Microsoft Word - 26.9.08

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Ein Meister der Registrierkunst (17.09.2008) Erstaunlich, welche Farben und Klangkombinationen der Organist Hans Binder aus Dornbirn der Mauracher-Orgel der Familienkirche Linz am Mittwochabend für sein BrucknerfestDebüt entlockte: Werke von Karg-Elert und Jongen waren ein wahrer Klangzauber von Flöten-, Streicher- und Zungenregister-Mischungen. Vom Jahres-Jubilar Olivier Messiaen gab es as sogut wie nie gespielte Dyptichon über das irdische Leben und die Glückseligkeit aus dem Jahr 1930 als musikgschichtlich bemerkenswerten Programmbeitrag. Schließlich griff Binder nochmals ins „Volle“ mit Praeludium und Fuge in Es-Dur von Franz Schmidt: was hätte besser zu dieser Orgel wohl gepasst? Mit technischer Meisterschaft beschloss er diesen festspielreifen Abend, für dem ihm berechtigt langer Applaus gezollt wurde. Rupert Gottfried Frieberger


Delikatesse a la francais (22.09.2008) Der Franzose Jean-Pierre Lecaundy bestritt den zweiten Orgelabend im diesjährigen Brucknerfest am Montagabend an der Wöhl-Orgel der Linzer Stadtpfarrkirche: erstaunlich, was der dem sonst der „deutschen Romantik“ so nahe stehenden Instrument für französische Töne zu entlocken vermochte: denn ausser dem eingangs gespielten, sehr Mixturen-lastig registrierten B-A-C-H-Praeludium von Franz Liszt widmete er sein gesamtes Programm einer logischen Folge von Stücken aus der großen französischen Organistenschule. Wie klug, von Olivier Messiaen die Originalfassung für Orgel der vier Meditationen „L’Ascension“ über die Himmelfahrt Christi präsentiert zu haben - wenn auch mit großen rhythmischen Freiheiten gegenüber der Handschrift Messiaens: umso neugieriger ist man auf die Orchesterfassung eines weiteren Brucknerfest-Konzertes! Als echtes Kind französischer Orgeltradition entpuppte sich der Künstler schließlich drei Tänzen von Jehan Alain und „La Vallé de Béhorléguy au matain“: er wusste sie mit Elan und Poesie zu gestalten; dem stand ebenso in dem abschließenden Praeludium samt Fuge über den Namen Alain von Maurice Duruflé nichts nach. Ein wahrer französischer Klang-Genuß! Rupert Gottfried Frieberger


Entschlackter Bruckner mit ernstem Scherzo vor kleinem Publikum (23.09.2008) Sylvain Cambreling und das SWR-Sinfonieorchester ernteten viel Applaus für ihre Darstellung von Bruckners „Siebenter“ am Dienstagabend im Linzer Brucknerhaus – und das, zumindest nach dem Finalsatz, wohl zu recht: ein entschlackter, nicht übermystifizierter Bruckner war da vor Augen, mit guten Übergängen, einer gelungenen Apotheose über dem 24-taktigen Orgelpunkt. Auch das Scherzo nahm Cambreling im „ernsten“ Tempo, nicht so – wie oft gehört – „heruntergerasselt“, wo nur drive und Knall regiert. Das (nicht nur wegen des Gedenkens an Richard Wagner) berühmte Adagio wurde auch als klares, bedächtiges Innehalten gezeichnet, das dank spannungsvoller Leitung nicht in Einzelblöcke zerfiel. Wenn auch der Kopfsatz im Tempo sehr gut gelang – wiederum mehr dem „moderato“ gehorchend als dem „allegro“ - , so waren hier wohl noch Wünsche an partiturgtreuere, weniger eigenwillige dynamische Abstufungen offen; aber alles in allem – eine bemerkenswerte, wie selten zu gehörte Realisierung der „Siebenten“. Mehr Sorgfalt hätte ich mir allerdings für die Wiedergabe von „L’Ascension“ in der Fassung für Orchester von Olivier Messiaen gewünscht: da „bröselten“ nicht nur die ersten Blechbläser-Akkorde unkontrolliert einher, auch Intonationstrübungen (die man auch bei „moderner“ Musik hört!) wären vermeidbar gewesen; und in den Ecksätzen wäre es für das Verständnis sicher von Vorteil gewesen, wenn jeder Orchestermusiker einmal die originale Orgelfassung gehört hätte. Von dieser unterscheidet sich die Orchesterfassung im dritten Satz – hier ist volles Orchester mit Beteiligung von Schlagwerk und vollem Blech verlangt: den spielten die südwestdeutschen Gäste auch am besten. Aber: wo blieb das Publikum? Schade, dass der große Saal mehr schlecht wie recht besetzt war! Rupert Gottfried Frieberger


BRUCKNERS NEUNTE IN ST.FLORIAN: WENIG SPANNEND (26.09.2008)

Bruckners „Neunte“ in St.Florian – das klingt nach „musikalisches Vermächtnis, Testament, Apotheose“: diesen Darstellungsversuch wagte das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin mit seinem derzeitigen Chefdirigenten Marek Janowski. Und im Kopfsatz standen die Aussichten auch gar nicht so schlecht – ein maßvolles Tempo, ausgewogene Balancen und Übergänge; wenngleich die Hörner schon im vierten Takt sich mehr als piano bemerkbar machten und Flöten bisweilen sauberer intonieren hätten können, so verlief doch alles recht homogen und und stilvoll. Hatte erst am Dienstag Cambreling mit dem SWR-Orchester gezeigt, wie „vornehm“ und „sachlich“ man eine Scherzo darstellen kann, so erlebte man in St.Florian das Gegenteil: da setzte Janowski wohl alles auf Kontraste und polterte nur so daher im Tutti, wozu die Akustik der Stiftskirche noch das Ihre an Verstärkung des Stampfens in der Tenorlage der Blechbläser dazutat; dafür leistete man sich im Trio wenig partiturgetreue Tempi und verhalf der Musik mehr zu einer „Wilden Jagd“ mit Totentanzcharakter als einem Bruckner-Scherzo! Und das berühmte Adagio? Wenn schon das Nonen-Thema der Geigen „zerbröselt“? Und die Perioden der einzelnen Instrumentengruppen nicht abgelöst werden, sondern schier ineinandergeschoben wirken? Als ob die Angst bestand, der Satz fällt auseinander? Leider auch sonst unpräzise, schwammige Strukturen, wenig Deutlichkeit auf mancher „Eins“, kaum Poesie in den Holzbläsern, dafür Starkstrom-Vibrato in den Geigen….. Schade, nach dem guten Anfang hätte man Besseres erwartet – aber vielleicht waren die Erwartungen nach der Siebenten am Dienstag zu hoch. Wohl aber ist unbedingt anzumerken, dass es kaum so eine gute Programmeinführung wie diesmal gegeben hat: dafür allein hat sich der Besuch gelohnt. Rupert Gottfried Frieberger



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