden. Wenn auch die Originale konsequent durch das günstigste Generikum ersetzt werden, steigt dieser Betrag gar auf 120 Millionen Franken. Das entspricht 18 Prozent des Umsatzes des generikafähigen Arzneimittelmarktes. Die Sparmöglichkeiten beziehen sich auf den Publikumspreis – jenen Preis also, den Patienten und Prämienzahlerinnen letztlich berappen.
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50 Millionen Franken könnten bei konsequenter Abgabe des günstigsten Generikums eingespart werden, 70 Millionen bei konsequenter Substitution des Originals.
Quelle: santésuisse
Beträchtliches Einsparpotenzial
SCHWERPUNKT
infosantésuisse Nr. 9, September 2007
Einsparpotenzial von 275 Millionen im Vergleich zum Ausland
Schweiz bleibt Hochpreisinsel – auch nach Patentablauf Quelle: santésuisse
Schweizer Generika sind nicht nur «unter sich betrachtet» zu teuer: Im europäischen Ausland sind die Nachahmerprodukte deutlich günstiger zu haben als hierzulande.
Umsatzgewichtete Preisindices je Wirkstoff 100
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Vor allem beim Publikumspreis sind die generischen Wirkstoffe in der Schweiz viel teurer als im Ausland.
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as für die Medikamente im Allgemeinen gilt, ist auch bei den Generika nicht anders: Sie sind in der Schweiz um einiges, zum Teil sogar massiv teurer als im europäischen Ausland. santésuisse hat die Schweizer Generikapreise mit jenen in Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien, Grossbritannien, den Niederlanden und Dänemark verglichen. Basis waren, wie beim Inlandpreisvergleich, die 30 umsatzstärksten Originale, für die Generika existieren. Weil es vorkommt, dass bestimmte Medikamente in manchen Ländern nicht auf dem Markt sind, wurden von diesem Vergleichskollektiv jeweils «nur» die ersten 25 Präparate berücksichtigt. Damit ist sichergestellt, dass für jedes Vergleichsland ein gleich grosser Warenkorb als Basis dient. Der Marktanteil der so untersuchten Generika beträgt rund 65 Prozent. Weil die Medikamente in verschiedenen Ländern
auch verschiedene Packungsgrössen aufweisen können, hat santésuisse den Preis pro Einheit, also pro Pille mit gleicher Dosierung, unter die Lupe genommen. Verglichen wurden die Preise des jeweils günstigsten Generikums pro Wirkstoff im Ausland.
Generische Wirkstoffe im Ausland bis zu 70 Prozent günstiger Der Generika-Auslandpreisvergleich zeigt für Europa höchst unterschiedliche Generika-Preise. Die Schweiz ist mit Abstand
das teuerste unter den Vergleichsländern – das «Verfolgerduo» Italien und Niederlande liegt, bezogen auf den Publikumspreis, bereits 27 beziehungsweise 28 Prozent zurück (siehe Grafik). Die günstigsten Generikapreise haben Dänemark und Grossbritannien mit 63 beziehungsweise 70 Prozent unter dem Schweizer Niveau. Bezogen auf den Fabrikabgabepreises fallen die Differenzen etwas geringer aus. Einzige Ausnahme ist Deutschland.
Sparpotenzial von 165 Millionen Bezogen auf den Publikumspreis ist der generikafähige Markt in der Schweiz im Durchschnitt 275 Millionen Franken teurer als die günstigsten Generika der Vergleichsländer.* Bezogen auf den Fabrikabgabepreis liegen die Einsparpotenziale bei 139 Millionen Franken. Der Anteil des Einsparpotenzials ist bei den Publikumspreisen deutlich höher als bei den Fabrik abgabepreisen. Das lässt den Schluss zu, dass in der Schweiz nicht nur die Medikamentenpreise an sich, sondern auch die Margenordnung einer politischen Diskussion bedürfen. Peter Kraft
* Weil davon rund 110 Millionen Franken «inländisches» Einsparpotenzial sind (aufgrund der Verschreibung teurer statt günstiger Generika), beträgt das Einsparpotenzial im Vergleich zum europäischen Ausland 165 Millionen. Die Ziffer unterscheidet sich von den 120 Millionen Franken aus dem Inlandpreisvergleich, weil der Warenkorb des Preisvergleichs nicht die 30 umsatzstärksten, sondern nur die ersten 25 vergleichbaren Wirkstoffe enthält.
HOC HG E REC H N E T E E I NS PA R P OT E NZ I A L E B EZOG E N AUF DE N PUB L I KUMS P RE IS Originale
Generika Inland
Generika Ausland zusätzlich
Errechnetes Einsparpotenzial
381 Mio.
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165 Mio.
Marktanteil des Warenkorbs
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465 Mio.
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254 Mio.
Auf 100% hochgerechnetes Einsparpotenzial
SCHWERPUNKT
infosantésuisse Nr. 9, September 2007
Einiges ist passiert, vieles bleibt zu tun
Die Medikamentenpreise auf europäischen Durchschnitt senken Der dritte Medikamentenpreisvergleich von santésuisse zeigt, dass die Medikamentenpreise trotz verschiedener Preissenkungen in der Schweiz nach wie vor zu hoch sind. Massnahmen wie die regelmässige Überprüfung der Medikamentenpreise, die Senkung der Vertriebsmarge und eine fixe Kostenrückerstattung nach Wirkstoff drängen sich auf.
A
uch im dritten Preisvergleich erhärtet sich das Bild: Schweizer Versicherte bezahlen deutlich mehr für identische Medikamente als die Bewohner vergleichbarer europäischer Länder. Die verschiedenen Preissenkungen des Jahres 2006 haben zwar die Differenzen zum Ausland um rund 200 Millionen Franken verkleinert – die Schweizer Preise bleiben aber hoch. Auf über 800 Millionen Franken wird das Einsparpotenzial unter Einbezug der Generikasubstitution geschätzt. Dieser Betrag entspricht vier Prämienprozenten – gemessen am Volumen der Grundversicherung von rund 20 Milliarden Franken.
Gleichwertiger Miteinbezug der Nachbarländer Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) berücksichtigt bei der Preisfestsetzung zwar die Preise im Ausland. Allerdings unterteilt es die Vergleichsländer in zwei Kategorien: Es gibt so genannte Hauptvergleichsländer (Deutschland, Holland, Dänemark und Grossbritannien) sowie «subsidiäre» Länder (Frankreich, Italien, Österreich). Konkret führt diese Regelung dazu, dass die Preise der subsidiären Länder praktisch überhaupt nie für den Vergleich herangezogen werden. Sie kommen nur dann ins Spiel, wenn ein bestimmtes Arzneimittel in den Hauptvergleichsländern gar nicht oder nur in wenigen Ländern zugelassen ist. Der Auslandpreisvergleich von santésuisse zeigt aber, dass die Preisunterschiede gerade zu den Nachbarländern gross sind. Der Einwand, dass nur mit Ländern mit eigener Forschung verglichen werden dürfe, ist dabei überholt: Mittler-
weile ist in Europa ein Netz gegenseitiger Preisvergleiche entstanden, so dass es durchaus zulässig ist, wenn die Schweiz auch direkt mit Frankreich, Italien und Österreich vergleicht – zumal es sich bei diesen Ländern aus Konsumentensicht um «natürliche» Vergleichsländer handelt. Der Nationalrat hat die Chance, diesen Punkt in der Vorlage des Ständerates einzubringen: Letzterer hat im Rahmen der KVGRevision bereits einige Reformen im Medikamentenbereich beschlossen (siehe Seiten 11 und 12).
Den Vertriebsanteil korrigieren Die Preisunterschiede zwischen der Schweiz und dem Ausland sind auf Stufe der Publikumspreise deutlich höher als auf Stufe der Fabrikabgabepreise. Dies bedeutet, dass die Schweiz eine vergleichsweise hohe Vertriebsmarge zulässt. Die Krankenversicherer fordern daher eine neue Margenordnung und die Reduktion der Struktur erhaltenden Vertriebsanteile bei den Arzneimitteln. Bei der Aufnahme von neuen Präparaten in die Spezialitätenliste bestehen nach wie vor ungleich lange Spiesse der Akteure beim Beschwerderecht. Verweigert heute das BAG einem neuen Produkt die Aufnahme, kann der Hersteller Beschwerde gegen diesen Entscheid einlegen. Die Krankenversicherer als Kostenträger hingegen verfügen über kein Recht, stellvertretend für den Prämienzahler gegen die Aufnahme eines umstrittenen Medikaments Beschwerde einzulegen. Es gilt deshalb, auch den Krankenversicherern eine Beschwerdelegitimation einzuräumen.
Günstige Generika sollen gefördert werden Bei den Generika besteht ein beträchtliches Sparpotenzial – sowohl im Vergleich zum Ausland als auch innerhalb des Schweizer Generikamarkts. Deshalb braucht es Anreize für die Konsumenten, damit sich der Wettbewerb zwischen den Original- und Generikaherstellern intensiviert. Dies kann mit einer fixen Kosten rückerstattung nach Wirkstoff erreicht werden, deren Höhe sich an den günstigen Generika orientiert. Heute gelten Generika als wirtschaftlich, wenn sie zum Zeitpunkt der SL-Aufnahme mindestens 30 Prozent günstiger sind als das Originalpräparat. Sie unterliegen keinem Auslandpreisvergleich. Die Preisfestsetzung bei Generika soll deshalb nach der Meinung von santésuisse vom Preis des Originals entkoppelt werden: Bei der Aufnahme in die Spezialitätenliste und bei späteren Preisüberprüfungen wäre eine ähnliche Methode wie bei den Originalpräparaten geeignet (Auslandpreisvergleich auf der Substanz – nicht auf dem Markennamen). Ebenfalls kostensenkend könnte die Abschaffung der administrierten Preise für patentabgelaufene Wirkstoffe sein: Die Preise würden dann zwischen den Akteuren ausgehandelt werden. Im Medikamentenbereich hat sich in den vergangenen Monaten und Jahren einiges bewegt. Dennoch gilt es, den Druck hoch zu halten. Denn wir bezahlen in der Schweiz nach wie vor 11 bis 31 Prozent mehr als unsere europäischen Nachbarn, notabene für identische Produkte. Peter Marbet
SCHWERPUNKT
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Medikationsfehler sind sicher eine Grösse – wenn auch eine unbekannte
Erste Schritte für mehr Patientensicherheit Eine ungeklärte Anzahl von Todesfällen, fast zehn Prozent mehr Spitaltage und Kosten in dreistelliger Millionenhöhe: Für diese Schadensbilanz sind keine schweren Krankheiten verantwortlich, sondern unerwünschte Wirkungen von Medikamenten. In den Spitälern und beim Bund scheint man den Ernst der Lage inzwischen zu erkennen.
Fehler weit verbreitet Das grundlegende Problem: Die Mehrheit der Patientinnen und Patienten braucht mehr als ein Medikament. 60 Prozent aller Personen, die in ein Schweizer Spital eintreten, nehmen täglich einen «Medikamenten-Cocktail» zu sich. Eine Untersuchung an der orthopädischen Klinik des Inselspitals Bern hat ergeben, dass bei mehr als 40 Prozent der hospitalisierten Personen ein Fehler in der MedikamentenDokumentation vorliegt. Andere Studien in Schweizer Spitälern zeigen, dass zwischen fünf und zehn Prozent aller Spitalpatienten unerwünschte Arzneimittelwirkungen zeigen. Mehr als die Hälfte dieser Fehlwirkungen gilt als vermeidbar. Wiederum die Hälfte der vermeidbaren Fehlwirkungen ist auf falsche Dosierungen zurückzuführen. Letzteres hat eine Untersuchung im Klinikum Saarbrücken zu Tage gebracht.
nen Franken. Auch in Bellinzona stellte man fest, dass falsche Dosierungen für rund die Hälfte aller unerwünschten Wirkungen verantwortlich sind. Ein düsteres Bild zeichnet die Studie in der zentralen Frage, welcher Anteil der unerwünschten Wirkungen auf Fehlern beruht: Sie geht
von 96 Prozent – also von fast allen Fehlwirkungen – aus. Das Universitätsspital Zürich hat in einer analogen Untersuchung Ähnliches festgestellt: Bei drei Prozent aller Spitaleintritte sind unerwünschte Arzneimittelwirkungen die Ursache. In der Studie wurden auch jene Fehlwirkungen
Foto: Keystone
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n der Schweiz sind laut Swissmedic etwa 6500 Arzneimittel zugelassen – Tendenz steigend. Zwischen diesen Medikamenten sind mehr als 40 000 Wechselwirkungen bekannt – das Arzneimittelkompendium befasst sich auf fast 4000 Seiten damit. Es ist also nicht erstaunlich, dass der einzelne Arzt oder Apotheker zuweilen die Übersicht verliert.
Schwerwiegende Folgen Die Verbreitung von vermeidbaren unerwünschten Arzneimittelwirkungen ist die eine Seite. Brisanter sind die Folgen für die Patienten: Über die Zahl der Todesfälle gibt es nur Schätzungen – von mehreren hundert pro Jahr gehen sie aber alle aus. Eine Untersuchung aus dem Ospedale San Giovanni in Bellinzona zeigt, dass 4,2 Prozent aller Spitaleintritte ausschliesslich durch unerwünschte Arzneimittelwirkungen verursacht werden. Das sind 16 000 Einlieferungen jährlich – mit geschätzten Folgekosten von 130 Millio-
Viele Medikamente, viele Wechselwirkungen: Gefährliche Fehlerquelle.
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untersucht, die zusätzlich im Spital entstehen. Das Resultat: 8,8 Prozent aller Spitaltage sind die Folge unerwünschter Arzneimittelwirkungen. Nimmt man die stationären Spitalkosten von 2005 als Massstab (4,8 Milliarden), so ergibt das jährliche Folgekosten von 425 Millionen – alleine für die Krankenversicherung.
