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Situation an den Berliner Musikschulen Notendownload Verbesserung der Unterrichtsqualität

musikschule )) DIREKT Abstreiten, abwiegeln, abschaffen: Wie die Senatsverwaltung die Berliner Musikschulen zerstört Berlin hat zum 1. Juni 2013 die Zahl seiner Musikschulen von zwölf auf ca. 1 600 erhöht. Wie das gehen kann? Ganz einfach: Die Senatsverwaltung für Bildung hat neue Ausführungsvorschriften erlassen, um die von der Deutschen Rentenversicherung festgestellten Indizien für eine vorliegende Scheinselbstständigkeit der Berliner Musikschullehrer abzuschaffen. Statt die Lehrkräfte fest anzustellen, macht die Senatsverwaltung in Absprache (!) mit der Rentenversicherung nunmehr jeden Einzelnen der 1 600 Berliner Musikschullehrer zum Unternehmer. Die Freude der Musikschullehrer über so viel unternehmerische Freiheit ist jedoch äußerst gedämpft. Stattdessen fordern sie seit über einem Jahr mit immer neuen Aktionen eine ausreichende soziale Absicherung. Die meisten Lehrkräfte haben dennoch inzwischen die neuen Honorarverträge unterschrieben. Aber: Unterschreiben heißt nicht zustimmen. Viele haben schlichtweg keine Wahl, da sie sich bzw. eine Familie ernähren müssen. Die Vorgänge in Berlin lassen die Frage aufkommen, wie es eigentlich rechtens sein kann, dass die Deutsche Rentenversicherung in einem Deal mit einer Landesbehörde den Tatbestand der Scheinselbstständigkeit aushebelt, freiwillig auf Einnahmen verzichtet und damit auch gegen die Interessen der übrigen Beitragszahler verstößt – und das auch noch mit Unterstützung der Bildungssenatorin Sandra Scheeres und des Staatssekretärs Mark Rackles, die beide der SPD angehören. Vielleicht sollten die beiden mal mit dem kulturpolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Siegmund Ehrmann, ein Bier trinken gehen, um sich auf den neuesten Stand der sozialdemokratischen kultur- und bildungspolitischen Absichten zu bringen. Ehrmann hat nämlich auf die Frage der Zeitschrift Musikforum, was die SPD nach der Bundestagswahl gegen das fortschreitende Prekariat in künstlerischen und pädagogischen Berufsfeldern tun wolle, geantwortet: „Wir wollen, dass alle Menschen, nicht nur in künstlerischen und pädagogischen Berufsfeldern, von ihrer Arbeit gut leben können.“ Der Staatsskretär Mark Rackles hingegen beruft sich darauf, dass Verschlechterungen bei den Musikschullehrern trotz Einspardrucks vermieden wurden und die Musikschullehrer gegenüber anderen freiberuflich Tätigen im Land Berlin deutlich besser gestellt seien. Liebe protestierende Musikschullehrer, was wollt ihr eigentlich: Anderen geht es noch schlechter als euch! Anja Bossen

Der Verband Bildungsmedien und die Kultusministerkonferenz stellen eine komplett neue Website zu den Regeln für das analoge und digitale Kopieren an Schulen vor. Auf www.schulbuchkopie.de informieren sie ausführlich über die neuen Regeln, die seit dem 1. Januar 2013 gelten, und beantworten unter dem Motto „Was geht, was geht nicht?“ häufige Fragen aus der Praxis. Durch eine Vereinbarung zwischen den Kultusministerien der Länder und dem Verband Bildungsmedien sowie den Verwertungsgesellschaften VG Wort, VG Bild-Kunst und VG Musikedition dürfen Lehrkräfte an Schulen in Deutschland seit Anfang des Jahres urheberrechtlich geschützte Inhalte aus Büchern und Unterrichtswerken auch digital vervielfältigen. www.schulbuchkopie.de

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Berlin ist das einzige Bundesland, das seine Musikschullehrkräfte generell mit sozial und finanziell unwürdigen Honorarverträgen abspeist. Blaupause für die Republik?

Berliner Musikschule

)) Die deutsche Musikschullandschaft ist zumindest in Europa einzigartig. Nirgendwo anders gibt es so viele gleichermaßen auf hohe Qualität wie auf Flächendeckung und musikalische Breitenbildung angelegte Musikschulen wie hierzulande. Ihre Geschichte, ihre Impulse verdanken sie dabei von Anbeginn der jeweiligen Berliner Situation, in der Weimarer Republik ebenso wie in der Zeit des Naziterrors oder der Zeit seit dem Zweiten Weltkrieg – in guten wie in schwierigen Phasen. Seit der Nachkriegszeit wird in Berlin ein Modell praktiziert, das Anlass zu größter Sorge bietet und aktuell sogar zu bundesweiter Fassungslosigkeit und Empörung führt. Berlin ist das einzige Bundesland, das seine Musikschullehrkräfte generell mit sozial und finanziell unwürdigen Honorarverträgen abspeist. Eine Bereitschaft der Landesregierung zum längst überfälligen Umsteuern ist nicht erkennbar. Da dies durchaus erneut erheblichen Einfluss auf die Entwicklung in Deutschland haben kann, sei zunächst ein Blick auf die Geschichte der Musikschulen vorangestellt.

Erziehung zur Menschlichkeit durch Musik (Leo Kestenberg) Weimarer Republik Die Gründung der Musikschulen in Deutschland geht zurück auf den Pianisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter Leo Kestenberg. Er verfolgt einen strikt volkspädagogischen Ansatz, der unter Einhaltung der Balance zwischen Elite- und Breitenkultur auf die Zugänglichkeit von

Bildungsangeboten für alle gesellschaftlichen Schichten gerichtet ist. Er ist es, der in der später nach ihm benannten „Kestenbergreform“ den modernen Typus der Musikschule allererst begründete. 1945 – 1990 In der Zeit der Teilung haben sich die Musikschulen in den beiden deutschen Staaten sowie in West-Berlin sehr unterschiedlich entwickelt. Alle drei begannen mit dem Aufbau von (Volks-)Musikschulen in den 50er Jahren. In der DDR und Ost-Berlin sind die Musikschulen zunächst ganz im Kestenberg’schen Sinne auf Volksbildung angelegt. Seit 1961 wird dann stärkeres Gewicht auf die Eliteförderung gelegt. Durch eine Verzahnung von Schule, Krippe und bezirklichen Musikschulen bleibt der Breitenaspekt dennoch erhalten. In der BRD richten die Kommunen seit den 50er Jahren, insbesondere in den 60er Jahren, eigene Musikschulen und Volkshochschulen (VHS) ein. Sie sind wesentlich auf Breitenbildung bedacht und sichern die Begabtenförderung mit den Mitteln besonderer Entgelt-Ermäßigungen und der Einrichtung von studienvorbereitenden Abteilungen. Aufgrund der föderalen Bildungsstruktur entwickeln sich die Regionen dabei recht unterschiedlich. In beiden deutschen Staaten sind die Musikschulen kommunale bzw. bezirkliche Einrichtungen, ausgestattet mit festangestellten Musikschullehrkräften und mehr oder minder verbindlichen pädagogischen Konzepten.

