Design Management – Zwischen Marken- & Produktsystemen

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Von den Autoren Ing. Mag. (FH) Peter Schreckensberger Mag. (FH) Benjamin Schilbach Mag. (FH) Thomas Saier

DESIGN MANAGEMENT

ZWISCHEN MARKEN& PRODUKTSYSTEMEN

Premium Hardcover-Ausgabe mit achtzig Abbildungen in Farbe

Mit Geleit- und Vorwort von Prof. Severin Filek, MA und FH-Prof. Mag.art. Dr.phil. Günther Grall sowie Statements von Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Design



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Ing. Mag. (FH) Peter Schreckensberger Mag. (FH) Benjamin Schilbach Mag. (FH) Thomas Saier

ZWISCHEN MARKEN& PRODUKTSYSTEMEN

designmanagement.at


1. Auflage (Hardcover) Wien, Herbst 2015 Titel: Autoren: Lektorat:

Design Management – Zwischen Marken- & Produktsystemen Schreckensberger, Peter / Schilbach, Benjamin / Saier, Thomas Herrele, Julia

Hersteller/Verlag: BoD – Books on Demand, Norderstedt. ISBN: 978-3-7386-3647-5 Als Printausgabe sowie E-Book/Kindle-Version erhältlich. In diesem Buch werden männliche Bezeichnungen verwendet, wobei allerdings Frauen und Männer gleichermaßen gemeint sind.




GELEITWORT Prof. Severin Filek, MA Severin Filek studierte an der Universität Wien, der University of the Witwatersrand (Republik Südafrika) und der University of Illinois at Urbana-Champaign (USA). Seit 1992 Geschäftsführer von designaustria und österreichischer Delegierter (Vorstand) zum Bureau of European Design Associations (BEDA), dessen Präsident er 1998-2000 war. Mitbegründer und 2005-2006 Vorsitzender des designforum im MuseumsQuartier Wien, in dessen Vorstand er noch heute ist. Lehrbeauftragter an zahlreichen Ausbildungsstätten, darunter Kunstuniversität Linz, New Design University/St. Pölten, FH Joanneum/Graz und Höhere Graphische Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt Wien.

GELEITWORT PROF. SEVERIN FILEK, MA Design ist weit mehr als skandinavische Möbel, italienische Mode oder cooler Schnickschnack. Design wird häufig falsch begriffen als ästhetischer Eingriff, oberflächlicher Verführungstrick, ein „finishing touch“. Design ist in Wirklichkeit aber viel mehr. Es ist ein starkes strategisches Instrument, mit dem jeder Unternehmer, jede Unternehmerin selbst bestimmen können, wie ihre Unternehmen, ihre Dienstleistungen und Produkte von der Öffentlichkeit wahr- und angenommen werden. „Design is a crucial element for European competitiveness“ sagte schon Günter Verheugen, ehemaliger Vizepräsident der Europäischen Kommission. Aber auch viele andere Zitate und Statements renommierter Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft sind bemüht, Wahrnehmung und Bewusstsein von und über Design zu steigern. Wie verhält sich Design also als strategisches und prozessorientiertes Instrument? Wie setzt man es ein? Hierzu leistet dieses Buch einen unverzichtbaren Beitrag. Designmanagement ist die Kontrolle über alle Aspekte und Abläufe in einem Unternehmen, die mit visueller Kommunikation und Formgebung zu tun haben. Als UnternehmerInnen sollten Sie dafür offen sein, da Formgebung − neben einer Vielzahl anderer Designaspekte − in jeder Phase eine extrem wichtige Rolle spielt, beginnend bei der ursprünglichen Idee bis hin zur Produkteinführung. Design zu implementieren soll nicht bedeuten, dass plötzlich alles anders gemacht werden

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GELEITWORT

muss. Es bedeutet, dass Sie den Mehrwert von Design erkennen, bewusst darüber nachdenken und es als einen wesentlichen Bestandteil Ihrer Unternehmensführung betrachten. Ob es nun um einen ausgewogenen, ansprechenden Briefkopf, eine Gebrauchsanleitung oder eine komplizierte technische Produktentwicklung geht, Sie setzen Design ein, weil Sie einen kommerziellen Erfolg vor Augen haben. Es ist ein eisernes Gesetz, dass der Lebenszyklus erfolgreicher Produkte in einem bestimmten Augenblick stagniert, um danach unwiderruflich zu Ende zu gehen. Als Unternehmen muss man daher stets erneuern und auf die Suche nach besseren oder alternativen Lösungen für bestehende Probleme gehen. Wer stillsteht, geht rückwärts. Um erfolgreich zu sein, müssen UnternehmensleiterInnen vorausdenken, sich trauen, kalkulierbare Risiken einzugehen und mit vielen Spezialisten, wie z.B. Designern, zusammenarbeiten. Design setzt innovatives Denken in die Praxis um. Es gießt erneuernde Ideen in eine konkrete und attraktive Form, die sich unmittelbar an die KundInnen richtet. Auf diese Weise sind Sie der Konkurrenz immer einen Schritt voraus. Design fungiert gleichzeitig auch als Motor von Innovation und Kreativität. Es betrachtet bestehende Lösungen kritisch, stellt diese – falls nötig – in Frage und sucht nach Lösungsvorschlägen und Optimierungen. Design steht für einen allgemeinen Ansatz. Es nimmt die gesamte Wertschöpfungskette unter die Lupe und sucht nach Verbesserungen auf allen Gebieten und in allen Stadien. Ein umfassendes Designmanagement sieht so beispielsweise einen direkten Zusammenhang zwischen dem Produktionsprozess und der Anwendungserfahrung. Denn einfach zu produzierende Waren sind günstiger und einfacher in Anwendung und Wartung.

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Am Ende jeder unternehmerischen Strategie steht für jede/n UnternehmerIn ein Bewertungs- und Messbarkeitsinstrument; auch hier wurde in den letzten Jahren viel an Nachholarbeit geleistet; denn den Wert von Design zu messen bringt mehr, als es zu subventionieren oder als reine Ausgabe − und nicht als Investition − darzustellen. Design wird dadurch als treibende Kraft für Erfolg definierbar, was wiederum in einem progressiven Szenario einer florierenden Designindustrie Niederschlag findet. Da sich Design als Innovationstool für die Entwicklung von Dienstleistungen, Verfahren und Produkten eignet, greift es auf allen Ebenen von Gesellschaft und Umwelt und beschränkt sich nicht, wie man bisher gemeint hat, rein auf die Wirtschaft und den Bereich der Produktinnovation. Prof. Severin Filek, MA Geschäftsführer designaustria Wissenszentrum und Interessenvertretung


VORWORT FH-Prof. Mag.art. Dr.phil. Günther Grall Leiter von Bachelor- und Masterstudiengang „Design & Produktmanagement" an der Fachhochschule Salzburg, Leitung von Design-Research-Salzburg (DE RE SA), Vizerektor für Lehre der FH Salzburg. Studium Industrial Design, Markt- & Meinungsforschung und Philosophie (Linz, Wien), Post Graduate Studies Product Design am Art Center College of Design (Pasadena, Los Angeles), jahrelang Design & Produktmanagement für Bene Büromöbel, selbstständiger Designer, Kunden u.a.: Banner Batterien, Cotrol, Fischer Ski, Rosensteiner, zahlreiche nationale und internationale Designauszeichnungen, Publikationen in Ausstellungskatalogen, Enzyklopädien und Fachmagazinen für Architektur und Design, Forschungsschwerpunkt: Designgeschichte – Formstrukturphasen.

VORWORT FH-PROF. MAG.ART. DR.PHIL. GÜNTHER GRALL Unbestritten ist Design ein wichtiger Treiber von Innovation. Durch die Betrachtung der Kundenbedürfnisse aus den unterschiedlichsten Perspektiven entstehen neue Lösungen in Form von nutzerorientierten Produkt- und/oder Servicekonzepten. Die Aufgabe von Designmanagement ist es, diesen Designprozess und die Designstrategie des ganzen Unternehmens zu führen. Es ist wichtig, Designmanagement nicht nur auf reines Designcontrolling, Akquise oder Projektmanagement zu reduzieren. Designmanagement funktioniert am besten, wenn ein holistischer Anspruch daran geknüpft wird – mit dem Ziel, eine einheitliche und kohärente Identität von Unternehmen, Marke und Produkt sicherzustellen. In unserer Ausbildung sehen wir Manager nicht als „Entscheider“ sondern als „Macher“. Unser Studiengang heißt „Design & Produktmanagement“ (dpm) und unsere StudentInnen erhalten neben einer profunden Gestaltungs- auch eine Marketingausbildung. Während in der Wirtschaft das Aufgabengebiet der Produktmanager oft nur an Zahlen, zu erreichenden Zielen und Umfragedaten hängt, sehen wir sie in Positionen, in denen sie als Leader für das ganze Unternehmen agieren können. Designer sind Visionäre und daher ideal für die Weiterentwicklung von Produkt- und Unternehmensstrategie. Österreichs KMU stellen normalerweise keine Designer an, weil es einfach oft nicht genügend Arbeit für einen Vollzeit-Designer gibt. Für einen breiter agierenden Design- und/oder

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VORWORT

Produktmanager allerdings sieht die Lage hingegen positiver aus: Von Marketing, Marktforschung, Grafik, Range Management bis hin zur Produktentwicklung sind unsere Absolventen tätig und mit ihnen bleibt das Know-How im Unternehmen. Auch wissen wir, dass vor allem kleine Unternehmen überproportional von einem einheitlichen Unternehmensauftritt profitieren, da die Budgets der einzelnen Bereiche klarerweise schmaler ausfallen. Designmanagement ist der Schlüsselfaktor in der Abstimmung von Unternehmen, Marke und Produkt. Designmanagement-Macher sind es gewöhnt, Unternehmensstrategien und Produktstrategien selbst zu erarbeiten, legen Hand an und setzen um, sei es im Produktdesign oder der Logogestaltung. Selbst die Schauraum-, Point of Sale- oder OfficeGestaltung ist ihnen nicht fremd. Denn: durch den breiten Fokus wird die Abstimmung aller Identitätsstifter eine leichtere. Aber auch in der Weiterentwicklung des Berufsfeldes, der theoretischen Fundierung und der Vermittlung sind unsere Absolventen aktiv. Mein Stolz auf die 396 Alumnis ist ein großer, besonders auch auf die Autoren dieses Buches – alles Absolventen der ersten Stunde. Wird heute noch die Ausrichtung unseres Studiums als innovativ bezeichnet, so war sie vor über 10 Jahren revolutionär. Vielen Unternehmen musste man erst erklären, warum diese Ausbildungsbreite und strategische Ausrichtung Sinn macht. Mittlerweile sind neue Abteilungen geschaffen, bestehende verbreitert und die steigende Nachfrage nach breit ausgebildeten Mitarbeitern fordert eine interdisziplinäre Ausrichtung der Designausbildungen. Das ist wohl die wahre Bestätigung für den dpm-Weg und zeigt die Weitsicht der vor 15 Jahren handelnden Personen des von der Möbelbranche geprägten StudiengangsEntwicklungsteams. Viel Spaß beim Entdecken der grundlegenden, interessanten und spannenden Aspekte des Designmanagement, wünscht Ihr FH-Prof. Mag.art. Dr.phil. Günther Grall, Diplomdesigner, Leiter und Professor des Studiengangs Design & Produktmanagement, FH Salzburg GmbH

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INHALT

INHALT AN- & AUFREGER ZU DESIGNMANAGEMENT

WAS PERSONEN ZU DIESEM THEMA DENKEN – STATEMENTS VON PERSÖNLICHKEITEN AUS WIRTSCHAFT UND DESIGN

SEITE 21

EINLEITUNG ZU DESIGNMANAGEMENT

ZWISCHEN MARKEN- UND PRODUKTSYSTEMEN

SEITE 31

THEMENBEREICHE

INHALTLICHE SCHWERPUNKTE DER KAPITEL

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ERSTER ABSCHNITT: DESIGNMANAGEMENT-KOMPETENZ 1. AUSGANGSSITUATION SEITE 37

MARKETINGMANAGEMENT

2. STRATEGISCHES MARKETING SEITE 41 2.1 Konzeptioneller Ansatz des Marketings 2.1.1. Exkurs – Vom Verkäufer- zum Käufermarkt 2.1.2. Markt- und Kundenorientierung als Führungsphilosophie 2.1.3. Zusammenhang zwischen strategischen Zielen und Unternehmenserfolg 3. STRATEGISCHE WETTBEWERBSVORTEILE SEITE 44 3.1. Der Wettbewerbsvorteil 3.2. Wettbewerbsstrategien 3.2.1. Marktorientierter Ansatz (Market Orientation View – MOV) 3.2.2. Ressourcenbasierter Ansatz (Rescource-Based View – RBV) 3.3. Umwelt-Strategie-Struktur-Fit 3.4. Vergleich MOV und RBV


DESIGNMANAGEMENT 4. INTEGRIERTES DESIGNMANAGEMENT SEITE 49 4.1. Definition des Design-Begriffes 4.2. Exkurs – Design versus Kunst

5. AKTUELLE ÖKONOMISCHE AUFGABEN VON DESIGN 5.1. Wettbewerbspositionierung 5.2. Nutzenstiftende Erfolgsfaktoren 5.3. Kommunizierte Qualität 5.4. Schnittstelle zu Forschung und Entwicklung 5.5. Schnittstelle zur Marke 5.6. Schnittstelle zum Produktmanagement

SEITE 52

6. 6.1. 6.2. 6.3.

INTEGRIERTES DESIGNMANAGEMENT ALS NEUE WISSENSCHAFT Exkurs – Historischer Hintergrund des Designmanagements Methodologie und Methoden des Designmanagements Disziplinen des Designmanagements

SEITE 55

7. 7.1. 7.2. 7.3. 7.4.

KOORDINATIONSFÄHIGKEIT DURCH CORPORATE IDENTITY Corporate Behaviour − Das Verhalten Corporate Communication − Die Botschaft Corporate Design − Die Visualität 7.3.1. Communication Design 7.3.2. Environment Design 7.3.3. Product Design Corporate Image − Das Bild im Kopf

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8. 8.1.

AUFBAU VON INTERNEN DESIGNFÄHIGKEITEN Gliederung der Designmanagement-Funktionen 8.1.1. Operatives Designmanagement 8.1.2. Funktionelles Designmanagement 8.1.3. Strategisches Designmanagement

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9. ZUGÄNGE IN DER LITERATUR 9.1. Tendenz in der Designmanagement-Literatur 9.2. Ableitbare Tendenz − Chronologie

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10. KRITISCHE REFLEXION SEITE 68

KOMPETENZMANAGEMENT 11. STRATEGISCHE KERNKOMPETENZ SEITE 69 11.1. Allgemeine Definition der Kompetenz 11.2. Tendenzen bei Unternehmensstrategien


INHALT

12. MANAGEMENT- UND FÜHRUNGSKOMPETENZ 12.1. Kernkompetenzen als Wettbewerbsvorteil 12.1.1. Schichtmodell der Kompetenzen 12.2. Kernkompetenzen in der Wertschöpfungskette 12.2.1. Basiskompetenz 12.2.2. Metakompetenz 12.3. Der Kernkompetenz-Management-Zyklus

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13. KRITISCHE REFLEXION SEITE 76

DESIGNMANAGEMENT-KOMPETENZ

14. DESIGNMANAGEMENT ALS HOLISTISCHER KOMPETENZENANSATZ 14.1. Exkurs – Designauszeichnungen als Gütesiegel 14.2. Messung/Darstellung von Designleistung und -kompetenz in Unternehmen

15. ÖKONOMISCHES POTENTIAL VON DESIGNMANAGEMENT 15.1. Kreative Manager oder strategische Marketer? 15.2. Von der Kern- zur strategischen Geschäftsressource 15.2.1. Unterschiedliche Design-Beschaffungsformen 15.2.2. Designmanagement-Instanz 15.3. Definition der Designmanagement-Kompetenz

SEITE 77

SEITE 80

16. ABSCHLIESSENDE WORTE SEITE 83

LITERATURVERZEICHNIS SEITE 85

ZWEITER ABSCHNITT: MARKENDEHNUNG KOMPLEXER PRODUKTE 1. EINLEITUNG SEITE 91

ERFOLGSFAKTOR DESIGNPROZESS 2. MARKENDEHNUNG ALS CHANCE FÜR UNTERNEHMEN SEITE 93 2.1. Chancen einer Markenerweiterung 2.2. Risiken einer Markenerweiterung 3. 3.1.

WIRKSAME UMSETZUNG EINER MARKENERWEITERUNG Konzeptionsebene 3.1.1. Relevante Imagedimension feststellen 3.1.2. Zahl der Bewertungsdimensionen reduzieren 3.1.3. Erhebungsinstrument anwenden 3.1.4. Durchschnittswerte bilden und auftragen 3.1.5. Streubreite des Images überprüfen

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3.2. 3.3. 3.4. 3.5.

Markenerweiterung wirksam umsetzen Realisationsebene einer Markenerweiterung komplexer Produkte Der Markendehnungs-Designprozess Aufschlüsselung des Markendehnung-Designprozesses

4. SPEZIALFALL CO-BRANDING SEITE 127 4.1. Chancen & Risiken des Co-Branding 4.2. Konzeptionsebene/Analyse für ein Co-Branding 4.3. Wahl des geeigneten Kooperationspartners 4.4. Umsetzung einer Markenkooperation 5. ABSCHLIESSENDE WORTE SEITE 138

LITERATURVERZEICHNIS SEITE 139

DRITTER ABSCHNITT: PRODUKTE SIND SYSTEME – DESIGNS SIND SZENARIEN

1.

GESTALTUNG NACHVOLLZIEHBARER DESIGNPROZESSE

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SYSTEMTHEORIE ALS TOOL FÜR DESIGNMANAGEMENT 2. SZENARIOS SEITE 145 2.1 Konzeptstudien 3. PRODUKTE SIND SYSTEME 3.1. Die Zusammenstellung des Systems 3.2. Globale Umwelt 3.3. Makroebene (Context) 3.4. Mikroebene (Content) 3.5. Elemente 3.6. Auswahl der Elemente 3.6.1. Direkte Einflussanalyse 3.6.2. Relevanzanalyse 3.6.3. Schlüsselfaktoren 3.7. Systemgrid/Designprozess

SEITE 147

4. PRAKTISCHES BEISPIEL SEITE 154

5. NACHTRAG PROJEKTBERICHT SEITE 159 6. ABSCHLIESSENDE WORTE SEITE 159

LITERATURVERZEICHNIS SEITE 161




ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGEN A Österreich Abb.

Abbildung

Aufl.

Auflage

ca.

circa

CH

Schweiz

bzgl.

bezüglich

bzw.

beziehungsweise

D Deutschland DE RE SA

Design Research Salzburg (der Fachhochschule Salzburg GmbH)

d.h.

das heißt

DM

Design Management

dmi

Design Management Institute (Boston)

dzt.

derzeit

etc.

et cetera

F&E

Forschung und Entwicklung

KM

Kompetenz Management

KMU

kleine und mittlere Unternehmen

lt. laut MOV

Market Orientation View – marktorientierter Ansatz

o.J.

ohne Jahr

o.V.

ohne Verfasser

PM

Produkt Management

RBV

Rescource-Based View – ressourcenbasierender Ansatz

SGF

Strategisches Geschäftsfeld

SVID

Schwedische Designstiftung

u.a.

unter anderem/und andere

usw.

und so weiter

uva.

und viele andere

uvm.

und viele mehr

vgl.

vergleiche

z.B.

zum Beispiel

z.T.

zum Teil

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AN- & AUFREGER ZU DESIGNMANAGEMENT

AN- & AUFREGER ZU DESIGNMANAGEMENT WAS PERSONEN ZU DIESEM THEMA DENKEN – STATEMENTS VON PERSÖNLICHKEITEN AUS WIRTSCHAFT UND DESIGN Um die Komplexität der Thematik und des Begriffes des Designmanagements darzustellen, haben sich die Autoren kurz vor Erscheinen dieses Buches erlaubt, Personen aus Wirtschaft und Design nachfolgende Fragen zu stellen, und sie gebeten ein persönliches Statement dazu abzugeben. Was verstehen Sie unter „Designmanagement“? (freie Interpretation erwünscht) Wie verstehen Sie Design als Disziplin im wirtschaftlichen Kontext? Wo kommt „Designmanagement" zur Anwendung? Welche Aufgaben hat Ihrer Meinung nach „Designmanagement“? Ihr Statement kann auch kritisch gegenüber der Thematik „Designmanagement" stehen.

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PERSÖNLICHE STATEMENTS

Gutes Design und dessen Funktion einer schlüssigen Kommunikation ist für Unternehmen in Zukunft nicht mehr nur „nice to have“, sondern unverzichtbar. Denn das Übersetzen und Kuratieren von Information wird in Zeiten, in denen verstärkt Offenheit und Transparenz gefordert wird, zur Königsdisziplin. Design Management hat hier die Möglichkeit, künftig eine Schlüsselrolle zu spielen. Mag. Christiane Varga, Studienautorin Zukunftsinstituts Österreich GmbH

Vor dem Hintergrund zunehmender Globalisierung und steigendem ökonomischen Druck sind Unternehmen herausgefordert, immer wieder neue Konzepte zu entwickeln, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Design kann dazu beitragen, Innovation und Wertschöpfung für Unternehmen zu erhöhen. Erhebt man Design zum Prinzip und siedelt „Design Thinking“ auf Managementebene an, kann das für Unternehmen einen erheblichen Wettbewerbsvorteil bieten. Mag. Michaela Gutmann, Geschäftsführung Creativ Wirtschaft Austria (WKO)

Wir setzen verstärkt auf eine positive Aufladung unserer Marke mit den Themen „Kunst und Design“. Kreativ gestaltete Einzelstücke oder Designprodukte in Kleinserie sind deshalb essenzieller Bestandteil unserer Markenkommunikation. Um den Markenkern zu stärken ist es wichtig, auch bei individuellen und lokalen Umsetzungen auf eine einheitliche Designsprache zu achten. Dies lässt sich durch Design Management und eine strategische Vorgehensweise in sämtlichen Designtätigkeiten erfolgreich realisieren. Mag. Friederike Findler, Brand Manager Absolut Vodka / Pernod Ricard Austria GmbH

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AN- & AUFREGER ZU DESIGNMANAGEMENT

„Design Management“ bedeutet für uns eine strategische Produktentwicklung und Sortimentsgestaltung sowohl im Hinblick auf ästhetische als auch betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte. Dahinter steht der Anspruch, Standards zu definieren, die unserer Kollektion höheren Wiedererkennungswert und bessere Langlebigkeit verleihen. Wir pflegen bei der Entwicklung neuer Produkte die Kooperation mit Kreativen, Designern und Architekten, da sie den notwendigen externen Blick mitbringen, Ideen und Trends einbringen und den Produktentwicklungsprozess begleiten. Umso wichtiger ist es, dass es mit dem Design Management eine zentrale, interne Instanz gibt, die den roten Faden durch die Kollektion und das große Ganze im Auge behält und den Link zwischen Kreativen, Produktion, Lieferanten, Vertrieb, Geschäftsleitung und unseren Kunden darstellt. Mag. Stefan Polzhofer, Geschäftsführung Neue Wiener Werkstätten / KAPO Möbelwerkstätten GmbH

Branding, Marketing, Entwicklung, Vertrieb und Controlling – ein Vergleich zwischen den einzelnen Fachbereichen wirft immer wieder die zentrale Frage auf: Wer ist denn nun wirklich dazu berufen, den Führungsanspruch im unternehmerischen Handeln zu stellen? Design Management sieht solche Grabenkämpfe als produktiv an, wenn sie in Form heterogener Teamarbeit zur Gestaltung erfolgreicher Produkte und Dienstleistungen beitragen. Für integrative Managementansätze ist Design mehr als oberflächliches Styling, Innovation mehr als isolierte Laborarbeit und Customer-Relationship-Management mehr als die Schaltung einer Facebook-Anzeige. Design Management leitet interdisziplinäre Gestaltungsprozesse gezielt und systematisch an, um eine lebendige Unternehmenskultur zu fördern, die sich wirkungsvoll in den Dienst der Zufriedenheit ihrer Kundschaften und UserInnen stellt. Dr. Patrick Bartos, Geschäftsführung Creative.Region Linz & Upper Austria

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PERSÖNLICHE STATEMENTS

Design ist Schlüsselfaktor für wirtschaftlichen Erfolg. Demnach muss jedes Unternehmen Design betreiben. Begabte Designer sind in der Lage richtig zu arbeiten, sie sind effizient, sie erreichen die ihnen gesetzten Ziele. Designmanagement sorgt dafür, dass das richtige designt wird; es definiert diese Ziele. Designmanagement sichert also die Effektivität des Design-Engagements und garantiert Kohärenz. Durch Designmanagement gelingt es einer Organisation, dass jede Kommunikation bewusst stattfindet und somit ihre Strategie (für interne und externe Öffentlichkeit) klar erkennbar ist. Rudolf Greger, Geschäftsführung GP Designpartners GmbH

Gutes Design ist für mich frei, nicht interpretiert und vor allem treffsicher. Treffsicher, wenn es darum geht, dem Konsumenten einen spürbaren Mehrwert zu geben. Design geht für mich daher weit über den gestalterischen Aspekt hinaus. Design, das dem Konsumenten zuerst einreden muss, dass es gut ist, ist das Papier nicht wert. Nur wenn der Nutzer eines Produktes sich verstanden fühlt, ist Design gut. Wahrscheinlich ist es auch deswegen so schwierig in diesem Fach hervorragend zu sein, weil es darum geht, rein gedachte Fragestellungen, ja Sehnsüchte und Wünsche zu bedienen. Genau hier muss sich Kreativität, Naivität und Produktintelligenz vermischen können und sich im richtigen Verhältnis ausbalancieren. Um also zu vermeiden, dass Design in willkürlicher Interpretation endet, braucht es Kanalisierung und Struktur im Sinne von Design Management. Richtiges Design Management erkennt man nicht unbedingt nur daran, dass etwas auffällt und anders ist, sondern vielmehr daran, dass sich der Nutzer des Produktes intuitiv damit wohlfühlt. Ein Produkt, das einfach funktioniert, sowohl optisch als auch funktional, wirft keine Fragen auf, das ist gutes Design Management. DI Georg Himmelstoss, Geschäftsführung DANA / Jeld-Wen Türen GmbH

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AN- & AUFREGER ZU DESIGNMANAGEMENT

In vielen Unternehmen ist Design eine wichtige strategische Komponente zur Erreichung der Unternehmensziele geworden. Damit aber die Gesamtstrategie eines Unternehmens erfolgreich sein kann, müssen Designstrategie und Markenstrategie konsequent aufeinander ausgerichtet werden. Das setzt eine gezielte Koordination aller designrelevanten Schnittstellen im Unternehmen und ggf. externer Partner voraus, um die zur Verfügung stehenden Ressourcen effizient zu nutzen. Diese Koordination durch einen iterativen Dialog sicherzustellen, ist Aufgabe des Designmanagements. Voraussetzung für ein funktionierendes Designmanagement ist aber nicht nur ein fähiger Designmanager, sondern auch die richtige Positionierung innerhalb der Organisationstruktur des Unternehmens. Mit entsprechenden Kompetenzen ausgestattet steigert gutes Designmanagement die Produktqualität und die User Experience und trägt durch ein markenkongruentes Corporate Design wesentlich zum Gesamterfolg des Unternehmens bei. FH-Prof. Dipl.-Des. Michael Lanz, Leiter des Instituts Produkt & Transportation Design, FH JOANNEUM GmbH, Geschäftsführung designaffairs GmbH München

Designmanagement – das bedeutet für mich eine strukturierte Umsetzung einer Zielvorgabe von der Strategie bis zum finalen Ergebnis. Egal ob Topseller oder Image Driver. Es geht dabei zum einen um die Zusammenstellung einer schlüssigen Komposition, die sowohl in technische, wirtschaftliche, sowie ästhetische Aspekte vereint – zum anderen um das perfekte Zusammenspiel aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft – nur weil manche Kunden Vintageartikel suchen, heißt das nicht, dass die Lösung nicht State-of-the-Art sein darf. Im Dialog zwischen Kunden und der Marke gibt es zahlreiche Schnittstellen – das zentrale Bindeglied dazwischen ist das finale Produkt, dessen Essenz letztendlich als USP wahrgenommen wird. Nicht jede Kaufentscheidung ist eine rein pragmatische. Gelungenes Design zeichnet sich durch eine fein abgestimmte Choreographie aus emotionalen Besonderheiten und rationalen Benefits aus. Werden Erwartungen erfüllt und können diese sogar übertroffen werden, so hat sich der Designmanager erfolgreich mit dem Markt, der Marke, und der Vermarktung auseinandergesetzt – und konnte somit einen wesentlichen Beitrag leisten, den Kunden und die Marke langfristig in Beziehung zu setzen. Nicht immer ist Designmanagement leicht messbar – aber es ist sehr schnell spürbar, wenn es nicht rund läuft. Mag. (FH) Ronny Sandmayr, Lektor am Studiengang Design- & Produktmanagement, FH Salzburg GmbH, Managing Partner UDP UnitedDesignPartners KG

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PERSÖNLICHE STATEMENTS

Designmanagement versteht sich als die systematische Herangehensweise zur Weiterentwicklung neuer und bestehender Produkte. Grundsätzlich ist das Designmanagment bestrebt, bestehende Güter zu optimieren, um unter anderem das Produkt neu zu definieren und damit dessen Lebenszyklus zu verlängern. Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Karsten Kuck, MBA & Eng., Project Execution Coldboxes / Linde AG Engineering Division

Ich habe den Verdacht, dass wir Marken und Unternehmen grundsätzlich nach ganz ähnlichen Kriterien einordnen, wie wir es mit Menschen tun. Mir zumindest geht es so. Und Vertrauen beginne ich dann zu entwickeln, wenn die Worte und Taten einer Person zusammenpassen, sich ihre Haltung zum Beispiel auch in ihrem Lebensstil widerspiegelt. In diesem Punkt hat es der Handwerker von nebenan in unserer globalisierten Welt noch einfacher, als der internationale Konzern. Wenn er einfach seiner persönlichen Linie folgt – und das zu mir passt – ist alles in Ordnung, ich vertraue ihm und empfehle ihn sogar weiter. Dass jedoch alle „Persönlichkeitsaspekte“ einer Marke zusammenpassen, dafür müssen sich viele Akteure ganz genau einig und gut organisiert sein. Dass Corporate Identity und Product Design zusammen gehen sollten, hat sich herumgesprochen, doch die Kontaktpunkte zum Konsumenten sind, vernetzt wie wir sind, heute mannigfaltiger denn je und die Forderung nach Transparenz so klar wie Kloßbrühe. Was also tun, damit die Erscheinung, ergo die Gestalt, ergo die Gestaltung, ergo das Design auf allen Ebenen schlüssig ist? Vielleicht weiß es dieses Buch. Was tue ich als Professor, damit der Schein das Strahlen des Seins sein kann, statt hinters Licht zu führen? Ich ermutige angehende Designer zu einer eigenen Haltung, zum materialauthentischen Entwerfen und zur nachhaltigen und kontextrelevanten Gestaltung. Prof. Jacob Strobel, Studiengangsleiter und Professor für Holzgestaltung, Angewandte Kunst Schneeberg, zuvor Head of Design TEAM 7 Natürlich Wohnen GmbH

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AN- & AUFREGER ZU DESIGNMANAGEMENT

Designmanagement – ein Begriff im Wandel. In den 1960er Jahren entwickelte sich parallel zur Design Methods Movement das Designmanagement (Farr, 1966), das sich mit Verfahren und Methoden der industriellen Produktentwicklung beschäftigte. Mit der Postmoderne – also seit den 1980er Jahren – veränderte sich auch die thematische Ausrichtung von Design insgesamt, das neue Motto lautet: „From function to meaning“ (B.E. Bürdek, 2008). Und auch auf der Ebene des Managements veränderte sich die Orientierung: das Bedeutungs-Management (Gerdum Enders u.a., 2005) ergänzte das Prozess- und Koordinations-Management ab. In den Vordergrund von Theorie und Praxis im Design rückten Themen wie die Produktsprache, die Product Semantics oder gar Designsprachen; insbesondere die Automobilindustrie ist dabei heute stark involviert, eine prägnante Designsprache führt zu Marktvorteilen. Das wohl bekannteste Beispiel im Bereich digitaler Produkte dafür ist die Firma Apple – das von Hartmut Esslinger initiierte „snow white“ wurde zur Legende. Somit ist es auch an der Zeit, den Begriff des Designmanagements inhaltlich neu zu bestimmen. Aus der Sicht des Designs geht es heute weniger darum, Dinge zu erfinden als vielmehr Innovationen zu visualisieren. Rainer Funke (2010) bezeichnet das Design als Sinngebung, somit könnte man auch von „Sinngebungs-Management“ sprechen – leider kein geschmeidiger Begriff – aber eine recht treffende Beschreibung dafür, worum es eigentlich geht: Design kann die Zuweisung von Bedeutungen befördern, wie die Rezipienten diese dann interpretieren ist ein anderes Thema ... Prof. Dr. phil. Bernhard E. Bürdek, Autor und Vortragender zu Designtheorie und -geschichte, lehrte bis 2013 an der Hochschule für Gestaltung Offenbach am Main

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PERSÖNLICHE STATEMENTS

„Design management is about the management of design.“ (Best, 2004) „Design management is about the successful management of the people, projects, processes and procedures behind the design of our every day products, services, environments and experiences. Equally, design management is about the management of the relationships between different disciplines (such as design, management, marketing and finance) and different roles (such as clients, designers, project teams and stakeholders).“ (Best, 2010) 2015 is a time of great change, and design management may well need a considered redefinition so as to be in tune with the times in which we live. One of the shifts happening in several countries is the drift away from ‘old’ management (the organization, coordination, command and control of activities and people) and towards ‘new’ management (self-organizing systems and reliance on agility, communication, collaboration and co-creation). What would a self-organizing, design-led entity look and feel like, and how could you manage design to maximize value creation? People are naturally creative, if they are allowed to be, and within self-organizing systems, we are all creators, designers and makers of value. If design is about putting people at the center of experiences and decision-making processes, then the opportunity for design (to conceive, invent, plan and build) management (to organize and coordinate) is to conceive and organize in new ways so as to empower more people to become creators, designers and makers of value. Whether we act as individuals, employees, citizens, or members of humanity, or operate within a ‘system’ called an organization, a locality or a global community called planet earth, we could say that: Design + Management = Conceiving + Organizing in new ways. Will it be easy to envision and implement how this might work? It will be spontaneous and messy for sure. It may also be quite a lot of fun. What will make it easier is to have a sense of purpose (for example improving lives) and a destination (for example the wellbeing of all). Then, design management tools and processes could very well catalyze new and courageous concepts, behaviors, visions and innovations. For example, how can we best facilitate and harness the innate talents and capabilities of anyone and everyone involved in a dynamic and creative process of change? Let the spontaneity begin.

Kathryn Best Creative Lead, Educator and Speaker, Author to Design Management

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AN- & AUFREGER ZU DESIGNMANAGEMENT

Dass Designmanagement immer wichtiger wird, ist ein gutes Zeichen: Design „passiert“ nicht mehr, sondern wird strategisch geplant! Waren es früher noch Unternehmer-Persönlichkeiten in inhabergeführten Betrieben, die das Design – meist intuitiv – „gemanaged“ haben, wird es jetzt vermehrt zu einer wichtigen Disziplin von managementgeführten Unternehmen – so man diesen Asset ernst nimmt. Und das sollte man tun. Dipl.Ing. (FH) Johannes Scherr, Lektor am Studiengang Produkt & Transportation Design, FH JOANNEUM GmbH, Geschäftsführung Johannes Scherr Design

Sowohl im B2B als auch im B2C Bereich unterliegen die Märkte einem enormen Angebot. Kreativität ist dabei eine Möglichkeit, Produkte und Service neu zu interpretieren und sie durch nachweisbare Nutzenvorteile hervorzuheben. Designmanagement bietet eine methodische Planung der kreativen Arbeit. So wie eine gute Traube noch lange keinen guten Wein macht verhält es sich auch mit der Kreativität. Genau aus diesem Grund vereint Designmanagement die Methoden, Denkweisen und Ansätze verschiedener Fachbereiche, um mit einer kollektiven Intelligenz einen Projekterfolg zu gewährleisten. Als Schnittstellenfunktion zwischen Gestaltung, Betriebswirtschaft und Technik erfordert Designmanagement überwiegend starke koordinative Fähigkeiten und Empathie. Das Ergebnis des erfolgreichen Einsatzes von Designmanagement ist eine zielgerichtete, lösungsorientierte und harmonische Zusammenarbeit multidisziplinärer Gruppen. Die Einsatzgebiete des Designmanagement können sowohl im Dienstleistungsbereich als auch im Hersteller- und Anbieter-Sektor liegen. Beauftragt ein Unternehmen eine Agentur zur Erbringung einer kreativer Dienstleistung, ist es sogar ratsam, dass auf beiden Seiten Designmanagement betrieben wird. David Wiedenmayer, BA Design Manager Dominic Schindler Creations GmbH

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EINLEITUNG ZU DESIGNMANAGEMENT

EINLEITUNG ZU DESIGNMANAGEMENT ZWISCHEN MARKEN- & PRODUKTSYSTEMEN Erhöhter Kostendruck durch Billiganbieter aus Fernost und rasante Markenerosion zwingen Unternehmen in Zeiten zunehmender Globalisierung, verstärkt nach neuen Chancen in ihrem Tätigkeitsfeld zu suchen. Design kann Kunden unterstützen, sich im Überangebot von Produkten zu orientieren, das Image der Anbieter zu prägen und die Sicherheit konstanter Qualität der Marken zu vermitteln. Wie aber lässt sich der Design-Gedanke in die meist starren Strukturen heutiger Unternehmen integrieren? Dieses Buch widmet sich der Thematik der „Designmanagement-Kompetenz“, den damit verbundenen Prozessen sowie den möglichen Ergebnissen komplexer Marken- und Produktsysteme. In drei übergreifenden Abschnitten wird der Leser an wirtschafts- und designrelevante Aspekte herangeführt. So werden Themen wie schwer substituierbare Kompetenz(en), marktorientierter und ressourcenbasierender Ansatz als strategische Wettbewerbsvorteile, umfassende Markendehnung mit Designentscheidungen, Co-Branding, Risikominimierung durch Systemtheorie im Produktentwicklungsprozess uvm. ausführlich im Buch erläutert.

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THEMENBEREICHE

THEMENBEREICHE ERSTER ABSCHNITT: DESIGNMANAGEMENT-KOMPETENZ Design als schwer substituierbare Kompetenz. Schnittstellen zu Unternehmensdisziplinen. Ökonomisches Potential von Designmanagement.

ZWEITER ABSCHNITT: MARKENDEHNUNG KOMPLEXER PRODUKTE Markendehnung als Chance für Unternehmen. Wirksame Umsetzung einer Markenerweiterung. Design als Schnittstelle zur Marke: Spezialfall Co-Branding.

DRITTER ABSCHNITT: PRODUKTE SIND SYSTEME Systemtheorie als Designmanagement-Tool. Systeme im Designprozess: Prototypen & Konzeptstudien. Anwendung von Systemtheorie bei Konzeptstudien (Szenarios).

33



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DESIGNMANAGEMENT-KOMPETENZ Ing. Mag. (FH) Peter Schreckensberger Nach der Ausbildung zum Innenarchitekten und dem Studium zum Design- und Produktmanager an der FH Salzburg arbeitete Schreckensberger als Designmanager im Bereich der Yacht- und Flugzeuginnenausstattung sowie Tourismus-Projektentwicklung. Nach mehrjähriger Berufserfahrung im internationalen Management beschloss er den Schritt in die Selbstständigkeit und gründete sein Unternehmen „UDP UnitedDesignPartners KG“ in Wien. Peter Schreckensberger ist Designstratege und Berater – er unterstützt Unternehmen, Kommunen und Institutionen bei der Entwicklung einzelner Produkte, Dienstleistungen und Serviceangebote sowie ganzheitlicher Systeme. peter@uniteddesignpartners.com

DESIGN MANAGEMENT KOMPETENZ KOMPETENZGESTÜTZTER STÄRKENAUFBAU DURCH DESIGNMANAGEMENT UND DESSEN DAUERHAFTE VORTEILSPOSITIONIERUNG IM WETTBEWERB. 1. AUSGANGSSITUATION In Zeiten zunehmender Globalisierung, kürzer werdender Produktlebenszyklen und sich wandelnder Konsumverhalten werden Unternehmen gezwungen nach neuen Chancen in ihrem Tätigkeitsfeld zu suchen. Ökonom und Universitätsprofessor M. E. Porter beschreibt in seinen Wettbewerbstheorien, dass Vorteile im Wettbewerb nur auf Grund von Unterschieden und nicht durch Ähnlichkeiten generiert werden können.01 Die Spezialisierung von Unternehmen auf innovative Kompetenzen stellt somit ein wesentliches Standbein der zukünftigen Wirtschaftsgesellschaft dar. Eine strategische Reorientierung von Unternehmen, das Überdenken sämtlicher Unternehmensgrundsätze ermöglicht einen fundierten Stärkenaufbau im Wettbewerb.

37


1. AUSGANGSSITUATION 01

Vgl. Porter, 1999a; Vgl. Porter, 1999b.

02

Vgl. Kotler/Rath,1984.

03

Vgl. Heckmann, 1990, S.10.

04

Vgl. BBE-Unternehmensberatung: Trendstudie 2010 / Design als strategischer

Wettbewerbsfaktor, Köln, 2003; Netzwerk Design & Medien: Wieviel Design braucht das Land? / Untersuchung des Designbewusstseins oberösterreichischer Produktunternehmen, Linz, 2006; Bayern Design GmbH: Designbericht Bayern

Hohe Löhne, Umweltauflagen etc. machen hoch entwickelte Länder zu wenig lukrativen Produktionsstandorten. Das Potential unserer westlichen Wissensgesellschaft liegt vorrangig in innovativer Forschung und Entwicklung. Mittels Design erlangen Unternehmen Differenzierungspotential, das in Zeiten zunehmend homogener Märkte und technisch ähnlicher werdender Produktstandards an Bedeutung gewinnt. Dies erhöht wiederum die Käuferakzeptanz bei den Kunden und generiert somit Gewinnzuwächse. Die Thematik des Designs als Wettbewerbsvorteil in globalisierten Märkten wurde schon im Jahr 1984 von Kotler/Rath im Paper „Design as a Strategic Tool“ beschrieben.02 Folgende Feststellung ist für alle Branchen zutreffend: Unternehmen in der Investitions- und Konsumgüterindustrie haben bewiesen, dass designorientierte Maßnahmen eine nachhaltige Marken- und Produktpositionierung bewirken.03 Durch das hohe Potential von Beschäftigung und Arbeitsplätzen räumen Regierungen auf nationaler- und internationaler Ebene dem Thema Design höchste Priorität ein. Eine Reihe aktueller internationaler Studien sowie Untersuchungen der European Commission zeigen, dass Nationen dem Thema Design als wirtschaftstreibendem Faktor verstärktes Interesse zuschreiben. 04 So versucht die britische Regierung in einer Publikation aus dem Jahr 1998 auf Design in Kombination mit anderen Fähigkeiten(bündeln) aufmerksam zu machen: „Our success depends on how well we exploit our most valuable assets: our knowledge, skills and creativity. These are the key to designing high value goods and services and advanced business practices. They are at the heart of a modern driven economy.” 05 Das UK Design Council stellte 2004 in seiner Studie fest, dass Unternehmen, die keine Integration des Designs in ihre bestehenden Unternehmensprozesse

38

2003-2005, Nürnberg, 2006; European Commission: Design for Growth & Prosperty / Report and Recommendations of the European Design Leadership Board, DG Enterprise and Industry of the European Commission, Finland, 2012.

umgesetzt haben, zukünftig nur Umsatzzuwächse durch erhöhten Preiskampf erzielen können: „(…) companies that ignore design are driven to compete mainly on price, cutting margins and risking their long-term-viability.“ 06 Kampagnen und Events von nationalen und internationalen Design-Institutionen sowie der Europäischen Union (z.B. UNESCO City of Design etc.) versuchen in den letzten Jahren der Bevölkerung bzw. den Unternehmen verstärkt die wertsteigernde Bedeutung des Designs zu vermitteln. Hierbei fungieren skandinavische Nationen als Vorreitermodell. Es sind Design-Initativen, wie jene des SVID (Stiftelsen Svensk Industridesign) im Rahmen des schwedischen Designjahres 2005, welche die Werthaltung im (inter)nationalen Wirtschaftskontext fördern. Auch Österreich beweist in der Studie „Österreichische Designleiter“ aus dem Jahr 2006, die von der Stadt Wien in Kooperation mit Departure in Auftrag gegeben wurde, reges Interesse am Werttreiber Design. Die Studie untersucht den Gebrauch sowie das Selbstverständnis für den Einsatz von Design in österreichischen Unternehmen und versucht diese in Anlehnung an das 4-Stufen-Modell der dänischen/schwedischen Designleiter im internationalen Vergleich darzustellen. 07 Weiters werden von der creativ wirtschaft austria (cwa) der WKÖ seit 2003 im Zweijahresrhythmus „Österreichische Kreativwirtschaftsberichte“ veröffentlicht, welche der Privatwirtschaft, aber auch übergeordneten Instanzen wie Ministerien und Förderinstitutionen, Wichtigkeit und Stellenwert von Design im Innovations- und Wertschöpfungsprozess näherbringen sollen. 08 Auch designaustria als österreiches Wissenszentrum und Interessenvertretung für Design hat 2013 bereits zum vierten Mal die „Österreichische Designstatistik" in Auftrag gegeben, um die


DESIGNMANAGEMENT-KOMPETENZ 05

Vgl. Bruce/Bessant, 2002, S.12.

06

Vgl. UK Design Council: Design in Britain / 2004-2005, London, 2005, S.2.

07

Vgl. Departure GmbH: Die Österreichische Designleiter / Eine Studie über das

Designbewusstsein österreichischer Unternehmen, 2006. 08

Vgl. creativ wirtschaft austria: 1. (bis 6.) Österreichische Kreativwirtschaftsbericht, 2003 – 2015.

