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DIE K. U. K. RIVIERA DER CHARME DER ARISTOKRATIE

Die Seebäder –ihre Planer, ihre Gäste

Von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg wird die Obere Adria zu einer der beliebtesten Reisedestinationen der Künstler und der Aristokratie. Seit der Eröffnung der Bahnverbindung zwischen Wien und Triest im Jahre 1857 ist das Reisen in bequemen und luxuriösen Coupés mit Personal und großem Gepäck möglich.

Text: Eva von Schilgen

Als „Österreichische Riviera“ wurde die Adriaküste der Habsburger Kronländer Görz und Istrien, nördlich und südlich von Triest, von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ende des Ersten Weltkrieges 1918 in der Werbung bezeichnet.

Man bleibt oft für Monate am Meer, sei es zur Erholung oder zur Kur. Die ärmlichen Ortschaften und Inseln erfahren durch geschickte Investoren einen sagenhaften touristischen Aufstieg, der unerwartet und schlagartig mit dem Ende der Donaumonarchie stagniert. Heute noch erinnert hier vieles an die damalige Upperclass, an ein heiter-sorgloses Gesellschaftsleben, an glanzvolle Feste, verbotene Liebschaften und menschliche Tragödien.

ABBAZIA / OPATIJA –„DIE PERLE DER ÖSTERREICHISCHEN RIVIERA“

Der Aufstieg Abbazias vom kleinen Fischerdorf zum elegantesten Badeort der k. u. k. Riviera beginnt um das Jahr 1844 mit dem Bau der Villa Angiolina auf der in der Nähe von Fiume gelegenen Halbinsel. Sie soll Rückzugsort des durch Holz- und Weizenhandel vermögend gewordenen Fiumer Patriziers Iginio Ritter von Scarpa (1794–1866) werden. Um die Villa lässt Scarpa einen prachtvollen Park mit exotischen Pflanzen anlegen, die er aus überseeischen Ländern kommen lässt. Scarpa und seine schöne, aus einer Triestiner Familie stammende Frau führen ein „offenes Haus“, ihre Gastfreundschaft wird gerühmt.

Stephanie Von Belgien

Die Ehefrau von Kronprinz Rudolf von Österreich-Ungarn verbrachte ihre Sommerfrische in Opatija.

Ein schöner Golf, umrahmt von grünen Hügeln, auf deren Höhen die Weingelände blühen, umfächelt von des Zephyrs linden Flügeln, der freundlich kühlt der Sommerhitze Glühen. Ein dunkelblaues Meer, mit aromat’schen Düften, und selten nur ein Wölkchen in den Lüften.

Aus dem Gedicht über die Küsten Istriens von Heinrich von Littrow (1820–1895), Kartograph und Schriftsteller.

Der Charme des Seebades Opatija verzaubert in diesem stilvollen Relax-Resort direkt am Meer. Die aus dem Jahr 1876 stammende Belle-Époque-Villa Neptun und drei moderne Gästevillen gruppieren sich um einen gepflegten, mediterranen Garten.

Bald wird ihr Haus zum gesellschaftlichen Mittelpunkt der Region. Zudem verfügt die Familie über beste Verbindungen. So heiratet Scarpas Sohn Paolo im Jahr 1855 Maria von Bruck, die Tochter des österreichischen Finanzministers und Mitbegründers von Österreichs größter Schifffahrtsgesellschaft Lloyd, Karl Ludwig Freiherr von Bruck.

In Wien wird man auf die Scarpas aufmerksam, als Istriens Nationalheld Joseph Freiherr von Jelačić, Banus von Kroatien und somit höchster Würdenträger des Landes, sie 1854 besucht und 1860 die Kaiserin Maria Anna, Gemahlin des 1848 zugunsten Franz Josephs abgedankten Kaisers Ferdinand I., zu einem drei Monate dauernden Kuraufenthalt eintrifft. Indessen hatten berühmte Ärzte wie der Chirurg Theodor Billroth, der Lungenfacharzt Leopold Schrötter von Kristelli oder Abbazias Kurarzt Julius Glax der Luft in Abbazia aufgrund der starken Aerosolkonzentration eine besondere Heilwirkung attestiert.

