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Explorer Belt – 200 Kilometer gegen den Wind

Am diesjährigen Explorer Belt verschlug es 31 Rover nach Norwegen. Für die zwölf Teams galt es, tiefen Temperaturen und starken Winden zu trotzen. Alle standen durch und absolvierten ihre Routen – wobei eine Hilfe dafür nötig war.

SEBASTIAN SCHNEIDER

Da liegen sie sich in den Armen: Am Bahnhof von Trondheim begrüsst das sechsköpfige Projektteam die 25 Rover, die soeben von ihrem Trekking zurückkehren. Sie alle haben sich viel zu erzählen, kommen sie doch von einem grossen Abenteuer in Mittelnorwegen zurück. Die Rover haben den Explorer Belt 2024 ohne nennenswerte Zwischenfälle absolviert. Zehn Nächte und elf Wandertage haben sie durchgestanden. 200 Leistungskilometer haben sie in den Beinen, tausende Erinnerungen im Kopf. Sie mögen erschöpft sein, doch man sieht es ihnen nicht an.

Routen selber geplant

Der Explorer Belt 2024 wurde nach der neuen Methode «uncharted lands» durchgeführt. Das bedeutet: Die Teilnehmenden wissen im Vorfeld nicht, wohin die Reise hinführt. Sie können sich nur anhand von Klimadaten vorbereiten. An der Destination angekommen, gilt es rasch, aber gründlich die Tagesrouten à circa 20 Leistungskilometern zu planen. In diesem Jahr standen den zwölf Teams sieben verschiedene Regionen als Wandergelände zur Verfügung.

Schon auf der Hinreise im Zug deuten verschneite Bergspitzen an, dass an einen Sommer, wie wir ihn in der Schweiz kennen, nicht zu denken ist. Während es im Mittelland Hitzetage gab, erkälteten sich im Wintersportort Oppdal einzelne Teilnehmende. Am Morgen des 22. August, nach drei Tagen Planung, stehen die Rover jedoch bereit. Bevor sie sich eine gute Reise wünschen, bekommen sie vom Projektteam – ganz nach «BiPi» – ein Stück Brot und einen Apfel überreicht. Ein bisschen bange ist den Teilnehmenden in diesem Moment, doch sie freuen sich, nach der langen Vorbereitung in die Täler Mittelnorwegens aufzubrechen. «Das wird eine Grenzerfahrung», sagen Loki und Flick, zwei besonders motivierte Rover aus Goldach, die stets in kurzen Hosen unterwegs sind und viele Höhenmeter absolvieren werden.

Schlammwandern durch die Kälte

Lange Wanderhosen können sich bei schlechtem Wetter tatsächlich als Nachteil erweisen. Regnet es horizontal, sind die Hosen ohne weiteren Schutz rasch nass und schwer. Geht es zudem durch tiefes, moosiges Gelände, dauert es nicht lange, bis selbst frisch imprägnierte Wanderschuhe durchnässt sind. In solchen Momenten fühlt man sich eher als Wanderfisch anstatt als Wandervogel. Denn viel Energie hat man nicht «spatzig». Der Rucksack, der über 23 Kilogramm auf die Waage bringt, drückt einen in den sumpfigen Boden. Auf der Hochebene im Nationalpark Rondane muten die, von hellen Flechten überzogenen, Steine an wie Korallen. Der bedeckte Himmel gleicht der Wasseroberfläche, der Wind der Meeresströmung. Abgesehen vom Wind, der einem gehörig um die Ohren pfeift, ist es ruhig; man trifft selten auf Wandersleute. Die norwegischen Nationalparks sind weitläufig, und die Baumgrenze auf 1100 Meter über Meer wird rasch überschritten.

Begegnungen mit Wildtieren finden heuer selten statt. Immerhin beobachten einzelne Teams Renntier-Herden oder können – zum Glück aus der Ferne – imposante Moschusochsen beim Weiden zusehen.

DNT statt SOS

Was hat der Explorer Belt 2024 gelehrt? Nicht nur, dass sich ein Zelt auch bei Regen aufstellen lässt. Oder dass sich eine Frostnacht mit guter Ausrüstung aushalten lässt. Wichtig war vor allem, vernünftige Entscheidungen zu fällen. Dazu zählte auch, die eigenen Grenzen zu akzeptieren. Bei solch Wind und Wetter war es bei den meisten unvermeidlich, sich einmal in einer Berghütte, in Norwegen DNT-Hytta genannt, eine Pause zu gönnen. Oder gar eine, wenn nicht zwei oder drei Nächte im Trockenen zu verbringen. Dank des eigenverantwortlichen Handels kam es bei keinem Team zu grossen Problemen. Über Satelliten-Funkgeräte hiess es jeden Abend «status green». Keine Warnung musste abgesetzt werden, kein SOS war nötig. Die Rover haben sich ihren Explorer Belt redlich verdient.

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