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Gestaltung von Unterrichtsräumen Brandschutz in der Musikschule Soziale Absicherung und Versicherungen

musikschule )) DIREKT Wer geht mit nach Rummelskirchen … … wo die siebzehn Bauern saßen, die die achtzehn Schinken aßen: Die meisten meiner Schüler erinnern sich an das Lied von den siebzehn Bauern als einen der Renner aus dem Anfangsunterricht am Klavier. Denn alle Erstklässler begreifen die thematische Brisanz sofort und entwerfen mit leuchtenden Augen oft sehr interessante und zugegeben nicht immer gewaltfreie Lösungsansätze. Zwar sind es in Berlin nur zwölf Bauern (sprich: Musikschulen) und der achtzehnte Schinken heißt „2,5 Millionen Euro on Top für 2014 und 2015“. Aber die seitdem entbrannte Diskussion um die Verteilung offenbart nicht weniger Komik als im Lied von den Bauern. Zur Erinnerung: In Berlin wird der Unterricht zu weit mehr als 90 Prozent von Honorarkräften erteilt. Über deren prekäre Situation ist bundesweit berichtet worden. Deshalb kämpfen die Musikschulen seit Jahren um die Schaffung von wesentlich mehr Stellen. So gesehen sind 2,5 Millionen zwar immer noch sehr wenig, aber immerhin … Da beschließt also der Berliner Senat zusätzliche Mittel für die Musikschulen. Und was passiert? Gleich nach dem Beschluss im Dezember 2013 wirft die Senatsbildungsverwaltung zum Auftakt erst einmal eine Nebelkerze: Die Volkshochschulen seien an dem Kuchen zu beteiligen. Davon steht im Haushaltsbeschluss kein Wort! Wohl aber eröffnet er die Möglichkeit, dringend benötigte Stellen in den Musikschulen zu schaffen. Wegen der harten Personalkürzungsauflagen haben die Bezirke jedoch wissen lassen, dass diese Mittel nur für Unterrichtshonorare ausgegeben werden dürfen. Aus der Gerüchteküche ist nun zu hören, dass der Finanzsenator vielleicht doch den Bezirken erlauben wird, zusätzliche, auf zunächst zwei Jahre befristete Stellen zu schaffen. Zwei Jahre? Selbst wenn noch vor dem Sommer neue Stellen zugelassen werden, dauert es erfahrungsgemäß einige Monate bis zur tatsächlichen Besetzung. Und auch Honorarmittel dieser Größenordnung können nicht immer so aus dem Stand ausgegeben werden. Die Aussicht, dass die Mittel mindestens im Jahr 2014 nicht mehr vollständig zum Einsatz kommen, ist sehr real. Fazit: Nicht jedes Kind hat spontan eine tragfähige Lösung für den achtzehnten Schinken parat. Aber keines kam je auf die Idee, das gute Stück einfach vergammeln zu lassen. Stefan Gretsch, Bundesvorsitzender der Fachgruppe Musik in der ver.di

In musikschule )) DIREKT 3/2014 berichteten wir über die fatalen Auswirkungen des neuen Musik- und Kunstschulgesetzes in Brandenburg. Mit der Volksinitiative „Musische Bildung jetzt!“ soll erreicht werden, dass das Land zusätzlich 1,5 Millionen Euro für das Förderprogramm „Musische Bildung für alle“ bereitstellt, um die immense Nachfrage der Grund- und Förderschulen, Kitas und Behinderteneinrichtungen zu decken. Der Anteil der Landesförderung an den Gesamtkosten für die Musikschulen soll statt wie zuletzt 9 Prozent wieder 15 Prozent betragen. Für die Entwicklung der Kunstschulen soll das Land 400 000 Euro bereitstellen. www.musische-bildung-jetzt.de

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„Du müsstest hier aber mal aufräumen“

Anja Bossen

Überlegungen zur Gestaltung von Unterrichtsräumen )) Bereits als Studentin unterrichtete ich an einer Berliner Musikschule. Doch da diese schon damals unter akuter Raumnot litt, war ich gezwungen, zuhause zu unterrichten – in meiner eng begrenzten Studentenbude. Dort war es nicht immer ordentlich: Bücherstapel, angefangene Seminararbeiten, Noten und CDs bedeckten den Großteil der Ablageflächen. Meine Schülerinnen und Schüler, die ich einzeln in meiner Wohnung empfing, hatten nicht sehr viel Platz, um ihr Instrument und ihre Noten irgendwo abzulegen. Meist diente mein Sofa als Ablagefläche für die Instrumentenkästen. Vor dem Sofa, neben meinem Klavier, baute ich einen Notenständer auf. Natürlich räumte ich benutztes Geschirr weg, wischte Staub und putzte auch das Bad vor einem Unterrichtsnachmittag. Die Akustik war so, wie man sie in einem mit Teppich und Möbeln vollgestopften Raum erwarten kann: staubtrocken.

Verschiedene Raumerfahrungen Damals machte ich mir keinerlei Gedanken darüber, wie mein als Unterrichtsraum genutztes Wohnzimmer wohl auf meine Schüler wirken könnte. Ich dachte auch nicht darüber nach, was der Unterrichtsraum eigentlich über meine Person aussagen könnte und was die Schüler wohl aufgrund der vorgefundenen Raumverhältnisse über mich denken würden. Die Einrichtung von Unterrichtsräumen war in meinem Musikstudium kein Thema. Offenbar gingen die Dozenten davon aus, dass man als Instrumentalpädagogin selbstverständlich einen angemessenen Raum von der Musikschule zur Verfügung gestellt bekäme, oder sie hielten die Gestaltung eines Unterrichtsraums für den Instrumentalunterricht schlichtweg für überflüssig.

Eines Tages jedoch sagte mein siebenjähriger Schüler Dirk mit in die Seiten gestemmten Armen zu mir: „Hier ist es aber unordentlich! Also, ich glaube, du müsstest hier aber mal aufräumen.“ Nach diesem Satz machte ich mir zum ersten Mal Gedanken über meinen Unterrichtsraum – und räumte auf! Wenig später unterrichtete ich in einem Klassenraum einer Grundschule, eine in Berlin weit verbreitete Praxis. Der Klassenraum war riesig und komplett mit einem abgetretenen, nach Fußschweiß stinkenden Teppichboden ausgestattet. Die Fenster konnte man nur kippen und nicht ganz öffnen, was sich nicht nur wegen des Geruchs, sondern auch wegen der angestauten Hitze im Sommer als äußerst negativ erwies. Einen Sonnenschutz gab es auch nicht. Jede Woche musste ich Tische und Stühle zur Seite schieben und einen oder zwei (selbst mitgebrachte) Notenständer aufbauen. Wollte ich das glücklicherweise vorhandene Klavier nutzen (dieses Glück haben nur wenige Berliner Musikschullehrkräfte), das ganz hinten an einer Wand stand, mussten meine Schüler sich in eine Nische zwischen Schrank und Klavier klemmen, da sie sonst hinter mir hätten stehen müssen, wenn ich sie am Klavier begleitete, von wo aus ich aber keinen Sichtkontakt zu ihnen gehabt hätte. Die Nutzung von Klassenräumen als Unterrichtsräume für Instrumentalunterricht ist eine bundesweit verbreitete Praxis, wie sie z. B. sehr eingehend im Film JeKi – ein Jahr mit 4 Tönen von Oliver Rauch gezeigt wird: Der Gitarrenlehrer baut in einer Ecke zwischen Waschbecken, Tafel, Schrank und Tischen mit hochgestellten Stühlen seine mitgebrachten Notenständer auf. Die Kinder sitzen im Halbkreis in dieser Ecke des Raums, Platz zum Bewegen gibt es nicht. Der Raum ist vollgehängt mit Bil-

dern, ein typischer Klassenraum eben, nicht auf die Bedürfnisse von Instrumentallehrkräften ausgelegt, die in Schulen allenfalls „zu Gast“ sein dürfen. Später unterrichtete ich im Musikschulgebäude in einem Raum, den ich mir mit mehreren Kolleginnen und Kollegen teilte (jeder an einem anderen Tag). Er war schlauchartig geschnitten, klein, akustisch sehr trocken, ausgestattet mit seit mindestens 30 Jahren nicht gewaschenen moosgrünen Gardinen aus den 1970er Jahren, abgetretenem Linoleumboden und einer aus Neonröhren bestehenden, schlechten Beleuchtung. Irgendwie musste es eben gehen, denn ich konnte es mir nicht leisten, einen Unterrichtsraum mit besseren Bedingungen privat zu mieten. Aus heutiger Sicht jedoch stelle ich mir die Frage, welche Einflüsse die beschriebenen Bedingungen wohl auf die Wahrnehmung, die Emotion und das musikalische Lernergebnis meiner Schülerinnen und Schüler hatten.