Lösungsvorschläge… Zusammenfassend lässt sich sagen: Einhelligkeit über die Verbreitung, die Folgen und die Kosten von unerwünschten Arzneimittelwirkungen gibt es keine. Sicher ist aber: Das Problem ist da, es ist auch bezüglich der vorsichtigeren Schätzungen beträchtlich, und es muss bekämpft werden. Die Stiftung für Patientensicherheit und die Stiftung für Arzneimittelsicherheit haben deshalb ein gemeinsames Projekt zur Erfassung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen in den Schweizer Spitälern lanciert. Bisher gibt es systematische Messungen nur im Unispital Zürich und im Kantonsspital St. Gallen – diese sol-
len nun auf möglichst viele Spitäler ausgedehnt werden. Doch soll es nicht nur beim Monitoring der Medikationssicherheit bleiben: Eine Koordinationsstelle wird die Daten auswerten und, falls nötig, gemeinsam mit den Spitälern und mit Fachleuten Verbesserungs-Prozesse einleiten. Fraglich ist zurzeit noch, ob die Heilmittelbehörde Swissmedic das Projekt finanziell unterstützt. In der orthopädischen Klinik des Berner Inselspitals ist bereits ein praktisches Instrument erprobt worden: Weil sich in einer Untersuchung herausgestellt hat, dass mehr als die Hälfte aller Fehler in der Medikamenten-Dokumentation auf falschen Übertragungen gründet, hat das Institut eine Medikamentenverschreibungs-Software (e-med) entwickelt. Damit ist einerseits sichergestellt, dass die verfügbaren Informationen – vor allem über Wechselwirkungen und Dosierungen – so effizient wie möglich in den Verschreibungsprozess einfliessen: Wenn Arzneimittel in Kombinationen oder Dosierungen verord-
net werden, die dem System als mögliche Fehlerquelle bekannt sind, erfolgt eine automatische Warnung. Andererseits werden auch Schwierigkeiten beim Entziffern der ärztlichen Handschrift umgangen – eine nicht zu unterschätzende Fehlerquelle.
…stossen auf breites Interesse In der orthopädischen Klinik des Inselspitals Bern hat das e-med-System zu einer Fehlerreduktion von 80 Prozent geführt. Die unerwünschten Arzneimittelwirkungen gingen immerhin 50 Prozent zurück. Kein Wunder zeigen andere Kliniken Interesse: Die Unispitäler Bern, Basel und Zürich diskutieren zurzeit in einer Arbeitsgruppe, ob eine breite Anwendung des emed-Modells eine Option ist. Auch beim Bund macht man sich ähnliche Überlegungen: Die nationale Strategie e-Health des BAG verspricht sich von der elektronischen Arzneimitteldokumentation neben einer deutlich besseren Patientensicherheit auch Einsparungen von rund 150 Millionen Franken pro Jahr. Peter Kraft
Im Gespräch: Bea Heim, Nationalrätin SP, Solothurn
«Wir brauchen ein unabhängiges nationales Qualitätsinstitut» Die Solothurner SP-Nationalrätin Bea Heim setzt sich im Parlament aktiv für mehr Medikationssicherheit und für die Qualitätssicherung in der Gesundheitsversorgung ein. Im Gespräch mit infosantésuisse erklärt sie, wo für sie die Probleme liegen und welche Lösungen sie den Akteuren und der Politik empfiehlt.
infosantésuisse: Verschiedene Studien aus unterschiedlichsten Quellen zeigen: Medikationsfehler verursachen in der Schweiz wohl hunderte von zusätzlichen Todesfällen, fast zehn Prozent mehr Spitaltage und beträchtliche, unnötige Gesundheitskosten. Was ist dagegen zu unternehmen? Bea Heim: Das Problem ist nicht neu und hängt auch mit der Vielfalt der Medikamente zusammen. Die 40 000 möglichen Wechselwirkungen zwischen den zugelassenen Medikamenten sind kaum überschaubar. Es braucht Hilfsmittel. Das Unispital Bern führt bereits ein Pilotprojekt mit der elektronischen Verschreibung durch, und auch die Unispitäler Basel und
Zürich sind daran interessiert. Mein Ziel ist es, solche Systeme nicht nur in Unikliniken, sondern in allen Spitälern zu etablieren. Auch die Hausärzte sollten Zugang haben, damit sie immer auf dem neuesten Stand des pharmakologischen Wissens sind. Die Systeme zur elektronischen Verschreibung müssen zudem die Patientengeschichte und die speziellen Eigenschaften der Patientinnen und Patienten berücksichtigen: Es kann für eine Behandlung erheblich sein, ob jemand beispielsweise raucht oder eine reduzierte Nierenfunktion hat. In Zukunft sollten die Ärzte nicht mehr in einem Kompendium von mehreren tausend Seiten blättern müssen,
sondern die auf den Patienten zugeschnittenen Wechselwirkungen – und auch alle möglichen Generika – auf einen Schlag auf dem Bildschirm haben. Wo orten Sie – neben der Komplexität – die Hauptursachen für die Medikationsfehler? Wir haben in der Schweiz kein Gesundheits-Informationssystem. Selbst BAG-Direktor Thomas Zeltner sagt, wir seien in Sachen Daten ein Entwicklungsland. Vor diesem Hintergrund ist es schwierig, Ihre Frage zu beantworten. Wir können eigentlich nur Erkenntnisse von ausländischen Studien extrapolieren. Danach sind die
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Ursachen nicht adäquate Medikamentenwahl, unleserliche Rezepte, Fehldosierungen, übersehene Interaktionen, nicht behandelte Indikationen, unbekannte negative Wirkungen oder dem Arzt unbekannte Eigenheiten der Patienten. Das ist ein sehr breites Spektrum an Ursachen. Es bräuchte also einen ziemlich breiten Massnahmenkatalog, um das alles in den Griff zu bekommen. Schon. Aber man kann den Patien ten ja nicht sagen, das ist viel zu komplex, deshalb können wir nichts machen – schliesslich geht es um das wertvolle Gut der persönlichen Gesundheit. Sie haben zu Recht die Erwartung, dass ihre Behandlung so sorgfältig wie möglich und gemäss dem neusten Wissensstand durchgeführt wird. Die Medikationssicherheit ist nur ein Aspekt der Qualitätssicherung. Warum liegt die Schweiz hier im internationalen Vergleich trotz gesetzlicher Grundlage derart im Hintertreffen? Ich würde nicht sagen, dass wir vom Bewusstsein her hinter dem Ausland zurückliegen. Im Kanton Solothurn zum Beispiel fand meine Eingabe für «Die Patienten haben zu Recht die Erwartung, Massnahmen der Qualitätssi- dass ihre Behandlung so sorgfältig cherung in Spitälern in allen wie möglich und gemäss dem neusten Parteien Unterstützung. Die Wissensstand durchgeführt wird.» Frage ist, warum auf nationaler Ebene bisher so wenig, oder so we- bin ich aber zur Einsicht gekommen, dass nig Koordiniertes passiert. Die einen Ak- die Krankenversicherer als ökonomische teure des Gesundheitswesens stellen mit Unternehmen diese Aufgabe nicht wahrdem Hinweis auf die grosse Komplexität nehmen können, weder von der Kompledie Machbarkeit von Qualitätsmessungen xität noch von den Ressourcen her. Ausin Frage, andere bauen mit viel Idealismus serdem haben sie keine gesetzlichen Insihre eigenen Qualitätsinstrumente auf. Es trumente, um Anreize zu schaffen. fehlt eine lenkende und koordinierende Hand, die alle Player – Krankenkassen, Sollen die Resultate von QualitätsmesBund, Kantone, Leistungserbringer wie sungen im Gesundheitswesen für die PaSpitäler, Ärzte und Pflegende, aber auch tientinnen und Patienten transparent gePatientenvertretungen – an einen Tisch macht werden? bringt, um gemeinsam Qualität und Indi- Es gibt gute Gründe dafür. Studien aus katoren zu definieren sowie Qualitätskon- den USA haben gezeigt, dass Transparenz zepte erarbeitet. Die gesetzlichen Grundla- tatsächlich zu mehr Qualitätsanstrengungen dafür wären seit 11 Jahren da, die Auf- gen führt. Sie kann aber auch Selektionsgaben an die Krankenkassen und an die effekte zur Folge haben. Kardiologen beLeistungserbringer delegiert. Mittlerweile richteten, sie fänden kaum mehr Spitäler,
Foto: Keystone
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die Bypass-Operationen bei HochrisikoPatienten durchführen. Ein weiterer negativer Effekt ist der «Tunnelblick»: Die Spitäler konzentrieren sich auf Bereiche, deren Verbesserung durch das Messsystem erfasst werden. Es wurde auch festgestellt, dass die Prozeduren bei den Gesünderen zu-, bei den Kränkeren hingegen abgenommen haben. Kurz gesagt: Neben Qualitätsverbesserungen wird auch versucht, das Patientenkollektiv im Sinn der Resultate zu optimieren. Die Studien zeigen ausserdem auf, dass es für die Leute zu schwierig ist, die Resultate richtig zu interpretieren. Wie soll ich zum Beispiel eine hohe Mortalitätsrate eines Spitals einschätzen, wenn gleichzeitig die Altersstruktur sehr hoch ist? Die Folge war, dass die Patienten die offen gelegten Qualitätsdaten kaum in ihren Wahlentscheid mit einbezogen haben. Deshalb meine ich: Die Offenlegung kann wichtig sein, um Vertrauen zwischen den Spitälern und der Bevölkerung herzustellen. Gleichzeitig braucht es aber eine begleitende Beobachtung, was passiert. Wichtig ist auch, dass die Patien ten mit den veröffentlichten Qualitätsdaten nicht allein gelassen werden: Die zuweisenden Ärzte müssen Entscheide gemeinsam mit ihnen fällen. Auch deshalb bin ich der Überzeugung, dass es ein nationales, selbstständiges Qualitätsinstitut mit einem klaren Leistungsauftrag und einem wissenschaftlichen Hintergrund braucht. Auch ökonomisch ist das eine Chance: Wir können so zum Gesundheitsland Schweiz und damit auch für Patienten aus dem Ausland attraktiv werden. Im Moment denken wir, über eines der besten Gesundheitssysteme der Welt zu verfügen – wissen tun wir nur, dass wir eines der teuersten haben. Das würde dann aber wieder ein gewisses Mass an Transparenz bedingen. Ja genau, aber eine Transparenz, die auf fachlich validierten Indikatoren beruht und die Patientenstruktur berücksichtigt. Die Auswirkungen z.B. der Einführung von DRGs müssen gerade mit Blick auf qualitative Aspekte wissenschaftlich begleitet sein. Effekte wie Bloody Exits sind unbedingt zu verhindern. Der zunehmende ökonomische Druck auf das Gesundheitswesen verlangt als Gegengewicht und zum Schutz der Patienten wie der Ärzte und der Pflegenden eine wirksame Qualitätssicherung. Interview: Peter Kraft
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Grafik des Monats September
Reformen im Medikamentenbereich: Wo setzen sie an? In den letzten anderthalb Jahren hat es einige Reformen zur Senkung der Medikamentenpreise gegeben. Diese Massnahmen zielen jedoch nie auf den Medikamentenmarkt als Ganzes, sondern jeweils auf bestimmte Bereiche davon. Die Grafik des Monats September zeigt, in welche Sektoren der Schweizer Medikamentenmarkt gegliedert ist, und welchen Anteil jeder Bereich ausmacht. Wir zeigen auch auf, welche Reform welchen Sektor betrifft.
Welche Reform wirkt wo? Wir teilen nun die wichtigsten Reformen im Medikamentenbereich den einzelnen Sektoren zu. Damit wird ersichtlich, welche Relevanz sie für die Medikamentenkosten in der OKP wirklich haben: • Im September 2005 haben das Bundesamt für Gesundheit (BAG) und die Pharmaverbände ausgehandelt, die Preise bei den patentabgelaufenen Originalen und deren Generika zu senken. Die so erzielten Einsparungen werden mit 250 Millionen Franken beziffert. Aussen vor bleiben bei dieser Reform die patentgeschützten Arzneimittel – der weitaus grösste Kostenblock bei den Medikamenten also. Kommt hinzu, dass mit der Zeit viele der Präparate mit gesenkten Preisen durch neue, teurere Medikamente verdrängt werden dürften. • Seit Anfang 2006 ist der differenzierte Selbstbehalt bei den Generika in Kraft. Wer trotz vorhandenem Generikum weiter zu Originalen greift, zahlt seitdem einen erhöhten Selbstbehalt von 20 Prozent. Tatsächlich hat der Absatz von Generika in der Folge stark zugenommen.
Allerdings: Noch immer werden fast so viele patentabgelaufene Originale wie Generika verkauft. Das hat wohl auch damit zu tun, dass die Originalhersteller sich durch einmalige Preissenkungen dauerhaft vom differenzierten Selbstbehalt freikaufen können. Ausserdem touchiert auch diese Massnahme die patentgeschützten Präparate nicht. • In einer neuen Verordnung hat der Bundesrat beschlossen, alle Medikamente, die zwischen 1993 und 2002 kassenpflichtig wurden, einem ausserordentlichen Auslandpreisvergleich zu unterziehen. Bei diesen Arzneimitteln ist das bisher noch nie der Fall gewesen (mehr dazu auf Seite 12). Darüber hinaus werden neu alle Arzneimittel, die
neben der ursprünglichen Anwendung für weitere Behandlungen zugelassen werden (Indikationserweiterung), sieben Jahre nach ihrer Einführung einer zusätzlichen Preisüberprüfung unterzogen. Diese Massnahmen zielen auf den grossen Block der patentgeschützten Arzneimittel. • Ebenfalls die patengeschützten Arzneimittel hat der Ständerat mit seinem Reformvorhaben im Visier: Er hat als Erst rat beschlossen, die Preisüberprüfung während des Patentschutzes nicht nur einmal, sondern regelmässig alle drei Jahre durchzuführen. Zudem soll bei einer Indikationserweiterung der Preis sofort (und nicht erst nach sieben Jahren) neu beurteilt werden. Peter Kraft
Medikamentenmarkt in der Grundversicherung (in Mio CHF)
392 2882 466
Patent geschützter Markt
523
Originale ohne generische Konkurrenz Originale mit generischer Konkurrenz Generika
Die patentgeschützten Arzneimittel machen über zwei Drittel des Medikamentenmarktes aus.