Die Schilderungen der landschaftlichen Schönheit der Küste, der üppigen Vegetation, der milden Winter und der angenehmen Sommertemperaturen durch den Reiseschriftsteller Heinrich August Noë (1835–1896) beeindrucken Friedrich Schüler (1832–1894), den Generaldirektor der k. k. privilegierten Südbahn-Gesellschaft. Nach dem Vorbild englischer und amerikanischer Bahngesellschaften hat die Aktiengesellschaft, die mehrere Bahnstrecken in Österreich-Ungarn betreibt, bereits in Toblach und am Semmering in der Nähe der Bahnhöfe Luxushotels errichtet. Schüler erwirbt im Jahr 1882 die Villa Angiolina und plant von hier die Tourismusinfrastruktur Abbazias. Er lässt einige Hotels erbauen, darunter das Hotel Kvarner (1884), damals Inbegriff von Eleganz und Luxus, das Hotel Stephanie, benannt nach der Kronprinzessin von Österreich, und die noble Villa Amalia (1890), eine Dependance des Hotels Kvarner. Hier feierte 1901 der Großherzog von Luxemburg seine goldene Hochzeit, und die US-amerikanische Tänzerin und Choreographin Angela Isadora Duncan (1877–1927) ließ sich von den sich im Wind bewegenden Palmenblättern zu neuen Tanzformen inspirieren.

Um den Bedarf seiner Hotels mit Obst, Gemüse und Wein zu decken, erwirbt Schüler zudem eine große Landwirtschaft. Er fördert auch den Bau der 12 km langen Küstenpromenade Lungomare, die später in Franz-Joseph-Promenade umbenannt wird, durch den

MARIA

ANNA Erzherzogin von Österreich

Die K Sten Istriens

Kamelie, Myrte, Lorbeer blüh’n im Freien, wenn auch die Bergeshöh’n mit Schnee bedeckt, die erst dem Bilde wahren Reiz verleihen, weil ew’ger Frühling sich ans Meer erstreckt, weil sonn’ge Tage nimmer von hier weichen, weil Herbst und Lenz sich stets die Hände reichen.

Aus dem Gedicht über die Küsten Istriens von Heinrich von Littrow (1820–1895), Kartograph und Schriftsteller

Österreichischen Touristenclub. Im Jahr 1884 eröffnet, führt die Promenade vom malerischen Fischerdorf Volosko über Abbazia zu der 5 km entfernten Küstenstadt Lovran.

Der charmante kleine Ort Lovran besaß einst einen bedeutenden Hafen und ist ein beliebter Alterssitz von Seefahrern, als die Aktiengesellschaft Quarnero beschließt, ihn zu einem Kurort und Seebad zu entwickeln. Generalmanager wird der Wiener Architekt und Stadtplaner Eugen Fassbender (1854–1923), Erbauer des Kurhauses in Baden bei Wien und großer Naturschützer. Zwar kommt es zwischen 1891 und 1893 in Lovran zu einem geradezu explosionsartigen Anstieg des Tourismus, doch werden Bausünden wie jene in Abbazia verhindert, indem alle neuen Hotels, Vil- len, Parkanlagen und Promenaden dem Landschaftscharakter entsprechen müssen. Auch die venezianisch geprägte Altstadt bleibt unangetastet. 1905 wird Lovran zum Luftkurort erklärt. Prominentester Kurgast ist über Jahre hinweg der Wiener Bürgermeister Dr. Karl Lueger, der hier 1908 das Thronfolgerehepaar Erzherzog Franz Ferdinand und Herzogin Sophie von Hohenberg empfängt.