Entwicklung der österreichischen Designbranche hinsichtlich ihrer wirtschafts-, gesellschafts- und arbeitsmarktpolitischen Bedeutung erfassen und darstellen zu können. „(...) dies ist essentiell auch für die strategische Planung von Maßnahmen und Initiativen, die die Bedeutung von Design stärken, sichern und ausbauen sollen." fasst Filek, Geschäftsführer von designaustria, zusammen. 09 Dass Design mittlerweile den Stellenwert einer unabhängigen Wissenschaft erlangt hat, zeigt die Vielzahl von internationalen Publikationen im Bereich Designmanagement. Dieses junge Wissensfeld stellt einen übergeordneten Versuch dar, interdisziplinäre Koordinationsaufgaben mittels Design im gesamten Unternehmenskontext steuerbar zu machen und dadurch eine DesignDenkhaltung in Unternehmensprozesse zu implementieren sowie die Unternehmenswerte nachhaltig intern und extern zu kommunizieren. In renommierten Unternehmen besitzt Design und das damit verbundene integrierte Designmanagement mittlerweilen den Status einer übergeordneten Unternehmensphilosophie. In der Literatur wurde bislang die Thematik der Designmanagment-Kompetenz als essentieller Beitrag zum kompetenzgestützer Stärkenaufbau im Wettkampf um Marktsegmente nahezu gänzlich vernachlässigt. Aus diesem Grund hat sich der Autor zum Ziel gesetzt, das Thema der Designmanagement-Kompetenz näher zu beleuchten und die beiden jungen Wissenschaftsbereiche des KompetenzManagements sowie des Design-Managements miteinander in Zusammenhang zu bringen.

09

designaustria: Österreichische Designstatistik / Wirtschaftskraft und gesellschaftspolitische Bedeutung, 2013.

Die folgenden vier Themenblöcke sollen eine logische und strukturierte Annäherung an die Materie ermöglichen: • Zuerst werden die Konzepte des strategischen Marketings und der daraus resultierende Aufbau von Wettbewerbsvorteilen ausführlich erläutert. Besonderes Augenmerk wird hierbei auf das erhöhte Potential durch Design und die damit verbundenen strategischen Ressourcen bzw. Positionierungsfähigkeiten gelegt. • In Folge wird das integrierte Designmanagement besprochen, das durch seine interdisziplinäre Koordinationsaufgabe von Marketing-, Produkt-, Marken- und Innovationsmanagement an weitere Wissenschaften anknüpft. • Im Anschluss wird der Bereich der strategischen Kernkompetenz behandelt, welche interne Ressourcen und Fähigkeiten zum Stärkenaufbau heranzieht. • Abschließend werden die zuvor einzeln angestellten Überlegungen zum Konzept der „Designmanagement-Kompetenz“ übergeleitet und zusammengeführt. Durch eine gezielte Auseinandersetzung mit der Thematik des integrierten Designmanagements und angrenzenden Wissenschaften soll ein tieferes Verständnis der Schnittstellen zwischen den Bereichen des Designmanagements und anderen wertschöpfenden Disziplinen geschaffen werden.

39


1. AUSGANGSSITUATION

40


MARKETINGMANAGEMENT 10

Vgl. Becker, 2001, S.1.

11

Vgl. Thommen/Achleitner, 2003, S.117.

MARKETING MANAGEMENT 2. STRATEGISCHES MARKETING Wie zuvor beschrieben, sind Unternehmen zukünftig extremen Veränderungseinflüssen ausgesetzt: Wettbewerbsintensivierung und verkürzte Produktlebenszyklen zwingen Unternehmen, zukunftsgerichtete Strategien und Maßnahmen zu finden. Potentielle Chancen und Risiken frühzeitig wahrzunehmen, erfolgsversprechende Strategien auszuformulieren und diese in Wettbewerbsvorteile umzusetzen, kann als Hauptaufgabe des strategischen Marketings verstanden werden. Allgemeines Marketing versteht sich als ein am Absatzmarkt orientierter Unternehmensführungsstil.10 Ihm können zwei grundlegende Bedeutungen zugewiesen werden: Einerseits versteht man darunter eine bestimmte Denkhaltung, welche in Form des betrieblichen Handelns zum Ausdruck kommt, andererseits will man ein betriebswirtschaftliches Aufgabenoder Problemgebiet abgrenzen. Dadurch wird dem Marketing eine zentrale unternehmerische Funktion, vergleichbar mit der Produktion oder dem Rechnungswesen, zugeschrieben. 11

41


2. STRATEGISCHES MARKETING 12

Vgl. Kotler/Bliemel, 2001, S.8ff; Meffert, 1998, S.4ff; Thommen/Achleitner, 2003, S.117f.

13

Vgl. Becker, 2001, S.1.

14

Vgl. Thommen/Achleitner, 2003, S.122.

15

Vgl. Becker, 2001, S.14.

2.1. Konzeptioneller Ansatz des Marketings 2.1.1. Exkurs – Vom Verkäufer- zum Käufermarkt Der Wandel der Gesellschaft beeinflusste im letzen Jahrhundert merkbar die Evolution des Marketings, was sich in den unterschiedlichen Interpretationen des Begriffes widerspiegelt: 12 Nach dem zweiten Weltkrieg konnte in den USA und in Europa der Bedarf an Produkten nicht befriedigt werden. Die Nachfrage überstieg das Angebot. Gründe hierfür waren steigender Wohlstand, zunehmende Bevölkerungszahlen und sinkende Preise. Diese Marktsituation wird als typischer Verkäufermarkt bezeichnet. Alle Waren, die produziert wurden, konnten auch ohne Probleme abgesetzt werden. Man versuchte dieser Entwicklung des Nachfrageüberhangs durch eine neue Form der rationellen Massenproduktion (Taylor) entgegenzuwirken: Im Vordergrund stand die kostengünstige Herstellung von Produkten. In dieser Marktphase war somit die Produktion vorrangig (Primat der Produktion). In den sechziger Jahren wurde durch den zunehmenden technischen Fortschritt und Rationalisierungsgrad eine Sättigung der Märkte erreicht. Viele Unternehmen konnten dadurch ihre Produkte nicht oder nur mehr sehr schwer absetzen. Überproduktion und Konkurse waren die Folge. Schwerpunkt in dieser Zeit war zunehmend der Absatz (Primat des Absatzes). Der Konkurrenzdruck unter den Anbietern stieg und die Entwicklung der Käufermarktsituation wurde als risikoreicher Engpass erkannt. Deshalb wurde durch verstärkte Verkaufsbemühungen versucht, dieser Entwicklung wiederum entgegenzuwirken. Die Bewerbung der Produkte sowie die Einführung von Markennamen haben in dieser Zeit ihren Ursprung. In den späten sechziger Jahren begann sich das Marketing auf die Bedürfnisse potentieller Kunden auszurichten. Man glaubte, durch Analyse der Kundenwünsche bessere Ergebnisse erzielen zu können. Die Veränderung dynamischer Märkte lag im Fokus der Unternehmen (Primat des Marktes). Produktion und Absatz wurden auf die Bedürfnisse des Marktes ausgerichtet.

42

In den achtziger Jahren setzten sich Unternehmen zunehmend mit Differenzierung und Positionierung ihrer Produkte in Märkten auseinander. Unter dem Einfluss des stärker werdenden globalen Wettbewerbs wurde nun ein Wettlauf der Marken um Käuferschichten ausgelöst (Primat der kompetitiven Ausrichtung). Am Anfang der neunziger Jahre begann das Marketing sich zu einer Unternehmensfunktion zu etablieren. Das Marketing verstand sich nun als Interpretation eines marktorientierten Führungsstils. Der Wandel von Verkäufermarkt (sechziger Jahre) zu Käufermarkt (achtziger Jahre) erzwang eine Marktund Kundenorientierung der Unternehmen. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Unternehmen mit einer konsequenten Ausrichtung auf Kundenwünsche und -bedürfnisse dauerhaft am Markt überleben konnten.13 2.1.2. Markt- und Kundenorientierung als Führungsphilosophie Markt- und Kundenorientierung sind somit von zentraler Bedeutung für den Unternehmenserfolg. Marketing spielt als Führungsphilosophie in Unternehmen eine zunehmend entscheidende Rolle. Die Erarbeitung und Umsetzung des MarketingKonzeptes wird als Marketing-Management bezeichnet.14 2.1.3. Zusammenhang zwischen strategischen Zielen und Unternehmenserfolg Das strategische Ziel von Unternehmen kann als ein Streben nach maximalem Gewinn beschrieben werden (Gewinnmaximierung). Dies kommt durch das Erreichen von maximalem Umsatz und maximalen Marktanteilen zum Ausdruck. 15 Für ökonomisch und erfolgsorientierte Unternehmen sind diese Ziele oberste Prämisse. Um höhere Erfolge als die Konkurrenz erzielen zu können ist es wichtig, ihr gegenüber dauerhafte Wettbewerbsvorteile auszubauen. D.h. Unternehmen müssen wissen, wie sie sich mit ihren Produkten bzw. Serviceleistungen am Markt besser positionieren und sich so von der Konkurrenz abgrenzen können.


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MARKETINGMANAGEMENT

Gälweiler, 1990, S.26.

17

Vgl. Tietze, 2003, S.3.

18

Vgl. Tietze, 2003, S.3.

19

Vgl. Bea/Haas, 1997, S.99ff.

Um Unternehmenserfolge zu erreichen ist es notwendig, diese in Form von Erfolgspotentialen zu sichten und auszubauen. So führt Gälweiler über Erfolgspotential an: „(…) allgemein versteht man unter dem Erfolgspotential das gesamte Gefüge aller jeweils produkt- und marktspezifischen, erfolgsrelevanten Voraussetzungen, die spätestens dann bestehen müssen, wenn es um die Erfolgsrealisierung geht.“ 16 Verfolgt man nun diese sachliche Herleitung des Zusammenhanges der strategischen Ziele, so versteht man den Wettkampf um Marktanteile. Diese können erreicht werden, wenn Unternehmen im Vergleich zum Konkurrenten leistungsstärkere und/ oder kostengünstigere Erfolgspotentiale besitzen. 17 Um diese Potentiale zu einem möglichen Unternehmenserfolg auszubauen wird es notwendig, diese als Erfolgsfaktoren zu identifizieren. 18 In Anlehnung an Bea/Haas begründen sich strategische Erfolgsfaktoren in zwei unterschiedlichen Kategorien von Potentialen: den Leistungspotentialen und den Führungspotentialen. 19

Das Streben nach Gewinnmaximierung wird durch die Umwandlung von Erfolgsfaktoren in strategische Wettbewerbsvorteile real umgesetzt. Im Folgenden werden daher Bildung und Ausbau von Wettbewerbsvorteilen beleuchtet, denen eine vorherige Identifikation der Erfolgsfaktoren zugrunde liegt.

Information

Führungspotential Leistungspotential

Abb. 01 Systematik strategischer Erfolgsfaktoren (adaptiert nach Bea/ Haas, 1997, S.99)

Organisation

Unternehmenskultur

Technologie

designmanagement.at Beschaffung

Personal

Leistungsprozess Produktion

Absatz

Kapital

43


3. STRATEGISCHE WETTBEWERBSVORTEILE 20

21

In dieser Publikation wird keine terminologische Trennung zwischen Abnehmer, Kunde, Verbraucher und Konsument vorgenommen. Vgl. Porter, 1999a, S.27.

22

Vgl. Simon, 1988, S. 464f.

23

Vgl. Porter, 1999a, S.37.

24

Vgl. Bea/Haas, 1997, S.167f.

25

Vgl. Porter, 1999a, S.37; Bea/Haas, 1997, S.167f.

3. STRATEGISCHE WETTBEWERBSVORTEILE 3.1. Der Wettbewerbsvorteil Wettbewerbsvorteile resultieren aus dem entstehenden Mehrwert für Konsumenten, 20 welcher vom Unternehmen geschaffen wird. Dieser Mehrwert kann nur dann als Wettbewerbsvorteil angesehen werden, wenn der Kunde bereit ist, die Kosten der Wertschöpfung zu tragen bzw. der geschaffene Mehrwert einen höheren Anschaffungspreis rechtfertigt. 21 Simon definiert strategische Wettbewerbsvorteile als eine im Vergleich zum Wettbewerb überlegene Leistung. Eine solche besteht dann, wenn: 22 • ein für den Kunden wesentliches Leistungsmerkmal besteht, • dieses als Vorteil vom Kunden wahrgenommen wird, • und dieser Vorteil dauerhaft ist. 3.2. Wettbewerbsstrategien Die Stoßrichtung des gesamten Unternehmens wird von der Wettbewerbsstrategie vorgegeben. Es stellt sich die Frage, welche Position ein Unternehmen in der Branche hat bzw. einnehmen will. Die Branchenpositionierung entscheidet über die Rentabilität des Unternehmens. 23 Dauerhafte Wettbewerbsvorteile können als überdurchschnittliche Leistungen/Ergebnisse bezeichnet werden. Folgende zwei Fragen sollen die Herangehensweise an Strategien erleichtern: 24 • Wie will sich das Unternehmen zur Konkurrenz abgrenzen? • Mit welchen Mitteln will man den Wettbewerb bestreiten? Zur Beantwortung dieser Kernfragen können zwei Ansätze herangezogen werden. Der marktorientierte Ansatz und der ressourcenbasierte Ansatz. Beide Ansätze werden nachfolgend getrennt dargestellt und analysiert.

44

26

Vgl. Porter, 1999a, S.38f; Bea/Haas, 1997, S.169.

27

Vgl. Porter, 1999a, S.40f; Bea/Haas, 1997, S.169f.

3.2.1. Marktorientierter Ansatz (Market Orientation View – MOV) Nach Porters marktorientiertem Ansatz bestehen für Unternehmen die Optionen, den Markt branchenweit abzugrenzen oder sich auf ein Marktsegment zu beschränken. Er unterscheidet drei Formen der Grundstrategie (generic competition strategies) : 25 • Kostenführerstrategie (overall cost leadership) • Leistungsführerstrategie (differentiation) • Schwerpunktstrategie (focus) Das Ziel der Kostenführerstrategie ist es, der kostengünstigste Anbieter der Branche zu werden. Unternehmen mit einer solchen Strategie arbeiten branchenweit und bedienen viele Marktsegmente. Durch hohe Stückzahlen kann der Effekt der Fixkostendegression in der Produktion nutzbar gemacht werden (Economies of scale). 26 Das Ziel der Leistungsführerstrategie ist es, derjenige Anbieter zu sein, der sich durch bestimmte Merkmale von der Konkurrenz deutlich abgrenzt. Das Unternehmen verschafft sich so eine Alleinstellung in der gesamten Branche. Diese Strategie kann auch als Differenzierungsstrategie bezeichnet werden. 27 Das Ziel der Schwerpunktstrategie ist es, Käufer in einem ganz bestimmten Marktsegment einer Branche anzusprechen. Es wird ein kleiner Teilmarkt (Nische) von Kunden mit speziellen Bedürfnissen und Wünschen bedient. 28 Auf aktuellen Märkten ist eine zunehmende Verbindung der beiden Wettbewerbsstrategien Kostenführer und Leistungsführer festzustellen. Durch intensive Prozess- und Produktinnovation können Unternehmen einen erhöhten Nutzen ihrer Angebote erzielen. Dieser Vorgang führt Unternehmen in eine Rolle als Spitzenreiter und wird als Outpacing-Strategie bezeichnet. 29 Jede Strategieentwicklung beruht auch auf der Ermittlung der bestmöglichen Ausgangspunkte für weitere Marktaktivitäten. Dabei übernehmen nicht nur konkurrierende Branchenakteure mit ihren Wettbewerbskräften eine wichtige Rolle. Es sind vielmehr die gesamten wirtschaftlichen Bedingungen (Kräfte) einer spezifischen Branche, die einen Wettbewerb beeinflussen. Porter versucht die


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MARKETINGMANAGEMENT

28

Vgl. Porter, 1999a, S.41ff ; Bea/Haas, 1997, S.170.

32

Vgl. Hollensen, 2003, S.30; Schmidt-Gallas, 2003, S.28.

35

Vgl. Hollensen, 2003, S.32f; Schmidt-Gallas, 2003, S.29.

29

Vgl. Weis, 2001, S.89.

33

Vgl. Hollensen, 2003, S.23ff.

36

Vgl. Schmidt-Gallas, 2003, S.29.

30

Vgl. Porter, 1999b, S.27f.

34

Vgl. Schmidt-Gallas, 2003, S.28.

37

Vgl. Bea/Haas, 1997, S.368ff.

31

Vgl. Porter, 1999b, S.28f.

Wettbewerbssituation durch die Wirkung von fünf Wettbewerbskräften zu begründen, welche durch ihren gemeinsamen Einfluss schlussendlich für das Gewinnpotential einer Branche verantwortlich sind: 30 • Bedrohung durch neue Konkurrenten • Verhandlungsstärke der Lieferanten • Verhandlungsstärke der Abnehmer • Bedrohung durch Substitutionsprodukte und -dienstleistungen, sowie die eigentliche • Bedrohung durch gegenwärtige Mitbewerber in der Branche Das Wissen über den eigentlichen Ursprung von Wettbewerbsdruck wird Ausgangspunkt für die Entwicklung von effektiven Strategien. Das Ziel ist nun das Erreichen jener Position in der Branche, welche eine hervorragende Verteidigung oder eine Beeinflussung der Wettbewerbskräfte ermöglicht. Strategen können sich somit ein Zusammenspiel der Wettbewerbskräfte nutzbar machen und eigene Stärken und Chancen des Unternehmens ausbauen.31 3.2.2. Ressourcenbasierter Ansatz (Rescource-Based View – RBV)

Die Theorien des ressourcenbasierten Ansatzes begründen die langzeitige Wettbewerbsfähigkeit, welche das Unternehmen von anderen Mitbewerbern unterscheidet, schwer nachahmbar und somit einzigartig macht. Wernerfelt (1984) kann als Begründer des heutigen Verständnisses des ressourcenbasierten Ansatzes genannt werden, der durch Grant (1991) und Fahy (2002) maßgeblich weiterentwickelt wurde. 32 In der Literatur können drei grundsätzliche Bausteine des ressourcenbasierten Ansatzes identifiziert werden: 33 • Ressourcen • Fähigkeiten • Kompetenzen Ressourcen von Unternehmen können generell in zwei Kategorien eingeteilt werden: Tangible und intangible. Unter tangiblen Ressourcen fasst man alle materiellen, quantifizierbaren Güter eines Unternehmens zusammen. Sie beinhalten Gebäude, Maschinen, Zugang zu Rohmaterialien, Finanzen, ausgebildete Arbeitskräfte sowie die organisatorische Firmenstruktur. Als intangible Ressourcen kann man spezifisches Wissen und

dadurch erzielten Vorsprung bezeichnen. Hierzu zählen Patente, Handelsmarken, Copyrights (Intellectual Property Rights) sowie Know-How von Einzelpersonen, Firmenkultur und -ruf. Beide Arten von Ressourcen sind notwendig, um das wirtschaftliche Handeln eines Unternehmens zu ermöglichen. In den Theorien des ressourcenbasierten Ansatzes wird die intangible Ressource mit ihren immateriellen Kompetenzen als Ursprung für Wettbewerbsvorteile betrachtet.

Unter Fähigkeit versteht man das Wissen, das notwendig ist, um vorhandene Ressourcen richtig auszuwählen, zu kombinieren und einzusetzen. Fähigkeiten können somit als Bindeglied betrachtet werden, durch welches vorhandene Ressourcen nutzbar gemacht werden können. 34 In weiteren Schritten werden Fähigkeiten zu Kompetenzen ausgebaut. Diese gekonnte Zusammenführung von einzelnen Ressourcen zu Fähigkeitenbündeln im Unternehmen entsteht durch stetige Lernprozesse und kann als Know-How in verschiedenen Bereichen auftreten. Beispiele hierfür sind etwa Erfahrung mit speziellen Produktionsverfahren, technisches Wissen hinsichtlich Konstruktionen oder Marketingaktivitäten. 35 Kompetenzen treten erst aus einem kritischen Vergleich der Fähigkeiten und Leistungen von Konkurrenten hervor. 36 Zusammenfassend kann definiert werden, dass Ressourcen die Basis, Fähigkeiten der Zwischenschritt und Kompetenz das Ergebnis des ressourcenbasierenden Ansatzes sind. 3.3. Umwelt-Strategie-Struktur-Fit Der Umwelt-Strategie-Struktur-Fit beschreibt die Abhängigkeit der Unternehmensstrategie von den einzelnen Unternehmenseinheiten und -abteilungen. Dieser Ansatz beruht auf der Überlegung, dass es sowohl eine interne Abstimmung zwischen Strategie und Struktur sowie eine externe Abstimmung mit der Umwelt geben muss. Der Fit bringt eine Abhängigkeit zwischen den einzelnen Elementen des Unternehmens-Systems zum Ausdruck. 37 Das strategische Management hat das Ziel, ein optimales strategisches Zusammenspiel herbeizuführen und sicherzustellen. Der Unternehmenserfolg wird wesentlich dadurch

designmanagement.at

45


3. STRATEGISCHE WETTBEWERBSVORTEILE 38

Vgl. Krüger/Homp, 1997, S.61f.

geprägt, wie gut es gelingt, den strategischen Fit in dauerhafte Stärken des Unternehmens auszubauen. 3.4. Vergleich MOV und RBV In der Abb. 02 wird verdeutlicht, wie marktorientierter Ansatz (MOV) und ressourcenbasierender Ansatz (RBV) strategische Wettbewerbsvorteile generieren können. Hauptaugenmerk unserer weiteren Betrachtungen liegt auf dem Aspekt des Designs und seinen Auswirkungen auf das vollständige Unternehmenssystem. Der Fit zwischen Umwelt-Strategie-Struktur kann analog als holistische Betrachtung des Unternehmenssystem herangezogen werden. Das bedeutet, dass es notwendig ist, das Potential von Design auf das ganze Unternehmen zu übertragen, um das Ziel der Wettbewerbsstärke zu erreichen.

Hierzu ist es sinnvoll, die Ansätze des MOV jenen des RBV gegenüberzustellen und auf Kriterien für zukünftiges Potential sowie deren strategische Wettbewerbsvorteile zu untersuchen. Die wesentlichen Unterschiede beider Ansätze werden durch die mikroökonomischen Denkweisen gestützt. Die Theorien des RBV stellen dar, dass in einem funktionierenden Markt Wettbewerbsstärken über kurz oder lang letztendlich von den Mitbewerbern beseitigt (erodiert) werden. Die eigenen Wettbewerbsstärken durch eine intelligente und effiziente Kombination aus Ressourcen und Fähigkeiten zu generieren, sich dadurch vom Mitbewerber zu unterscheiden, hat höchste Priorität im Unternehmensziel. Dieser Betrachtung entsprechend bleibt Wissen in Form von Ressourcen und Fähigkeitenbündeln im Unternehmen (tacit knowledge). Dieses Wissen bleibt der Konkurrenz verborgen und ist somit im Wettbewerb schwer nachahmbar. 38 Aus der Gegenüberstellung wird ersichtlich, dass der marktorientierte Ansatz eher anpassungsorientiert und daher als defensiv zu klassifizieren ist. Dadurch kann das Management

Abb. 02 Die Rolle des Designs im marktorientierten- und ressourcenbasierten Ansatz (eigene Darstellung)

Unternehmenserfolg

Strategische Wetbewerbs� vorteile

Marktorientierter Ansatz (MOV) nach Porter

Ressourcenbasierender Ansatz (RBV) nach Wernerfelt � Prahalad/Hamel

des Unternehmens

5 Wettbewerbskräfte sowie Unterpunkte

Kernkompetenz

Leistungsmerkmale Funktionalität Fähigkeiten

Qualität Innovationsgrad Timing Image Kommunikation Umwelt

Ressourcen Fit

Design als Strategische Wettbewerbspositionierung

Strategie

Fit

Design als Strategische Ressource

Integriertes Designmanagement

46

Struktur


FIND MORE ABOUT THE BOOK nur eine kurz- bis mittelfristige Strategieplanung vornehmen, um auf Marktereignisse reagieren zu können. Beim ressourcenorientierten Ansatz sieht das Top-Management hingegen die eigenen, verborgenen Ressourcen und Fähigkeiten als „Center of Competence“ und befasst sich mit dem Kompetenztransfer in zukünftige Geschäftsfelder. Hierbei nutzt das gesamte Unternehmen Kompetenzen und nicht nur einzelne Unternehmenseinheiten. Dieser Vergleich beider Ansichten stellt keineswegs Alternativen dar, zwischen denen das Management auswählen kann. Vielmehr ist der ressourcenbasierte Ansatz als ergänzende innere/wertschaffende Betrachtung zu verstehen und gestattet deshalb eine offensive Ausrichtung des Unternehmens.

MARKETINGMANAGEMENT

Im nachfolgenden Themenblock werden Anknüpfungspunkte zum Arbeitsbereich des Designs und dessen Steuerung (Management) hergestellt und das ökonomische Potential für Unternehmen über den Ansatz der Kernkompetenz veranschaulicht.

Abb. 03 Gegenüberstellung des MOV und des RBV (nach Krüger/Homp, 1997, S.63; vgl. Hollensen, 2003, S.39)

Marktorientierter Ansatz (MOV)

Ressourcenbasierter Ansatz (RBV)

Grundprinzipien

Adaptiertung der UnternehmensRessourcen an Anforderungen des Wettbewerbsumfeldes

proaktive Untersuchung des Wettbewerbsumfeldes, welche eine bestmögliche Verwertung der Unternehmensressourcen ermöglicht

Denkfigur

Unternehmen als Portfolio von Geschäften

Unternehmen als Reservoir von Fähigkeiten und Ressourcen

strategische Analyse

fokussiert auf technische Möglichkeiten sowie Marktanforderungen

Schwerpunkt auf interne Diagnose

Prozessformulierung

Outside-in

Inside-out

allgemeine Zielsetzung

Wachstum durch Cash-FlowBalance im Laufe des SGFLebenszyklus (strategisches Geschäftsfeld)

nachhaltiges Wachstum durch Entwicklung, Nutzung und Transfer der (Kern-)Kompetenzen

Träger des Wettbewerbes

Geschäftseinheit gegen Geschäftseinheit

Unternehmen gegen Unternehmen

Konkurrenzgrundlage

produktbezogene Kosten- oder Differenzierungsvorteile

Ausnutzung von unternehmensweiten Kompetenzen

Charakter des strategischen Vorteils

- zeitlich befristet, erodierbar - geschäftsspezifisch - wahrnehmbar

- dauerhaft, schwer angreifbar - transferierbar in andere Geschäfte - verborgen (tacit knowledge)

Strategiefokus

tendenziell defensiv: Ausbau und Verteidigung bestehender Geschäfte; Anpassung der Strategie an die Wettbewerbskräfte

tendenziell offensiv: durch Kompetenztransfer Weiterentwicklung alter und Aufbau neuer Märkte; Beeinflussung der Wettbewerbskräfte

Planungshorizont

eher kurz- und mittelfristig

betont langfristig

designmanagement.at Rolle des strategischen Geschäftsfelds (SGF)

Quasiunternehmung, Besitzer von Personen und Ressourcen (Profit Center)

Speicher von Ressourcen und Fähigkeiten (Center of Competence)

Aufgabe des Top-Managements

Zuweisung von finanziellen Ressourcen an die SGF

Integration von Ressourcen und Fähigkeiten auf Basis eines inhaltlichen Gesamtkonzeptes

47


3. STRATEGISCHE WETTBEWERBSVORTEILE

48


DESIGNMANAGEMENT 39

Dudenredaktion, 2001, S.212.

40

Vgl. Bürdek, 2005, S.13.

41

Bürdek, 2005, S.13.

DESIGN MANAGEMENT 4. INTEGRIERTES DESIGNMANAGEMENT Um die Wissenschaft des Designmanagements zu verstehen, ist es notwendig, den allgemeinen Hintergrund von Design zu erläutern. In den folgenden Punkten wird der Begriff des Designs ausführlich dargestellt, um später auf die Wissenschaft des Designmanagements eingehen zu können. 4.1. Definition des Design-Begriffes Das Duden-Fremdwörterbuch beschreibt den Terminus des Designs wie folgt: 39 „formgerechte u. funktionale Gestaltgebung u. die so erzielte Form eines Gebrauchsgegenstandes; Entwurf[szeichnung]“. Das Wort Design lässt sich auf das 16. Jahrhundert zurückführen. Der Baumeister, Maler und Schriftsteller Vasari verwendete den Begriff „designo“ als das Prinzip, dem die Kunst ihren Ursprung verdankt. Übersetzt bezeichnet es soviel wie eine künstlerische Idee, welche in Form einer Skizze oder Zeichnung zum Ausdruck kommt. 40 Das Wort „Design“ wurde 1588 erstmals im Oxford Dictionary gelistet und dort folgendermaßen umschrieben: 41 • „ein von einem Menschen erdachter Plan oder ein Schema von etwas, das realisiert werden soll, • ein erster zeichnerischer Entwurf für ein Kunstwerk, • ein Objekt der angewandten Kunst, das für die Ausführung eines Werkes verbindlich sein soll.“

49


4. INTEGRIERTES DESIGNMANAGEMENT 42

Vgl. Spies, 1993, S.14f.

43

Vgl. Lungkofler, 1993, S.28.

44

Höger (Hrsg.), 1995, S.9.

45

Kern/Kern, 2005, S.13.

46

47

ICSID (International Council of Societies of Industrial Design), http://www.icsid.org/about/about/ articles31.htm [Stand: 01.08.2015]. Vgl. Lungkofler, 1993, S.30.

Die ursprüngliche Übersetzung aus der englischen Sprache konnte im Allgemeinen mit dem deutschen Wort Gestaltung zusammengefasst werden, wobei ein Bezug zum Produkt definitiv noch nicht erkennbar war. Laut Spies (1993) sind unterschiedliche Begriffsauffassungen in der angloamerikanischen und deutschsprachigen Literatur durch den weit auslegbaren Interpretationsspielraum des englischen Begriffes „design“ zu begründen. 42 Aktuell verstehen viele Konsumenten unter dem Begriff des Designs lediglich das Erscheinungsbild des fertig gestalteten Objektes, der Weg zum Ergebnis selbst, also der Gestaltungsprozess, wird nicht mit diesem Wort assoziiert. Auf dieses Missverständnis führt Lungkofler das Hauptproblem der Fehlinterpretation des Designs zurück. 43 „Design bedeutet Entwurf“, sagt Burckhardt, „nicht Gestalt“. Entworfen werden soll in erster Linie nicht das Gerät in seiner Gestalt, sondern seine mögliche Verwendung, seine Einsatzfähigkeit, seine möglichst vielfache Brauchbarkeit, seine Nicht-Verwendbarkeit für Schikane und Rückschritt. 44 Kern sagt über Design: „Beim Design geht es um den Entwurf, die Zeichnung und die Gestaltfindung als Tätigkeit (Prozess) und um das Muster, das Modell, die Formgebung (das Produkt) als Ergebnis.“ 45 In den letzten Jahrzehnten wurde unsere Alltagswelt mit dem Wort Design und Interpretationen seiner Begrifflichkeit regelrecht überschwemmt, was ein überaus inflationäres und diffuses Verständnis des Begriffs hervorbrachte. Eine allgemein gültige Definition ist jedoch nur sehr schwer möglich, da der vielfältig verwendbare Begriff stets in den Kontext der Aktivität gebracht werden muss, bei der er zur Anwendung kommen soll. Um eine Vereinheitlichung des Begriffes Design und der damit verbundenen Aufgaben zu erzielen, hat der Weltdachverband der Designorganisationen ICSID (International Council of Societies of Industrial Design) Design folgendermaßen definiert: „Design is a creative activity whose aim is to establish the multi-faceted qualities of objects, processes, services and their systems in whole life cycles. Therefore, design is the central factor of innovative humanisation of technologies and the crucial factor of cultural and economic exchange.” 46

50

48

Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache, http://www.dwds.de [Stand: 01.08.2015].

49

Vgl. Heufler, 2004, S.187.

50

Vgl. Lungkofler, 1993, S.32f.

51

Vgl. Heufler, 2004, S.17; Bürdek, 2005, S.15.

Der Oberbegriff Design wird oft in der Umgangssprache mit den Begriffen Stil, Mode, Look und Styling verwechselt bzw. terminologisch fälschlich gleichgesetzt. 47 • Der Begriff Stil bezeichnet eine charakteristisch ausgeprägte Art der Ausführung menschlicher Tätigkeiten oder deren Manifestationen (für eine Epoche, Region, Schaffensphase etc.). • Mode verkörpert die zeitgemäße Darstellung eines Stils. Dieser wird durch den Wunsch nach Abwechslung und Abhebung von gesellschaftlichen Schichten kreiert. 48 • Der Look kann als modische sowie oberflächliche und vom Zeitgeist abhängige Gestaltung bezeichnet werden. 49 Look wird eher als Anlehnung an bestimmte Stilbzw. Moderichtungen interpretiert. 50 • Unter Styling versteht man lediglich die Gestaltung einer Produkthülle (z.B. Autokarosserie). In den späten dreißiger Jahren findet Styling seine Anfänge in Amerika. Unternehmer konnten auf Grund der Weltwirtschaftskrise ihre Produkte nicht mehr absetzen. Nach Überwindung der Depression versuchte man technisch einwandfreien Produkten durch Styling eine zeitgenössische, ästhetische Erscheinungsform zu verleihen. 51 Loewy vertrat den Slogan: „Hässlichkeit verkauft sich schlecht“, 52 was die Haltung einer ganzen Marktwirtschaft widerspiegelte. Der Höhepunkt des Stylings fand sich in der amerikanischen Automobilindustrie der sechziger Jahre. Damals versuchte man, durch Styling neue Absatzchancen zu erzielen. Tatsächlich waren neue Modelle baugleich zum Vorjahr mit einer verschönerten Hülle, jedoch ohne jegliche technische Weiterentwicklung. 53


DESIGNMANAGEMENT 52

Zitiert nach Bürdek, 2005, S.182.

53

Vgl. Kohler, 2003, S.8.

54

Hoet in Design Report, 2006, S.42.

55

Heufler, 2004, S.5.

56

Vgl. Bürdek, 2005, S.67.

57

Zitiert nach Hettlage in Design Report, 2006, S.67.

58

Vgl. Bürdek, 2005, S.67.

59

Vgl. Lungkofler, 1993, S.37ff.

60

Vgl. Buur/Windum, 2002, S.11ff/23ff.

4.2. Exkurs – Design versus Kunst Da es nach wie vor zwischen Kunst und Design zu Verwechslungen im allgemeinen Sprachgebrauch kommt, wird im Folgenden versucht, eine Grenze zwischen Kunst und Design zu ziehen. Durch eine ausführliche Betrachtung der historischen Entwicklung kann dies leichter veranschaulicht werden. Nachfolgend Versuche aus diversen Quellen, die Begriffe Design und Kunst gegeneinander abzugrenzen: Hoet, künstlerischer Leiter des Museums MARTa Herford, sieht: „(…) Design als das eher Nützliche und (…) Kunst als das eher Verwirrende.“ 54 Heufler beschreibt die Thematik: „Design ist Kunst, die sich nützlich macht.“ 55 Brandes (1998) wiederum sieht diese Aussage als eine Beleidigung, sowohl für Kunst als auch Design. 56 Kupetz, Gründungsmitgliedern des Verband Deutscher Industrie-Designer (VDID), meint in einer Aussage von 1955: „Der grundlegende Unterschied zwischen dem freien Künstler und dem industriellen Formgeber liegt in ihren Aufgaben und in der Umwelt, in der beide arbeiten müssen. Der freie Künstler ist nur sich selbst verantwortlich. Von der Arbeit des Formgebers hängt der geschäftliche Erfolg der Fabrik und damit das Wohl der Arbeiter dieser Fabrik ab.“ 57 Diese konträren Aussagen verdeutlichen, dass es zwar inhaltlich eine genaue Trennung zwischen Kunst und Design gibt, die in der Praxis jedoch für Diskussionsstoff sorgt. Versucht man die Begrifflichkeiten historisch und sachlich herzuleiten, so ist die Disziplin des Designs aus der Entwicklung des Kunsthandwerks (Arts and Crafts) entstanden. Künstler und Handwerker haben sich immer schon der Herstellung von nützlichen Gebrauchsobjekten zugewandt. Handwerker versuchten Techniken zu entwickeln, die es ermöglichten, Güter in größeren Mengen kostengünstig herzustellen. Mit der Absicht, Objekte für die industrielle (Massen-)Produktion vorzubereiten, entstand eine Denkweise, die erst später die Bezeichnung Design erhielt.

Abgrenzbarkeit. Designer wandten sich verstärkt dem Versuch zu, Objekte einer Verfremdung zu unterziehen. Eine gezielte Infragestellung des Objektnutzens, die vorsätzlich die Trennlinie zwischen Design und Kunst verschwimmen ließ. 58 Grundlegend verfolgen Design und Kunst jedoch wirtschaftlich verschiedene Endziele: 59 Kunst wendet sich Einzelnen bzw. einer kleinen Gruppe von Abnehmern zu, in der Kunstwerke als Unikate angesehen werden. Design wendet sich einer breiten Masse von Abnehmern zu, wobei das Kundenbedürfnis eine wesentliche Rolle bei der Gestaltung spielt. Ziel sind Umsatz und Gewinn. Design kann somit als Teil des wirtschaftlichen Handelns angesehen werden. Kunstwerke entspringen den geistigen und handwerklichen Fähigkeiten eines Künstlers, während Design aus einer komplexen Konstellation von verschiedenen Wissenschaften entsteht. So werden in der Produktgestaltung zunehmend Erkenntnisse aus Marktforschung und Konsumentenverhalten berücksichtigt und fließen in den Gestaltungsprozess ein. Eine grundlegende Gemeinsamkeit besitzen Kunst und Design jedoch immer. Beide Formgebungen werden durch menschliche Sinnesempfindungen wahrgenommen. Um die bestmögliche Interaktion zwischen Mensch und Objekt zu gewährleisten, fließen Sinnesempfindungen bewusst in den Gestaltungsprozess ein. 60 Der Designer erarbeitet durch seine professionelle Kompetenz einen Entwurf. Diese Gestaltungstätigkeit würde einem reinen Selbstzweck (also der Kunst) dienen, wenn sie nicht durch ein Unternehmen wirtschaftlich genutzt wird. Erst wenn der Kunde aus dem Produkt einen positiven Nutzen zieht und dadurch eine verbesserte Lebensqualität wahrnimmt, ist der Prozess im geschäftlichen Sinn abgeschlossen.

Die Memphis-Designströmung (begründet durch Ettore Sottsass) aus den achziger Jahren gab besonderen Anstoß zur Diskussion über klare

51


5. AKTUELLE ÖKONOMISCHE AUFGABEN VON DESIGN Vgl. Trommsdorff, 2002, S.361.

62

Vgl. Arthur D. Little International, 1990, S.23.

5. AKTUELLE ÖKONOMISCHE AUFGABEN VON DESIGN 5.1. Wettbewerbspositionierung Der Gesamtmarkt besteht aus einer Unzahl von unterschiedlichen Konsumentengruppen. Jede dieser Gruppen hat verschiedene Wünsche bzw. Bedürfnisse und damit verbundene Ansprüche an Produkte. Die Herausforderung für die Unternehmen liegt im Erkennen und Isolieren von wirtschaftlich interessanten, homogenen Teilmärkten sowie der Generierung von Alleinstellungsmerkmalen. Design bildet das Instrument, dass eine Vielzahl von Schnittstellen abdeckt und deren Potential in ein physisches Produkt umwandelt. Produkte können als ganzheitliches Angebot oder Bündel von subjektiv wahrnehmbaren und persönlich nutzenstiftenden Eigenschaften

Unternehmen

Abb. 04 Direkte und indirekte Einflussbereiche des Designs (adaptiert nach Arthur D. Little International, 1990, S.24)

betrachtet werden. Nach Trommsdorff stehen die Begriffe Qualität, Einstellung, Image, Präferenz, USP (Unique Selling Proposition) und KKV (Komparativer Konkurrenz-Vorteil) im engen Zusammenhang mit der Positionierung von Produkten. 61 Design dient so immer als Differenziator zu Konkurrenzprodukten. 5.2. Nutzenstiftende Erfolgsfaktoren Design stiftet nicht nur Nutzen für den Konsumenten. Durch seine absatzfördernde Wirkung kann Design auch als Erfolgsfaktor bezeichnet werden. Arthur D. Little International unterteilt die nutzenstiftende Funktion des Designs nach den Regeln des strategischen Managements in direkte und indirekte Erfolgsfaktoren. Direkte Erfolgsfaktoren beeinflussen die Differenzierung und die dadurch stimulierte Kaufmotivation aus der Sicht des Konsumenten. Als indirekte Erfolgsfaktoren werden jene bezeichnet, die durch andere Faktoren des Designs beeinflusst werden, z.B. Vertriebs- und Marketingkanäle, Servicegrad etc. 62

Kostenersparnis

Leistungsmerkmale Funktionalität

Zeitgewinn

Qualität

Genussgewinn

Innovationsgrad Timing

direkt

Kosten/Preis

Image Kommunikation

Preisgewinn Prestigegewinn Sicherheitsgewinn

Vertriebs� und Marketingkanäle

52

indirekt

Kontaktgewinn Berufsvorteil

Servicegrad

Gesundheitsgewinn

Erfolgsfaktoren

Faktoren der Kaufmotivation

Unternehmen

61


DESIGNMANAGEMENT 63

Vgl. Heufler, 2012, S.66ff.

64

Siehe Erläuterung Kapitel 7.3.3. Product Design.

65

Vgl. Bayrisches Staatsministerium, 2005, S.18.

66

Vgl. Albers/Herrmann, 2002, S.8ff.

Designmanagement�Kompetenz

Kernkompetenz

Designmanagement Koordinationsfähigkeit durch CORPORATE IDENTITY und PROJEKTMANAGEMENT

Design Marke

Produkt Technik

Marketing WISSENSSPEKTRUM Ressource Geisteswissenschaft

Humanwissenschaft

Naturwissenschaft

Abb. 05 Design als Wissensspektrum (eigene Darstellung)

5.3. Kommunizierte Qualität Klein- und Mittelbetriebe investieren hohe Aufwendungen in Produkttechnik. Dabei wird das Potential des Designs als Kommunikator der Produktqualität unterschätzt. Design kann bewirken, dass die inneren, schwer ersichtlichen Qualitäten eines Produktes nach außen erfahrbar gemacht werden. 63 Produktdesign fungiert daher als Qualitätsmerkmal und erzeugt durch die sensorische Funktion (ästhetische Dimension des Produktdesigns) 64 eine spezifische Aufmerksamkeit. 5.4. Schnittstelle zu Forschung und Entwicklung Der wirtschaftliche Nutzen von Konsum- und Industriegütern wird wesentlich von der professionellen Gestaltung beeinflusst. Die Schnittstelle zur Technologie stellt somit die Basis dar. Hohe Standards bei der Verarbeitung gewähren zudem eine überdurchschnittliche Lebensdauer, wodurch Folgekosten gespart werden. Weiters kann Design Arbeitsprozesse verbessern und optimieren, so z.B. durch verbesserte Benutzerschnittstellen (Usability). 65

5.5. Schnittstelle zur Marke Der Kunde möchte beim Kauf von Konsumgütern auf eine gleichbleibende sowie einheitliche Qualität eines Produktes zurückgreifen können. Besitzt das Produkt Attribute mit hohem Wiedererkennungswert, so erspart sich der Kunde einen zeitaufwendigen Produktvergleich. Eine Marke ist also im Zugzwang, dem Versprechen eines bestimmten Preis-Leistungs-Verhältnisses nachzukommen. Gelingt es einer Marke, ein positives Image aufzubauen, so kann sich das Produkt im unüberschaubaren Angebot langfristig halten. 66

53


5. AKTUELLE ÖKONOMISCHE AUFGABEN VON DESIGN 67

Vgl. Benkenstein, 2002, S.749.

5.6. Schnittstelle zum Produktmanagement Laut Haedrich/Tomczak setzt sich das Produktmanagement mit folgenden wichtigen Entscheidungstatbeständen auseinander: 67 • Entwicklung und Einführung neuer Produkte (Produktinnovation) • Pflege der auf dem Markt eingeführten Produkte (Produktvariation) • Eliminierung von Produkten, die negativ auf die Erreichung psychographischer oder ökonomischer Unternehmens- und Marketingziele wirken (Produkteliminierung) Durch das übergreifende Tätigkeitsfeld des Produktmanagements und die Interaktion zwischen den spezifischen Funktionseinheiten des Unternehmens ergeben sich an vielen Stellen fachliche Überschneidungen, welche einzelne Bereiche miteinander verknüpfen.

54


DESIGNMANAGEMENT 68

Vgl. Bürdek, 2005, S.358.

72

Vgl. dmi, 1998, S.1ff.

69

Vgl. Bürdek, 2003, S.50ff.

73

Vgl. Rizal, 2004, S.256f.

70

Vgl. Phillips, 2004, S.181; Bürdek, 2005, S.359.

74

designaustria/Geger/Schreckensberger, 2014, S.8.

71

Vgl. Bürdek, 2005, S.359f.

6. INTEGRIERTES DESIGNMANAGEMENT ALS NEUE WISSENSCHAFT 6.1. Exkurs – Historischer Hintergrund des Designmanagements Mit Anfang der sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts entwickelte sich, insbesonders im angelsächsischen Sprachraum, eine erste wirkliche Designmethodologie. Ab diesem Zeitpunkt kann man von Designmanagement als einer eigenen Wissenschaft sprechen. Diese neue Disziplin sollte die gestalterische Tätigkeit im Kontext mit unternehmerischem Handeln nutzbar machen. Der britische DesignmanagementExperte Farr analysierte in seiner Veröffentlichung „Designmanagement“ (London, 1966) die ersten Corporate-Design-Aktivitäten der zwanziger und dreißiger Jahre seitens der Unternehmen AEG (Behrens) und Olivetti, in denen er eine direkte ökonomische Denkhaltung erkannte. 68 Zur selben Zeit versuchte man sich in Deutschland, an der Hochschule für Gestaltung (HfG) in Ulm, den Problemen der Welt rational und methodisch zu nähern. Die dort entwickelte Methodologie des Designs wurde quasi als Metatheorie der Designlehre verstanden. Aus den methodologischen Arbeiten der HfG Ulm wurde in Folge auch die Lehre der Design-Semiotik (symbolische Dimension) abgeleitet. 69 Mitte der siebziger Jahre wurde das Design Management Insitute (dmi) in Boston gegründet. dmi setzte sich das Ziel, Unternehmen den Nutzen von Designmanagement in Form von Case-Studies näher zu bringen. Hierbei machte man sich praxisbezogene Fallbeispiele zum Vorbild, welche in dieser Zeit in amerikanischen Business Schools zur besseren Veranschaulichung zur Anwendung kamen. 70 In den späten achtziger Jahren wurde dem Designmanagement wieder vermehrt Interesse zugewendet. Betriebswirtschaftler erkannten, dass von Design mehr als nur schöne Formen und ästhetische Wirkung ausgehen. Vielmehr lag das Augenmerk nun auf der Nutzbarmachung, dem bewussten Steuern und Lenken von Design und den daraus resultierenden ökonomischen Auswirkungen. Eine Reihe von Publikationen trug dazu bei, dass sich Design endgültig vom kunsthandwerklichen Erbe löste und in eine neue Entwicklungsstufe begab.