Quelle: santésuisse
I
m Jahr 2006 hat die obligatorische Grundversicherung fast 4,3 Milliarden Franken für Medikamente aufgewendet. Über zwei Drittel davon machen mit 2,9 Milliarden die patentgeschützten Arzneimittel aus. Bei den patentabgelaufenen Wirkstoffen haben die Generika und die Originale mit generischer Konkurrenz einen ungefähr gleich hohen Anteil von ungefähr 500 Millionen Franken. Immerhin knapp 400 Millionen Franken entfallen auf Medikamente mit abgelaufenem Patent, für die aber keine Generika existieren.
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SCHWERPUNKT
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Änderungen der Verordnung über die Krankenversicherung (KVV)
Weitere Massnahmen für tiefere Medikamentenpreise Am 1. August sind einige neue Verordnungen zur Krankenversicherung in Kraft getreten. Der Bundesrat will damit einerseits die Senkung der Medikamentenpreise weiter vorantreiben. Andererseits strebt er mehr Klarheit im Verfahren bei nicht bezahlten Prämien an.
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er Bundesrat meint es offensichtlich ernst mit der Senkung der Medikamentenpreise: Gleich mit drei Verordnungsänderungen will er eine Anpassung der Arzneimittelpreise an das europäische Niveau vorantreiben. Bereits in diesem Herbst sollen alle Medikamente, die zwischen 1993 und 2002 kassenpflichtig wurden, einem ausserordentlichen Ausland-Preisvergleich unterzogen werden. Dies, weil ein solcher Vergleich für diese Medikamente bisher noch nicht stattgefunden hat (siehe Kasten). Betroffen sind rund 1000 Präparate, darunter 17 der 20 umsatzstärksten Arzneimittel. Laut dem Bundesrat soll diese Massnahme bereits ab 2008 zu einer Senkung der Medikamentenpreise führen. Darüber hinaus werden neu alle Arzneimittel, die neben der ursprünglichen Anwendung für weitere Behandlungen zugelassen werden (Indikationserweiterung), sieben Jahre nach ihrer Einführung einer zusätzlichen Preisüberprüfung unterzogen. Schliesslich findet die routinemässige Preisüberprüfung neu drei statt zwei Jahre nach der Kassenpflicht statt. So soll die Neubeurteilung besser auf Auslandpreise und klinische Erkenntnisse abgestützt werden.
System Tiers payant. Der Aufschub beginnt am Tag seiner Mitteilung an die versicherte Person. Er gilt für alle Rechnungen, die dem Versicherer während des Aufschubes zukommen. Der Aufschub endet, sobald alle Prämien und Kostenbeteiligungen inklusive Verzugszinse und Betreibungskosten bezahlt sind. Neu darf der Versicherer während des Aufschubs die Versicherungsleistungen nicht mehr mit geschuldeten Prämien oder Kostenbeteiligungen verrechnen. Ausdrücklich als zulässig bezeichnet die Verordnung Verträge zwischen Kantonen und Versicherern, die festlegen, unter welchen Bedingungen die Versicherer auf die Sistierung der Kostenübernahme verzichten können. Darüber hinaus hält die Verordnung neu ausdrücklich fest, dass ein Versicherungswechsel nur dann möglich ist, wenn am Ende des Versicherungsverhältnisses alle Prämien und Kostenbeteiligungen bezahlt sind.
Weitere Verordnungsänderungen Daneben hat der Bundesrat Verordnungsänderungen in verschiedenen Bereichen
beschlossen. So ist nun ausdrücklich festgehalten, dass ein Wechsel des Tarifmodells keine Mehrkosten zur Folge haben darf. Bisher wurden solche Regelungen allenfalls zwischen den Tarifpartnern vereinbart – wie im Fall der Kostenneutralität bei der Einführung des TARMED. Die beratenden Kommissionen des Bundesrats werden neu in drei Gremien zusammengeführt (Leistungs- und Grundsatzkommission, Analysen-, Mittel- und Gegenständekommission, Arzneimittelkommission). Im System Tiers payant ist nun festgeschrieben, dass der Leistungserbringer dem Versicherten eine Kopie der Rechnung zustellen muss. Und schliesslich müssen die Versicherer ihre Bilanzen und Erfolgrechnungen künftig bereits am 31. März dem BAG vorlegen. Die Verordnungsänderungen sind am 1. August 2007 in Kraft getreten. Die Bestimmungen über die Kommissionen und die Vorschriften zu den Bilanzen und Erfolgrechnungen werden erst am 1. Januar 2008 wirksam. Peter Kraft
Weiterführende Schritte geplant
Warum der Auslandpreisvergleich bis 2002 nicht stattgefunden hat
Dem Ständerat ist das nicht genug: Er hat als Erstrat beschlossen, die Preisüberprüfung während des Patentschutzes nicht nur einmal, sondern regelmässig alle drei Jahre durchzuführen. Zudem soll bei einer Indikationserweiterung der Preis sofort (und nicht erst nach sieben Jahren) neu beurteilt werden.
Bevor Medikamente auf die Spezialitätenliste (SL) kommen und damit kassenpflichtig werden, müssen sie sich einem Auslandpreisvergleich unterziehen. So will es das 1996 eingeführte KVG. Nur: Für neue Medikamente existieren oft noch keine ausländischen Preise. So wird in diesen Fällen der Kassenpreis notgedrungen ohne den gesetzlich vorgeschriebenen Vergleich festgesetzt. Erst 2002 hat der Bundesrat diese Lücke im Gesetz geschlossen, indem er einen erneuten Auslandpreisvergleich zwei Jahre nach der SL-Aufnahme eingeführt hat. Was zu Beginn nicht möglich ist, kann nun innert vernünftiger Frist nachgeholt werden. Bei Medikamenten, die vor 2002 kassenpflichtig wurden, besteht aber eine grosse Gefahr, dass sie noch nie einen Auslandpreisvergleich durchgemacht haben. Dies wird dank der neuen Verordnung nun nachgeholt. Nötig ist das allemal, fallen doch 17 der 20 umsatzstärksten Arzneimittel in diese Kategorie.
Prämienausstände: Präzisierungen Weitere Verordnungsänderungen hat der Bundesrat für die Prämienausstände beschlossen. Bisher offene Punkte sind nun geklärt: Die Leistungssistierung gilt auch im
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Buchtipp: Gesundheitswesen Schweiz 2007 – 2009
Das schweizerische Gesundheitswesen: spannungsgeladen und vielschichtig Eine aktuelle Übersicht über das «Gesundheitswesen Schweiz» bietet das gleichnamige, in 3. Auflage im Verlag Hans Huber erschienene Buch. Als Herausgeber zeichnen die renommierten Gesundheitsökonomen Gerhard Kocher und Willy Oggier. Ermöglicht wurde die Herausgabe dank der Unterstützung von santésuisse und «Nationale Gesundheitspolitik Schweiz».
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as vorliegende Werk öffnet tatsächlich den ganzen Fächer von Themen rund um unser Gesundheitssystem. Die Texte dieser 3. Auflage sind überarbeitet und oft neu geschrieben worden. Zusätzliche Neuerungen sind unter anderem: • ein neues Kapitel: «e-Health» • Für 13 der 39 Kapitel sind neue Autorinnen und Autoren engagiert worden. Markus Dürr, Luzerner Gesundheitsdirektor und Präsident der GDK, begrüsst in seinem Vorwort besonders, dass in diesem Band ganz verschiedene Autoren zu Wort kommen. Denn gerade hier zeige sich, «wie spannungsgeladen, vielschichtig – aber eben auch kompliziert – das Schweizer Gesundheitswesen ist». Im Geleitwort von santésuisse unterstreicht Direktor Fritz Britt die Bedeutung der gesundheitspolitischen Diskussion. Diese sei, so Britt, in der Schweiz «deutlich weiter vorangeschritten als beispielsweise in unseren Nachbarländern und hat ausgesprochen innovative Dimensionen.» Nebst dem Vorwort von Britt ist santésuissse mit drei weiteren Beiträgen vertreten: Walter Frei (Krankenversicherer), Fridolin Marty (Medikamente) und Daniel Wyler (Tarife).
Unbefriedigende Datenlage Laut der Einführung zur 3. Auflage legen die Herausgeber besonderen Wert auf möglichst hohe Objektivität und auf gute Lesbarkeit. Diesen Anforderungen wird das Buch durchaus gerecht. Als unbefriedigend bezeichnen die Herausgeber jedoch die Datenlage. So gebe es für viele wichtige Sektoren des Gesundheitswesens immer noch kein einziges grösseres Werk. Auch die zuständigen Ämter, Berufe, Branchen und Verbände seien oft nicht in der
Lage, elementare Zahlen aus ihrem Fachgebiet zu liefern.
Kritische Fragen Das Buch ist keineswegs darauf ausgerichtet, die Vorzüge des schweizerischen Gesundheitswesens einseitig anzupreisen. Das Bemühen um Sachlichkeit und Objektivität kennzeichnet auch das Kapitel «Internationale Vergleiche» von Willy Oggier. Der Verfasser stellt am Beispiel USA grundsätzlich fest, dass ein hoher Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandprodukt nicht zwangsläufig mit einer qualitativ guten Gesundheitsversorgung korreliert. Die Schweiz weise unter verschiedenen Aspekten gute oder sehr gute Werte auf, so Oggier, doch sei bei den meisten Werten nicht klar, wie weit diese auch Ausdruck einer hohen Leistungsfähigkeit des Systems sind. Die Schweiz müsse sich einige unangenehme Fragen gefallen lassen, «beispielsweise warum einige nordeuropäische Staaten zwei oder mehr Prozentpunkte ihres BIP weniger für das Gesundheitswesen ausgeben und trotzdem – oder vielleicht gerade deswegen – eine niedrigere Mutter-KindMortalität als die Schweiz aufweisen.» Was bei solchen Vergleichen in der Regel unberücksichtigt bleibt, ist laut Oggier die Tatsache, dass die Schweiz über Jahrzehnte eine Kontingentierung ausländischer Arbeitnehmer betrieben habe. «Mit dem Abbau der entsprechenden Kontingente wurde nicht nur ein Teil der schweizerischen Arbeitslosigkeit «exportiert», sondern auch ein Teil jener Menschen, welche heute bei einem Verbleib in der Schweiz eher zu den gesundheitlich schlechteren Risiken aus sozial schwächeren Schichten gezählt werden dürften.» Dass diese Politik verzerrende statistische Effekte zeitigten, sei offensichtlich.
Gerhard Kocher, Willy Oggier (Herausgeber): Gesundheitswesen Schweiz 2007–2009, 422 S., Verlag Hans Huber. Bestellung unter www.santesuisse.ch – Service – Publikationen. Das Buch ist auch in einer französischen Übersetzung erhältlich.
Wirrwar der Verflechtungen In seiner Bestandesaufnahme zum Thema «Kompetenz- und Aufgabenteilung BundKantone-Gemeinden» stellte Gerhard Kocher fest, dass sich der föderalistische Kleinstaat Schweiz «vorläufig noch ein Gesundheitssystem auf drei und mehr Ebenen mit vielen unklaren Kompetenzverteilungen, Einnahmen- und Ausgabenverflechtungen, Doppelspurigkeiten und anderen nur noch historisch oder realpolitisch erklärbaren Unzweckmässigkeiten leistet» – ein Wirrwar, den selbst Fachleute mit jahrzehntelanger Erfahrung kaum mehr durchschauen können. Mit dem Inkrafttreten des KVG hat sich in dieser Hinsicht einiges verändert. Kocher sieht darin eine Tendenz in Richtung mehr Bundeskompetenzen, «allerdings gegen teilweise grosse Widerstände». Der Autor erwähnt in diesem Zusammenhang OECDund WHO- Experten, die als langfristiges Ziel ein übergreifendes Rahmengesetz für Gesundheit auf Bundesebene mit expliziten Zielen und Prioritäten, Leitlinien und Steuerungsstrukturen anvisieren. Nebst gesamtschweizerischen Regelungen bleibt, so Kocher, «ein starker privatwirtschaftlicher und marktwirtschaftlicher Sektor bestehen, der in den nächsten Jahren wohl weder stark zunehmen noch abnehmen wird. Wir werden weiterhin eine Mischung staatlicher, teilstaatlicher und privater Aufgaben und Kompetenzen haben». Peter Kraft
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Im Gespräch: Marco D’Angelo, Leiter Brancheninformationssysteme bei santésuisse
«Es liegt noch viel Potenzial brach» Seit mehr als zwei Jahren betreibt santésuisse den Tarifpool. Zeit für eine Zwischenbilanz mit Marco D’Angelo, dem Leiter des Tarifpools: Was hat das äusserst detaillierte Statistikinstrument bisher bewirkt – und wohin wird es sich in Zukunft entwickeln? Fotos: Peter Kraft
Die wichtigste Anwendung ist die Analyse des Mengengerüsts von TARMED. Es ist eine wichtige Grundlage für die Weiterentwicklung des Tarifsystems. Die einzelnen Tarifpositionen können – neben der Gesamtsicht – getrennt nach Kantonen und Partnerarten sowie entlang der Zeitachse analysiert werden. Darüber hinaus erfasst der Tarifpool alles, was auch auf dem einheitlichen Rechnungsformular steht – also auch Mittel und Gegenstände, Laboranalysen oder Medikamente.
Marco D’Angelo, Leiter Brancheninformationssysteme bei santésuisse.
infosantésuisse: Warum betreibt santésuisse den Tarifpool, wie funktioniert er, und was sind seine Möglichkeiten?* Marco D’Angelo: Mit dem Datenpool hat santésuisse die statistische Grundlage geschaffen, um die Kostenneutralität im TARMED überhaupt umsetzen zu können. Der Datenpool bietet eine Makro-Sicht auf die Kostenentwicklung. Wir erfahren daraus jedoch nicht, wie der TARMED angewendet wird. Deshalb haben wir den Tarifpool entwickelt: Mit ihm wird es möglich, die Anwendung der einzelnen Tarifpositionen zu analysieren. Basis dafür ist das einheitliche Rechnungsformular. Informationen, die darin enthalten sind, können jene Versicherer, die über die entsprechenden Vorsysteme verfügen, erfassen – entweder via elektronische Abrechnung oder via Scanning. Diese Informationen werden in Form von definierten Tabellen an den Tarifpool geliefert. Können Sie uns das eine oder andere Anwendungsbeispiel geben?