Welche pädagogische Bedeutung hat der Raum? Hat der Unterrichtsraum überhaupt einen Einfluss auf die Schüler und deren Lernergebnis? Diese Auffassung ist heute in der Erziehungswissenschaft unumstritten. Aus der Reggio-Kindergarten-Pädagogik stammt der Begriff vom Unterrichtsraum „als drittem Pädagogen“. Er soll den Kindern zum einen Geborgenheit (Bezug) geben und zum anderen Herausforderungen im Sinne einer Stimulation bieten. „Eine harmonisch gestaltete Umgebung, die unterschiedliche Unterrichtsformen zulässt, die Bedürfnisse der Nutzer berücksichtigt und an deren Gestaltung die Nutzer beteiligt wurden, stärkt nicht nur das Wohlbefinden, sondern kann auch die Gesundheit


© Ulrich Petersen/Musikschule Lüneburg

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Hell, freundlich und mit Pflanzen ausgestattet: die Räumlichkeiten der im Jahr 2012 neu erbauten Musikschule der Hansestadt Lüneburg

der Lehrenden und Lernenden fördern. So werden aus Lernräumen Lebensräume für die Zukunft.“ So zu lesen in der Broschüre Das Lernfördernde Klassenzimmer, die vom Bayerischen Gemeindeunfallversicherungsverband und der Bayerischen Landesunfallkasse mit Unterstützung der Bertelsmann-Stiftung als „Handlungsanleitung für Planer, Schulleiter und Lehrkräfte“ herausgegeben wurde (siehe Seite 4). Aber vollziehen sich musikalische Bildungsprozesse nicht auch in staubigen Hütten irgendwo in Afrika oder in Räumen mit abblätterndem Putz wie in Venezuelas „El Sistema“? In einer internationalen empirischen Untersuchung zur Qualität künstlerischer Bildung von Anne Bamford aus dem Jahr 2010 (siehe Kasten „Literatur“) erwies sich die Lernumgebung zwar nicht als der wichtigste Faktor für das Lernergebnis; andere Faktoren, allen voran die Persönlichkeit und das methodischdidaktische Vorgehen der Lehrkraft, erwiesen sich als wichtiger. Dennoch weist Bamford darauf hin, dass, auch wenn Lehrkräfte unter schwierigen Raumbedingungen arbeiten und dabei teils beeindruckende Ergebnisse künstlerischer Bildung erzielen, dies keineswegs eine gute Lösung ist und für die Lehrkräfte eine große Belastung darstellt. Für Bamford gehören daher zu einem guten Programm künstlerischer Bildung auch gut ausgestattete Unterrichtsräume als Bestandteil günstiger äußerer Bedingungen. Und nur bei günstigen äußeren Bedingungen können künstlerische Programme eine hohe Bildungsqualität erreichen. Dabei muss auch berücksichtigt werden, dass sich Raumstandards nach den in einem Land üblichen Raumverhältnissen richten: Wenn der größte Teil der Bevölkerung in Lehmhütten lebt, dies also die herrschende Normalität ist, wird auch ein

ärmlich ausgestatteter Unterrichtsraum mit bröckelndem Putz weniger störend ins Gewicht fallen als in einem reichen Land wie Deutschland, in dem der Wohnstandard erheblich höher ist. Musik kann sich zwar überall ereignen. Aber ein optimal gestalteter Raum kann dazu beitragen, dass nicht irgendein, sondern das bestmögliche Ergebnis erzielt wird. Bedenkt man, dass – wie die Lernforschung uns lehrt – Emotion, Motivation und Lernen eng zusammenhängen, so scheint die Gestaltung des Unterrichtsraums, wenn auch nicht der wichtigste Lernfaktor, zumindest auch nicht unerheblich zu sein. Hermann Rauhe meinte dazu 2003: „Die Lust am Lernen wird nicht nur durch das Lernen und Üben im Flow gefördert, sondern auch durch die Schaffung kreativer Bedingungen wie z. B. motivierender Unterrichtsräume, deren Raumgestaltung, Licht, Farbgestaltung und Mobiliar nach lernbiologischen und motivationspsychologischen Gesichtspunkten erfolgt.“ Und Alfred Holzbrecher von der Pädagogischen Hochschule Heidelberg schlägt für den Bereich der allgemein bildenden Schule vor, Unterrichtsräume so zu gestalten, dass die Art der Gestaltung und die verwendeten Materialien den Menschen wertschätzen. Licht und Farbe sollen als wichtige Gestaltungselemente eingesetzt, Akustik, Luft und Raumklima berücksichtigt werden. „Die Räume haben ein Ambiente, das umhüllt und gleichzeitig frei lässt.“ (siehe Kasten „Literatur“)

Faktoren der Raumgestaltung Zur Gestaltung von Lernsituationen in einem Raum tragen Faktoren bei, die in verschiedenem Ausmaß und situationsabhängig (je nachdem, wo man unterrichtet) beeinflussbar sind:

) Raumgröße: Während man sich in einem sehr kleinen Unterrichtsraum beengt fühlt, kann in einem sehr großen Raum das Gegenteil der Fall sein: Man fühlt sich „verloren“. Unterrichtet man z. B. in einem Klassenraum im Einzelunterricht, so kann man die vorhandenen Möbel dazu benutzen, die Raumfläche anders aufzuteilen und sich kleinere Ecken oder Nischen zu schaffen. ) Farbgestaltung: Eine freundliche Farbgestaltung kann das Wohlbefinden von Lehrkräften und SchülerInnen verbessern und wirkt durch Reflexionen auch zurück auf die Lichtverhältnisse. Dabei sollte Farbe jedoch mit Maß und gezielt eingesetzt werden, um nicht erdrückend zu wirken. In der Farbpsychologie werden den Farben verschiedene Wirkungen zugeschrieben. Blau hat z. B. auf die meisten Menschen eine eher kühle Ausstrahlung, wohingegen Farben wie Orange und Gelb für eine positive, freundliche, gelöste Atmosphäre stehen. Hinweise zur Farbgestaltung von Unterrichtsräumen finden sich unter www.sichere-schule.de/klassenraum/lernraeume/ farbgestaltung/02.htm. ) Akustik: Je größer, höher und weniger mit Stoff ausgelegt, desto überakustischer ist ein Raum. Die Akustik kann man vor allem durch das Anbringen (oder Entfernen) von Teppichen, Vorhängen und Polstermöbeln beeinflussen. Auch Zimmerpflanzen haben schallschluckende Eigenschaften. ) Lichtverhältnisse: Sowohl eine zu dunkle Beleuchtung, die ein Lesen von Noten mühsam macht, als auch eine grelle, blendende Beleuchtung ist von Nachteil. Es ist außerdem zu bedenken, dass die Lichtverhältnisse auch von der Wandfarbe abhän-


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Das Lernfördernde Klassenzimmer

© www.sichere-schule.de

Der Leitfaden „Das Lernfördernde Klassenzimmer. Ein Konzept der guten, gesunden Schule“ ist in drei Abschnitte gegliedert. Im ersten Teil werden die positiven Wirkungen von Pflanzen, Farben und Licht, die theoretischen Hintergründe und die Vorteile ihres Einsatzes in Schulen erläutert. Daran anschließend folgen im zweiten Teil die praktischen Grundlagen für die Gestaltung eines Lernfördernden Klassenzimmers. Der dritte Abschnitt enthält eine Materialsammlung für die praktische Umsetzung, z. B. einen „Masterplan“ für die Organisation einer Klassenzimmergestaltung mit Pflanzen, Farbe und Licht. Außerdem werden Möglichkeiten aufgezeigt, wie man die Schüler an das Projekt heranführt und welche Tätigkeiten Schüler im Vorfeld erledigen können. Download: www.sichere-schule.de/klassenraum/_docs/Das_lernfoerdernde_Klassenzimmer_GUV_X_99966_2011.pdf