Autoren wie Kicherer (1987), Spies (1993), Rummel (1995), Buck/Vogt (1996), Meier-Kortwig (1997), Kern/Kern (2005), Sommerlatte (2009) und Best (2006, 2010, 2015) widmeten sich der Aufgabe, Designmanagement nicht nur als eigenständige Wissenschaft zu betrachten, sondern diese vielmehr als Kompetenzbündel zwischen gestalterischen und ökonomischen Interessen darzustellen. 71 1998 versuchte das dmi erstmals, die verschiedenen Betrachtungen des Designmanagements aus unterschiedlichen Blickwinkeln zusammenzutragen. Nachfolgend einige interessante Textpassagen: 72 „Design management could be described as visual perception management. (…) it ensures that the organization’s visual language is consistent.” „Design management is a holistic, long-term activity, encompassing all levels of corporate functions.” „(…) design management has become asset management. Effective asset management reduces costs and builds value.” Aus dem dmi-Paper „18 Views on the Definiton of Design Management“ ist zu erkennen, dass sich eine allgemein gültige Definition nur schwer auf die verschiedenen Branchen oder Industriezweige mit ihren ungleichen Anforderungen übertragen lässt. Trotzdem gelingt es dem dmi aus den unzähligen Versuchen, Designmanagement zu definieren, folgende gemeinsame Tendenz zu formulieren: „(…) design management as initiating and ensuring the brand strategy to be consistently implemented in the design of all media used to provide an emotional connection through the product to the customer and the personal.“ 73 Greger/Schreckensberger (2014) verfassen im Zuge einer designaustria-Publikation folgende Definiton: „Designmanagement stellt sicher, dass jede Kommunikation bewusst stattfinden und die Strategie der Organisation erkennbar macht. Mit »bewusst stattfinden« meinen wir, dass jeder Kommunikationskanal, also jeder Berührungspunkt (Touchpoint) zwischen Nutzer und Organisation kompetent gestaltet wurde.“ 74

55


6. INTEGRIERTES DESIGNMANAGEMENT ALS NEUE WISSENSCHAFT 75

Vgl. Bürdek, 2005, S.225f.

76

Vgl. Bürdek, 2003, S.50ff.

77

Vgl. Bürdek, 2005, S.256; Bürdek, 2003, S.55f.

78

Vgl. Bürdek, 2005, S.226f.

79

Vgl. Bürdek, 2003, S.55f; Bürdek, 2005, S.226f./361ff.

6.2. Methodologie und Methoden des Designmanagements Design ist Ergebnis eines kreativen Entstehungsprozesses. Objektgestaltung unterliegt aber nicht nur den Einflüssen aus gestalterischer Sicht, sondern vielmehr einem Einflussspektrum sozioökonomischer Entwicklungen, produktionstechnischer, ergonomischer und ökologischer Anforderungen sowie politischer und wirtschaftlicher Aspekte. Design kann also nicht nur als reine Gestaltungsarbeit angesehen werden, sondern vielmehr als eine Beschreibung der Bedingungen, unter denen der jeweilige Entwurf entstanden ist. 75 Designmethodologie befasst sich mit der Systematisierung und Optimierung von Methoden, Prozessen, Regeln und Kriterien, mit denen der Designprozess gezielt untersucht, bewertet aber auch verbessert werden soll. Durch die Methodologie des Designs, also die Wissenschaft von den Methoden, wurde die Disziplin erst wirklich lehrbar. Aufgrund der intensiven Forschungstätigkeit an der Hochschule für Gestaltung (HfG) Ulm im Bereich der wissenschaftlichen Methoden und Betrachtungen des Entwurf- und Designprozesses konnten wegweisende Weiterentwicklungen stattfinden. Der Student Bürdek schrieb 1971 in seiner Diplomarbeit „Design-Theorie. Methodische und systematische Verfahren im Industrial Design“ eine grundlegende Arbeit, welche zu einem Standardwerk in diesem Bereich avancierte. 76 Design befasst sich nach Bürdek aus methodischer Sicht eher mit der Sinnfrage, nämlich welche Produkte man überhaupt gestaltet – weniger damit, wie man sie gestaltet. Diese Sichtweise war aber nicht immer vorherrschend. Bis Ende der siebziger Jahre verfolgte man eine deduktive Methodik, d.h. der Designprozess wurde von einer allgemeinen Problemstellung in einen spezifischen Lösungsansatz hineingearbeitet (von außen nach innen). Das ursprüngliche Modell „Sender-Nachricht-Empfänger“ wurde deutlich hinterfragt. Mit den Anfängen der achtziger Jahre wurde zunehmend eine induktive Vorgehensweise bevorzugt. Das bedeutet, dass der Kern jeder Überlegung die Frage nach dem Benutzer war: Welche Zielgruppe möchte ich mit dem Produkt überhaupt ansprechen (von innen nach außen)? 77

56

Laut Bürdek kann die Methodik in zwei große Bereiche unterteilt werden, in die Methoden des physischen Handelns und die Methoden des geistigen Handelns: • In Anlehnung an diese Einteilung kann man erkennen, dass die Designmethodologie aus traditioneller Sicht grundsätzlich aus „Methoden des physischen Handelns“ besteht, was in der Literatur bereits ausreichend behandelt wurde.78 • Diskussionen um semiotische und hermeneutische Herangehensweisen verhalfen den „Methoden des geistigen Handelns“ in den neunziger Jahren zu neuem Aufschwung. Im Zuge dieser Entwicklung wurde den geisteswissenschaftlichen Aspekten des Designs verstärkt eine bedeutende Rolle zugeschrieben. Insbesondere in Form der neuen Wissenschaft des Designmanagements wurde der strategische Charakter von Design behandelt. Es war feststellbar, dass sich in Folge auch die Methodik zu empirischen Ansätzen ausrichteten. So wurden Instrumente wie Lebensstilforschung, Produktklinik, Usability etc. fixe Bestandteile des Handwerks. Man konzentrierte sich merkbar auf die kommunikative Funktion von Produkten und weniger auf betriebswirtschaftliche Aspekte. 79 6.3. Disziplinen des Designmanagements Unter dem Oberbegriff Design können verschiedene Disziplinen subsumiert werden. Je nach Betrachter sowie dessen beruflichem Hintergrund können diese unterschiedlich hergeleitet und aufgesplittet werden. Im Nachfolgenden werden je nach Berufsgruppe unterschiedliche Betrachtungen und deren Unterteilung veranschaulicht.


DESIGNMANAGEMENT Vgl. Heufler, 2004, S.14f.

83

Vgl. Arthur D. Little International, 1990, S.20f.

Aus der Sicht eines Industriedesigners: Heufler, Industriedesigner und Gründer des Studienganges Industrial Design an der FH Joanneum Graz, unterteilt den Begriff Design in fünf Teilgebiete und verwendet bewusst die international gebräuchlichen englischen Begriffe Product Design, Transportation Design, Fashion Design, Environment Design und Communication Design. 80 Heufler betrachtet diese Unterteilung gleichermaßen als mögliche Tätigkeitsfelder und schreibt folglich: „Somit ist Design eine Tätigkeit, die ein breites Spektrum an Berufen umfasst, die Produkte, Dienstleistungen, Grafiken, Innenausstattung und Architektur betreffen. Gemeinsam – mit anderen verwandten Berufen – sollen all diese Tätigkeiten die Lebensqualität erhöhen.“ 81

Aus der Sicht eines Designmanagers: Arthur D. Little International, eine führende Unternehmensberatung, betrachtet Design als Dimension der Unternehmensführung und unterteilt in Product Design (Industrial Design), Communication Design und Environment Design. Arthur D. Little International führt in diesem Zusammenhang die koordinierenden Aufgabe des Designmanagements an. Aus Sicht eines Designmanagers kann folgende Darstellung festgehalten werden: Eine Kohärenz zwischen den Teilgebiete hat primären Einfluss auf die Ausdruckskraft des resultierenden Corporate Designs. Durch eine einheitliche, widerspruchsfreie Botschaft dieser Bestandteile kann ein stimmiges Bild des Unternehmens und seiner Produkte erzielt werden. 83

Aus der Sicht eines Betriebswirtes: Koppelmann, Betriebswirtschaftsprofessor und Autor von Publikationen zum Produkt- und Beschaffungsmanagement zählt hingegen Product Design, Graphic Design, Corporate Design und Public Design zu den Teilgebieten des Designs. 82 Hierbei unterteilt er nach Kriterien eines Betriebswirtes abhängig von Produkten und Wertschaffung, die ein Unternehmen vermarkten kann.

Abb. 06 Design-Teilgebiete aus Sicht eines Industriedesigners (adaptiert nach Heufler, 2004, S.15)

nach Heufler

Design Sicht eines Industriedesigners

Motorraddesign, u.ä.

Transportation Design

Autodesign, Aviationdesign, Yachtdesign, Exterieur, Interieur

Investitionsgüter Werkzeuge, Maschinen, Geräte

Konsumgüter Sport, Freizeit, Unterhaltung

Product Design

Fashion Design

Environment Design

Communication Design Informationdesign, Mediendesign, Graphic Design, Corporate Design, Packaging Design, Interface Design, Webdesign, u.ä.

Vgl. Koppelmann, 2001, S.450.

Interior Design, Möbeldesign, Messestand, Ausstellungsdesign, Shop Design, u.ä.

Heufler, 2004, S.16.

82

Schmuckdesign, Textildesign, u.ä.

81

Modedesign Bekleidung, Schuhe

80

57


6. INTEGRIERTES DESIGNMANAGEMENT ALS NEUE WISSENSCHAFT

Abb. 07 Design-Teilgebiete aus Sicht eines Betriebswirtes (adaptiert nach Koppelmann, 2001, S.450)

nach Koppelmann

Design

Corporate� Design

Public� Design

Straßenbahnschalter, Bahnhofperrons, Sitzzonen

Architektur, Messestand, Briefpapier

Zweidimensionale Gestaltung

Verpackungsgestaltung, Surface�Design, Interface�Design

Grafik� Design

Industrial Design, Schmuckdesign, Modedesign

Dreidimensionale Gestaltung

Produkt� Design

Unternehmens�Identität

Sicht eines Betriebswirtes

Abb. 08 Design-Teilgebiete aus der Sicht eines Designmanagers (Eigene Darstellung nach Arthur D. Little International)

nach A. D. Little International

Design

Sicht eines Designmanagers

Product Design

Communication Design

ergibt einen Grundbaustein für CORPORATE�IDENTITY

58

Environment Design


DESIGNMANAGEMENT 84

Vgl. Meffert, 1998, S.685f.

85

Greger, 2012, S.20.

86

Paulmann, 2005, S.67.

87

Vgl. Bayern Design GmbH, 2006, S.29.

7. KOORDINATIONSFÄHIGKEIT DURCH CORPORATE IDENTITY

Paulmann schreibt in seinem Standardwerk zur Corporate Identity: „Corporate Identity definiert die Identitätsmerkmale eines Unternehmens, koordiniert und integriert die unterschiedlichen Verhaltensweisen und Kommunikationsformen so, dass daraus eine kongruentes Handlungskonzept entsteht. Ziel ist es, sich von den Wettbewerbern abzuheben und durch ein positives Image Wettbewerbsvorteile zu erringen.“ 86

Um ein vertieftes methodisches Verständnis von Design (Designmethodologie) zu vermitteln, wird nachfolgend verstärkt auf den sehr komplexen theoretischen Teil des Designs eingegangen. Besonderes Hauptaugenmerk wird auf das Produktdesign und die damit verbundenen Designdimensionen gelegt. Zuvor ist es jedoch wichtig, den Überbegriff Corporate Identity zu erläutern.

Corporate Identity kann somit als eine Klammer der inneren und äußeren Erscheinung eines Unternehmens betrachtet werden. Interne Merkmale werden richtig gebündelt und nach außen schlüssig kommuniziert. Tischer, der Kurator der bayern design GmbH, unterteilt die Leitlinien der Corporate Identity in drei Umsetzungsteilbereiche: 87 • Corporate Behaviour (Führungs- und allgemeines Unternehmensverhalten) • Corporate Communication (Kommunikation) • Corporate Design (sichtbare und fühlbare Formen, höchste Wichtigkeit bei der Umsetzung der Unternehmenswerte)

Corporate Identity hat die Aufgabe, alle Kommunikationsziele und -aktivitäten eines Unternehmens zu steuern und dadurch die gesamte Unternehmensdarstellung sowie das daraus resultierende Unternehmensimage nachhaltig zu prägen. 84 Corporate Identity ist also Grundlage einer individuellen Identität und schafft Differenzierbarkeit zu Konkurrenzunternehmen. Eine abgestimmte Corporate-Identity-Konzeption erhöht die Wiedererkennbarkeit des Unternehmens. „(…) nur so können synergetische Effekte erwirkt werden, die das Unternehmen in der Öffentlichkeit stärken und die Marktposition sichern helfen (…)“. 85

Abb. 09 Bestandteile der Corporate Identity sowie deren imagebildende Funktion (adaptiert nach Paulmann, 2005, S.70; Abdullah/Hübner, 2002, S.14)

CORPORATE IDENTITY (> IMAGE)

CORPORATE DESIGN Product Design, Communication Design, Environment Design

CORPORATE BEHAVIOUR Corporate Culture

CORPORATE COMMUNICATION

59


7. KOORDINATIONSFÄHIGKEIT DURCH CORPORATE DESIGN 88

Vgl. Abdullah/Hübner, 2002, S.86.

89

Vgl. Abdullah/Hübner, 2002, S.84.

90

Peters in Design Report, 2006, S.50.

91

Vgl. Abdullah/Hübner, 2002, S.85.

92

Vgl. Abdullah/Hübner, 2002, S.80.

93

Vgl. Lungkofler, 1993, S.58; Spies, 1993, S.110f.

97

Vgl. Bürdek, 2005, S.15.

98

94

Vgl. Bayrisches Staatsm.: 2005, S.31.

Vgl. Heufler, 2004, S.14.

99

95

Vgl. Bayrisches Staatsm.: 2005, S.30.

Vgl. Koppelmann, 2001, S.450f.

100

96

Vgl. Arthur D. Little International, 1990, S.18.

http://www.idsa.org [Stand: 01.08.2015].

7.1. Corporate Behaviour – Das Verhalten Unternehmen avancieren zu einem wichtigen Teilbereich unserer Gesellschaft; mittels durch Werbung, Plakate etc. verkündete Botschaften prägen sie bedeutend das gesellschaftliche Verhalten. 88 Corporate Behaviour gibt somit Auskunft über die Art und Weise, wie sich Unternehmen zu ihren externen Partnern, Lieferanten, Kunden und der Öffentlichkeit sowie intern zu ihren Mitarbeitern (Corporate Culture) verhalten. 89 „(…) Design ist nicht lediglich verkaufsförderndes Instrument, sondern auch eine kulturelle Haltung (…)“, so Peters, ehemaliger Geschäftsführer der Messe Frankfurt. 90 Durch verstärkte Identitätsbildung nach innen kann ein sogenanntes Design-Klima im Unternehmen geschaffen werden. Dies bewirkt eine positive Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen und den hergestellten Produkten, was zu überdurchschnittlicher Leistung und Engagement führen kann. Maßgeblichen Einfluss hierbei tragen vor allem Führungsstil, Unternehmenshierarchie, Beförderungskriterien, Gehaltspolitik und Weiterbildungsangeboten für Arbeitnehmer. 91 7.2. Corporate Communication – Die Botschaft Die Unternehmenskommunikation hat die Aufgabe, alle Botschaften aller Ebenen eines Unternehmens zu harmonisieren und zu einer ganzheitlichen Kommunikation zu vereinen. Hierbei steuern Marketing und PR sowohl interne als auch externe Auskünfte und leisten so einen grundlegenden Beitrag zur Bildung einer schlüssigen Unternehmensidentität. 92 Ein Designmanager muss sich daher Wissen über alle ProduktdesignDimensionen und deren Wirkungsweisen aneignen sowie dieses Paket innerhalb des Unternehmens (gegenüber Mitarbeitern) und außerhalb des Unternehmens (gegenüber der Umwelt) mittels einer konsisten Corporate Communication präzise kommunizieren. 93 7.3. Corporate Design – die Visualität Corporate Design ist ein Gestaltungssystem, welches das gesamte visuelle Erscheinungsbild eines Unternehmens umfasst. Idealerweise erstreckt sich dieses vom Communication Design (Gestaltung von Printmedien sowie elektronischen Medien)

60

über das architektonische Erscheinungsbild des Firmengebäudes, Messestands, Schauraums etc., also das sogenannte Environment Design, bis hin zum eigentlichen Product Design (dreidimensionale Gestaltung von Produkten). 94 7.3.1. Communication Design Communication Design stattet sämtliche Medien mit einer Botschaft aus, dadurch wird die Anmutung der Kommunikation vereinheitlicht. Hierzu zählen: Plakate, Broschüren, Anzeigen, Verpackung, Leitsysteme sowie die Gestaltung virtueller Medien wie Interface Design zur Bedienung von Produkten, Homepages etc. 95 7.3.2. Environment Design Zu den Instrumenten des Environment Designs zählen alle Gestaltungselemente, die das Erscheinungsbild sowie die Arbeitsbedingungen in einem Unternehmen betreffen, d.h. all jene Objekte, die ein Unternehmen zur Erfüllung seiner Aufgaben benötigt und einsetzt. Dazu zählen Firmengebäude und deren Inneneinrichtung, Produktionsanlagen, Messestände, Schauräume, der Fuhrpark usw. 96 7.3.3. Product Design Der häufig verwendete Begriff Industrial Design wurde 1948 erstmals nachweislich von Stam verwendet. 97 Von Heufler wird er als Sammelbegriff für all jene Disziplinen gesehen, die in enger Verbindung mit industriellen Fertigungstechniken stehen. 98 Koppelmann setzt die Begriffe Produktdesign und Industriedesign gleich und versteht darunter die dreidimensionale Gestaltung von Produkten. 99 Laut IDSA (Industrial Design Society of America) wird Industrial Design wie folgt definiert: „Industrial Design (ID) is the professional service of creating products and systems that optimize function, value and appearance for the mutual benefit of both user and manufacturer.” 100 Auf Basis letzterer Definition wird der Begriff Product Design (dt. Produktdesign) im Folgenden als terminologische Vereinigung der Begriffe Industrial Design, Industriedesign etc. verwendet.


DESIGNMANAGEMENT 101

Vgl. Koppelmann, 2001, S.450.

103

Vgl. Koppelmann, 2001, S.450.

102

Vgl. Bürdek, 2005, S.233; Heufler, 2004, S.24; Koppelmann, 2001, S.450; Spies, 1993, S.24; Lungkofler, 1993, S.52. sowie Kohler, 2003, S.73.

104

Vgl. Heufler, 2012, S.27.

105

Vgl. Lungkofler, 1993, S.54 S.110f.

werden. Eine unternehmenstypische Produktsprache (Design-DNA) kann so mittels Koordinaten genau im dreidimensinalen Raum festgelegt werden.

Von der Unternehmensführung (im besten Fall gemeinsam mit einem Designmanager) wird ein spezifisches Product Design als archetypisches Unternehmensdesign langfristig definiert. Produkte eines Unternehmens erhalten somit eine einheitliche Anmutung und können somit leichter von Konkurrenzprodukten differenziert werden. Diese einheitliche Erscheinung wird auch gerne als Design-DNA bezeichnet. Die Design-DNA enthält Informationen (Erbinformation) zur Ausformung von Produkten samt ihren einzelnen spezifischen Wiedererkennungsmerkmalen, Details und Ausprägungen. Die Anwendung und Übertragung auf bestehende und neue Produkte, also das stategische Produktdesign, gewährleistet die Konformität sämtlicher Produkte des Unternehmens.

Praktische Dimension: In der praktischen Dimension des Produktdesigns steht die gegenständliche Optimierung des Produktes und dessen Interaktion zu Mensch bzw. Umwelt im Vordergrund. Die praktische Dimension gibt also Auskunft über die Gebrauchstauglichkeit und somit die Fähigkeit zur Nutzenerfüllung eines Produktes. 103 Als mögliche Ansatzpunkte dieser Dimension werden von Heufler Anschaffung, Transport, Lagerung, Nutzung und Entsorgung genannt; diese können als Abschnitte des Produktlebenszyklus verstanden werden. 104 Lungkofler hingegen versucht die praktische Dimension durch Eigenschaften auszudrücken: Brauchbarkeit (Zweckerfüllung), Beherrschbarkeit (Handhabung), Gesundheit (Ergonomie und Komfort), Haltbarkeit (Pflege und Instandsetzung), ökologischer Aspekt (Wiederverwertbarkeit) etc. 105

Das Produktdesign beschränkt sich jedoch nicht nur auf das Erscheinungsbild, sondern umfasst drei Dimensionen (praktisch, sematisch und ästhetisch), die maßgeblich Gestaltungsparameter und deren Ausdruckskraft beeinflussen. 101 Die Verschmelzung der drei Dimensionen des Produktdesigns werden im Voksmund als Produktsprache bezeichnet. 102 Zur besseren Veranschaulichung können die praktischen, semantischen und ästhetischen Dimensionen des Produktdesigns auch mit den drei Raumachsen (räumliche Dimensionen) verglichen

Abb. 10 Die Dimensionen des Produktdesigns und ihre Funktionen (adaptiert nach Koppelmann, 2001, S.451; Heufler, 2012, S.35; Kohler, 2003, S.74)

Produktsprache/„Semiotik”

Syntaktik

sinnlich erfahrbar Ästhetische Dimension

Formal� ästhetische Funktion

Produktdesign

Praktische Dimension

Anzeichen� Funktion

Semantische Dimension

körperlich erfahrbar

Pragmatik

Symbolische Funktion gesellschaftlich erfahrbar

Semantik

Semantik

61


7. KOORDINATIONSFÄHIGKEIT DURCH CORPORATE DESIGN 106

Vgl. Koppelmann, 2001, S.451.

107

Vgl. Spies, 1993, S.24f.

110

108

Vgl. Lungkofler, 1993, S.58.

111

Vgl. Bayrisches Staatsm.: 2005, S.31.

109

Vgl. Heufler, 2012, S.33; Kohler, 2003, S.73.

112

Vgl. Kohler, 2003, S.73f; Heufler, 2004, S.33.

113

Kohler, 2003, S.75.

Vgl. Bürdek, 2005, S.297f; Kohler, 2003, S.73;

114

Heufler, 2012, S.33.

Semantische Dimension: Die semantische Dimension nimmt wesentlichen Einfluss auf die Ausdruckskraft des Produktes und stellt somit eine Wechselbeziehung zwischen Benutzer und Umwelt her: 106 Sie gibt einerseits Auskunft über den Benutzer und verhilft ihm andererseits, sich in seiner sozialen Umwelt darzustellen und von anderen Personen abzuheben. 107 Die Produktsprache greift auf die Theorien der Semiotik zurück, wobei diese Wissenschaft jegliche Arten von Zeichenprozessen (Kommunikation und Informationsaustausch) zwischen dem Menschen und seiner Umwelt betrachtet. Wahrgenommene Affekte jeglicher Art werden vom Menschen mit gespeicherten Informationen (also Erinnerungen) verglichen, wodurch beim jeweiligen

Empfänger eine individuelle Botschaft entsteht. Hierbei sind Formalästhetik, Anzeichenfunktion und Symbolfunktion wesentliche Kriterien, an die das menschliche Gedächtnis anknüpft, um Assoziationen bzw. Bedeutungen zu generieren. 108 Semiotik wird in die drei Teildisziplinen Syntaktik, Semantik und Pragmatik unterteilt: 109

Abb. 11 Produktdesign und dessen Humanbezug (adaptiert nach Koppelmann, 2001, S. 451)

Unter Syntaktik werden die formalen Beziehungen der Zeichen untereinander sowie ihre Organisation in Zeichensystemen verstanden. Hier kommt die formalästhetische Funktion eines Produktes (ein Unterbereich der ästhetischen Dimension) zum Ausdruck, die hauptsächlich durch die Gestaltungselemente Form, Farbe, Material und Oberfläche sowie den vollständigen Produktgestaltungsaufbau beeinflusst wird. 110

Unter Semantik versteht man die inhaltliche Bedeutung von Zeichen, d.h. es wird die Konstellation zwischen Zeichen bzw. Zeichenträger und Objekt analysiert. Das Wort

Benutzer

Humanbezug Rationale Funktion

Sensorische Funktion

Emotionale Funktion

Ästhetische Dimension Z

Produktdesign

X

Praktische Dimension

62

Vgl. Bürdek, 2005, S.322f; Kohler, 2003, S.75; Heufler, 2004, S.35.

Y

Semantische Dimension


FIND MORE ABOUT THE BOOK 115

Vgl. Bürdek, 2005, S.312f; Kohler, 2003, S.74.

119

Vgl. Kohler, 2003, S.69.

116

Papanek, 1992, S.22.

120

Lungkofler, 1993, S.57.

117

Vgl. Heufler, 2012, S.37.

121

Vgl. Koppelmann, 2001, S.452ff.

118

Vgl. Koppelmann, 2001, S.451f; Spies, 1993, S.25.

122

Vgl. Koppelmann, 2001, S.451.

Semantik ist mit dem Begriff Bedeutungsgehalt gleichzusetzen. 111 Die Semantik umfasst die beiden Bereiche der Symbolfunktion und die der Anzeichenfunktion. 112

Die Symbolfunktion stellt nach Gros ein grundlegendes Kommunikationselement in der Semiotik dar, welches „(…) über technische und praktische Funktionen hinaus auch auf kulturelle und soziale Bezüge [verweist]“. 113 Der Benutzer verwendet das Produkt als Kommunikationsmittel seiner individuellen Ausdruckskraft und reflektiert so seine sozialen und kulturellen Bezüge. Hierzu können typische Symbolfunktionen wie z.B. Status, Luxus, Freiheit etc. genannt werden. 114 Die Anzeichenfunktion stellt einen Zwischenschritt zur Pragmatik dar, da sie sich wiederum auf die praktische Dimension eines Produktes bezieht und die Aufgabe hat, Handhabung, technische Möglichkeiten etc. zu visualisieren.

Unter Pragmatik wird eine der wesentlichsten Verknüpfung zum Produktdesign verstanden, wobei die sichere und ergonomische Bedienbarkeit des Produktes durch den Benutzer im Vordergrund stehen. 115

Ästhetische Dimension: Der ästhetischen Dimension kommt in ihrer gesamten Komplexität eine erhebliche Rolle in der Produktgestaltung zu. Papanek versucht, die Wichtigkeit der Ästhetik für Design zu beschreiben: „(…) aesthetics is a tool, one of the most important ones in the repertory of the designer, a tool that helps in shaping his forms and colors into entities that move us, please us, and are beautiful, exciting, filled with delight, meaningful.“ 116

Die Ästhetik als Wissenschaft beschäftigt sich mit der sinnlich wahrnehmbaren Erscheinung und deren Wahrnehmung durch den Menschen. Ins Zentrum der Ästhetik rückt, insbesondere im Produktdesign, die Gestalt und deren Elemente. 117 Die Bewertung der Ästhetik eines Gegenstandes lässt laut Koppelmann einen großen Spielraum zu, da diese vom individuellen, subjektiven Geschmacksempfinden abhängt. 118

DESIGNMANAGEMENT 123

Vgl. Spies, 1993, S.111; Heufler, 2004, S.68; Paulmann, 2005, S.13.

Gerade Markt- und Verhaltensforschung geben Aufschluss über der Bewertung von ästhetischem Empfinden und der damit verbundenen zielgerichteten Bedeutungsvermittlung durch Produktdesign. So werden oft Kriterien wie Ordnung, Symmetrie, Proportion und Harmonie mit Ästhetik assoziiert. 119 „Sowohl bei der Gestaltung eines Produktes als auch beim Entwurf einer abgestimmten Corporate Identity wird Ästhetik immer zur Disposition stehen müssen, um Ziele überhaupt realisieren zu können“, so Lungkofler. 120 Das Produktdesign wird somit maßgeblich von den drei Dimensionen beeinflusst, wobei Koppelmann die Verortung eines spezifischen Produktdesigns im dreidimensionalen Raum vornimmt und dies zur Designprägnanz überführt. 121 Die praktische und die semantische Dimension sind durch rationale und emotionale Größen determiniert und somit zweidimensional positionierbar. 122 Der Humanbezug der ästhetischen Dimension hingegen lässt sich nur sehr schwer feststellen, da dieser Faktor grundlegend durch den psychologischen Aspekt der sinnlichen Wahrnehmung bewertet wird und dadurch unterschiedliche Interpretationen zulässt (siehe Abb. 11). 7.4. Corporate Image – Das Bild im Kopf Die Identitätsbildung nach außen stellt nun den Übergang von der unternehmensorientierten zur marktorientierten Nutzenstiftung (Kundennutzen) dar. Das Corporate Image ist das geistige innere Bild einer Unternehmung im Kopf des Konsumenten (Siehe Abb. 09). Es wird aus allen nach außen reflektierten Erscheinungen (Corporate Design), verkündeten Botschaften (Corporate Communication) sowie internen und externen Verhaltensweisen (Corporate Behaviour) eines Unternehmens zusammengesetzt. 123

designmanagement.at 63


8. AUFBAU VON INTERNEN DESIGNFÄHIGKEITEN 124

Vgl. Kern, 2005, S.102.

125

Vgl. Esslinger, 2009, S.29/86ff.

126

Vgl. Spies, 1993, S.61.

127

Vgl. Spies, 1993, S.47ff/65.

128

Vgl. Borja de Mozota, 2004, S.213.

8. AUFBAU VON INTERNEN DESIGNFÄHIGKEITEN Der interdisziplinäre Informations- und Wissensaustausch zwischen den einzelnen Abteilungen und dessen Aufgabenbereichen wird zunehmend komplexer und schwieriger zu koordinieren. Die Anzahl der Faktoren, die den Designprozess beeinflussen, steigt, wodurch es immer wichtiger wird diese richtig zu kommunizieren und verständlich aufzubereiten. Kern hat hierzu treffend formuliert: „Mit seiner Kernkompetenz im Prozess wirkt der Kreative daran mit, das angestrebte Ergebnis (Strategie) zu erreichen und definiert den Weg dorthin (Methodik).“ 124 Diese Aussage lässt annehmen, dass ein ausgeprägtes Designmanagement und somit der strategische Designer als Schnittstelle zwischen den einzelnen Funktionseinheiten des Unternehmens fungiert und diese auf die Unternehmensstrategie abstimmt. Die Aufgabe des Designmanagements liegt also nicht nur in der Optimierung der einzelnen Phasen des Designprozesses und des gesamtem Zusammenspiels; es geht vielmehr darum, Produktdesign sowie die weiteren Disziplinen des Designmanagements als marktorientierte Steuerungsgröße zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit nutzbar zu machen. 125

8.1. Gliederung der Designmanagement-Funktionen Als relativ junge Wissenschaft erfährt das Designmanagement in den letzten Jahrzehnten eine rege Weiterentwicklung. Dementsprechend vielfältig sind auch die Betrachtungen bezüglich möglicher Teilbereiche. Spies (1993) beschreibt etwa eine duale Gliederung des Designmanagements und unterteilt in strategisches und operatives Designmanagement. Er orientiert sich hierbei an einer planenden zielorientierten und einer durchführenden wertschaffenden Unternehmsfunktion. 126 Zudem versucht er, die Aufgabenbereiche der beiden Funktionen nach dem Vorbild der Managementfunktionen 127 (Planung, Organisation, Personaleinsatz, Führung, Kontrolle) zu unterteilen. Borja de Mozota (2003) hingegen entwickelt eine dreiteilige Gliederung in operatives, funktionelles und strategisches Designmanagement. Diese Kategorisierung versucht durch Einführung des funktionellen Aspekts allfällige Lücken zwischen dem strategischen und dem operativen Designmanagement zu schließen. Weiters versucht Borja de Mozota, das Feld durch eine operationale Designmanagement-Checkliste anhand von Aufgabenbereichen (Strategie, Planung, Struktur, Finanzierung, Mensch, Information, Kommunikation und Forschung & Entwicklung) weiter zu untergliedern (siehe Abb. 13). 128

Abb. 12 Stufen der DesignmanagementImplementierung von außen nach innen (adaptiert nach Best, 2006, S.17; Borja de Mozota, 2004, S.257)

Non�Design Operational

Design at the level of operations, tangibles and touch

Functional

Design at the level of tactics, system and process

Strategic

64

Design at the level of strategy, policy and mission


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Arthur D. Little International, 1990, S.31.

130

Vgl. Borja de Mozota, 2004, S.186ff.

131

Vgl. Borja de Mozota, 2004, S.214ff.

132

Vgl. Borja de Mozota, 2004, S.238ff.

133

DESIGNMANAGEMENT

Vgl. Arthur D. Little International, 1990, S.32.

Zudem dreht sie die Reihenfolge der Designmanagement-Funktionen um und begründet dies durch einen Evolutionsprozess des Designs und seiner Integration in die Unternehmung. Unternehmen müssen ihrer Meinung nach zuerst Fähigkeiten des operativen Designmanagements erlangen, um weitere Fähigkeiten im funktionellen und strategischen Designmanagement aufbauen zu können.

Arthur D. Little International schreibt: „Die Aufgabe des operativen Design-Managements besteht darin, die Design-Kompetenz im Unternehmen zu organisieren, einen reibungslosen Ablauf des Designprozesses zu gewährleisten und die Ressourcen-Nutzung so effizient wie möglich zu gestalten.“ 129 Man beachte hierbei, dass die duale Gliederung des Designmanagements (nach Spies) die Designprozessfunktion noch dem operativen Designmanagement zugeschreibt, Borja de Mozota hingegen dies als eigenständigen Bereich, jenen des funktionellen Designmanagements, definiert.

Im Folgenden bedient sich der Autor der dreiteiligen Gliederung von Designmanagement nach Borja de Mozota als Grundlage für weitere Betrachtungen und abgeleitete Theorien sowie dessen schrittweise Implementierung in das Unternehmen.

8.1.1. Operatives Designmanagement Die Kernaufgabe des operativen Designmanagements besteht darin, das Verständnis von Design im Unternehmen (Geschäftsführung, Mitarbeiter etc.) nachhaltig aufzubauen und das Potential im internationalen Wirtschaftskontext verständlich zu machen. Das operative Designmanagement behandelt hauptsächlich projektbezogene Aufgaben und versucht, Design in die Unternehmung zu integrieren. 130 8.1.2. Funktionelles Designmanagement Die Kernaufgabe des funktionellen (taktischen) Designmanagements ist es, unternehmensabhängige Strukturen und Prozesse für Design im Unternehmen aufzubauen. Durch eine kundenorientierte Produktausformung und eine übergeordnete Corporate-Design-Maßnahme wird das Gesamterscheinungsbild des Unternehmens und dessen Angebote (Marke, Produkte, Dienstleistungen etc.) nachhaltig positiv geprägt. Diese Ebene umfasst die dauerhafte Implementierung von Design in ein Unternehmen und stellt das Bindeglied zwischen operativem und strategischem Designmanagementaufgaben dar. 131

8.1.3. Strategisches Designmanagement Die Kernaufgabe des strategischen Designmanagements ist es, einem Unternehmen zu ermöglichen, seine Haltungen in Bezug auf die eigene Identität und Kultur sowohl intern als auch extern übereinstimmend zu kommunizieren, sowie Kernkompetenzen anhaltend in Wertschöpfungsprozesse zu integrieren. 132 Strategisches Designmanagement gewährleistet zudem eine Kohärenz zwischen den beschriebenen drei Teilbereichen und bestimmt dadurch die Unternehmensphilosophie bedeutend mit. 133

designmanagement.at 65


8. AUFBAU VON INTERNEN DESIGNFÄHIGKEITEN

operatives DM

strategisches DM

Strategie: - Übersetzung von Vision in Strategie - Definieren der Rolle des Designs im Bezug auf Marke,

Strategie: - Koordination der Designstrategie mit den Abteilungen des Marketings, der Kommunikation und der Innovation

Strategie: - Definition von Unternehmensstrategie und Designzielen - Definieren von Designstrategien im Bezug auf die Unternehmensstrategie

Planung: - Übersetzung von Strategien in Designbriefings - Entscheidung über Produktqualität und Konsumentenverhalten - Definieren von Tätigkeiten für Design, Markenprodukte und Kommunikation

Planung: - Definition von Designtechniken, - Ausbau von Design Werkzeugen und -Sprache - Einführung und Verbesserung von allgemeinen Designprozessen - Angleichen von Designprozessen an Innovationsprozesse

Planung: - Planung von Designprojekten - Schaffung von Designstandards

Struktur: - Auswahl von externen Designagenturen/-individuen - Schaffen von Allianzen - Definieren von Designteams und Menschen, die im Kontakt mit Designern arbeiten - Schaffen einer Atmosphäre für Leadership und Kreativität

Struktur: - Implementierung eines innerbetrieblichen Services des Designs - Stärkung der Rolle von Design im Innovationsprozesses

Struktur: - Schaffen einer Atmosphäre für Leadership, Design und Kreativität - Unterstützung der Unternnehmensstrategie

Finanz: - Handhabung des Designprojektbudgets - Schätzung der Designkosten - Reduzierung der Designkosten

Finanz: - Kontrolle über das Einhalten von Budgetplänen

Finanz: - Sicherung eines Budgets zur Einhaltung der Designstrategie

Mensch: - Entwicklung von Kompetenzen

Mensch: - Schaffung eines Designverständnisses gegenüber Unternehmenspartnern

Mensch: - Beeinflussen der Einstellung von Managen/Designer

Information: - Beratung von Produktmanagern und Unternehmern

Information: - Erstellen von Marketing-, Designund Produktionsplänen

Information: - Information über die Designmission/Vision der Firma

Kommunikation: - Schaffen von Symbiosen mit andern Unternehmen - Kreation eines Verständnisses der Firmenziele unter den Designern

Kommunikation: - Organisieren der Designsprache über alle Designdisziplinen hinweg - Schaffen eines Verständnisses von und Aufmerksamkeit für bewusste Gestaltungsentscheidungen in allen Ebenen des Unternehmens und bei festen Partnern

Kommunikation: - Lehren eines Designdenkens in der oberen Führungsebene - Artikulieren von expliziten und impliziten Kommunikationen, welche die Unternehmenswerte widerspiegeln - Planung, Einführung und Verbesserung von Kommunikationsmitteln auf allen Kanälen zur Formung der totalen Markenerfahrung gegenüber dem Kunden

Forschung & Entwicklung: - Schaffen von Designkriterien und Bewertungsmaßstäben für Design

Forschung & Entwicklung: - Anwendung von Designtheorien in praktischen Forschungswerkzeugen

Forschung & Entwicklung: - Verbindung zwischen Technologieentwicklung und Design

Abb. 13 Designmanagement-Funktionen (adaptiert nach Borja de Mozota, 2003, S.257)

66

funktionelles DM


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DESIGNMANAGEMENT

9. ZUGÄNGE IN DER LITERATUR

9.1. Tendenzen in der Designmanagement-Literatur Am bisher Behandelten wird ersichtlich, dass Betrachtungen und Schwerpunkte in der Designforschung und im Designmanagement im Laufe der Zeit einem starken Wandel unterworfen waren. Für ein besseres Verständnis findet sich im Folgenden eine chronologische Auflistung wichtiger Publikationen sowie dessen Zugänge und Betrachtungsebenen.

Autor / Herausgeber Jahr

Titel Erscheinungsort

Abb. 14 Literatur im Bereich Designmanagement (eigene Darstellung und Sammlung)

Zugang / Betrachtungsebene Information zur Entstehung

Farr (1966)

Design Management, London

Management von Kreativprozessen,

Rat für Formgebung (1990)

Design-Management, Düsseldorf

theoretischer Zugang, holistische Übertragung auf das Unternehmen, inkl. Case-Studies des dmi.

Lungkofler (1993)

Wettbewerbsfaktor Design / Ansätze für ein ganzheitlich orientiertes Design-Management, Wien

Diplomarbeit, dupliziert durch die Wirtschaftsuniversität Wien

Spies (1993)

Integriertes Designmanagement, Köln

Dissertation, Zugang über Produktmarketing Doktor-Vater: Koppelmann

Cooper/Press (1995)

The Design Agenda / A Guide to Successful Design Management, Chichester

theoretischer Zugang, holistische Übertragung auf das Unternehmen

Buck/Vogt (1997)

Design Management / Was Produkte wirklich erfolgreich macht, Wiesbaden

praxisorientierter Zugang, Agentur für Unternehmensberatung

Bruce/Cooper (1997)

Marketing and Design Management, London

theoretischer Zugang, holistische Übertragung auf das Unternehmen

Kern (2000)

Design als integrierender Faktor der Unternehmensentwicklung, Wiesbaden

theoretischer Zugang, holistische Übertragung auf das Unternehmen

Jerhard/Hands/Ingrim (2002)

Design Management Case Studies, New York

Zugang über Forschungsmethoden und Managementprozesse

Bruce/Bessant (2002)

Design in Business / Strategic Innovation Through Design, Harlow

Strategischer Zugang sowie holistische Übertragung auf das Unternehmen

Buck (2003)

Design Management in der Praxis, Stuttgart

praxisorientierter Zugang, Case Studies

Borja de Mozota (2003)

Design Management / Using Design to Build Brand Value and Corporate Innovation, New York

theoretischer Zugang, holistische Übertragung auf das Unternehmen

Kern/Kern (2005)

Designmanagement / Die Kompetenz der Kreativen, Hildesheim

Management von Kreativprozessen

Best (2006)

Design Management / Managing Design Strategy, Process and Implementation, Lausanne

Strategischer Zugang sowie holistische Übertragung auf das Unternehmen

Brauer (2007)

Erfolgsfaktor Design-Management / Ein Leitfaden für Unternehmer und Designer, Basel

Management von Kreativprozessen, Case-Studies

Esslinger (2009)

Schwungrat / Wie Design-Strategie die Zukunft der Wirtschaft gestalten

praxisorientierter Zugang sowie holistische Übertragung auf das Unternehmen

Best (2010)

Grundlagen des Designmanagements, München

theoretischer Zugang, holistische Übertragung auf das Unternehmen

designmanagement.at Stone (2011)

Designmanagement: So realisieren Sie Ihre Konzepte, München

praxisorientierter Zugang sowie holistische Übertragung auf das Unternehmen

Thurner (2013)

Design Leadership / Securing the Strategic Value of Design, Oxon

Strategischer Zugang sowie holistische Übertragung auf das Unternehmen

Greger/Schreckensberger (2014)

How to manage Design / Appetitanreger für Designmanagement, Wien

Strategischer Zugang sowie holistische Übertragung auf das Unternehmen

67


9. ZUGÄNGE IN DER LITERATUR 134

Durch Analyse der zuvor aufgelisteten Literatur durch den Autor abgeleitete Tendenz. 135

Brauer, 2007, S.181.

9.2. Ableitbare Tendenz – Chronologie 134

10. KRITISCHE REFLEXION

Die erste Publikation zum Themenbereich Designmanagement ist 1966 im angelsächsischen Raum erschienen. Farr versuchte erstmals das Interesse an Management, welches sich gerade zu dieser Zeit im Marketing etablierte, auf den Bereich des Designs zu übertragen. Hierbei stand die Koordination von technischen Prozessen (Kreativprozessen) im Vordergrund. In den achziger und neunziger Jahren waren Märkte und ihre Produktwelten zunehmend von einer Angleichung technischer Produktstandards geprägt. Dies erkannte die Disziplin des Produktmanagements und versuchte, den aktuellen Trends der Vereinheitlichung mit Markenprägung und der verkaufsfördernden Wirkung des Designs entgegenzuwirken, wozu das Designmanagement für diese Zwecke adaptiert wurde. Auch eine Vielzahl von Diplomarbeiten und Dissertationen in dieser Zeit rückten das Designmanagement wieder in den Fokus. Eine der wichtigsten Arbeiten hierzu verfasste Spies 1993. Diese entstand am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre/Produktpolitik der Universität Köln unter Koppelmann. Erst zur Jahrtausendwende erfuhr das Designmanagement seine letzte maßgebliche Weiterentwicklung: Unternehmen und Institutionen hatten Design als wirtschaftstreibende Funktion erkannt und versuchten, den Design-Gedanken auf das gesamte Unternehmen zu übertragen. Der holistische Designmanagement-Ansatz bemüht sich seither, durch eine strategische Abstimmung auf Unternehmensziele eine schlüssige UnternehmensDesign-Haltung nach innen und außen zu kommunizieren und dadurch Wettbewerbsvorteile zu generieren. Durch verstärkte Bemühungen (durch unterschiedliche Designinstitutionen, wie z.B. British Design Council, dmi etc.) wurde der Stellenwert und das Potential des strategischen Designmanagements international erkannt und in einer Vielzahl neuer Publikationen aufgegriffen und weiterentwickelt.

Die zukünftige Aufgabe besteht darin, Designmanagement als anerkannte Unternehmensfunktion in den Unternehmen zu institutionalisieren.