Entlang der Franz-Joseph-Promenade entstehen in den nächsten Jahrzehnten zahlreiche luxuriöse, im Secessionsstil erbaute Villen wie die Villa Minach, in welcher der ungarische Revolutionär und spätere k. u. k. Außenminister Gyula Graf Andrássy seine letzten Lebensjahre verbringt. Ihn verbindet eine enge Freundschaft mit Kaiserin Elisabeth von Österreich, die ihn hier mehrmals inkognito besucht haben soll. In der Villa Rosalia wohnte der berühmte Geiger und Komponist Jan Kubelik (1880–1940). Die Villa Angiolina, wo einst der österreichische Kaiser Franz Joseph sowie das Thronfolgerpaar Rudolf und Stephanie logierten, ist heute ein Museum, die 3,64 Hektar große Gartenanlage der zentrale Stadtpark von Opatija. Die 1897 von einem Burgenländer in Auftrag gegebene, stilistisch dem Schloss Miramar bei Triest ähnelnde Villa Neptun geht Jahre später in den Besitz der Gräfin Laura Henckel von Donnersmark (1838–1931) über. Im Park der Villa befindet sich heute das postmoderne Hotel Miramar. Kaiser Franz Joseph I. und seine Geliebte, die Burgschauspielerin Katharina Schratt, sollen sich in der Villa Madonna oder in der Villa Schalek mehrfach getroffen haben. Eine der damals prächtigsten Villen ist die im Jahr 1903 für den Bauunternehmer und Straßenbahnkonzessionär Jakob Ludwig Münz errichtete Villa Münz.

Im Sommer als „Meerbad von Wien“ und im Winter als milder „Wintergarten Wiens“ bezeichnet, ist in Abbazia nun das ganze Jahr über Saison. Auf Betreiben Friedrich Schülers findet im Jahr 1885 der erste Ärztekongress mit Medizinern aus der ganzen Monarchie und dem benachbarten Ausland statt. 1889 wird Abbazia offiziell zum Kurort ernannt und entwickelt sich – auch dank gezielter Werbeeinschaltungen und Inserate – rasant zu einem mondänen, luxuriösen Kurort von internationalem Ruf.

Das „Goldene Buch“ und das „Ehrenbuch des Adria Clubs“, in welche sich die prominenten Gäste eintragen – beide werden heute im Museum in Abbazia aufbewahrt –, lesen sich wie das Who’s who der europäischen Crème de la Crème der Belle Époque: Kaiser Wilhelm II. von Hohenzollern und seine Frau, die Kaiserin Auguste Viktoria, residierten in der Villa Amalia; König Georg von Griechenland; König Oskar II. und Königin Sophie von Schweden empfingen in der Villa Jeanette Kaiser Franz Joseph; König Alexander I. von Serbien; Zar Ferdinand I. von Bulgarien; der rumänische König Karl I.; dazu gesellen sich viele Mitglieder des kaiserlichen Hauses, darunter das Thronfolgerpaar

„Das Mädchen mit der Möwe“ – Diese Statue steht seit 1956 in Opatija/Lungomare. Sie ersetzte die bei einem Sturm beschädigte „Madonna del Mare“, welche zum Andenken an den bei einem schweren Unwetter verunglückten Reichsgrafen Arthur Kesselstadt aufgestellt worden war.

Stephanie und Rudolf und in ihrem Gefolge zahlreiche Fürsten, Grafen, Herzöge und Erzherzöge. Ebenso kommen viele geistliche Würdenträger, Wissenschaftler und Künstler, darunter die Komponisten Giacomo Puccini, Franz Lehár und Gustav Mahler, der hier nach einer Operation an seiner vierten Symphonie arbeitet; auch der Schriftsteller James Joyce, Peter Rosegger, den das Thronfolgerehepaar in die Villa Angiolina einlädt, oder die Friedensnobelpreisträgerin von 1905, Bertha von Suttner, finden sich unter den Gästen.

LUSSINO / LÖTZING / LOŠINJ UND BRIONI / BRIJUNI – DIE INSELN

Von Triest, Fiume und Lovran aus oder von dem an der Südspitze Istriens gelegenen und mit der Bahn erreichbaren Kriegshafen Pula bringen Schiffe der Ungarisch-Kroatischen Donauschifffahrtsgesellschaft die Reisenden auf die Inseln. Nur 30 km vom Festland entfernt liegt die 75 Quadratkilometer große Insel Lussino, Anfang des 19. Jahrhunderts nach Triest zweitgrößter Hafen der Region und berühmt wegen seiner Seefahrer, die von ihren Reisen exotische Pflanzen auf die Insel bringen. Aufgrund des milden Klimas und dank 300 Sonnentagen im Jahr wachsen hier Zitronen, Datteln, Bananen, Eukalyptus und Zedern. Maßgeblich an der Entwicklung zum Ferienparadies trägt der Lussiner Botaniker Ambroz Haračić (1855–1916) bei.