gen. Bei zu dunkler Beleuchtung kann das Anbringen von Pultleuchten hilfreich sein, die man auch ohne großen Aufwand transportieren kann. Mittlerweile gibt es sehr leichte LED-Pultleuchten, die sowohl mit Batterien als auch mittels Netzteil betrieben werden können – wobei vom Batteriebetrieb aus Kosten- und Umweltgründen eher abzuraten ist. ) Platzverhältnisse: Neben der Fläche, an der man sich mit den Schülern aufhält, ist zu bedenken, dass es auch sichere (!) Ablageflächen für Instrumentenkästen, Platz zum Bewegen, möglicherweise einen Platz am Klavier usw. geben sollte. ) Raumklima: Dass frische Luft einen positiven Einfluss auf das Lernen hat, ist unumstritten. Allerdings gibt es wie oben beschrieben Räume, in denen die Fenster nicht ausreichend weit geöffnet werden können. In einigen Räumen mit anhaltend schlechtem Geruch, wie er z. B. von Teppichböden in Schulen ausgehen kann, könnte man eine Verbesserung jedoch nur erzielen, indem man das Fenster stundenlang öffnet, was aber zumindest im Winter und auch mit Rücksicht auf die umliegenden Anwohner sehr problematisch sein kann. Zimmerpflanzen können sich positiv auf die Raumluft auswirken, indem sie Schadstoffe aufnehmen, Feuchtigkeit in die Luft abgeben und staubbindend wirken, was auch für Allergiker von Vorteil sein kann. Die Pflanzen sollten allerdings pflegeleicht sein und keine Stacheln oder scharfen Kanten haben. Bei der Auswahl ist außerdem zu bedenken, ob die Pflanzen viel Licht oder eher Schatten benötigen und ob man sich oft genug in dem Raum aufhält, um sie regelmäßig zu gießen und zu pflegen.

) Mobiliar und Einrichtungsgegenstände: Dazu gehören neben dem eigentlichen Mobiliar wie Stühle, Sofas oder Tische auch Accessoires wie Bilder, Poster, Blumentöpfe, Kerzenleuchter usw. Hier ist zu überlegen, wie viel von seinem persönlichen Geschmack man preisgeben möchte, und ob man musikbezogene Gegenstände wie Bilder von Komponisten oder Instrumenten, Regale mit Musikzubehör, Musikbüchern und -spielen o. Ä. einbeziehen möchte, also Gegenstände, die zum Fragen oder Untersuchen einladen. Möglicherweise können Bilder aber auch zu Ablehnungsgefühlen führen, sodass in Raumkonzepten für Schulen von Bildern abgeraten wird. Stattdessen sollten Wände in freundlichen Farben oder auch mit Strukturen gestaltet werden. Die Einrichtung wird sich auch nach der zu unterrichtenden Altersgruppe richten: Je jünger die Schülerinnen und Schüler, desto mehr Gegenstände zum Ausprobieren und Erforschen können einbezogen werden. Dabei muss aber bedacht werden, dass die Lernumgebung nicht zu viele Reize bieten sollte, was vor allem für Kinder mit Aufmerksamkeitsproblemen und Konzentrationsschwierigkeiten problematisch sein kann. Welche Faktoren man überhaupt und mit welchem finanziellen und zeitlichen Aufwand beeinflussen kann, hängt in hohem Maß davon ab, ob man einen Klassenraum an einer allgemein bildenden Schule, einen musikschuleigenen Raum (allein oder mit mehreren KollegInnen gemeinsam) oder einen privaten Raum nutzt.

Handlungsmöglichkeiten für den Unterricht an Schulen Der Zustand vieler Schulräume ist bekannt – allerdings gibt es große Unter-

schiede zwischen Schulen. Dennoch bleibt ein Klassenraum ein Raum, der für die Erfordernisse von Klassenunterricht und nicht für die des Instrumentalunterrichts ausgelegt ist. Werden Räume der allgemein bildenden Schulen von Instrumentallehrkräften mit genutzt, hat die Nutzung und damit die Gestaltung durch die LehrerInnen der Schule in der Regel den Vorrang. Meistens haben die Instrumentalpädagogen hier lediglich einen „Gaststatus“. Dennoch könnte sich ein Gespräch zwischen den Lehrkräften der Schule und der Musikschule über eine gemeinsame Raumgestaltung lohnen. Aber selbst bei „gegebenen“ Verhältnissen und ohne Absprache mit der Klassenlehrkraft der allgemein bildenden Schule kann man kleine Dinge selbst beeinflussen. So bietet es sich an, so rechtzeitig vor Unterrichtsbeginn zu kommen, dass man lüften und hochgestellte Stühle von den Tischen nehmen kann. Man kann den Raum durch das Umstellen von Tischen und Stühlen anders aufteilen (z. B. eine freie Fläche zum Bewegen schaffen). Klaviere haben oftmals Rollen und lassen sich dann ebenfalls umstellen, notfalls mit Hilfe des ersten Schülers. Eine unzureichende oder allzu helle Beleuchtung kann man durch das Anbringen von Pultleuchten verbessern. Bietet der Raum zu viele Möglichkeiten zur Ablenkung, beispielsweise durch Bücherregale mit attraktiven Büchern oder Spielzeugkisten, empfiehlt es sich, diesen Bereich durch das Ziehen einer deutlich sichtbaren „Grenze“, z. B. mit Tischen und Stühlen, abzuteilen und den Unterricht nur auf einer definierten Fläche durchzuführen. Findet der Unterricht in einem Musikraum statt, kann das Eingrenzen auch hilfreich sein, um die Schüler von den dort gelagerten Instrumenten fernzuhalten, die oft sehr verlockend sind.


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Literatur Anne Bamford: Der Wow-Faktor. Eine weltweite Analyse der Qualität künstlerischer Bildung, Waxmann, Münster 2010 Alfred Holzbrecher: Der Raum als „dritter Pädagoge“. Schularchitektur und Lernkultur, www.ph-freiburg.de/fileadmin/dateien/fakultaet1/ew/ew1/Personen/holzbrecher/8.Holzbrecher_Schularchitektur.pdf, 2012 Hermann Rauhe: Just for fun. Musikschule voll Vergnügen, Referat auf dem Musikschulkongress des VdM 2003, www.musikschulen.de/medien/doks/mk03/referat_ plenum2.pdf

Handlungsmöglichkeiten für den Unterricht an Musikschulen Nur an wenigen Musikschulen scheint die Gestaltung der Unterrichtsräume wie von Hermann Rauhe gefordert nach „lernbiologischen und motivationspsychologischen Gesichtspunkten“ zu erfolgen. An Musikschulen mit vielen festangestellten Lehrkräften, die in Vollzeit arbeiten (davon gibt es allerdings immer weniger), verfügen diese manchmal über einen Raum, den nur sie nutzen. Für diese Lehrkräfte ist die Raumgestaltung natürlich am leichtesten, da sie ihn speziell für ihre individuellen Bedürfnisse und mit dem Aufwand einrichten können, den sie allein für angemessen halten. Oft aber müssen mehrere KollegInnen denselben Raum an verschiedenen Tagen nutzen. Hier ist es sinnvoll, gemeinsam zu überlegen, wie der Raum so eingerichtet werden kann, dass er für alle Beteiligten die bestmöglichen Bedingungen erfüllt, und das mit einem vertretbaren zeitlichen und finanziellen Aufwand. Oft sind es einfache Dinge wie z. B. die Absprache, zu dritt einen gemeinsamen CD-Player zu nutzen, statt dass jeder einen eigenen CDPlayer im Raum deponiert oder jede Woche mitbringt. Auch Musik-Lernspiele oder andere Medien können in einer gemeinsam aufgebauten Mediathek von allen Beteiligten genutzt und auch Absprachen über die Wanddekoration getroffen werden.

Handlungsmöglichkeiten für den Unterricht zuhause Instrumentallehrkräfte, die zuhause in einem separaten, nur zum Unterrichten vorgesehenen Raum unterrichten, haben sehr viele Gestaltungsmöglichkeiten und den

Vorteil, dass sie diesen Raum rein funktional einrichten können, ohne viel über sich und ihren Privatbereich preiszugeben. Problematischer ist es, wenn ein bewohnter Raum, z. B. das Wohnzimmer, zum Unterrichten genutzt wird. Dies ist jedoch für viele Lehrkräfte, die sich einen separaten Unterrichtsraum finanziell nicht leisten können, die Realität. So gibt man zwangsläufig mehr über seinen Geschmack und seine Persönlichkeit preis, als dies mit einem rein funktionalen Raum der Fall wäre. Man hat aber auch die Möglichkeit, Dinge eigens zum Zweck des Unterrichtens gegenüber der sonstigen Nutzung zu verändern. Beispielsweise ist es möglich, zusätzliche Lichtquellen (Klemmlampen oder Pultleuchten) anzubringen, die Temperatur selbst zu regeln oder bei großer Hitze einen Ventilator aufzustellen und für ausreichend frische Luft zu sorgen. Persönliche Dinge sollten weggeräumt werden. Möbel können vorübergehend gerückt oder entfernt werden, um den Raum anders aufzuteilen.