68

Bestimmte Designmanagement-Funktionen, wie etwa operatives Design, können ruhig an kompetente externe Designbüros ausgelagert werden. Es ist jedoch wichtig zu erkennen, dass die strategische Designmanagement-Funktion im Unternehmen verortet bleiben und in der Geschäftsführung vertreten bzw. als übergeordnete Stabstelle (z.B. als Designmanagement-Instanz) ausgeführt werden muss. Ein wesentlicher Faktor hierbei ist die Verknüpfung des Designs mit der Unternehmensphilosophie. Der interpretative Managementansatz hilft dem Designmanagement, über seine Basisaufgabe der Produktgestaltung in die Ebene des TopManagements aufzusteigen. Es kann einen positiven Einfluss auf die Rahmenbedingungen eines Unternehmens haben, wenn Führungsetagen das Potential von Design erkennen und dies als fixen Bestandteil in die Unternehmensphilosophie aufnehmen. Die Entscheidung über sämtliche Designaktivitäten liegt somit in der Hand der Unternehmensführung, welche mit der Designmanagement-Instanz eine Konformität zwischen Unternehmens- und Designstrategie erarbeitet. „(...) Designmanagement ist Denkweise, Methodik und Instrumentarium zugleich, (...) koordiniert die Zusammenarbeit (...). So kann auf Veränderung im Markt und in der Gesellschaft schnell reagiert werden (...)“, so Brauer in seinem Buch zu Designmanagement (2007). 135


KOMPETENZENMANAGEMENT 136

Vgl. Haller/Allenspach, 1995, S.197.

KOMPETENZEN MANAGEMENT 11. STRATEGISCHE KERNKOMPETENZ In diesem Themenblock wird die Bedeutung von internen Unternehmensressourcen und deren Ausbau zu strategischen Wettbewerbsstärken veranschaulicht. Folgend wird versucht, die vorangegangenen und in eigenen Blöcken erläuterten Wissenschaften wie Marketingmanagement, Designmanagement und Kompetenzmanagement in die junge Disziplin der Designmanagement-Kompetenz zu überführen. 11.1. Allgemeine Definition der Kompetenz In den unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen wird der Begriff Kompetenz mit divergenten Vorstellungen von Sachverständnis und Fähigkeitsprofilen verbunden. Der Begriff „competentia“ hat lateinischen Ursprung und kann mit „Kompetenz“ übersetzt werden. Dieser Terminus besitzt dieselbe etymologische Wurzel wie das Wort „Wettbewerb“. 136

69


11. STRATEGISCHE KERNKOMPETENZ 137

Vgl. Prahalad/Hamel, 2005, S.148ff.

138

Siehe Erläuterung Kapitel 3.3. UmweltStrategie-Struktur-Fit.

139

Vgl. Thommen, 1995, S.13.

140 141

Siehe Erläuterung Kapitel 12.1. Kernkompetenzen als Wettbewerbsvorteil. Siehe Erläuterung Kapitel 12.2. Kern kompetenzen in der Wertschöpfungskette.

11.2. Tendenzen bei Unternehmensstrategien 137 2005 veröffentlichen Prahalad/Hamel im Harvard Business Review eine Studie zu unerschiedlichen Tendenzen in Unternehmensstrategien und den zugrunde liegenden Ressourcen: „(…) managers have learned through painful experience that a business‘ initial resource endowment (…) is an unreliable predictor of future global success”. Hierzu untersuchten sie unzählige internationale Unternehmen auf deren Unernehmensstrategien und konnten zwei generelle Tendenzen bei Strategiekonzepten ableiten, wobei Sie der zweiteren Tendenz zukünftig erhöhte Chancen im internationalen Wettbewerb einräumen: • Die erste Tendenz bei Strategiekonzepten verfolgt marktorientierte Prozesse, die standardisierte Handlungsvorgänge zur Bedienung von Märkten schaffen. Diese Tendenz wird hauptsächlich von der westlichen Unternehmenswelt verfolgt und stellt den strategischen Fit 138 sowie Optimierung des Zuganges zu Ressourcen in den Mittelpunkt der Unternehmenstätigkeit. Unternehmen mit dieser Ausrichtung versuchen sich auf Marktnischen zu spezialisieren und trachten nach dauerhaften, zukunftssicheren Vorteilen. Ressourcen werden den jeweiligen Geschäftseinheiten direkt zugeschrieben, wobei jede dieser Einheiten mit ihren spezifischen Produkten selbst für notwendige Fähigkeiten verantwortlich ist. • Die zweite Tendenz bei Strategiekonzepten zielt auf ressourcenbasierte Handlungsausrichtungen und wurde vor allem bei erfolgreichen japanischen Unternehmen identifiziert. Dieses Stategiekonzept versucht eher Einfluss auf vorhandene Ressourcen zu nehmen und eine Verbesserung bzw. Spezialisierung der gesamten Organisationsfähigkeiten herbeizuführen. Es wird in den Auf- und Ausbau von Kernkompetenzen investiert, um Konkurrenten in der Bildung von neuen Wettbewerbsstärken zu übertreffen.

70

142

Vgl. Krüger/Homp, 1997, S.25.

143

Vgl. Hopfenbeck, 1997; Thommen, 1995, S.17.

12. MANAGEMENT- UND FÜHRUNGSKOMPETENZ Durch konjunkturelle Entwicklungen und Veränderungen ist das Anforderungsprofil von Führungspersönlichkeiten einem ständigen Wandel unterworfen. Es geht meist nicht nur darum, Probleme und deren Handlungserfordernisse richtig zu interpretieren, sondern diese auch richtig in bestehenden Unternehmensprozessen zu implementieren.139 Die Herausforderung an die Management- und Führungskompetenz besteht darin, aktuelle Unternehmensressourcen und -fähigkeiten zu analysieren, kultivieren und diese als Quelle für Wettbewerbsvorteile nutzbar zu machen. 140 Kernkompetenzen führen somit zu reichhaltigen Möglichkeiten für Wertschaffung (Wertschöpfungskette) 141 und fungieren als grundlegende Werttreiber des Unternehmens. 142 Die Management-Kompetenz der Führungskräfte kann auf vier Teilbereiche heruntergebrochen werden, die sich jedoch nur sehr schwer getrennt voneinander betrachten lassen: 143 Fachkompetenz: Fertigkeiten und Kenntnisse zur Bewältigung von konkreten Sachaufgaben (z.B. berufliche Aufgaben). Man kann auch von sogenannter Sachkompetenz im Bereich des güter- und finanzwirtschaftlichen Umsatzprozesses sprechen. Methodenkompetenz: Beschreibt die Fähigkeit, sich selbstständig neue Fertigkeiten und Kenntnisse anzueignen. Diese Kompetenz wird gesondert von der Fachkompetenz betrachtet, weil sie vielmehr die Kenntnis in der Anwendung von Instrumenten der Problemlösungsund Entscheidungsmethodik beschreibt. Sozialkompetenz: Dieser Kompetenz-Teilbereich drückt das spezifische, soziale, situationsabhängige Reaktionsverhalten von Personen aus. Die Persönlichkeit ist Voraussetzung für selbständiges Handeln und kommt in Form der Interaktion mit anderen Menschen zum Ausdruck (Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit).


KOMPETENZENMANAGEMENT

FIND MORE ABOUT THE BOOK 144

Vgl. Prahalad/Hamel, 1990, S.79ff.

145

Vgl. Hollensen, 2003, S.32f.

146

Bea/Haas, 1997, S.518.

Systemkompetenz: Diese Kompetenz beschreibt ein vernetztes Verständnis von komplexen Systemzusammenhängen (z.B. des Systems Unternehmen). Sowohl interne als auch externe Einflüsse auf das System verlangen ein tiefreichendes Verständnis, um eine Adaption des Systems an verändernde Bedingungen zu ermöglichen. 12.1. Kernkompetenzen als Wettbewerbsvorteil

Prahalad/Hamel (1990) bringen den Begriff Kernkompetenz erstmals mit dem ressourcenbasierten Ansatz in Zusammenhang. 144 Aufbauend auf der Forschungstätigkeit von Wernerfelt (1984) entwirft Grant (1991) ein Modell zur Schaffung nachhaltiger Wettbewerbsvorteile bzw. eines einzigartigen Wettbewerbsvorzugs durch die Nutzung von unternehmensinternen Ressourcen als Kernkompetenzen. 145 Ressourcen alleine können allerdings nicht zu Wettbewerbsvorteilen führen. Es ist die richtige Konstellation zu anderen Ressourcen, die es ermöglicht, Wettbewerbsfähigkeit zu bilden. Als wichtigste Ressource von Unternehmen zählt das Know-How der Angestellten. Erst die Aneignung

dieser Schlüsselqualifikationen und deren Integration in die Unternehmenskultur sichert einen erfolgreichen Wettkampf am Markt. Bea/Haas definieren Kernkompetenz folgendermaßen: „Eine Kernkompetenz ist ein Bündel von Fähigkeiten, welche (zusammen mit anderen Kernkompetenzen) die Grundlage für die Kernprodukte und die darauf aufbauenden Endprodukte eines Unternehmens darstellen, und welche sich durch schwierige Erzeugbarkeit, Imitierbarkeit und Substituierbarkeit auszeichnen.“ 146

Abb. 15 Schritte zur einzigartigen Wettbewerbsposition (adaptiert nach Hollensen, 2003, S.34; Vgl. Hitt/Ireland/ Hoskisson, 2003, S.78)

Kernkompetenz Fähigkeit zur Übertragung von Kompetenzen auf neue Produkte/Produktgruppen

Durch gezielte Verhinderung von Imitation, Substitution und Degeneration wird die Kundenzufriedenheit besser gewährleistet als beim Konkurrenten

Fähigkeiten Die Bildung und Nutzung einzelner Ressourcen�Bündel

Ausprägung der Wettbewerbsvorteile

Wettbewerbsvorteile Einzigartige Position im Wettbewerb

designmanagement.at Ressourcen Ursprung von Wettbewerbsvorteilen

Technical

Financial

Human

Marketing

Information System

Intellectual Property Rights (IPR)

71


12. MANAGEMENT- UND FÜHRUNGSKOMPETENZ 147

Vgl. Krüger/Homp, 1997, S.26ff.

148

Krüger/Homp, 1997, S.27.

12.1.1. Schichtmodell der Kompetenzen Das Schichtmodell der Kompetenzen kann lt. Krüger/Homp mit dem Schichtaufbau einer Zwiebel verglichen werden, der sogenannten „dreischichtigen Kompetenzzwiebel“. Ziel von Unternehmen ist es, in die innerste Schicht, das Kernstück, vorzudringen und somit Kernkompetenzen zu verankern: 147 • Die äußerste Schicht (Kompetenz 1. Ordnung) beschreibt das Stadium, in der die Entwicklung und Kombination von unternehmenseigenen Ressourcen und Fähigkeiten so weit fortgeschritten ist, dass sich das Unternehmen erfolgreich im Wettbewerb behaupten kann. Es kann von einer Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens gesprochen werden, wenn die Kompetenz Kundenrelevanz besitzt und diese vom Konsumenten erkannt und anerkannt wird. Werden diese Voraussetzungen erfüllt, kann das Unternehmen die nächste Schicht der Kompetenzzwiebel anstreben. • Unternehmen, welche durch dauerhaft vorteilhafte Produkteigenschaften einen zusätzlichen Kundennutzen stiften, besitzen einen Wettbewerbsvorteil (Kompetenz 2. Ordnung). Diese vorteilhaften Merkmale werden durch Kombinationen von Ressourcen

und Fähigkeiten generiert, so z.B. durch besondere Rohstoffressourcen oder einzigartige Fähigkeiten im Fertigungsverfahren. Das Unternehmen kann dauerhaft einen Marktvorsprung erzielen, wenn ihre spezifischen Ressourcen und Fähigkeiten von Mitbewerbern schwer imitierbar bzw. substituierbar sind. Die Begriffsbezeichnung Kernkompetenz sollte laut Krüger/Homp nur dann verwendet werden, wenn das Unternehmen auch die Fähigkeit besitzt, vorhandene Ressourcen und Fertigkeiten auf neue Produkte, Dienste, Regionen und Zielgruppen zu übertragen. In diesem Schlüsselmerkmal der Transferierbarkeit von Kompetenzen (Kompetenz 3. Ordnung) liegt die Chance für innovierendes und proaktives Handeln eines Unternehmens.

Krüger/Homp definieren den Begriff der Kernkompetenz folgendermaßen: „Eine Kernkompetenz ist die dauerhafte und transferierbare Ursache für den Wettbewerbsvorteil einer Unternehmung, die auf Ressourcen und Fähigkeiten basiert.“ 148

Abb. 16 Schichtenmodell der Kompetenzen als Kompetenzzwiebel (adaptiert nach Krüger/Homp, 1997, S.27)

Wettbewerbsnachteil Branchen� durchschnitt

Wettbewerbsfähigkeit Kundenrelevanz

Wettbewerbsfähigkeit Kompetenz 1. Ordnung

Dauerhaftigkeit

Wettbewerbsvorteil Kompetenz 2. Ordnung Kompetenz Kompetenz 3. Ordnung

Transferierbarkeit

72


FIND MORE ABOUT THE BOOK 149

Vgl. Hollensen, 2003, S.33.f.

150

Vgl. Krüger/Homp, 1997, S.29ff.

151

Siehe Erläuterung Kapitel 5.1. Wettbewerbspositionierung.

KOMPETENZENMANAGEMENT

152

Siehe Erläuterung Kapitel 3. Strategische Wettbewerbsvorteile.

155

Siehe Erläuterung Kapitel 12. Management und Führungs-Kompetenz.

153

Krüger/Homp, 1997, S.42.

156

154

Vgl. Krüger/Homp, 1997, S.41ff.

Siehe Erläuterung Kapitel 12.4. Der Kernkompetenz-Management-Zyklus.

Ob nun Ressourcen und Fähigkeiten das Potential besitzen, zu Kernkompetenzen und somit zu dauerhaften Wettbewerbsstärken ausgebaut zu werden, hängt von mehreren Faktoren ab: 149 • Seltenheit einer Ressource erzielt eine Alleinstellung des Unternehmens (Einzigartigkeit) • Nachhaltigkeit einer Ressource in der Unternehmensorganisation zur Erfüllung des Unternehmenszieles (Wettbewerbsfähigkeit) • Schwierigkeit der Nachahmung von Ressourcen durch die Konkurrenz (Imitation) • Schwierigkeit der Austauschbarkeit von Ressourcen durch die Konkurrenz (Substitution) • Schwierigkeit des Verlustes einer Ressource durch Abwanderung eines Angestellten (Degeneration) Durch eine gezielte Verhinderung von Imitation, Substitution und Degeneration können Ressourcen zu einer einzigartigen Wettbewerbsfähigkeit ausgebaut werden. Nur wenn diese Forderungen vom Unternehmen erfüllt werden, kann von Kernkompetenzen gesprochen werden. 12.2. Kernkompetenzen in der Wertschöpfungskette 150

Eine grobe Unterteilung der Wertschöpfungskette kann in Input (z.B. besondere Rohstoffe), Throughput (z.B. spezielle Fertigungsverfahren) und Output (z.B. hohe Qualität) erfolgen. Wie bereits erläutert, müssen besondere Merkmale vom Konsumenten als nutzenstiftende Produkteigenschaften 151 identifiziert werden, um für das Unternehmen in einem Wettbewerbsvorteil zu resultieren. Diese vorteilhaften Eigenschaften müssen somit im Ergebnis des Wertschöpfungsprozesses, also dem Produkt, sichtbar werden. Der Ursprung von Wettbewerbsvorteilen kann deshalb den ersten beiden Gliedern der Wertschöpfungskette zugeschrieben werden. Folglich ist nur der vom Konsumenten wahrgenommene Ergebnisvorteil (OutputVorteil), auf Grund seiner Wahrnehmbarkeit, als Wettbewerbsvorteil für Unternehmen nutzbar. Diejenigen Vorteile jedoch, die nicht vom Konsumenten erkannt werden, also im Verborgenen bleiben (Input-, Throughput-Vorteil), werden als

potentielle Kernkompetenzen kategorisiert. Strategische Wettbewerbsvorteile 152 können also nicht einfach mit Kernkompetenzen gleichgesetzt werden. Der Konsument schätzt den Ergebnisvorteil des Produktes mit seinem für ihn erzeugten Nutzen. Dem Konsumenten ist es jedoch gleichgültig, auf welchen Kompetenzen sein Produktnutzen beruht. Die Unsichtbarkeit von Kernkompetenzen für Konsumenten besitzt umgekehrt eine beträchtliche Bedeutung als Schutz der eigenen Unternehmenskompetenzen vor Nachahmung durch Mitbewerber. „Zu Kernkompetenzen gehört heutzutage daher nicht nur das Beherrschen bestehender Geschäfte (Basiskompetenz), sondern auch deren Weiterentwicklung sowie der Aufbau neuer Geschäfte (Metakompetenz)“, so Krüger/Homp zur weiteren Untergliederung von Kernkompetenz. 153 12.2.1. Basiskompetenz 154

Unternehmen trachten nach einer effektiven und effizienten Beherrschung ihrer bestehenden Geschäfte. Kann sich ein Unternehmen fortwährend im Wettbewerb behaupten, so besitzt es Basiskompetenzen. Führt man den Gedankengang von Porters Wertschöpfungskette weiter, können diese in drei Kategorien untergliedert werden: • Erstens gibt es den Bereich der Managementkompetenz (Steuerung). 155 Kernkompetenzen sind bereichsübergreifende Kategorien. Diese zu identifizieren, entwickeln und transferieren liegt daher im Aufgabenbereich der Unternehmensspitze, beim sogenannten KernkompetenzManagement. Da auch die Kernkompetenzen einem stetigen Wandel unterzogen sind, kann von einem Kernkompetenz-ManagementZyklus 156 gesprochen werden. • Zweitens ist die operative Kompetenz zu nennen. In Industriebetrieben umfassen die Unternehmensfunktionen die Bereiche von Forschung und Entwicklung, Beschaffung, Produktion und Absatz. Operative Kompetenzen können also mit Prozessen der Produktion in Zusammenhang gebracht werden. Somit zählen die verrichtungsorientierten Organisationseinheiten wie Produktion traditionell zum Kernstück der operativen Kompetenz.

designmanagement.at

73


12. MANAGEMENT- UND FÜHRUNGSKOMPETENZ 157

Vgl. Krüger/Homp, 1997, S.49ff.

Die dritte Kategorie im Bereich der Basiskompetenzen ist schließlich die Unterstützungskompetenz (Support). Die Unterstützungskompetenz umfasst jene Prozesse, welche zur Entwicklung und Pflege der Unternehmungsinfrastruktur beitragen. Hierzu zählt die Bereitstellung von benötigten materiellen, technischen, finanziellen sowie personellen Ressourcen.

Hinsichtlich einer notwendigen Neuausrichtung des gesamten Unternehmens auf Grund steigenden Konkurrenzdruckes ist es oftmals notwendig, eine Neueinstufung von Unternehmensfunktionen in Kern- oder Randfunktionen vorzunehmen. Kernfunktionen werden meistens im Unternehmen weitergeführt, wobei unwirtschaftliche Bereiche immer öfter an Fremdunternehmen ausgelagert werden (Outsourcing). Die Vergabe von Tätigkeitsfeldern und der anschließende Zukauf der Fremdware/-leistung kann jedoch zum Verlust der eigenen Kernkompetenz führen. Es stellt sich somit die strategische Frage: Können mit der Vergabe von unrentablen Unternehmensbereichen Aufwendungen eingespart und diese wiederum

Abb. 17 Kernkompetenz als Werttreiber (nach Krüger/Homp, 1997, S.54)

Ressourcen und Fähigkeiten Input � Material Be� und Verarbeitungsobjekte � Informationen � Qualifikation und Motivation der Mitarbeiter und externen Partner Externe � Technische Systeme � Strukturen/Prozesse � personelle Bindung Throughput � Produktionstechnik � Strukturen/Prozesse � Qualifikation/ Motivation der Träger � Kultur/Philosophie � Personal� entwicklungssystem � Anreizsystem

Rechtliche Rahmenbedingungen

74

Kern� Kompetenzen Basiskompetenz � Management� kompetenz � Operative Kompetenz � Unterstützungs� kompetenz Metakompetenz � Reproduktiver /transformativer Wandel � kontinuierliche Verbesserung � geplante Evolution

in neue, lukrativere Geschäftsfelder investiert werden? Andere Voraussetzungen bestehen, wenn Funktionen im Unternehmen als fehlend erkannt werden, diese kostspielig neu aufgebaut (Insourcing) oder via Partnerschaften/Akquisitionen in das Unternehmen eingebracht werden müssen (Co-Sourcing). Sind Kernfunktionen im Unternehmen auf Grund einer Neustrukturierung mehrfach vorhanden, so können mittels gezielter Zusammenlegung einzelner Abteilungen zu Kompetenzzentren (Centers of Competence) weitere Einsparungen erfolgen. 12.2.2. Metakompetenz 157 Über die Basiskompetenzen hinaus werden für die Weiterentwicklung von bestehenden und zum Aufbau von neuen Geschäftsfeldern zusätzliche, weiterreichende Kompetenzen benötigt. Diese sogenannten Metakompetenzen befassen sich mit der Anpassungs-, Wandlungs- und Innovationsfähigkeit des Unternehmens. Auch die Metakompetenzen lassen sich wiederum in drei Kategorien gliedern, die sich auf die jeweilige Art der Veränderung beziehen: • Die ersten Kategorie zählt der reproduktive/ transformative Wandel. Zu den reproduktiven Prozessen zählen Verbesserungen oder Anpassungen von Systemen, Prozessen,

Wettbewerbs� Vorteile Output � Kernprodukte � Endprodukte � Dienstleistungen � marktliches Verhalten � außermarktliches Verhalten � Produkt� und Firmenmarken

Wert� Schaffung Externe Anspruchsgruppen � Kunden � Anteilseigner � Lieferant � Netzwerkpartner � Gesellschaft Interne Anspruchsgruppen � Manager � Mitarbeiter


FIND MORE ABOUT THE BOOK 158

KOMPETENZENMANAGEMENT

Vgl. Krüger/Homp, 1997, S.92f/145.

Strukturen und Produkten bei unveränderter Unternehmensstrategie (Restrukturierung). Als transformativen Wandel bezeichnet man hingegen den Strategiewechsel eines Unternehmens (Reorientierung), die Änderung von Fähigkeiten und Verhaltensweisen (Revitalisierung) oder Änderungen der Werthaltung und Überzeugung in der Unternehmenskultur (Remodellierung). Die zweite Kategorie ist die kontinuierliche Verbesserung. Diese Prozesse steuern und organisieren den stetigen Wandel im Unternehmen. Eine lernende Organisation ist die Idealvorstellung seitens der Unternehmensspitzen. Solch eine andauernde Weiterentwicklung kann durch organisatorische sowie personelle Maßnahmen wie Schulungen, Trainings etc. vorangetrieben werden. Die dritte Kategorie der Metakompetenzen ist die geplante Evolution, die durch verschiedene charakteristische Eigenarten in Erscheinung treten kann. Die Entwicklung eines Unternehmens kann in Pionierphase, Markterschließung, Programmerweiterung, Internationalisierung und schlussendlich in Globalisierung untergliedert werden.

12.3. Der Kernkompetenz-Management-Zyklus 158 Dass der kompetenzgetriebene Wettbewerb schon vor dem Eintritt des Produktes bzw. der Dienstleistung in den Markt beginnt, liegt in der Natur der Sache. Die Aufgabe des Führungsmanagements liegt hierbei in der schnelleren bzw. besseren Abwicklung der Kernkompetenz-Zyklen. Die Identifikation vorhandener Ressourcen (Fähigkeiten) und die Zieldefinierung von zu entwickelnden Kompetenzen in Konformität mit der Unternehmensstrategie stellen den Beginn des Zyklus dar. Die Entwicklung und Integration von Kernkompetenzen schließt Ressourcen zu Fähigkeitenbündeln (z.B. personell, technisch usw.) zusammen und ermöglicht eine optimale Nutzung. Unter Nutzung versteht man eine ständige Verwendung der internen Fähigkeiten sowie deren fortwährende Anpassung und Aktualisierung. Der Transfer schließt den Kernkompetenz-Management-Zyklus und überträgt Kernkompetenzen auf neue Bereiche (z.B. Regionen, Kunden usw.). Abb. 18 Kernkompetenz-Management-Zyklus (nach Krüger/Homp, 1997, S.93)

Identifikation

Transfer

Entwicklung

Kernkompetenz Zyklus

designmanagement.at Nutzung

Integration

75


13. KRITISCHE REFLEXION

13. KRITISCHE REFLEXION In den Theorien des Kernkompetenz-Managements werden erstmals nicht die marktgerichteten Einflussfaktoren, sondern die internen Untenehmensressourcen als wesentliche Faktoren zum Aufbau von Wettbewerbsstärken in den Mittelpunkt gerückt. Der ressourcenbasierte Ansatz (RBV) von Wernerfeld, der von Prahalad/Hamel mit Kernkompetenz in Zusammenhang gebracht wurde, stellt somit keine Alternative zu Porters Strategielehre und dem dieser zugrunde liegenden marktorientierten Ansatz (MOV) dar, sondern versteht sich vielmehr als ergänzende, interne Unternehmensbetrachtung zur Generierung und zum Ausbau von strategischen Wettbewerbsstärken. Der Ursprung der aus Kernkompetenzen resultierenden Wettbewerbsvorteile bleibt unsichtbar in der Wertschöpfung verborgen und daher sicher gegen Substitution und Imitation durch den Mitbewerb geschützt. Durch Metakompetenzen und den Kompetenz-Zyklus können Wettbewerbsstärken eines Unternehmens auf neue Bereiche übertragen werden. Welche Auswirkungen sich im Ausbau einer Vorteilspositionierung am Markt durch die Synergie von Designmanagement und Kompetenzmanagement generieren lassen, wird im folgenden Themenblock erläutert.

76


DESIGNMANAGEMENT-KOMPETENZ 159

Vgl. Kupetz, 2006, S.80.

DESIGNMANAGEMENT KOMPETENZ 14. DESIGNMANAGEMENT ALS HOLISTISCHER KOMPETENZENANSATZ Im Folgenden werden alle bisherigen Ausführungen zum Ansatz der holistischen DesignmanagementKompetenz zusammengeführt. Zuvor jedoch ein Exkurs zur Bewertung von Design. 14.1. Exkurs – Designauszeichnungen als Gütesiegel In den letzten beiden Jahrzenten wurde eine Flut von internationalen Designauszeichnungen wie z.B. iF Award, red dot design award, Lucky Strike Designer Award etc. ins Leben gerufen. Unternehmen werden aufgefordert Ihre Produkte, für einen nicht zu unterschätzenden Kostenbeitrag, bei Designwettbewerben einzureichen. Produkte werden auf ihre Designqualität bewertet und erhalten im besten Fall eine Auszeichnung, eine zusätzliche Markierung − ein „Design-Gütesiegel“. Es stellt sich hierbei die Frage, ob dieses Vorgehen eher erhaltender Selbstzweck der den jeweiligen Wettbewerb auslobenden Designinstitutionen darstellt oder für Kunden als Orientierungshilfe bei der Produktauswahl dient. Hersteller und Verkäufer nutzen Auszeichnugen als zusätzliches Werbe- und Verkaufsargument gegenüber nicht markierten Produkten. Kupetz, fachlicher Leiter und Geschäftsführer des German Design Council, beschreibt DesignAuszeichnungen als nicht zu unterschätzende Marketinginstrumente für Unternehmen. 159

77


14. DESIGNMANAGEMENT ALS HOLISTISCHER KOMPETENZENANSATZ 160

Vgl. Arcade / Emnid-Studie, 2006, S.14.

161

Vgl. Stenros, 2005, S.16.

162

Vgl. Kotler/Rath, 1984.

163

Vgl. Bruce/Bessant, 2002, S.241ff.; http://www.designinbusiness.org [Stand: 10.09.2006]

Wie das Resultat einer von Arcarde, einer deutschen Möbelzeitschrift, in Auftrag gegebenen Studie aufweist, wirken sich Design-Awards positiv auf die Kaufentscheidung deutscher Konsumenten aus. So geben 20,3% der Befragten an, den red dot design award, den iF Award und den Designpreis der Bundesrepublik zu kennen. Etwa 15% sind sogar bereit, für ein prämiertes Designprodukte mehr Geld auszugeben als für ein vergleichbares Produkt ohne Designauszeichnung. 160 Wie aber lässt sich die Designqualität von Produkten sowie Designkompetenz ganzer Unternehmen wirklich messen? 14.2. Messung/Darstellung von Designleistung und -kompetenz in Unternehmen Die eigene Unternehmensperformance zu messen und diese in Relation zu Mitbewerbern zu stellen erfreut sich größter Beliebtheit, denn dies liefert grundlegende Aufschlüsse über die aktuelle Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens. Die Wettbewerbsfähigkeit kann heutzutage anhand vieler verschiedener Parameter gemessen werden, so z.B. an der Produktivität, Investitionen in Forschung & Entwicklung, dem Markenwert. Im Mittelpunkt stehen zunehmend aber nicht direkt messbare Faktoren wie Know-How, Marken-Image, und Akzeptanz in der Öffentlichkeit. Auch ethische und soziale Werte innerhalb des Unternehmens sowie Designwert und -kapital gewinnen zunehmend an Bedeutung. 161 Durch die rege Weiterentwicklung im Bereich Designmanagement wurden in den letzten Jahren verschiedene Versuche gestartet, die Designleistung eines Unternehmens zu analysieren und diese in messbaren Zahlen auszudrücken. Wie kompetent Unternehmen im Bereich Design sind, ist wiederum keine unwesentliche Frage für die Ermittlung der DesignmanagementImplementierung im Unternehmen. Wie einleitend erläutert, hat die vorliegende Publikation zum Ziel, das aktuelle Verständnis für Designmanagement-Kompetenz zu fördern und seine Auswirkungen im Bezug auf Wettbewerbsvorteile darzustellen. Nachfolgend werden einige Verfahren zur Messung von Designleistung in Unternehmen (Design-Audits) dargestellt.

78

Design-Testing nach Kotler/Rath: Schon früh erkannten Kotler/Rath die positiven Auswirkungen von Design auf Unternehmen und veröffentlichten 1984 ein Paper mit dem Titel „Design: a powerful but neglected strategic tool“. Dieses Paper erläutert einen Versuch zur Messung des Designempfindens und -effektivität (mittels standardisierten Fragebogens) und änderte seither maßgeblich die Betrachtung des Designs im Unternehmenszusammenhang. 162 Institute und Unternehmensberater zeigen seither reges Interesse an der Weiterentwicklung dieser Verfahren und Checklisten zur Messung der Designfähigkeit. In den Folgejahren wurden dadurch dutzende unterschiedliche Zugänge und Fragestellungen zu Designfähigkeiten von Unternehmen und deren ergänzenden Einflussgrößen generiert. Design-Atlas nach British Design Council: Das British Design Council entwickelte 2000 den „Design-Atlas“ 163, welcher den Versuch unternahm, Bereiche der Produktentwicklung, Innovation und visuellen Identität in einem standardisierten Fragebogen zu vereinen. In erster Linie wurde der Design-Atlas entwickelt, um die Notwendigkeit von Designfähigkeiten und unterstützenden Maßnahmen im Unternehmen zu ermitteln. Der Fragebogen beinhaltet 15 Fragen, welche in einer Selbsteinschätzung mit Werten von 1 bis 4 beurteilt werden. Mit dieser Beurteilung werden Unternehmensfähigkeiten in Hinblick auf interne Stärken und Schwächen ersichtlich. Die fünf Schwerpunkte des Design-Atlas liegen auf folgenden Bereichen: • Planung • Prozess • Ressourcen • Personal • Kultur


DESIGNMANAGEMENT-KOMPETENZ 164

http://www.svid.se [Stand: 25.02.2007]; Vgl. Departure GmbH, 2006, S.15ff.

165

Vgl. Departure GmbH, 2006, S.19ff/36.

166

Vgl. Departure GmbH, 2006, S.19.

167

Departure GmbH, 2006, S.15.

168

Vgl. http://www.measuringdesignvalue.eu

169

Vgl. dmi Review Winter, 2013.

Erste Österreichische Designleiter: Das Vorbild für die österreichische Designleiter, sowie für weitere internationale Studien zur Messung der Bedeutung von Design in Unternehmen, bildet das im Zuge des schwedischen Designjahres 2005 entwickelte 4-Stufen-Modell der schwedischen Designstiftung (SVID). Dieses Modell versucht den Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Design im Unternehmen und den ökonomischen Erfolgen festzustellen. 164

Stufe 3 – Design als Prozess: Design als begleitender Prozess zur Produktentwicklung. Design wird sehr früh bei der Produktentwicklung eingesetzt. Die Designlösung ist der Aufgabe angepasst und konzentriert sich auf die Bedürfnisse der NutzerInnen. Es ist ein multidisziplinärer Ansatz, bei dem DesignerInnen mit ProzesstechnikerInnen, MaterialtechnikerInnen und Marketing- und OrganisationsspezialistInnen zusammenarbeiten.

Die Studie „Erste Österreichische Designleiter“ wurde von Departure in Auftrag gegeben und 2006 veröffentlicht. Sie basiert auf einer Umfrage unter 1.000 österreichischen Unternehmen, die mittels Selbsteinschätzung zu folgenden Untersuchungsschwerpunkten befragt wurden: 165 • Stellenwert und strategische Bedeutung von Design im Unternehmen • Selbsteinschätzung des Wirtschaftsfaktors Design • Struktur und Größe der Designteams in österreichischen Unternehmen • Einsatzgebiet von Design im Unternehmen

Stufe 4 – Design als Strategie: Die DesignerInnen arbeiten mit dem Management zusammen, um einen innovativen Ansatz für alle oder besonders wichtige Teile der Geschäftsgrundlage zu übernehmen. Der Designprozess kombiniert die Vision der Firma mit ihrer zukünftigen Rolle in der Wertschöpfungskette und bleibt nicht auf Produkte beschränkt.

Das Modell der österreichischen Designleiter verortet die Integration von Design im Unternehmen innerhalb vier Stufen, wobei diese Stufen auch Aufschluss über den Stellenwert von Design im Unternehmen geben. 166 Die nachstehende Einteilung wurde wörtlich aus der österreichischen Designleiter übernommen: 167 Stufe 1 – NON-Design: Design ist kein Thema für diese Firmen. Design wird nicht als Aufgabe wahrgenommen. Die Produktentwicklung wird von MitarbeiterInnen ausgeführt, die keine Designausbildung haben. Die Sichtweise von BenutzerInnen spielt keine oder eine untergeordnete Rolle.

Neuste Entwicklungen und Modelle zur Messung von Desing auf internationaler Ebene €Design, Measuring Design Value: 168 Anfang der 2010er erkannte die Europäische Union die Wichtigkeit und tragende Rolle des Designs für Wirtschaftswachstum und den damit verbundenen Wohlstand unserer Gesellschaft. So wurde das internationale Projekt „€Design, Measuring Design Value“ initiiert und unter maßgeblichen Beteiligung von designaustria realisiert. Design Value Scorecard: 169 Eines der jüngsten Modelle, welche das internationale Interesse an der Thematik verdeutlicht, ist die 2014 vom Design Management Institut (dmi) in Boston veröffentlichte Paper „Design Value Scorecard: A New Design Measurement and Management Model".

Stufe 2 – Design als Styling: Design als Formgestaltung und Styling. Design wird als ästhetische Schlusskorrektur eines Produkts wahrgenommen. In manchen Fällen wird diese Tätigkeit von DesignerInnen ausgeführt, zumeist sind aber Personen beteiligt, die keine Designausbildung haben.

79


15. ÖKONOMISCHES POTENTIAL VON DESIGNMANAGEMENT 170

Bauer, 2005.

171

Vgl. Kern, 2005, S.83ff.

175

172

Vgl. Cooper/Press, 1995, S.222.

173

Vgl. Bauer, 2005.

174

Vgl. Heckmann, 1990, S.10.

Departure GmbH, 2006, S.33.

15. ÖKONOMISCHES POTENTIAL VON DESIGNMANAGEMENT 15.1. Kreative Manager oder strategische Marketer? „Wenn Designer und Manager dieselbe Schulbank drücken, entstehen Synergieeffekte, wie sie heute dringend benötigt werden. Ein Plädoyer für das Ende des starren Denkens in der Ökonomie.“ 170, so Bauer, Gastprofessor an der Joseph-L.-RotmanManagementschool der Universität von Toronto, anlässlich der DOM-Konferenz in Linz (2005). Designer und Kreative sehen ihren Aufgabenbereich zu häufig rein ergebnisbezogen. Das Verständnis von Prozessen und deren Vernetzung zu verschiedenen Teilbereichen ist jedoch meist nicht weniger wichtig als die Design-Kernkompetenz selbst. Designer können und werden zukünftig eine zentrale Rolle bei Entscheidungen hinsichtlich unternehmerischer Zukunftsfragen übernehmen. 171

Abb. 19 Unternehmens- und Design-Strategie (adaptiert nach Bruce/Bessant, 2002, S.66)

„Design is a significant, potentially powerful management resource, susceptible like every other management resource to intelligent direction and control”, beschreibt Olins die Management-Funktion von Design. 172 Zukünftig werden Führungskräfte in der Managementebene häufiger als bisher mit komplexen Aufgabenstellungen konfrontiert werden. Die kreativ-gestalterische und gleichzeitig pragmatische Denkweise des Designers bringt erkennbare Vorteile gegenüber den sehr hierarchischen Entscheidungsprozessen der Managementebene mit sich. Ein möglicher Grund für diese Trägheit der Führungsetagen kann in der Ausrichtung der Marketing-Management-Forschung am naturwissenschaftlichen Weltbild des 19. Jahrhunderts liegen. 173 Design Management ist demnach kein modisches Schlagwort, sondern stellt eine Notwendigkeit moderner praxisorientierter Unternehmensführung dar. 174 Aufgrund dieser Schlussfolgerung sowie der Neuausrichtung des Tätigkeitsfeldes von DesignerInnen erläutert auch das UK Design Council: „Neben den traditionellen Hard und Soft Skills muss ein Designer auch Trend-Scouting und Market Research anbieten sowie Businessmodelle entwickeln können.“ 175

Design Strategy

Business Strategy

Providing superior value

Winning sufficient customers

80

Managing cost


DESIGNMANAGEMENT-KOMPETENZ 176

Eigene Definition.

177

Vgl. Spies, 1993, S.161ff.

178

Kelley, 2001, S.99.

15.2. Von der Kern- zur strategischen Geschäftsressource Designmanagement hat sich von einer additiven Unternehmensfunktion zu einer strategischen Geschäftsressource weiterentwickelt. Die holistische Übertragung des Designgedankens auf die gesamte Unternehmung ermöglicht ein effektives Asset-Management, welches Kosten reduziert und Werte bildet. In-House Design-Departments sind strategische Partner, welche nicht nur Produktdesign generieren, sondern vielmehr die Aufgabe haben, gemeinsam mit dem Management Unternehmensvisionen und -strategien zu entwickeln und diese nachhaltig zur Erreichung der Unternehmensziele umzusetzen. Somit gehen die Bestrebungen der UnternehmensStrategie mit der Design-Strategie einher. Daraus kann folgende Formel abgeleitet werden: Business Strategy + Design Strategy = achieve Business Objectives with optimal Business Results. 176 Die Corporate-Design-Strategie, also die spezifische Design-DNA eines Unternehmens, gewährleistet eine schlüssige Wettbewerbsstrategie, welche wiederum auf der Unternehmens-Strategie beruht. Je nach Unternehmensgröße und -ausrichtung wird es notwendig, innerhalb des Unternehmens Kompetenz im Bereich des Design(-Management) aufzubauen. Um die Unternehmensstrategie samt der Einzelstrategien der Unternehmensfunktionen (z.B. Marketingstrategie usw.) bestmöglich zu unterstützen ist es notwendig, das Designmanagement in alle Unternehmensentscheidungen einzubeziehen. 15.2.1. Unterschiedliche DesignBeschaffungsformen

Interne Designabteilung: Die Designleistung wird von einer unternehmensinternen Abteilung erfüllt, wobei die Anzahl der Mitarbeiter von der Größe und dem Produktumfang abhängt. Sämtliche Phasen des gesamten Designprozesses (von der Idee bis zur Nullserie) werden von der Designabteilung erarbeitet und koordiniert. Operatives Design ist somit im Unternehmen verortet. Externe Designabteilung: Meist stellt sich der Aufbau einer eigenen Designabteilung bei Klein- und Mittelbetrieben als unwirtschaftlich heraus. Aus diesem Grund werden Designdienstleistungen projektbezogen überwiegend an externe Design-Partner vergeben (Outsourcing). Operatives Design ist also außerhalb des Unternehmens verortet. Kombination aus interner und externer Designabteilung: Eine Kombination aus beiden Beschaffungsformen kann dann zum Tragen kommen, wenn die Designkompetenz der eigenen Designabteilung überschritten wird. Designmanager übernehmen in diesem Fall die Koordination und Abwicklung des Designprojektes und vertreten die Interessen des Unternehmens nach außen. Die Brüder Kelley, Gründer des führenden amerikanischen Design-Unternehmens IDEO, schreiben zur Bedeutung von interner Kernkompetenz im Bereich des Designs: „(…) we also believe that it´s invaluable to bring certain talents and technologies in-house. In the age of the Internet and virtual corporations it´s easy to think that expertise is just a click away. But you can´t outsource all your core competencies.“ 178

In Folge stellt sich die Frage, ab welcher Unternehmensgröße man eine eigene Designabteilung braucht. Je nach Art der Unternehmensstruktur und Wertschöpfung stehen einem Unternehmen unterschiedliche Design-Beschaffungsformen zur Auswahl: 177

81


15. ÖKONOMISCHES POTENTIAL VON DESIGNMANAGEMENT 179

Zitiert nach Krautter in Design Report, 2014, S.19.

180

Siehe Erläuterung Kapitel 8.1. Gliederung der DesignmanagementsFunktionen.

181

Siehe Erläuterung Kapitel 12.1.1. Schichtmodell der Kompetenzen.

15.2.2. Designmanagement-Instanz Die Designmanagement-Kompetenz befasst sich nicht nur mit der reinen Gestaltungsarbeit, sondern stellt ein Instrumentarium zur holistischen Abstimmung von Unternehmens-Strategien dar. Der übergeordnete Designaspekt ist dabei der resultierende Mehrwert für Marke, Produkte und Unternehmen. Um die Effizienz einer koordinierenden Designmanagement-Instanz zu gewährleisten, liegt es auf der Hand, dass diese nicht wie etwa bei der Design-Beschaffung ausgelagert werden kann, sondern notwendigerweise ein integraler Bestandteil des Unternehmens sein muss. Das Designmanagement übernimmt die Funktion der Qualitätssicherung im Sinner der Unternehmensstrategie sowie koordinierende Funktion aller internen bzw. externen DesignDienstleister. Eine solche Instanz kann je nach Unternehmen und zu erstellender Designleistung unterschiedliche Größen annehmen. In Klein- und

Mittelbetrieben genügt es, wenn diese Aufgabe von einer Einzelperson übernommen wird, in Großunternehmen kann sie eine mehrköpfige Abteilunge umfassen. „Sind die Designer erst ständig verfügbar, entdeckt man, wie viel es im Unternehmen zu gestalten gibt”, 179 so der Fiskars-Designer Petteri Misalian. Mit dieser Feststellung ermutigt er Unternehmer über eine interne Designmanagement-Instanz nachzudenken. 15.3. Definition der Designmanagement-Kompetenz Wie nun ein effektives und effizientes Designmanagement in Unternehmen aufgebaut wird, wird nachfolgend anhand des Modells der Funktionen des Designmanagements 180 erläutert. Die darin vorgeschlagene 3-stufige schrittweise Implementierung von Designmanagement kann sehr gut mit dem Aufbau von Kompetenzen im Kompetenz-Schichtmodell 181 verknüpft werden. Beide Darstellungen besitzen jeweils eine 3-stufige Gliederung und behandeln den Ausbau von Fähigkeiten zu Wettbewerbsvorteilen.

Abb. 20 Phasen der DesignmanagementKompetenz Implementierung (eigene Darstellung, adaptiert nach Borja de Mozota, 2004, S.259; Krüger/ Homp, 1997, S.27; Departure GmbH, 2006, S.15)

Implementierung von Designmanagement�Kompetenz in ein Unternehmen

82

Design Styling

Design Prozess

Design Strategie

Der differenzierende Wert von Design

Der dauerhafte Wert von Design

Der transferierbare Wert von Design

Design ist eine Wirtschafts�Kompetenz, welche eine kundenrelevante Ausrichtung generiert und somit Wettbewerbsfähigkeit schafft.

Design ist eine Management�Kompetenz, welche koordinierende Massnahmen in der Wertschöpfung hervorbringt.

Design ist eine Kern�Kompetenz, welche holistische Abstimmung zwischen Unternehmensstrategie und Designstrategie ermöglicht.

Design wird ausschließlich als Verkaufsfaktor genutzt

Design als wesentlicher Bestandteil im Produktentwickungsprozess

Design wird fest in der Unternehmenskultur verankert

OPERATIVES DESIGNMANAGEMENT Kompetenz 1. Ordnung

FUNKTIONELLES DESIGNMANAGEMENT Kompetenz 2. Ordnung

STRATEGISCHES DESIGNMANAGEMENT Kompetenz 3. Ordnung


DESIGNMANAGEMENT-KOMPETENZ 182

Eigene Definition.

Der 3-stufige Ansatz aus Abb. 20 beschreibt die theoretische Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Implementierung von Designmanagement-Kompetenz in einem Unternehmen (Designmanagement-Funktionen und schrittweiser Aufbau von Kernkompetenz). Um zu gewährleisten, dass die Kompetenzen in sämtlichen Unternehmensfunktionen auch langfristig zur Sicherung der Unternehmensziele beitragen, müssen sie sich flexibel neuen Marktrealitäten anpassen und jene zugrunde liegenden Ressourcen und Fähigkeiten auf andere Unternehmensbereiche übertragen lassen. Das Modell muss also um einen zusätzlichen Aspekt der Anpassung und Weiterentwicklung ergänzt werden. Verkürzte Produktlebenszyklen machen es für Unternehmen unabdingbar, sich auf ständig wechselnden Marktgegebenheiten einzustellen. Sind Unternehmen in der Lage, das Designmanagement für strategische Unternehmenszwecke zu nutzen, ihre Kernkompetenzen fortwährend zu identifizieren, weiterzuentwickeln und diese schließlich wieder auf neue, ertragreiche Produkte/Branchen zu übertragen, so kann von einer effizienten Designmanagement-Kompetenz gesprochen werden.