Stefan Gretsch

Der Berliner Sonderweg: freie Unternehmer statt Angestellte Die Entwicklung in West-Berlin 1950 – 1979 Die Musikschule ist hier lediglich eine Untereinheit der VHS und hat keine eigene, schultypische Struktur. Die Lehrkräfte werden wie alle Dozenten der VHS nur freiberuflich beschäftigt. Sie bekommen auf Grundlage eines Vermittlungsvertrags mit dem Bezirk, in dem auch das Honorar festgelegt ist („Honorarbegrenzungsklausel“), Schüler sowie „nach Möglichkeit“ Unterrichtsräume. Die Lehrkräfte kassieren ihr Honorar direkt bei den Schülern, mit denen sie einen vorgeschriebenen Mustervertrag abschließen. Entgelt-Ermäßigungen für SchülerInnen, die der Bezirk gewährt, sind beim Kassieren abzuziehen und werden der Lehrkraft einmal im Quartal vom Bezirksamt gesondert erstattet. 1979 wird innerhalb der Abteilung Volksbildung die Musikschule aus der VHS ausgegliedert und als Amt eingerichtet, mit eigener Leitung und Verwaltung. Die Ausstattung mit adäquaten Unterrichtsräumen und Gebäuden ist berlinweit sehr unterschiedlich. Im Regelfall findet der Unterricht nach Schulschluss in Klassenräumen der allgemein bildenden Schule oder zuhause bei den LehrerInnen statt. 1980 – 1990 1980/81 wird in Folge eines Gerichtsentscheids der Vermittlungsvertrag durch einen „Dienstvertrag“ ersetzt.1 Er ist seit 1981 im Kern bis heute Grundlage für die


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Die Berliner Musikschullehrkräfte wehren sich gegen ihre Arbeitsbedingungen nicht nur mit Protesten auf der Straße, sondern auch auf Facebook. Unter www.facebook.com/berlinermusikschullehrer kann man sich über die aktuellen Entwicklungen informieren.

Tätigkeit der nicht angestellten „Freien Mitarbeiter“. Der neue Vertrag regelt im Wesentlichen Honorarhöhe, Schülerzuweisung und Modalitäten zum Nachholen von ausgefallenem Unterricht. Er ist zweimal im Jahr mit einer Frist von einem Monat kündbar. Die SchülerInnen schließen einen Unterrichtsvertrag mit der Musikschule ab. Für Fachbereichs- und Ensembleleitungen sowie andere zentrale Aufgaben der Musikschule werden einige wenige feste Stellen geschaffen, das Gros der Lehrkräfte jedoch (90 Prozent) bleibt Honorarkraft. Das Honorar wird in Anlehnung an den BAT berechnet und ganzjährig monatlich bezahlt.2 Seit Mitte der 80er Jahre wird es zudem an die Tariferhöhungen im Öffentlichen Dienst gekoppelt (Dynamisierung). Mit der Gründung der Künstlersozialkasse 1983 wird auch eine freiwillige Fortzahlung im Krankheitsfall in Höhe von 80 Prozent des Honorars ab dem vierten Krankheitstag eingeführt. Sozialer Schutz, wie ihn Festangestellte haben (Mutterschutz, Kündigungsschutz, Arbeitslosenversicherung, vollständiger Krankheitsschutz) bleibt ihnen bis auf den heutigen Tag verwehrt. In der irrigen Annahme, das Land werde ihre Situation stetig verbessern und auf Bundesniveau führen, binden sie sich freiwillig ein in den „Betrieb“ Musikschule und leisten – in der Regel unentgeltlich – einen enormen Beitrag zum Aufbau der Westberliner Musikschulen.

das Westniveau gesenkt, die vergleichsweise hohe Stellenausstattung wird durch Honorarbeschäftigungsverhältnisse ersetzt. Mehrere Anläufe zu einem Bezirksausgleich, wonach unter anderem Stellen aus dem Osten in den Westen transferiert werden sollen, scheitern weitgehend. 1995 werden die Honorare abgesenkt, der direkte Bezug zum BAT wird gestrichen, die Dynamisierung wird erst ausgesetzt und dann bis heute nur sehr eingeschränkt wieder eingeführt. In der Rückschau wissen wir, dass spätestens zu diesem Zeitpunkt für die überwiegende Zahl der Berliner Honorarkräfte der Abstieg in das Prekariat einsetzt.3 2001 werden die 23 Berliner Stadtbezirke zu 12 Bezirken fusioniert. Die Musikschulen werden dadurch zu den mit Abstand größten Musikschulen Deutschlands. Auf Landesebene werden sie innerhalb der Senatsbildungsverwaltung von der Abteilung Schule in die Abteilung Weiterbildung und damit wieder in die Nähe zur VHS geschoben. Nach fast 30 Jahren Eigenständigkeit muss die Musikschule seitdem erneut erklären, warum sie keinesfalls nach den Maßstäben der VHS strukturiert und verwaltet werden kann. Wenige Jahre später werden Musikschulen und Volkshochschulen im Berliner Schulgesetz (§§ 123, 124) neu verankert. Grundsätzlich wird ab jetzt für Musikschullehrkräfte der Abschluss eines adäquaten Hochschulstudiums vorausgesetzt.

1990 – 2008 Seit der Wiedervereinigung 1990 werden die Ostberliner Musikschulen rasch auf

2009 – 2013 Trotz der Aufwertung durch die Neufassung des Schulgesetzes setzt nun jene Ent-

wicklung ein, die aktuell für allgemeine Empörung und Proteste sorgt. 2009 werden an der bezirklichen Musikschule Marzahn-Hellersdorf auf Veranlassung der zuständigen Amtsleiterin und zum Entsetzen des ganzen Landes zeitgleich sämtliche Honorarverträge gekündigt. Die Gründe sind unklar, das Wort von der Säuberungsaktion geht um in der Stadt. Aufgrund landesweiter Proteste werden die meisten Honorarkräfte jedoch wieder beschäftigt. Im Jahr darauf prüft die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) überraschend diese Schule. Nach Darstellung des Senats kommt die DRV dabei zu dem Ergebnis, dass die Honorarkräfte scheinselbstständig, also faktisch wie Angestellte tätig seien. Hauptmerkmale seien dabei unter anderem die Honorarfortzahlung im Krankheitsfall sowie die Bezahlung in pauschalen Monatshonoraren. Das Land sei nun gezwungen, binnen angemessener Frist diesen Zustand abzustellen. Andernfalls drohten dem Land und den Lehrkräften erhebliche Nachforderungen zu Rentenbeiträgen. Die Korrespondenz zwischen DRV und Senatsbildungsverwaltung wird dabei beharrlich weitestgehend unter Verschluss gehalten. Die in der Senatsbildungsverwaltung für die Musikschulen zuständige neue Leiterin des Referats Weiterbildung wird mit der Neufassung der Ausführungsvorschriften (AV) für die Musikschulen beauftragt. Die Neue ist keine Unbekannte. Der Zufall will es, dass die Amtsleiterin aus MarzahnHellersdorf zwischenzeitlich in die Senatsebene aufgestiegen ist. Es sei nun strikt darauf zu achten, dass die Honorarkräfte


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„Das, was an Berliner Musikschulen seit Jahren gang und gäbe ist, übersteigt die schlimmsten Visionen.“ * zweifelsfrei als freie Unternehmer tätig sind. Dazu gehöre, dass nur tatsächlich erbrachte Leistungen und Zusatzleitungen bezahlt werden. Der erste Entwurf der Senatsbildungsverwaltung folgt diesem Grundsatz konsequent: Die Fortzahlung im Krankheitsfall wird abgeschafft, durch Schüler verursachte Unterrichtsausfälle unterliegen nun einer Nachholverpflichtung bzw. werden nicht bezahlt. Zusatztätigkeiten (Abnahme von Prüfungen, Fachberatung, Elternberatung, Teilnahme an Konferenzen, Beteiligung an der gesetzlich vorgeschriebenen Evaluation und vieles mehr) können die Lehrkräfte nun in Rechnung stellen. Allerdings empfinden sie den Rahmen von 7,50 Euro bis maximal 10,74 Euro pro Stunde vor dem Hintergrund ihrer Ausbildung und Qualifikationen als einen Schlag ins Gesicht. Für sämtliche Tätigkeiten muss ein schriftlicher Auftrag der Musikschule vorliegen, die Erfüllung der Aufträge ist von den Lehrkräften einzeln nachzuweisen und monatlich in Rechnung zu stellen. Aufgrund massiver Interventionen von verschiedenen Seiten wird dann „nachgebessert“: Die Nachholverpflichtung wird eingeschränkt, aber nicht aufgehoben, monatliche Abschlagszahlungen werden in Aussicht gestellt. Die Einzelstundenabrechnung jedoch bleibt, mit der Folge beiderseits erheblich höheren Verwaltungsaufwands. Zudem entsteht den Honorarkräften ein neuer Einkommensverlust durch den Wegfall einiger bezahlter gesetzlicher Feiertage sowie durch die nun um bis zu 19 Monate verzögerte Anpassung an Tariferhöhungen im Öffentlichen Dienst. Die größte Überraschung: Die von der Deutschen Rente hart kritisierte Fortzahlung im Krankheitsfall ist nun doch wieder drin und angeblich von der DRV akzeptiert.