Raumgestaltung als Aufgabe des Arbeitgebers Das „Aufhübschen“ eines Unterrichtsraums kann nicht allein den Musikschullehrkräften aufgebürdet werden. Für einen angemessenen Unterrichtsraum zu sorgen, obliegt vor allem dem Arbeitgeber. Mit dem seit Jahren wiederholten Argument der „leeren Kassen“ gestaltet es sich jedoch für immer mehr Lehrkräfte vor allem an öffentlichen Schulen und Musikschulen zunehmend schwierig bis unmöglich, einen auch nur einigermaßen ansprechenden Unterrichtsraum zur Verfügung gestellt zu bekommen. Der öffentliche Raum als solcher, und mit ihm die Unterrichtsäume an Schulen und Musikschulen,

verfällt zusehends. Oft scheint sich der desolate Zustand eines Gebäudes auch im Arbeitsklima einer Musikschule oder Schule widerzuspiegeln – kein Wunder, denn in einem Gebäude, in dem es schon beim Betreten nach nicht gereinigter Toilette stinkt und in dem vor 40 Jahren zum letzten Mal frische Farbe an die Wände gebracht wurde, fühlt man sich nicht willkommen und wertgeschätzt – weder als Lehrer noch als Schüler. Problematisch ist auch, dass viele Lehrkräfte allgemein bildender Schulen nur widerwillig „ihre“ Räume mit Lehrkräften von Musikschulen teilen. Obwohl mittlerweile viele Musikschullehrkräfte als wichtiger Bestandteil des Ganztagsbetriebs angesehen werden, wird ihnen oft nicht einmal ein eigener abschließbarer Schrank, geschweige denn ein Mitspracherecht an der Raumgestaltung zugesprochen. Hier muss noch viel Pionierarbeit geleistet werden. Dabei kann es sehr hilfreich sein, sich direkt an die Schulleitung zu wenden, um auch auf der Führungsebene überhaupt erst einmal ein Problembewusstsein zu schaffen. Zwischen Erzieherinnen und Lehrerinnen hat sich in den vergangenen Jahren schon viel bewegt. Instrumentallehrkräfte, die an Schulen unterrichten, können nur dann eine optimale Arbeit leisten, wenn sie nicht als Fremdkörper, sondern als Bereicherung auf gleicher Augenhöhe wahrgenommen werden. Das müssen jedoch auch die Musikschullehrkräfte einfordern, statt sich mit der Kammer in der letzten Ecke einer Schule zufriedenzugeben. ))


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Anforderungen und Pflichten für Betreiber und Unterrichtende

Brandschutz in der Musikschule Rainer Sonntag

)) Für jedes Gebäude ist abhängig von der Nutzung aus baulicher Sicht ein Sicherheitsstandard erforderlich. Dies wird uns dann bewusst, wenn wir in der Zeitung von einem Hauseinsturz lesen oder Feuer ein Haus verwüstet hat. In beiden Fällen ist es ein glücklicher Umstand, wenn keine Personen zu Schaden gekommen sind. Der Gesetzgeber hat hierzu hohe Anforderungen gestellt: Gebäude müssen so beschaffen sein, dass unsere höchsten zu schützenden Rechtsgüter „Leben und Gesundheit“ bewahrt werden. Im Brandschutz sind die Anforderungen noch weitgehender: Es wird per Gesetz gefordert, dass im Gebäude der Brandentstehung und Brandausbreitung von Feuer und Rauch vorgebeugt werden muss.

Vorbeugung der Brandentstehung und -ausbreitung Zur Vorbeugung der Brandentstehung kann man selbst eine Menge beitragen. Da sind zunächst „Klassiker“ zu nennen wie: keine Kerzen unbeaufsichtigt brennen lassen; eine Anhäufung von brennbaren Stoffen, z. B. Papiermüll, vermeiden; Rauchverbot im Gebäude etc. Zur Vorbeugung der Ausbreitung von Feuer und Rauch werden in größeren Gebäuden Brandwände und Rauchabschnitte gebildet. Dies geschieht bereits bei Erstellung des Gebäudes. Im praktischen Betrieb können dabei erhebliche Fehler gemacht werden, die den besten Brandschutz aushebeln, z. B. wenn Brandschutztüren, die eigentlich dafür sorgen sollen, dass der giftige Brandrauch abgeschottet wird, mit einem Keil offengehalten werden. Wenn diese Türen ihre Funktion im Brandfall verlieren, können sich der Brandrauch oder sogar das Feuer unkontrolliert ausbreiten. Deshalb ist es unerlässlich zu wissen, welche Türen im

Brandfall Leben retten können, damit diese Türen nicht unterkeilt werden. Ein weiterer Aspekt ist die gesetzliche Forderung nach zwei unabhängigen Rettungswegen. Hier geht es um Personenschutz und damit die direkte Möglichkeit, Leben und Gesundheit zu sichern. Der erste Rettungsweg muss immer mit dem Gebäude verbunden sein, es ist im Regelfall bei den Obergeschossen die Treppe, gesichert in einem Treppenraum. Im Erdgeschoss ist es ein direkter Ausgang ins Freie. Sollte dieser (erste) Rettungsweg ausfallen, z. B. wegen Verrauchung oder Brandeinwirkung, muss der zweite Rettungsweg den betroffenen Personen zur Verfügung stehen. Dies ist bei kleinen Nutzungseinheiten (Wohnungsgröße) meist eine anleiterbare Stelle. Die Rettung erfolgt dann durch die Feuerwehr. Hierbei muss aber die Ankunft der Feuerwehr abgewartet werden; kein schöner Gedanke, auf Hilfe warten zu müssen, während sich das Feuer langsam ausbreitet. Diese Form der Rettung ist deshalb nur bei kleinen abgeschotteten Bereichen möglich. Sind viele Personen zu retten, muss auch der zweite Rettungsweg baulich ausgeführt sein: eine weitere erreichbare Treppe im Treppenraum oder eine Außentreppe. In jedem Fall ist die rasche Evakuierung und damit die Selbstrettung das wichtigste Ziel. Für die anrückende Feuerwehr ist es unerlässlich, sofort nach Ankunft vom Verantwortlichen eine Auskunft zu erhalten, ob alle Personen in Sicherheit sind und das Gebäude vollständig evakuiert wurde. Schon ein „Ich weiß nicht, ob alle draußen sind“ erhöht den Adrenalinspiegel der Feuerwehrleute schlagartig, da diese nun damit beginnen müssen, das Gebäude vollständig nach vermissten Personen abzusuchen. Was es bedeutet, wenn diese Personen sich tatsächlich im Brandrauch

befinden bis zur Rettung durch die Feuerwehr, mag sich jeder selbst vorstellen. Schließlich fordert der Gesetzgeber, dass wirksame Löschmaßnahmen möglich sein müssen. Dies beginnt damit, dass mit Feuerlöschern Entstehungsbrände bekämpft werden können. Beim beschriebenen Feuerwehreinsatz muss neben der Zufahrtsmöglichkeit für die Feuerwehr die Infrastruktur für das Aufstellen von Leitern und die Entnahme von Löschwasser möglich sein.

Organisatorischer Brandschutz Ein wesentlicher Teil des Brandschutzes entfällt bei Musikschulen auf den Organisatorischen Brandschutz. Der Betreiber ist nämlich dafür verantwortlich, dass die Personen sicher und schnell – möglichst vor Ankunft der Feuerwehr – das Gebäude verlassen haben. Die Hilfe der Feuerwehr bei der Rettung ist das letzte Mittel! Deshalb muss der Brandschutz für den Evakuierungsfall gut organisiert sein. Bei größeren Einrichtungen sind Brandschutzhelfer erforderlich, die im Brandfall den Betreiber unterstützen, dass Entstehungsbrände gelöscht und Personen evakuiert werden. Wesentlich ist hierbei die Unterweisung von Lehrkräften im Brandschutz. Diese können als Brandschutzhelfer ausgebildet sein, eine zwingende Notwendigkeit hierzu ergibt sich aber nicht. In jedem Fall müssen die Lehrkräfte im Brandfall in verantwortlicher Weise Folgendes beherrschen: ) die Evakuierung auslösen; ) ihre Gruppe in Sicherheit bringen; ) soweit möglich einen Entstehungsbrand mit einem Feuerlöscher bekämpfen, ohne sich zu gefährden; ) die Feuerwehr rufen und einen qualifizierten Hilferuf bei der Leitstelle absetzen.