16. ABSCHLIESSENDE WORTE Der Unterschied zwischen Design-Beschaffung und Designmanagement besteht darin, dass zweiteres samt seiner koordinierenden Funktion innerhalb eines Unternehmens verankert sein sollte. Wie unzählige internationale Studien beweisen, avanciert die Funktion des Designs von einer nachträglichen Produktkosmetik zu einem integralen Bestandteil sämtlicher Unternehmensfunktionen. Die oftmals in der Designmanagement-Literatur geäußerte Behauptung, Design sei Chefsache, verdeutlicht die Notwendigkeit, dass eine ganzheitliche Design-Haltung auch in der Chefetage Einkehr halten muss. Das Potential des integrativen Designmanagements und seine strategische Bedeutung müssen vom Topmanagement als Erfolgsfaktor erkannt und zur effektiven Bildung bzw. Abstimmung der eigenen Unternehmensstrategien herangezogen werden. Erst wenn das Design fix in der Unternehmenskultur verankert ist und ein Verständnis für ein „offenes Design-Klima” vorherrscht, kann sich Design auf weitere Unternehmensfunktionen, Produkt- und Markenbereiche auswirken und dadurch zum positiven Unternehmenserfolg beitragen.

Designmanagement-Kompetenz kann also abschließend wie folgt definiert werden: 182 „The goal of designmanagement competency is to generate a holistic approach for organizations, encompassing all levels of corporate functions and ensuring the efficient and effective use of internal and external design resources to achieve business objectives. The coherence between competence and designmanagement has a positive impact on an organization’s added value and indicates long-term competitive advantages. The internal core-competences impede imitation and substitution through competitors, therefore the organization has a potential for above-average business profits in new products/market fields.”

83


16. ABSCHLIESSENDE WORTE

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89



MARKENDEHNUNG KOMPLEXER PRDOUKTE Mag. (FH) Benjamin Schilbach Nach seiner technischen Ausbildung zum Schreinergesellen absolvierte Benjamin Schilbach den Diplomstudiengang für Design- und Produktmanagement an der Fachhochschule Salzburg. Hier erlangte er zusätzlich den Grad des Project Management Practitioner (IPMA-Level-D), welcher ihm den Einstieg als Projektmanager im Bereich Hotelbau ermöglichte. Anschließend war er bei Glas Marte GmbH Entwickler, Produktmanager und wissenschaftlicher Leiter. Derzeit arbeitet Benjamin Schilbach als selbständiger Design- und Produktmanager sowie als Unterstützung für Unternehmen durch Markenstrategie und -beratung. Des Weiteren ist er CEO der „SCHILBACH GmbH“, einem jungen, innovativen Unternehmen im Bereich Zusatzprodukte für den Streichinstrumentenbau und -restauration. benjamin@schilbach.net

MARKENDEHNUNG KOMPLEXER PRODUKTE ERFOLGSFAKTOR DESIGNPROZESS 1. EINLEITUNG „Eine Wahnsinns-Uhr … DIESEL, oder?“ Und ja, es handelt sich tatsächlich um eine DIESELUhr. Ohne das Logo zu sehen, lässt sich auf die Marke schließen. Die typische Formensprache hat sie verraten. Die Material- und Farbwahl sowie die Haptik sprechen eindeutig die Markensprache von DIESEL. Ähnlich ist es bei BMW – bei den Autos der Bayerischen Motoren Werke lässt sich ebenfalls die Marke klar erkennen, obwohl man das Logo noch nicht gesehen hat. Doch es gibt einen entscheidenden Unterschied: BMW steht für Automobile, DIESEL hingegen für Fashion und nicht für Uhren. Dennoch ist erkennbar, um welche Marke es sich handelt. Auch in anderen Bereichen gibt es eindeutige Beispiele. Klar ist, dass der NIVEA-Rasierschaum optisch eindeutig als zur NIVEA-Markengruppe zugehörig erkannt wird, da es sich um eine vergleichsweise nahe Markendehnung handelt. Die Marke benötigte Jahre des Imageaufbaues bevor sie neben ihrem Hauptprodukt, der NIVEA-Creme, noch weiter Produkte ins Rennen schicken konnte. 01

91


1. EINLEITUNG 01

Vgl. Esch, 2011, S.282.

02

Vgl. Bliemel/Kotler, 2001, S.761.

03

Vgl. Esch, 2011, S.282.

04

Vgl. http://www.ritter-sport.de [Stand: 14.08.2015]

05

Vgl. http://www.group.hugoboss.com [Stand:14.08.2015]

06

Vgl. Esch, 2011, S.287ff.

Doch wie würde etwa für eine Werbekampagne, eine NIVEA-Tasche oder -Jacke aussehen? Ob solche Produkte unter der Marke NIVEA sinnvoll wären, sei einmal dahingestellt. „Echt, die Pfeife ist von Porsche Design?“ Marken, die ihr Potential auf fast allen Ebenen ausschöpfen, sind oft Automobilhersteller. Porsche hat neben dem Kernprodukt, dem Porsche-Automobil, auch noch eine eigene Design-Produktserie, Porsche Design. Dieses Designbüro hat sich aus der ursprünglichen Marke Porsche herausgebildet. Hier finden sich diverse ferne Dehnungsprodukte. Vom Kugelschreiber über Jacke bis hin zu Schuh und Schlagbohrmaschine findet sich hier alles, jedoch immer mit dem gewissen Porsche-Design-Anspruch. Dabei gehen die jeweiligen Gestaltungsmerkmale weit auseinander. Hier zeigt sich, dass die Gestaltung, Interpretation und Auslegung der Marke im Gefühl und den Händen des jeweiligen Designers oder, als Kontrollinstanz und „Auftraggeber“, des Produktmanagers liegen und die können mitunter stark voneinander abweichen. Damit so ein neues Produkt als glaubwürdige Markenfortsetzung erscheint, braucht es ein gutes Fingerspitzengefühl, viel Erfahrung und oft ein glückliches Händchen. Bei kleineren Firmen liegt die gestalterische Auslegung der Marke oft in den Händen des Chefs bzw. Geschäftsführers. Was passiert, wenn eine Marke verkauft wird, wie wird diese Markenbild weitergeführt? Die Gefahr, dass die Produkte von den Kunden nicht mehr als passend oder gar als nicht zur Marke dazugehörig gesehen werden, steigt. Marken, die sehr stark in vertikaler Richtung gedehnt sind, müssen besonders darauf achten, dass die Markendehnungsprodukte den nötigen Fit zur Marke haben. Je weiter gedehnt wird, desto schwieriger und kniffliger wird die erfolgreiche Umsetzung. Vertikale Markendehnung: Ausdehnungen einer Marke in der vertikalen Richtung, betreffen die Produktkategorie bzw. das Produktspektrum. Hierbei bleibt das Image der Marke bzw. der Markenauftritt gleich, es werden jedoch weitere Produktkategorien hinzugefügt. So hat sich z.B. die 1911 gegründete Marke NIVEAmittlerweile in sechs weitere Produktbereiche erweitert und somit das alte Produktspektrum

92

„ausgedehnt“. Das neue Produktspektrum von NIVEA, ausgehend vom Produktbereich Hand- und Gesichtspflege umfasst nun auch Haarpflege, Rasur, Baden/Duschen, Köperpflege, Babypflege und Sonnenschutz. 02 Je weiter eine Marke in vertikaler Richtung gedehnt wird, desto weiter entfernt erscheint das Markendehnungsprodukt im Vergleich zum ursprünglichen Markenprodukt bzw. desto weniger hat das Markendehnungsprodukt mit dem ursprünglichen Markenprodukt zu tun. Im Falle NIVEA ist das ursprüngliche Produkt eine Hand- und Gesichtscreme. Weitere cremenähnliche Produkte, wie die 1980 vorgestellte Bath-Care-Kollektion oder die ein Jahr später eingeführte Sun-Kollektion, sind vergleichbar nahe Markendehnungsprodukte. Die Lip-Care-Kollektion oder diverse Deodorants sind dagegen „weiter“ gefasst, da diese nicht auf cremeartigen Substanzen beruhen. Vergleichsweise spät wurden sie dementsprechend in das Produktspektrum mit aufgenommen. 03 Horizontale Markendehnung: Im Gegenzug, betrifft die Ausdehnung einer Marke in horizontaler Richtung, das Marken- oder auch Produktimage, bzw. den Exklusivitätsgrad einer Marke oder auch eines Produktes. Die Produktkategorie/n bzw. das Produktspektrum bleiben bei einer solchen Ausdehnung gleich. Als Beispiel kann man hierfür die 1912 gegründete Marke Ritter Sport nennen. Die Produktkategorie der quadratischen Schokolade mit dem zentral platzierten Logo und dem 1976 eingeführten Knick-Pack gibt es heute in zahlreichen und immer neuen Variationen. Die unterschiedlichen Sorten sprechen inhaltlich jedoch jedesmal eine andere Sprache. Es geht von „Pur“ über „Knusprig“, „Fruchtig“ und „Cremig“ bis hin zu „Nussig“, „Bio“ und „Laktosefrei“. 04 Bei Ritter Sport handelt es sich um eine vergleichsweise nahe Markendehnung, da sich nur auf Produktebene eine „Imagevarianz“ (die Einstellung zu der jeweiligen Geschmacksrichtung) bildet. Bei HUGO BOSS geht man den Weg in horizontaler Richtung weiter, so dass sich sogar Teile des Markennamen ändern. Neben HUGO BOSS, gibt es heute BOSS, BOSS ORANGE, BOSS Green und HUGO bei teils gleichen Produktkategorien. 05 Bei Henkel geht man sogar noch einen Schritt weiter und vergibt in der Produktkategorie Waschmittel gleich eigenständige Markennamen wie Persil, Spee, Weißer Riese für den jeweils unterschiedlichen Exklusivitätsgrad. 06


MARKENDEHNUNG KOMPLEXER PRDOUKTE 07

Köhler, 2001, S.151.

08

Vgl. Köhler, 2001, S.31.

2. MARKENDEHNUNG ALS CHANCE FÜR UNTERNEHMEN Um überhaupt verstehen zu können was es für eine Marke bedeutet, gedehnt zu werden, muss zunächst einmal die Marke mit ihrer gesamten Erlebniswelt beschrieben werden. Das wichtigste (sowohl für Neumarken als auch Markendehnungen) ist die Definition des Markenkerns. 07 Der Markenkern bildet die Grundlage für das Gesamtbild einer Marke und deren Erlebniswelt. Gefühle, Stimmungen, visuelle Eindrücke sowie eine natürliche Kernproduktzugehörigkeit sind Bestandteile dieses komplexen Systems. Die Marken-Erlebniswelt lässt sich mittels unterschiedlicher „Schalen“ beschreiben. Dieses Schalenmodell ist Grundlage für weitere Erläuterungen zu unterschiedlichen Markendehnungs-Ansätzen in diesem Buch.

Die innerste der Schalen bildet den Kern des physischen Produktes und beschreibt die Erfüllung des Grundnutzens. Produktdesign sowie eine eigenständige Verpackung unterstützen die Qualitätswahrnehmung; diese bildet die zweite Schale. Die dritte Schale wird durch den Markennamen dargestellt. Die Wiedererkennung des Produktes, im Gespräch oder am Point of Sale, wird durch ihn gewährleistet. Die Wiedererkennung eines Markennamens unterstützt und erleichtert den Aufbau eines klaren Images auf der dritten Schale. Dieses muss stetig gepflegt werden, damit sich die Marke eindeutig am Markt positionieren kann und die mit ihr verbundenen Gefühle und Emotionen vom Konsumenten abgerufen werden können. 08

Abb. 01 Marken-Erlebniswelt (eigene Darstellung, adaptiert nach Köhler, 2001, S.30)

93


2. MARKENDEHNUNG ALS CHANCE FÜR UNTERNEHMEN 14

09

Köhler, 2001, S.31.

10

Vgl. Köhler, 2001, S.31.

11

Vgl. Mayer de Groot, 2011, S.10.

12

Vgl. Köhler/Majer/Wiezorek, 2001, S.161f.

13

Esch, 2011, S.289.

Vgl. Esch, 2011, S.287ff.

„Aber nur Marken, die in der Lage sind, noch eine weitere Schicht aufzubauen, haben es geschafft, eine dauerhafte Marken-Erlebniswelt aufzubauen“ 09 Der symbolische Wert und der „Mythos“ einer Marke sind das, was unterbewusst ein Glitzern in den Augen der Konsumenten hervorruft. Um als Marke so prägnant auftreten zu können, müssen vom Corporate Design über Corporate Communication bis hin zu Corporate Behaviour alle vertretenen Werte (intern/extern) auf die gesamte Markenerlebniswelt hin ausgerichtet sein. 10 In der heutigen Zeit, in der Unternehmen auf ständiges Wachstum bedacht sind, ist neben der Neumarkenbildung die Markendehnung eine gute Möglichkeit, um sich weiter zu entwickeln. Wie Abb. 02 zeigt, gibt es zum einen die Möglichkeiten einer Ausweitung des Unternehmens mit vorhandenen und neuen Marken und zum anderen eine Ausweitung in bisherigen und neuen Produktkategorien. Bei „echten“ Neuheiten oder Innovationen sollte ein neuer Markenname gewählt werden und somit eine neue Marke gegründet werden. Unter „echten“ Innovationen verstehen wir Produkte, die sich in der Wahrnehmung der Konsumenten

Abb. 02 Strategische Optionen für Markenund Produktkombinationen (eigene Darstellung, adaptiert nach Esch, 2011, S.288)

94

deutlich von bisherigen Lösungen oder Angeboten unterscheiden. Ob sie „objektiv“ neu sind, ist dabei nicht von Belang. 11 Die Stammmarke kann als verdeckter Markenführer, wie etwa Unilever mit den Marken Magnum, Solero oder Cornetto, im Hintergrund agieren, als Dachmarke, wie bei Bosch und ihren unterschiedlichen Leistungen, oder als Familienmarke – hier können innerhalb des Unternehmens unterschiedliche Produktlinien mit ebenfalls unterschiedlichen Marken nebeneinander agieren, wie z.B. bei der Marke NIVEA von Beiersdorf. 12 „Lässt die Positionierung einer vorhandenen Marke die Ansprache bestimmter Kundensegmente in einem Markt nicht zu, empfiehlt sich die Einführung einer flankierenden Marke.“ 13 (siehe Abb. 03) Als Beispiel lässt sich hier Henkel im Waschmittelmarkt anführen. Henkel war schon mit den beiden Marken Persil und Weißer Riese im Waschmittelmarkt vertreten und führte aufgrund der Premiumstellung von Persil und der mittleren Stellung von Weißer Riese, die Marke Spee Megaperls für die untere Preiskategorie ein. Somit wurde verhindert, dass die zwei Premiumprodukte ihre Stellung und ihr Image verloren und zudem konnte Henkel noch den segmentierten Markt breiter durch ein zusätzliches, günstigeres Produkt bearbeiten. 14

bisheriger Markenname

neuer Markenname

bisherige Produktkategorie

Produktlinienerweiterung

flankierende Marke

neue Produktkategorie

Markenerweiterung

neue Marke

neue Produkte

Produktentwicklung

Diversifikation

gegenwärtige Produkte

Marktdurchdringung

Marktentwicklung

bisherige Märkte

neue Märkte


MARKENDEHNUNG KOMPLEXER PRDOUKTE 15

Esch, 2011, S.287.

16

Esch, 2011, S.299.

17

Vgl. Esch, 2011, S.304ff.

18

Vgl. Esch, 2011, S.288.

19

Vgl. Thiessen, 2006, S.3.

Markenimage Stammmarke

Markenprodukt

Produktspektrum (vertikal)

Brand I/Flank2

Brand I/Flank1

Brand I

Flankierende Marke

Flankierende Marke

Exklusivitätsgrad (horizontal)

„Bei der Nutzung vorhandener Marken handelt es sich um Markendehnung durch Produktlinienerweiterungen oder durch Markenerweiterungen (= Dehnung der Marke in neue Produktkategorien).“ 15 (siehe Abb. 04) Bei der Dehnung in horizontaler Richtung bzw. in einer bestehenden Produktkategorie und unter bisherigem Markennamen spricht man von Produktlinienerweiterung. So eine Dehnung der Marke wird auch „Line-Extension“ genannt. Sie wird beispielsweise angewandt um durch eine Expansion in gleiche oder verwandte Produktkategorien auf die einzelnen Kundensegmente stärker eingehen zu können, so dass der Markt stärker abgedeckt wird. „Vor der Aufnahme eines Produktes in einer Produktlinie ist darauf zu achten, dass dieses Produkt tatsächlich zur Marke passt.“ 16 Ebenfalls sehr wichtig bei der Überlegung einer Produktlinienerweiterung ist es, nicht zu viele Varianten anzubieten, da der Kunde sonst überfordert wird. Die angebotenen Produkte sollten sich auch gut voneinander unterscheiden lassen, ohne auf die Vermittlung einer Zugehörigkeit zur Marke zu verzichten, damit der Kunde nicht Gefahr einer Verwechslung läuft. 17 Eine Markendehnung muss für den Kunden plausibel und durch die Imagezugehörigkeit klar verständlich sein.

Abb. 03 Flankierende Marke (eigene Darstellung)

So versuchen beispielsweise Zigarettenhersteller mit einer breiten Angebotspalette auf unterschiedliche Kundenwünsche einzugehen. Neben der Standardsorte gibt es oft eine Light-, eine Ultralight-, eine Medium-, eine Mentholversion und viele mehr. 18 Dabei spielt das Abschotten einer Nische vor der Konkurrenz eine entscheidende Rolle. Demzufolge ist nicht unbedingt der erwartete Umsatz von entscheidender Bedeutung als vielmehr, dass der Kunde der Meinung sein könnte, das Sortiment sei nicht vollkommen. 19

95


2. MARKENDEHNUNG ALS CHANCE FÜR UNTERNEHMEN 20

Esch, 2011, S.290.

21

Vgl. Esch, 2011, S.291.

22

Thiessen, 2006, S.4.

23

Esch, 2011, S.292.

24

Vgl. Esch, 2011, S.292.

Wird eine Marke, wie in dem Fall der Produktlinienerweiterung, unter bisherigem Markennamen erweitert (vertikale Richtung, neue Produktkategorie), so spricht man von einer Markenerweiterung. „Bei der Entwicklung neuer Marken ist – ob in einer alten oder neuen Produktkategorie – immer mit einem hohen Marketingaufwand zu rechnen, bis die Marke zu den bekannten und akzeptierten Alternativen bei Kunden gehört. (…) Ferner sind die Listungskosten neuer Marken im Handel zu berücksichtigen, um eine entsprechende Distribution zu gewährleisten.“ 20 Zudem ist die Entwicklung einer neuen Marke mit einem enormen finanziellen Risiko verbunden.

bereits bekannten (Stamm-) Marken wesentlich geringere Einführungspreise.“ 22 Das Verhältnis Werbekosten zu Verkaufseinheiten bei der Markendehnung ist ebenfalls der Diversifikation überlegen. Besonders große Effizienz erreicht man, wenn die Produktkenntnisse des Kunden niedrig sind, weil dieser sich so stärker auf das gute Image der Marke verlässt. Des Weiteren ist es für eine steigernde Effizienz günstig, „wenn es sich um Erfahrungsgüter handelt, bei denen das Markenvertrauen bekannter Marken wichtiger ist, als bei Produkten, deren Eigenschaften man unmittelbar prüfen kann.“ 23 Es ist auch von Vorteil, wenn es sich um neue, statt um etablierte Produktkategorien handelt. Das liegt daran, dass der Kunde sich bei neuen Produkten noch nicht so sicher ist und lieber einer Marke seines Vertrauens Aufmerksamkeit schenkt. Das variiert aber je nach Produktkategorie und Innovationsgrad. 24 Als indirekte Markenerweiterung stellt das Master-Branding eine besondere Form der Markendehnung in eine neue Produktkategorie dar. (siehe Abb. 05) Hierbei handelt es sich um eine vertikale Markendehnung, wobei der ursprüngliche Markenname um einen Zusatz erweitert wird.

Laut einer vorsichtig Managereinschätzungen liegt die Flopquote neuer Produkte bei exorbitanten 85 bis 95 Prozent. 21 Diese Eintrittsbarrieren für neue Produkte lassen sich mittels einer Markenerweiterung umgehen. „So hat man mit

Abb. 04 Produktlinienerweiterung und Markenerweiterung (eigene Darstellung)

Markenerweiterung

Brand I/P5

neues Markenimage gedehnte Marke

Brand I/P4

Produktspektrum (vertikal)

Brand I/P3

Markenimage Stammmarke Produktinienerweiterung Exklusivitätsgrad (horizontal)

96

Brand I/P1

Brand I/P2

Markenprodukt


MARKENDEHNUNG KOMPLEXER PRDOUKTE 25

Thiessen, 2006, S.4.

26

Vgl. Esch, 2011, S.295f.

27

Esch, 2011, S.296.

28

Esch, 2011, S.359.

29

Esch, 2005, S.761.

Als Beispiel einer gelungen Kooperation lassen sich die Porsche-Design-Uhren von IWC nennen. Die positiven Verknüpfungen zu beiden Stammmarken werden auf das neue, gemeinsame Produkt übertragen und erlauben insgesamt eine einfachere, kostensparende Vermarktung bzw. Produkteinführung im Vergleich zu einer direkten Erweiterung ohne Partner. 29 Auf den Spezialfall Co-Branding wird in weiterer Folge noch genauer eingegangen, da dieser ein weit komplexeres Vorgehen erfordert.

Beispielsweise wurde die Marke Boss, die durch den Zusatz „Hugo“ als Sub-Brand, mit der Markendehnung nach unten gedehnt. Durch den Zusatz „Baldessarini“ als Super-Brand, mit der Markendehnung in ein oberes Segment erweitert. „Das Ziel einer solchen Ergänzung liegt darin, einzelne Imagebestandteile zu betonen.“ 25 Diese Form der Dehnung hat den Vorteil das positive Image, welches oft nur auf einen ganz bestimmten Produktbereich zugeschnitten ist, auf andere Produkte zu übertragen, ohne Gefahr zu laufen, das Image der Stammmarke zu verwässern. 26 „Bei einer indirekten horizontalen Markenerweiterung werden zwei bestehende Marken miteinander kombiniert.“ 27 Diese Form der Markendehnung wird Co-Branding, CompositeBranding oder Markenallianz genannt. „Durch eine Markenallianz wird die Kraft von mindestens zwei Marken gebündelt“ 28 Dabei bringen beide Marken ein neues Produkt auf den Markt und kombinieren so die positiven Image-Eigenschaften beider Marken. (siehe Abb. 06)

Abb. 05 Master-Branding (eigene Darstellung)

Markenprodukte Markenimage Stammmarke Brand I.2 neues Markenimage gedehnte Marke

Produktspektrum (vertikal)

Brand I.1

Brand I.3

SuperBranding

SubBranding Exklusivitätsgrad (horizontal)

97


2. MARKENDEHNUNG ALS CHANCE FÜR UNTERNEHMEN 30

Esch, 2011, S.308.

31

Vgl. Esch, 2011, S.309.

32

Vgl. Esch, 2005, S.761.

2.1. Chancen einer Markenerweiterung Bevor ein Unternehmen anfängt über eine Markendehnung nachzudenken, sollte es sich über die Chancen, aber auch die Risiken einer solchen bewusst werden. Im Folgenden wird auf die Chancen und eigentlichen Ziele einer Markendehnung eingegangen. „Mit einer Markenerweiterung will man einen Goodwill-Transfer realisieren, d.h. positive Imagekomponenten von einer etablierten Marke auf ein Erweiterungsprodukt in einer neuen Produktkategorie übertragen. Zudem soll das Image des Erweiterungsprodukts zur Stärkung der Stammmarke beitragen.“ 30 So konnte beispielsweise durch die Einführung des Erweiterungsproduktes Bacardi Rigo eine positive Stärkung der Stammmarke Bacardi festgestellt werden. Hier wurden erfolgreich typische Eigenschaften von Bacardi, wie karibische Lebenslust, auf das Erweiterungsprodukt übertragen. Dadurch wird die Marke Bacardi jetzt als moderner, lebendiger und spannender wahrgenommen. 31 Ähnliches lässt sich auch bei der Marke Jaguar im Jahr 1988 beobachten. Die Einführung einer technisch verbesserten PKW-Serie überträgt ein positives Image auf die Stammmarke Jaguar, was in den erhöhten Absatzzahlen der Marke Jaguar erkennbar wurde. 32

Abb. 06 Co-Branding (eigene Darstellung)

Markenimage Kooperationsmarke

Markenimage Stammmarke Brand II

Produktspektrum (vertikal)

Brand I

Markenprodukt

Exklusivitätsgrad (horizontal)

98

CoBranding


MARKENDEHNUNG KOMPLEXER PRDOUKTE 33

Esch, 2011, S.309.

38

Alpecin Flaschenaufdruck, 2008.

43

Vgl. Esch, 2011, S.311.

34

Vgl. Thiessen, 2006, S.6.

39

Vgl. Thiessen, 2006, S.6.

44

Vgl. Esch, 2011, S.310.

35

Esch, 2011, S.310.

40

Mayer de Groot, 2011, S.8.

45

Thiessen, 2006, S.7.

36

Vgl. Esch, 2011, S.309.

41

Thiessen, 2006, S.6.

46

Vgl. Esch, 2011, S.310.

37

Thiessen, 2006, S.6.

42

Vgl. Esch, 2011, S.293.

47

Esch, 2011, S.311.

„Eine solche idealtypische Wirkungsbeziehung setzt allerdings voraus, dass zwischen der etablierten Marke und dem Erweiterungsprodukt ein stark imagemäßiger Bezug von Konsumenten wahrgenommen oder hergestellt werden kann. (…) So können Nutzenbezüge, Herstellungsbezüge, Verwendungsbezüge und Ähnliches wahrgenommen werden.“ 33 Ein weiterer Vorteil für Unternehmen ist, dass insbesondere bei Low-Involvement-Produkten unter Umstände ein hoher Bekanntheitsgrad und die Übertragung der Wissensstrukturen der Stammmarke für einen Erstkauf eines Neuproduktes ausreicht und dadurch Kosten eingespart werden können. 34 Dies ist jedoch mit Vorsicht zu genießen. „Ein bloßes Wiedererkennen der Marke reicht oft für einen Versuchskauf aus, da der Markenname ein bestimmtes Qualitätsniveau garantiert. Dadurch soll die Kaufbereitschaft und die Erstkaufrate gesteigert werden.“ 35 Bei Bacardi werden beispielsweise Kommunikationsmaßnahmen für Barcardi oder auch für Bacardi Rigo auf beide Produkte übertragen, so dass beide gleichermaßen davon profitieren. Dies wiederum senkt erheblich die Werbekosten. 36 „Absatzsteigerungen lassen sich auch durch markentransferbedingte Intensivierungen von Verbundungseffekten zwischen den Produkten mit einheitlichem Markenzeichen realisieren. Dies kann durch die Vermittlung eines Systemgedanken erfolgen.“ 37 So wird beispielsweise auf Haarpflegeprodukten, wie etwa bei Alpecin Liquid, die Empfehlung angegeben: „Verwenden Sie die auf Ihre Kopfhaut abgestimmten Shampoos von Alpecin.“ 38 Dies hat bei den Konsumenten zur Folge, dass die Meinung aufgebaut wird, Alpecin Liquid würde in Verbindung mit dem passenden Shampoo derselben Marke wirkungsvoller sein. 39 Doch sind diese Einsparungen nach aktuellen empirischen Daten als sehr gering einzuschätzen. „Von extrem seltenen Ausnahmefällen abgesehen, gibt es beim Imagetransfer – während der Einführung (in den meisten Märkten circa 2-3 Jahre) mit einem bekannten Markennamen – keine »economies of scale«“. 40

Weiter spricht auch der Risikogedanke für eine Markendehnung. „Aus Sicht des Unternehmens ist ein Neuprodukt mit bekannter Marke weitaus weniger riskant als ein Neuprodukt mit Schaffung einer neuen Marke.“ 41 So überleben laut einer Studie von 1990 nur 30% der neu gebildeten Marken im Konsumgüterbereich die ersten fünf Jahre, wohingegen sich bei Einführung neuer Produkte unter bestehenden Marken mehr als 50% über die Fünfjahresgrenze hinweg behaupten. 42 Markendehnung kann für Konzerne eine Chance darstellen, Probleme von Werbebeschränkungen in einigen Ländern zu umgehen. Gerade für Tabakwaren, die einer Werbebeschränkung unterliegen, können Produkte beworben werden, die an sich nichts mit Tabak zu tun, jedoch durch den auf die Stammmarke angepassten „Fit“ positive Auswirkungen auf diese haben. Als Beispiel hierfür könnte man die Tabakmarke Marlboro nennen, welche durch Werbemaßnahmen für ihr Spartenunternehmen Marlboro Reisen ihren Bekanntheitsgrad steigern und ein positiveres Image erreichen konnte. 43 Ebenfalls wichtig für die Überlegung einer Markendehnung und Nutzung einer etablierten Marke ist die Verbesserung der Point-of-Sale-Präsenz, höhere Bekanntheit sowie der Vertrauensbonus durch Kunden. Dies führt zu einer höheren Handelsakzeptanz im Vergleich zu einer neuen Marke. Daraus ergeben sich Regalplatzsicherung und -ausweitung, sowie eine höhere Listungsbereitschaft. Dies hat zur Folge, dass der Akquiseaufwand der Händler entsprechend geringer eingeschätzt wird. 44 „Zudem will der Handel verhindern, dass der Kunde denken könnte, sein Sortiment sei nicht komplett.“ 45 Markendehnungen können bei etablierten Marken zur erleichterten Imagemodifikation bzw. Umpositionierung verwendet werden. Dabei wird durch die Dehnung mit neuen Produkten eine stetige Ausweitung der Kompetenzen der Marke vorangetrieben. 46 „Typisches Beispiel hierfür ist die Marke Nivea, die von einer Creme über die Markenerweiterungen in neue Produktbereiche wie Körperlotion, Sonnenschutz, Duschbad usw. hin zu einer Pflegemarke umpositioniert wurde.“ 47

99


2. MARKENDEHNUNG ALS CHANCE FÜR UNTERNEHMEN 48

Vgl. Esch, 2011, S.310.

53

Vgl. Esch, 2011, S.300.

49

Vgl. Esch, 2011, S.310.

54

Köhler/Majer/Wiezorek, 2001, S.167.

50

Vgl. Esch, 2011, S.311.

55

Vgl. Esch, 2011, S.312.

51

Esch, 2011, S.300.

56

Thiessen, 2006, S.8f.

52

Vgl. Thiessen, 2006, S.8.

Mit einer solchen Umpositionierung oder Erweiterung des Bedeutungsfeldes werden neue Zielgruppen erschlossen. 48 Durch eine Markendehnung kann der Markenlebenszyklus von dem Produktlebenszyklus entkoppelt werden, so dass die Stammmarke wieder revitalisiert auftreten kann. Dies geschieht dann, wenn Marken sich nur durch ein Produkt identifizieren. Wie am Beispiel der Marke Maggi zu sehen ist, kann durch Produkterweiterungen eine Verjüngung der Stammmarke erreicht werden. Beispielsweise durch die Markendehnung auf Fertigsuppen konnte Maggi sein veraltetes, verstaubtes Image ablegen. 49 2.2. Risiken einer Markenerweiterung Genauso wichtig wie das Bewusstsein für die Chancen einer Markendehnung sind das Wissen über und der Umgang mit den dabei entstehenden Risiken. Für die mangelnde Akzeptanz des Erweiterungsproduktes und der weiteren Risiken lassen sich drei zentrale Ursachen herausstellen: 50 • Die mangelnde Hebelwirkung der Marke kann als erste Ursache genannt werden. Das bedeutet, dass die Marke nicht stark genug ist. Mit zu geringer Markenbekanntheit und einem zu schwachen Image für eine Markendehnung sind für das Erweiterungsprodukt keine Gedächtnisinhalte übertragbar. • Eine weitere schwerwiegende Ursache ist, zweitens, der mangelnde Fit eines Erweiterungsproduktes zur eigentlichen Stammmarke. Hierbei werden auf das Erweiterungsprodukt nicht relevante oder nicht passende Markenimages und -vorstellungen übertragen. • Als dritte Ursache ist die Fehleinschätzung der Synergieeffekte zu nennen. Dabei erleidet das Erweiterungsprodukt Promotions- und Werbedefizite durch die Überschätzung der Synergien.

Negative Auswirkungen kann auch der so genannte Kannibalisierungseffekt haben. „Kannibalisierungseffekte treten dann auf, wenn durch das neue Produkt gleiche oder ähnliche Bedürfnisse angesprochen werden wie bereits durch vorhandene Produkte einer Marke.“ 51 Eine Markendehnung wird oft wegen des Risikos einer Kannibalisierung gescheut, da man die Umsatzeinbrüche des Stammproduktes nicht in Kauf nehmen möchte. So z.B. waren in den neunziger Jahren viele Unternehmen der Medienbranche nicht bereit, ihr vollwertiges Angebot ins Internet zu stellen, da eine Kannibalisierung des Kerngeschäftes von Printmedien erwartet wurde. Jedoch ist in einem solchen Fall die eigene Kannibalisierung dem Umsatzverlust durch Wettbewerber, welche in diesem Beispiel das nicht besetzte Online-Segment übernehmen vorzuziehen. 52 Es gibt allerdings auch die proaktive Kannibalisierung. Dabei wird bewusst das alte Produkt langsam durch den Nachfolger vom Markt verdrängt. Wie es beispielsweise Gillette mit dem Atra Plus Rasierer gemacht hat, der durch das Nachfolgeprodukt Mach 3 kannibalisiert wurde. 53 „Weiterhin ist die Glaubwürdigkeit der Marke dann gefährdet, wenn zu viele Brand Extensions in zu kurzen Zeitabständen durchgeführt werden.“ 54 Als Beispiel lässt sich die Marke Virgin nennen. Sie wurde zu schnell und in zu viele unterschiedliche Produktkategorien gedehnt wie Cola, Schallplatten, Kosmetik, PC-Spiele und viele mehr, was zu einer Verwässerung des Images führte. 55 „Auch wenn Markendehnungsstrategien prinzipiell den Zugang zum Handel fördern können, so hat die insbesondere durch Markendehnungsstrategien begünstigte Inflation an Produktangeboten insgesamt zu einer Erschwernis der Distribution geführt. Dies gilt vor allem dann, wenn der Handel davon ausgeht, dass mit neuen Markentransfers lediglich eine Umschichtung von Umsätzen, nicht jedoch ein Umsatzgewinn einhergeht.“ 56 „Die Marke kann beispielsweise ihr klares Profil verlieren, wenn Haupt- und Transferprodukt zu unterschiedliche Zielgruppen ansprechen.“ 57 Assoziationen der Stammmarke können aufgrund

100


FIND MORE ABOUT THE BOOK 57

Köhler/Majer/Wiezorek, 2001, S.167.

58

Vgl. Mayer de Groot, 2011, S.4.

59

Vgl. Thiessen, 2006, S.9.

60

Vgl. Sattler, 2001, S.148.

61

Vgl. Thiessen, 2006, S.9.

62

MARKENDEHNUNG KOMPLEXER PRDOUKTE

Vgl. Esch, 2011, S.312.

fehlender Relevanz oder neuer, situationsspezifischer Zeichen bzw. Zeichenbenutzung eine negative oder andere Wahrnehmung bei dem Konsumenten hervorrufen, da nun die Produkte in einem neuen Kontext stehen. Anders gesagt kann im schlimmsten Fall durch den negativen Rücktransfer der neu gebildeten Wahrnehmung durch das Erweiterungsprodukt das Image der Stammmarke angegriffen oder gar deren Verfall eingeleitet werden. Selbst eine vermeintlich gute Markendehnung mit einem positiven Image und guten Umsätzen kann negative Auswirkungen auf die Stammmarke haben.

Als Negativbeispiel lässt sich die Marke Palmolive nennen. Die Stammmarke Palmolive mit der Kernkompetenz Kosmetik- und Körperhygieneartikel wurde erfolgreich in den Bereich Geschirrspülmittel gedehnt. Das Palmolive Geschirrspülmittel wurde sehr gut angenommen, doch gab es eine negative Rückkopplung auf den gesamten Kosmetik- und Körperhygienebereich und die Umsätze brachen stark ein. Erst durch die Abkopplung der Stammmarke vom Dehnungsprodukt, dem Geschirrspülmittel, ließen sich weitere negative Rücktransfers auf die Stammmarke verhindern. So fand Palmolive die Lösung in einer deutlicheren kosmetischeren Packungsgestaltung, einer neuen Farbwahl sowie einer klaren Kommunkation der Inhaltsstoffen „Palmen und Oliven“ der Kernprodukte im Bereich Kosmetik- und Körperhygiene. 58

Ein weiteres Problem, das bei Markendehnungen auftreten kann, ist, dass bei zunehmender Zahl von Erweiterungsprodukten unter einer Marke mit einheitlichem Markenzeichen zunehmend ein größerer Koordinationsaufwand entsteht. 60 Bei den Marketingmaßnahmen der einzelnen Transferprodukte und der Stammmarke müssen stets die Auswirkungen auf andere Produkte der Marke berücksichtigt werden. Im Falle der Marke Gucci, deren Produktsortiment knapp 14.000 Artikel umfasst, mit diversen Markenkonzepten und unterschiedlichsten Qualitätsniveaus, führte dies zu einem erhöhten Koordinationsaufwand und infolgedessen zu einem Verlust an Glaubwürdigkeit. Der hohe Koordinationsaufwand vielfach gedehnter Marken birgt die Gefahr der Unlenkbarkeit von Marketingmaßnahmen in sich. 61 Die Chancen und Risiken die mit einer Markendehnung einher gehen verdeutlichen, dass der Gestaltungsspielraum bei einer Positionierung des neuen Markendehnungsproduktes stark begrenzt ist. Das Stammmarkenimage muss immer der Grundpfeiler bleiben und bei allem was man tut, im Auge behalten werden. 62

Schlimmer noch hatte es die Jeans-Marke Levi’s mit Ihrer fehlgeschlagenen Markendehnung in den Bereich der Herrenanzüge getroffen. Die Marke Levi´s musste nach Erkennen der Imageschädigung aufwändig und langwierig repariert werden. Zudem musste sich Levi’s wieder gänzlich aus dem Bereich ihrer Markendehnung Herrenanzüge zurückziehen. 59

designmanagement.at 101


3. WIRKSAME UMSETZUNG EINER MARKENERWEITERUNG 63

Vgl. Esch, 2011, S.311.

64

Mayer de Groot, 2011, S.7.

65

Esch, 2011, S.312.

3. WIRKSAME UMSETZUNG EINER MARKENERWEITERUNG Um eine Markendehnung professionell durchzuführen und um nicht Gefahr zu laufen, zu den knapp 28% der nicht erfolgreichen Dehnungen zu gehören, bedarf es eines Plans und genauer Analyse, auf die besonders Wert zu legen ist. 63 Zunächst sollte man sich die folgenden 12 Regeln in Abb. 07 zu Gemüte führen, um ein Grundbewusstsein für eine erfolgreiche Markendehnung zu schaffen damit kein zu großes Flop-Risiko eingegangen wird. „Strebt man auch langfristig eine stark aufgeladene, kompetente Marke an, so sollte die Abb. 07 Regeln zur mehrfachen Nutzung einer Marke (adaptiert nach Mayer de Groot, 2011, S.2-10)

Verwendung eines Namens (auch) bei der MarkenDiversifikation auf eine möglichst konzentrierte Idee beschränkt werden.“ 64 Im Vorfeld einer jeden Markenerweiterung steht eine umfangreiche Analysephase, welche sich grob in vier Bereiche unterteilen lässt. In der Phase der Analyse muss als erstes die Frage „Wieviel Dehnungspotential hat die Marke?“ bzw. „Welche Tragfähigkeit hat die Marke?“ beantwortet werden. Die Frage nach dem „Wo“ bzw. „Wohin“ gibt Aufschluss über potentielle Erweiterungsprodukte und deren Akzeptanz. „Mit wem“ eine Markendehnung durchgeführt werden soll ist ebenso wichtig wie die Frage nach dem „Wie“ dieses Prozesses. „Diese vier Punkte zeigen schon, dass bei Markenerweiterungen eine Trennung zwischen Konzept- und Realisationsebene zweckmäßig ist.“ 65 Damit eine Markendehnung erfolgreich ist, muss die Akzeptanz durch den Kunden das oberste Ziel sein. Anders formuliert stützen diese vier Schritte der Markenerweiterung die Akzeptanz durch den Kunden. So lässt sich sinnbildlich der Tempel der Markenerweiterung aus Abb. 09 erstellen.

Regeln, um eine Marke mehrmals erfolgreich zu nutzen: 1. Ein einfaches Patentrezept für erfolgreiche Markendiversifikation gibt es nicht. 2. Eine für eine Erweiterung ausreichende Markenstärke oder ein hoher Markenwert besagt noch nicht, dass eine Diversifikation der Marke erfolgreich ist. 3. Produktgeprägte Markenimages eignen sich in der Regel weniger für einen Transfer als nutzengeprägte. 4. Der bekannte Markenname wirkt in der Regel wie eine „Denkschablone“. 5. Den erheblichen Vorteilen der Markendiversifikation stehen nicht zu unterschätzende Risiken gegenüber. 6. Bei Markenerweiterungen ist oft weniger mehr, und mehr weniger. 7. Imagetransfers und Line-Extensions können eine Marke nachweisbar stärken. 8. Die weit verbreitete Annahme, dass Neueinführungen unter bekannten Markennamen niedrigere Kommunikationsbudgets ermöglichen, ist flasch. 9. Große Marken-Diversifikationserfolge sind meist nur bei emotional und/oder faktisch überlegenem Marken-Produkt-Erlebnis möglich. 10. Es sollte nur in Marktforschung investiert werden, die alle relevanten Erfolgsfaktoren überprüft und die wechselseitigen Effekte einer Markendiversifikation nachweisbar zuverlässig vorhersagen kann. 11. Bei der Realisierung von Markendiversifikationen empfiehlt sich eine aufeinander abgestimmte Gestaltung aller Maßnahmen der Partnerprodukte. 12. Es ist nicht immer das beste Lösung, ein neues Produkt unter einem etablierten Markennamen einzuführen.

102


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MARKENDEHNUNG KOMPLEXER PRDOUKTE

Bei der Analyse potentieller Markenerweiterungen sind folgende Schritte zu vollziehen:

1. Wieviel?

Die Markenstärke als Fundament der Markendehnung ist zu ermitteln. Die Markenstärke bestimmt das Dehnungspotential der Marke.

2. Wo/Wohin?

Potentielle Erweiterungsprodukte und die Akzeptanz dieser sind zu analysieren. Hierzu sind Markendehnungsanalysen durchzuführen.

3. Mit wem?

Unternehmensinterne und marktbezogene Rahmenbedingungen sind zu überprüfen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer Make-or-BuyEntscheidung: Muss eine Lizenzvergabe zur Markendehnung erfolgen oder ist die Markendehnung ohne Einschaltung von Lizenznehmern durchführbar?

4. Wie?

Aufbauend auf den Erkenntnissen der ersten beiden Schritte ist die Markendehnung wirksam umzusetzen. Konkret heißt dies, dass die Markendehnung im Markt zu positionieren und diese Positionierung durch alle kommunikativen Maßnahmen, vom Produkt bis zur Werbung, umzusetzen ist.

Abb. 08 Schritte der Markenwertanalyse (eigene Darstellung adaptiert nach Esch, 2011, S.312)

Abb. 09 Tempel der Markenerweiterungen (eigene Darstellung adaptiert nach Esch, 2011, S.313)

Akzeptanz durch Konsumenten

Positionierung und Umsetzung der Markenerweiterung Marktbezogene Determinante

Unternehmensbezogene Determinante

designmanagement.at Analyse potentieller Markenerweiterungen: subjektiv wahrgenommene Übertragbarkeit auf potentielle Erweiterunsprodukte Analyse der Markenstärke: konsumbezogener Markenwert

103


3. WIRKSAME UMSETZUNG EINER MARKENERWEITERUNG 66

Vgl. Esch, 2011, S.313.

67

Esch, 2011, S.313.

68

Esch, 2011, S.313.

69

Mayer de Groot, 2011, S.8.

3.1. Konzeptionsebene Damit der Tempel der Markenerweiterung stabil steht, muss das Fundament der konzeptionellen Analyse solide sein. Dieses Fundament bilden die beiden untersten Ebenen, Analyse der Markenstärke und potentiellen Markenerweiterungen. Damit soll die Wichtigkeit dieser beiden Punkte hervorgehoben werden. Als ersten Schritt sollte sich das Unternehmen die Frage stellen wie viel Kraft die Marke für eine potentielle Markendehnung hat. 66 Die relevanten Beurteilungskriterien der Markenstärke zeigt Abb. 10. Erkennt das Unternehmen bereits hier, dass die Stärke der eigenen Marke für eine Dehnung nicht ausreicht, sollte es ihren Dehnungsversuch beenden, damit kein größerer Schaden entsteht. Wenn das Unternehmen jedoch zu einem späteren Zeitpunkt

Abb. 10 Analyse der prinzipiellen Voraussetzung der Markenstärke (eigene Datstellung adaptiert nach Mayer de Groot, 2011, S.2)

eine ausreichende Markenstärke erlangt hat, können die Überlegungen für eine Markendehnung wieder in Angriff genommen werden. Ist die Markendehnung beschlossen, wird die Frage relevant, in welche Bereiche die Marke erfolgreich gedehnt werden kann. 67 Bei dieser Frage geht es um den Konsumenten. „Je größer die von dem Konsumenten subjektiv wahrgenommene Kongruenz zwischen den Imagekomponenten der etablierten Marke und denen des Erweiterungsprodukts bzw. den Konsumentenbedürfnissen auf dem neuen Markt ist, desto größer sind die Aussichten auf Zufriedenheit und damit auf die Akzeptanz des Erweiterungsprodukts bei den Konsumenten.“ 68 Wichtig ist dabei, wirklich auf den Konsumenten zu fokusieren und nicht allein auf das zu vertrauen, was Expertengremien oder -panels empfehlen. „Die Praxis hat gezeigt, dass die Experten – gerade durch ihr Expertentum – nicht in der Lage sind, die „naive“ Sichtweise des Konsumenten oder unterschiedlicher Verbraucher-Segmente richtig einzuschätzen.“ 69

Analyse der Diversifikationsfähigkeit 3. Grades: 1. Aktive Markenbekanntheit 2. Relativer Markenanteil 3. Markenloyalität 4. Käuferreichweite 5. Gewichtete Distribution und Regalstrecke 6. Aktive Werbeerinnerung 7. Keine „größeren“ Marken-Image-Probleme 8. Historie vorangegangener Markendiversifikationen (Anzahl der Partnerprodukte, Erfolg, wahrgenommene Qualitätsunterschiede, Diversifikationsrichtung) 9. Zeitabstand seit der letzten Markenerweiterung 10. Ausreichende Zielgruppenübereinstimmung 11. Bei der Realisierung von Markendiversifikationen empfiehlt sich eine aufeinander abgestimmte Gestaltung aller Maßnahmen der Partnerprodukte 12. Es ist nicht immer das beste Lösung, ein neues Produkt unter einem etablierten Markennamen einzuführen.

