Sarah Janssen Künstlerstipendium 2013/2014

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Emsländische Landschaft e.V. für die Landkreise Emsland und Grafschaft Bentheim

Sarah Janßen Künstlerstipendium 2013/2014


Kunst in Bewegung Zum ersten Mal zeichnet die Emsländische Landschaft für die Landkreise Emsland und Grafschaft Bentheim mit dem diesjährigen Künstlerstipendium eine Crossmedia-Künstlerin aus. Es war ein eindeutiges Votum der Jury, die sich zu Beginn des Jahres für die junge Künstlerin Sarah Janßen aus Nordhorn aussprach. Damit folgte auf die Künstlerstipendiatin des Jahres 2011 abermals eine Frau; ebenso wie ihre Vorgängerin hat auch Sarah Janßen ihre Ausbildung an Hochschulen in den Niederlanden abgeschlossen. Die Anzahl der Bewerber war wie im vergangenen Bewerbungsdurchgang hoch, Sarah Janßen setzte sich durch ihren Stil, die Vermischung von Fotografie, Video, Design und neue Medien, durch. Bereits zum fünften Mal entschied die Jury der Fachgruppe „Ausstellungen“ über das Stipendium, das an Künstler aus dem Bereich der Bildenden Kunst (Plastik, Malerei, Grafik, Multimediales, Fotokunst) verliehen wird. Voraussetzung für die Bewerbung ist die Herkunft aus dem Landkreis Emsland oder dem Landkreis Grafschaft Bentheim bzw. ein mehrjähriger Aufenthalt in der Region. Bewerben dürfen sich Teilnehmer, die ein tätigkeitsbezogenes Studium an einer staatlichen Kunst- bzw. Hochschule absolviert haben, Bewerbungen von Künstlerinnen und Künstlern, die ohne Hochschulabschluss aufgrund ihrer besonderen Begabung herausragende Leistungen erbracht haben, werden ebenfalls berücksichtigt. Neben 5.000 Euro stehen der Stipendiatin kostenlose Werk- und Wohnräume im Gebiet der Emsländischen Landschaft für insgesamt vier Monate zur Verfügung. Zudem wird ein einmaliger Material- und Fahrtkostenzuschuss von 1.000 Euro gezahlt. Verbunden sind mit dem Stipendium eine Präsenzpflicht, die Überlassung eines Werkes an die Emsländische Landschaft sowie die Durchführung eines regelmäßigen offenen Ateliers, um Interessierten die Möglichkeit zu geben, der Stipendiatin bei der Arbeit über die Schulter zu schauen. Sarah Janßen bezog zunächst das Künstlerhaus im Nordhorner Stadtpark für einen zweimonatigen Arbeitsaufenthalt, darauf folgten zwei weitere Monate im Stiefelknechthaus in Papenburg-Aschendorf. In der Vergangenheit lebten und arbeiteten die Stipendiaten auf Schloss Clemenswerth, der Umzug in das neu eingerichtete Stiefelknechthaus bot die Möglichkeit, einen anderen Ort in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken. Die Kunstschule Zinnober in Papenburg ließ sich die Gelegenheit nicht entgehen und engagierte Sarah


Janßen während ihres Aufenthaltes für das Projekt „Neue Medien – alte Techniken“. Die Lage des Stiefelknechthauses auf Gut Altenkamp erwies sich auch für die Künstlerin als Glücksgriff; Sarah Janßen zeigte sich besonders begeistert über die Umgebung, besonders die barocken Hecken im Garten inspirierten ihre Arbeit. Die entstandenen Werke fließen am Ende der Arbeitsaufenthalte in eine Ausstellung ein. Gezeigt wird diese zunächst im Rahmen der Reihe „Kunst im Kreishaus“ in Nordhorn und anschließend in der Alten Werft in Papenburg. Der vorliegende Katalog sowie die Ausstellung sind fester Bestandteil der Förderung durch die Emsländische Landschaft und tragen dafür Sorge, die Arbeit von Sarah Janßen einem großen Publikum an Ems und Vechte bekannt zu machen und ihre Arbeit nachhaltig zu würdigen. Mein Dank gilt allen, die an dem Arbeitsstipendium mitgewirkt haben. Neben Bernhard Jansen vom Fachdienst Kultur des Landkreises Grafschaft Bentheim und Marco Malorny vom Kulturkreis Papenburg, die die Ausstellungen ausrichten, gilt mein Dank auch den übrigen Mitgliedern der Jury aus der Fachgruppe „Ausstellungen“: Oliver Fok (Emslandmuseum Schloss Clemenswerth), Gudrun Thiessen-Schneider (Kunstverein Grafschaft Bentheim e.V.) sowie dem Leiter der Fachgruppe „Ausstellungen“, Dr. Andreas Eiynck (Emslandmuseum Lingen). Ich wünsche der Ausstellung viele interessierte Besucher und dem Katalog begeisterte Betrachter. Sarah Janßen spreche ich meinen Dank aus und wünsche ihr für ihren weiteren künstlerischen und privaten Lebensweg alles Gute. Ihr Werk zeigt abermals das hochkarätige künstlerische Potential in der Region; dies soll Ansporn für die Emsländische Landschaft sein, auch in Zukunft jungen Künstlern Unterstützung und Raum für ihr Schaffen zu geben.