KAISER WILHELM II. UND AUGUSTE VIKTORIA

Die deutsche Kaiserin und Königin von Preußen traf man ebenfalls an der Riviera.

Er ist Professor an der Seefahrtschule und Gründer der „Gesellschaft zur Aufforstung“. Unter seiner Leitung werden in nur wenigen Jahren 600.000 Setzlinge der Aleppokiefer angepflanzt und von 1891 bis 1918 jährlich 300.000 Bäume verschiedenster Art. Seine meteorologischen Untersuchungen wecken das Interesse der Wiener Ärzte, unter ihnen auch Hofrat Leopold Schrötter von Kristelli, die den Aufenthalt auf der Insel für Lungenkranke und Rekonvaleszente ausdrücklich empfehlen.

Ab 1887 kommen die ersten Touristen auf die Insel, meist aus der Wiener Gesellschaft. So trägt das erste Hotel aus dem Jahr 1887 den Namen „Vindobona“.

Die Brioni-Inseln liegen knapp vor der Küste von Istrien. Heute gehören sie zu Kroatien, wodurch sie nunmehr auch Brijuni heißen.

Am schönsten Platz der Insel, in der Bucht von Čikat, lässt Kaiser Franz Joseph (vermutlich für Kaiserin Elisabeth) die prachtvolle rosa Villa Karolina erbauen. Zwar besucht die Kaiserin 1891 die Insel, jedoch ohne die Villa zu besichtigen, die später Katharina Schratt bewohnt. Auch Kronprinz Rudolf besucht 1887 die Insel; die Villa Podjavori („Unter dem Ahornbaum“) wird für Erzherzog Carl Stephan gebaut. Anfang 1895 verbringt der 32-jährige Erzherzog Franz Ferdinand d’Este zur Behandlung seiner Lungentuberkulose mehrere Wochen auf Lussino.

Im Jahr 1892 werden durch Erlass des Wiener Gesundheitsministeriums die beiden Städtchen auf der Insel, Lussinpiccolo und Lussingrande, zu Kurorten ernannt. 1913 ist die Insel bereits ein anerkannter Luftkurort bei Lungenkrankheiten und zur Rekonvaleszenz mit Badeanstalten und luxuriösen Hotels. Kurmusik, Tanzabende, Theatervorstellungen, Boots- und Feuerwerksfeste dienen der Unterhaltung der Gäste; darüber hinaus gibt es zahlreiche sportliche Möglichkeiten wie zum Beispiel Rasentennis, Segeln, Rudern oder Fischen.

Die touristische Erschließung der Inselgruppe Brioni erfolgt durch den Generaldirektor der Witkowitzer Eisenwerke bei Mährisch-Ostrau, Paul Kupelwieser, Sohn des bekannten Wiener Biedermeiermalers Leopold Kupelwieser. Der 50-jährige Industrie- und Finanzmagnat will sich seinen Traum von einem Leben im Süden verwirklichen und kauft im Jahr 1893 die damals nahezu verlassene, verwahrloste und von Malaria verseuchte Inselgruppe. Mit Unterstützung des Mikrobiologen Robert Koch (1843–1910) gelingt die Ausrottung der Malaria. Kupelwieser plant nun sorgfältig eine Tourismusinfrastruktur. Er lässt Tümpel entsumpfen, archäologische Reste von Gebäuden freilegen, die öde Landschaft aufforsten. Straßen werden gebaut, Villen für die Vermietung an noble Feriengäste und luxuriöse Hotels errichtet. Der Hafen wird für Kupelwiesers Inseldampfer und Privatjachten vergrößert. Sogar ein gedecktes Winterschwimmbad sowie das größte und, wie behauptet wird, nobelste Seebad zwischen Triest und Fiume wird gebaut – mit 180 Kabinen, Sonnenterassen und Spielplätzen.