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© Rainer Sonntag

Rainer Sonntag ist Brandassessor und berät als Brandschutzsachverständiger private und öffentliche Auftraggeber in allen Fragen des baulichen und organisatorischen Brandschutzes. Er hat jahrelange Erfahrung als Einsatzleiter bei der Berufsfeuerwehr München. www.brandschutzconsulting.de

Diese Maßnahmen sind üblicherweise in einer Brandschutzordnung festgelegt. Bezüglich des Betreibers und seiner Verantwortung lassen sich folgende Fälle unterscheiden:

Privat unterrichtende Lehrkräfte in der Wohnung Die Wohnung verfügt über die erforderlichen Rettungswege. Die Anzahl der Personen ist gering, meist Lehrkraft und zu Unterrichtende. Da die Wohnnutzung überwiegt, sind keine weiteren Maßnahmen erforderlich. Allerdings müssen beide Rettungswege vorhanden sind, das Rettungswegesystem der Wohnung wird genutzt. Die Entscheidung zur Evakuierung und Anleitung zum richtigen Verhalten im Brandfall trägt die Lehrkraft. Ein Feuerlöscher ist sinnvoll, aber nicht zwingend erforderlich.

Private und öffentliche Musikschulen Hierbei handelt es sich um gewerbliche Einrichtungen. Die Einrichtung ist damit deutlich größer als eine normale Wohnung, mehrere Beschäftigte unterrichten gleichzeitig Einzelpersonen bzw. Kleingruppe oder eine größere Gruppe, z. B. ein Orchester. Aus brandschutztechnischer Sicht ist eine private Musikschule einer öffentlichen Musikschule gleichgestellt. Die Nutzung und das brandschutztechnische Risiko sind gleich, allenfalls bestehen Größenunterschiede zwischen den einzelnen Einrichtungen. Deshalb werden diese Musikschultypen gemeinsam betrachtet. Der Betreiber ist als öffentlicher oder privater Unternehmer verpflichtet, den Brandschutz sicherzustellen. In den Musikschulen werden vorrangig Kinder und Jugend-

liche ausgebildet. Hierbei wird vom Unternehmer eine Vorbildfunktion erwartet, was den Brandschutz einschließt. Folgende Maßnahmen sind für den Brandschutz in Abhängigkeit von der Größe der Einrichtung erforderlich (es handelt sich nur um eine Auswahl und ist nicht abschließend gemeint): ) Unterweisung der Lehrkräfte im Brandschutz (erstmalig und wiederkehrend); ) Brandschutzbeauftragter bei großen Einrichtungen; ) ca. fünf Prozent der Beschäftigten als Brandschutzhelfer ausbilden; ) Maßnahmen der Brandvorbeugung (z. B. Prüfung von Elektrogeräten nach BGV A3, Anweisungen zu offenem Feuer, Kerzen etc.); ) Ausstattung des Gebäudes mit Feuerlöschern; ) Anweisungen zur Evakuierung (z. B. auf einen Alarmton ausgelegt); ) Brandmeldeanlage zur Alarmierung der Feuerwehr und Warnung der Personen; ) bei sehr großen Einrichtungen Durchführung einer Evakuierungsübung, auch mit den Schülerinnen und Schülern; ) Aufstellen einer Brandschutzordnung; ) Nutzung des Gebäudes entsprechend der Baugenehmigung (z. B. keine Versammlungsstättennutzung, das heißt mehr als 200 Personen, ohne spezielle Genehmigung).

Zusammenfassung Personenschutz geht vor Sachschutz! Der Betreiber und die von ihm beauftragten Lehrkräfte sind für die Evakuierung zuständig. Die Personen müssen frühzeitig im Brandfall gewarnt und aus dem Gebäude in Sicherheit geführt werden. Selbstrettung geht vor Fremdrettung durch die Feuerwehr. Die Vollständigkeit der Perso-

nen ist an einem vorher festgelegten Sammelplatz festzustellen und der Feuerwehr sofort mitzuteilen. Das Gebäude darf nur entsprechend der genehmigten Nutzung betrieben werden. Die verantwortlichen Personen (Lehrkräfte) müssen sich vorab mit dem Brandschutz beschäftigen und sich gegebenenfalls als Brandschutzhelfer ausbilden lassen. ))

Checkliste Brandschutz für Privatlehrer Obwohl keine verbindlichen Regeln und Vorschriften zum Brandschutz für Lehrkräfte existieren, die Privatunterricht in ihrer Wohnung erteilen, sollte man dennoch einige Überlegungen anstellen. Technische Ausstattung ❑ Habe ich einen Feuerlöscher und wird dieser regelmäßig gewartet (in der Regel alle zwei Jahre)? ❑ Habe ich mich mit der Bedienung des Feuerlöschers vertraut gemacht? ❑ Habe ich funktionstüchtige Rauchmelder in der Wohnung? ❑ Wird die Gastherme regelmäßig gewartet? Eigene Vorbereitungen ❑ Sind die Fluchtwege innerhalb der Wohnung frei? ❑ Sind brennbare Gegenstände im Fluchtweg? (Altpapier neben der Wohnungstür ist keine gute Idee!) ❑ Wird in einem Mehrfamilienhaus die Haustür abgeschlossen? ❑ Wie weit ist der Weg zum Ausgang (5. Etage oder Erdgeschoss) und wie viele Kinder welchen Alters kann ich schnell dorthin bringen?


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Es ist doch noch nie was passiert! Jürgen Simon

Große Brände, bei denen Menschen zu Schaden kommen, sind in Deutschland glücklicherweise eher selten. Damit dies so bleibt, darf das Thema Brandschutz nicht auf die leichte Schulter genommen werden.

)) Im Artikel „Brandschutz in der Musikschule“ von Rainer Sonntag (siehe die Seiten 6 und 7) werden die Erfordernisse, die an Musikschulen gestellt werden, genau aufgelistet. Während bei den öffentlichen Musikschulen in der Regel die Kommunen für die technische Ausstattung verantwortlich sind, müssen sich die Betreiber privater Musikschulen selbst mit diesem Thema auseinandersetzen. Das ist oft nicht einfach, da die Erfordernisse nicht nur von der Größe und Art des Gebäudes, sondern auch von der Anzahl der Menschen, die sich im jeweiligen Gebäude befinden, abhängen. Problematisch ist es, wenn Musikschulen in Räumen, die dafür nicht ausgelegt sind, untergebracht werden. Eine große Wohnung, die preiswert und gut gelegen ist, hat eben im Allgemeinen keinen baulich separaten zweiten Rettungsweg. Je nachdem, wie viele Schülerinnen und Schüler sich in der Wohnung befinden, kann dies bereits einen Verstoß gegen die Brandschutzbestimmungen darstellen. Und vor allem kann es bei einem Brand lebensbedrohlich sein!

Veranstaltungen Schwierig wird die Situation bei Konzerten und Vorspielen. Wenn nur ein Dutzend Schülerinnen und Schüler mit ihren Lehrkräften, den Eltern und Geschwistern in einem Raum versammelt sind, kann es im Falle eines Brandes schwer bis unmöglich werden, alle Personen rechtzeitig sicher ins Freie zu bringen.

Dieser Punkt betrifft auch größere und auch öffentliche Musikschulen. Die meisten LehrerInnen freuen sich, wenn ihre Schülervorspiele aus allen Nähten platzen. Dann werden schnell noch ein paar Stühle aus den Nachbarräumen geholt. Die lebenswichtige Frage, ob der jeweilige Raum überhaupt für die Benutzung durch so viele Personen zugelassen ist, stellt sich dabei niemand. Wer sollte diese Aufgabe auch übernehmen? Vorspiele und Konzerte werden meistens in Eigenverantwortung durch die Lehrkräfte organisiert. Ein Raum wird reserviert, Einladungen verschickt, Programme gedruckt – aber niemand ist für die Sicherheit verantwortlich.