Der aktuelle Stand August 2012: Die neuen Ausführungsvorschriften treten in Kraft und sollen bis spätestens April 2013 konkret umgesetzt werden. Die LehrerInnen erklären, den damit verbundenen neuen Vertrag nicht unterschreiben zu wollen. Der Senat setzt die Bezirke unter Druck, die bestehenden Vertragsverhältnisse mit den Lehrkräften zu kündigen und gegebenenfalls den SchülerInnen Ersatzlehrer anzubieten. Die landesweite Empörung hält seitdem unverändert an. Wegen eklatanter Verfahrensprobleme wird die Umsetzungsfrist verlängert. Im April und Juni 2013 veranstalten die Lehrkräfte große Demonstrationen. Das Medieninteresse wächst. Im August 2013 können die neuen Ausführungsvorschriften technisch noch immer nicht umgesetzt werden. Ein großer Teil der Lehrkräfte hat die Verträge inzwischen unterschrieben, jedoch schriftlich erklärt, dies unfreiwillig unter Druck getan zu haben. Schülern und Eltern, deren Lehrer gekündigt sind, werden nun Ersatzlehrer angeboten. Die meisten lehnen dies in Protestschreiben empört ab, sie wollen ihre LehrerInnen behalten. Politisch verantwortlich sind der Regierende Bürgermeister, der Finanzsenator, die Schulsenatorin und der zuständige Staatssekretär – allesamt in der SPD. Sowohl die Schaffung von Stellen als auch der Abschluss eines Tarifvertrags sind für sie Tabuthemen. Die dramatischen Einkommensverluste der LehrerInnen hält der Staatssekretär für „überschaubar“. Sämtliche Appelle und Aufforderungen zum Ein- und Umlenken seitens der Fachverbände, des Deutschen Musikrats, der Hochschulen und der großen Berliner Kultureinrichtungen – Philharmonie, Konzerthaus, Opernhäuser und rbb, Rundfunk Or-

chester und Chöre GmbH (roc berlin) – werden nicht einmal beantwortet. Selbst eindeutige Parteitagsbeschlüsse der eigenen Landes-SPD finden keine Beachtung. Die über Jahre allen Widrigkeiten zum Trotz gewachsenen Strukturen werden zerstört, erfolgreiche Teams befinden sich in der Auflösung und die Musikschulverwaltungen werden in unverantwortlicher Weise überlastet. Ende August 2013: Weil auch in anderen Bundesländern der Trend zur Abschaffung von Stellen zunimmt, ist die Gefahr groß, dass das Berliner Modell als „erfolgreiche“ Blaupause dienen wird. Deshalb kämpfen Lehrkräfte, SchülerInnen und Eltern auch weiterhin für eine schnellstmögliche Abkehr vom eingeschlagenen Weg. )) 1

siehe auch Artikel des Autors unter www.nmz.de/artikel/kommunen-hoert-die-signale 2 Die Monatshonorare errechnen sich auf der Grundlage eines festgelegten Stundensatzes und angenommenen 39 Unterrichtswochen im Jahr. Honorarkräfte, die nach dem Gesetz arbeitnehmerähnlich sind, erhalten zusätzlich ein Urlaubsentgelt im Wert von derzeit vier Wochen gesetzlichen Mindesturlaubs. 3 bundesweit durchgeführte Umfragen zur finanziellen und sozialen Situation der Fachgruppe Musik in der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) in den Jahren 2008 und 2012 unter http://musik.verdi.de/suche?kws%3Alist=Umfrage * Miriam Noa, bildungspolitische Sprecherin der SPD in der Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg, Quelle: http://canselkiziltepe.de/die-prekare-lage-berliner-musikschullehrer-schlimmer-geht-immer/

Stefan Gretsch ist Klavierlehrer an der Leo Kestenberg Musikschule (Berlin Tempelhof-Schöneberg) und Bundesvorsitzender der Fachgruppe Musik in der ver.di


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www.buendnisse-fuer-bildung.de

Kultur macht stark

Die 2012 vom Bundesministerium für Bildung (BMBF) gestartete Initiative „Kultur macht stark“ geht im Oktober 2013 in die dritte Ausschreibungsrunde. Die Initiative „Kultur macht stark“ will dazu beitragen, sozial, finanziell und kulturell benachteiligten Kindern und Jugendlichen einen Bildungsaufstieg durch kulturelle Bildung zu ermöglichen.

Preisträger der ersten Ausschreibung Im September 2012 waren für die erste Ausschreibungsrunde bundesweit aus insgesamt 136 Verbänden und Initiativen, die auf dem Gebiet der außerschulischen Vermittlung musisch-kultureller Bildung tätig sind und sich um 230 Millionen Euro Fördermittel beworben hatten, 35 von einer hochrangig besetzten Jury ausgewählt worden. Im Bereich Musik gehören dazu der Verband deutscher Musikschulen (VdM), der Deutsche Bühnenverein, die Bundesvereinigung deutscher Orchesterverbände, der Deutsche Chorverband sowie der Bundesverband Popularmusik. In den Verbands- und Initiativkonzepten werden nicht nur bildungsbenachteiligte Kinder und Jugendliche, sondern auch Kinder und Jugendliche mit Behinderungen, Erkrankungen oder in extremen sozialen Lagen (z. B. im Jugendstrafvollzug) berücksichtigt. Der VdM z. B. erhält für sein Konzept „MusikLeben!“ insgesamt bis zu 20 Millionen Euro Fördermittel für verschiedene Fördermaßnahmen.

Was wird gefördert? Gefördert werden in einem zweistufigen Antragsverfahren außerschulische und außerunterrichtliche kulturelle Bildungsmaßnahmen mit einer Laufzeit von bis zu fünf Jahren, die sich vor allem an Kinder und Jugendliche im Alter von drei bis 18 Jahren aus bildungsbenachteiligten Elternhäusern richten. Hierzu zählen Maßnahmen zur Förderung kognitiver Kompetenzen, von sozialem Lernen, der Persönlichkeitsbildung und von Erfahrungswissen. Die Maßnahmen müssen in lokalen Bildungsbündnissen durchgeführt werden. Ein Bildungsbündnis muss aus mindestens drei Akteuren bestehen. Zum Beispiel können sich Bildungspartner aus den Bereichen Kindertagestätten, Kindergärten, allgemein bildende Schulen, Förderschulen, Jugendkunstschulen, Bibliotheken, Orchester, Musik- und Kunsthochschulen oder Fach- und Fortbildungsakademien zusammenschließen. Die Bildungspartner können jedoch auch aus dem sozialen Bereich kommen, z. B. Behindertenwerkstätten, Drogenberatungsstellen, Sportvereine, Volkshochschulen, Sozialverbände, Migrantenorganisationen, Kinderheime, Jugendsozialdienste, Elterninitiativen, Fördervereine, Jugendzentren, Kirchen und Hospizvereine. Auch mit Partnern aus den Bereichen Verwaltung, Wirtschaft oder Medien können Bündnispartnerschaften geschlossen werden, z. B. mit Instrumentenherstellern, Jugendämtern, Stiftungen, Zeitungen oder Rundfunkanstalten. Zu förderungsfähigen Maßnahmen auf lokaler Ebene gehören Kurse, Seminare und

Anja Bossen

andere ein- oder mehrmalige Veranstaltungen, Kinder- und Jugendfreizeiten, Ferienakademien, Patenschafts- und Mentorenprogramme sowie Qualifizierungsmaßnahmen von ehrenamtlichen Betreuern. Ausgenommen sind Maßnahmen, für die anderweitig bereits öffentliche Fördermittel zur Verfügung stehen. Antragsberechtigt sind bundesweit tätige Verbände und bundesländerübergreifend tätige Initiativen mit Kompetenzen und Erfahrungen in der außerschulischen kulturellen Bildung.