Um den steigenden Wasserbedarf auf der Insel zu decken, kauft Kupelwieser auf dem Festland in der Nähe am 20. August 1910, in der Blütezeit der Österreichisch-Ungarischen Monarchie, eröffnet und entwickelte sich zu einem herrlichen Touristenparadies nahe der Adria, während Portorož als Europas führender Badeort und Kurort bekannt wurde. von Pula ein ganzes Höhlensystem und lässt dessen Wasser über eine Rohrleitung nach Brioni pumpen, eine für die damalige Zeit technische Meisterleistung; allein der im Meer liegende Teil der Wasserleitung war 3,2 km lang. Kupelwieser gründet einen landwirtschaftlichen Musterbetrieb, der Feinkost produziert. Mithilfe des Tierhändlers und Zoodirektors Carl Hagenbeck (1844–1913) wird ein exotischer Wildpark angelegt, in dem sich Affen, Flamingos, Strauße, Wildgänse und Antilopen tummeln. Der ehrgeizige Plan, auch Eisbären zu importieren, scheitert allerdings. Um 1912 ist Brioni das eleganteste Seebad mit luxuriösen Strandbädern, Tennis- und Poloplätzen sowie Reitbahnen und einem reichen kulturellen Angebot.

Der Erzherzog von Österreich verbrachte seinen Urlaub im heutigen Kempinski Palace Hotel Portorož.

Der Golf Von Triest

Das von Triest aus leicht zu erreichende Portorož (Portorose) mit seinem besonders milden Klima wird gegen Ende des 19. Jahrhunderts ebenfalls zum Treffpunkt der feinen Gesellschaft. Um 1880 werden die Heilerfolge des Arztes Dr. Giovanni Lugnano in der ganzen Monarchie bekannt: Er behandelt Patienten mit Rheumatismus, Wassersucht, Lymphknotentuberkulose oder Übergewicht, verarztet Wunden mit Salzbädern und Salzschlamm und verordnet Trinkkuren mit Salzwasser. Im Jahr 1897 erhält Portorose den Status eines Kurortes, um 1900 gibt es bereits mehrere Hotels; auch reiche Familien aus Triest lassen hier ihre Sommervillen erbauen. 1910 wird das Palace Hotel, nach dem Excelsior in Venedig das zweitgrößte an der Adria, eröffnet. Es bietet 400 Gästen Platz, die luxuriösen Zimmer mit Privatbad und Loggia erreicht man mithilfe eines elektrischen Lifts. Es gibt elegante Salons, einen prachtvollen Speisesaal, eine Garage, einen Tennisplatz, eine Rollschuhbahn und einen weitläufigen Park. Österreichs Thronfolger, der in Sarajewo ermordete Franz Ferdinand, verbringt hier einige Tage.

Im Zuge der touristischen Erschließung der Küste von Istrien und auf der Suche nach neuen Standorten für Badeanstalten werden Investoren auch auf die obere Adriaküste aufmerksam. Nur 5 km nordwestlich von Triest hatte sich 1856 Erzherzog Ferdinand Maximi- lian, der Bruder von Kaiser Franz Joseph I. und spätere Kaiser von Mexiko, für sich und seine Frau Charlotte von Belgien auf einer Felsenklippe in der Bucht von Grignano sein Traumschloss Miramare erbauen lassen. Inmitten der felsigen Uferlandschaft ließ er einen Park anlegen, importierte Tannen und Fichten aus Spanien und der Himalaja-Region, Zedern aus Nordafrika und dem Libanon sowie Zypressen aus Mexiko und Kalifornien. Eigenhändig pflanzte er Sträucher und Rosenbeete an.

Nicht weit entfernt befindet sich das romantische mittelalterliche Castello di Duino der Gräfin Thérèse Maria Beatrix von Thurn-Hofer und Valsassina, die den Besitz 1893 ihrer Tochter Maria Prinzessin zu Hohenlohe, verheiratete Prinzessin von Thurn und Taxis, vermacht. Diese verehrt und fördert den Dichter Rainer Maria Rilke, den sie 1909 in Paris kennengelernt hat. 1910 kommt Rilke das erste Mal nach Duino, von Oktober 1911 bis Mai 1912 verfasst er hier die ersten beiden berühmten Duino-Elegien. Die Freundschaft zwischen der Fürstin und dem Dichter besteht 17 Jahre lang bis zu dessen Tod.