Organisierte Verantwortungslosigkeit Dabei sind die Schwierigkeiten zum großen Teil durch die Organisationsformen, in die Musikunterricht zunehmend gezwängt wird, bedingt. Musikschulen werden in immer größerem Umfang mit freien Mitarbeitern ausgestattet. Unterrichtszeiten und -räume können frei vereinbart werden. Oft gibt es im ganzen Musikschulgebäude niemanden, der weiß, wer sich gerade wo im Gebäude befindet. Da der Musikschulbetrieb mit freien Mitarbeitern erheblich billiger ist, wird auch streng darauf geachtet, dass dieser Status nicht gefährdet wird. Eine Kernvoraussetzung dafür ist, dass die Lehrkräfte ausdrücklich nicht in den Betrieb eingebunden sind, weil sonst womöglich eine Scheinselbstständigkeit vorliegt. (In Berlin wurden extra zu diesem Zweck im vergangenen Jahr sämtliche Honorarverträge gekündigt und durch neue ersetzt.) Darum ist es auch nicht möglich, diese Lehrkräfte als Brandschutzhelfer auszubilden. Selbst die regelmäßige Teil-

© Rainer Sonntag

An vielen Musikschulen fühlt sich niemand für den Brandschutz verantwortlich nahme an Brandschutzübungen kann so natürlich nicht gelingen, da niemand verpflichtet werden kann, daran teilzunehmen. Wenn aber die LehrerInnen nicht wissen, was im Falle eines Brandes zu tun ist, wie sollen sie dann für die Sicherheit der ihnen anvertrauten Kinder sorgen?

Problemfall Kooperation Die gleichen Probleme bestehen häufig auch bei Kooperationen mit allgemein bildenden Schulen. Auch hier wird in der Regel peinlich genau darauf geachtet, dass die Musikschullehrer unter keinen Umständen in den regulären Schulbetrieb eingebunden sind, um jegliche Ansprüche auf eine Festanstellung von vornherein auszuschließen. Das Ergebnis ist, dass wohl nur die wenigsten Musikschullehrkräfte, die in einer Kooperation arbeiten, jemals an einer Brandschutzübung oder einer Sicherheitsunterweisung teilgenommen haben. Auch sie wissen im Ernstfall nicht, wie sie sich verhalten sollen. Sie wissen auch nicht, wo die Sammelplätze für ihre Schüler sind, und erschweren damit der Feuerwehr unnötig die Arbeit, weil unter Umständen nicht klar ist, wo sie sich mit ihren Kindern befinden und ob sie das Gebäude überhaupt verlassen haben. So könnte sich das Sparen mit Honorarkräften leicht einmal als tödliche Falle erweisen. Alle Verantwortlichen sollten sich gut überlegen, was ihnen die Sicherheit der Schüler wert ist und wie sie optimal gewährleistet werden kann. Das Motto „Es ist doch noch nie was passiert!“ ist sicher keine Lösung. ))

Jürgen Simon ist Cellist im Brandenburgischen Staatsorchester Frankfurt (Oder).


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Gut beraten

Cordula Obergassel

Zwölf Musikhochschulen kooperieren in den Bereichen Qualitätsmanagement und Lehrentwicklung )) Seit zwei Jahren besteht das Netzwerk Musikhochschulen für Qualitätsmanagement und Lehrentwicklung, ein Verbundprojekt aus bundesweit zwölf Musikhochschulen. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Qualitätspakts Lehre gefördert und läuft zumindest bis Ende 2016. Strukturell gliedert sich das Netzwerk in ein Zentrum, das als Institut der Hochschule für Musik Detmold organisiert ist, sowie je eine Mitarbeiterin an jeder Hochschule als Schnittstelle zwischen Netzwerk und Hochschule. Inhaltlich besteht es aus den drei Handlungsfeldern Qualitätsmanagement, Lehrentwicklung sowie Beratung und Projekte. Nach einer Phase der Bedarfsanalyse, Expertiseentwicklung und Konzeption von Veranstaltungsformaten und Evaluationsinstrumenten ist das Netzwerk inzwischen im Hochschulalltag angekommen. Im Bereich der Lehrentwicklung wurden ein Fortbildungsprogramm für Lehrende sowie Fortbildungsveranstaltungen für MitarbeiterInnen der Verwaltung konzipiert. Nach einer Pilotphase im Wintersemester 2013/14 lief das Programm im Sommersemester 2014 erfolgreich mit Teilnehmenden aus allen zwölf Verbundhochschulen. Die Workshops an den Musikhochschulen in Bremen, Freiburg, Köln, Hannover und Saarbrücken standen Lehrenden und MitarbeiterInnen aller Verbundhochschulen offen. Themen waren u. a. „Wissenschaftliche Arbeiten betreuen und bewerten“, eine „Methodenwerkstatt“, eine Einführung in die „Kollegiale Beratung für die Praxis“ und ein „interkulturelles Kompetenztraining“. Darüber hinaus arbeitet das Netzwerk an der Erstellung eines Lehreportals, einer interaktiven Online-Plattform mit Methoden und Tipps für Lehrende an Musikhochschulen.

Evaluationen stellen für Musikhochschulen wegen ihrer niedrigen Studierendenzahlen eine besondere Herausforderung dar. Seit 2012 entwickelt das Netzwerk Musikhochschulen verschiedene Evaluationsinstrumente, die auf die speziellen Bedürfnisse von Musikhochschulen zugeschnitten sind. Dieses Sommersemester haben die zwölf Verbundhochschulen erstmalig die Gelegenheit, jeweils 20 Lehrveranstaltungen evaluieren zu lassen. Die Auswertung der Ergebnisse erfolgt aktuell im Netzwerkzentrum. Die Studienabschlussbefragung fand erstmals im Wintersemester 2013/14 an fünf Hochschulen statt und wird im kommenden Semester an voraussichtlich sieben Hochschulen fortgeführt. Sofern an mindestens dreien von ihnen jeweils über 20 ausgefüllte Fragebögen zusammenkommen, bietet sich zusätzlich zur hochschulindividuellen Auswertung die Möglichkeit eines Vergleichs zwischen der eigenen Hochschule und einem Gesamtmittelwert, das heißt einem anonym gebildeten Durchschnitt aller teilnehmenden Hochschulen. Thematisch ist die Befragung breit gefächert und erstreckt sich über Themenfelder wie Lehrveranstaltungen, Rahmenbedingungen und die Beratung durch die Hochschule. In allen seinen Aktivitäten berücksichtigt das Netzwerk Musikhochschulen die individuellen Bedürfnisse der zwölf Verbundhochschulen, die sich jeweils für oder gegen die Teilnahme an einer bestimmten Maßnahme entscheiden können. Mit dem Handlungsfeld Beratung und Projekte bietet sich zusätzlich die Möglichkeit, auf individuelle Beratungs- und Projektanfragen der einzelnen Hochschulen zu reagieren. Es unterstützt bei der Erhebung und Verbesserung verwaltungstypischer Abläufe wie beispielsweise aktuell zur Beantragung

von künstlerischen Projekten. Gemeinsam mit den am Prozess beteiligten Akteuren der Hochschule werden die Arbeitsschritte unter die Lupe genommen, um Zuständigkeiten transparent zu machen und gegebenenfalls Brüche oder Unklarheiten zu identifizieren und beheben zu können. Weiterhin finden wechselseitige Begutachtungen der im Einsatz befindlichen Qualitätssicherungsverfahren statt, sodass die Hochschulen von „critical friends“ aus dem Netzwerk beim Aufbau des eigenen QM-Systems individuell unterstützt werden. Neben einem zielgruppenspezifischen Workshopangebot für Führungskräfte in Lehre und Verwaltung können sich diese auch mit ihren individuellen Fragen zu ihrer Leitungsrolle an das Netzwerk Musikhochschulen wenden und beispielsweise Coaching in Anspruch nehmen. ))

Cordula Obergassel koordiniert die Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit am Zentrum Netzwerk Musikhochschulen.

Tagung Am 20. und 21. November 2014 bietet das Netzwerk Musikhochschulen im Rahmen seiner Jahrestagung an der Hochschule für Musik Detmold unter dem Motto „Gut beraten?! Innovative Beratungsansätze in Lehre und Verwaltung an Musikhochschulen“ allen, die sich mit der Funktion von Beratung für die Qualitätssicherung an Musikhochschulen beschäftigen wollen, die Möglichkeit, sich zu diesem Thema auszutauschen. www.netzwerk-musikhochschulen.de


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musikschule )) DIREKT 4.2014

Soziale Absicherung und Versicherungen für freiberufliche Instrumentallehrkräfte

Haben Sie vorgesorgt? Im fünften und vorletzten Beitrag unserer Serie zur Selbstständigkeit von InstrumentalpädagogInnen geht es um das wichtige Thema „Soziale Absicherung“.