104


FIND MORE ABOUT THE BOOK 70

MARKENDEHNUNG KOMPLEXER PRDOUKTE

Vgl. Esch, 2011, S.314.

71

Vgl. Esch, 2011, S.316.

72

Vgl. Esch, 2011, S.318ff.

Analyse der Diversifikationsfähigkeit 2. Grades: 1. Aktive Ermittlung aller relevanten faktischen und emotionalen Motive (Limbique Emotional Explorer). 2. Zukunftsorientierter Markt- und Marken-Status und Image-Analyse 3. Marken-Fit-Analyse

4. Konkurrenzanalyse in den neuen Märkten/Kategorien

Analyse der Diversifikationsfähigkeit 1. Grades: 1. Marktpotentialbestimmung der neuen Markenerweiterung(en) 2. Rücktransfer-Analyse

3. Ermittlung der „Volume Source“ und Kannibalisierungsrate

Für die Analyse einer potentiellen Markenerweiterung haben sich die in Abb. 11 aufgezeigten Punkte als sinnvoll erwiesen.

Überlegungen zum prinzipiellen Dehnungspotential einer Marke sowie zu der tatsächlich umsetzbaren Markendehnung sind wichtig, dadurch sie mehr interessante Wachstumspositionen ersichtlich werden. Dies wäre unter Umständen nicht der Fall, würde man lediglich eine unternehmensinterne Stärken- und Schwächenanalyse sowie eine Chancen- und Risikoanalyse im Markt durchführen. Probleme, die bei diesen Überlegungen auftreten, lassen sich oft lösen oder gar umgehen. 70 Zur aktiven Ermittlung aller relevanten Motive (siehe Abb. 11) ist die Produkt-/Markenschema-Matrix zur Erfassung des Dehnungspotentials einer Marke eine Hilfe (siehe Abb. 12).

Produkt- bzw. Markenschemata sind komplexe Wissenseinheiten über ein Produkt bzw. eine Marke, welche durch typische Eigenschaften und feste, standardisierte Vorstellungen darüber im Gedächtnis des Konsumenten manifestiert sind. Dadurch wird die Einstellung des Konsumenten zur Marke geprägt und der Wert einer Marke für diesen festgelegt. 71

Abb. 11 Vorgehensweise zur Überprüfung und Optimierung der Erweiterungsfähigkeit einer Marke (eigene Darstellung adaptiert nach Mayer de Groot, 2011, S.9)

Schemaattribute verfügt (starkes Markenschema, geringe Übereinstimmung mit Produktschemata). Erfüllt eine Marke diese Anforderungen, so besitzt sie ein großes Markenerweiterungspotential. Als Beispiele lassen sich Marlboro, Dallmayr oder auch Frosch nennen. Dallmayr etwa steht für herausragende Qualität, Liebe zum Detail, Traditionsreichtum. Das zweite Feld bezieht sich auf Marken mit starkem Markenschema und hoher Übereinstimmung mit dem Produktschema; wie etwa die Marken Tempo (Papiertaschentücher) oder Pampers (Windeln). Solche Marken haben ein eingeschränktes Erweiterungspotential. Um dennoch eine Markenerweiterung zu forcieren, muss die Marke zunächst vorsichtig umpositioniert werden, so wie es etwa NIVEA gemacht hat. 72 NIVEA stand zunächst nur für Creme. Im Folgenden wurde die Marke auf diverse Pflegeprodukte und Sonnenschutz gedehnt; all diese Produkte haben

designmanagement.at Das erste Feld der Produkt-/MarkenschemaMatrix beschreibt eine Marke, die nachhaltig im Gedächtnis des Konsumenten verankert ist und über eigene, über das Produktschema hinausgehende

105


3. WIRKSAME UMSETZUNG EINER MARKENERWEITERUNG 73

Vgl. Esch, 2011, S.282.

74

Vgl. Esch, 2011, S.219.

75

Bliemel/Kotler, 2001, S.888.

stark

Eigenständiges Markenschema

großes Erweiterungspotential

Markenschema prägt Produktschema

eingeschränktes Erweiterungspotential

Ausprägung des Markenschemas

Markenschema umfasst Attribute anderer Marken in der Produktkategorie

kein Erweiterungspotential

schwach

Markenschema entspricht Produktschema

kein Erweiterungspotential

gering

hoch Übereinstimmung von Marken- und Produktschema

Abb. 12 Produkt-/Markenschema-Matrix zur Erfassung des Dehnungspotentials einer Marke (eigene Darstellung adaptiert nach Esch, 2011, S.318)

einen starken Bezug auf die ursprüngliche NIVEACreme (nahe Markendehnung). Schließlich wurde die Marke schrittweise auch auf Lippenpflege und dekorative Kosmetik erweitert (ferne Markendehnung) und steht damit heute nicht mehr nur für Creme, sondern allgemein für Pflegeprodukte mit der besonderen NIVEA-Qualität und kann somit als Ansatzpunkt für weitere Produktdehnungen genutzt werden. 73 Sobald aber eine Marke (wie in den letzten beiden Feldern von Abb. 12 dargestellt) über ein gering ausgeprägtes Markenschema verfügt, sollte von einer Markendehnung abgesehen werden. Die Marke muss zuerst gestärkt werden, bevor sie gedehnt werden kann. Beispiel für Marken mit zu geringem Markenschema sind etwa Domestos, Sprengel oder auch Onko. 74

106

Für eine funktionierende Markendehnung ist es extrem wichtig, dass die zu dehnende Marke neben einer ausgeprägten Markenstärke auch ein aussagekräftiges Image hat bzw. dass in die Überlegungen miteinbezogen wird, inwiefern sich dieses durch eine Markendehnung verändern könnte. Hierfür sollte unbedingt ein umfangreicher, zukunftsorientierter Markt- und Marken-Status erhoben und eine Image-Analyse durchgeführt werden (siehe Abb. 11). „Das Image ist das mentale Bild einer Person von einem Bezugsobjekt; dazu gehört alles, was die Person über das Objekt weiß, dazu glaubt, sich darunter vorstellt und damit verbindet.“ 75 Man könnte sagen, dass es darum geht, was eine Person fühlt, wenn sie ein Produkt benutzt bzw. wenn sie sich mit einer Marke befasst. In einem ersten Schritt muss zunächst anhand der unten gezeigten Bekanntheitsskala ermittelt werden, welchen Wissensstand die Konsumenten über die Stammmarke besitzen.


MARKENDEHNUNG KOMPLEXER PRDOUKTE 76

Vgl. Bliemel/Kotler, 2001, S.888.

77

Vgl. Bliemel/Kotler, 2001, S.889.

78

Bliemel/Kotler, 2001, S.895.

Sollten hier die Probanden überwiegend die ersten zwei oder drei Felder ankreuzen, muss das Unternehmen versuchen seinen Bekanntheitsgrad zu erhöhen. Vorher wäre eine Markendehnung nicht sinnvoll. Jene Probanden, die die Marke kennen, werden mittels der unten gezeigten Beliebtheitsskala über ihre Stellung zu der Marke befragt (siehe Abb. 13). Auch hier gilt: Sollten die meisten Befragten die ersten zwei oder drei Felder ankreuzen, muss die Marke ihr Image mit geeigneten Mitteln aufbessern. 76 Anhand dieser beiden Skalen lässt sich folgende Grafik (siehe Abb. 14) erstellen. Eine Positionierung des Images der Marke auf Feld A würde bedeuten, dass die meisten Befragten die Marke kennen und mögen. Sollte die Marke in Feld B liegen, wäre Sie nur bei ein paar Probanden bekannt, bei diesen jedoch ebenfalls beliebt.

komplett überarbeitet werden. Danach erst ist ein Marken-Relaunch zielführend. 77 „Die Kommunikationsziele (einer Marke) werden wesentlich davon bestimmt, wie viele Personen ein bestimmtes Produkt kennen und unter Umständen bereits ausprobiert haben.“ 78 Daher sollte man eventuell die Frage, ob die Probanden die Marke bereits ausprobiert haben, mit in die Befragung einfließen lassen. Eine Analyse wie in Abb. 14 bzw. Abb. 15 gibt einen groben Aufschluss über das Image der Stammmarke. Es ist aber darüber hinaus extrem wichtig, dass man im Detail über die eigene Marke Bescheid weiß, um so an den richtigen Stellen arbeiten zu können um das gewünschte Image zu erzielen. Einen detaillierteren Aufschluss über das Image bringt das semantische Differential mit folgenden fünf Untersuchungsschritten.

Bei einer Positionierung in Feld C hat die Marke ein negatives Image, allerdings ist sie auch nicht sehr bekannt. Im schlimmsten Fall wird eine Marke in Feld D positioniert. Viele Leute kennen die Marke und assoziieren Schlechtes mit ihr. Hier hilft nur das Abziehen der Marke aus der Öffentlichkeit (Markt). Die Leistung und das Image der Marke müssen

Abb. 13 oben: Bekanntheitsskala unten: Beliebtheitsskala (eigene Darstellung)

völlig unbekannt

nur davon gehört

kenne es ein klein wenig

kenne es einigermaßen

kenne es sehr gut

sehr negativ

eher negativ

gleichgültig

eher positiv

sehr positiv

107


3. WIRKSAME UMSETZUNG EINER MARKENERWEITERUNG

beliebt

A

C

D

sehr bekannt

wenig bekannt

B

unbeliebt

Abb. 14 Imageanalyse anhand der Bewertungsmerkmale Bekanntheitsund Beliebtheitsgrad (eigene Darstellung adaptiert nach Bliemel/Kotler, 2001, S.889)

Abb. 15 Markendiagramm nach Ottesen (eigene Darstellung adaptiert nach Bliemel/Kotler, 2001, S.895)

100 %

Marke bekannt

Marke unbekannt

80

Marke bereits probiert

bevorzugen die Marke

40

60

indifferente Gruppe

0

20

Marke nicht probiert

lehnen die Marke ab

0

108

20

40

60

80

100 %


MARKENDEHNUNG KOMPLEXER PRDOUKTE 79

Vgl. Bliemel/Kotler, 2001, S.889.

83

Bayas-Link/Scheier/Schneider, 2010, S.32.

80

Bayas-Link/Scheier/Schneider, 2010, S.30.

84

Bliemel/Kotler, 2001, S.889f.

81

Vgl. Bayas-Link/Scheier/Schneider, 2010, S.30.

82

Bayas-Link/Scheier/Schneider, 2010, S107.

3.1.1. Relevante Imagedimension feststellen Hier geht es darum, im Vorfeld durch offene Fragestellung die entscheidenden, tatsächlich relevanten Imageparameter festzulegen, z.B.: „Was ist Ihnen beim Kauf eines Fahrrads wichtig?“ Nehmen wir an, eine häufig genannte Antwort wäre etwa „Qualität“, so lässt sich in Folge für eine genauere Befragung eine bipolare Bewertungsskala mit semantischen Extremen erstellen. Die zu eruierende Bewertungsskala könnte beispielsweise von „qualitativ sehr hochwertig“ auf der einen, und „extrem schlechte Qualität“ auf der anderen Seite bewertet werden. Eine sieben- oder fünfstufige bipolare Skala hat sich häufig bewährt. 79 Für den weiteren Prozess der Markendehnung ist eine Frage nach Imagebeschreibungen durch die Probanden (Image Keywords) wichtig, da im Markengestaltungsprozess mit ihnen gearbeitet wird. Eine mögliche Frage, diese herauszufinden wäre etwa: „Wenn Sie die Marke XY beschreiben müssten, welche Schlagwörter würden Ihnen auf Anhieb einfallen?“ Hierbei ist es wichtig, den Unterschied zwischen Markenkernwerten und Image-Keywords (in Folge Marken- und Imagekernwerte) zu verstehen. Mittels der Markenkernwerten wird festgelegt, wie die Marke wahrgenommen werden möchte. Bei den Imagekernwerten geht es darum, festzulegen, was der Kunde fühlt, wenn er an die Marke denkt oder das Produkt benutzt. Für ein besseres Verständnis lässt sich hier Pulverkaffe als Beispiel verwenden. Natürlich möchte die Marke, unter der dieser vertrieben wird, dass er als gut riechend wahrgenommen wird. Dies könnte man als Markenkernwert heranziehen (qualitativ hochwertig, gut riechend). Markenkernwerte beschreiben die vordergründigen Eigenschaften, die sich der Kunde wünscht.

Images konzentrieren muss, um klare Werte zu bekommen. Für das Beispiel Kaffee ließen sich durch die assoziierten mentalen Konzepte wie etwa „Die Familie kommt zu Besuch“, „Sonntagmorgen“, Image-Keywords wie „Geborgenheit“ und „Famliarität“ generieren. 81 Diese Image-Keywords sind die Antwort auf die hintergründigen Anforderungen, welche das Produkt eigentlich zu erfüllen hat. „Kennen wir das Ziel der Kunden, und definieren daraufhin unsere Marketingstrategie, ergeben sich durch die unmittelbare Verknüpfung von Zielen mit Signalen klare Leitplanken für das Produktdesign oder die Kommunikation.“ 82 „Der Schlüssel zum Verhalten der Kunden liegt in der impliziten Verknüpfung der physischen Eigenschaften eines Produktes und den damit verbundenen mentalen Konzepten.“ 83 3.1.2. Zahl der Bewertungsdimensionen reduzieren „Die Zahl der Dimensionen sollte reduziert werden, um die Auskunftspersonen bei der Befragung (…) nicht zu ermüden und somit falsche oder gleichgültige Antworten oder Auskuntfsverweigerungen zu minimieren.“ 84 Doppelte Fragen, die auf die gleiche Antwort herauslaufen und keinen weiteren Informationsgehalt bieten, können verhindert werden, wenn berücksichtigt wird, dass sich die Eigenschaftsdimensionen in lediglich drei Arten unterteilen lassen: • Bewertungsskalen der Eigenschaftsdimension (gut/schlecht) • Potenzskalen der Eigenschaftsdimension (stark/schwach) • Aktivitätsskalen der Eigenschaftsdimension (aktiv/passiv)

„Der Schlüssel zum Verhalten der Kunden liegt (jedoch) in der Verknüpfung zwischen den physischen Eigenschaften eines Produktes und den damit verbundenen mentalen Konzepten.“ 80 Dies bedeutet, dass man sich auf die hinter den jeweiligen Eigenschaften liegenden Gefühle/

109


3. WIRKSAME UMSETZUNG EINER MARKENERWEITERUNG 85

Vgl. Bliemel/Kotler, 2001, S.890.

3.1.3. Erhebungsinstrument anwenden

3.1.5. Streubreite des Images überprüfen

Um zu verhindern, dass der Proband bei der vollständigen Bewertung des Objekts durch die Gestaltung des Fragebogens selbst beeinflusst wird, sollte die Anordnung der bipolaren Eigenschaften variiert werden, sodass nicht etwa alle negativen Eigenschaften links und alle positiven rechts stehen o.ä.

Durch das Zusammenfassen der Imagebewertungen auf Mittelwerte, lässt sich nicht ableiten, was für eine Streubreite der Bewertungen aufgetreten ist. Wurde ein Imagemerkmal von allen Probanden gleich bewertet, spricht man von einem trennscharfen bzw. prägnanten Image. Gab es jedoch große Unterschiede in der Bewertung, so spricht man von einem trennschwachen oder diffusen Image. Beides kann gewollt sein, etwa um bewusst von unterschiedlichen Gruppen unterschiedlich wahrgenommen zu werden. 85

3.1.4. Durchschnittswerte bilden und auftragen Aus den Mittelwerten aller Probandenbefragungen lassen sich Durchschnittswerte bilden, die anhand der semantischen Differentiale anschaulich verdeutlicht werden können. Somit lässt sich das eigene Image recht gut aufzeigen, aber auch der Vergleich der eigenen Marke mit anderen Marken kann so objektiv, durch Überlagerung der Images einzelner Marken, veranschaulicht werden.

Nachdem man den Markt- und Marken-Status der Stammmarke erhoben und eine ImageAnalyse durchgeführt hat, geht es daran, mit den gewonnenen Erkenntnissen die wahrgenommene Kongruenz zwischen potentiellem Erweiterungsprodukt und der Stammmarke zu erfassen.

Abb. 16 Prozess der Dehnungsanalyse (eigene Darstellung adaptiert nach Esch, 2011, S.330)

Gedächtnisstrukturen

Schemastrukturen Stammmarke

Schemastrukturen Stammprodukt

periphere Beurteilung der Transferfähigkeit: „Fit“ des zentralen Markenschemaattributes

Schemastrukturen Erweiterungsprodukt

Verabeitungsprozesse zentrale Beurteilung der Transferfähigkeit: Vergleich vieler Schemaattribute gering

hoch

Grad der Verarbeitungstiefe

Produkt-/ Markeninvolvement gering

hoch Involvement

„Antriebskräfte“

110

Schemastrukturen Stammprodukt


MARKENDEHNUNG KOMPLEXER PRDOUKTE 86

Esch, 2011, S.322.

91

Vgl. Esch, 2011, S.332.

87

Esch, 2011, S.329.

92

Esch, 2011, S.332.

88

Vgl. Esch, 2011, S.329.

93

Vgl. Esch, 2011, S.332.

89

Vgl. Esch, 2011, S.330f.

94

Esch, 2011, S.332.

90

Esch, 2011, S.331.

95

Esch, 2011, S.332.

Für diese Erfassung empfehlen sich die FitMessung sowie eine Dehnungsanalyse auf Basis der Gedächtnisstruktur nach Esch, da diese Methoden nach Auffassung des Autors am einfachsten und erfolgversprechendsten sind, teilweise auf ältere Modelle aufbauen und sich näher an der Realität befinden als andere Erhebungsmethoden. „Eine einfache Methode der Dehnungsanalyse besteht darin, dass man die Konsumenten ganzheitlich nach der Akzeptanz möglicher Erweiterungsprodukte für eine Marke befragt (…). Man spricht hier von so genannten Fit-Messungen. Der Fit gilt laut umfassenden Analysen von Erfolgsfaktoren für Markenerweiterungen von Zatloukal (2002) und Völckner (2003) als zentraler Erfolgsfaktor.“ 86 „Bei der Dehnung einer etablierten Marke auf ein Transferprodukt muss das Markenschema der Stammmarke um die Eigenschaften des Erweiterungsprodukts erweitert werden.“ 87 Diese Überlegungen haben Esch dazu gebracht, seinen gedächtnispsychologischen Erklärungsansatz auf die Gedächtnisstrukturen, die Verarbeitungsprozesse und das Involvement, das die Verarbeitungstiefe eines Produktes/einer Marke bestimmt, zu konzentrieren. Der Konsument kategorisiert gedanklich die Informationen zu einem Erweiterungsprodukt, welche dann mit den Informationen der Stammmarke abgeglichen und bei Kongruenz bzw. dem passenden Fit dieser zugeordnet und mit ihr verknüpft werden. 88 Diese Kategorisierung ist ein komplexer Prozess, den Esch aufzuschlüsseln und mit seinem Prozess der Dehnungsanalyse lesbar zu machen versucht hat. Die Stärke der Marken- und Produktschemata hängt hauptsächlich von dem Produkt- und Markeninvolvement ab, also dem Engagement, mit dem man sich einer Sache widmet. Dabei kann ein hohes oder niedriges Produkt- und Markeninvolvement bestehen, das sowohl emotional als auch kognitiv ausgeprägt sein kann. Bei geringem Involvement erfolgt die Beurteilung der Markenerweiterung bzw. der Transferfähigkeit nur oberflächlich und somit mit geringer Verarbeitungstiefe. Zur Prüfung des Fit zwischen Erweiterungsprodukt und Stammmarke werden nur

hervorstehende Markenattribute zur Beurteilung herangezogen. Für Uhren und Schmuck, wie einführend am Beispiel DIESEL-Uhren angedeutet, gilt beispielsweise ein hohes Markeninvolvement, da eine Uhr Ausdruck der eigenen Persönlichkeit ist und somit ein hohes soziales Risiko besteht. 89 „Bei hohem Marken- und Produktinvolvement ist mit besonders stark strukturierten Marken- und Produktschemata zu rechnen. Man verfügt in diesem Fall über sehr viele differenzierte Informationen zu Marken und Produkten.“ 90 Hier werden viele Schemaattribute herangezogen, um den Fit des Erweiterungsprodukts und der Stammmarke beurteilen zu können. Je nach Involvement und Produktwissen können beide Prozesse auch kombiniert ablaufen, indem zunächst grob der ganzheitliche und anschließend der exakte Vergleich vollzogen werden. 91 „Generell ist davon auszugehen, dass die Anbindung der Informationen des Erweiterungsprodukts an die Schemastrukturen der etablierten Marken umso besser erfolgt, je stärker eine Kongruenz der dominanten Eigenschaften beim peripheren Weg wahrgenommen wird und je mehr gemeinsame Kategorien und Attribute beim zentralen Vergleichsprozess gefunden werden konnten.“ 92 Sollten bei der Kategorisierung eines Erweiterungsprodukte Image-Lücken offen bleiben, werden diese meist mit Attributen der etablierten Marke gefüllt. 93 Bei der Erhebung des Dehnungspotentials nach Esch wird eine offene Erhebung vorausgesetzt. Zum einen wird die Marke als Reiz vorgegeben, etwa: „Bitte denken Sie an die Marke Milka. Können Sie sich einen Milka-Joghurt vorstellen? Welche Gedanken, Vorstellungen und Bilder gehen Ihnen durch den Kopf, wenn Sie an einen solchen Milka-Joghurt denken?“ 94 Zum anderen wird die Produktkategorie als Reiz gesetzt. „Denken Sie bitte einmal an Joghurt. Können Sie sich einen Milka-Joghurt vorstellen? “ 95 Da die Marken- und Produktschemata wie ein Filter für die Beurteilung des Erweiterungsprodukts wirken, ist eine solche Art der Befragung Voraussetzung, um entsprechende Ergebnisse zu erzielen. Die doppelte Befragung ist deshalb so wichtig, weil aufgrund der unterschiedlichen Vorgaben und der somit unterschiedlichen Filterung Abweichungen der Assoziationen entstehen können.

111


3. WIRKSAME UMSETZUNG EINER MARKENERWEITERUNG 96

Vgl. Esch, 2011, S.332ff.

97

Vgl. Esch, 2011, S.314.

98

Esch, 2011, S.315.

Eine offene Erhebung hat den großen Vorteil, dass durch die Breite der Antworten unterschiedlich tiefe Informationen gewonnen werden können, die dann eine bessere und vor allem genauere Beurteilung gewisser Kriterien ermöglichen. Zusätzlich zu der Beurteilung der eigenen Marke und deren Dehnungspotential ist es ebenso wichtig, eine genaue Konkurrenzanalyse durchzuführen, um sich über die Position und die Stärke sowohl der eigenen, als auch der Konkurrenzmarken klar zu werden. Dabei ist grundsätzlich zu sagen, dass die Markenerweiterung umso weniger Potential in einem Transfermarkt hat, je mehr Konkurrenzmarken in diesem vorhanden sind und je ähnlicher sich die Stammmarke und die Konkurrenzmarken im Erweiterungsmarkt sind. Des Weiteren ist es sehr schwer, sich gegen Monomarken, wie etwa die Marke Tempo im Taschentuchsegment, behaupten zu können. Ebenfalls birgt ein Markt mit starken Familien- und Dachmarken, wie etwa jener der Tiefkühlprodukte, welcher von Iglo oder Frosta besetzt ist, ein erhöhtes Risiko. 96

Abb. 17 Varianten der Umsetzung einer Markenpositionierung im Erweiterungsproduktbereich (eigene Darstellung adaptiert nach Esch, 2011, S.336)

Umsetzungsoptionen

„nahe” Markenerweiterung

3.2. Markenerweiterung wirksam umsetzen Die beiden Säulen des MarkenerweiterungsTempels (siehe Abb. 09) bilden die Fähigkeit eines Unternehmens, die Markenerweiterung alleine oder mittels externem Partner durchzuführen, welche sich aus den markt- und unternehmensbezogenen Determinanten ergibt. Die marktbezogenen Determinanten ergeben sich zum einen aus den Informationen über den Markt. Dazu zählen Marktgröße, Alter und Entwicklungspotential des Marktes, die die Attraktivität des Marktes bzw. die Marktchancen wiedergeben. Des Weiteren zählen zu den marktbezogenen Determinanten Informationen über die Konkurrenz, wie etwa die Anzahl und die Stärke der Mitstreiter, der Wettbewerbsdruck, die Positionierung der Konkurrenz und so weiter. Daraus lassen sich die Eintrittsbarrieren und Eintrittsrisiken ableiten. Auch das Wissen über die Absatzmittel, wie etwa jeweils typische Distributionskanäle, die Marktmacht der Absatzmittel und noch einige mehr, gehören zu den marktbezogenen Determinanten. 97 „Zu den unternehmensbezogenen Determinanten zählen (…) technologische und fertigungsbezogene Fähigkeiten, (…) finanzielle Ressourcen sowie (…) Know-how-Ressourcen und Fähigkeiten des Managements.“ 98 Die Frage zu den beiden Säulen lautet: „Mit wem soll eine Markenerweiterung durchgeführt werden?“

„weite” Markenerweiterung

Identische Umsetzung wie bei der Stammmarke Kombinierte Umsetzung: Mischung von Umsetzungselementen der Stammmarke und des Erweiterungsproduktbereichs Orientierung der Umsetzung ausschließlich am Erweiterungsproduktbereich Ideal = (noch) akzeptabel = inakzeptabel =

112


MARKENDEHNUNG KOMPLEXER PRDOUKTE 99

Vgl. Esch, 2011, S.315.

104

Esch, 2011, S.337.

100

Esch, 2011, S.315.

105

Vgl. Esch, 2011, S.337f.

101

Vgl. Esch, 2011, S.334f.

102

Esch, 2011, S.335.

103

Vgl. Esch, 2011, S.336.

Das Unternehmen sollte sich die Frage stellen, wie die Markenerweiterung umzusetzen ist. Dazu zählen die Entscheidungen zur Positionierung der Markenerweiterung und ihrer Umsetzung sowie die Entscheidung über Art und Umfang des einzusetzenden Marketing-Mix. 99 „Konkret heißt dies, dass man die markenspezifischen Merkmale, die es zu wahren gilt (= Umsetzungskonstanten) und die produktspezifischen Umsetzungsfreiheiten festlegen muss.“ 100 Zur Positionierung des Erweiterungsproduktes stehen dem Unternehmen drei Möglichkeiten zur Verfügung; eine der Stammmarke identische Positionierung, eine kombinierte Positionierung, d.h. Mischung der Positionierung der Stammmarke mit erweiterungsproduktspezifischen Merkmalen und eine erweiterungsproduktbezogene Positionierung. Für welche Positionierung sich das Unternehmen letztendlich entscheidet, hängt maßgeblich davon ab, ob der Erweiterungsproduktbereich als näher oder weiter von der Marke entfernt wahrgenommen wird. Daraus ergeben sich auch unterschiedliche Gestaltungsempfehlungen. 101 „Bei einer ,nahen‘ Markenerweiterung ist idealtypischer Weise ein identischer Markenauftritt wie bei der Stammmarke zu verfolgen. (…) Verfolgt man hingegen eine eher weite Markenerweiterung, empfiehlt sich eine kombinierte Umsetzung, um Stärken der Stammmarke einzubringen, gleichzeitig jedoch eine Anpassung an den neuen Produktbereich zu erreichen.“ 102

„Gerade eine kombinierte Umsetzung der Positionierung stellt erhöhte Anforderungen an die Gestaltung von Markenverpackungen und Kommunikation für das Erweiterungsprodukt, da ansonsten sowohl Fit zur Stammmarke als auch der Fit zur Produktkategorie nicht wahrgenommen wird. Deshalb sind folgende Aspekte zu prüfen: • die Wahrnehmung der Markenerweiterung durch die Konsumenten, • die Integration der Marketinginstrumente sowie • die Abgrenzung der Markenerweiterung von den Wettbewerbern in der Wahrnehmung der Konsumenten.“ 104 Die Marke sollte schlussendlich grundsätzlich im Markendehnungsprodukt, der Verpackung und der Kommunikation erkennbar sein, aber auch in der Erweiterungskategorie als solche erkannt werden. Hierbei spielen nach Auffassung des Autors klar definierte Corporate-Design-Vorgaben, z.B. über die Verwendung des Logos, zu Farben und Formensprachen etc., eine wichtige Rolle. Nach einer erfolgreichen Markendehnung ist es erforderlich, in regelmäßigen Zeitabständen das Stammprodukt und das Erweiterungsprodukt durch den Einsatz von geeigneten Marketinginstrumenten eruneut aufeinander abzustimmen und ggf. nachzujustieren. 105

Grundsätzlich ist zu sagen, dass der Fit des Markendehnungsproduktes zur Stammmarke und die Verpackungsgestaltung die Akzeptanz einer Erweiterung maßgeblich beeinflussen, was besonders stark bei nahen Markenerweiterungen zum Tragen kommt. Bei fernen Markenerweiterungen ist eine kombinierte Verpackungsgestaltung angebracht, um eine stärkere Akzeptanz bei den Kunden zu erzielen. 103

113


3. WIRKSAME UMSETZUNG EINER MARKENERWEITERUNG 106

Vgl. Heufler, 2012, S.71f.

107

Vgl. Heufler, 2012, S.73.

sind. Des Weiteren sollte das Produkt möglichst umweltfreundlich und die Form selbsterklärend sein. Zu guter Letzt sollte ein qualitätvolles Design einen hohen gestalterischen Wert aufweisen und sinnlichgeistig stimulierend wirkend. 106

3.3. Realisationsebene einer Markenerweiterung komplexer Produkte Um den Gestaltungs- bzw. Designfragen eines Markendehnungsproduktes tatsächlich auf die Schliche zu kommen, fehlt in der vorangegangenen Tempeldarstellung (siehe Abb. 12) allerdings noch eine entscheidende Ebene.

Wenn alle Einflussgrößen, die die Gestalt des Erweiterungsproduktes bestimmen, geordnet werden, kann man 5 Arten von Faktoren feststellen: • Menschbezogene Faktoren (Benutzerbedürfnisse, physisch, psychisch und sozial) • Technische Faktoren (Werkstoffwahl, Herstellungsverfahren) • Wirtschaftliche Faktoren (Material-, Werkzeug- und Lohnkosten) • Ökologische Faktoren (Rohstoff- und Energieverbrauch sowie Umweltbelastung) • Stammmarkenfaktoren (Corporate Identity, Corporate Design, Corporate Language, Produktpalette, Image, usw.)

An das Design aufwändiger Produkte werden grundsätzlich hohe und vor allem komplexere Anforderungen gestellt. Ein qualitätsvolles Design soll einen hohen praktischen Nutzen haben und die Sicherheitsvorschriften einhalten. Zudem ist festzuhalten, dass je ferner die Markendehnung und je komplexer das Produkt, desto aufwändiger und differenzierter der Gestaltungsaufwand und der Anspruch an den Gestalter sind. Ebenso soll das Markendehnungsprodukt eine lange Lebens- und Gültigkeitsdauer haben und ergonomisch angepasst sein. Außerdem sollte es technische und formale Eigenständigkeit besitzen, eine gute Umfeldbeziehung haben, in der Produktnachbarschaft, Funktion und Gestalt sinnvoll

Diese produktbestimmenden Faktoren können rationalen bis irrationalen Charakter besitzen und dementsprechend sowohl objektiv als auch subjektiv beurteilt werden. 107 Im Regelfall werden Stammmarkenfaktoren nicht zu den klassischen Faktoren gezählt, da es hier um die Gestaltung von Markendehnungsprodukten geht, bietet sich eine Miteinbeziehung in diesem Fall jedoch an.

Abb. 18 Produktbestimmende Faktoren (eigene Darstellung adaptiert nach Heufler, 2012, S.73)

Menschbezogene Faktoren

Stammmarkenfaktoren

Wirtschaftliche Faktoren Produktgestalltung

Ökologische Faktoren

114

Technische Faktoren


MARKENDEHNUNG KOMPLEXER PRDOUKTE 108

Heufler, 2012, S.74.

109

Vgl. Heufler, 2012, S.75.

110

Vgl. Heufler, 2012, S.76.

Da das Erweiterungsprodukt speziell für eine bestimmte Marke konzipiert und designt wird, übt diese Stammmarke starken Einfluss auf die Gestaltung des zu designenden Produktes aus. Für das weitere Vorgehen, von der Aufgabenstellung bis zum konkreten Produkt, sollten diese Einflussfaktoren immer beachtet werden. „Wie jeder kreative Prozess ist auch der Designprozess ein Problemlösungsprozess.“ 108 Für den Problemlösungsprozess gibt es zwei in Wechselbeziehung stehende Vorgangsweisen. Die rational-analytische und die emotional-intuitive. Dabei wird der analytische Teil von Wissen, Erfahrung und Sicherheit geleitet und der intuitive Teil von Gefühlen, Fantasie und Wagnis. 109 Eine wichtige Dimension für den gesamten

Designprozess ist jene des formalen Freiheitsgrades und der Umfang, in dem man diesen für ein bestimmtes Prdoukt ausreizen kann. Bei reinen Gebrauchsgütern stehen die technischen Anforderungen im Vordergrund, beispielsweise bei einer Turbinenschaufel oder einem Spiralbohrer. Für Schmuck oder Dekorgegenstände dagegen ist der formale Freiheitsgrad nahezu grenzenlos, da die technischen Voraussetzungen im Hintergrund stehen. So sind den modischen und künstlerischen Gestaltungsmöglichkeiten kaum Grenzen gesetzt. 110 Abb. 19 Designprozess – von der Idee zur Serienreife: Ablaufschema mit Rückkoppelung (eigene Darstellung adaptiert nach Heufler, 2012, S.78)

Idee

Phase 1 Recherchieren Analysieren Ziel: Problemerkennung

Aufgabe stellen Informationen sammeln Ist-Zustand analysieren Zielgruppe definieren Briefing erstellen

Phase 2 Konzipieren Ziel: Lösungsvarianten

Funktionen gliedern Prinziplösungen suchen Konzeptvarianten bilden Varianten bewerten Prinzipaufbau festlegen

Phase 3 Entwerfen Ziel: Problemlösung

Ergonomie überprüfen CAD-Modell entwickeln Real Modell aufbauen Entwurf bewerten Entwurf festlegen

Phase 4 Optimieren Ausarbeiten Ziel: Realisierung

Details durcharbeiten Gesamtgestalt optimieren Ausführung abstimmen Kosten prüfen Realisierung freigeben

Serienreife

115


3. WIRKSAME UMSETZUNG EINER MARKENERWEITERUNG

Alle zu gestaltenden Produkte haben den Designprozess gemein. Dieser Designprozess ist dabei jedoch nur ein schematisches Modell, welches in der Praxis jeweils entsprechend den Aufgaben und Anforderungen modifiziert wird.

Wichtig dabei ist die Rückkoppelung, auf die besonders geachtet werden muss. Tritt beispielsweise ein Problem oder eine Änderung bei der Erstellung des Briefings auf, so muss die Phase 1 ab der Aufgabenstellung erneut durchlaufen werden. 111

Man kann jedoch allgemein sagen, dass sich jeder Designprozess (siehe Abb. 19) in vier Phasen unterteilen lässt. In der ersten Phase geht es mittels Recherchen daran, das eigentliche Problem zu erkennen und einzugrenzen. In der zweiten Phase werden eine Vielzahl von Lösungsvarianten konzipiert, die dann in der Entwurfsphase verdichtet und reduziert werden, um auf die Problemlösung zu kommen. In der vierten Phase schließlich wird das Produkt optimiert und ausgearbeitet, damit es für die Realisierung freigegeben werden kann.

b ie rtr

Recherchieren Analysieren Freigabe Briefing

2

Konzipieren

Auswahl/Entscheidung

3

Entwerfen

Auswahl/Entscheidung

4

Optimieren Ausarbeiten Freigabe Produktion operative Tätigkeit = Entscheidungsfindung =

116

G

g tin

ng

Fe

rti

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1

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Abb. 20 Design als interdisziplinärer Prozess (eigene Darstellung adaptiert nach Heufler, 2012, S.79)

es fü chä hr ft un sg

Für den Designprozess ist es wichtig zu verstehen, wie sich die Begriffe „Research“ bzw. „Basic Research“ zusammensetzen, wie sie zu verstehen, wie sie aufgebaut sind und welche Einflussfaktoren eine Rolle spielen. „In der Designpraxis bedeutet das, über die Produkte des Auftraggebers und die der Konkurrenten Informationen sammeln und nach verschiedenen Gesichtspunkten auszuwerten (Technik, Ergonomie, Markterfolg usw.).“ 112 Doch es sind weitaus mehr Faktoren zu beachten. Das Modell des Basic Research (Siehe Abb. 21) eignet sich für kreative Methoden der menschlichen Wahrnehmung und Interaktion. Physische und virtuelle Modelle stellen die Auswirkungen von neuen Theorien, Einflüssen und Phänomenen dar. 113

Ve

Vgl. Wirtz, 2007, S.3.

ke

Heufler, 2012, S.81.

113

ar

Vgl. Heufler, 2012, S.77f.

112

M

111


MARKENDEHNUNG KOMPLEXER PRDOUKTE 114

Vgl. Heufler, 2012, S.81.

115

Heufler, 2012, S.82.

116

Vgl. Heufler, 2012, S.82.

Colour & Materials

Function

Trends

Interior Space

Basic Research

Perception

Form & Identity

Faktoren wie Trends, Interaction und Perception beeinflussen den Basic Research des zu untersuchenden Gegenstandes und haben somit auch Einfluss auf dessen Ergebnis. Weitere maßgebliche Einflussfaktoren sind Function, Usage, User Interface, Form & Identity, Interior Space oder auch Colour & Materials, die sich auch selbst untereinander beeinflussen können. Research ist genau genommen die Erforschung des Ist-Zustandes und somit eine Zustandsanalyse, die schon auf der Konzeptionsebene beginnt. 114 Somit sollte er von der Marken- und Markenumfeldanalyse auf der Konzeptionsebene einen gleitenden Übergang zum Basic Research auf der Realisationsebene haben. So ist es sehr hilfreich, für den Designprozess ein Moodboard für die gewünschte Zielgruppe bzw. die Stammmarke zu erstellen. Für die Zielgruppe stellen sich folgende Fragen: „Wie sieht sie aus? Was liest sie? Wie kleidet sie sich? Wie ist ihr Freizeitverhalten? Welche Produkte kauft sie?“ 115 Für die Stammmarke können ähnliche Bereiche in Moodboards festgelegt werden: Wie sieht sie aus (Corporate Design)? Wie ist ihr Auftritt (Corporate Language)? Wie wird sie wahrgenommen (Corporate Identity)? Aus den in dem gesamten Analyse- und Researchprozess gewonnenen Erkenntnissen wird vor Beginn der zweiten Phase mit allen beteiligten

Usage

Interaction

User Interface

Abb. 21 Modell des Basic Research nach Wirtz (eigene Darstellung adaptiert nach www.web.mac.com/wolfgangrwirtz/ Basic_Research/ Basic_Research.html; Wirtz, 2008)

Abteilungen ein sogenanntes Pflichten- oder Lastenheft erstellt. Da diese oft sehr umfangreich sind, ist es sinnvoll, ein Designbriefing zu erstellen, in dem alle Design betreffenden Faktoren in kompakter Form zusammengefasst werden. 116 In diesem Briefing wird in drei Anforderungsbereiche unterschieden, wobei alle das Design betreffen. MUSS: Welche Eigenschaften muss das fertige Design mitbringen? DARF: Welche Eigenschaften und Wünsche können in das fertige Design integriert sein? DARF NICHT: Welche Eigenschaften darf das Design auf keinen Fall aufweisen? In den Bereich „MUSS“ fallen neben den technischen, ökologischen und menschbezogenen Faktoren u.a. auch Stammmarkenfaktoren, etwa Corporate Design Vorgaben, wie z.B. ein Logo zu verwenden ist und welche Farben wie zu gebrauchen sind. Es fallen aber

117


3. WIRKSAME UMSETZUNG EINER MARKENERWEITERUNG 117

Vgl. Heufler, 2012, S.96.

auch wichtige produktbezogene Markenkernwerte darunter, z.B. „qualitativ hochwertig“, „leicht“ usw.

Für den fortlaufenden Designprozess einer Markendehnung bietet sich das 3-Stufen-Modell des Creation Processes nach Wirtz (siehe Abb. 22) als Gedankenmodell an. In diesem wird die emotionalintuitive Vorgangsweise möglichst reduziert gehalten, womit bewusst eine stärkere Bindung zur Stammmarke erhalten bleibt. Somit lässt sich der Designer lenken und kontrollieren, ohne zu sehr eingeschränkt zu werden.

Für den Entwurfsprozess gibt es eine Vielzahl von Verfahren. Eines wäre etwa das klassische Brainstorming, in dem in einer Gruppe in ungehemmter Diskussion mit fantasievollen Einfällen kreative Leistung erbracht werden soll. Eine Variante ist das destruktiv-konstruktive Brainstorming. Dabei werden zuerst in einem Brainstorming alle Schwächen eines Problems zusammengetragen; anschließend werden, wieder mittels Brainstorming, für alle Schwächen Lösungen gesucht, um so in kurzer Zeit ein Bewusstsein für jene Probleme zu erarbeiten, für die schlussendlich Lösungsvorschläge gesucht werden. Ein weiteres Verfahren für einen Entwurfsprozess ist die Analogiebildung. Hier wird auf verschiedenen Ebenen, z.B. Technik oder Designverhalten, nach Analogien aus anderen Bereichen, wie etwa der Bionik, gesucht, die dann auf den eigenen übertragen werden können. 117

Das 3-Stufen-Modell besteht, wie schon der Name sagt, aus drei Stufen. Die unterste als subjektive, die mittlere als objektive und die oberste als abstrakte Stufe. Die subjektive Stufe umfasst die Emotionen, Bilder, Eindrücke und die Sinnlichkeit, die man mit Objekten erfährt. Die objektive Stufe lässt die Gefühle außen vor und untersucht das Design sachlich auf seine Regeln und Vereinbarungen. Letztendlich wird die Betrachtung auf der dritten Stufe so weit reduziert, dass nur mehr ein Gedankenmodell auf der abstrakten Stufe übrig bleibt. Zu diesen drei Stufen kommt in dem 3-Stufen-Modell des Creation Process nach Wirtz noch die Zeitachse hinzu. So wird zunächst in der Vergangenheit auf der untersten Stufe das Erleben und die Gefühle vorhandener Designs und Bilder untersucht, auf die man aufbauen möchte.

Abb. 22 3-Stufen-Modell des Creation Process nach Wirtz (eigene Darstellung adaptiert nach Wirtz, 2007, S.10)

Konzeptionsebene

Reduce to contexts.

Abstract thoughtmodels

Objective rules & agreements

Subjective sensuality, emotions experiences, images

Analyse the correlation of gestalt and meaning.

What did you experience, sense? What's the story?

Past

118

Realisationsebene

Present

Determine your main context & sub contexts.

Create new context of gestalt and meaning.

Design a new stroy, new experiences!

Future


MARKENDEHNUNG KOMPLEXER PRDOUKTE

Eine Stufe höher, auf der objektiven Stufe, analysiert man in Folge den Zusammenhang von Gestalt und Bedeutung und reduziert ihn auf der abstrakten Stufe auf Kontexte. Der Übergang zu der abstrakten Ebene bildet zugleich den Wechsel von der Konzeptionsebene zur Realisationsebene, da dort die Vorgaben an das fertige Produkt „konzipiert“ wurden und nun in Folge „realisiert“ werden müssen. Auf der abstrakten Ebene gilt es auf der Seite der Realisation Haupt- und Nebenkontexte zu bestimmen, aus denen dann auf der objektiven Stufe wiederum Zusammenhänge für Gestalt und Bedeutung des neuen Designs festgelegt werden. Auf der untersten Stufe werden aus den gewonnenen Informationen eine neue Story und neue Erlebnisse designt.

„Context-Transformation-3D“ nach Wirtz (siehe Abb. 23) als Tool zur Verfügung. Dieser Prozess wurde speziell dafür entworfen, abstrakte Emotionen, wie z.B. „Partnerschaftlichkeit“, „Zentriertheit“ oder „Urbanität“ als Kontexte zu setzen, zu beschreiben, aufzuschlüsseln und abschließend in ein 3D-Design umzusetzen. Somit lassen sich in einen Raum oder ein Produkt bewusst abstrakte Gefühle implementieren, welche sich dann durch den Konsumenten oder den Betrachter bewusst oder unbewusst wieder abrufen lassen.

Abb. 23 Arbeitsprozess: ContextTransformation-3D nach Wirtz (eigene Darstellung adaptiert nach Wirtz, 2007, S.5)

Für das 3-Stufen-Modell des Creation Process (in Abb. 22) steht von der abstrakten Ebene bis zu der subjektiven Ebene der Arbeitsprozess

Idea Color & Materials

Utilization

Funktion

Trends

Interior Space

Exposition of models

Basic Research

Preception

Form & Identity

Evaluation

Usage

Interaction

User interface

Basic Research

Context - Manage Meaning Words & Images

Transfer

description Keyword 2 I

Building full scale model - 3D

description Keyword 2 VI

description Keyword 2 VI

description Keyword 2 I

Image Keyword I

description Keyword 2 II

Image Keyword II

Image Keyword VI

description Keyword 2 II

Brand

description Keyword 2 V

Research & Investigate

Image Keyword III

Image Keyword V

description Keyword 2 V

Image Keyword IV

description Keyword 2 IV

description Keyword 2 III

description Keyword 2 III

description Keyword 2 IV

Mindmap

Matrix - Start Transformation Context Proportion Surface - Detail

Fläche Gestik

Image-Keyword II

IssueContext

Reduktion

Evaluation

Details

Matrix

119


3. WIRKSAME UMSETZUNG EINER MARKENERWEITERUNG 118

Vgl. Esch, 2011, S.23.