Informationen für Musikschulen Speziell für Musikschulen hat der VdM unter www.musikschulen.de/projekte/kultur-macht-stark/index.html Informationen zur Förder-Initiative eingestellt. Hier sind sowohl die Förderrichtlinie des BMBF als auch förderfähige Antragsformate (einschließlich Beispielen für Fördersummen), Antragsfristen und alle Schritte der Antragsstellung übersichtlich dargestellt; darüber hinaus stehen Merkblätter und Formulare zum Herunterladen zur Verfügung, ebenso eine Übersicht, welche Ausgaben generell finanziert werden, und Hinweise zu Anforderungen an die potenziellen Bündnispartner von Musikschulen. Über die Internetseite www.buendnissefuer-bildung.de/newsletter.php kann ein Newsletter abonniert werden, der sich allerdings nicht speziell auf Musikschulen, sondern auf die gesamte Initiative „Kultur macht stark“ bezieht und über neue Entwicklungen informiert. Antragsschluss für die dritte Ausschreibung ist der 18. Oktober 2013.


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Notendownload

Jürgen Simon

Die Petrucci-Datenbank bietet Zugang zu kostenfreiem Notenmaterial )) Wer Musik machen möchte, braucht dafür außer einem Instrument vor allem eine große Zahl an Noten. Was zunächst wie eine Binsenweisheit klingt, stellt im Alltag derjenigen, die Musik unterrichten oder mit Ensembles arbeiten, ein erhebliches Problem dar, denn Noten sind teuer und Kopieren ist in der Regel verboten. Um diesem Problem zu begegnen, wurden in den vergangenen Jahren verschiedene Projekte ins Leben gerufen, die Noten im Internet frei zugänglich machen wollen. Die umfangreichste Sammlung von Noten im Internet ist zweifellos die PetrucciDatenbank (www.imslp.org). Die Abkürzung IMSLP steht für International Music Score Library Project, und der Name ist nicht zu hoch gegriffen. Inzwischen finden sich in der Petrucci-Datenbank mehr als 66 000 Werke aller Epochen vom Mittelalter bis in die Neuzeit. Darüber hinaus enthält die Datenbank auch mehr als 24 000 Aufnahmen von Werken.

Alles drin? Der größte Teil der Noten liegt als gescanntes PDF vor. Dabei ist die Qualität der Scans recht unterschiedlich, da viele der Noten von Originalen abgescannt wurden, die vor 1930 erschienen sind. Bei bekannten Werken gibt es häufig mehrere verschiedene Ausgaben mit teils erheblichen Unterschieden in der Qualität. In diesen Fällen lohnt es sich, vor dem Download mit Hilfe des „View“-Buttons einen Blick in die Noten zu werfen. Für musikwissenschaftlich interessierte Nutzer dürften auch die Scans von OriginalManuskripten von einigem Interesse sein. Diese Scans haben häufig eine sehr hohe Qualität, da sie in vielen Fällen direkt von den Archiven erstellt wurden, in denen die Manuskripte aufbewahrt werden.

Es ist nicht erforderlich, ein Werk an mehreren Stellen in der Datenbank zu suchen. Die Partituren, Stimmen, Arrangements und Aufnahmen einzelner Werke sind sehr übersichtlich auf einer einzigen Seite in mehreren Abschnitten zusammengefasst. Ganz oben auf der Seite gibt es ein Register „Diskussion“, in dem sich oft durchaus lesenswerte Beiträge und Hinweise zu eventuell vorhandenen Fehlern in den jeweiligen Materialien befinden.

Alles gefunden? Die Petrucci-Datenbank ist jedoch nicht einfach nur eine riesige Sammlung von PDF-Scans, sie ist auch ein hervorragend strukturiertes Archiv. Die Seite bietet eine große Vielfalt an Recherchewerkzeugen vom einfachen Kreuzkatalog bis zu komplexen Verknüpfungen von Suchparametern und sogar eine Inhaltssuche. Der Ausgangspunkt für die Suche ist in der Regel das Menü „Noten nach“. Wenn man weiß, was man sucht, führt die Suche nach dem Komponisten in der Regel am schnellsten ans Ziel. In der Kategorie „Alle Beteiligten“ finden sich dann auch Librettisten, Arrangeure und Bearbeiter. Hier kann die Suche anschließend wieder auf eine bestimmte Tätigkeit eingegrenzt werden. Auf diese Weise kann man dann z. B. herausfinden, dass Emanuel Schikaneder neben der Zauberflöte auch das Libretto für die Oper Der Tiroler Wastel von Jakob Haibel geschrieben hat. Unter der Rubrik „Nationalität“ sind die Komponisten nach Nationalitäten zusammengefasst. Leider gibt es von hier aus keine Möglichkeit, andere Beteiligte zu ermitteln. Dies ist jedoch bei der Kategorie „Epoche“ vorgesehen, sodass gezielt nach Librettisten aus dem Mittelalter gefahndet werden kann.

Besonders vielseitig ist die Suche nach „Gattung“. Hier kann die Suche nach Werkart, Besetzung, Instrument und Sprache durchgeführt werden. So findet man leicht auch ausgefallene Werke wie ein Konzert für Vuvuzela und Orchester von John-Luke Mark Matthews. Besonders mächtig wird diese Kategorie jedoch, wenn man den Link „[walk]“ neben einer Kategorie anklickt. Dann wird eine beliebige Verknüpfung von Kategorien ermöglicht. Ein Beispiel: Ein Klick auf [walk] neben Sonatas in der Kategorie Werkart öffnet eine neue Seite mit Unterkategorien. Dort kann in der Tabelle Chamber-Instrumental unter For 2 players ➔ For cello, piano mit einem Klick auf restrict to die Suche auf Cellosonaten eingegrenzt werden. Auf der nächsten Seite führt ein Klick auf show pages bei Early 20th century in der Tabelle Periods zu der Liste aller Cellosonaten des frühen 20. Jahrhunderts. Wer die Werke auch nutzen möchte, kann statt mit show pages die Liste mit restrict to bei Periods weiter eingrenzen und anschließend in der Tabelle Unknown mit exclude bei WorkNonPD-EU und WorkPD-USonly die Auswahl auf Werke eingrenzen, die mit großer Wahrscheinlichkeit in der EU frei verwendet werden können. Zuletzt noch ein Klick auf show pages in der Tabelle Work Types bei Sonatas und die Liste der gemeinfreien Cellosonaten des frühen 20. Jahrhunderts mit immerhin 21 Werken wird angezeigt. Technisch besonders raffiniert ist die Suche nach „Melodie“, wenngleich sie im alltäglichen Gebrauch eine eher geringe Rolle spielen dürfte. Hier kann – entweder mit einer Zahlenfolge oder bequemer über eine Bildschirmklaviatur – ein kurzer Melodieabschnitt oder eine Harmoniefolge eingegeben und anschließend nach Werken gesucht werden, in denen diese Töne


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notafina – Musik zum Download Das Unternehmen notafina GmbH wurde 2010 gegründet. Auf diesem Notenportal sind Titel von rund 50 internationalen Verlagen, darunter Boosey & Hawkes, Doblinger, Ricordi, Schott und Universal Edition, als Download verfügbar. notafina unterstützt die Initiative „play fair – respect music“ und ist Partner des Verbands deutscher Musikschulen. Das Angebot umfasst rund 15 000 Notenausgaben im PDF-Format. Musikinteressierte und Musiker finden über eine nutzerfreundliche Suche eine große Auswahl an Noten für Soloinstrumente, Ensemble und Chor. Auch Mengenbestellungen sind möglich. Chöre und Ensembles können dadurch digitale Noten legal für ihre Mitglieder kaufen. Alle Titel können direkt heruntergeladen und ausgedruckt werden. www.notafina.de

erscheinen. Im Ergebnis werden nicht nur die gefundenen Noten angezeigt, sondern auch direkt die Seiten mit den Fundstellen.