)) Wenn Sie sich vier Minuten Zeit nehmen und auf YouTube anschauen, wie dort das Thema „Gesetzliche Sozialversicherung“ erklärt wird (www.youtube.com/ watch?v=Si2GALRVqsI), dann könnten Sie den Eindruck gewinnen, ein überschaubares Thema vor sich zu haben. Für den festangestellten Musikschullehrer in Vollzeit mag dies zutreffen, für die selbstständige Lehrkraft, den Patchworker oder die Berufseinsteigerin ist die Frage nach sozialer Absicherung deutlich komplexer.

Künstlersozialkasse (KSK) Zwar ist mit der Etablierung des Künstlersozialversicherungsgesetzes von 1983 ein Meilenstein in der Absicherung selbstständiger Künstler (und Publizisten) erreicht worden, jedoch trifft man in der Praxis immer wieder auf Instrumentallehrkräfte, die meinen, die Künstlersozialkasse (KSK) sei für sie nicht zuständig, oder die ihre Anmeldung vor sich her schieben. In Einzelfällen hört man auch von problematischen oder gar gescheiterten Aufnahmeverfahren, was wiederum zu Fehlinterpretationen über die KSK führen kann.1 Hier die Fakten: ) In der KSK werden selbstständige Künstler und Publizisten sozial abgesichert. ) Unter „Künstlern“ versteht der Gesetzgeber diejenigen, die Musik, darstellende oder bildende Kunst schaffen, ausüben oder lehren.2 Die KSK ist somit eine Pflichtversicherung, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Diese Voraussetzungen sind: ) selbstständige Tätigkeit als Künstler oder Publizist,

) Tätigkeit wird erwerbsmäßig betrieben (nicht nur vorübergehend oder als Hobby), ) Einkünfte von mehr als 3 900 Euro im Jahr (Ausnahmen für Berufsanfänger), ) Tätigkeit erfolgt in der Regel im Inland. Die Versicherten zahlen – ähnlich wie Arbeitnehmer – etwa die Hälfte der Versicherungsbeiträge zur gesetzlichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung, die andere Hälfte übernimmt die KSK. Sie finanziert sich aus Mitteln des Bundes und der Künstlersozialabgabe von Unternehmen, die künstlerische oder publizistische Leistungen verwerten. Die KSK ist dabei keine Versicherung, sondern sorgt für den Beitragseinzug der Versicherten, den sie an die zuständigen Träger der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung weiterleitet. Die Höhe der monatlichen Beiträge richtet sich nach dem zu erwartenden Jahresarbeitseinkommen. Dies entspricht dem steuerlich ermittelten Gewinn (Betriebseinnahmen minus Betriebsausgaben), als Schätzgrundlage kann der letzte Jahressteuerbescheid herangezogen werden. Zu erwartende Veränderungen sollten jedoch mit einbezogen werden. Die Aufnahme in die KSK erfolgt, indem man einen Antrag auf Prüfung der Versichertenpflicht stellt. Antragsunterlagen wie ausführlicher Fragebogen (über download oder per mail anfordern) bzw. entsprechende Nachweise zur beruflichen Tätigkeit müssen beigelegt werden. Alle notwendigen Infos finden sich unter www.kuenstlersozialkasse.de. Das Deklarationsprinzip des Einkommens könnte dazu verleiten, das Einkommen zu niedrig anzusetzen, um Krankenversicherungsbeiträge zu sparen. Doch Vorsicht: Ganz abgesehen davon, dass dies nicht zulässig ist,3 verschenkt man Zuschüsse zur Rente, erwirbt zu niedrige Rentenanwartschaften und im Krankheitsfall erhält man

Reinhild Spiekermann

ein entsprechend der zu niedrigen Schätzung niedrigeres Krankengeld, was schlagartig zu Existenzproblemen führen kann.

Altersvorsorge Schaut man sich die Durchschnittsverdienste von KünstlerInnen an, die die KSK jährlich veröffentlicht, so liegt auf der Hand, dass die Grundsicherung im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung im Alter nicht ausreichen wird.4 Die Ursachen der überaus niedrigen Rentenanwartschaften sind sehr komplex, es liegen keine gesicherten Daten vor. Vermutlich handelt es sich um eine Mixtur von geringen Einkünften, Zeiten der Nichtbeschäftigung, anderweitiger Beschäftigung und falschen Einkommensschätzungen.5 Zusätzliche Absicherung für das Alter ist notwendig, sobald die freiberufliche Existenz auf finanziell einigermaßen gesicherten Füßen steht. Eine erste Übersicht kann man sich verschaffen bei www.existenzgruender.de (in die Suchmaske: „Altersvorsorge“ eingeben). Eine private Vorsorge über ein „Riester“Produkt können auch Selbstständige betreiben, sofern sie in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind. Wer „Riester“ als staatliche Förderleistung in Anspruch nehmen möchte, muss sich für ein zertifiziertes Produkt entscheiden. Förderfähige Sparformen sind: Banksparpläne, „klassische“ private Rentenversicherungen, fondsgebundene Rentenversicherungen, Fondssparpläne oder „Wohn-Riester-Produkte“. Um die volle staatliche Zulage zu erhalten, beträgt der Mindesteigenbeitrag vier Prozent vom rentenversicherungspflichtigen Einkommen des Vorjahres. Maximal können so 2 100 Euro geltend gemacht werden, als unterer Sparbetrag müssen mindestens 60 Euro pro Jahr ein-


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Links und Literatur Künstlersozialversicherung: www.bmas.de/DE/Themen/Soziale-Sicherung/Kuenstlersozialversicherung/inhalt.html Andri Jürgensen: Ratgeber Künstlersozialversicherung für selbständige Künstler und Publizisten, Verlag Kunst Medien Recht, 3., überarbeitete Auflage, 2012

© damato_fotolia

Altersvorsorge: www.deutsche-rentenversicherung.de www.rentenblicker.de (für Auszubildende, Studenten oder Berufseinsteiger) www.mediafon.net (Stichwort: Rentenversicherung und private Altersvorsorge) www.test.de (z. B. „Finanztest Spezial Altersvorsorge“)

gezahlt werden. Die staatliche Zulage beträgt 154 Euro pro Jahr zuzüglich 185 Euro pro Kind. Interessant für Studierende im Berufseinstieg: Wer bei Abschluss eines „Riester“-Vertrags das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erhält einmalig einen Bonus von 200 Euro. Wer in den Jahren seiner Berufstätigkeit extrem wenig verdient bzw. lange Phasen der Erwerbslosigkeit durchlebt hat, der sollte wissen: Nach derzeitiger Gesetzeslage wird die „Riester-Rente“ mit der Grundsicherung im Alter verrechnet, sodass sich in extremen Einzelfällen eventuell die „RiesterRente“ nicht lohnt.

Gesetzliche oder private Krankenversicherung? Gesetzlicher Regelfall im Künstlersozialversicherungsgesetz ist die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Berufsanfänger (Versicherte während der ersten drei Jahre der Berufstätigkeit) und Höherverdienende (Versicherte, die im Drei-Jahres-Zeitraum die GKV-Versicherungspflichtgrenze6 überschritten haben) können sich von der GKV zugunsten einer privaten Krankenversicherung (PKV) befreien lassen. Die Unterschiede: GKV: ) Versicherungsbeiträge sind einkommensabhängig, ) auch im Rentenalter einkommensabhängige Mitgliedschaft, ) kostenlose Mitversicherung von nichtberufstätigen Ehepartnern und Kindern, ) Anspruch auf Mutterschaftsgeld, ) Mitgliedschaft per Gesetz, ohne Wartezeiten und unabhängig von Alter, Geschlecht und Vorerkrankungen. PKV: ) zu zahlende Prämie richtet sich nach Eintrittsalter und persönlichem Risiko,

) für jedes Mitglied der Familie muss eine eigene Prämie gezahlt werden, ) Höhe der Prämie bleibt gleich trotz eventueller Einkommensschwankungen, ) im Alter ist mit deutlich höheren Prämien zu rechnen. Der Schritt, sich von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht befreien zu lassen, ist buchstäblich ein Schritt fürs Leben, sollte reiflich überlegt werden und ist höchstens interessant, wenn man keine Kinder hat und haben wird, jung und gesund ist, Verwaltungsaufwand nicht scheut (alle Arztrechnungen laufen zunächst über den eigenen Schreibtisch) und für das Alter ein finanzielles Polster ansparen kann. Lediglich „wer als Berufsanfänger befreit worden ist, kann letztmalig noch zum Ablauf der Berufsanfängerzeit in die gesetzliche Krankenversicherung zurückkehren, sofern er dies möchte. Nach Ablauf der Berufsanfängerzeit wird die Befreiung unwiderruflich. Eine Befreiung als Höherverdienender ist unwiderruflich. Die Unwiderruflichkeit gilt auch bei einer Unterbrechung der Tätigkeit. Wird die Tätigkeit aufgegeben und nach Jahren erneut begonnen, gilt der bisherige Status der Befreiung weiter. Eine Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung ist nicht möglich.“7