Was sind die Grenzen des Tarifpools? Wir können und wollen keine einzelnen Rechnungen abbilden, und somit ist auch der Blick auf den einzelnen Patienten unmöglich. Analysen zu den Versicherten sind nur nach den Kriterien des Risikoausgleichs – also Alter und Geschlecht – möglich. Wir können ebenso wenig Aussagen machen zu den einzelnen Versicherern. Der Tarifpool widerspiegelt die fakturierten Leistungen ex post und liefert wichtige Erkenntnisse für die automatisierte Rechnungskontrolle. Trotz TARMED sind bei der Rechnungskontrolle aber immer noch die Erfahrung und das Einfühlungsvermögen der Sachbearbeiterinnen gefragt. Ein Beispiel dazu: Ein Patient schickt innerhalb von zwei Jahren zum zweiten Mal eine Rechnung für einen Herzschrittmacher. Auf Nachfrage stellt sich heraus, dass der alte defekt war. Weil das Gerät aber eine Garantie hat, muss die Krankenversicherung den zweiten Schrittmacher nicht bezahlen. Eine automatische Rechnungskontrolle hätte das nicht zutage gebracht. Welchen Beitrag konnte der Tarifpool bisher zur Bewirtschaftung von TARMED leisten? Wir haben bei den Ärzten einen Abdeckungsgrad von 60 Prozent, bei den Spitälern von 50 Prozent. Das ist statistisch zwar keine Vollerhebung, aber für reprä-
sentative Analyen mehr als genug. Ausserdem kennt der Tarifpool keine strukturellen Verzerrungen: Der Abdeckungsgrad hängt von den mitmachenden Versicherern ab. Die Ärzte sind über alle Facharztgruppen gleichermassen involviert – im Gegensatz zu den Trust Centern, die nur jene Ärzte auswerten können, die ihnen angeschlossen sind. Der Tarifpool ist deshalb die Grundlage zur Weiterentwicklung von TARMED in den partnerschaftlichen Gremien. Dank dem Tarifpool konnten beispielsweise in der Radiologie oder in der Strahlentherapie Anpassungen vorgenommen werden. Letztlich zugunsten der Versicherten, denn man konnte nachweisen, dass es eigentlich gar nicht möglich ist, gewisse Positionen in einem derartigen Umfang zu fakturieren. Solche Fehler in der Tarifierung von TARMED können anhand des Mengengerüsts im Tarifpool aufgedeckt werden.
«Wir wollen mehr Transparenz im Gesundheitswesen und begrüssen es deshalb grundsätzlich, wenn mit den Daten des Tarifpools gearbeitet wird.» Die Versicherer schliessen einen freiwilligen Datenlieferungsvertrag ab. Der Abdeckungsgrad des Tarifpools hängt also stark vom Wohlwollen der Versicherer ab. Wie hat er sich bisher entwickelt? Die Versicherer, die schon frühzeitig die entsprechenden Vorsysteme einführten, haben als erste Daten an den Tarifpool geliefert. Viele Versicherer haben diesen Schritt inzwischen vollzogen oder sind momentan daran. Darüber hinaus ist bei den liefernden Versicherern der Anteil der Rechnungsbelege, die tatsächlich systematisch auswertbar sind, stetig gestiegen. Diese beiden Tendenzen haben zum heutigen Abdeckungsgrad von 60 Prozent bei Ärzten, 50 Prozent bei Spitälern und Apotheken sowie 40 Prozent bei Labora-
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torien geführt – immer gemessen am Datenpool, der mit einem Abdeckungsgrad von 98 Prozent so gut wie eine Vollerhebung ist. Neben der Tarifbewirtschaftung: Welchen Nutzen hat der Tarifpool für santésuisse, die Versicherer, die Akteure und für die Öffentlichkeit? Für santésuisse steht ganz klar die Bewirtschaftung und die Weiterentwicklung von TARMED im Vordergrund. Tarifmissbräuche im Einzelfall aufzudecken ist Sache der einzelnen Krankenversicherer. santésuisse stellt dazu lediglich die Branchendaten für die Tarifpool-Lieferanten zur Verfügung. In den Wirtschaftlichkeitsverfahren spielt der Tarifpool eine subsidiäre Rolle: Die Grundlage dafür ist der Datenpool. Der Tarifpool wird allenfalls während der Wirtschaftlichkeitsprüfung zum Verifizieren der Datenpool-Auffälligkeiten herangezogen. Der Nutzen für die Öffentlichkeit besteht in den epidemiologischen und gesundheitspolitischen Informationen, die der Tarifpool liefert. Entsprechend haben wir mitt-
lerweile oft Anfragen der Bundesämter für Gesundheit und Statistik sowie Studienanfragen. Wer kann die Dienstleistungen des Tarifpools zu welchen Bedingungen in Anspruch nehmen? Grundsätzlich betreiben wir den Tarifpool im Auftrag der Krankenversicherer. Allerdings sind wir auch offen für Dritte. Bundesämter oder Verfasser von wissenschaftlichen Studien erhalten von uns Statistiken gegen einen dem Aufwand angepassten Preis. Wir wollen mehr Transparenz im Gesundheitswesen und begrüssen es deshalb grundsätzlich, wenn mit den Daten des Tarifpools gearbeitet wird. Welche Zukunftspläne haben Sie und Ihr Team mit dem Tarifpool? Gibt es neue Anwendungsmöglichkeiten und Perspektiven, die geplant sind? Wir haben festgestellt, dass das Auswerten des Tarifpools ein grosses interdisziplinäres Know-How erfordert: Es treffen statistische, ökonomische, tarifliche
und medizinische Fragestellungen aufeinander. Hier herrscht bei allen Beteiligten noch Nachholbedarf, was die Ausbildung der entsprechenden Spezialisten anbetrifft. Insofern wird die nächste Weiterentwicklung des Tarifpools das Nutzbarmachen des brachliegenden Potenzials sein. Verbesserungspotenzial besteht auch im Integrieren der Daten über Analyseleistungen und Medikamente. Wichtige gesundheitspolitische Analysen könnten so möglich werden. Als Beispiel: Welche Altersgruppe bezieht in welcher Region wie häufig Generika? Solche Fragen möchten wir mit Hilfe des Tarifpools beantworten können. Es gibt im Schweizer Gesundheitswesen zu viele Zustände, die stark vermutet, aber nicht nachgewiesen werden können. Die Weiterentwicklung des Tarifs selber könnte in Richtung Pauschalisierung gehen: Einzelne Diagnosen, beispielsweise Katarakte, werden bereits heute pauschal und nicht mehr nach Einzelleistungen abgerechnet.
«Es gibt im Schweizer Gesundheitswesen zu viele Zustände, die stark vermutet, aber nicht nachgewiesen werden können.» Wenn für den stationären Bereich mit DRG ebenfalls ein einheitliches Tarifsystem gilt, könnte ein «Tarifpool» auch für diesen Sektor aufgebaut werden… Das kommt sehr darauf, wie die Abrechnung im DRG-System ausgestaltet wird. Wenn die Rechnungsstellung einheitlich ist, wäre das sehr gut denkbar. Ich denke, das Bedürfnis für eine solche Statistik ist durchaus vorhanden. Sie wäre auch mit relativ wenig Aufwand realisierbar, weil sich bei der Datenlieferung Synergieeffekte zum Daten- und Tarifpool ergeben würden. Wir hätten damit alle Bereiche abgedeckt: Die Mikrosicht für den ambulanten und stationären Bereich und mit dem Datenpool die Makrosicht über sämtliche Leistungsbereiche inklusive Prämien entwicklung. Allerdings ist das noch Zukunftsmusik. Interview: Peter Kraft
«Einzelne Diagnosen, beispielsweise Katarakte, werden bereits heute pauschal und nicht mehr nach Einzelleistungen abgerechnet.»
* Siehe dazu auch infosantésuisse 1/2–2005: «santésuisse vollzieht statistischen Quantensprung». Der Artikel ist auch online abrufbar: www.santesuisse.ch /icms/pubinhalte/uploads/de_06-07_sas_dt.pdf
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Neue Fakten und Zusammenhänge dank dem Medizinatlas der Schweiz
Regionale Unterschiede wo man sie kaum vermutet Auf interaktiven Karten beantwortet der Medizinatlas der Schweiz bisher ungelöste Fragen zur Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen: In welcher Region werden welche Leistungen wie häufig in Anspruch genommen? Wählen die Schweizerinnen und Schweizer Leistungserbringer aus der näheren Umgebung? Die Erkenntnisse sind interessant: So muss das oft beschworene Stadt-Land-Gefälle – zumindest was das Mengengerüst angeht – teilweise revidiert werden.
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er Medizinatlas der Schweiz hat seine Wurzeln in einem Projekt, welches das Institut für evaluative Forschung in orthopädischer Chirurgie (IEFO des MEM-Forschungszentrums) für den Nationalfonds durchführt. Ziel dieses Projekts ist es, die unterschiedliche Inanspruchnahme von orthopädischen Leistungen von Schweizer Spitälern in den verschiedenen Regionen zu untersuchen. Dazu wurden Spitaleinzugsgebiete definiert. Es wurde ausserdem untersucht, wie häufig sich die Patienten auch tatsächlich innerhalb ihres Spitaleinzugsgebiets behandeln lassen – und wie häufig sie eine Behandlung in einer anderen Region vorziehen.
Alle medizinischen Fachgebiete einbezogen In einem Folgeprojekt hat das IEFO diese Untersuchungen auf andere medizinischen Fachgebiete ausgeweitet. Das Resultat ist der Medizinatlas der Schweiz, der nun unter www.healthatlas.unibe.ch aufgeschaltet ist. Er zeigt auf, welche medizinischen Leistungen in den Regionen der Schweiz wie häufig in Anspruch genommen werden. Im stationären Bereich stehen eine Gesamtübersicht sowie Auswertungen zur Orthopädie, Pädiatrie und zu weiteren speziellen Indikationen zur Verfügung. Für den ambulanten Bereich umfassen die Analysen die Grundversorgung, die Gynäkologie, die Pädiatrie, die invasiv und nichtinvasiv tätigen Fachärzte, die Psychiatrie sowie den ambulanten Spitalbereich. Für jeden Teilbereich wird nicht nur die jährliche Häufigkeit der Konsultationen nach Region gezeigt, sondern auch der Prozentsatz der Behandlungen, den die Bewohner in der eigenen Region durchführen liessen. Für die
Analysen im ambulanten Sektor stehen zusätzlich Auswertungen von verschiedenen Altersgruppen zur Verfügung. Für die Analysen des stationären Sektors sind die Daten des Bundesamts für Statistik Grundlage, für den ambulanten Sektor kommt der Datenpool von santésuisse* dazu. Wir stellen einige interessante Erkenntnisse vor, die der Medizinatlas ermöglicht – ohne auch nur ansatzweise Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben.
Stationäre Behandlungen: Stadt-Land-Schema greift nicht Bereits die Übersichtskarten des stationären Sektors offenbaren einige höchst interessante Tendenzen: Es lässt sich beispielsweise kaum ein Stadt-Land-Gefälle bei der Hospitalisationsrate feststellen. Die Männer zwischen Gletsch und Brig im Oberwallis suchen so häufig das Krankenhaus auf wie sonst nirgends in der Schweiz: 121 von 1000 Männern sind es in dieser Region. Die entsprechenden Zahlen sind beispielsweise in den Regionen Zürich (75) und BaselStadt (78) deutlich niedriger. Unterschiede gibt es hingegen zwischen den Sprachregionen: In der Romandie sind Hospitalisationen im Durchschnitt häufiger als in der Deutschschweiz. Auch bei den ausserregionalen Behandlungen gibt es kein eigentliches Stadt-Land-Gefälle. Vielmehr sind sie dort am häufigsten, wo sich ein grosses Zentrumsspital in einer benachbarten Region befindet. Die Paradebeispiele sind Appenzell Innerrhoden und die Region am unteren Zürichsee: Nirgendwo sonst lassen sich die Spitalpatienten häufiger ausserhalb der Wohnregion behandeln. Die Bewohner ländlicher Gegenden mit grossen Entfernungen zu städtischen Zentren dagegen setzen auf ihre Regionalspitäler.
Stationäre Spezialbehandlungen: Teils extreme Unterschiede Bei den Krankheiten des Bewegungsapparats fallen die grossen Unterschiede in der Hospitalisationsrate auf, die sich ebenfalls kaum mit dem Stadt-Land-Schema erklären lassen. So ist das Landwassertal um Davos mit 28 Einlieferungen auf 1000 Einwohner Rekordhalter, während die ebenfalls bündnerische Surselva mit 12 Fällen am anderen Ende der Skala steht. Extrem werden die Unterschiede in der Pädiatrie (Kindermedizin): In der Ajoie im Jura müssen jährlich 178 von 1000 Kindern ins Spital, in der thurgauischen Bodenseeregion sind es nur 13. Zwar sind das Ausreisser gegen oben und unten – doch auch die Verteilung zeigt zwei weit auseinander liegende Spitzen: Die eine liegt bei etwa 40 Hospitalisationen pro 1000 Kinder, die andere bei 95. Generell werden Kinder häufig in der eigenen Region behandelt. Ausnahmen sind die Region zwischen Walen- und Urnersee sowie Teile des Thurgaus: Hier müssen mehr als die Hälfte aller Kinder ausserhalb ihrer Wohngegend behandelt werden. Interessant sind die Analysen der Kaiserschnitt-Raten: Die oft kritisierten grossen Unterschiede bestätigt auch der Medizin-Atlas: Die meisten Kaiserschnitte pro 100 Geburten gibt es in Basel-Land und in Uri.