Alles legal? Die Server, auf denen sich die PetrucciDatenbank befindet, stehen in Kanada. Das dortige Urheberrecht unterscheidet sich von dem in der EU geltenden. Gültig ist jedoch immer das Urheberrecht des Landes, in dem die Daten heruntergeladen und genutzt werden. Das bedeutet, dass nicht alle Noten oder Aufnahmen, die in der Datenbank enthalten sind, in Deutschland auch verwendet werden dürfen. Grundsätzlich ist bereits das Herunterladen urheberrechtlich geschützter Daten ein Rechtsverstoß. In den meisten Fällen gibt Petrucci unter der Kategorie „Urheberrecht“ eine korrekte Information zum Urheberrecht an. Dabei überwiegen zwei Lizenzen: „Public Domain“ bedeutet, dass die Daten ohne Einschränkung verwendet, verändert und auch zu (kommerziellen) Aufführungen verwendet werden dürfen. Dabei führt Petrucci Einschränkungen für Kanada, die EU und die USA gesondert an. Die zweite Lizenz ist die „Creative Commons Lizenz“, die es in verschiedenen Varianten gibt. Diese Lizenz wird vor allem dann verwendet, wenn der Urheber oder Ersteller die Daten selbst zur Verfügung stellt. Einige zeitgenössische Komponisten bieten ihre Werke unter dieser Lizenz an und auch Tonaufnahmen werden öfter unter dieser Lizenz angeboten. Die „Creative Commons Lizenz“ kann individuell eingeschränkt werden, was durch entsprechende Ergänzungen angezeigt wird: „No Derivatives“ bedeutet, dass Noten oder Aufnahmen nicht geändert werden dürfen, wohingegen „Share alike“ ver-

langt, dass Änderungen unter den gleichen Bedingungen weitergegeben werden müssen. Die Ergänzung „Non-commercial“ verbietet die kommerzielle Nutzung der Werke. In jedem Fall soll der ursprüngliche Urheber angemessen genannt werden.

Alles gut? Aus Sicht der Nutzer hat die Petrucci-Datenbank viele gute Seiten. Allein der gewaltige Umfang der Sammlung und die hervorragend gemachten Recherchewerkzeuge ermöglichen einen Zugang zu Noten, der anders nur schwer vorstellbar ist. Die geringen Kosten (die Noten müssen im Regelfall ausgedruckt, kopiert und gebunden werden) ermöglichen Zugang zu einem breiten Repertoire, das die finanziellen Möglichkeiten vieler Musiker, Lehrkräfte, SchülerInnen und Institutionen bei Weitem übersteigen würde, wenn die Noten alle angeschafft werden müssten. Auf der anderen Seite sind die abgescannten Originale oft 70 Jahre und älter. Das zeigt sich nicht nur bei der Lesbarkeit der Scans, sondern auch an der Ausführung der Originale. In den meisten Fällen gibt es keine Taktzahlen und sehr oft auch keine Studierbuchstaben. In dieser Hinsicht unterscheiden sich die gescannten Noten der Petrucci-Datenbank nicht nennenswert von den Noten der zahlreichen ReprintVerlage; aber wer regelmäßig aus solchen Noten spielen muss, weiß, welchen zusätzlichen Aufwand an Zeit und Konzentration dieses Arbeiten von allen Beteiligten erfordert. Gerade als Orchestermusiker möchte ich an dieser Stelle jedoch auch eine Lanze für die Notenverlage brechen. Die neu aufgelegten Noten von gemeinfreien Werken sind in ihrer Qualität den preiswerten oder kostenfreien Noten oft deutlich über-

legen. Nicht nur Taktzahlen und Studierbuchstaben erleichtern die Arbeit. Der Druck ist scharf und gut lesbar und das Papier übersteht auch mehrmaliges Radieren. Selbst das leidige Problem unpassender Wendestellen ist durch Leerseiten und ähnliche Maßnahmen oft so gelöst, dass auf zusätzliche (verbotene!) Wendekopien verzichtet werden kann. Nicht zuletzt werden die Gewinne, die Verlage mit alten Werken machen, teilweise zur Finanzierung von Werken zeitgenössischer Komponisten eingesetzt. Und auch die vielen in den vergangenen Jahren erschienenen Unterrichtsmaterialien, die mit Mitspiel-CD und bunten Grafiken meist aufwändig ausgestattet sind, werden oft in niedrigen Auflagen von nur einigen tausend Exemplaren vertrieben. Das geht nur, solange die Verlage in anderen Bereichen genügend Geld verdienen. ))

Jürgen Simon ist Cellist im Brandenburgischen Staatsorchester Frankfurt (Oder). Er entwickelte ein Orchesterverwaltungsprogramm für sein Orchester.


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© Dieter Fahrner

Unterrichtsqualität als entscheidender Faktor für Lehren und Lernen

Wie kann ich meinen Unterricht verbessern? )) PISA war zwar gestern, aber immer noch sucht man in Deutschlands Bildungswesen nach dem Stein der Weisen: G 8 oder G 9? Vier oder sechs Jahre Grundschule? Gesamtschule oder dreigliedriges Schulsystem? Einen Beitrag zur Orientierung könnte die jüngste Studie John Hatties – Lernen sichtbar machen – leisten.1 Sein Befund: Auf den Unterricht kommt es an. Die Qualität unseres Unterrichts, also das Handeln von uns Lehrpersonen habe primären Einfluss auf gelingendes Lernen. Darauf, dass wir Lehrpersonen als Regisseure von Lernprozessen uns der Wirksamkeit unseres Handelns bewusst sein sollten, verwies bereits im Jahr 2004 der bekannte Bildungsexperte Hilbert Meyer.2 2010 regte der Deutsche Städtetag ein „gesichertes schulisches Konzept, um qualitätsvolle Musikausbildung zu gewährleisten“, an und begründete dies: „die Arbeitsqualität der Musikschule kann durch Methoden des Qualitätsmanagements entscheidend verbessert und durch die mit ihnen verbundenen Ergebnisnachweise effektiv verantwortet werden“.3 Seit PISA wird die Bedeutung der Unterrichtsqualität also nicht nur fortlaufend thematisiert, sondern auch immer mit dem Appell verbunden, entsprechende Qualitätsoffensiven zu starten.

Das QualitätsSicherungsModulUnterricht (QSM-U) An der Musikschule Weil am Rhein wurde unter der wissenschaftlichen Begleitung von Anselm Ernst4 in zehnjähriger Laborarbeit der Prototyp eines Modells zur Entwicklung und Sicherung der Unterrichtsqualität erarbeitet: unser QualitätsSicherungsModul-Unterricht (QSM-U). Unser Konzept beruht auf zwölf Merkmalen guten Unterrichts.5 Anhand derer ist es möglich, auf jeden einzelnen Aspekt des Unterrichtens differenziert zuzugreifen, sodass wir Entwicklungsbedürftiges präzise diagnostizieren und dann gezielt beheben können. Unsere Merkmale stellen Grobziele dar, die aussagen, welche Faktoren das Lernen fördern. Sie sind dem Unterricht als verbindliche Normen zwar übergeordnet, aber nicht in Stein gemeißelt. Eine der wichtigsten Aufgaben der KollegInnen ist es nämlich, die Merkmale zu operationalisieren, das heißt: Sie bringen eigene Ideen ein, indem sie aus jedem Merkmal sogenannte Indikatoren (Anzeiger) ableiten und damit selbst festlegen, mit welchen konkreten Handlungen die zwölf Unterrichtsziele (Merkmale) erreicht werden sollen.