Sonstige Versicherungen „Versicherungen sind Geschäfte mit der Angst der Menschen“, sagen manche Zeitgenossen. Versicherungsexperten sehen dies nüchterner und argumentieren differenziert: „Richtig versichern heißt Prioritäten setzen. Existenzielle Risiken müssen zuerst abgesichert werden.“ Man benötigt also auf jeden Fall eine private/berufliche Haftpflichtversicherung, sinnvoll ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung bzw. für

MusikerInnen eine spezielle Unfallversicherung mit sogenannter Gliedertaxe (zur Komplexität dieser Thematik vgl. Jürgen Simon in musikschule )) DIREKT 2/2014) und eventuell eine Instrumentenversicherung (vgl. Anja Bossen in musikschule )) DIREKT 6/2013). Einen guten Überblick über Versicherungen (und die Reihenfolge ihrer Notwendigkeit, abhängig von der jeweiligen Lebenssituation) erhält man z. B. im regelmäßig neu aufgelegten Heft „Finanztest Spezial Versicherungen“ (www.test.de) bzw. auch über Veröffentlichungen von ver.di oder DTKV. Alternativ kann man gegen Honorar die Dienstleistung eines unabhängigen Versicherungsberaters in Anspruch nehmen (vgl. z. B. www.bvvb.de). )) 1

vgl. z. B. www.kskforum.de bzw. www.kskforum.de/netzwerk.htm oder die Anwaltseiten www.kunstrecht.de 2 Wer ist Künstler? Bei Zweifelsfällen, z. B. in der Abgrenzung zwischen Handwerk und Kunst, heißt es bei der KSK: „… wer in den einschlägigen fachkundigen Kreisen als Künstler anerkannt und behandelt wird. Diese Anerkennung zeigt sich etwa in der Mitgliedschaft in künstlerischen Berufsverbänden oder der Teilnahme an Ausstellungen.“ (www.kuenstlersozialkasse.de). 3 Die KSK überprüft Versicherte stichprobenartig, sie müssen dann für die zurückliegenden vier Jahre ihre Einkünfte offen legen und nachweisen. 4 ermitteltes durchschnittliches Jahreseinkommen von Musikern, Stand 1.1.2013: 12 326 Euro. 5 vgl. http://library.fes.de/pdf-files/managerkreis/10013.pdf, S. 23 (Stand: 13.6.2014). 6 www.kuenstlersozialkasse.de/wDeutsch/ ksk_in_zahlen/beitraege/beitragsbemessungsgrenzen_aktuelles_Jahr.php (Stand: 13.6.2014). 7 www.kuenstlersozialkasse.de/wDeutsch/ download/daten/Versicherte/Befreiung_von_der_ gesetzl._Krankenversicherung_zugunsten_einer_ priv._Versicherung.pdf (Stand: 13.6.2014).

Reinhild Spiekermann ist Studiengangsleiterin für instrumentalpädagogische Studiengänge an der Hochschule für Musik Detmold.


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musikschule )) DIREKT 4.2014

„VAN“ – Magazin für klassische Musikkultur

Meine App

Rüdiger Behschnitt

)) In diesen Zeiten ein „Magazin für klassische Musikkultur“ auf den Markt zu bringen, dazu gehört eine gehörige Portion Mut. Hartmut Welscher und Ingmar Bornholz haben diesen Mut bewiesen und wollen mit einem kleinen Team aus Redakteuren und Gestaltern vierteljährlich „neue Perspektiven – nicht nur auf die Musik selbst, sondern auch die klassische (Sub-) Kultur drumherum, das Schräge, Skurrile, Abgründige –“ eröffnen, so ihr eigener Anspruch. Sie tun dies ganz zeitgemäß in ausschließlich elektronischer Veröffentlichung – mit einem App-Magazin. Für diese Form der Publikation sprechen außer wirtschaftlichen vor allem inhaltliche Gründe: Über Musik zu lesen, ist schön; Musik zu hören, ist noch schöner. Ein App-Magazin bietet die Möglichkeit, Lesen, Hören und Sehen zu verbinden und die Texte über Musik mit Hörbeispielen und Videos anzureichern. Das neue Magazin VAN (ein unglücklich gewählter Titel, der wohl auf Ludwig van Beethoven oder das englische „Fun“ anspielen soll, jedoch zunächst Assoziationen an FamilienGroßraumlimousinen hervorruft) nutzt die technischen Möglichkeiten noch etwas unentschieden. Während man einerseits gleich zu Beginn mit einem videoanimierten Titelbild überrascht wird, kommen doch sehr viele Artikel als eher trockene Bleiwüste daher. Pluspunkt: Hier gibt es wirklich etwas zum Lesen! Wer sich von einem App-Magazin Oberflächlichkeit und schönen Schein er-

wartet, wird positiv überrascht. Die Beiträge sind umfangreich und tiefgehend und bieten Lesestoff für viele Stunden. Minuspunkt: Ein etwas aufgelockerteres, farbenfroheres Design wäre gerade bei einem elektronischen Medium wie dem Tablet schon wünschenswert. So ist etwa das Interview mit dem Cellisten Mischa Maisky in zwei Teile gegliedert: Teil 1 umfasst den (fast schon überlangen) Text, aufgelockert durch nur wenige kleine Porträts und einige Hörbeispiele; Teil 2 besteht aus einer Fotostrecke, die ebenfalls fast kein Ende nehmen will. Hier wünsche ich mir für die kommenden Ausgaben eine mutigere redaktionelle Auswahl und vor allem eine ansprechendere Verbindung von Text und Bild, für die gerade eine App umfassende Möglichkeiten bietet. Doch es gibt auch Beispiele dafür, dass die technischen Möglichkeiten vorbildlich genutzt werden. Im Beitrag „Da ist Musik drin“ verbinden die AutorInnen ein Bild ganz subjektiv und assoziativ mit der für sie dazugehörenden Musik. Eine wunderbare Idee, die den Betrachter zu eigenen Assoziationen anregt und zum Träumen verführt. Und in der Fotoserie „Die Unsichtbaren“ werden „Menschen hinter dem großen Auftritt“ in Bild und Musik vorgestellt: von der Souffleuse über den Bühnenarbeiter bis zum Klaviertechniker. Was erwartet die LeserInnen noch im neuen Klassikmagazin VAN: Beiträge über die persönlichen Erfahrungen einer Orchestermusikerin beim Probespiel, Gedanken

musikschule )) DIREKT erscheint

Redaktion: Anja Bossen und Rüdiger Behschnitt Layout: Rüdiger Behschnitt Grafik: Nele Engler

alle zwei Monate als Supplement zu üben & musizieren

zum Stück Tempo Strozzato von Rolf Riehm, Überlegungen zur GEMA und der Unterscheidung in U- und E-Musik, ein Porträt des musikalischen Grenzgängers Bryce Dessner, Betrachtungen zur brasilianischen Musikkultur, der Rolle der Komponistinnen in unserer Musikkultur, ein Porträt des CD-Labels „col legno“ und vieles mehr. Mein persönliches Highlight: die kritische Analyse des venezolanischen Musikerziehungsprogramms „El Sistema“ durch den englischen Wissenschaftler Geoff Baker. Ein System, das laut Baker auf den Grundwerten Disziplin und Gehorsam beruht und damit eine Pädagogik transportiert, die wir in Deutschland schon lange hinter uns gelassen zu haben glaubten. Ein Beitrag, der unsere europäisch verklärte „ElSistema“-Begeisterung wieder auf den Boden der Tatsachen stellt. Auch wenn das inhaltliche Profil noch geschärft und die mediale Aufbereitung verbessert werden kann: Das neue Magazin VAN ist eine Bereicherung für Klassik-Fans, die neugierig sind auf Entdeckungen jenseits des Gewohnten. VAN ist erhältlich für iPad (im iTunes App-Store) und Android-Tablets (bei Google Play) und kostet 4,99 Euro pro Ausgabe bzw. 17,99 Euro im Abo (vier Ausgaben pro Jahr). Weitere Informationen: www.van-magazin.de )) Kennen Sie eine App, die Sie anderen Lehrkräften empfehlen möchten? Schreiben Sie uns: info@musikschule-direkt.de


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