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Die arabische nacht
from CHRISTIAN JOST – Eine Einführung zu den Bühnenwerken | A Guide to the Stage Works
by Schott Music
Inhalt
Ein Hochhaus am Rande einer deutschen Großstadt. An einem heißen Freitagabend gibt es ein Problem mit der Wasserversorgung oberhalb des siebten Stocks. Das Wasser scheint hier nicht mehr anzukommen. Bei seinen Untersuchungen trifft Hausmeister Lomeier auf Franziska Dehke und ihre arabische Mitbewohnerin Fatima Mansur, die jeden Abend von ihrem Freund Kalil besucht wird. Auch Peter Karpati aus dem benachbarten Wohnblock wird magisch von der Wohnung der beiden jungen Frauen angezogen. Franziska fällt, wie immer nachdem sie von der Arbeit nach Hause kommt und geduscht hat, in einen langen Schlaf. Schlafend wird sie heimlich von Karpati und von Lomeier geküsst, erwachend küsst sie ihrerseits Kalil. Die Küsse führen zu Eifersucht und lösen neue Fantasien und Träume aus. Karpati findet sich in der Cognacflasche wieder, aus der er eben noch getrunken hat. Lohmeier wird in die Zeit zurückversetzt, in der er seine erste Frau verlor. Kalil flüchtet vor der eifersüchtigen Fatima durchs Haus. Franziska träumt, sie sei die Geliebte des Scheichs von Kinsh el Sar. Der Wüstenwind der arabischen Nacht weht durch die Wohnanlage und die Grenzen zwischen Traum und Realität verschwimmen
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Synopsis
On a hot Friday evening in a block of flats on the outskirts of a German city, there is a problem with the water supply which has stopped working above the seventh floor. During his inspection, caretaker Lomeier meets Franziska Dehke and her Arabian flatmate Fatima Mansur. Fatima’s boyfriend Kalil visits her every evening. Peter Kaparti, a neighbor from the next block of flats, is irresistibly drawn to the two women’s flat. Every day after coming home from work and taking a shower, Franziska falls into a deep sleep. She is secretly kissed by Karpati and Lomeier whilst still asleep, and on awakening, she kisses Kalil. These kisses lead to jealousy which in turn unleashes new fantasies and dreams. Karpati for example finds himself inside the cognac bottle from which he has just drunk whereas Lohmeier is transported back to the time when he lost his first wife. Kalil flees from the jealous Fatima through the entire block of flats. Franziska dreams that she is the beloved of the Sheikh of Kinsh el Sar. The desert wind of the Arabian night blows through the apartment block, blurring the lines between dream and reality.
Kommentar
Das Stück ist ein vertrautes und zugleich fremdländisches Kaleidoskop im Stile von Tausendundeine Nacht, ein offener, erotischer Reigen, dessen Figuren sich in Vergangenheit, Gegenwart und Traum begegnen. Es basiert auf dem gleichnamigen Theaterstück von Roland Schimmelpfennig, das 2001 in Stuttgart herauskam und zu den erfolgreichsten Stücken des Autors zählt. Christian Jost richtete sich selbst das Libretto ein. Das Orchester aus 18 Musiker:innen ist geteilt, so dass eine „Klangarena“ (Jost) entsteht: eine Versuchsanordnung, bei der sich Melodien, Rhythmen und Cluster befragen und ergänzen. Von hier nimmt die multiperspektivische Dramaturgie der Oper ihren Ausgang. Die Partitur sieht große solistische Aufgaben einzelner Musiker:innen vor. Klingende Instrumente wie Marimbaphon, Vibraphon und Klavier stehen im Zentrum. Die Poesie des Textes kommt der Musik entgegen. Bestimmend ist das Motiv des Wassers, das Jost musikalisch transzendiert. Dadurch entsteht ein soghafter Duktus, ein klingendes Rauschen; aber es gibt auch das Tröpfeln und den gurgelnden Strudel. Alle Szenen gehen fließend ineinander über. „In leichtem, surrealem Gewand erleben wir Träume und Alpträume fünf einsam-verliebter Städter. Ich musste daraus ein polyphon-swingendes Ensemblewerk komponieren. Ein Stück, das, einmal begonnen, alles zum Fließen bringt, aufblüht und vergehen lässt, um wieder von Neuem entstehen zu können. Die Figuren, die jede für sich ein Höchstmaß an Identifikationsmöglichkeit bereithalten, habe ich so miteinander verwoben, dass sie sich im Fluss der musikalischen Ereignisse ihren eigenen (Alp-)Träumen hingeben können.“ (Christian Jost)