Dieter Fahrner

Obwohl wir auch in der Person der Lehrkraft einen wichtigen Faktor in Bezug auf gutes Unterrichten sehen – jeder soll entsprechend seinem Wesen unterrichten –, sind bei uns weder Persönlichkeitsattribute noch fachdidaktische Inhalte (wie Bogenhaltung, Fingersätze etc.) Gegenstand der Evaluation, sondern einzig und allein das objektiv bewertbare methodische Handeln. In Bezug darauf, was unser Unterricht leisten soll, verfolgen wir dabei vornehmlich folgende Ziele: 1. Wir helfen unseren SchülerInnen, Vertrauen in ihre eigene Leistungsfähigkeit zu erwerben – lassen sie z. B. erleben, dass systematisches Üben zum Erfolg führt, indem wir ihnen Arbeitsmethoden vermitteln und sie dann während des Unterrichts auch selbstständig üben und musizieren lassen. 2. Im Gruppenunterricht nutzen wir die Heterogenität – beziehen die SchülerInnen ständig aufeinander (indem sie sich gegenseitig vorspielen, verbessern, bewerten und zuhören). Das spornt dazu an, voneinander zu lernen. 3. Wir berücksichtigen das individuelle Leistungsvermögen der SchülerInnen – legen für sie angemessene Anforderungen fest (z. B. in Form von unterschiedlichen Kompetenzstufen6).


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Entwicklungsziele

Merkmal Nr. 3: Längere Erarbeitungsphasen einführen, in denen man die erteilten Aufgaben von den SchülerInnen im Unterricht selbstständig üben lässt.

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Merkmal Nr. 4: Mehr gegenseitig vormachen lassen, auch unterschiedliche Aufgaben erteilen (Innere Differenzierung), die Aufgaben der schwächeren SchülerInnen von den stärkeren vom Blatt spielen lassen.

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Merkmal Nr. 7: Die SchülerInnen nicht ausschließlich an die Hand nehmen und durch den Stoff führen (weniger Kutscher-Rolle), mehr schülerzentrierte Methoden (Aufgebendes Verfahren) anwenden. Merkmal Nr. 10: Sachverhalte zum besseren Verständnis der Erklärungen auch visualisieren – z. B. martellato an der Tafel mit Hüllkurven darstellen.

Aufgrund unserer Handlungsorientierung avancierte die Methodik zum wichtigsten Lern- und Kompetenzbereich. Gleichermaßen bedeutsam ist es, uns in der Kommunikation auch als Person weiterzuentwickeln, z. B. im Bereich der zwischenmenschlichen Beziehungen, wo wir uns fragen: Wie gehen wir auf Schüler, Eltern und Kollegen zu? Welche Resonanz rufen wir mit unserem Verhalten bei ihnen hervor? Sind wir dazu in der Lage, über Feedback an uns herangetragene Tatsachen anzunehmen? Bringt sich jeder als Teil des Systems Musikschule auch in diese ein? Sich als Person zu entwickeln, heißt für uns, sich gewisser Tugenden bewusst zu werden und diese ins eigene „Verhaltensrepertoire“ zu integrieren.

Selbstevaluation als „Selbst-Lern-Prozess“7 Die Qualifizierung des persönlichen Unterrichts besteht im Wesentlichen darin, unser vielschichtiges Handeln selbst zu bewerten und unseren Unterricht daraufhin in einem Selbst-Lern-Prozess eigenständig zu entwickeln. Eine wichtige Voraussetzung hierfür ist die Einsicht, dass, wenn die Leistungen der SchülerInnen nicht den Erwartungen entsprechen, man dies auch

✗ ✗ ✗ ✗ Bewertungsbogen – Lehrkraft: Amadé Pauker, Fach: Querflöte, Datum: 29.02.2013, Unterrichtsform: GU 3/45, Selbst-Evaluation

auf sein Unterrichten bezieht. Im Verhalten der SchülerInnen sieht man also das Spiegelbild seiner selbst und leitet daraus ab, was auf der Ebene des eigenen menschlichen und methodischen Handelns zu verändern ist. In diesem Sinne aktiv zu werden, heißt: sich den notwendigen Hintergrund erarbeiten – ca. 60 Indikatoren guten Unterrichts verinnerlichen; seinen Unterricht auf Video aufnehmen und sich „im stillen Kämmerlein“ selbst beim Unterrichten zusehen; dabei seine Wahrnehmungen in einem Beobachtungsbogen protokollieren.8 Dann nimmt man einen Ist-Soll-Vergleich vor: Man überprüft, inwieweit die Merkmale schon verwirklicht bzw. noch nicht verwirklicht sind. Im Zuge dessen kommen Stärken, aber auch Defizite zum Vorschein, die in Form einer Selbstbewertung in der Bewertungstabelle des Beobachtungsbogens festgehalten werden. Jetzt wird sichtbar, in welchen Zielbereichen man seinen Unterricht noch entwickeln sollte, sodass man seine persönlichen Lernziele, in unserem Beispiel Entwicklungsziele genannt, konkret auflisten kann. Das Beispiel oben verdeutlicht, inwiefern Herrn Paukers Unterricht entwickelt werden sollte. Um sich in der kollegialen Unterrichtshospitation9 auch den Blickwinkel Außenste-

hender nutzbar zu machen, sollte die Unterrichtsentwicklung anschließend zum Anliegen des gesamten Kollegiums werden.

Zusätzliche Effekte Neben vielen inneren und äußeren Nutzeffekten (Rückmeldung auf die eigene Arbeit, Berufszufriedenheit, Wirtschaftlichkeit usw.) besteht ein großer Vorteil der Unterrichtsqualifizierung an unserer Musikschule darin, dass es, abgesehen vom Fach Klavier, keine Wartelisten gibt. Wir sind also von dem kürzlich publizierten Problem, freie Unterrichtsplätze an Musikschulen seien Mangelware, nicht betroffen. Dies ist eindeutig auf die Gruppenunterrichtskompetenz der KollegInnen zurückzuführen. Im Rahmen unseres QSM-U haben einige unserer KollegInnen auch die Befähigung zum Großgruppenunterricht erworben. Somit sind sie in der Lage, in Grundschulen ihren Beitrag zur musisch-kulturellen Bildung (als Teil der Allgemeinbildung für alle) zu leisten. Gerade hierdurch steigt die Wertschätzung um ein Vielfaches und damit auch die Aussicht, dass kommunale Träger eher zögern, bei einer Musikschule als Bildungseinrichtung den Rotstift anzusetzen.