Da starke Marken in hohem Maße auf einer emotionalen Ebene verankert sind, können aus ihnen Kontexte erstellt werden. Als Beispiel lässt sich hier etwa das Image von Marlboro mit seiner stark emotional aufgeladenen Bilderwelt (Freiheit, Cowboy) nennen oder auch BMW mit seinem ausgesprochen gefühlsbetonten Profil und Claim: „Freude am Fahren“. 118

3.4. Der Markendehnungs-Designprozess Für den komplexen Markendehnungs-Designprozess muss der Tempel der Markenerweiterung (siehe Abb. 09) etwas modifiziert werden, da dieser im Weiteren nicht ausreichend ist. Im modifizierten Tempel der Markenerweiterung wird die Dachpartie der Positionierung und Umsetzung der Markenerweiterung in weitere Schritte aufgeschlüsselt und somit gefestigt. Die Umsetzung des neuen Designs, der Produktion etc. und die Positionierung im Markt bilden jeweils einen eigenen Dachträger, da auch ihnen eine große Bedeutung im modifizierten Tempel der Markenerweiterung zukommt. Das 3-Stufen-Modell und der Design-Arbeitsprozess verbergen sich in abgewandelter Form in dem Träger-Leimbinder, „Find the Fit“.

Abb. 24 Modifizierter Tempel der Markenerweiterungen (eigene Darstellung adaptiert nach Esch, 2011, S.313)

Akzeptanz durch Konsumenten

Positionierung Umsetzung Find the Fit Neues Design & Modellbau Matrix Bedeutung- & Kontextfindung bzw. -fixierung Analyse von Marken & Storytelling, Design Analysen & Basic Research Marktbezogene Determinante

Unternehmensbezogene Determinante

Analyse potentieller Markenerweiterungen: subjektiv wahrgenommene Übertragbarkeit auf potentielle Erweiterunsprodukte Analyse der Markenstärke: konsumbezogener Markenwert

120


MARKENDEHNUNG KOMPLEXER PRDOUKTE

Abb. 25 Image-Mindmap Transformation (eigene Darstellung)

Stammmarke

Brand

Image-Keywordanalyse Image Keyword

Image Keyword Image Keyword

Image Keyword

Image Keyword

Image Keyword

Image Image Keyword Keyword

Image Keyword

description Keyword 2 IV

Image Keyword III

Image Keyword IV

Image Keyword V

Image Keyword VI

description Keyword 2 I

description Keyword 2 V

description Keyword 2 V

Image Keyword V

description Keyword 2 II

Image Keyword

Image Keyword

Image Keyword

Image Keyword II

description Keyword 2 IV

Image Keyword I

Image Keyword

Image Keyword I

Image Keyword IV

description Keyword 2 I

Image Keyword

Image Keyword

Image Keyword

Image Keyword

Image Keyword

Image Keyword

Image Keyword

Image Keyword

description Keyword 2 II

Image Keyword II

Fokussierung auf die zentralen sechs Haupt-Image-Keywords

description Keyword 2 VI

description Keyword 2 VI

Pr채zisierung der sechs Haupt-Image-Keywords durch je zwei description-Keywords

Image Keyword VI

description Keyword 2 III

description Keyword 2 III

Image Keyword III

121


3. WIRKSAME UMSETZUNG EINER MARKENERWEITERUNG 119

Vgl. Esch, 2011, S.313.

120

Bayas-Link/Scheier/Schneider, 2010, S.32.

3.5. Aufschlüsselung des Markendehnung-Designprozesses In der ersten Phase geht es wie auch schon im Tempel der Markenerweiterungen 119 darum, das Potential einer Marke in Hinblick auf eine Markendehnung genauer unter die Lupe zu nehmen. Fällt in dieser Phase auf, dass die Marke kein Potential hat, um gedehnt zu werden, scheitert die Markendehnung schon zu Beginn und die Firma muss über Alternativen nachdenken, bis sie eventuell zu einem späteren Zeitpunkt bereit für diese Markendehnung ist. Hat die Marke ausreichend Stärke und das nötige Potential, so können, nachdem Fit-Messung sowie eine Dehnungsanalyse gemacht wurden, die unternehmens- und marktbedingten Rahmenbedingungen analysiert werden. Sind diese Bedingungen unpassend, bedeutet dies ebenfalls das Aus für eine Dehnung bzw. sollte das tatsächliche Potential der Marke noch einmal hinterfragt werden. Sobald das Erweiterungsprodukt festgelegt ist, werden in der Recherche- und Analysephase Informationen zu möglichen Materialien, Fertigungstechniken etc. gesucht und der Ist-Zustand festgehalten. Anschließend folgt die wichtige Aufgabe, die Stammmarke zu analysieren und die Zielgruppe zu definieren. Sollten bei der Analyse Probleme oder Unstimmigkeiten auftreten, gilt es zur Aufgabenstellung zurück zu gehen. Am Schluss dieser Phase muss ein Designbriefing stehen, in dem alle Details festgelegt sind, damit die Weichen für das spätere Design richtig gestellt sind. In diesem Briefing sind neben technischen Anforderungen auch Corporate-Design-Richtlinien und produktspezifische Markenkernwerte festgehalten. In der dritten Phase werden auf der subjektiven Ebene die Stammmarke und ihre Produkte bzw. ihr gesamtes Image auf ihr Storytelling und ihr Image hin analysiert. Dies lässt sich mittels passender Umfrage-Tools in einer empirischen Erhebung erfassen, auswerten und aufzeigen. Bei der Auswertung des Images der Marke wird sich bei klaren Marken relativ schnell ein enger Image-

122

Keyword-Pool ergeben, der die Marke beschreibt. Aus ihm lassen sich sechs bis acht Haupt-ImageKeywords auswählen, welche die Marke am treffendsten beschreiben bzw. am häufigsten bei der Analyse auftauchen oder am ehesten als beschreibende Eigenschaften gewünscht sind und somit den stärksten Einfluss auf die Marke haben. Damit die die Marke beschreibenden Images eindeutig zu verstehen sind, sollten sie noch einmal durch je zwei Description-Keywords näher beschrieben werden. (siehe Abb. 25) Markenname, Image-Kernwerte und Description-Keywords werden zur besseren Übersicht in einer Image-Mindmap wie in Abb. 26 zusammengefasst. „Der Schlüssel zum Verhalten der Kunden liegt in der impliziten Verknüpfung der physischen Eigenschaften eines Produktes und den damit verbundenen mentalen Konzepten.“ 120 Beispiel: Nehmen wir einmal an, für die Beschreibung einer Marke wird das Haupt-Image-Keyword „Urbanität“ gewählt, so lässt sich dieses unterschiedlich auslegen; etwa in „Rastlosigkeit“, „Vielseitigkeit“, „Vernetztheit“, „Expansionsfähigkeit“, „Rauheit“, „Schnelligkeit“, „Kontrastfähigkeit“ usw. Damit alle Beteiligten den Begriff möglichst präzise verstehen und gleich auslegen, braucht es eine Fokussierung mittels Description-Keywords. Eine Konkretisierung durch zwei weitere solcher Keywords lenkt die Gefühlswelt in eine bestimmte Richtung. Etwa ergibt „Urbanität“ mit den beschreibenden Worten „Rastlosigkeit“ und „Rauheit“ ein anderes Bild als würde man an deren Stelle „Expansionsfähigkeit“ und „Vernetztheit“ setzen. Da die bestehenden Worte für Gefühle manchmal nicht präzise genug sind, ist eine Wortneuschöpfung auf der Suche nach dem passenden Wort für ein gewünschtes Gefühl durchaus erlaubt.


FIND MORE ABOUT THE BOOK 121

DERESA, o.A., 2007, S.56.

122

DERESA, o.A., 2007, S.56.

Description Keyword 2 I

Description Keyword 2 VI

Description Keyword 2 VI

MARKENDEHNUNG KOMPLEXER PRDOUKTE

Abb. 26 Kontext-Design Verarbeitung nach Wirtz (eigene Darstellung adaptiert nach Wirtz, 2007, S.11f.)

Description Keyword 2 I

Image Keyword I

Image Keyword VI

Description Keyword 2 II

Image Keyword II

Description Keyword 2 II

Brand

Description Keyword 2 V

Image Keyword V

Description Keyword 2 V

Image Keyword IV

Description Keyword 2 IV

Um zu verstehen, aus welchen gestalterischen Parametern heraus das Image der Marke entstanden ist und wie es dementsprechend empfunden wird, gilt es, diese gestalterischen Parameter auf der auf der objektiven Ebene zu analysieren und festzulegen. Dazu muss jedes einzelne ImageKeyword in der Gestaltung der Marke gefunden und besetzt werden. Dafür sollten alle markenbezogenen gestalteten Objekte miteinbezogen werden, etwa bestehende Produkte, Werbung, Produktdetails, Räumlichkeiten bzw. deren ausschlaggebende Details, Fotos, Persönlichkeiten, Verpackungen und vieles mehr. „Damit die visuellen Repräsentanten der Kontexte (Image-Keywords) überhaupt in 3D übersetzt werden können – also die Essenz aus den Bildern gezogen werden kann – muss eine Analyse der Bildelemente vorgenommen werden.“ 121 Die zusammengetragenen Ausschnitte, Bilder und

Image Keyword III

Description Keyword 2 III

Description Keyword 2 III

Description Keyword 2 IV

Fotos sind nicht nur für die Analyse von Nutzen, sondern auch im folgenden Designprozess, ähnlich wie ein Moodboard, zu verwenden. „Die Bildanalyse zeigt, anhand welcher dieser Parameter eine Visualisierung für den festgelegten Kontext funktioniert.“ 122 Hieraus lassen sich gestalterische Gestiken für das Design ableiten und festlegen (siehe Abb. 27).

designmanagement.at

123


3. WIRKSAME UMSETZUNG EINER MARKENERWEITERUNG

Anschließend werden die Darstellungsparameter für das zu gestaltende Markendehnungsprodukt in einer Tabelle wie folgt festgelegt: • Allgemeine Darstellungsparameter, wie Proportion und Fläche, sowie • Detail-Darstellungsparameter wie Architektur (bei Räumlichkeiten), Gestik, Transparenz, Geometrie, Kontrast/Farbe und Kontur.

Moodboards, so wie das Designbriefing. Die verschiedenen Tools erlauben es dem Designer, sich frei im abgesteckten Rahmen zu bewegen. Sowohl Designer als auch Design- bzw. Produktmanger können mittels der Realisationskontrolle und des Evaluierungstools (siehe Abb. 28) regelmäßig jeden weiteren Schritt im Hinblick auf einen „Fit“ zur Stammmarke hin überprüfen. In dieser entscheidenden Phase des Prozesses wird der „Fit“ im Design implementiert.

Nach der Kontextfestigung geht es in einer langen, emotional-intuitiven, vierten Phase daran, Problemlösungen zu suchen und mittels Skizzen, Renderings und Vormodellen wie Ergonomie-, Funktions- und Designmodellen, Konzeptvarianten zu bilden. Hierbei helfen und lenken neben den sechs bis acht Image-Keywords und ihren Bildern außerdem Marken-, Technik- und Zielgruppen-

Steht das Konzept, so geht es in der fünften Phase an die Ergonomieüberprüfung und an das Bauen eines CAD-Modells, welches für das Rapidprototyping oder auch für die von Hand gefertigten Modelle benötigt wird. Nach der Entwurfsphase müssen die Details durchgearbeitet und die Gesamtgestalt optimiert werden. Dies kann mitunter recht langwierig sein. Während und nach der emotional-intuitiven Phase werden die einzelnen Fortschritte, Teillösungen und das Endprodukt anhand der zuvor festgelegten

Abb. 27 Bildliche Herleitung und Festlegung der Darstellungsparameter (eigene Darstellung)

Image-Keyword I

Image-Keyword II

Image-Keyword III

Image-Keyword IV

Image-Keyword V

Image-Keyword VI

Image-Keyword I Image-Keyword II Image-Keyword III Image-Keyword IV Image-Keyword V Image-Keyword VI

124

Kontur

Kontrast Farbe

Geometrie

Transparenz

Gestik

Architektur

Fläche

Brand

Proportion

Details

Bildliche Herleitung der Image-Keywords in der Kommunikation der jeweiligen zugehörigen Marken zu einem Moodboard (Bestehendes Produkt, Werbung, Produktdetails, Räumlichkeiten, Fotos, Verpackung ...)

Festlegung der Darstellungsparameter des Markendehnungsproduktes anhand der analysierten Image-Bilder


FIND MORE ABOUT THE BOOK Image-Keyword I

Image-Keyword II

Image-Keyword IV

Image-Keyword V

DESIGN MANAGMENT KOMPETENZ

Image-Keyword III

Image-Keyword VI

Corporate Design Vorgaben, Image-Mindmap der Marke, Image-Moodboard, festgelegte Darstellungsparameter sowie Produktbezogene Markenkernwerte bilden die Grundlage für die Gestaltung

description Keyword 2 V

Image Keyword V

description Keyword 2 V

description Keyword 2 IV

Kontur

Transparenz

Kontrast Farbe

Image-Keyword I

Image-Keyword II

Image Keyword III

Image Keyword IV

description Keyword 2 IV

Gestik

Brand

description Keyword 2 II

Brand

Architektur

description Keyword 2 II

Image Keyword II

Fläche

Image Keyword I

Image Keyword VI

Proportion

description Keyword 2 VI

description Keyword 2 VI

description Keyword 2 I

Geometrie

Details

description Keyword 2 I

description Keyword 2 III

Image-Keyword III

Image-Keyword IV

description Keyword 2 III

Image-Keyword V

Image-Keyword VI

Entwürfe, Skizzen, Renderings, Details, Modelle, ...usw.

Proportion

Fläche

Image-Keyword II

Evaluierung der Entwürfe, Skizzen, Details, Modelle, ... usw.

Gestik

Image-Keyword I

...

...

Feststehendes Produktdeign

Abb. 28 Realisationskontrolle (eigene Darstellung)

designmanagement.at 125


4. SPEZIALFALL CO-BRANDING

Ziel: Markendehnungsprodukt festlegen

Phase 2 Recherchieren/Analysieren Ziel: Problemerkennung

Phase 3 Abstrahieren Ziel: Kontextfestigung

Phase 4 Kontext-DesignVerarbeitung Ziel: Find the Fit

Phase 5 Entwerfen Ziel: Problemlösung

Phase 6 Optimieren/Ausarbeiten Ziel: Realisierung

Serienreife

Kommunikation

Ziel: Positionierung

Abb. 29 Markendehnungsprozess für komplexe Designobjekte (eigene Darstellung adaptiert nach Heufler, 2012/Esch, 2011/Wirtz, 2007)

126

Markenstärke/Dehnungspotential Fit-Messung/Dehnungsanalyse unternehmens-, marktbedingte Rahmenbedingungen

Aufgabe stellen Informationen sammeln Ist-Zustand definieren Stammmarkenanalyse Zielgruppenanalyse Briefing erstellen

Markenkonexte finden Mindmape entwicklen Mindmap-Images-Transformation Matrix entwicklen

Funktionen gliedern Prinziplösungen suchen Konzeptvarianten bilden Realisationskontrolle Prinzipaufbau festlegen

Ergonomie überprüfen CAD-Modell entwickeln Real-Modell aufbauen Realisationskontrolle Entwurf festlegen

Details durcharbeiten Gesamtgestalt optimieren Ausführung abstimmen Kosten prüfen Realisierung freigeben

Konzeptionsebene

Phase1 Markendehnungsanalyse

Aus

Realisationsebene

Idee


FIND MORE ABOUT THE BOOK 123

Vgl. Wirtz, 2007.

128

Esch, 2011, S.360.

124

Heufler, 2012, S.106.

129

125

Design Report, 2011, S.11.

www.mammut.ch [Stand: 01.08.2015].

126

Vgl. Esch, 2011, S.359.

130

Vgl. Esch, 2011, S.360.

127

Thiessen, 2006, S.5.

Parameter evaluiert und in einem letzten Schritt mindestens ein 1:1-Modell gefertigt, welches das endgültige Design wiedergibt. Dieses wird abschließend nochmals detailiert evaluiert. 123

„Der nächste Schritt ist die Kontrolle der ersten Nullserienmuster, die bereits mit den neuen Werkzeugen gefertigt wurden. Hier sollten die allerletzten Fehler entdeckt und korrigiert werden (…).“ 124 Vor einer Freigabe zur Serienproduktion ist ein weiterer Schritt jedoch noch von entscheidender Bedeutung um negative Rückkoppelungen größtmöglich auszuschließen: Das fertigt Markendehnungsprodukt muss zwingend noch einmal eine Analyseschleife durchlaufen. Dabei wird das Produkt auf „Fit“, allgemeinen Gefallen, Kaufpotential, möglichen erzielten Marktpreis etc. analysiert.

Nachdem alle anfallenden Kosten für das Markendehnungsprodukt genau kalkuliert, überprüft und positiv bewertet wurden, der gesamte Gestaltungsprozess ebenfalls positiv abgeschlossen wurde und sich schlussendlich gezeigt hat, dass der „Fit“ gegeben ist, kann das Markendehnungsprodukt zur Serienfertigung freigegeben werden. Damit das fertige Produkt, sobald es auf den Markt kommt, sowohl vom Händler als auch von den Konsumenten gleichermaßen richtig positioniert wahrgenommen wird, muss frühzeitig darauf geachtet werden, dass sowohl die Marke als auch das Markendehnungsprodukt verständlich und klar mit den jeweiligen Kernwerten kommuniziert werden. Stichwort: Richtige Werbestrategie.

An dieser Stelle klinkt sich diese Publikation jedoch aus, da über das Thema Kommunikation und Werbung schon zahlreiche Bücher verfasst wurden, die sich ausführlich mit diesem Thema befassen.

Zusammenfassend kann man einen Gesamtprozess darstellen (siehe Abb. 29), der alle gewonnenen Kenntnisse umfasst und die Rückkoppelungen zeigt, die immer wieder stattfinden. So steht auch hier zu allererst die Idee zu einer Markendehnung.

MARKENDEHNUNG KOMPLEXER PRDOUKTE

4. SPEZIALFALL CO-BRANDING „Diesel kooperiert mit Moroso, Thonet mit Muji, Mini mit Onitsuka Tiger oder Missoni mit San Pellegrino und alle scheinen davon überzeugt, dass die Verbindung für Außenstehende völlig plausibel erscheint.“ 125 Was bei einer einfachen Markendehnung im Bezug auf die Entwicklung eines Produktes schon ein aufwändiger Prozess ist, wird bei einem Co-Branding noch weit komplexer. Für den Fall eines Co-Brandings muss der vorangegangene Designprozess angepasst werden, da ein weiterer wichtiger Faktor hinzukommt und der Prozess in seiner „ursprünglichen“ Form nicht verwendbar ist. Beim Co-Branding werden die Stärken mindestens zweier Marken gebündelt und auf ein neues Produkt gelenkt, was Vorteile gegenüber einer alleinstehenden Marke haben kann. 126 „Diese positiven Ausstrahlungen von zwei Marken auf ein Produkt können im Idealfall auch negative Vorstellungen der einen Marke durch die positiven Assoziationen der zweiten Marke kompensiert werden.“ 127 Um diese positiven Eigenschaften für das Dehnungsprodukt mitnehmen zu können, muss mit Sorgfalt vorgegangen werden und einiges beachtet werden. Zunächst lässt sich sagen, dass sich das Co-Branding in fünf Unterarten einteilen lässt. • Co-Promotions: Dabei geht es um eine gemeinsame Kommunikation zweier Marken, wie etwa wenn McDonald´s und Disney (Happy Meal) oder Siemens (Spülmaschinen) und Finish gemeinsamen werben. • Co-Branding (im engeren Sinne): Hierbei bringen zwei Marken auf horizontaler Ebene ein neues Produkt auf den Markt. • Ingredient Branding: „Bezieht sich auf den vertikalen Zusammenschluss zweier Marken.“ 128 Dabei wird ein „Teilprodukt“ in ein „Endprodukt“ integriert, etwa GORE-TEX®-Membranen, die in Mammut-Produkten verwendet und speziell beworben werden. 129 • Mega-Brands: Dies sind Supermarken, die durch den Zusammenschluss einer größeren Anzahl von Marken entstehen. Als Beispiel lässt sich Star-Alliance nennen, zu der unter anderem Lufthansa oder Austrian Airlines gehören. 130

designmanagement.at

127


4. SPEZIALFALL CO-BRANDING 131

www.wirtschaftslexikon.gabler.de [Stand: 10.03.2014].

135

Vgl. Esch, 2011, S.364 und S.371.

136

132

Esch, 2011, S.361.

www.hip-hop.de [Stand: 25.03.2015].

133

Vgl. Esch, 2011, S.364.

134

Esch, 2011, S.370.

Joint Ventures: Bei Joint Ventures gründen zwei oder mehrere Unternehmen eine neue gemeinsame Marke (Unternehmen) mit Kapitalbeteiligung und Know-How-Austausch. Zu den Hauptgründen für die Bildung eines gemeinsamen Unternehmens gehören das Aufteilen des unternehmerischen Risikos, die Nutzung von lokalen Marktkenntnissen des Partnerunternehmens sowie die Realisierung von Synergieeffekten und Wettbewerbsvorteilen durch die Stärken des eigenen und des Partnerunternehmens. 131

„Im Vergleich zu einer Markendehnung sind Markenallianzen dann vorteilhaft, wenn der Imagetransfer auf ein Angebot durch Nutzung mehrerer Marken effektiv und effizienter ist, als bei dem Transfer einer einzigen Marke.“ 132 Dies bedeutet, dass die positiven Markenimagevorstellungen und Erfahrungen, die der Kunde mit beiden Marken gemacht hat, auf das neue „gemeinsame“ Produkt übertragen werden. 4.1. Chancen und Risiken des Co-Branding Da Co-Branding eine Variante der Markendehnung ist, sind die wesentlichen Chancen und Risiken dieselben. Die Chancen eines Co-Brandings sind zugleich auch die Entscheidungskriterien für ein Co-Branding und gegen eine Produktlinien- oder Markenerweiterung. Vordergründig steht meist der Zugang zu neuen Kundenpotentialen im Raum. 133 Damit dieser Zugang überhaupt erst möglich wird, ist jedoch das zentrale Ziel einer Markenallianz meist die gegenseitige Imagestärkung durch das Image und die Bekanntheit einer portfoliofremden Marke. Eine Kooperation eröffnet dem Unternehmen eine weitere Steuermöglichkeit, wodurch es bestimmte Imageeigenschaften feiner abstimmen kann. Es geht dabei meist um eine Verjüngung der Marke, den Aufstieg in hochpreisigere Segmente, eine klarere Positionierung oder gar die Eröffnung gänzlich neuer Livestylebereiche. „Die Chancen liegen vor allem in der Markenkapitalisierung der beteiligten Marken durch Erschließung neuer Angebotsbereiche, die mit einer einzigen Marke aufgrund eines nicht hinreichenden Fits bezüglich relevanter Eigenschaften kaum möglich gewesen wäre.“ 134 Gesteigerte Einnahmen durch Lizenzen oder die

128

Chance auf eine kurzfristige Realisation von Mengen oder Preispremium sind ebenfalls Faktoren, die für eine Kooperation mit einer anderen Marke sprechen. Die Erweiterung ihres Leistungsangebots um bestimmte Zusatznutzen und die Erschließung von neuen Kompetenzfeldern sind weitere wesentliche Beweggründe für ein Co-Branding. Eine interessante Möglichkeit für die Erschließung strategisch wichtiger Absatzmittel oder Kanäle für besseren Kundenzugang durch Markenallianzen zu erreichen, ist die Kooperation mit Storebrands. 135 Adidas hat beispielsweise eine eigene Foot-LockerKollektion, die ausschließlich bei Foot Locker erhältlich ist. Hier wird das Preissegment dieses Storebrands abgedeckt und ein geregelter Absatz erzielt. „Foot Locker und Adidas präsentieren die wahren Originale.“ 136 Den Vorteilen und co-brandingspezifischen Chancen stehen gewisse Risiken gegenüber, die so nur bei einer Markenallianz auftauchen und nicht zu verachten sind. Bevor man eine Markenallianz eingeht, sollte man sich über den hohen zusätzlichen Koordinationsaufwand im Klaren sein, da alle beteiligten Marken bei dem neuen Produkt ein Wörtchen mitzureden haben. Dadurch wird auch der eigene Handlungsspielraum stärker eingeschränkt als etwa bei einer „einfachen“ Markenerweiterung, beispielsweise durch entsprechende vertragliche Vorgaben und der Corporate-Design-Einhaltung der Partnermarke. Durch den fehlenden Fit einer oder mehrerer beteiligter Marken, sowohl untereinander als auch zu dem Markendehnungsprodukt, kann es zu einer Imagebeschädigung aller kooperierender Firmen kommen. Des Weiteren können veränderte Eigentumsverhältnisse innerhalb einer kooperierenden Marke zu Unsicherheiten der Markenallianz führen. Gründe hierfür können z.B. neu geplante Strategieausrichtungen oder persönliche Abneigungen und Machtkämpfe sein. Eine Umpositionierung der Partnermarke kann Probleme für die Markenallianz bringen, da der Fit verloren geht, die geschaffene Co-Brandingstruktur aber erhalten bleibt. So können schnell die inneren Probleme einer kooperierenden Marke zu den eigenen werden. Ein kurzfristiges Denken und der Wunsch nach schnellen Erträgen sowie die Dominaz des taktischen Kalküls können alle beteiligten Marken nachhaltig


MARKENDEHNUNG KOMPLEXER PRDOUKTE 137

Vgl. Esch, 2011, S.371.

138

Görtz, 2010, S.87.

139

Vgl. Bouten, 2006, S.1.

140

Vgl. Chwoika, 2006, S.28.

141

Vgl. Preininger, 2010, S.58.

142

Chwoika, 2006, S.28.

negativ beeinflussen. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass sich die Risiken hauptsächlich aus der Beziehung zwischen den Marken, ihrer Kooperation und der jeweiligen Abstimmung ergeben. 137 „Für Chris Rempel, Erfolgsunternehmer und Joint-Venture-Marketing-Enthusiast aus den USA, scheitern Kooperationen vor allem aus drei Gründen: erstens zu wenig Vertrauen und Kommunikaiton zwischen den Partnern, zweitens zu wenig Engagement (…) und drittens eine zu komplizierte Herangehensweise.“ 138

Hinzu kommen eine Übereinstimmung der Preislage im jeweiligen Segment der kooperierenden Marken 140 und ein Zielgruppen-Fit bzw. eine Zielgruppenergänzung. 141 „In einer qualitativen Fitstudie wurde dabei festgestellt, dass emotionale Assoziationen sowie Produktassoziationen (Produktfit) die am häufigsten genutzten Fitbasen eines Partnerfits darstellen.“ 142 Eine reine Fokussierung auf den Produktfit bewirkt, dass der Fit zwischen den Partnern abnimmt. Emotionale und sachliche Assoziationen führen dagegen zu einer hohen Ergänzung der Partner. Als schwieriges bzw. negatives Beispiel lässt sich hier eine mögliche Kooperation zwischen Marlboro und Lucky Strike nennen, deren Produkte zu ähnlich sind. Dagegen lässt sich als Beispiel für eine positive Kooperation mit großer Übereinstimmung (mit einer schwachen Inkongruenz der emotionalen und

4.2. Konzeptionsebene/Analyse für ein Co-Branding Für das nähere Verständnis der Abhängigkeiten gibt folgende Grafik von Bouten (2006) einen Überblick (siehe Abb. 30). Ihm zufolge muss für ein neues Produkt eines Co-Brandings sowohl der Fit zwischen den Produkten der kooperierenden Marken (A), als auch der Fit zwischen deren Markenimages (B) gegeben sein. Des Weiteren ist ein Fit zwischen den Produkten der beiden kooperierenden Stammmarken und dem neuen Produkt (C) zwingend. Letztendlich muss auch noch der Fit zwischen dem neuen Produkt und dem Image der beiden kooperierenden Marken (D) stimmig sein. 139

Abb. 30 beeinflussende Faktoren eines Co-Branding-Produkts (eigene Darstellung adaptiert nach Bouten, 2006, S.17)

B

Brand I

Brand II

Current products Brand I

Current products Brand II

C D A

New product

129


4. SPEZIALFALL CO-BRANDING 143

Vgl. Preininger, 2010, S.44.

144

Vgl. Görtz, 2010, S.113ff.

145

Vgl. Baumgarth, 2003, S.391.

146

Vgl. Redler, 2003, S.200.

147

Vgl. Chwoika, 2006, S.45.

148

Vgl. Esch, 2006, S. 14. und Esch/Honal/ Redler, 2006, S.15.

149

Esch/Honal/Redler, 2006, S.15.

150

Vgl. Esch, 2006, S.14.

151

Mayer de Groot, 2011, S.2.

sachlichen Assoziationen) die Markenkooperation zwischen dem Sportschuhhersteller Adidas mit Adidas Originals und der Motorrollermarke Vespa nennen. „Nach (…) Erkenntnissen einer Studie führt eine schwache Inkongruenz zu einer positiven Beurteilung im Vergleich zu einer hohen Kongruenz oder einer starken Inkongruenz, da eine leichte und lösbare Inkongruenz einer Information positiv anregend auf Informationsbearbeitung wirkt.“ Zu den möglichen Diskrepanzen zwischen den hier genannten Abhängigkeiten aus Abb. 30 kommen noch Umsetzungsprobleme durch die Kooperation der jeweiligen internen Teams der Partner, Probleme bezüglich der Offenheit oder Übereinstimmungen der Organisationsstrukturen und eventuell unterschiedlichen Rechtsformen. 143 Möglichen Problemen während der Kooperation sollte man im Vorfeld präventiv durch einen klar strukturierten Vertrag entgegenwirken. Hier lohnt sich ein Schwenk zum Thema Kooperationsvertrag und den Inhalten, die dieser umfassen sollte. Eine juristische Beratung ist aber auf jeden Fall unabdingbar. • Vertragspartner • Verantwortliche • Ziel der Kooperation • Inhaltliche Kooperation • Zuständigkeiten • Zeitplanung • Externe Partner • Kosten • Einnahmen • Markennutzung • Haftung • Dauer • Kündigung • Geheimhaltungspflichten • Informationspflichten • Datenschutz • Wettbewerbsverbot Je präziser der Vertrag geregelt ist und mit den jeweiligen Partnern im Vorfeld besprochen bzw. ausdiskutiert wurde, umso besser ist es für das weitere Vorhaben Co-Branding. 144 Hierzu ist es ratsam, sich spezielle Fachliteratur zum Thema anzueignen bzw., wie schon erwähnt, einen Juristen heranzuziehen.

130

4.3. Wahl des geeigneten Kooperationspartners In dem vorangegangenen Kapitel wird ersichtlich, welch komplexe Struktur ein Co-Branding aufweist. Die einzelnen Verlinkungen müssen sorgsam geprüft werden, da in jeder Abhängigkeit auch ein Gefahrenpotential schlummert, welches möglichst früh erkannt und eliminiert werden sollte. In einer Untersuchung von Baumgarth 145 sowie Redler 146 konnte belegt werden, dass ein positiver Fit der Partner und ein positiver Fit zwischen den Kooperationspartnern und dem Co-Brand zu einem gesamten „Global-Fit“ führen. Dessen positive Beurteilung führt in Folge zu einer positiven und passenden Wahrnehmung des Co-Brands selbst. 147 Der komplexe Prozess der Prüfung und Umsetzung einer Markendehnung umfasst folgende sieben Punkte (siehe Abb. 31): • Analyse des eigenen Markensystems und Erfassung des Markenstatus • Definition der Ziele der Markenallianz • Identifikation, Bewertung und Selektion möglicher Partnermarken • Bindung möglicher Partnermarken • Ausgestaltung der angebotenen Leistungen und/oder Produkte • Umsetzung der Markenallianz in der Kommunikation • Sicherung von Steuerung und Kontrolle der Markenallianz 148 „Hierbei sind Aspekte der Markt-, Unternehmensund Kundensicht zu berücksichtigen.“ 149 Bei der Selektion der Partnermarke geht es primär darum, eine Marke mit hoher Markenstärke zu finden, die ihrerseits ebenfalls die Kraft hat, eine Markendehnung zu stemmen.150 Was für die eigene Marke gilt, macht für die Partnermarke keine Ausnahme. „Wenn sich eine Marke schon nicht in ihrem eigenen Markt durchsetzen konnte, warum sollte ihr dies in einem neuen Markt gelingen?“ 151 Bevor man sich daran macht nach einer kooperierenden Marke zu suchen und diese näher zu analysieren, muss die eigene Marke genau wie bei einer „einfachen“ Markendehnung umfangreich, wie im Kapitel „Wirksame Umsetzung einer Markenerweiterung“ beschrieben, analysiert werden. Und ebenso wie bei einer „einfachen“ Markendehnung spielt auch hier der „Fit“ eine zentrale Rolle, in weit umfangreicherer Form:


MARKENDEHNUNG KOMPLEXER PRDOUKTE 152

Vgl. Esch, 2011, S.365.

153

Preininger, 2010, S.65.

154

Vgl. Preininger, 2010, S.65.

• • • • •

Markenimagefit der kooperierenden Stammmarke Produktfit der kooperierenden Stammmarke Produktfit zwischen kooperierenden Stammmarke und neuem Co-Brand-Produkt Markenimagefit zwischen kooperierenden Stammmarke und neuem Co-Brand-Produkt Preislage im jeweiligen Segment der kooperierenden Marken

Ein entscheidender Punkt, den man bei einer Kooperation und der Suche nach dem Fit im Hinterkopf behalten sollte, ist die Tatsache, dass der Fit der beiden Marken zusammenpassen muss, nicht aber sich gleichen darf. Tragen die kooperierenden Marken identische Eigenschaften und/oder verkaufen sie dieselben Produkte, wird dies vom Konsumenten als Konkurrenz wahrgenommen und führt zu einer nicht sauber abgesteckten Kooperationsmarken-Wahrnehmung. 152

Überblick über jene Marken, die überhaupt für ein Co-Branding in Frage kommen würden. Dabei wird den Probanden eine Auswahl an Marken gegeben, über die sie auf einer 5- oder 7-stufigen Skala abstimmen. Die einfache Frage "Wie gut passt aus Ihrer Sicht die folgenden Marken zur Marke XY?" ist hierbei der Schlüssel. Durch die einfache und schnelle Durchführung dieser Methode lässt sich eine hohe Zahl an Probanden befragen, was zu einem repräsentativen und stark objektiven Ergebnis führt. 154 Aus der Auswertung dieser Analyse lässt sich eine Reihung aufstellen, welche Fremdmarken am ehesten zur eigenen Marke passen. In Folge ist es wichtig, einen tieferen Einblick zu bekommen. Hier geht es darum, die Übereinstimmung der Imagewerte (Image-Keywords) der Marken in der näheren Auswahl zu identifizieren.

Abb. 31 Analyse- und Gestaltungsprozess bei der Bildung von Markenallianzen (eigene Darstellung adaptiert nach Esch/Honal/Redler, 2006, S.17)

„Eine erste kostengünstige und in einem kurzen Zeitraum durchführbare Variante stellt die Global Fit Analyse dar.“ 153 Sie gibt zunächst einen

Sicherung der Steuerung und Kontrolle der Markenallianz

Umsetzung der Markenallianz in der Kommunikation

Tracking des eigenen Markensystems sowie der Partnermarke

Wahl und Beurteilung der Partnermarke

Zentrale Aspekte

Beurteilung und Reduktion der potenziellen Partnermarke

Definition der Betätigungskategorie(n) Ermittlung des Fit zwischen eigenem Markensystem und angestrebter Kategorie Bei Endorserfunktion Erarbeitung eines SollImageprofils für die Partnermarke

Zentrale Prüfinhalte Stärke der Partnermarke

Identifikation potenzieller Partnermarken

Markenfit mögliche Imagekomplementarität Ex-ante Wirkungstest

Definition der zentralen Ziele der Markenallianz

Ex-ante Test auf Rückwirkung

Analyse des eigenen Markensystems

131


4. SPEZIALFALL CO-BRANDING

Im Vorfeld ist es wichtig, die eigenen 6-8 ImageKeywords identifiziert zu haben, wie bereits im Kapitel 3.2 „Markenerweiterung wirksam umsetzen“ näher erläutert wurde. Anschließend wird jede der Marken in der engeren Auswahl mittels ähnlichkeitsbasierter Fit-Analyse auf diese Image-Keywords bzw. dahingehend, in welche Richtung man das eigene Image weiter ausrichten möchte, befragt.

Abb. 32 Ergebnis der adaptierten ähnlichkeitsbasierten Fit-Analyse und Ergebnis der adaptierten Vergleiche der Imageprofile (eigene Darstellung adaptiert nach Preininger, 2010, S.66-68)

Aus dem Ergebnis lassen sich verschiedene 2- oder 3-dimensionale Tabellen (siehe Abb. 32) bzw. ein semantisches Differenzial des Imageprofiles erstellen.

Brand 6

Image-Keyword 1

Brand 1

Brand 4

Brand 3

Brand 2 Brand 5

Image-Keyword 2

eigener Brand

Image-Keyword 1

Brand 1 Brand 2 Brand 3 usw.

Image-Keyword 2

Image-Keyword 3

Image-Keyword 4

Image-Keyword 5

Image-Keyword 6

1

132

2

3

4

5

6

7


MARKENDEHNUNG KOMPLEXER PRDOUKTE 155

Vgl. Preininger, 2010, S.69.

156

Vgl. Görtz, 2010, S.94.

Darüber hinaus empfiehlt es sich, die hier in der näheren Auswahl befindliche kleine Gruppe gezielt zu durchleuchten um herauszubekommen, über welche Imageeigenschaften die jeweiligen Marken außerdem verfügen und welche Image-, aber auch Produkteigenschaften, die Marken besonders prägen, damit es im Nachhinein keine böse Überraschung gibt. So können etwa die eigenen Image-Keywords zwar erfüllt, jedoch ebenso gegensätzliche Image-Keywords vorhanden sein, die nicht zur eigenen Marke passen und sich so negativ auswirken. Ein Vorteil der Darstellung des Ergebnisses des adaptierten Vergleichs wie in der zweiten Grafik in Abb. 32 ist die Erkennbarkeit der Richtung, in die sich das Image der eigenen Marke bei einer Kooperation verschieben würde. Dies ist natürlich ebenso abhängig von der Art der Umsetzung, Einarbeitung und Bewerbung der jeweiligen ImageKeywords im Produkt (Verpackung etc.), jedoch ist eine klare Tendenz ersichtlich. Eine freie Befragung der Probanden bringt zudem genauere Erkenntnisse über mögliche Tendenzen.

Das Problem der Feststellung des Zeitpunktes, ab dem der Mindest-Fit der potentiellen Markenpartner erreicht ist, lässt sich durch eine Befragung von Verbrauchern und Experten in Erfahrung bringen. 155 Aufgrund der nun erworbenen Daten über die möglichen Kooperationspartner liegt die letztendliche Entscheidung intern bei den jeweiligen dafür zuständigen Personen. Sie entscheiden, mit welchem potentiellen Partner Kontakt aufgenommen wird und mit wem man sich in die Verhandlungen begibt. Dieser potentielle Partner wird nur zuhören und Interesse bekunden, wenn er für sich eindeutige Vorteile aus dem Zusammenspiel erkennen kann. 156

Abb. 33 Co-Branding (eigene Darstellung)

Kooperationsmarkenprodukt

Markenimage beider Stammmarken Ankermarke

Brand II

Produktspektrum (vertikal)

Brand I

neues Markenimage Co-Brand

Stammmarkenprodukt

CoBranding

Exklusivitätsgrad (horizontal)

133


4. SPEZIALFALL CO-BRANDING 157

Esch, 2011, S.368.

158

Vgl. Chwoika, 2006, S.47.

159

Esch/Honal/Redler, 2006, S.15.

160

Preininger, 2010, S.18.

161

Vgl. Chwoika, 2006, S.30.

162

Vgl. Chwoika, 2006, S.32f.

Hat man einen passenden Partner gefunden, ist es für eine gut funktionierende Markenkooperation wichtig, dass eine der Marken die Führungsrolle, sowohl in Sachen Vermarktung und Produktion als auch in Sachen Imageübertragung, übernimmt. „Konkret ist der Markenkopf für die Markenallianz und der Markenzusatz festzulegen.“ 157 Die führende Marke wird in der Markenkooperation als Ankermarke bezeichnet. Die Hierarchie muss laut einer Studie von Park, Jun und Shocker sowohl in der Namensstellung als auch durch die Nutzung markenspezifischer Merkmale an und im Produkt sowie der Verpackung und der Kommunikation des Produktes klar erkennbar sein, da die sogenannte Haupt-, oder Ankermarke das Eigenschaftsprofil der neugebildeten Kooperationsmarke am stärksten bestimmt. 158 (Siehe Abb. 33) Die Ergebnisse dieser Studie haben die Forschungshypothese bestätigt, „dass das Urteil gegenüber der Markenallianz in Richtung derjenigen Marke verzerrt ist, deren Markenelemente bei der kommunikativen Verpackungsgestaltung dominant vertreten sind. Somit kann durch die kommunikative Gestaltung der Markenallianz die Urteilsbildung beeinflusst werden.“ 159 „Die Ankerbildung wird wesentlich durch die Faktoren Bekanntheit, Markenstärke und Fit der Produktkategorien beeinflusst“. 160 Man kann also sagen, dass die stärkere Ankermarke gewissermaßen das Image der Partnermarke in die eigene Richtung zieht und durch die Möglichkeit einer langfristigen imagemäßigen Feinabstimmung profitiert. Der Partnermarke hingegen eröffnen sich durch die hinzugewonnene Kompetenz in die neue Produktkategorie des Co-Brands langfristig neue Zielgruppen und Märkte. Eine gute Kommunikation zwischen einzelnen Marken ist in jedem Fall unabdingbar, da sich beide in dem neuen Produkt wieder finden müssen, um jeweils ihre positiven Stärken ausspielen zu können.

4.4. Umsetzung einer Markenkooperation Durch das gemeinsame Auftreten und die damit verbundene Vermischung der Eigenschaften und Images kommt es zu dem Effekt, dass Eigenschaften bzw. Images, die in der Ursprungsmarke weniger wichtig waren, in der neu gebildeten Kooperation bei gleicher Imageausprägung entweder gänzlich verschwinden oder, für den Fall einer Neuinszenierung, verstärkt wahrgenommen werden. Die Problematik dabei ist, dass die Wahrnehmung unkontrolliert beim Konsumenten abläuft. 161 Grundsätzlich ist es jedoch so, dass das Urteil der Ankermarke zuerst abgerufen wird und das Image der kooperierenden Marke im Nachhinein in Richtung der Ankermarke verschoben wird. Das Gesamturteil bzw. Image des Co-Brands resultiert dann aus diesen beiden Images. 162 Wie stark ein Anker in der Kooperation wirkt bzw. wie stark die eine Marke gegenüber der anderen hervorsticht, lässt sich in der Planungsphase mittels der Co-Brand-Imagezusammenführung (Abb. 34) steuern. Die einzelnen ermittelten Image-Keywords mit ihren jeweiligen Description-Keywords der beiden Marken stehen einander gegenüber, was für eine klarere theoretische Zusammenführung hilfreich ist. So ist es möglich, die jeweiligen Marken bis in die Feinabstimmung der Image-Keywords genau zu einem gemeinsamen Co-Brand zusammenzuführen. Angenommen, beide Marken verfügen über dasselbe Image-Keyword, legen dieses jedoch unterschiedlich aus, ist es etwa im Co-Brand möglich, genau die einzelnen, gewünschten Images zusammenzuführen. Beispiel: Brand I Großherzigkeit > Offenheit & Großzügigkeit Brand II Großherzigkeit > Spendierfreudigkeit & Einfühlungsbereitschaft Co-Brand Großherzigkeit > Großzügigkeit & Einfühlungsbereitschaft

134


MARKENDEHNUNG KOMPLEXER PRDOUKTE

Die Auslegung mag zunächst banal erscheinen, doch solche feinen Änderungen sind oft der Schlüssel zu einem frischeren Gesamt-Image, allein schon aufgrund zeitlicher, trendbedingter Veränderungen der Umwelt.

Diese Keywords gilt es, neben den jeweiligen Corporate-Design-Vorgaben, in das neue Produkt zu integrieren. In der Regel sollten Doppelbelegungen der Keywords kein Problem darstellen, da die gestalterische Ausführung aufgrund unterschiedlicher Produkte der Stammmarken anders umgesetzt wurde.

Damit der Co-Brand genauso präzise wie eine eigenständige Marke dasteht, ist es sinnvoll, ihn in Folge auch wie eine solche zu behandeln. So sollte die Anzahl der Image-Keywords der Mindmap des neuen Co-Brands, genau wie bei einer eigenständigen Marke, zwischen 6 und 8 liegen. Durch diese Anzahl ergibt sich aufgrund der unterschiedlichen, zusammenspielenden Images sowohl ein komplexes und vielschichtiges, auf der anderen Seite aber nicht zu schwammiges GesamtImage. Wie schon bei der einfachen Markendehnung besprochen, ist es in Folge nötig, die einzelnen Image-Keywords in der Gestaltung der beiden Marken herauszufiltern und festzuhalten.

Zentral dabei ist, wie auch schon bei der einfachen Markendehnung, die Analyse der Stammmarke in Hinblick auf ihre Gestaltung und Ausdrucksweise. Es soll herausgefunden werden, was genau den Kunden dazu bringt, exakt dieses spezielle Markengefühl zu empfinden und es auf neuronaler Ebene jedesmal aufs Neue abzurufen, welche Details, Bilder und Ausdrücke zu der entsprechenden

Abb. 34 Co-Branding Imagezusammenführung (eigene Darstellung)

Brand I

description Keyword 2 I

description Keyword 2 VI

description Keyword 2 I

description Keyword 2 I

description Keyword 2 VI

description Keyword 2 II

Image Keyword I

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Image Keyword IV

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Image Keyword I

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description Keyword 2 III

Image Keyword III

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Image Keyword II

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Brand II

Image Keyword V

description Keyword 2 V

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Image Keyword I

Image Keyword VI

Brand I

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Image-Mindmap der kooperierenden Marken

Brand II

description Keyword 2 V

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Image Keyword V

Image Keyword IV

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Image Keyword III

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Image Keyword IV

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Image Keyword V

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Image Keyword I

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Image Keyword II

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Image Keyword V

Image Keyword IV

Co-Brand

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Image Keyword II

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Image Keyword III

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Image Keyword VI

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description Keyword 2 IV

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Image Keyword IV

description Keyword 2 V

description Keyword 2 V

Image Keyword V

description Keyword 2 VI

description Keyword 2 VI

Image Keyword VI

Auswahl der jeweiligen Image-Keywords und beschreibenden Images mit Schwerpunkt auf der Ankermarke

Zusammenlegung der Ausgewählten Image-Keywords für den gemeinsamen Co-Brand

Image-Mindmap des Co-Brands

description Keyword 2 I

Image Keyword I

Image Keyword VI

description Keyword 2 II

Image Keyword II

description Keyword 2 II

Co-Brand

description Keyword 2 V

Image Keyword V

description Keyword 2 V

Image Keyword III

Image Keyword IV

description Keyword 2 IV

description Keyword 2 III

description Keyword 2 III

description Keyword 2 IV

135


4. SPEZIALFALL CO-BRANDING 163

Eigene Umfrage, 2014.

