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Optimale Route zu kommunalen Einrichtungen – oder wie kommt das Essen frisch und warm zu den hungrigen Kindern?

Volker Holzendorf

Dieser Beitrag verweist auf einen zum Download bereitgestellten technischen Report, der in 7 Schritten gut nachvollziehbar aufzeigt, wie das Salesmanproblem mit dem R-Paket OpenTripPlanner gelöst werden kann. Der vorgeschlagene R-Code ist dabei so gestaltet, dass lediglich 10 Angaben individuell gesetzt werden müssen. Interessant ist der Lösungsansatz auch deswegen, weil er einen Routenplaner zur Verfügung stellt, der auf kleinräumiger Ebene Routen in verschiedenen Modalitäten anbieten kann. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die GTFS-Daten für den lokalen ÖPNV mit eingebunden werden.

Volker Holzendorf

Stadtverwaltung Jena, Team Controlling und Statistik : statistik@jena.de; volker.holzendorf@jena.de

Schlüsselwörter:

Routenplanung mit R – Salesmanproblem – Optimierung – kleinräumiger Routenplaner – Open Source

Routenplanung in der Kommunalstatistik

In der kommunalen Statistik stehen wir oft vor der Herausforderung, eine optimale Route durch die Stadt zu nden. Die Anfragen, die uns als Städtestatistiker dabei erreichen, sind vielfältig: Einmal geht es darum, Wahlunterlagen möglichst e zient in die Wahllokale zu bringen, dann fragt das Büro der Oberbürgermeisterin oder des Oberbürgermeisters an, wie denn all die Außentermine des Tages zu bewältigen sind und dann wollen die kommunalen Kindertagesstätten mit warmem Essen versorgt werden. Neu sind die Anfragen von Medizinlaboren, die auf optimalen Wegen die morgens an Schulen oder P egeeinrichtungen gemachten CoVid-19-Tests einsammeln wollen, damit noch vor Ende des Tages das Ergebnis dem Gesundheitsamt gemeldet werden kann.

Meist hat bisher irgendein*e Mitarbeiter*in einen bekannten Kartendienstleister angeworfen und Routen berechnen lassen. Was bei wenigen anzufahrenden Orten noch gehen mag, stößt bei wenigen Dutzend Orten bereits an seine Grenzen. Leicht wird ein Ort vergessen, übersieht man eine Einbahnstraße oder denkt nicht an die Poller in der verkehrsberuhigten Zone bei der Routenplanung. Letzteres kann dazu führen, dass zwei an sich nebeneinander liegende Einrichtungen nur mit großen Umwegen erreicht werden können.

Was früher nur durch Ortskenntnis in den Amtsstuben – oder gar in tagelangen Märschen durch die Stadt – erstellt werden konnte, ist heute in wenigen Schritten zuverlässig und genau am eigenen Arbeitsplatz umzusetzen. Die gesteigerte Rechenleistung der PCs erlaubt es o ene Datenquellen wie OpenStreetMap (OSM) anzuzapfen. Verknüpft man dies mit frei zugänglichen Routingservices, lässt sich jede beliebige Route unter Berücksichtigung der örtlichen Begebenheiten auch für Ortsfremde berechnen.

Die zum Download bereitgestellte Dokumentation liefert eine Lösung für das Problem, das in der Literatur als Problem eines Handlungsreisenden („Salesmanproblem“) beschrieben wird. Mit Hilfe der sehr mächtigen Statistik-Software R (https://cran.r-project.org/) kann es bei entsprechenden Systemvoraussetzungen schnell und zuverlässig gelöst werden. Der Autor hat dazu eine Schritt-für-Schritt-Anleitung für die interessierende Leserschaft erarbeitet, die auf der Seite der KO.R Arbeitsgemeinschaft (https://www.staedtestatistik.de/

arbeitsgemeinschaften/kosis/kor/routenplanung-mit-r) zur Verfügung gestellt wird.

Mit R wird dabei die Plattform OpenTripPlanner (OTP) angezapft, die eine kostengünstige Möglichkeit darstellt, routingfähige Daten auf kommunaler Ebene bereit zu stellen. Damit lassen sich dann im Straßennetz von OSM die optimalen Routen für das jeweilige Routenproblem nden.

In dem technischen Report wird anhand von 7 Schritten genau erklärt, 1 welche Systemvoraussetzungen nötig sind, 2 wie man R kon gurieren muss, 3 welche Vorbereitungen getro en werden müssen (Standardverzeichnisse, OSM-Daten für die eigene Kommune herunterladen), 4 wie der temporäre Routingserver für die eigene Kommune aufgesetzt wird, 5 in welchem Datenformat die anzufahrenden Objekte vorliegen müssen, 6 wie die „Travel-Time-Matrix“ berechnet wird, die Voraussetzung dafür ist, um die optimale Route zu nden, 7 und wie schließlich die optimale Route berechnet wird. Als Ergebnis erhält man neben einer Karte, die die Routen in verschiedenen Farben darstellt (und den/die Ortskundige*n ein fürs andere Mal ins Staunen versetzen wird) auch die Metadaten der berechneten Routen. Die Tabellen enthalten beispielsweise die Anzahl der angefahrenen Objekte, die Dauer der Tour und die zu fahrenden Tourenlängen.

Das vorgestellte Verfahren bietet dabei die Möglichkeit, die Optimierung nach verschiedenen Kriterien vorzunehmen: Die kürzesten Routen können nach Entfernung oder Zeitbedarf berechnet werden. Stellt man zusätzlich noch die Anzahl der auszuliefernden Dinge (Essen für Kitakinder, Wahlunterlagen pro Wahllokal, einzusammelnde COVID-19-Tests oder ähnliches) in einem bestimmten Format bereit, kann auch die optimale Route nach dem Maximum der auszuliefernden oder einzusammelnden Dinge berechnet werden.

Derzeit werden die Routen jeweils vom ersten anzufahrenden Objekt (Kita, Schule, Wahllokal usw.) bis zum letzten anzufahrenden Objekt berechnet und visuell auf der Karte angezeigt. Das Projekt ist allerdings in ständiger Weiterentwicklung und wird demnächst auch Start- und Zielort in die Routenplanung mit aufnehmen. Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn die Routen in einem vorgegebenen Zeitfenster beendet sein sollen.

Beispiel: Essensversorgung in Jenaer Kitas: Kartenausschnitt bezüglich Zeitdauer optimierter Routen

In dem technischen Report wird anhand von Jenaer Kindertageseinrichtungen, die von einem ktiven Essensanbieter beliefert werden, erklärt, wie die optimalen Routen durch das Jenaer Straßennetz sind. Die Kinder in den verschiedenen Einrichtungen wollen zwischen 11:30 und 12:30 Uhr mit dem Essen beginnen. Das Ausliefern des Essens erfolgt über jeweils einen Essenscontainer pro Einrichtung. Dieser wird durch den Fahrdienst in die Einrichtung geschoben. Das Ausladen vor Ort dauert inkl. Parkplatzsuche und Rollcontainer in die Einrichtung bringen 10 Minuten. Die Frage ist, wie viele Touren benötigt der Essensanbieter, damit alle Kinder gut gesättigt den Mittagsschlaf spätestens 13:00 Uhr antreten können und kein Essen vor 11:30 Uhr ausgeliefert wird?

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