Hermann Bröring Präsident der Emsländischen Landschaft e. V. für die Landkreise Emsland und Grafschaft Bentheim


Aus dem All gelöst Das In-der-Welt-Sein Läßt sich womit vergleichen? Als sei im Tiefschwarz Ein Licht hinausgerudert Das keine Spur zurückläßt.¹

Sarah Janßen ist eine Entdeckung! Sich selbst bezeichnet die Medienkünstlerin und Fotografin als crossmedia artist, denn in ihrer Kunst verbindet sie die Medien Fotografie und Film zu neuen Videos und Bildern. Fotoapparat, Videokamera, Schneidetisch und Computer sind ihre Werkzeuge. In diesem noch jungen, aber bereits reichhaltigen Werk beschäftigt Sarah Janßen sich mit unserer Wahrnehmung und der Wirkung von Bildern. Eine besondere Rolle spielt dabei die Analyse der Bildsprache des Films. So basiert zum Beispiel ihr Multimediaprojekt „cineanalogies“ auf einer eigens dafür angelegten Sammlung stereotyper Bilder aus circa 70 Spielfilmen. Die untersuchten Filmbilder sind auch Basis für viele Videoarbeiten der Künstlerin. Wie wird unsere Aufmerksamkeit im Film gesteuert und wie bestimmt die Lichtführung Filmszenen? Wie viel Information bleibt, wenn Licht mehr und mehr reduziert wird, wenn das Dunkel zunimmt bis hin zum Tiefschwarz? Diese Fragen beschäftigten die Stipendiatin auch während ihres Aufenthaltes in Nordhorn und in Aschendorf, wo zudem ein großer stiller Park zu weiteren spannenden Experimenten anregte. Das Phänomen der Wahrnehmungsschwelle zwischen Hell und Dunkel, der Helligkeit des Tages und der Dunkelheit der Nacht, führte schon früher zu mehreren Serien. Die neuesten Arbeiten handeln vom Aufleuchten in nächtlichen Außenräumen, vom Licht im Dunklen. Ihre Fotografien – viele sind inszeniert – bleiben weiterhin dem Medium Film verbunden und könnten auch als Filmstills fungieren. In einem Pavillon, der in einem Park zu stehen scheint, wurde eine starke Lichtquelle installiert. Diese löst eine magisch leuchtende Form wie einen aus sich selbst heraus leuchtenden Edelstein aus dunkler bis tiefschwarzer Umgebung. Weißes Licht dringt aus zwei Öffnungen. Davor sitzt in hockender Haltung eine Frau – wie in der Erwartung, dass der Sesam sich öffne ... oder befürchtend, dass das Licht erlösche. Eine Szene nach einem Fest im Schlosspark?