„Die schönsten Momente im Leben sind nicht die, in denen man atmet, sondern die, die einem den Atem rauben.“

– Rainer Maria Rilke (1875–1926), österreichischer Lyriker

Zu den Gästen auf Schloss Duino zählen auch Kaiser Franz Joseph und Kaiserin Elisabeth, Erzherzog Maximilian von Habsburg und seine Frau Charlotte von Belgien, Erzherzog Franz Ferdinand und Erzherzogin Maria Josepha, die Komponisten Johann Strauss und Franz Liszt, die Schauspielerin Eleonora Duse, der Lyriker Paul Valéry, die Schriftsteller Mark Twain, Victor Hugo und Gabriele d’Annunzio oder der Physiker Ludwig Boltzmann, der hier verstarb. An Rainer Maria Rilke erinnert der Panoramaweg entlang der Felsen zwischen Duino und dem kleinen Ort Sistiana, der sich Ende des 19. Jahrhunderts zu einem beliebten Badeort von Gästen aus der gesamten Monarchie entwickelt.

Grado

Seit 1815 gehörte die lang gestreckte Insel Grado zwischen Lagune und Meer zum Habsburgerreich, aber ihre Geschichte als k. u. k Seebad ist kurz. Zwar werden 1864 die ersten Badekabinen aufgestellt und 1873 wird ein Erholungsheim für Kinder errichtet, aber erst im Jahr 1883 eröffnet der Florentiner Arzt Giuseppe Barellai eine Kuranstalt in Grado, denn wissenschaftliche Untersuchungen hatten gezeigt, dass das Meer vor der Küste Grados den höchsten Salzgehalt aufweist. Barellai wird Pionier der „Thalassotherapie“, einer Kur mit Salzbädern und Packungen im heißen Sand für Patienten mit Rheuma, Gicht, Atembeschwerden und Stresssymptomen. Nachdem die Wasserversorgung der Stadt durch eine Wasserleitung gesichert und ein neuer Damm errichtet ist, wird im Jahr 1892 durch kaiserlichen Erlass die „Kur- und Badeanstalt Grado“ gegründet. Mit Unterstützung der Stadtverwaltung entstehen neben der Altstadt ein neues, anmutiges Stadtviertel mit hübschen Villen und kleinen Pensionen an breiten, schattigen Alleen, ebenso Bade- und Sportanlagen auf dem weitläufigsten und sonnigsten Sandstrand des österreichischen Küstenlandes.

Grado war bei der Habsburger Aristokratie als exklusive Sommerfrische sehr beliebt. Auch heute noch bieten die Thermen modernste Behandlungen für die Pflege und Rehabilitation.

Zur Bekanntheit und zum touristischen Aufschwung Grados trägt maßgebend der Maler und Grafiker Josef Maria Auchentaller (1865–1949) bei, von dem auch das berühmte Plakat von Grado stammt. 1903 zieht der bestens vernetzte Künstler mit seiner Familie nach Grado und lässt von dem Architekten und Mitglied der Wiener Secession Julius Mayreder (1860–1911) die Pension Fortino errichten, die schon bald vom Wiener Großbürgertum ebenso frequentiert wird wie von Künstlern wie dem Jugendstilmaler Carl Moll, dem Bühnenbildner Alfred Roller oder dem Architekten Otto Wagner. Im Jahr 1912 begrüßt Grado bereits 14.000 Saisongäste.

Mit dem Untergang der Habsburgermonarchie endet auch der dynamische touristische Aufbau, der Fremdenverkehr kommt zum Erliegen und neue Grenzen entstehen. Erst ab der Mitte des 20. Jahrhunderts kann das Gebiet westlich von Triest an die touristischen Erfolge von einst anknüpfen, und nach dem Zerfall des ehemaligen Jugoslawiens kommt schließlich auch an den Küsten Istriens der Tourismus wieder in Schwung. Heute erinnert man sich wieder gerne an die k.-u.-k.-Vergangenheit und wirbt mit dem Charme der Gründerzeit.

Text: Eva von Schilgen

Istrien

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