Grundversorger auf dem Land: Übernehmen sie FacharztAufgaben? Im Medizinatlas sind alle 44 anerkannten Facharzttitel in sieben Rubriken zusammengefasst. Damit bietet er einen kompletten Überblick über die Inanspruchnahme der ambulanten Leistungen in der Schweiz. Für die Grundversorger zeigt sich, dass die Zahl der Behandlungen pro 1000 Einwohner je
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nach Region stark variiert. Allerdings gilt auch hier: Es gibt keine augenfälligen Unterschiede zwischen Stadt und Land. Im Gegenteil: Einsamer Rekordhalter in Sachen Grundversorger-Konsultationen ist die Bündner Region Misox. Allerdings zeigt der Medizinatlas nicht auf, wie viele FacharztAufgaben die Hausärzte auf dem Land übernehmen und wie hoch die Grundversorgerdichte und die Arbeitsbelastung des einzelnen Arztes sind. Deutlich erkennen lässt sich jedoch ein Ost-West-Gefälle: In der Deutschschweiz gehen die Menschen um einiges häufiger zum Hausarzt als in der Romandie. In den meisten Teilen der Schweiz bevorzugen die Patienten zum grossen Teil Hausärzte aus der Region.
Fachärzte: Refugium des Stadt-Land-Gefälles Für die Gynäkologie gibt es Regionen wie das Entlebuch oder das Pays d’Enhaut, in denen die Frauen praktisch keine Behandlungen in diesem Fachgebiet in Anspruch nehmen. Das legt die Vermutung nahe, dass in solchen Gegenden die Grundversorger gynäkologische Aufgaben wahrnehmen. Sicher ist, dass es viele Gegenden in der Schweiz gibt, in denen es gar keine Gynä-
kologen gibt: Sämtliche Frauen lassen die gynäkologischen Untersuchungen und Behandlungen in anderen Regionen durchführen. Das praktisch gleiche Bild zeigt sich in der Pädiatrie. Bei den nichtinvasiv tätigen Fachärzten ist nun erstmals ein Stadt-Land-Gefälle erkennbar – hingegen gleicht sich das Ost-WestGefälle, das bei den Grundversorgern noch deutlich war, fast völlig aus. Gleiches gilt für die invasiv tätigen Fachärzten. Ähnlich wie bei den Gynäkologen und bei den Kinderärzten zeigt der Medizinatlas, dass in einigen Regionen gar keine Fachärzte tätig sind. Weil in den gleichen Regionen auch deutlich weniger fachärztliche Behandlungen ausserhalb der Gegend in Anspruch genommen werden, liegt die Vermutung nahe, dass die Hausärzte hier oft in die Bresche springen. Extrem ist das Stadt-Land-Gefälle in der Psychiatrie: Während im Napfgebiet, im Entlebuch oder im Oberwallis praktisch niemand einen Psychiater aufsucht, gibt es in Basel, Zürich, Genf und Bern mehr als halb so viele Psychiatrie-Kontakte wie Einwohner. Zwischen den Sprachregionen weist der Medizinatlas kaum Unterschiede aus.
Hospitalisationsrate in der Pädiatrie nach Region: Einweisungen pro 1000 Kinder
Quelle: memcenter
Gerade in der Kindermedizin sind die Unterschiede in der Hospitalisationsrate nach Region extrem.
Bei den ambulanten Spitalbehandlungen greift nicht so sehr das Stadt-Land-Schema – wichtig scheint die Nähe eines Krankenhauses zu sein. Im Münstertal hinter dem Ofenpass zum Beispiel gibt es ein Spital – prompt weist diese Gegend einen der höchsten ambulanten Spitalbehandlungsraten der Schweiz auf. Das weniger abgelegene Goms hingegen, dessen Bevölkerung am seltensten ambulant in ein Spital geht, hat kein eigenes Krankenhaus.
Untersuchungen nach Altersstufen Im ambulanten Bereich bietet der Medizin-Atlas schliesslich noch Auswertungen nach verschiedenen Altersgruppen. Unter anderem zeigt sich dort, dass die unter 18jährigen auf dem Land viel häufiger zum Hausarzt gehen als in der Stadt. Das ist ein weiterer Hinweis darauf, dass die Hausärzte auf dem Land pädiatrische Aufgaben übernehmen. In der Psychiatrie zeigt sich je nach Altersgruppe eine völlig andere Inanspruchnahme der Leistungen. Sehr junge Menschen und solche im Rentenalter gehen sehr viel seltener zum Psychiater. Allerdings gibt es Regionen wie Lugano, in denen auch ältere Menschen oft zum Psychiater gehen. Und im Misox ist der entsprechende Anteil der Kinder und Jugendlichen sehr hoch – höher als bei den anderen Altersgruppen und höher als irgendwo sonst in der Schweiz. Das sind nur wenige Beispiele von Aussagen, die der Health Atlas zulässt. Doch macht bereits eine kleine Auswahl deutlich, dass dieses Instrument für viele Akteure im Gesundheitswesen von grossem Nutzen sein könnte – beispielsweise für die Versicherer und Leistungserbringer bei den Vertragsverhandlungen, für die Hausärzte zum Untermauern ihrer Anliegen, für die Kantone bei ihren Planungsaufgaben oder ganz allgemein für die politischen Entscheidungsträger. Peter Kraft * Der vorliegenden Version des Health Atlas liegen die Daten von 2004 zugrunde.
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Vereinfachte Administration, aber kaum Kosteneinsparung
KVG-Versichertenkarte: Realistische Erwartungen Die Krankenversicherer haben die Pflicht, allen versicherten Personen ab 2009 eine KVG-Versichertenkarte auszustellen. Sie haben die Einführung grundsätzlich unterstützt, weil sie sich davon eine Vereinfa chung der administrativen Abläufe sowie eine Qualitätssteigerung versprechen. Die stärkere Vernetzung zwischen Leistungserbringern und Kostenträgern im schweizerischen Gesundheitswesen schreitet damit voran – in wie weit dies auch zu einer kostendämpfenden Effizienzsteigerung führt, bleibt allerdings offen.
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eit Frühling 2006 besitzt die grosse Mehrheit der krankenversicherten Personen in der Schweiz eine Versichertenkarte im Kreditkartenformat. Diese erste Generation einer Versichertenkarte ist die so genannte EU-Krankenversicherungskarte (EU-KVK), welche das Papierformular E 111 ersetzt hat. Dieses Formular war jeweils notwendig, wenn man sich im europäischen Raum einer notfallmässigen medizinischen Behandlung unterziehen musste.
Das VeKa-Center Um Synergie-Effekte zu erzielen, hatten sich 2005 mehr als 60 der über 80 schwei-
zerischen KVG-Versicherer auf eine gemeinsame Produktion der EU-Karte geeinigt. santésuisse baute deshalb in deren Auftrag ein eigentliches «Versichertenkarten-Center» auf, das VeKa-Center. Es nahm in der zweiten Hälfte 2005 das grösste Kartenprojekt an die Hand, das die Schweiz bis anhin gesehen hatte. Innerhalb von nur vier Monaten wurden 6,2 Millionen Karten im Auftrag von 67 Krankenversicherern produziert. Um die Auslieferung der Karten bis 31. März 2006 einhalten zu können, mussten im 24-Stunden-Betrieb tagtäglich 130 000 Karten hergestellt werden. Diese Produktion konnte fristgerecht abgeschlossen werden. Seither
Erwartungen der anderen Akteure an die Versichertenkarte Die Zeitschrift Managed Care hat vor kurzem eine Sonderausgabe zur Versichertenkarte herausgegeben. Darin äussern sich die betroffenen Akteure des Gesundheitswesens zum Thema. Nachfolgend ihre Positionen in Kürze: • Das BAG betrachtet die Versichertenkarte als «Werkzeugkiste» für die Akteure des Gesundheitswesens. Darin bereit liegen Hilfsmittel für eine einfachere Abrechnung oder zur Unterstützung von neuen Versorgungsprozessen. Das BAG sieht die Versichertenkarte als Teil seiner Strategie «ehealth», welche die Vernetzung aller Prozesse und Teilnehmer im Gesundheitswesen zum Ziel hat. • Für die FMH ist die Versichertenkarte in der vorliegenden Form ein missglückter Kompromiss zwischen Gesundheits- und Versichertenkarte. Insbesondere sei die Karte für die Patientenindentifikation nicht ausreichend und biete für die Ärzteschaft keine administrative Erleichterung. Problematisch sei auch, dass die freiwilligen Daten auf der Karte selbst gespeichert seien. Die FMH fordert die Trennung von Versichertenund Gesundheitskarte. • Für den Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten ist die Speicherung der Notfalldaten auf der Versichertenkarte in Ordnung, sofern ein normiertes Verfahren zur Einverständniserklärung der Versicherten angewendet wird. • Die Schweizerische Patientenorganisation bezweifelt, dass eine reine Administrativkarte für die Patienten nennenswerte Vorteile bringt. Eine Gesundheitskarte sei dazu besser in der Lage. Allerdings müssten vor einer solchen Lösung alle Aspekte der Datensicherheit geklärt sein. So könne es beispielsweise gefährlich sein, wenn bestimmte Diagnosen lebenslang gespeichert blieben: Unter anderem könnten solche Informationen die Leistungserbringer bei späteren Behandlungen zu stark beeinflussen.
besorgt das VeKa-Center die Mutationen, welche durch einen Kassenwechsel, durch den Verlust der Karte oder durch eine Geburt notwendig werden. Insgesamt sind bis heute rund neun Millionen Rohlinge für die Kartenproduktion bestellt worden. Der Einführung der EU-KVK ist es zu verdanken, dass heute in der Krankenversicherung ein gut funktionierendes Kartenmanagement-System existiert.
Mikroprozessor-Chip: Fluch oder Segen? Im vergangenen Februar veröffentlichte das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) die Verordnung über die Versichertenkarte für die obligatorische Krankenpflegeversicherung (VVK). Diese Verordnung schreibt vor, dass die schweizerische Krankenversicherungskarte einen Mikroprozessor-Chip enthalten muss, der folgende Anwendungen unterstützt: • die Bearbeitung von Personendaten und der damit verbundenen Sicherheitsmassnahmen (wie die Überprüfung der Berechtigung für den Datenzugriff) • das Sperren von Daten mit einem PINCode sowie • weitere Anwendungen für kantonale Modellversuche. Der Einbau eines Mikroprozessor-Chips verteuert die Versichertenkarte überproportional: Während eine EU-KVK aktuell 50 Franken pro Exemplar kostet, wird die neue Karte auf rund fünf Franken zu stehen kommen. Darin sind weder der Versand, noch die Administration und die Anpassung an das System enthalten. Bei
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übermittlung gewährleisten. santésuisse hat deshalb im VeKa-Center eine zentrale Drehscheibe für Deckungsabfragen sowohl für die ausländischen als auch für die inländischen Leistungserbringer eingerichtet. Für die Deckungsabfragen wird ein spezielles Modul als Branchen-Standard geschaffen, damit die berechtigen Stellen die Daten in einer ebenfalls standardisierten Abfrage erhalten können. Sämtliche Vorgaben zur Datensicherheit und zum Datenschutz finden hierbei strengste Beachtung.
Skepsis gegenüber den «freiwilligen Daten»
Karte mit Mikrochip: Eine beträchtliche Investition.
7,5 Millionen obligatorisch OKP-versicherten Personen bedeutet dies ein grosser Aufwand für eine Pflichtinvestition, welche die Krankenversicherer (und damit die Prämienzahlenden) zu tragen haben.
Leistungserbringern sind die Vorteile einer solchen Karte gegeben: Unnötige Rückfragen entfallen und die Rechtssicherheit wird erhöht.
Deckungsabfragen ermöglichen Investitionen effizient umsetzen Auch für die neue Versichertenkarte, welche das EDI versehen mit der neuen Sozialversicherungsnummer auf Anfang 2009 vorsieht, planen die meisten Krankenversicherer wiederum eine gemeinsame Produktion über das VeKa-Center. Das Ziel ist, die geplante Investition, welche den Krankenversicherern durch die Verordnung vorgeschrieben wird, möglichst gut und kostengünstig in die Praxis umzusetzen. Dies setzt voraus, dass auch die Leistungserbringer einen entsprechenden Effort leisten: Auf ihren Rechnungen müssen vollständige und korrekte administrative Daten stehen. Mit dieser Unterstützung können die Prozesse beim Versicherer mit der flächendeckenden Einführung der Versichertenkarte vereinfacht und teure Leerläufe verhindert werden. Auch bei den
Künftig müssen die Krankenversicherer den Leistungserbringern auch die Deckungsabfragen für die obligatorische Krankenpflegeversicherung ermöglichen. Auch hier gilt als Stichtag der 1. Januar 2009. Die Versicherer und die Leistungserbringer müssen dabei die sichere Daten-
Gemäss Art. 42a Abs. 4 KVG hat die krankenversicherte Person neu die Möglichkeit, freiwillig persönliche Daten auf der Versichertenkarte speichern zu lassen. Die Idee ist, dass im Notfall oder im Rahmen einer üblichen Konsultation die Leistungserbringer wichtige Informationen des Kartenträgers über dessen Gesundheit erhalten. santésuisse ist gegenüber dem Nutzen von freiwillig zur Verfügung gestellten Daten skeptisch eingestellt, zumal die Ärzte nicht verpflichtet sind, diese Daten bewirtschaften zu können oder sie zu nutzen. Die Krankenversicherer wollen und können aufgrund des Datenschutzes und der Patientensouveränität nichts mit diesen Daten zu tun haben. Kommt hinzu, dass die Kosten, welche durch die Aufnahme der freiwilligen Daten auf die Versichertenkarte im Rahmen von medizinischen Konsultationen entstehen, von der OKP – und damit vom Prämienzahler – übernommen werden müssen. santésuisse befürchtet deshalb, dass die erwünschten Einspareffekte wegen des Einbaus des Mikroprozessors und wegen der Übernahme der Datenerfassungsleistung durch die Leistungserbringer wieder verloren gehen. Stefan Kaufmann
Neu mit Sozialversicherungsnummer – anspruchsvolles Teilprojekt Die Erstzuteilung der neuen Versichertennummer der Alters- und Hinterlassenenversicherung («Sozialversicherungsnummer») für alle Schweizer Bürgerinnen und Bürger wird mit der neuen Versichertenkarte per 1.1.2009 erfolgen. Das VeKa-Center hat die entsprechenden Vorarbeiten bereits an die Hand genommen. Zusammen mit dem Bundesamt für Statistik BfS, der Zentralen Ausgleichsstelle ZAS, dem Bundesamt für Gesundheit BAG, weiteren Bundesstellen sowie dem Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten (EDSB) wurde ein Projekt gestartet, in dem die Methoden der Erstzuteilung der Sozialversicherungsnummer entwickelt und getestet werden. Ziel der Zusammenarbeit ist, die rechtzeitige Verfügbarkeit der Nummer und die erforderliche Qualität in der Erstzuteilung zu sichern.
