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FRANZ JOSEF ALTENBURG
Ein Nachruf für einen ganz einzigartigen Künstler in Österreich
Der renommierte Künstler, der Grandseigneur der österreichischen Keramik, ein Urenkel Kaiser Franz Josefs und ein – trotz großer Erfolge – unglaublich bescheiden gebliebener Herr ist nicht mehr. Franz Josef Altenburg ist im heurigen Sommer 80-jährig gestorben. Sein Lebenskreis scheint sich geschlossen zu haben, war doch genau zu der Zeit in Bad Ischl, wo Altenburg geboren und aufgewachsen ist, sein Œuvre ausgestellt.
Text: Clarissa Mayer-Heinisch Fotos: Michael Maritsch – Fotografie
Geometrisch, architektonisch und geradlinig sind die Keramiken des Franz Josef Altenburg zuletzt gewesen, meist in den Farben Weiß, Beige oder Grau gehalten, nicht besonders groß und trotz Vielfältigkeit und Unterschiedlichkeit immer als seine Werke zu erkennen. Es ist ein beinahe sechs Jahrzehnte umspannendes Werk, das in diesem Jahr nicht nur in Bad Ischl, sondern davor auch im Museum für angewandte Kunst (MAK) in Wien zu sehen war.
„Sein Œuvre bildet die große Tradition der Wiener Keramik der Moderne ab. Sein Werk ist von Gefäßformen und architektonischen Elementen sowie reduzierten Konstruktionen geprägt. Als künstlerische Wegbereiter führte er Minimalisten wie Donald Judd, aber auch seinen einstigen Ateliergenossen in der Gmundner Keramik, Anton Raidel, an“, so Rainald Franz, der Kurator der Schau im MAK.
Die Anfänge seiner kreativen Arbeit liegen weit zurück. Nach den ersten Lebensjahren in der Kaiservilla in Bad Ischl, wo seine Familie damals lebte, ging Franz Josef Altenburg an die Grazer Kunstgewerbeschule und arbeitete danach mehrere Jahre für die Hallstätter und später für die Gmundner Keramik. Hier lernte er das Rüstzeug für die komplizierte Arbeit mit dem Werkstoff Ton, bevor er im Jahr 1976 den Sprung in die Selbstständigkeit wagte.
Die Werkstätte im oberösterreichischen Breitenschützing nahe bei Schwanenstadt ist seit damals der Platz, an dem Franz Josef Altenburg am liebsten war.
Hier hat auch Jacinta Mössenböck den Meister des Öfteren besucht. Sie ist gemeinsam mit ihrem Bruder Laurens Pöttinger, mit ihrem Sohn Vincenz Maria und mit dem Hausherrn von Schloss Parz, Georg Spiegelfeld, als Galeristin tätig und bekam Franz Josef Altenburg schon vor vielen Jahren, bevor die Galerie gegründet wurde, ans Herz gelegt, weil er „außergewöhnliche Keramiken herstelle, weil er so viele Kinder zu ernähren habe und so höflich und liebenswert sei“. Bei ihrem ersten Besuch im Atelier, einer „gefühlvoll renovierten romantischen Mühle mitten im Land“, wie sie erzählt, fand sie all das bestätigt.
Im Jahr 2017 waren Franz Josef Altenburgs Arbeiten in der Galerie Schloss Parz das letzte Mal zu sehen. Damals war er den Werken von Jakob Gasteiger gegenübergestellt, was einen spannenden Dialog ergab. „Ich durfte in seinem Atelier nach Stücken suchen, die wir zeigen wollten, und er hat auch explizit für diese Ausstellung Türme geschaffen, die es in dieser reduzierten Form und Oberfläche das erste Mal zu sehen gab“, schwärmt Mössenböck noch heute. Altenburgs Werke fanden nicht nur im Kreis seiner Sammler große Aufmerksamkeit, daher sind aktuell nur mehr zwei unverkäufliche Objekte in der Galerie zu finden. Die Technik des Keramikkünstlers war ganz einzigartig. Der Ton wurde geschnitten, bevor er, naturbelassen oder glaciert, in die gewünschte Form gebracht und in Werkgruppen unter den Titeln „Türme“, „Gerüste“, „Rahmen“, „Blöcke“ oder „Häuser“ in Variationen gebrannt wurde. „Wenn man viele der Objekte auf einem Tisch stehen sieht, erinnert es mich immer an New York“, sagt die Galeristin. Dabei war seine Formensprache nicht immer so. Begonnen hatte er mit allerlei Gefäßen, die einer schlichten Ästhetik folgten. Erst in den 1990er-Jahren wurde seine Arbeit abstrakter und mutete bald architektonisch an.