Commentary
The work is a simultaneously familiar and foreign kaleidoscope in the style of the Arabian Nights: an open-ended, erotic chain whose characters encounter one another in the past, present and future. It is based on a drama of the same name by Roland Schimmelpfennig which was first performed in Stuttgart in 2001 and became one of the author’s most popular theatre works. Christian Jost arranged his own adaptation of the libretto. The orchestra consists of eighteen musicians who are positioned to form a ‘tonal arena’ (Jost), an experimental design in which melodies, rhythms and clusters augment and question one another, forming the starting point for the multi-perspective dramaturgy of the opera. The score provides space for largescale solo sequences by individual musicians. Percussive instruments such as marimbaphone, vibraphone and piano are placed at the centre. The poetry of the text complements the music. The dominant feature is the water motif which Jost musically transcends, creating a maelstrom and a sonorous murmuring juxtaposed by dripping effects and a gurgling vortex. Each scene flows seamlessly into the next. ‘We experience the dreams and nightmares of five lonely city dwellers in love within a light and surreal framework. I had to combine these elements to create a polyphonically swinging ensemble work, a piece that once unleashed, allows everything to flow, flourish and wither, only to recommence anew. I have interwoven the characters, each of whom are easily identifiable to the extent that they are able to surrender themselves to their own (bad) dreams within the musical flow of events.’ (Christian Jost)
WERKINFORMATIONEN / FACTS
Die arabische nacht
Oper nach dem gleichnamigen Schauspiel von Roland Schimmelpfennig (2007) Libretto von Christian Jost (dt./engl.)
Englische Textfassung von Minou Arjomand nach der Übersetzung von Melanie Dreyer
Personen / Cast: Hans Lomeier · Bariton - Fatima Mansur · Mezzosopran - Franziska Dehke · SopranKalil · Tenor - Peter Karpati · Tenor - Katja Hartinger · Sopran - Narbenfrau / Helga / Frau Hinrichs · Alt - Marion Richter · Sopran orchester / orchestra: 1 (auch Altfl.) · 1 · 1 · Bassklar. · 0 - 1 · Flhr. · 0 · 0 · 0 - Vibr. · Marimba · Cel. · Klav. (Flügel) - Str. (2 Vl. · 2 Va. · 2 Vc. · 2 Kb.)
90’
AUFFÜHRUNGEN / PERFORMANCES
Uraufführung / World premiere: 26. April 2008 Essen, Grillo Theater (D) · Dirigent / Conductor: Stefan Soltesz · Inszenierung / Staging: Anselm Weber · Kostüme / Costume Design: Irina Bartels · Bühnenbild / Stage Design: Jörg Kiefel
Weitere Produktionen / Further productions: 11. September 2009 Halle, Neues Theater (D) · Dirigent / Conductor: Karl-Heinz Steffens · Inszenierung / Staging: Florian Lutz · Bühnenbild und Kostüme / Stage and Costume Design: Sebastian Hannak
21. März 2013 Hamburg, Hochschule für Musik und Theater (D) · Studierendenorchester · Dirigent / Conductor: Felix Pätzold · Inszenierung / Staging: Stephan Krautwald · Kostüme / Costume Design: Annika Lohmann · Bühnenbild / Stage Design: Monika Diensthuber
15. Juni 2016 München, Theaterakademie August Everding und Hochschule für Musik und Theater, Reaktorhalle (D) · Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz · Dirigent / Conductor: Eva Pons · Inszenierung / Staging: Balázs Kovalik · Bühnenbild und Kostüme / Stage and Costume Design: Angelika Höckner