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Symposium Forum Managed Care 2007: Was die Gesellschaft der Zukunft erwartet und was die Leistungserbringer bieten
Wohin mit Qualität und Patientensicherheit? Qualität und Patientensicherheit im Gesundheitswesen – kaum ein Thema wird in Politik und Fachkreisen häufiger diskutiert und ist gleichwohl weniger fassbar. Was wird konkret dafür getan und welchen Anspruch hat die Gesellschaft wirklich? Experten versuchten am diesjährigen Symposium des Forum Managed Care, solchen Fragen auf den Grund zu gehen. infosantésuisse stellt zwei Gesichtspunkte näher vor.
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ie Forderung nach Qualitätskriterien und -messungen, nach Transparenz und Vergleichbarkeit liegt in aller Munde. Auch seitens der Bevölkerung bestätigen aktuelle Meinungsumfragen den Trend einer steigenden Nachfrage nach Qualität und Quantität der Leistungen.* Für Prof. Ilona Kickbusch von kickbusch health consult steht denn auch die Frage im Vordergrund, welche Anforderungen eine zukünftige Gesellschaft an Qualität und Patientensicherheit und welche Anforderungen das künftige Gesundheitswesen an die Patienten stellt.
Gesundheit als die treibende Kraft der Zukunft Gesundheit wird sich gemäss Kickbusch künftig zur treibenden Kraft entwickeln, sei es ökonomisch, sozial, politisch oder
Verleihung des ersten Förderpreises für Managed Care Am Rande des Symposiums vergab das Forum Managed Care heuer erstmals den Managed-Care-Förderpreis. Der Förderpreis ist für herausragende Projekte ausgeschrieben, die dank optimierter Vernetzung die Qualität medizinischer Leistungen sowie die Patientensicherheit erhöhen. Prämiert wurde ein Projekt des Ärztenetzes mediX Zürich, das bessere Leistungsqualität und Resultate bei der Behandlung von Herzpatienten zum Ziel hatte. Voraussetzung für den Erfolg waren gemäss den Projektverantwortlichen Felix Huber, Andreas Weber und Erwin Botzenhardt die enge Zusammenarbeit im Ärztenetz sowie der gelungene Einbezug der Patienten. Der Preis ist mit 10 000 Franken dotiert.
persönlich. So wandelt sich unsere Gesellschaft zu einer Gesundheitsgesellschaft, in der Gesundheit «grenzenlos, global und überall» verfügbar und auch machbar sein wird. Jede Entscheidung des Menschen wird auch zu einer Gesundheitsentscheidung. Dieser Wandel hat gemäss Kickbusch verschiedene Gründe: Die Menschen leben immer länger und bleiben auch länger gesund, das Gesundheitssystem nimmt einen immer grösseren Anteil am Bruttosozialprodukt ein, und der expandierende Gesundheitsmarkt mausert sich zu einem der bedeutsamsten Faktoren des Wirtschaftswachstums. In unserer Welt der Individualisierung und der Differenzierung ist Gesundheit Ausdruck der modernen Lebensqualität und des Wohlbefindens. Die Menschen nehmen die Gesundheit zunehmend als Grundrecht wahr, welches erwartet und ausserdem eingeklagt werden kann. Mit der Expansion und der wachsenden Komplexität des Systems und der Angebote schwillt auch die Informationsflut zu Gesundheitsthemen an, welche praktisch pausenlos und meist ungefiltert über den Konsumenten hinwegrollt. Internet, TV-Shows, Lifestyle-Magazine, Leistungserbringer und Krankenversicherer sind nur einige der diversen Quellen, die dieses eigentliche Überangebot an Informationen produzieren. Gesundheit wird gemäss Kickbusch zum Markt oder Supermarkt.
Gesundheitskompetenz wird unerlässlich Sich im Dschungel dieser Gesundheitsinformationen zurechtzufinden, beansprucht den einzelnen Konsumenten gewaltig und beruht auf der Gesundheitskompetenz eines jeden einzelnen. Gesundheitskompetenz stellt nach den
Ausführungen von Kickbusch eine Grundkompetenz des 21. Jahrhunderts dar. Gemeint ist die Fähigkeit, im täglichen Leben Entscheidungen zu treffen, die sich positiv auf die Gesundheit auswirken – sei es zu Hause, am Arbeitsplatz, im Gesundheitssystem, im Markt, in der Politik oder in der Gesellschaft ganz allgemein. Kickbusch verweist auf Studien der OECD, welche indes zeigen, dass 20 Prozent der Bevölkerung aus OECD-Staaten diese Sachverständigkeit (noch) nicht zur Genüge besitzen und damit am gesellschaftlichen Leben nur beschränkt teilhaben können. In der Schweiz betrifft dieser «Illetrismus» rund 10 Prozent der erwachsenen Bevölkerung. Weil Gesundheitskompetenz zur Erhaltung der eigenen Gesundheit immer wichtiger wird, führt ein Mangel daran zu gewichtigen Folgekosten für die Gesellschaft. Für Kickbusch ist klar, dass man zum Aufbau von mehr Sicherheit, Qualität, Effizienz und Effektivität im System die wichtigste Ressource, den Patienten, nicht länger vernachlässigen darf. Die Patientenkompetenz ist so zu fördern, dass der Mehrwert einer Gesundheitsdienstleistung für den Patienten erkennbar und für seine Wahl ausschlaggebend wird. Mit anderen Worten muss der Gesundheitsbereich für den Patienten lesbar werden. Aber auch die gesteigerte Kompetenz der Versorger und deren Kommunikation untereinander – Stichwort Managed Care – tragen ihren Anteil an mehr Gesundheitskompetenz und damit an mehr Qualität und Patientensicherheit. Wie Leistungserbringer ihre Verantwortung wahrnehmen können, zeigen die Erläuterungen von Dr. Sven Staender, Chefarzt am Institut für Anästhesie und Intensivmedizin im Spital Männedorf.
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Quelel: FMC
tem erfolgreich betrieben wird. Ziel dieses Systems ist nicht das einfältige Zählen von Fehlern, sondern das Lernen aus Fehlern, indem aus den Informationen des IR präventive Massnahmen ergriffen werden. Als vermeidbar gilt ein unerwünschtes Ereignis dann, wenn ein Fehler als Ursache identifiziert werden kann. Damit solche Systeme überhaupt funktionieren, müssen laut Staender gewisse Rahmenbedingungen erfüllt sein: Einerseits braucht es innerhalb der Unternehmung den Aufbau einer freiwilligen, werteneutralen und sanktionsfreien Fehler- und Sicherheitskultur, die eine vertiefte Analyse von Fehlern und Zwischenfällen zulässt. Andererseits müssen positive Veränderungen und Erfolge aufgrund des IR konsequent kommuniziert werden, um den wahren Nutzen der Berichterstattung deutlich zu machen. Die Patientensicherheit hat keine Lobby, hält Staender fest. Das IR ist deshalb ein wichtiges Instrument, diese Sicherheit zu optimieren, indem auch in komplexen Systemen Prozesse durch Lernen verbessert werden. Abschliessend appelliert Staender an die Politik, nicht nur für sichtbare Ereignisse und Risiken, wie z.B. für die Sicherheit an der EURO 2008, sondern auch für unsichtbare Ereignisse wie die Patientensicherheit Geld zu investieren. Ein Beispiel einer sinnvollen Investition in die Patientensicherheit repräsentiert das Projekt CIRRNET (Critical Incident Reporting und Reacting Network), welches von der Schweizer Gesellschaft für Anästhesie und Reanimation zusammen mit der Stiftung Patientensicherheit Schweiz lanciert wurde. Dieses Projekt verknüpft die IR-Systeme der Anästhesieabteilungen einzelner Spitäler. Über die daraus entstehende Datenbank können die Teilnehmer von den Fehlern anderer lernen und gemeinsame Sicherheitsmassnahmen entwickeln. Matthias Schenker
Ilona Kickbusch: «Das Gesundheitswesen muss für die Patienten lesbar werden.»
«High reliability organizations» als Vorbild Ein falsches Herz transplantiert, das falsche Bein amputiert oder einfach die Medikamente verwechselt? Wie solch gravierende Fehler vermieden und wie aus Fehlern oder Zwischenfällen die richtigen Lehren gezogen werden, beschreibt Staender am Beispiel des «Critical Incident Reporting System». «Incident reporting» (IR) beinhaltet das Melden von Fehlern und Zwischenfällen in den Arbeitsabläufen. Fehler und Zwischenfälle sind in allen Berufsgruppen Realität, niemand ist davor gefeit. Allerdings variiert das Ausmass der Konsequenzen stark. Während in den meisten beruflichen Umfeldern ein paar Fehler locker weggesteckt werden können, führt in so genannten «high reliability organizations» (HRO) ein einzelner Fehler oder Zwischenfall meist zu einem Desaster ungeahnten Ausmasses mit sichtbaren Verlus-
ten. Beispiele solcher Organisationen sind Atomkraftwerke, Flugsicherungs-Systeme, Ölbohrplattformen oder Flugzeugträger. Um die Zahl der Zwischenfälle absolut minimal zu halten, müssen sich die HRO an klare Grundsätze halten, meint Staender. Die ständige Beschäftigung mit dem Scheitern ist ein Beispiel dafür. Nur wer Fehler und Zwischenfälle als Symptome erkennt, kann daraus lernen. Wichtig ist auch die Zurückhaltung mit Simplifizierungen: Die Welt ist zu komplex und unvorhersehbar für zuviele Vereinfachungen.
Patientensicherheit als unsichtbares Ereignis Die Medizin ist keine HRO, das Schicksal eines einzelnen Patienten ist nicht sichtbar. Trotzdem könnte sich gemäss Staender die Medizin der Kultur solcher Organisationen nähern. Ein erster Schritt dazu ist erreicht, wenn in einem Betrieb ein IR-Sys-
Besuchen Sie www.forummanagedcare.ch für Informationen zu weiteren Referaten und zum Symposium Forum Managed Care 2007 an sich. * Quelle: gfs.bern, Gesundheitsmonitor 2007
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Entwicklung der Wirtschaftlichkeitskontrolle von medizinischen Leistungen
Differenziertes Verfahren im Interesse der Versicherten Der Verband der Krankenversicherer beurteilt die Wirtschaftlichkeit von medizinischen Leistungen seit 40 Jahren anhand der durch ihn erhobenen Statistiken. Zu dieser Kontrolle sind die Krankenversicherer gesetzlich verpflichtet. Wie hat sich diese Praxis über die Jahre entwickelt?
G
emäss KVG muss eine medizinische Leistung wirksam, zweckmässig, von hoher Qualität und wirtschaftlich sein. Gemäss Definition des Eidgenössischen Versicherungsgerichts (EVG) sind Leistungen dann nicht wirtschaftlich, «wenn eine ins Gewicht fallende Zahl von Rechnungen desselben Arztes an eine Krankenkasse im Vergleich zu den Rechnungen von Ärzten in geografisch gleichem Tätigkeitsbereich und mit etwa gleichem Krankengut im Durchschnitt erheblich höher ist, ohne dass den Durchschnitt beeinflussende Besonderheiten geltend gemacht werden können». Bei den Ärzten erfolgt die Prüfung der Wirtschaftlichkeit auf einer statistischen Ebene, bei der die Ärzte mit den Durchschnittszahlen der verschiedenen Facharztgesellschaften verglichen werden. Diese Kontrolle ist statuarisch an santésuisse delegiert. Dies erlaubt eine Kontrolle auf der Grundlage von schweizweit einheitlichen Vorgaben und Berechnungen. Neben dieser Kontrolle der Wirtschaftlichkeit führen die Versicherer eine Rechnungskontrolle durch. Bei dieser Einzelrechnungskontrolle wird beispielsweise überprüft, ob einzelne Positionen auf der Rechnung tatsächlich abgerechnet werden dürfen – das heisst, ob ein Arzt zu hohe Rechnungen stellt.
Rückzahlungen als letztes Mittel santésuisse betrachtet die Wirtschaftlichkeitsprüfung in erster Linie als Präventivmassnahme. Ziel ist es, unwirtschaftliche Leistungen zu verhindern. Rückerstattungsforderungen sind das letzte Mittel, die Ultima Ratio – und sie müssen verhältnismässig sein. santésuisse hat eigens dafür ein Kompetenzzentrum eingerichtet, das für ein angemessenes Verfahren sorgt und dessen Abläufe laufend optimiert werden.