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Neuerscheinung Dieter Fahrner beschreibt, wie die Qualität des Unterrichts auf der Basis von Güterichtlinien aus der internationalen Unterrichtsforschung permanent entwickelt und gesichert werden kann. – Dieter Fahrner: Begeisternd und kompetent unterrichten. Menschliche und fachliche Professionalität für Instrumental- und Musiklehrer, Schott, Mainz 2013, 208 Seiten, 14,95 Euro, ISBN 978-3-7957-0844-3

Voraussetzungen für Qualifizierungsmaßnahmen Sowohl die Einführung des QSM-U als auch des damit verbundenen Modells „Instrumentaler Grundschulunterricht“ (IGrU)10 erforderte bei uns keine zusätzlichen Finanzmittelmittel: Die Steuerung der internen Qualitätsentwicklung obliegt dem Musikschulleiter; die TVöD-Angestellten leisten ihren Aufwand im Rahmen ihrer Zusammenhangstätigkeiten; die im Bereich Unterrichtsentwicklung geleisteten Zusammenhangstätigkeiten der Honorarkräfte werden honoriert. Die gesamten Personalkosten – die Finanzierung des in der Grundschule eingesetzten Musikschulpersonals eingeschlossen – sind durch das Regel-Budget abgedeckt. Dies beruht auf unserer sogenannten 70/30-Regelung: Für unser Kerngeschäft benötigen wir – dank der Gruppenunterrichtskompetenz – nur ca. 70 Prozent unserer Jahreswochenstunden, 30 Prozent können somit für die Bildungskooperationen mit allen Weiler Grundschulen verwendet werden. Sondermittel (Spenden) sind lediglich zur Beschaffung der Instrumente für den Grundschulunterricht erforderlich. Zur idealen Anwendung schülerzentrierter Unterrichtsmethoden wären zwar Räume wünschenswert, in denen die SchülerInnen während des Unterrichts selbstständig arbeiten können, da diese aber selten vorhanden sind, behelfen wir uns mit alternativen Methoden wie z. B. dem simulierten Spielen auf dem (lautlosen) „Luftinstrument“. Unerlässlich ist natürlich, dass auch die SchülerInnen und deren Eltern ihre Rolle im Lernprozess wahrnehmen. Das heißt: Auch wenn wir als Lehrkräfte unseren Schülern noch so gute und bildungswirksame Angebote machen, der Unterrichts-

erfolg ist nicht alleine an unseren Handlungen festzumachen. Lernen kann nur gelingen, wenn alle am Prozess Beteiligten – Schule, Schüler und Eltern – einvernehmlich zusammenarbeiten.

auch seitens der Kommunal- und Bildungspolitik die gebührende Anerkennung widerführe. ))

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Innovationen in Bezug auf unsere Zukunftsfähigkeit Das hier vorgeschlagene Modell eignet sich für alle Musikschulen, auch für solche, die über eine große Anzahl an Honorarlehrkräften verfügen. Den von der Berliner Senatsentscheidung betroffenen KollegInnen gilt mein Mitgefühl. Dennoch würde ich an ihrer Stelle bedenken: Die Schüler und Eltern sollten von der Institution Musikschule erwarten dürfen, dass die Unterrichtsqualität, ungeachtet des Anstellungsstatus der Lehrkräfte, ein einheitliches Niveau aufweist. Das heißt, falls keine schulischen Qualifizierungsmaßnahmen möglich sind, würde ich eigenverantwortlich handeln und, wie hier beschrieben, Selbstevaluation betreiben – aus Verantwortung den SchülerInnen gegenüber, aber auch, um mich als Lehrperson aufzuwerten und damit zu meiner Existenzsicherung beizutragen. Nach Lage der Dinge ist es kaum mehr von der Hand zu weisen, dass die Einführung von verbindlichen Leistungsstandards und Methoden der Selbstevaluation von Unterricht dringend notwendig ist. Zum einen, um zu bewirken, dass die vielen hilfreichen wissenschaftlichen Erkenntnisse auch in unserem Unterricht ankommen, was unsere Bildungswirksamkeit spürbar erhöht. Zum anderen, um die Gesellschaft spüren zu lassen, dass sie aus dem Bildungsgehalt des Musikschulunterrichts einen hohen Nutzen ziehen kann. Dann, aber wirklich erst dann, wäre aus meiner Sicht zu erwarten, dass den Musikschulen

John Hattie ist ehemaliger Musiklehrer und Professor an der Uni Melbourne – und laut Times Educational Supplement „der vielleicht einflussreichste Bildungsforscher der Welt“. John Hattie: Lernen sichtbar machen. Überarbeitete deutschsprachige Ausgabe von „Visible Learning“, besorgt von Wolfgang Beywl und Klaus Zierer, Schneider Verlag Hohengehren, Baltmannsweiler 2013. 2 Hilbert Meyer: Was ist guter Unterricht?, Cornelsen, Berlin 2004. 3 Leitlinien zur Sicherung und Weiterentwicklung der öffentlichen Musikschulen, 24. Februar 2010, Nr. 5, Absatz IV. 4 Anselm Ernst ist emeritierter Professor für Instrumentalpädagogik an der Hochschule für Musik Freiburg. 5 Anselm Ernst: Was ist guter Instrumentalunterricht? Beispiele und Anregungen, Nepomuk, Aarau 2007; Dieter Fahrner: Begeisternd und kompetent unterrichten. Menschliche und fachliche Professionalität für Instrumental- und Musiklehrer, Schott, Mainz 2013, S. 105 ff. 6 s. Fahrner, S. 35: Kompetenzorientiertes Denken, Planen, Unterrichten. 7 s. Fahrner, S. 163. 8 Die Merkmale 11 und 12 sind für die Beurteilung nicht relevant, denn diese betreffen die Rolle der Lehrpersonen im System Musikschule. Der Beobachtungsbogen für die Unterrichtshospitation kann unter www.schott-musikpädagogik.de kostenlos heruntergeladen werden: > instrumentalunterricht > texte zur instrumentalpädagogik > Begeisternd und kompetent unterrichten > Alle Downloads zum Heft > Beobachtungsbogen für die Unterrichtshospitation. 9 Fahrner, S. 166. 10 ebd., S. 183.

Dieter Fahrner ist seit 1985 Leiter der Städtischen Musikschule Weil am Rhein.


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Newsletter – Service für Musikschullehrkräfte

Musikalisierungsprojekte Anja Bossen

In nahezu allen Bundesländern laufen seit mehreren Jahren groß angelegte Musikalisierungsprojekte wie JeKi, JEKISS, Primacanta oder „Wir machen die Musik!“, in die aufgrund der Ausweitung in die Fläche immer mehr Instrumental- und Vokallehrkräfte eingebunden sind. Um Informationsfluss und Kommunikation zu verbessern, geben mittlerweile die Projektveranstalter in einigen Bundesländern regelmäßig erscheinende Newsletter für Lehrkräfte und Interessierte heraus.

Hamburger JeKi-Newsletter Als regelmäßigen Informationsservice für die an JeKi beteiligten Musikschul- und Grundschullehrkräfte veröffentlicht die Hamburger Schulbehörde im Internet auf dem Hamburger Bildungsserver alle zwei Monate ihren Newsletter. Darin werden aktuelle Ereignisse dokumentiert, aber auch Fortbildungsangebote veröffentlicht, Formulare zum Herunterladen für die Lehrkräfte eingestellt oder allgemeine Entwicklungen des JeKi-Projekts wie z. B. eine Anfang 2013 gestartete Qualitätsoffensive und die dafür eigens entwickelten Materialien bekannt gemacht. Der Austausch zwischen den schulischen JeKi-Lehrkräften und den Lehrkräften der Musikschule soll im Rahmen der Qualitätsoffensive als Unterrichtsdialoge gestärkt werden, indem die JeKi-KoordinatorInnen der Schulen einzelne Unterrichtsstunden der Musikschullehrkräfte beobachten und mit den Musikschullehrkräften gemeinsam auswerten. Dazu wurde von einer Projektgruppe ein Beobachtungsbogen entwickelt, den sich jede Lehrkraft herunterladen kann. Der Beobachtungsbogen berücksichtigt die äu-

