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Steven Uhly Finsternis Secession Verlag, 20,– Euro Dieses Buch lässt einen lange nicht mehr los. Der junge Kriminalbeamte Malik wird mit seinem erfahreneren Kollegen zu einem bizarren Mordfall gerufen. Eine alte Dame wurde bestialisch getötete und anschließend in einem Park »abgelegt«. Alles deutet auf einen sadomasochistischen Hintergrund. Plötzlich taucht ein Video auf, das die beiden Polizisten regelrecht aus der Bahn wirft. Während der eine abtaucht, ist Malik nicht mehr wirklich dienstfähig. Deshalb wird ihm dringend empfohlen, den Psychologischen Dienst der Polizei aufzusuchen. Das Buch umfasst die zwölf Gespräche, die Malik mit einer sehr klugen und empathischen Therapeutin führt. Sie lässt dem jungen Mann viel Freiraum, bringt ihn jedoch mit behutsamen, aber gezielten Fragen dazu, sich der Wahrheit zu nähern. Das bleibt nicht ohne Folgen – auch für die Therapeutin.
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James Anderson Lullaby Road Aus dem Englischen von Harriet Fricke Polar Verlag, 22,– Euro Utah im Winter. Klirrende Kälte, eisige Winde, gefährlich glatte Straßen. Ben Jones ist ein einsamer Mann. Täglich befährt er mit seinem Truck die Road 171 durch die Wüste, um ihre wenigen Bewohner mit dem Nötigsten zu versorgen. Eines Tages findet er an einem Truck Stop, den er regelmäßig anfährt, an einer Zapfsäule zusammengekauert, ein kleines Mädchen mit seinem Hund und einem Zettel, auf dem steht, er möge sich doch bitte um das Kind kümmern. Eisige Temperaturen und von den Eltern keine Spur – kurzerhand nimmt der Trucker beide mit in die Fahrerkabine und macht sich an seine Arbeit. So beginnt die Geschichte von James Anderson, die viel mehr ist als eine reine Kriminalstory: Sie beschreibt liebevoll das Leben in einer der unwirtlichsten Ecken Amerikas und die hoffnungslos vereinsamten, verschrobenen und wortkargen Menschen, die dort wohnen. Unter ihnen John, ein selbst ernannter Priester, den deshalb alle nur Preach nennen. Er schleppt tagaus tagein ein schweres Holzkreuz die Straße entlang, bis er unter mysteriösen Umständen schwer verunglückt. Um sein Leben zu retten, muss Ben Jones einen alten Arzt zu Hilfe holen, der aber seine ganz eigene Geschichte hat und jeden zu töten droht, der sich seiner lausigen Behausung nähert. Hier nimmt die Geschichte massiv an Fahrt auf. Roadmovie, Krimi mit Westernfeeling und einfach großartig, mit welcher Empathie James Anderson auch noch die schwierigsten Charaktere beschreibt!
schmitzkatze 32
Zsuzsa Bánk Sterben im Sommer S. Fischer Verlag, 22,– Euro Einmal noch in die Heimat. Einmal noch schwimmen im Plattensee in Ungarn. Einmal noch sitzen in seinem Paradiesgarten unter der alten Akazie. Der Vater von Zsuzsa Bánk ist alt und schwer krank. Er ahnt, dass er nicht mehr allzu lange zu leben hat. Deshalb bittet er seine Tochter um eine gemeinsame Reise in die alte Heimat am Balaton, wie die Ungarn ihren Plattensee nennen. Die Rückreise verläuft anders als geplant: Der Vater muss im Helikopter transportiert werden, das Ziel ist eine Frankfurter Klinik. Hier sitzt die Autorin nun und begleitet ihren Vater in den Tod. Dankbar erinnert sie sich, ängstlich schaut sie in die nächste Zukunft. Was geschieht mit uns, wenn das Unvermeidliche näher rückt, wenn wir Abschied nehmen müssen. »Sterben im Sommer« erzählt davon – eindrücklich und zärtlich zugleich.
Sebastian Barry 1000 Monde Aus dem Englischen von Hans-Christian Oeser Steidl Verlag, 24,– Euro »1000 Monde« ist ein Western, gleichzeitig aber große Literatur. Während der Indianer-Kriege haben die beiden Unionssoldaten Thomas McNulty und John Cole ein Indianermädchen, das sie fortan Winona nennen, bei sich aufgenommen und ziehen es groß. Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht des Lakota-Mädchens. Sie erzählt von ihrer Kindheit bei ihrem Stamm, von Jas Jonski, ihrer ersten Liebe, davon, wie es war, bei zwei Männern aufzuwachsen, die ihre Familie getötet haben könnten und die sie doch so sehr liebt; davon, wie es ist, für die einen etwas Goldenes, für die anderen aber ein Nichts zu sein; von der Farm, wo sie mit Thomas und John, mit Lige Magan und den befreiten Sklaven Rosalee und Tennyson eine neue Familie gefunden hat. Doch die Idylle ist bedroht: Der Süden hat den Krieg verloren und hungert, marodierende Banden ziehen durchs Land und plötzlich tauchen Männer in weißen Kapuzen auf, vor denen nicht einmal Weiße sicher sind.
Wolf Harlander 42 Grad Rowohlt Polaris, 15,– Euro In Corona-Zeiten ist sie ja etwas aus dem Fokus gerückt, aber die Klimakrise wird wohl auf Dauer das größere Problem sein. Jetzt hat sich der Journalist und Autor Wolf Harlander dem Thema in einem äußerst spannenden Thriller genähert. Jahrhundertsommer in Deutschland. Alle freuen sich über schönes Wetter und Sonnenstunden wie in Südeuropa, die Freibäder sind überfüllt. Doch die Uhr tickt. Plötzlich ist die Wasserversorgung nicht mehr gewährleistet, Flüsse trocknen aus, Brunnen versiegen und Waldbrände machen der Feuerwehr in ganz Deutschland zu schaffen. Überall in Europa fliehen Menschen in Regionen, in denen das mittlerweile wertvollste Gut der Welt noch ausreichend vorhanden vermutet wird: Wasser. Unabhängig davon machen eine IT-Spezialistin aus Dänemark und ein Hydrologe aus Deutschland noch eine ganz andere Entdeckung: Eine Katastrophe ungeheuren Ausmaßes bedroht Europa und ruft kriminelle Profiteure auf den Plan. Das Buch »42 Grad« will keine große Literatur sein. Es ist ein Thriller, geschrieben wie ein Drehbuch, rasant, schnell, sehr facettenreich, mit einigen überraschenden Wendungen. Es ist sauber recherchiert und zeigt, was im Falle einer Klimakatastrophe alles passieren könnte.