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SCHLOSS VIEHOFEN
SCHLOSS VIEHOFEN AUS ALT MACH NEU
Bibliothek mit strahlenförmig verlegten Fußboden, Josefinischen Kachelofen und Biedermeier Bücherschrank
Nach beinahe 18 Jahren des fachmännischen und geschmackvollen Renovierens erstrahlt das Schloss Viehofen hoch über dem Stadtzentrum von St. Pölten seit dem heurigen Sommer in neuem Glanz. Die historische Mauer samt großzügigem Einfahrtstor umgibt den Hof, der von mehreren Gebäude gebildet wird. Eine elegante Einheit, die ab sofort für Events genützt werden kann.
Schon aus der Ferne, da, wo Gewerbebetriebe und Wohnblocks die Straße ins Herz der Stadt säumen, sieht man oben an einer Steilkante das Schloss. Stolze, hohe Mauern in Weiß und Grau und eine jahrhundertealte Kirche stechen ins Auge. Die Bergfahrt dauert nicht lange, schon stehen wir vor dem mächtigen steinumfassten Tor. Matthias und Sabine Figl sind hier die Hausherren. Sie bitten uns herein und haben viel zu erzählen.
„Ruinen zu retten“, das scheint die große Leidenschaft des vor wenigen Jahren verstorbenen Antiquitätenhändlers Josef Figl gewesen zu sein, jedenfalls zeugen die Bilder in der Eingangshalle unzweifelhaft davon. Da hängen leicht vergilbte Stiche von den Schlössern Totzenbach, Bergau, Schmida, Pixendorf, Sitzenberg, Eggendorf oder Lambach – allesamt Anwesen, die Josef Figl im Laufe seines Lebens gekauft, renoviert und später veräußert hat.
„In fast jedem dieser Häuser haben wir als Familie eine Zeit lang gelebt“, erzählt Matthias und fügt hinzu, dass er Beruf und Berufung – das Handeln mit Antiquitäten, aber auch das Restaurieren historischer Gemäuer unter Verwendung alter Materialien – von der Pike auf gelernt hat. Im Falle des Schlosses Viehofen blieb ihm und seiner Ehefrau Sabine gar nichts anderes übrig, als Verantwortung dafür zu übernehmen und das Vermächtnis des Vaters zu vollenden.
Als die Figls, die im Meierhof des Schlosses Plankenberg im Tullnerfeld ihren „Antikhof“ betreiben, zum ersten Mal hierherkamen, war Viehofen „eine richtige Ruine“, wie Matthias Figl erklärt. „Man hat nur die Außenmauern und einige Kamine gesehen. Kein Dach, kein Boden, keine Türen, keine Fenster, einfach nichts.“ Kein Wunder, hatte das Schloss doch eine aufregende Geschichte hinter sich.
Bereits im 12. Jahrhundert müssen Burg und Kirche an dieser Stelle gestanden sein. In Dokumenten des Stiftes Göttweig, aber auch in denen des Bistums Passau und des Klosters St. Pölten ist davon zu lesen. Für die Jahrhunderte danach werden unter anderem Rein-
Wintergarten
Schlossansicht vor Renovierung Matthias Figl mit seinen Kindern vor der Schlosssanierung
Festsaal mit Marmorboden und Barockinventar
Schlossansicht vom Innenhof nach Renovierung 2021
precht von Wallsee, Bernhard von Kirchberg, die Grafen von Herberstein oder die von Kuefstein als Besitzer des Schlosses im Stadtteil Viehofen genannt. Im Jahr 1945 hielten russische Besatzungstruppen Einzug, und damit war das Schicksal des Schlosses besiegelt. Wie so viele andere Stätten hinterließen die Soldaten der Roten Armee auch diesen gesamten Komplex verwüstet und geplündert. Ein Zustand, der bis zum Jahr 2003 als irreversibel schien. Heute, 18 Jahre nachdem Josef Figl das Objekt erstanden hat, wird man eines Besseren belehrt. Die Gebäude sind saniert und fehlende Teile wurden nach allen Regeln der Kunst und des Denkmalschutzes ersetzt.
Unser Rundgang beginnt im Hof, und bereits hier kommt man aus dem Staunen nicht heraus. Da wäre einmal der mächtige Seitentrakt. Von außen zweigeschossig, von innen bis zum Dachstuhl hin offen. Große, grau gestrichene Tore und Fenster zur Linken und Rechten in das Ensemble eingepasst. Der runde Turm – „Einer der wenigen Teile des Schlosses, der noch ein Dach aufwies“, wie wir erfahren – sowie der Wehrgang in schwindelnder Höhe, der zum Haupthaus führt, begrenzen den Innenhof auf der nördlichen Seite. Besonders schön sind die handgeblasenen Fensterscheiben. Sie stammen aus einem Tauschgeschäft mit dem Schlossansicht vom Innenhof vor 18 Jahren
Terrasse mit Blick auf den neu errichteten Turm
Gewölberaum mit Renaissance Luster, Barock Konsole und Renaissance Tisch
benachbarten Stift Herzogenburg.