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Mysteriöse sichtbare oder unsichtbare Lichtquellen lassen Formen und Gegenstände aus der Dunkelheit oder einem unendlichen Schwarz aufleuchten. Birkenstämme, eine Neonleuchte, die das Gerippe einer Stahltreppe freilegt, welche ins Nirgendwo zu führen scheint („among the shades“); ein von innen heraus lodernd verglühendes Gebüsch, eine Märchenfigur im Lichtstrahl, eine sich aufbäumende, wie ein Pflanzenmonster wirkende Wand, die an eine Szene im Film „Blow Up“ von Michelangelo Antonioni aus dem Jahre 1966 erinnern, oder die romantisch anmutende Figur vor dem von innen her erleuchteten Baum. In den „Nachtansichten“ spendet der Mond spärliches Licht, doch das technisch hoch entwickelte Objektiv der Kamera lässt sichtbar werden, was dem Auge schwer noch zugänglich ist. Nur die von elektrischen Glühlampen erleuchteten Fenster überschreiten die Schranke des Unsichtbaren. Sarah Janßens Arbeit wirft ein Licht auf unsere Zeit. Während eine bunte, laute und irreführende Bilderflut aus Fernsehern, Smartphones und Magazinen quillt, verbirgt sie diese im leisen Hervorschimmern dessen, was dem Augenblick des Vorübergehenden und der Vergänglichkeit innewohnt. Schwarz ist das Verlöschen aller Farben, ist die Farbe des Geheimnisses, Schwarz bedeutet aber auch Orientierungslosigkeit. Die Grenzen unserer Wahrnehmungsfähigkeit werden uns in der Dunkelheit der Nacht bewusst. Wenn in dieser aber mit künstlichem Licht ein Stück Welt sichtbar gemacht wird, erscheint es wie die Enthüllung und Überwindung der Dunkelheit, wie ein leuchtendes Faszinosum, wie aus der Zeit genommen und aus dem All gelöst, dessen tiefes Schwarz vielleicht nur mit schwarzem Samt vergleichbar ist. Sarah Janßens Bilder und Video-Installationen haben die Macht, unsere eigene inhärente Blindheit zu sehen und Raum in seiner Unbegrenztheit zu erfahren.

(Wer sich weiter in die Arbeit von Sarah Janßen vertiefen möchte, kann ihre Website besuchen.) 1) Aus der japanischen Gedichtsammlung Many¯osh¯ u. In: Katalog Peter Schlör. Hg. Bernhard Knaus, 2006, Kunstverein Grafschaft Bentheim 2007; S. 17

Gudrun Thiessen-Schneider, Oktober 2014



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a fleeting room, Fotografie


among the shades #1, Fotografie


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among the shades #2, Fotografie


Wall#1, Fotografie


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Wall#2, Fotografie



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zoetrope, Installation, Videoprojektion auf Foto


b/w, Fotografie


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Titel, Beschreibung, etc.


Atelieransicht, Experimente/Skizzen


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b/w, inverted spaces, Wandleuchte (Prototyp), Laserschnitt aus Holz, Milchglasscheibe, LED-Lampe


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slices of the manifold, Interaktive Videoinstallation, HD video, PC, Abstandssensoren



slices of the manifold, Videostills


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Mondnacht #1, Fotografie


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Nachtansicht #N03-011, Fotografie


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links: Nachtansicht #N06-014, Fotografie rechts: Nachtansicht #N08-002, Fotografie


Nachtansicht #N03-008, Fotografie


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oben: Nachtansicht #N05-001, Fotografie unten: Nachtansicht #N03-012, Fotografie


Nachtansicht #N04-002, Fotografie Rechte Seite: Nachtansicht #N03-001, Fotografie


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Nachtansichten, im Stiefelknechthaus, Mai 2014


light object #3, Leuchtkasten


light object #2, Leuchtkasten


light object #1, Leuchtkasten


Lichtfallstudien, Fotoserie


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Wellenbrechen, Skizze/Entwurf fĂźr Videoinstallation Rechte Seite: Wellenbrechen, Videoprojektion im Stiefelknechthaus


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surface, Fotografie


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reach, Fotografie


floating shapes, Videostill


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floating shapes (Entwurfsskizze fĂźr Videoinstallation)


floating shapes, Videostills


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floating shapes, Videostills


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Sarah Janßen www.sarahjanssen.com Geboren 1986 in Nordhorn, Deutschland

AUSBILDUNG 2011 Master of Fine Arts in Interactive Media and Environments // Frank Mohr Institute, Groningen, Niederlande 2009 Bachelor of Design in Art and Crossmedia Design // AKI Academy of Art & Design, Enschede, Niederlande

AUSZEICHNUNGEN / PREISE 2013 / 2014 Künstlerstipendium der Emsländischen Landschaft e.V. 2012 Hendrik de Vries Stipendium, Gemeente Groningen // Mitglied der Groningen Talent Group 2012 2011 Mitglied der Virtueel Platform HOT100 2011 // Nominierung für das George Verberg Stipendium 2011 2009 Mitglied der Virtueel Platform HOT100 2009




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