ßeren Bedingungen des JeKi-Unterrichts, den Führungsstil der Musikschullehrkraft und das Verhalten der Kinder. Der Schwerpunkt liegt auf der methodisch-didaktischen Gestaltung des Unterrichts. Auch Aspekte wie allgemein pädagogische oder kollegiale Fragen und Aspekte zu einzelnen Kindern fließen in den Bogen ein. Der Bogen soll als Werkzeug dienen, mit dem ein Gespräch zwischen den Lehrkräften überhaupt erst einmal in Gang gebracht werden kann. Dabei werden auch Hinweise zum Umgang damit bzw. zum kollegialen Verhalten im anschließenden Unterrichtsdialog gegeben. Die Hinweise und Materialien sind auch für JeKi-Lehrkräfte in anderen Bundesländern von Interesse, da sie übertragbare Merkmale und Hinweise zur Qualitätssteigerung des Unterrichts enthalten und generell zum Dialog zwischen den Lehrkräften anregen. Die im Newsletter ebenfalls aufgeführten JeKi-Fortbildungsangebote, die an der Hamburger Hochschule für Musik und Theater bzw. an der Landesmusikakademie speziell für die Hamburger Lehrkräfte angeboten werden, können auch von Musiklehrkräften außerhalb Hamburgs wahrgenommen werden. Hier geht es um Themen wie Inklusion im JeKi-Unterricht, Singen im Instrumentalunterricht oder Merkmale gelungener Unterrichtsführung, aber auch um auf bestimmte Instrumente spezialisierte Angebote wie den JeKi-Gitarrentag oder Angebote für Streicher oder Blechbläser. Der Hamburger Newsletter erscheint alle zwei Monate und kann von den Internetseiten des Hamburger Bildungsservers als pdf-Datei heruntergeladen werden: www.bildungsserver.hamburg.de/newsletter

JeKi-Newsletter NRW Das Land Nordrhein-Westfalen hat zwei verschiedene Newsletter aufgelegt: einen, der über aktuelle Veranstaltungen und Neuigkeiten im JeKi-Projekt informiert: www.jedemkind.de/newsletter.php sowie einen speziellen Fortbildungs-Newsletter, der sich nur an JeKi-Lehrkräfte richtet: www.jedemkind.de/programm/fortbildung/newsletter_fobi.php Der Newsletter ergänzt die sehr ausführliche Homepage der JeKi-Stiftung.

Newsletter für „Wir machen die Musik!“ in Niedersachsen Auch in Niedersachsen können sich Interessierte durch einen Newsletter über aktuelle Ereignisse und Entwicklungen im Projekt „Wir machen die Musik!“ informieren. Hier werden die AbonnentInnen gebeten, ihren persönlichen oder beruflichen Hintergrund in einer bestimmten Kategorie anzugeben. Vertreten sind die Kategorien Musikpädagogik, Verwaltung/ Behörde, Presse/Öffentlichkeitsarbeit, Verband/Stiftung, Musikschulnutzer (Schüler/Eltern) und sonstige Bereiche. Informationen werden hier gezielt an die verschiedenen Gruppen weitergeleitet. www.wirmachendiemusik.de/service/ newsletter.html Die anderen Bundesländer veröffentlichen Informationen und Fortbildungsangebote zu ihren Musikalisierungsprojekten auf ihren jeweiligen Projekt-Internetseiten. Regelmäßig erscheinende Newsletter, die über aktuelle Entwicklungen und Angebote informieren, bieten Lehrkräften jedoch deutlich mehr Komfort. ))


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musikschule )) DIREKT 5.2013

„Wagnerwahn“ – Richard Wagners Biografie im multimedialen Dreierpack

Meine App

Rüdiger Behschnitt

)) Wagner und Instrumentalunterricht? In der Regel wird man einem der wichtigsten deutschen Komponisten in der Musikschule kaum begegnen. Wer seinen SchülerInnen im Wagner-Jahr zumindest die ungemein spannende Biografie des sächsischen Tondichters nahebringen will, kann nun jenseits der meist nicht kindgerechten Wagner-Literatur auf einen crossmedialen Dreierpack – bestehend aus Film, Graphic Novel und App – zurückgreifen. Pünktlich zu Wagners Geburtstag am 22. Mai wurde im TV der Film Wagnerwahn von Ralf Pleger zum ersten Mal gesendet. Mit Samuel Finzi als Richard und Pegah Ferydoni als Cosima ist der Film hochkarätig besetzt und vermittelt ein facettenreiches Bild von Richard Wagners Leben und dessen Beziehung zu Cosima. Wegen seiner komplexen Struktur, des Detailreichtums und der Fokussierung auf die Beziehung Richards und Cosimas wendet sich der anspruchsvolle und künstlerisch hochwertige Film jedoch eher an Wagner-Kenner und ist als erster Einstieg in Wagners Leben für Kinder und Jugendliche nur bedingt geeignet. Trotz der Montagetechnik mit Spielszenen, Interviews und dokumentarischen Passagen werden nur an sehr wenigen Stellen Animationen oder ComicZeichnungen aus Buch oder App verwendet. Der Film ist bei iTunes für 16,99 Euro zum Download erhältlich (oder kann für 4,99 Euro geliehen werden). Ende Juli erschien im Knesebeck Verlag die Graphic Novel Wagner von Andreas

Völlinger und Flavia Scuderi (48 Seiten, 19,95 Euro). In diesem Comic wird Wagners Leben aus der (fiktiven) Sicht Hans von Bülows wiedergegeben – ein guter Einfall, um einen Erzähler in die Geschichte einzubauen. Die Zeichnungen von Flavia Scuderi sind sehr detailreich und nähern sich durch Überblendungs- und Montagetechniken einem filmischen Denken an. Eine animierte, filmische Wiedergabe, wie sie schließlich in der App zu finden ist, ist hier bereits angelegt. Für weniger Geld (5,49 Euro) ist die iPadApp Wagnerwahn die bessere Alternative. Hier kann man zwischen vier verschiedenen Modi zur Wiedergabe wählen. Der „Graphic Novel Modus“ bietet das Buch als E-Paper zum Blättern, zwei verschiedene Animationsmodi (mit und ohne Erzählstimme bzw. Schauspielern) bereiten den Comic mit bewegten Standbildern filmisch auf. Zu allen Modi werden zusätzliche interaktive Elemente – jedoch in recht bescheidenem Umfang – angeboten: Durch Drücken auf einen im Bild auftauchenden blauen Button erhält man Fotografien, faksimilierte Wiedergaben von alten Programmheften oder Rezensionen. Im Autoplay-Modus schließlich kann man sich den animierten Comic mit allen Zusatzfunktionen vorspielen lassen. Leider bleibt dies die einzige Verbindung von Film und App. Noch bedauerlicher ist das Fehlen des Elements, das doch eigentlich im Mittelpunkt stehen sollte: der Musik! Zwar wird jeder Wiedergabe-Modus

musikschule )) DIREKT erscheint

Redaktion: Anja Bossen und Rüdiger Behschnitt Layout: Rüdiger Behschnitt Grafik: Nele Engler

alle zwei Monate als Supplement zu üben & musizieren

von Wagner-Musik grundiert. Diese steht jedoch in keinem inhaltlichen Zusammenhang zum Erzählten, und schnell wird einem bewusst, dass es sich um die immer gleichen Musikfragmente in enervierender Endlosschleife handelt, sodass man bald von der Möglichkeit Gebrauch machen wird, im Menü die Musikwiedergabe zu deaktivieren. Hier wurde eine große Chance vertan, die interaktiven Möglichkeiten einer App voll zu nutzen. Immerhin: Bei den „Extras“ finden sich Ausschnitte aus den Film-Interviews und einige wenige historische Tonaufnahmen aus den Jahren 1907 bis 1939 in naturgemäß bescheidener Tonqualität. Auf einer Landkarte kann man die vielen Reisen und Lebensstationen Wagners nachvollziehen und erhält im Bereich „Dokumente“ kleine Einblicke in die Partituren und Schriften Wagners. Das Crossmedia-Projekt Wagnerwahn mit Film, Buch und App gibt einen ersten Ausblick, was künftig im Verlagsbereich möglich sein könnte, schöpft die Möglichkeiten aber bei Weitem noch nicht aus. Dennoch: Dieses Dreigestirn bietet für Wagner-Fans und solche, die es werden wollen, zahlreiche Zugangsmöglichkeiten und Anreize, sich näher mit diesem faszinierenden Komponisten zu beschäftigen. )) Kennen Sie eine App, die Sie anderen Lehrkräften empfehlen möchten? Schreiben Sie uns: info@musikschule-direkt.de


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