Die Ärzte werden innerhalb ihrer FMHFachgruppe verglichen. Es wird ein Toleranzwert von 30 Prozent zu den Durchschnittskosten der Gruppe zugestanden. Die Gruppen sind seit der ZSR-Revision im Sommer 2004 von vorher 26 Fachgruppen auf 44 Gruppen (offizielle FMH Einteilung) ausgeweitet worden. Seit dem Statistikjahr 2004 kommt für die Wirtschaftlichkeitsverfahren die santésuisse-ANOVA-Methode zum Einsatz. Sie hat gegenüber der bewährten «statistischen Durchschnittskostenmethode» einige Vorteile: Alter und Geschlecht der Patienten werden erfasst und die Durchschnittskosten entsprechend bereinigt. So kann den Besonderheiten der medizinischen Tätigkeiten besser Rechnung getragen werden. Der Vergleich ist nicht mehr kantonal, sondern auf die ganze Schweiz ausgedehnt worden. Dennoch werden die Durchschnittskosten um die kantonalen Kostenunterschiede bereinigt. Wenn ein Arzt laut dem ANOVA-Filter auffällig ist, wird seine Situation durch Verantwortliche von santésuisse, welche die regionalen Verhältnisse und örtlichen Besonderheiten kennen, überprüft. Diese lokalen Experten verfeinern die statistische Analyse. Subsidiär zum Einsatz kommt hier allenfalls der Tarifpool (siehe Interview S. 14 bis 15). Obwohl die gesetzliche Kontrollkompetenz allein bei den Krankenversicherern liegt, sind in verschiedenen Kantonen dazu paritätische Kommissionen in Zusammenarbeit mit Ärzteverbänden gebildet worden. Ärzte, deren medizinische Leistungen den Wirtschaftlichkeitsanforderungen nicht genügen, wird dies per Brief mitgeteilt. Die Ärzte können sich zu ihrer Praktik äussern und diese begründen. Erachten die Experten auch nach diesen Erklärungen die Wirtschaftlichkeitskriterien als nicht erfüllt, so kann auf das Rückerstattungs-
verfahren zurückgegriffen werden – allerdings nur nach einer Karenzfrist, in der dem betroffenen Arzt die Möglichkeit geboten wird, seine Praxis den Wirtschaftlichkeitsanforderungen anzupassen. Geschieht dies nicht, unterstehen die Parteien dem Entscheid des kantonalen Schiedsgerichts. Da die Entscheide dieser Instanz weitergezogen werden können, entbehren die manchmal durch Kritiker erhobenen Einwände gegen das Schiedsgerichtsverfahren jeder Grundlage.
Im Interesse der Versicherten Die Rechtsprechung des EVG hat sich entwickelt und bestätigt, dass die Gesamtkosten (direkte und indirekte Kosten) relevant sind. Die ANOVA-Methode hat immer nach diesem Grundsatz funktioniert. Es liegt allerdings in der Natur der Datenerhebungen, dass in der Praxis nicht alle Besonderheiten erfasst werden können. Dem vermag die Fallbeurteilung der auffälligen Fälle durch die Experten entgegen zu wirken. Jeder Arzt mag davon ausgehen, dass sich seine medizinische Tätigkeit von derer der anderen unterscheidet und angemessener als die seiner Berufskollegen ist. Allerdings darf die Einmaligkeit der Praxisausübung nicht als Begründung herhalten, wenn das erforderliche Behandlungsausmass überschritten wird und auch nicht mehr im Interesse des Patienten liegt. Unwirtschaftliche Praktiken benachteiligen im Übrigen vor allem die Patienten und die Versicherten selber. Die Krankenversicherer handeln folglich nur im Interesse ihrer Versicherten. Es ist also angebracht, wenn die Ärzteverbände diese Kontrolle unterstützen. Denn wie bereits im KVG festgehalten, ist der Wirtschaftlichkeit die gleiche Bedeutung beizumessen wie der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Qualität der medizinischen Leistungen. Nello Castelli
service Eine ungesunde Reform Sport ist gesund und trägt dazu bei, die Kosten im Gesundheitswesen zu stabilisieren. Sport ist aber noch viel mehr. In Sportvereinen lernen Kinder den Umgang mit Regeln; sie lernen, Niederlagen zu akzeptieren und Rücksicht auf andere zu nehmen. Kurz: Der Sport leistet Wichtiges für unsere Gesellschaft und verdient deshalb ihre Unterstützung. Das ist heute der Fall. Sportvereine, deren Budget 150 000 Franken nicht übersteigt, sind von der MWST ausgenommen. Eine Mehrwertsteuerpflicht wäre das Ende für viele dieser Vereine. Wer stünde bereit, um ihre sozialen und gesundheitlichen Funktionen zu übernehmen? Wenn ich vom Dienst an unserer Gesellschaft rede, kann ich als ehemaliger Direktor von santésuisse die Leistung, die unsere Sozialversicherungen für ebendiese Gesellschaft erbringen, nur immer wieder betonen. Lese ich dann, dass die MWST-Revision das Gesundheitswesen mit rund einer Milliarde Franken zusätzlich belasten wird, kann ich nur den Kopf schütteln. Swiss Olympic und santésuisse kämpfen Seite an Seite gegen die ungesunde Revision des MWST-Gesetzes, wie sie sich der Bundesrat vorstellt. Die Folgen hätten wir alle zu tragen. Wir sind im Grundsatz für eine Revision, aber nicht auf Kosten des Sports und des Gesundheitswesens. Marc-André Giger CEO Swiss Olympic
Überteuerte Medikamente am Pranger
Deutsche Ärzte veröffentlichen Liste mit Scheininnovationen Neu entwickelte Medikamente mit geringem Zusatznutzen aber viel höherem Preis stehen seit einiger Zeit in der Kritik. Nur: Wie sollen die verschreibenden Ärzte solche Scheininnovationen sicher von anderen Präparaten unterscheiden? Laut einem Bericht des TagesAnzeigers hat die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein
aus Düsseldorf in Zusammenarbeit mit dem Pharmakologen Ulrich Schwabe eine Liste von 80 Präparaten erstellt, deren Unterschied zu älteren und günstigeren Medikamenten marginal ist. Erwartungsgemäss ist die Liste bei den Pharmafirmen nicht allzu beliebt: Sie greife in die Verschreibungshoheit der Ärzte ein, monieren sie. Ausserdem
sei die Liste zuwenig transparent in der Aufnahme der Präparate. Versuche, die Liste gerichtlich anzufechten, scheiterten jedoch. Ulrich Schwabe verteidigt die Aufzählung mit dem Hinweis, er habe alle verfügbaren Erkenntnisse in seine Bewertungen mit einbezogen. Die Liste ist abrufbar unter: www.kvno.de
Bundesämter publizieren Bericht zu den Risiken von Nano-Partikeln
Wissenslücken im Nano-Bereich schliessen Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) und das Bundesamt für Gesundheit (BAG) haben einen Grundlagenbericht zu den Risiken von Nano-Partikeln veröffentlicht. Er wurde von einem interdisziplinären Team erarbeitet und dient als Basis zur Ableitung von Handlungsempfehlungen und Massnahmen. Der Bericht mahnt zur Vorsicht im Umgang mit Nano partikeln. Die Risiken für Gesundheit und Umwelt seien bisher kaum erforscht. Doch gebe es Hinweise darauf, dass bestimmte Nanopartikel wegen ihrer winzigen Dimensionen via Blutbahnen in Körperzellen eindringen und dort Schäden verursachen können. Die Autoren empfehlen deshalb Anpassungen auf Verordnungsebene. Die bisherigen Grenzwerte sollen durch Parameter ersetzt werden, die den speziellen Eigenschaften der Nano-Teilchen besser entsprechen. Ausserdem müsste die Risikoforschung intensiviert und die Wissenslücken geschlossen werden.
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Punktlandung
service Arzneimittelpreis-Festsetzung als Aufgabe
Ein einziger Krankenkassenverband für Deutschland
Kinderschutz? Raucher dürfen in Grossbritannien keine Pflege-Kinder mehr grossziehen, die jünger als fünf Jahre sind. Das hat das für die Vermittlung zuständige Foresting Network beschlossen. Ausserdem haben die Sozialbehörden in jüngster Zeit mehr als 20 Kinder in Obhut genommen, weil diese zu dick seien. Kein Vertrauen: 40 Prozent der britischen Klinikangestellten möchten sich laut einer Umfrage nicht im eigenen Krankenhaus behandeln lassen. Die grössten Kritikpunkte sind schlechte Hygiene und der mangelnde Schutz vor gewalttätigen Patienten. Heavy Metal: Ein 42-jähriger Schwede erhält Krankengeld, weil er wegen seiner Heavy Metal-Sucht nur Teilzeit arbeiten könne. Ausserdem darf er an seinem Arbeitsplatz als Küchenmitarbeiter dauernd den harten Klängen lauschen und bekommt Dispensationen, wenn in der Nähe ein MetalGig stattfindet.
Bisher waren die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland in verschiedenen Verbänden organisiert. Es gab unter anderem die Dachorganisationen der Allgemeinen Ortskrankenkassen, der Betriebskrankenkassen, der Ersatzkassen oder der Landwirtschaftlichen Krankenkassen. Da-
mit ist jetzt Schluss: Im Rahmen der Gesundheitsreform hat die Regierung in Berlin beschlossen, die alten Teilverbände im «Spitzenverband Bund der Krankenkassen» zusammenzuführen. Die Kassenverbände standen der Fusion anfangs skeptisch gegenüber, betonen aber nun unisono,
aus der neuen Organisation das Beste machen zu wollen. Die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen sind neben der Interessensvertretung und der Organisation des Wirtschaftlichkeitswettbewerbs auch die Festsetzung der ArzneimittelHöchstpreise.
Zeichnung: Marc Roulin
Notruf: Ein Patient in einem polnischen Spital hat vom Klinikbett aus den Notruf gewählt, nachdem er beim Pflegepersonal stundenlang vergeblich nach einem Schmerzmittel gefragt hatte. Als er die Schmerzen nicht mehr aushielt, kontaktierte er die Notrufzentrale, die ihm dann das gewünschte Medikament vorbeibrachte.
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News aus aller Welt
SANTÉSUISSE – SERVICE
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infosantésuisse Nr. 9, September 2007
Veranstaltungen Veranstalter
Besonderes
Datum/Ort
Weitere Informationen
Repräsentative Umfrage zum Gesundheitswesen
11. September Hotel Bern, Bern
www.santesuisse.ch
Kosten- und Prämienentwicklung
17. September Bern
www.santesuisse.ch
Für Fachleute und politische Entscheidungsträger zum Thema Darmkrebs-Screening
13. September Kultur-Casino Bern
www.swisscancer.ch
Thema: Versteckte Rationierung bei chronisch Kranken in der Grundversorgung
20. September Bahnhofbuffet Olten
www.consano.ch
26./27. September Nottwil
www.ehealthcare.ch
Pressekonferenz sondage santé santésuisse
Pressekonferenz zur Kosten- und Prämienentwicklung santésuisse
Darmkrebs nie! Aber wie? Krebsliga Schweiz
3. Nationales Consano Symposium Consano
7. Schweizerisches eHealthcare Kongress ehealthcare.ch
Parallel findet eine Fachausstellung statt
Melden Sie uns Ihre Veranstaltungen an redaktion@santesuisse.ch! Weitere Veranstaltungen unter www.santesuisse.ch
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Die Stiftung Gemeinsame Einrichtung KVG ist in der Schweiz im Rahmen des Personenfreizügigkeitsabkommens aushelfender Träger für den Bereich Krankheit. Sie bearbeitet jährlich 100'000 Leistungsaushilfefälle. Dies erfordert eine Aufbauorganisation, welche nach den EG- bzw. EFTA-Staaten ausgerichtet ist. Für die Betreuung der Versicherten aus Deutschland suchen wir eine/n Teamleiter/in Leistungsaushilfe (m/f) 100% Ihre Aufgaben • • • • • • •
Führung einer kleinen Mitarbeitergruppe Beratung der MitarbeiterInnen (Leistung und Tarife) Bearbeitung von Spezialfällen Registrierung und Bearbeitung der anspruchsberechtigten Personen Prüfung und Bearbeiten von Kostengutsprachegesuchen Bearbeitung und Prüfung der Rechnungen der Leistungserbringer Sie pflegen den Kontakt zu Kunden und auswärtigen Partnern
Ihr Profil • • • • • •
Sie verfügen über eine kaufmännische Ausbildung sowie nach Möglichkeit Praxis im Leistungsbereich eines Krankenversicherers Führungserfahrung und Durchsetzungsvermögen Neben Deutsch als Muttersprache sind Französischkenntnisse notwendig Selbständige, proaktive Persönlichkeit mit einem hohen Mass an Verantwortungsbewusstsein Eine gute kommunikative Persönlichkeit mit Verhandlungsgeschick. (Direkter Kundenkontakt) Gute PC-Anwenderkenntnisse der MS-Office Programme
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Die Krankenkasse Birchmeier ist ein eigenständiges Versicherungsunternehmen. Wir erbringen umfassende Dienstleistungen im Bereich der Grund- und Zusatzversicherungen für rund 6000 Versicherte. Das Tätigkeitsgebiet umfasst den ganzen Kanton Aargau. Wir suchen per 1. November 2007 oder nach Vereinbarung eine/n
Geschäftsführer/in Sie bringen nebst einer guten Grundausbildung einige Jahre Praxis in der Krankenversicherung mit, sind fachlich bestens ausgewiesen, kundenorientiert und haben Führungserfahrung. Zu Ihren Aufgaben gehören insbesondere die operative Führung der Geschäftsstelle, die Pflege eines konkurrenzgerechten Leistungsangebotes, die laufende Kontrolle von Finanzen und Leistungen, die Sicherstellung einer effizienten und dienstleistungsorientierten Mitgliederbetreuung. Sie bearbeiten Kostengutsprachen sowie Abklärungen mit dem Vertrauensarzt und helfen bei der Erledigung weiterer Aufgaben des Tagesgeschäfts. Sie arbeiten zudem eng mit dem Vorstand zusammen und sorgen für die operative Umsetzung strategischer Beschlüsse. Wenn Sie sich von dieser verantwortungsvollen und herausfordernden Tätigkeit angesprochen fühlen, senden Sie Ihre Bewerbungsunterlagen an unseren Präsidenten, Herrn Martin Keller, der Ihnen auch für weitere Auskünfte zur Verfügung steht. Martin Keller, Hauptstrasse 2, 5444 Künten Tel. 056 496 16 80 oder 079 814 34 56 E-Mail: kellerkuenten@hispeed.ch
7. Schweizerischer eHealthcare Kongress Konferenz & Fachausstellung, 26./27. September 2007 Am 26. und 27. September 2007 treffen sich in Nottwil / LU Exponenten aus Medizin und Gesundheitswesen zur 7. Auflage des Kongress eHealthCare.ch. Dieser einzigartige Anlass ist die wichtigste Schweizer Veranstaltung zum Austausch über Stand und Zukunft der medizinischen Informations- und Kommunikationstechnologie.
Gesundheitsdirektor Kanton Basel Stadt
150 national und international renommierte Fachreferentinnen und -referenten präsentieren dem Fachpublikum ihre Erfahrungen, Visionen und Erkenntnisse und zeigen die neusten Enwicklungen und Trends. Parallel dazu stellen über 100 Unternehmen ihre jüngsten Produkte und Dienstleistungen vor. Erwartet werden weit über 1500 Teilnehmende aus der Schweiz und dem Ausland.