Was immer gleich blieb, war die Qualität. „Franz Josef Altenburg hat mit seiner Kunst über Jahrzehnte hinweg Maßstäbe gesetzt: in der herausragenden Qualität und Konsequenz seines Schaffens, in der Einzigartigkeit seiner Formensprache. Er steht für ein Werk von nationaler und internationaler Bedeutung und Relevanz“, sagte erst kürzlich Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer bei der Verleihung des Goldenen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich, die der Künstler noch dieses Jahr erhielt.
„Seine Kunst ist zurückhaltend, sein Anspruch an sich selbst hoch, seine Bescheidenheit großartig und seine Arbeitsweise sorgfältig“, erzählt Jacinta Mössenböck voller Bewunderung für den Künstler und vor allem für sein
Spätwerk und analysiert: „Franz Josef Altenburg hat in letzter Zeit immer mutiger gearbeitet, spielerischer, freier und reduzierter.“ Und er hat auch für seine Technik, für die filigrane, gebrechliche, zerbrechliche Kunst, große Anerkennung erhalten.
Was nach seinem Tod bleibt, sind Tausende Objekte, die sich in privaten Sammlungen und Haushalten befinden. Oft sind es Schichtungen identer Tonelemente, oft sind es Formen, die an archaische Hausmodelle erinnern, manchmal Zusammensetzungen aus Stäben zu Türmen. Aber es gibt auch Skulpturen, die an alpine Landschaften erinnern, oder die Rahmen, die aus der intensiven Auseinandersetzung mit dem Spätwerk des russischen Malers Alexej von Jawlensky resultieren und sich an dessen an Ikonen erinnernden Köpfen abarbeiten.
„Das Werk Franz Josef Altenburgs steht modellhaft für die hohe, authentische Kunst der Keramik“, sagte Christoph Thun-Hohenstein, der Direktor des MAK, anlässlich der im Sommer zu Ende gegangenen Ausstellung. „Er hat sein ganzes Leben dem Material Ton gewidmet und ist damit ein wunderbares Beispiel für jenen künstlerischen Tiefgang, den wir in der Klima-Moderne so dringend brauchen.“ Also noch etwas, was von Franz Josef Altenburg für seine Nachwelt an Vorbild bleibt.
Christoph Thun-Hohenstein, Direktor des MAK
FRANZ JOSEF ALTENBURG LEBENSWEG
Franz Josef Altenburg wurde 1941 in der Bad Ischler Kaiservilla als Urenkel von Kaiser Franz Joseph I. geboren. Nach dem Besuch der Kunstgewerbeschule in Graz arbeitete der Künstler bei der Hallstatt Keramik, in der Chelsea Pottery in London, im italienischen Faenza, in Genf, in Wien und schlussendlich in der Gmundner Keramik, wo er gemeinsam mit einigen Kollegen das Designstudio „Gruppe H“ bildete, deren Entwürfe schon nach kurzer Zeit auf internationalen Messen gezeigt wurden und Anerkennung fanden. Bald danach waren seine persönlichen Entwürfe in Ausstellungen zu sehen. Im Jahr 1976 kaufte Franz Josef Altenburg gemeinsam mit seiner Frau eine renovierungsbedürftige alte Mühle in Breitenschützing bei Schwanenstadt, wo er sich sein Atelier einrichtete und als freischaffender Künstler zu arbeiten begann. Es folgten einige Arbeiten für „Kunst am Bau“, beispielsweise keramische Ausschmückungen von Sakralbauten wie der Altar in der Stiftskirche in Neuberg an der Mürz oder das Kreuz in der Pfarre Lainz Speising, um nur zwei zu nennen. Dazu kamen im Laufe der Jahre unzählige Ausstellungen in Museen und Galerien, wo nicht nur die herausragenden und charakteristischen bildhauerischen Arbeiten, sondern auch Malerei und Skizzen gezeigt wurden. Darüber hinaus gibt es auch Zeichnungen auf Papier, Fahrkarten, Briefkuverts, Kartons und mehr, was eben gerade greifbar war. Im Oktober 2020 entstand ein dunkler Turm, den der Künstler selbst „Meine letzte Arbeit“ nannte. Im Katalog zur Ausstellung im MAK im Frühjahr dieses Jahres steht zu lesen: „Einen ,Altenburg‘ erkennt man – die höchste künstlerische Auszeichnung, die einem Künstler zuteilwerden kann.“