Eines der Grundprinzipien des Unternehmerpaares ist die Verwendung gebrauchter Materialien. „Wir renovieren nachhaltig, alles wird wiederverwendet“, sagen die beiden. Und während wir das eigentliche Schloss durch einen steinernen Türstock betreten, sehen wir schlagende Beweise dafür: Hier sind Deckentramen aus der ehemaligen Schoellerbank in Wien verbaut und ein schöner Holzboden aus einem ehemaligen Gasthaus verlegt. Hier sind steinerne Statuen aus anderen Schlössern in Mauernischen platziert und antike Möbel finden neue Verwendung. Alle Kästen, Tische, Teppiche, Bilder und Luster im Haus kommen aus dem großen Warenangebot des „Antikhofs“. Sie werden je nach Bedarf geholt und gebracht. Und: „Alles, was hier steht, ist auch verkäuflich“, ergänzt Sabine Figl.
Auf originalen historischen Stufen steigt man in den ersten Stock. „Hier lag überall jede Menge Schutt“, erzählt das Ehepaar. Wochenlang musste sich ein Minibagger durchkämpfen, bis alles freigeschaufelt war. Wer heute hier heiratet, bemerkt von alledem nichts mehr. Der Trauungssaal verfügt über einen wunderschönen Marmorboden, mehr als 200 Jahre alte Leinenbilder an den Wänden und einen funktionierenden Kachelofen in der Ecke. Wir durchschreiten einen Grauen, einen Grünen und einen Ecksalon mit kreisförmig angeordneten Parketten. Die Zimmerflucht ist wunderbar möbliert, einladend und geschmackvoll elegant, ohne überladen zu sein.
„Mein Mann kann alles“, kommt Sabine Figl ins Schwärmen, während wir über die vielen schönen Details staunen. „Wir haben die Coronazeit genützt und hier gearbeitet.“ Gemeinsam mit der Tochter, einer Juristin, und dem Sohn, der Maschinenbau studiert hat, wurde hier gezimmert, gemauert, verlegt und gemalt. „Zum Renovieren benötigt man einen großen Lagerbestand“, betont der Hausherr und zeigt auf Türstöcke, Fensterrahmen, Böden und vieles mehr, was er in Bausch und Bogen aus diversen Quellen erwerben konnte.
Für die etlichen historischen Flügeltüren, die Einbaukästen und Stauräume dahinter verbergen, zeichnete noch Josef Figl verantwortlich. Er hatte diese zu Lebzeiten gesammelt, und nun kommen sie hier in Viehofen zum Einsatz. Der schönste unter ihnen befindet sich in der Hochzeitssuite und stammt ursprünglich aus der Schönbrunner Schlossapotheke. Ein geschickt eingebautes, luxuriöses Badezimmer, eine
Sabine und Matthias Figl auf den Treppen zur Schlosskapelle Foyer zu den Festsälen
Im ehemaligen Pferdestall steht eine Skulptur von Hans Kupelwieser.
Die aufwändig renovierte Schlosskapelle Matthias Figl am Tor zur Schlossskapelle
Wohnräume im Schloss
Antikhof Figl in Plankenberg mit über 3000 m2 an Schauraumfläche
einladend helle offene Teeküche, das Schlafzimmer mit Himmelbett und ein gemütlicher Salon stehen Gästen zur Verfügung.
Über die Terrasse und den großen Umgang auf den alten Mauern gelangt man zum sechseckigen Turm, den die Figls nach alten Plänen und eigener Fantasie neu erbaut haben. Hier können Feste beginnen oder enden. Und von hier hat man einen guten Ausblick auf die darunterliegende Stadt.
Die prächtige Kirche mit Turm, Hauptschiff und Apsis ist das eigentliche Herzstück des Schlosses Viehofen. Sie ist dem Heiligen Jakob geweiht und wurde im 12. Jahrhundert erstmalig urkundlich erwähnt. Nachdem Matthias Figl die Fresken eigenhändig von ihrer vielschichtigen Farbübermalung befreit und nach Vorgaben des Bundesdenkmalamtes gerettet hatte, weihte Prälat Maximilian Fürnsinn aus dem Stift Herzogenburg sie ganz offiziell anlässlich des Eröffnungsfestes von Schloss Viehofen.
Unser Besuch geht dem Ende zu. Die Fenster werden geschlossen, die Türen versperrt. Matthias und Sabine Figl steigen ins Auto, um nach Plankenberg zu fahren, in ihr Zuhause seit 25 Jahren, das sie ebenfalls aus einer ursprünglichen Ruine in ein Kleinod verwandelt haben. Dort leben sie, dort arbeiten sie – Matthias im Einkauf für antike Möbel, Sabine im Verkauf, im Marketing und in der Vermietung von Viehofen, wo in Zukunft Hochzeiten, Konzerte, Ausstellungen, Feste und Feiern aller Art stattfinden sollen. „Wir lieben unseren Beruf“, sagt sie mit Überzeugung, und das SCHLOSSSEITEN Team ergänzt an dieser Stelle sehr gerne, dass die Figls auch etwas davon verstehen.
INFOBOX
Schloss Viehofen Schlossbergstraße 15, 3107 St. Pölten Tel: +43 664 5328577 www.schloss-viehofen.at
Antikhof Figl - 3000 m2 Antiquitäten Schauraum Hauptstraße 7, 3451 Plankenberg/Tulln Filiale Wien: Stallburgasse 2, 1010 Wien Tel: +43 664 5328577 www.antikhof-figl.at