Teilnehmer Podium
Ein Must für die Verantwortlichen der Gesundheitsbranche
Regierungsrat Dr. Carlo Conti
Dr. med. Peter Indra
Der Kongress eHealthCare.ch richtet sich einerseits an die Exponenten von Spitälern, des ambulanten Sektors, der Pharmaund Medtech-Industrie, andererseits aber auch an das Management von Krankenversicherern, Gesundheitsbehörden, Patientenorganisationen und an ICT-Verantwortliche. Besondere Aufmerksamkeit widmet die Konferenz dieses Jahr auch dem Thema Versicherer. Verschiedene Einflussgrössen wie die anstehenden KVG Teilrevisionen, Bestrebungen nach Marktdifferenzierung, Optimierungen im Leistungsprozess und Versichertenkarte beeinflussen die strategische Positionierung der Kostenträger. Im Zentrum steht das Insurance Leader Forum. Der Fokus liegt auf kollaborativen Prozessen und dem entsprechenden Nutzenpotential für Kassen und Leistungserbringer.
MPH, Vizedirektor, Leiter Direktionsbereich Kranken- und Unfallversicherung
Gastklinik 2007 Wie jedes Jahr stellt mit les Hospîtaux Universitaires de Genève - HUG ein weiteres Universitätsspital seine eHealth-Projekte vor!
Referent Symposium 11
Programm 2007 Das diesjährige Programm umfasst acht thematische Module mit über 30 Symposien, Foren und Podiumsdiskussionen, die praktisch das ganze Spektrum von eHealth abdecken. Für die Teilnehmenden bietet sich hier eine ideale Gelegenheit, sich auf ihrem eigenen Fachgebiet und generell auf dem neusten Stand der Entwicklung zu halten, dabei weiterführende Kontakte mit den massgebenden Experten zu knüpfen und sich mit Kolleginnen und Kollegen auszutauschen. Auszug aus dem Programm:
Robert Blass Mitglied der Konzernleitung, CIO, Helsana Versicherungen AG Referent Symposium 53.1
Bernhard Gruson Directeur général Hôpitaux Universitaires de Genève Les Hôpitaux Universitaires de Genève HUG sont les cliniques d’hôtes pour le congrès eHealthcare de cette année. Avec le HUG toutes les cliniques universitaires de la Suisse ont honoré le congrès et ont donné des impuls importants pour le futur du eHealth en Suisse.
Kongress eHealthCare.ch Bahnhofstrasse 40 6210 Sursee
1. Insurance Leader Forum Veranstaltung für Kader von Kranken- und Unfallversicherungen unter der Leitung von Reto Dietschi, dConsulting. Expertenrunde zur Frage «Vision 2012 – 2015: Was müssen Kranken- und Unfallversicherer heute in die Wege leiten um Chancen der Zukunft zu nutzen?» – Dr. Michael Willer, Helsana Versicherungen, Leiter Leistungsmanagement, Mitglied der Direktion – Beat Schläfli, Sanitas Krankenversicherung, Leiter Departement Leistungen, Mitglied der Geschäftsleitung – Stefan Kaufmann, Stellvertretender Direktor, santésuisse – Dr. Rolf Hochuli, Kantonsspital Aarau, Leiter Finanzen und Dienste, Mitglied der Geschäftsleitung – Reto Gutmann, Siemens Schweiz AG, Bereichsleiter Siemens IT Solutions and Services 52 Effiziente eHealth Prozesse, die Zeit ist Reif! Begrüssung Chairman; Jonas Steinberger, ITC Steinberger, Rotkreuz ZG 52.1 Die einleitende These einer umgesetzten Vision bildet die Grundlage für die anschliessende Diskussion zwischen den verschiedenen Interessensvertretern; Jonas Steinberger 52.2 Diskussion auf Basis der These zwischen Vertretern der betroffenen Parteien; Diskussionsleitung Dr. iur. Brigitte Berger Kurzen, Leiterin Fachführung, Helsana Versicherungen und Expertin für E-Health und Datenschutz Diskussionsteilnehmer – Verbandsvertreter der Leistungserbringer; FMH: Leiterin Abteilung eHealth; Stephan Hänsenberger, H+: Leiter Betriebs-
wirtschaft und Tarife – Schweizerische Patientenorganisation; Pia Ernst – Kantonaler Datenschutzbeauftragter; Thomas Casanova, Graubünden – Vertreter der Kostenträger; Stephan Kaufmann, santésuisse: stv. Direktor, Sanitas: Leiter Departement Leistungen – Ausgewählte Netzwerkprovider; Dr. Linus Bertsch, Telekurs Card Solutions: Strategic Business Development Urs Stromer, Post: Projektleiter e-health – Regulator; Peter Indra, BAG: Leiter des Direktionsbereiches Kranken- und Unfallversicherung 53 CIO Meeting: Die IT erneuert sich – Strategie für die Erneuerung der Kernsysteme Begrüssung Chairman; Urs Baumeler 53.1 Gibt es überhaupt noch grosse Ablösungen? Chancen und Risiken aus der CIO-Perspektive; Robert Blass, Mitglied der Konzernleitung, CIO, Helsana Versicherungen AG 53.2 Migration auf Standardsoftware – Erfahrungsbericht aus fachlicher Sicht; Rolf Gisler, Leiter Kompetenzzentrum Privatkunden, Visana Krankenversicherung 53.3 Entwicklung eines neuen Kernsystems – Erfahrungsbericht aus technischer Sicht; Renato Peter, Leiter Anwendungsentwicklung, CSS Krankenversicherung 53.4 «Dos and don’ts» – Projekterfahrungen aus neutraler Sicht; Dr. Daniel Schlegel, Executive Partner Health & Life Science Accenture AG
7. eHealthcare-Kongress vom 26. / 27. September 2007 in Nottwil: die komplette Themenübersicht 10 Versichertenkarte und eHealth-Infrastruktur 50 Versicherer 20 Digital Hospital 60 Pharma und Logistik 30 Vernetzte und digitale Radiologie der Zukunft 70 Einführung DRG – How to do 40 Medical eHealthcare 80 Technologie und Innovation
Herr Michael Egli CEO eHealthCare.ch michael.egli@ehealthcare.ch Tel. 041 925 76 89 Fax 041 925 76 80
Detailinformationen zu Programm, Terminen, Anmeldung und Ausstellern finden sich unter: www.ehealthcare.ch
Centris AG Grabackerstrasse 3 4502 Solothurn Fon 032 625 44 44 Fax 032 625 44 99 www.centrisag.ch
Die Stiftung Gemeinsame Einrichtung KVG ist in der Schweiz im Rahmen des Personenfreizügigkeitsabkommens aushelfender Träger für den Bereich Krankheit. Sie bearbeitet jährlich 100'000 Leistungsaushilfefälle. Dies erfordert eine Aufbauorganisation, welche nach den EG- bzw. EFTA-Staaten ausgerichtet ist. Zur Ergänzung unseres Teams suchen wir ab September 2007 eine
Wir suchen zur Verstärkung unseres Teams zwei Personen als
Mitarbeiter/in Telefon/Empfang (m/f) 50% inkl. Ferienvertretung 100%
Kundenberater/in –KrankenversicherungsSpezialist/in
Ihre Aufgaben • • • •
Empfangsdienst und Telefonbetreuung auf professionelle Art Postwesen – interne Postverteilung detailliert vorbereiten Mithilfe bei der Verwaltung des Büromaterials Aushilfe bei Grossversand (Tageseinsätze)
Ihr Profil • • • •
Sie verfügen über eine kaufmännische oder gleichwertige Ausbildung und bringen von Vorteil einige Erfahrung im Bereich Telefon/Empfang mit. Die Stelle beinhaltet direkten Kundenkontakt; eine stilsichere Kommunikation ist Voraussetzung. Sie haben ein freundliches und gepflegtes Auftreten. Gute PC-Anwenderkenntnisse der MS-Office Programme setzen wir voraus. Sie arbeiten verantwortungsbewusst und selbständig und sind auch in hektischen Zeiten belastbar.
Wir bieten Ihnen eine abwechslungsreiche Tätigkeit im kleinen Team. Für allfällige Fragen steht Ihnen Frau Jacqueline Wüthrich, Tel. 032 625 30 83, jacqueline.wuethrich@kvg.org gerne zur Verfügung. Ihre vollständigen Unterlagen mit Foto senden Sie bitte an: Jacqueline Wüthrich Gemeinsame Einrichtung KVG Gibelinstrasse 25 Postfach 4503 Solothurn Tel. 032 625 30 83 jacqueline.wuethrich@kvg.org www.kvg.org
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Als effektivster Dienstleistungspartner im Schweizer Markt der Kranken- und Unfallversicherer realisieren wir für unsere Kunden modulare IT-Lösungen, welche modernsten Anforderungen entsprechen. Fundierte Fachkenntnisse, Eigenverantwortung und Flexibilität sind für unsere rund 140 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ebenso selbstverständlich wie kundennahes und marktorientiertes Denken und Handeln.
21.03.2007
11:22 Uhr
Ihre Aufgaben Beratung, Schulung und Unterstützung der Kunden bezüglich Informatiklösungen Mitarbeit im Projekt für die Einführung der neuen Branchenlösung für Krankenversicherungen Selbständige Abwicklung von Kundenaufträgen (Offerten, Lösungsspezifikationen, Tests, Koordinationen) Bei Eignung Übernahme von Teilprojekten Ihr Profil Mehrjährige Erfahrung in der Krankenversicherungsbranche Durchgängige Fachkenntnisse als Software-Anwender/ in (Krankenversicherungslösung) Analytisches und vernetztes Denkvermögen Sicheres Auftreten, kontakt- und kommunikationsfreudig Muttersprache Deutsch mit Französischkenntnissen oder Bilingue Ihre Perspektiven Attraktive Herausforderung im Bereich Marketing/ Kundenberatung Projektmitarbeit mit Einsatz modernster Technologien Angenehme und moderne Arbeitsumgebung in einem jungen motivierten Team Flexible Arbeitszeiten Wollen Sie sich in einem modernen Umfeld weiterentwickeln und mit Eigeninitiative einen aktiven Beitrag zum Erfolg unseres Unternehmens leisten? Dann nehmen Sie mit uns Kontakt auf. Wir freuen uns auf Sie! Senden Sie Ihre Bewerbung Seite 1 an Käthy Dürig-Michel, E-Mail: kaethy.duerig@centrisag.ch
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Für Trendsetter in Spital, Klinik und Heim
PROGRAMM PLENUM Zwischen Nutzen und Kritik: Der Einfluss von Arzneimitteln auf das Gesundheitssystem Frank R. Lichtenberg, Professor, Ph.D., Courtney C. Brown Professor of Business, Columbia University, New York Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen im Alter von 50-75: Resultate des Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe (SHARE) Brigitte Santos-Eggimann, Professeur associé, MD, DrPH, MPH, Institut Universitaire de Médecine Sociale et Préventive, Université de Lausanne
DER ÖKONOMISCHE NUTZEN VON GESUNDHEIT
Zur Institutionalisierung von Health Technology Assessment: Unabhängigkeit oder gesetzliche Grundlage? Claudia Wild, Dr. phil., Leiterin des Ludwig Boltzmann Institut für Health Technology Assessment, Wien Die Bewertung des Nutzens von Gesundheitsleistungen aus ökonomischer Sicht Eberhard Wille, Professor Dr., Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre, insb. Planung und Verwaltung öffentlicher Wirtschaft, Universität Mannheim Panelgespräch mit den Referenten unter Einbezug des Plenums Moderation: Thomas D. Szucs, Professor Dr. med., Präsident der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsökonomie
PARALLELVERANSTALTUNGEN 01 Expertengespräch Frank R. Lichtenberg 02 Expertengespräch Eberhard Wille 03 Workshop: Gesundheitspolitik Franz Wyss, lic. rer. pol., Zentralsekretär GDK
4. SCHWEIZERISCHER KONGRESS FÜR GESUNDHEITSÖKONOMIE UND GESUNDHEITSWISSENSCHAFTEN
04 Workshop: Zur Einführung von Health Technology Assessment Claudia Wild 05 Diskussion zur Ökonomisierung von Gesundheit Otto Bitterli, CEO, Vorsitzender Geschäftsleitung Sanitas Krankenversicherung • Margrit Kessler, Präsidentin SPO • Karolin Becker, Dr., Plaut Economics • Franziska Troesch-Schnyder, Präsidentin Konsumentenforum • Peter Wiedersheim, Dr. med., Präsident Ärztegesellschaft des Kantons St. Gallen Moderation: Jürg Baumberger, Dr. phil. 06 Crash-Kurs: Gesundheitswissenschaften Matthias Richter, Dr., Assistant Professor, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Universität Bielefeld
PLENUM Verleihung des MSD-Gesundheitsökonomiepreises Impulsreferat: Mensch, Markt und Staat als Determinanten des ökonomischen Nutzens von Gesundheit Thomas B. Zeltner, Professor Dr. med. et lic. iur., Direktor des Bundesamtes für Gesundheit
FREITAG 19. OKTOBER 2007 INSELSPITAL BERN AUDITORIUM ETTORE ROSSI
Plenar- und Transferdiskussion Fritz Britt, Direktor santésuisse • Markus Dürr, Dr., Regierungsrat, Präsident GDK • Hanspeter Quodt, Vorstandsmitglied VIPS • Susanna Stöhr, Dr. med., Vizepräsidentin FMH • Bernhard Wegmüller, Dr. phil. nat., MBA, Geschäftsführer H+ Moderation: Ellinor von Kauffungen
Patronat: Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsökonomie
SAG/ASE
DER KONGRESS IST EIN FORTBILDUNGS-ENGAGEMENT DER MSD
AUSKÜNFTE SKGG, c/o Künzi Beratungen, Schachenstrasse 21, Postfach, 4702 Oensingen Telefon +41 (0)62 396 10 49, Fax +41 (0)62 396 24 10, info@kuenzicons.ch Bild: Bern Tourismus