Wahrnehmung der Marke führen bzw. wie sich die einzelnen Image-Keywords ausdrücken. Diese gilt es bei allen beteiligten Marken herauszufiltern, darzustellen und aufzuschlüsseln. In Folge ist, wie bei der einfachen Markendehnung, zu bestimmen, auf welcher gestalterischen Ebene sich die einzelnen herausgefilterten Elemente befinden. Unterteilt wird dabei ebenfalls in Proportion und Fläche sowie Detaildarstellungs-Parameter wie Architektur (bei Räumlichkeiten), Gestik, Transparenz, Geometrie, Kontrast/Farbe und Kontur. Diese Festlegung erlaubt dem Gestalter einen gewissen Freiheitsgrad, legt jedoch gleichzeitig fest, worauf es bei den herausgefilterten und ausgewählten Bildern ankommt. Die jeweiligen Details müssen im folgenden Gestaltungsverlauf von den Designern uminterpretiert werden, so dass die Details im neuen Co-Brand zwar vorhanden bleiben, sich aber gleichzeitig in die Gesamtgestalt harmonisch eingliedern. Praktisches Beispiel: Analyse ADIDAS VESPA Co-Brand Ein sehr schönes Beispiel ist wohl die Kooperation zwischen der Sportschuhmarke Adidas und der Motorrollermarke Vespa, aus der unter anderem eine Reihe von Schuhen, Jacken und noch einiges mehr hervorgegangen sind. Bei der hier durchgeführten Analyse handelt es sich um eine kleine, nicht repräsentative Studie mit 10 Nennungen (N=10) einer schon bestehenden Markendehnung mit besonderem Augenmerk auf das Image der beiden Marken und deren Verschmelzung. 163 Einer der Gründe für die Kooperation war unter anderem der Wunsch, eine Hommage an die FußballEM 68 zu liefern (Fotos von Jugendlichen mit Adidas Schuhen auf Vespa Rollern). Dank dieser Kooperation mit Vespa konnte sich Adidas die Türen zu einem hochpreisigerem Segment und damit zu einer neuen Zielgruppe im eleganteren Retro-LifestyleBereich öffnen (Dehnung in horizontaler Richtung). Vespa dagegen ermöglichte diese Kooperation eine Verjüngung der Marke und eine Etablierung in der Schuh- und Modewelt (Dehnung in horizontaler und vertikaler Richtung). Die Logoplazierung auf dem neuen Schuh unterliegt dabei den Corporate-Design-Vorgaben der beiden Marken, ebenso die Einbeziehung der

136

charakteristischen drei Adidas-Streifen. Bei der Verteilung der Logos ist klar zu erkennen, welche Marke die Ankermarke ist. Das Adidas-Logo taucht drei Mal auf dem Schuh auf, das Vespa-Logo nur ein Mal. Auf der Innenseite der Zunge, auf der Einlage sowie auf den Enden der Schuhbänder sind die beiden Logos detailverliebt abwechselnd angewendet. Das Image und die Gestaltung des CoBrandproduktes setzen sich sowohl aus separaten Image-Keywords von Adidas und Vespa als auch aus jenen zusammen, welche für beide Marken gleichermaßen gelten. ADIDAS originals (N=10): • Urbanität (Streetstyle, „LA or Bronx like Culturemixing“) • Lässigkeit (Breakdancestyle, Freiheitsliebe) • Trendbewustsein (New Few, Durchsetzungsstärke) • Purismus (Ausdrucksstärke, Retrolifestyle) • Sportlichkeit (50ies to 80ies Football roots, Lebenslust) • Jugendlichkeit (Humor, Lebendigkeit) VESPA (N=10): • Urbanität (Individualismus, 1950-1980 ItalienFlair) • Zeitlose Eleganz (Purismus, Hochpreisigkeit) • Dolce-Vita-Flair (Sommerliche Gelassenheit, Zeitlosigkeit) • Detailverliebtheit (Verspieltheit, Traditionsbewusstsein) • Retrolifestyle (Preppy-Style-Kult, Nostalgie) • Lebenslust (Freiheitsliebe, Jugendlichkeit) Co-Brand: • Urbanität (Culturemixing,1950-1980 ItalienFlair) • Zeitlose Eleganz (Purismus, hochpreisig) • Dolce-Vita-Flair (Sommerliche Gelassenheit, Zeitlosigkeit) • Detailverliebtheit (Verspieltheit, Traditionsbewusstsein) • Trendbewustsein (New Few, Durchsetzungsstärke) • Lebenslust (Jugendlichkeit, Humor)


MARKENDEHNUNG KOMPLEXER PRDOUKTE

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.

Elegante Form (Italienischer Schnitt) Dolce-Vita-Flair, Trendbewusstsein Echtleder (Farbe und Material des Sitzleders) Zeitlose Eleganz Weiß abgesetzte Ränder, Gepäckträgergitter (3 Streifen) Detailverliebtheit Weißwandreifen (Nieten in Weißwandreifenoptik) Urbanität Zweipersonensattelschwung Lebenslust Klappbarer Gepäckträger (hoch klappbare Hosenfanglasche) Detailverliebtheit Abgesetzter hinterer Bereich Zeitlose Eleganz Schwarze Reifen (Schwarze Sohle) Urbanität Handgriffmuster (Griffstruktur auf Sohle übertragen) Lebenslustigeit Gemeinsame Details (Logos abwechselnd auf Einlage, Schnürsenkel haben je an einem Ende das Adidas- und am anderen Ende das Vespa-Logo, auf den Nieten beide Markennahmen) Detailverliebtheit

Abb. 35 Beispiel Co-Branding anhand Adidas Vespa Collection (eigene Darstellung)

9 7 3

6 5

2

1

3 8 4 10

10 4

5

6 3

3

2 1

7 8 9

137


5. ABSCHLIESSENDE WORTE

5. ABSCHLIESSENDE WORTE Für Unternehmen bietet die Markendehnung ein gewaltiges Potential, sich auf dem Markt weiter zu entfalten und das oft lange gepflegte Markenimage weiter positiv zu stärken. Die schon bestehenden Imagekomponenten lassen sich nutzen um neue Produkte in neuen Produktkategorien zu etablieren ohne erst mühselig eine komplett neue Marke aufbauen zu müssen, was ganzheitlich betrachtet einen positiven Unternehmenserfolg begünstigt. Dem Designmanager kommt dabei u.a. die Aufgabe zu, den Fit des Markendehnungsproduktes zur Stammmarke herzustellen, da dieser mit ausschlaggebend für den Erfolg oder Niedergang einer Markendehnung ist. Das Co-Branding als besondere Spielart der Markendehnung hält zusätzliche Vorzüge bereit. Diese sind von der Wahl eines geeigneten Kooperationspartner abhängen und halten bei Beachten und Lösen aller Differenzen, gegenseitige Imagestärkung und die Eröffnung weiterer Kundensegmenten bereit. Für das Gelingen einer Markendehnung, im Speziellen in Kombination mit komplexen Produkten und Designentscheidungen, ist von dem Designmanager Fingerspitzengefühl gefragt. Jedoch bietet der Markendehnungs-Designprozess eine Orientierungshilfe für die oft weitreichenden Entscheidungen, anhand derer überprüft werden kann, ob alle Beteiligten sich weiter auf dem ergebnisorientierten Leitweg befinden und auch das Endprodukt schlussendlich den unerlässlichen Fit zur Stammmarke aufweist.

138


LITERATUR

LITERATURVERZEICHNIS Baumgarth, Carsten: Wirkung des Co-BrandingsErkenntnisse durch Mastertechnikpluralismus, Wiesbaden, Deutscher Universitätsverlag, 2003. Bliemel, Friedhelm/Kotler, Philip: MarketingManagement / Analyse, Planung und Verwirklichung, 10. Auflage, Stuttgart, Schäffer-Poeschel, 2001. Bouten, Lisanne M./Snelders, Dirk/Hultink, Erik Jan: The Impact of Fit Measures on the Consumer Evaluation of New Co-Branded Products, Niederlande, Delft University of Technology, Faculty of Industrial Design Engineering, Department of Product Innovation Management, 2006. Bayas-Link, Dirk/Scheier, Christian/Schneider, Johannes: Codes / Die geheime Sprache der Produkte, Freiburg, Haufe-Lexware, 2010. Chwoika, Leo Ferdinand: Verhaltenstheoretische Analyse des Co-Brandings / Einstellungsbildung und Imagetransfer, Norderstedt, Grin Verlag Gmbh, 2006. DERESA, o. A: Design & Produktmanagement / Werkschau/Portfolio, 2006/2007 / Forschung mit internationaler Anerkennung, Kuchl, FH-Salzburg, 2007. Design Report: Design Report / 4/11, LeinfeldenEchterdingen, Verlag Konradin Medien GmbH, 2011. Esch, Franz-Rudolf: Moderne Markenführung / Grundlagen – Innovative Ansätze – Praktische Umsetzung, 4. Auflage, Wiesbaden, Gabler Verlag, 2005. Esch, Franz-Rudolf: Strategie und Technik der Markenführung, 7. Auflage, München, Vahlen, 2011. Esch, Franz-Rudolf: Wachstum mit Marken / Marken dehnen und Allianzen bilden, www.esch-brand. com/_shared/p_file_download.php?files_id=22 [Stand: 18.02.2015], 2006.

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Esch, Franz-Rudolf/Honal, Anrea/Redler, Jörn: Werbeforschung & Praxis 2/2006 / Beurteilung von Markenallianzen am

139


LITERATURVERZEICHNIS

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140




PRODUKTE SIND SYSTEME Mag. (FH) Thomas Adam Saier Als Gründer der Madkem OG (Studio für interdisziplinäre Produktentwicklung) leitetThomas Saier Designprozesse im Spannungsfeld zwischen Medizin, Sport und Produktdesign. MADKEM "SCIENCE & DESIGN" ist ein interdisziplinäres Designbüro mit Sitz in Graz/Österreich. Die private Einrichtung wurde im Jahre 2010 von Mag. (FH) Thomas Saier zusammen mit vier weiteren Partnern gegründet und ist auf wissenschaftliche Produktentwicklung für Sport- und Safetydesign fokussiert. Saier leitet das Studio und ist Geschäftsführer des Unternehmens. Durch die Zusammenarbeit der Fachgruppen Industriedesign & Produktmanagement, Verfahrenstechnik, Technologie, Chemie und medizinische Forschung stellt MADKEM eine Plattform für wissenschaftliche Produktforschung und Produktentwicklung dar. tommy@madkem.at

PRODUKTE SIND SYSTEME – DESIGNS SIND SZENARIEN SYSTEMTHEORIE ALS TOOL FÜR DESIGNMANAGEMENT 1. GESTALTUNG NACHVOLLZIEHBARER DESIGNPROZESSE Designmanager stehen vor der Herausforderung, Zukunftsvisionen, Marketinganalysen und Technologieentwicklungen in ihrer Arbeit zu kombinieren. Diese Vielzahl an Faktoren bietet ein enormes Potential an Chancen, kann aber auch zu risikoreichen Fehlentscheidungen führen. Im diesem Abschnitt wird erläutert, wie diese Risiken durch Anwendung der Systemtheorie im Designprozess minimiert werden. Produktentwicklung, Prototypen und Werkzeugbau sind mit hohen Kosten verbunden. Fehlentscheidungen im Designprozess können ganze Produktserien unrentabel machen. Daraus resultieren Konsequenzen wie Ressourcenverschwendung, verlorene Arbeitsplätze und Liquditätsengpässe. Neue Produkte sind Investitionen in die Zukunft des Unternehmens, bergen aber finanzielle Risiken.

143


2. SZENARIOS

Schließlich sollen sich neue Produkte durch Gewinne kurz bis mittelfristig amortisieren. Die Arbeit des Designmanagers besteht darin, diese Aspekte in der Produktentwicklung auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Die Bewertung und Evaluierung zukünftiger Produkte ist maßgeblich in deren Entwicklung. Mittlerweile können durch neue Technologien wie Rapid Prototyping oder Finite-Elemente-Methoden neue Ideen und Entwicklungen kurzfristig vorab virtuell getestet sowie physisch hergestellt werden. Zur Evaluierung der Käuferhaltung gibt es unterschiedlichste Methoden aus Markt- und Meinungsforschung. Produkte werden in Designprozessen gestaltet, deren Koordination die Hauptaufgabe des Designmanagers ist. Um diese Prozesse schnell und kostengünstig zu koordinieren, verwendet man die Systemtheorie. Dabei werden Produkte als Systeme betrachtet. Produkte und deren Bestandteile (Elemente) können so vorab analysiert und evaluiert werden.

Das Überangebot von Produkten hat im Laufe der letzten Jahrzehnte zu gesättigten Märkten geführt. Durch die Vielfalt an gleichwertigen Produkten mit hohem Standard fallen dem Konsumenten die Kaufentscheidungen zunehmend schwerer. Das präsente Angebot an konkurrierenden Produkten kann als „Universum des Kaufangebotes“ betrachtet werden. Dieses Universum und dessen Produkte (Systeme) stellen die gedanklichen Grundzüge dieses Kapitels dar. In den folgenden Kapiteln werfen wir zuerst einen Blick auf den Markt (= Universum). In diesem Universum befindet sich eine Vielzahl an Produkten (Systemen). Danach betrachten wir ein einzelnes Produkt. Anschließend legen wir den Fokus auf dessen Gestaltung. Dabei wenden wir die Systemtheorie an, um nachvollziehbare Designprozesse zu kreieren. Um Produkte gewinnbringend im Markt zu positionieren, bedient sich der Designmanager der Szenariotechnik.

Abb. 01 Universum des präsenten Kaufangebotes in gesättigten Märkten (Eigene Darstellung)

konkurrierende Produkte

Produkt (System)

präsentes Kaufangebot

144


PRODUKTE SIND SYSTEME 01

Lewin, 2010, S.67.

02

Vgl. Horx, 2008, S.183.

03

Vgl. Loewy 2002, S.10ff.

Konzeptstudie (futuristisch, zukunftsweisend) Strategie kein Neuheitswert, geringer Kaufreiz

hoher Neuheitswert (Akzeptanzschwelle)

MAYA-Schwelle präsentes Kaufangebot

2. SZENARIOS

Abb. 02 MAYA-Schwelle in der Konzeptstudie (eigene Darstellung adaptiert nach Loewy, S.10, 2002)

2.1. Konzeptstudien Konzeptstudien genießen im Produktdesign hohes Ansehen. Sie dienen als Indikator für erste Reaktionen seitens der Konsumenten und haben eine hohe Aussagekraft für geplante Neuerungen in zukünftigen Kollektionen. Um geplante Produkte analysieren zu können, behilft man sich vor allem in der Automobilindustrie mit Zukunftsszenarien (Concept Cars). „The concept car is a vital part of the strategy, for it is the perfect means of flagging up new ideas and public reaction. The carmaker can get a clearer picture of whether it needs tweaking in order to capture the buyers imagination.“ 01 Neue Designwege, Innovationen sowie der „relative Vorteil“ (Verbesserungsgrad des neuen gegenüber dem alten Produkt) 02 werden so zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert. Diese Thematik behandelt der Industriedesigner Raymond Loewy in seinem Buch: „Never leave well enough alone“. 03 Darin definiert er die sogenannte MAYA-Schwelle. MAYA (Most Advanced Yet Acceptable) beschreibt eine Schwelle der Kundenakzeptanz zwischen präsentem und zukünftigen Kaufangebot.

Szenarios und dessen Neuwertigkeit lassen sich wie folgt im Kaufangebot eines Produktes verorten (siehe Abb. 01): • Ausserhalb der MAYA-Schwelle sind Produkte futuristisch und zukunftsweisend, jedoch vom Kunden im seltesten Fall akzeptiert. • Innerhalb der MAYA-Schwelle weisen Produkte keinen Neuheitswert auf, geringer Kaufanreiz ist die Folge. • Produkte die an der MAYA-Schwelle liegen, weisen einen hohen Neuheitswert auf und werden akzeptiert. Potentielle Neuerungen in zukünftigen Produktgenerationen sollen die Kundenakzeptanz nicht überschreiten, um vermarktbar zu bleiben. In Abb. 02 symbolisiert die innere Kreisfläche am Markt erhältliche Produkte (präsentes Kaufangebot). Das präsente Kaufangebot setzt sich aus dem Markt (einschließlich konkurrierende Produkte) zusammen und wird von der MAYA-Schwelle umgrenzt. Außerhalb dieser Kreisfläche befinden sich zukunftsweisende Neuentwicklungen. Wird eine neue Produktgeneration im präsenten System platziert, kann man davon ausgehen, dass nur wenige neuartige Bestandteile

145


3. PRODUKTE SIND SYSTEME 04

Vgl. Lewin, 2010, S.75ff.

(Elemente) vorhanden sind und der Kaufanreiz dementsprechend gering ist. Entfernt man sich mit einem neuen Produkt von dieser Kreisfläche, werden die Produktansprüche zu abstrakt, man verliert zunehmend die Akzeptanz des Kunden. Die ideale Position, um ein Produkt in diesem Universum zu platzieren, befindet sich möglichst nahe an der MAYA-Schwelle. Diese reduzierte Produktabwandlung der Konzeptstudie wird von der Käuferschicht akzeptiert, da sie zukunftsweisen und seiner Zeit voraus ist. Sie wirkt nicht zu futuristisch/abstrakt und entspricht somit der Käuferakzeptanz. Konzeptstudien werden bewusst distanziert vom präsenten Kaufangebot platziert. Man versucht, Abb. 03 Das Szenario als Systemdarstellung Das zusammenhängende System (eigene Darstellung)

erste Grenze

potentielle Neuerungen sowie mögliche zukünftige produktbestimmende Faktoren (z.B. Trends, Innovationen, neue Technologien etc.) in die Konzeptstudie zu implementieren. Anhand des Konzepts (physischer Prototyp) ist es nun möglich, das Produkt und die Reaktionen der Konsumenten zu analysieren. Mit den gewonnenen Erkenntnissen können Hersteller getestete Neuentwicklungen und deren Bestandteile (Elemente) abstecken. Diese werden Schrittweise in die nächste Produktgeneration zurückgeführt. Konzeptsstudien stellen so eine mögliche Methode dar, mittels geringer Ausgaben neue Designstrategien vorab zu testen sowie Unternehmensziele,- ideale und -ambitionen zu repräsentieren. 04 Es ist wesentlich ökonomischer sich anhand einer Konzeptstudie der MAYA-Schwelle zu nähern, als ein bereits serienreif entwickeltes Produkt ohne jegliche Analyse in ein unbekanntes Marktfeld zu setzen.

Content (Mikroumfeld) Context (Mikroumfeld)

globales Umfeld (Makroumfeld, Umwelteinflüsse) zweite Grenze Bestandteil (Element)

146


FIND MORE ABOUT THE BOOK 05

Vgl. Eigner/Roubanov, 2015, S.381.

10

Vgl. Spencer Brown, 2004, S.60.

06

Vgl. Bertallanfy, 1971, S.197ff.

11

Vgl. Wilms 2006, S.43ff.

07

Vgl. Luhmann, 1998, S.12.

08

Vgl. Wilms 2006, S.43.

09

Vgl. Spencer/Brown, 2004, S.3ff.

PRODUKTE SIND SYSTEME 12

Vgl. Luhmann, 1999, S.129; Kramer et al., 2013, S.13ff.; Rophol, 2009, S.57ff.; Buteweg, 1988, S.21ff.

3. PRODUKTE SIND SYSTEME

3.1. Die Zusammenstellung des Systems

Werfen wir nun einen Blick auf die Definition und Gestaltung von Produkten und deren Systemen. Produkte werden in der Wissenschaft als „Systeme“ bezeichnet. 05 Der Begriff der allgemeinen Systemtheorie wurde um 1950 von Ludwig von Bertalanffy definiert. 06 Bis zu diesem Zeitpunkt wurden jegliche wissenschaftliche Erkenntnisse als Einzelphänome isoliert und ohne Umwelteinflüsse betrachtet. Bertalanffy erkannte, dass Zusammenhänge und Wechselbeziehungen von Einzelphänomenen komplexe Systeme darstellen. Er formulierte die sogenannte Systemtheorie, ein Ansatz in dem jedes Element in Wechselwirkung zu seiner Umwelt steht. Ein System kann wie ein Molekül mit dessen Bestandteilen (Elementen) verstanden werden (siehe Abb. 03). Die Elemente des Systems stehen in gegenseitiger Wechselbeziehung zueinander, das System selbst steht wiederum in Beziehung zur Umwelt.

Unter dem Begriff „Systemdarstellung“ versteht man die Gestaltung des Systems (Produkt). Komplexe Systeme umfassen Wechselbeziehungen zwischen Bestandteilen (Elementen), die ein relationales Beziehungsgeflecht aufbauen (siehe Abb. 03). 08 Ziel und zugleich Herausforderung der Systemdarstellung ist es, den Sachzusammenhang abzugrenzen, bedeutsame Einflussgrößen zu fixieren und Beziehungen (direkte und indirekte) für das Produkt zu erfassen. 09 Da die Festlegung der Systemelemente auf die Unternehmenswerte abgestimmt werden muss, ist vorab die genaue Definition von Mikro- bzw. Makroumfeld unabdinglich: 10 • Als Mikroumfeld werden alle Elemente bezeichnet, die im Projekt fest miteinander verbunden sind. In der ersten Ebene werden firmeninterne Strukturen und Kompetenzen genützt. In der zweiten Ebene können externe Leistungen wie z.B. Materialforschung und Unternehmensberatung definiert werden. • Das Makroumfeld bilden alle Einflüsse, die von der Umwelt auf das Projekt wirken (z.B. Politik).

Hier gilt: 07 • Geschlossene Systeme sind unbeeinflusst von der Umwelt. • Offene Systeme stehen in einer ständigen Wechselbeziehung zur Umwelt. Die Beziehungen zwischen den Elementen sind dynamisch und veränderbar.

Folglich lässt sich ableiten, dass Produkte als Systeme betrachtet werden können. Die hier definierten Systemelemente stellen Einflussgrößen in Unternehmen dar. Sie dominieren die Produktentwicklung und prägen je nach Intensität das resultierende Produkt. Hierzu können beispielsweise geistige Kompetenzen, Innovationen etc. gezählt werden. Der Designmanager koordiniert während des Designprozesses alle Elemente des Produkts im System. Um sich diese wissenschaftliche Erkenntnis nutzbar zu machen, legen wir im folgenden Kapitel Hauptaugenmerk auf die systematische Gestaltung des Designprozesses.

In der Unterscheidung (Distinction) definiert man Grenzen zwischen Mikro- und Makroumfeld. Hier lässt sich erkennen, welche Bestandteile (Elemente) im Einflussbereich des Produkts liegen.11

Es werden Innen- und Außengrenzen gezogen, die bestimmende Kriterien des Systems sind. 12 Vom Content (Inneren) des Systems zum Context (Äußeren) wird die erste Grenze gezogen (siehe Abb. 02). Sie grenzt das System von seinem bedeutsamen Umfeld ab. Die zweite Grenze trennt das System von der globalen Umwelt. Diese besteht aus Einflussgrößen wie Politik, Wirtschaftslage, Ölpreise, Ressourcen etc. Diese Unterscheidung sowie die Auswahl der Bestandteile (Elemente) sind ein wichtiger Ansatzpunkt für weitere Schritte des Designmanagers.

designmanagement.at 147


3. PRODUKTE SIND SYSTEME 13

Vgl. Wilms, 2001, S.41ff.

3.2. Globale Umwelt

Dies sind beispielsweise ausgelagerte Arbeits- und Produktionspakete (Zukauf von Dienstleistungen). Daher wird diese Ebene auch als Context-Ebene in der Systembetrachtung bezeichnet.

Die globale Umwelt kann nur bedingt beeinflusst werden. Produkte werden im wesentlichen aus Makro- und Mikroelementen definiert. Aus diesem Grund fällt das Hauptaugenmerk des Designmanagers in der Systembetrachtung auf die Definiton dieser beiden Ebenen (wesentliche Einflussgrößen des Produktes).

3.4. Mikroebene (Content) Im Fokus der Mikroebene steht firmeninternes Know-How. Der Designmanager hat hier den größten Einfluss. Er kann während des laufenden Projektes kurzfristig Korrekturen und Anpassungen vornehmen (Personalentscheidungen). Die Elemente der Mikroebene stellen die wesentlichen leistungsbezogenen Kompetenzen und Wettbewerbsvorteile des Unternehmens dar (Unternehmensstrategie). Bildlich gesprochen kann die Mikroebene als das Firmengelände und dessen abgrenzende Mauer (Unternehmensgrenze) betrachtet werden.

3.3. Makroebene (Context) Die Makro- und Mikroebene bilden alle Elemente des Produkts, die in beeinflussbarer Wechselwirkung zueinander stehen. In der Makroebene werden alle Elemente definiert, die interne Strukturen und Kompetenzen des Unternehmens überschreiten.13 Abb. 04 Systemsdarstellung der Elemente (eigene Darstellung)

Globale Umwelt Context (Makroebene) Content (Mikroebene)

Element H Element F

Element G

Element A

Element B

Element C

Element D Element I Element E

148


FIND MORE ABOUT THE BOOK 14

Vgl. Rapp, 2013, S.41.

15

Vgl. Wilms, 2006, S.49.

16

Vgl. Vester, 2002, S.61ff.

3.5. Elemente

Elemente sind die Bestandteile des Produkts. 14 Sie bilden die Einflussgrößen, die gegenseitig auf aufeinander wirken und das System (Produkt) nach außen als Ganzes darstellen. Dabei ist es notwendig, sich vom „subjektiven“ Denken zu lösen. Das bedeutet, dass man den Content sowie Context des Produkts identifizieren muss (z.B. durch Expertengespräche etc.), um ein möglichst rationales Geflecht an Elementen entwickeln zu können. Auf diese Weise kann ein neues, innovatives Produkt entstehen. Folgend werden die Elemente des zu untersuchenden Produkts eruiert. Die Festlegung erfolgt zunächst intuitiv und wird im Anschluss qualitativ bewertet. Es ist wichtig, das System in nachvollziehbaren Zusammenhängen sammenhängen zu strukturieren. Dabei stellt sich heraus, wo die Stärken der einzelnen Einflussgrößen liegen. Bei der Projektdefinition müssen Erwartungen, Interessen und Bedürfnisse aller Beteiligter umrissen werden. Zu Beginn ist es notwendig, eine Gewichtung im Einklang Einklan mit der Unternehmensstrategie vorzunehmen („Was ist wichtig?“, „Worin liegen unsere Stärken?“).

PRODUKTE SIND SYSTEME

Der hier erläuterte Design-Systemansatz durchläuft folgende Zwischenschritte, um letztendlich einen nachvollziehbaren und strukturierten Designprozess zu erhalten: • Auswahl der Elemente • Einflussananlyse • Relevanzanalyse • Systemgrid/Designprozess Das Durchlaufen dieser Schritte führt letztendlich zu einem höchst effizienten Projektplan, der sich als Designprozess koordinieren lässt. 3.6. Auswahl der Elemente Projektbildende Elemente müssen erfasst, abgegrenzt und strukturiert werden.15 In diesem Beispiel setzt der Autor eine reduzierte Anzahl an Elementen ein, um das System möglichst anschaulich und nachvollziehbar darzustellen. Um den Bezug zwischen den Elementen zu analysieren, macht man sich die Einfluss- und Relevanzanalyse zunutze.16

Abb. 05 Aktiv - Passiv Elemente (eigene Darstellung)

Aktivsumme: “Wie sehr beeinflusst ein Element die Anderen?”

Passivsumme: “Wie sehr wird ein Element von anderen beeinflusst?”

designmanagement.at 149


3. PRODUKTE SIND SYSTEME 17

Vgl. Vester, 2002, S.61ff.

18

Gausmeier, 2008, S.55ff.

19

Vgl. Wilms, 2006, S.51ff.

Einflussmatrix Fragestellung: „Wie stark beeinflusst der Einflussfaktor A (Zeile) den Einflussfaktor B (Spalte)?“ Bewertungsmaßstab:

Element A

1

Element B

2

0

Element C

3

2

0

0

3

Passivsumme (PS)

Abb. 06 Einflussmatrix (eigene Darstellung)

3.6.1. Direkte Einflussanalyse Zunächst werden in der Einflussanalyse die direkten Beziehungen zwischen den Elementen ermittelt. Prinzipiell geht es in der Einflussanalyse darum, wie sehr ein Element andere beeinflusst (Aktivwert), bzw. wie sehr ein Element von anderen Elementen beeinflusst wird (Passivwert). 17 Resultierend daraus gehen dominante sowie devote Elemente in der Produktentwicklung hervor (siehe Abb. 05). Die dominanten Elemente weisen den größten Einfluss auf den gesamten Designprozess auf und gehören in der Zeitachse vor die devoten Elemente gereiht. In Abbildung 04. ist ersichtlich, welche Elemente in das System einbezogen sind und auf welcher Ebene (Context/Content) sie angesiedelt werden. Wie sehr sie sich untereinander beeinflussen, ist jedoch nicht veranschaulicht. Das folgende Kapitel befasst sich mit den unterschiedlichen Relationen zwischen den

150

Element C

Nr

Element B

Einflussfaktoren

2= mittlerer Einfluss

Element A

3= starker Einfluss

Einflussfaktoren

1=schwacher Einfluss

Aktivsumme (AS)

0=keinen Einfluss

1

2

3

2

1

3

1

1 2

2

Elementen, welche durch die Einflussmatrix ersichtlich werden (siehe Abb. 06). Die ermittelten Elemente werden darin in einer Matrix in den Spalten von links nach rechts und in den Zeilen von oben nach unten in der gleichen Reihenfolge notiert. Die von den Elementen ausgehenden Wirkungen zueinander werden in ihren Schnittpunkten beurteilt. Da keiner der Einflussfaktoren auf sich selbst Einfluss ausüben kann, bleibt die Matrix in der Hauptdiagonale unbesetzt. Die Fragestellung lautet: „Wie stark beeinflusst das Element A (Zeile) das Element B (Spalte)?“ 18 Die Bewertung der Relationen erfolgt durch Zahlenwerte, die die Gewichtung zum Ausdruck bringen: 19 • 0 = keine relevanten Beziehungen, • 1 = schwache/unterproportionale Beziehungen, • 2 = mittlere/proportionale Beziehungen, • 3 = starke/überproportionale Beziehungen, In den horizontalen Auswertungszeilen wird die Aktivsumme (AS) gebildet – dominante Elemente die hohen Einfluss auf andere Elemente besitzen. In den vertikalen Auswertungszeilen wird die Passivsumme (PS) gebildet – devote Elemente die stark beeinflusst werden.


FIND MORE ABOUT THE BOOK 20

PRODUKTE SIND SYSTEME

Vgl. Pahl/Beitz, 2004, S.45ff.

Aus der vollständig ausgefüllten Einflussmatrix können zwei wesentliche Kennwerte abgeleitet werden, die bereits erste Hinweise darauf geben, welche Elemente als Schlüsselfaktoren in Frage kommen.

Aktive Einflussgrößen nehmen mehr Einfluss auf die Problemsituation als umgekehrt. Diese aktiven Faktoren bilden einen wirksamen Schalthebel mit guter Gestaltungswirkung. Reaktive Einflussgrößen haben weniger Einfluss auf die Problemsituation. Sie leisten jedoch als Indikatoren gute Dienste zur Beobachtung der Situation. 3.6.2. Relevanzanalyse

Durch die Relevanzanalyse wird die Bedeutung der Elemente für die gesamte Produktentwicklung ermittelt (siehe Abb. 07). Die Bewertung der Elemente zueinander gibt einen Überblick über die Priorität im Projekt. 20

Die sich ergebende Fragestellung lautet: „Ist der Einflussfaktor A (Zeile) wichtiger für den Untersuchungsgegenstand als der Einflussfaktor B (Spalte)?“ Um eine einfache Handhabung zu gewährleisten, wird eine Bewertung vorgenommen: • 0 = nein • 1 = ja Für die Bewertung wird je Einflussfaktor die Zeilensumme, die sogenannte Relevanzsumme, gebildet. Daraus kann man einen wichtigen Kennwert, nämlich die Rangfolge der Einflussfaktoren hinsichtlich ihrer Wichtigkeit, ableiten. Der ermittelte Zahlenwert wird in der Regel durch drei geteilt. So erhält man drei Abschnitte, die man in niedrige, mittlere und hohe Relevanz unterteilt. Man erhält so einen Überblick, der sich im Systemgrid darstellen lässt.

Abb. 07 Relevanzmatrix (eigene Darstellung)

Relevanzmatrix Fragestellung:

„Ist Einflussfaktor A (Zeile) wichtiger für das Produkt als der Einflussfaktor B (Spalte)?“ Bewertungsmaßstab:

0=A ist weniger wichtig als B

1

Element B

2

0

Element C

3

0

Relevanzsumme

Element A

Element C

Nr

Element B

Einflussfaktoren

Element A

Einflussfaktoren

1=A ist wichtiger als B

1

2

3

1

1

2

1

1

designmanagement.at 0

0

151


3. PRODUKTE SIND SYSTEME 21

Vgl. Heufler, 2011.

3.6.3. Schlüsselfaktoren Als Schlüsselfaktoren werden jene Faktoren bezeichnet, welche Relevanz für den Untersuchungsgegenstand aufweisen und eine hohe Position im vernetzten System einnehmen. Wichtige Faktoren (Schlüsselfaktoren) erhalten in ihrer Darstellung im Systemgrid eine große Kreisfläche (größerer Durchmesser), um die Relevanz für die anderen Elemente auszudrücken (siehe Abb. 08). Reihung der Wichtigkeit für das Gestaltungsfeld (nach Relevanzsumme, absteigend): 1. Hohe Relevanz (Schlüsselfaktoren) 2. Mittlere Relevanz 3. Niedrige Relevanz

Schlüsselfaktoren mit hoher Relevanz stehen dementsprechend in der Projektplanung mehr finanzielle und zeitliche Ressourcen zur Verfügung als Faktoren mit niedriger Relevanz. 3.7. Systemgrid/Designprozess Die Fusion von Einfluss- und Relevanzanalyse erfolgt im Systemgrid; hier laufen sprichwörtlich alle Fäden zusammen. Um eine nachvollziehbare Gliederung in das Systemgrid einzubringen, wird eine Unterteilung in verschiedene Phasen vorgenommen. Als grober Anhaltspunkt wird der Designprozess nach Heufler (siehe S.115, Abb. 19) auf dieses Grid appliziert (siehe Abb. 08). 21 Dieser beispielhafte Designprozess umfasst vier Phasen, kann jedoch, je nach Projektkomplexität, mehrere Projektphasen umfassen.

Abb. 08 Systemgrid in Zusammenhang des Designprozesses (eigene Darstellung adaptiert nach Heufler, S.79, 2011)

Designprozess

Aktiveinfluss nimmt ab

Phase 1

Phase 2

Phase 3

Phase 4

Recherchieren,

Konzipieren

Entwerfen

Optimieren,

Analysieren

Ausarbeiten

Passiveinfluss nimmt zu

152


PRODUKTE SIND SYSTEME 22

Vgl. Gausmeier, 2008, S.58ff.

0

Designprozess

Aktiveinfluss nimmt ab

hohe Relevanz Element D

mittlere Relevanz niedrige Relevanz

Element F Element C

Aktivsumme

Schlüsselfaktor Kein Schlüsselfaktor

Element B Element D

Element A

Passiveinfluss nimmt zu

15

Element E

0

Am Anfang des Designprozesses werden Elemente mit hoher Aktivsumme (AS) behandelt. Je weiter der Designprozess fortschreitet, desto mehr nimmt die Aktivsumme der behandelten Elemente ab. Daraus resultiert, dass gegen Ende des Prozesses Elemente mit hoher Passivsumme (PS) behandelt werden. Im Systemgrid (siehe Abb. 09) werden die Elemente anhand der Werte der Einfluss- und Relevanzanalyse positioniert. 22 Die vertikale Achse stellt die Aktivsumme (AS), die horizontale Achse die Passivsumme (PS) dar. Beide Achsen sind gegenläufig abgebildet und werden vom größten zum kleinsten Wert gereiht. Die Kreisdurchmesser stellen das Ergebnis der Relevanzanalyse (Schlüsselfaktoren) dar. Je größer der Durchmesser, desto höher ist der Einfluss auf den Untersuchungsgegenstand. In Abb. 09 stehen folglich Elemente umso weiter links und unten, je unabhängiger bzw. einflussreicher sie sind. Weiter rechts und oben, je stärker sie von anderen Faktoren abhängen. Der Designprozessverlauf wird durch eine Diagonale (von links unten nach rechts oben) dargestellt. Aus der Kombination des Systemgrids mit dem

Passivsumme

15

Abb. 09 Systemgrid/Designprozess (Eigene Darstellung adaptiert nach Wilms, S.52, 2006; Heufler, S.79, 2011)

Designprozess ergibt sich ein übersichtlicher „Fahrplan“ für die Produktentwicklung. Diese Strukturierungen bewirken eine effiziente Vorgehensweise und ermöglichen eine nachvollziehbare Entscheidungsfindung. Für das Designmanagement bedeutet dies eine schnelle, nachvollziehbare Methode um Systeme (Produkte) und deren Prozesse strukturiert darzustellen.

153


3. PRODUKTE SIND SYSTEME 23

Vgl. Leucht, 2011, S.2ff.

24

Vgl. World Health Organisation, 2013.

4. PRAKTISCHES BEISPIEL Um die Systemtheorie in einem praktischen Beispiel zu veranschaulichen, wird folgend ein Projekt zur Erläuterung herangezogen. Exkurs – Entwicklung eines Rückenprotektors für Extremsportler: Extremsportarten gewannen in den letzten Jahren enorm an Beliebtheit. Im Sturzfall sind Athleten sehr hohen physikalischen Kräften ausgesetzt, was zu einem enorm hohen Verletzungsrisiko führt. Knochenfrakturen, Schädeltraumen und Verletzungen des Bandapparates sind häufig die Folge. Jedes Jahr erleiden weltweit bis zu 500.000 Menschen bei Extremsport, Auto- sowie Arbeitsunfällen Rückenmarksverletzungen. 23 Besonders bei älteren Sportlern steigt die Verletzungsquote überdurchschnittlich an. 24

Hintergründe und Motivation: Eine Verletzung der Wirbelsäule kann zu lebenslanger Behinderung, chronischen Schmerzen, Pflegebedürftigkeit und sogar zum Tod führen. Dadurch entstehen hohe volkswirtschaftliche Kosten für Therapie und Rehabilitation. Trotz neuester Technologien und Therapiemöglichkeiten haben Querschnittslähmungen eine niedrige Erfolgsquote in der Heilung. Verglichen mit anderen Verletzungen ist bei Wirbelfrakturen mit Verletzung des Rückenmarks die Quote der Patienten, die ihren Beruf wieder aufnehmen können, am geringsten. Das war die Motivation für den Autor, sich mit Wirbelsäulenprotektion zu beschäftigen.

Abb. 10 Überblick Wirbelsäulenverletzungen (eigene Darstellung adaptiert nach World Health Organisation, 2013)

Jedes Jahr erleiden 300.000-500.000 Menschen Rückenmarksverletzungen (WHO)

Tetraplegie

Paraplegie

Mehrheit:

Minderheit:

Hochrasanztraumen (Sport, Verkehr)

Krankheiten (Tumore)

Kompressionsfraktur (Typ A) Distraktionsfraktur (Typ B) Rotationsfraktur (Typ C)

Direktstosstraumen (Schutz durch Rückenprotektoren) 96%

154

4%


PRODUKTE SIND SYSTEME 25

Vgl. Leucht, 2011ff.

Globale Umwelt Context (Makroebene) Content (Mikroebene)

ökologischer Bereich (Kundennutzen)

Evaluierungsmaßnahmen Positionierung Marketing Biomechanik/Medizin Produktfunktion/Mechanik Detail Verfahrenstechnik/Fertigungskosten DNA

Ausserbetriebliche Innovationen

Projektspezifische Fragen: Was sind Querschnittslähmungen? • Querschnittlähmungen sind Verletzungen des Zentralnervensystems im Rückenmark. Wo sind sie am häufigsten? • Grundsätzlich tritt die Mehrzahl an Wirbelkörperfrakturen in den Übergängen der Brust- zur Lendenwirbelsäule sowie Brust- zur Halswirbelsäule auf. 25 Wodurch werden sie ausgelöst? • Sie werden durch Bewegungsüberschreitungen ausgelöst, die über die maximale physiologische Belastbarkeit der Wirbelsäule hinausgehen. Können diese vermieden werden? • Derzeit können nur ca. 4 % dieser Verletzungen durch gängige, am Markt erhältliche Rückenprotektoren vermieden werden. Von dieser Problemstellung inspiriert, entwickelte der Autor mit Hilfe der Systemtheorie ein Konzept um Wirbelsäulenprotektion neu zu definieren.

Abb. 11 Systemsdarstellung des Protektors (eigene Darstellung)

Projektabwicklung: Der Designprozess für dieses Projekt wurde mit eben jener Methode erstellt, die in den vorherigen Kapiteln beschrieben wurde. Folgend wird nochmals der praktische Ablauf aufgelistet. In Abb. 11 wurden die Elemente des Systems definiert. Ausschlaggebend für die Entwicklung eines Wirbelsäulenprotektors waren: • Biomechanik/Medizin (Medizinische Recherche, Frakturanalysen, Biomechanische Grundlagen zur Bewegung der Wirbelsäule) • Produktfunktion/Mechanik (Recherche Entwicklung der Produktfunktion, Mechanismen etc.) • Marketing (Marketingrelevante Einflüsse, Käuferakzeptanz, Trendanalysen, Targetingmaßnahmen)

155


3. PRODUKTE SIND SYSTEME

Biomechanik/Medizin

Produktfunktion/Mechanik

Marketing

Verfahrenstechnik /Fertigungskosten

Evaluierungsmaßnahmen

Außerbetriebliche Innovationen (neue Materialien etc.)

Ökologischer Bereich (Kundennutzen)

Design-DNA/Markenwerte

Nr

1

2

3

4

5

6

7

8

Fragestellung: „Wie stark beeinflusst der Einflussfaktor A (Zeile) den Einflussfaktor B (Spalte)?“ Bewertungsmaßstab: 0 = keinen Einfluss 1 = schwacher Einfluss 2 = mittlerer Einfluss 3 = starker Einfluss Einflussfaktoren Biomechanik/Medizin

1

Produktfunktion/Mechanik

2

3 0

0

0

3

0

3

2

11

3

3

3

0

3

1

13

Marketing

3

0

0

Verfahrenstechnik/Fertigungskosten

4

0

3

1

Evaluierungsmaßnahmen

5

0

0

0

0

3

0

3

3

9

2

0

3

2

11

0

1

0

1

0

Außerbetriebliche Innovationen (neue Materialien etc.)

6

0

3

0

2

0

Ökologischer Bereich (Kundennutzen)

7

0

0

0

0

0

Design-DNA/Markenwerte

8

Passivsumme (PS)

Aktivsumme (AS)

Einflussfaktoren

Einflussmatrix

2 0

0

0

3

0

0

0

0

0

9

7

5

11

0

15

2

9

0

0 3

10

Abb. 12 Einflussmatrix (eigene Darstellung adaptiert nach Wilms, S.52, 2006)

Die Einflussgrößen der Systemelemente wurden zuerst anhand einer Einflussmatrix bewertet (siehe Abb.12). •

• • •

156

Verfahrenstechik/Fertigungskosten (simultane Analyse zur Fertigung, Fertigungskosten, Materialwahl, Fertigungsverfahren etc.) Außerbetriebliche Innovationen (Neuartige Materialien, Technologien etc.) Ökologischer Bereich/Kundennutzen (Vorteile für den Kunden durch das neue Produkt) Design DNA/Markenwerte (Etablierte Formensprachen/ Produktphilosphien)

Einflussmatrix: Biomechanik, Produktfunktion, Verfahrenstechnik/ Mechanik sind dominate Elemente im System. Evaluierungsmaßnahmen, Design-DNA/ Markenwerte können als devote Elemente im System angesehen werden. Relevanzmatrix: Die Relevanzmatrix zeigt, welche Elemente als Schlüsselfaktoren identifiziert wurden. Dabei war auffällig, dass Biomechanik, Produktfunktion und Evaluierungsmaßnahmen Schlüsselfaktoren sind. In der Projektaufstellung war daher der Zukauf von


PRODUKTE SIND SYSTEME

Produktfunktion/Mechanik

Marketing

Verfahrenstechnik /Fertigungskosten

Evaluierungsmaßnahmen

Außerbetriebliche Innovationen (neue Materialien etc.)

Ökologischer Bereich (Kundennutzen)

Design-DNA/Markenwerte

1

2

3

4

5

6

7

8

1

1

1

1

1

0

1

6

1

0

1

1

1

0

5

Fragestellung: „Ist Einflussfaktor A (Zeile) wichtiger für das Produkt Einflussfaktoren

als der Einflussfaktor B (Spalte)?“

Einflussfaktoren

Nr

Biomechanik/Medizin

1

Produktfunktion/Mechanik

2

Bewertungsmaßstab: 0 = A ist unwichtiger als B 1 = A ist wichtiger als B

1

Marketing

3

0

0

Verfahrenstechnik/Fertigungskosten

4

0

0

0 0

Evaluierungsmaßnahmen

5

0

1

1

1

Außerbetriebliche Innovationen (neue Materialien etc.)

6

0

0

0

0

1

1

1

0

3

1

1

0

0

2

1 0

Ökologischer Bereich (Kundennutzen)

7

1

1

1

0

0

0

Design-DNA/Markenwerte

8

0

0

1

1

1

1

externen Dienstleistungen (Context) im Bereich Medizin und Biomechanik notwendig. Kompetente Partner hierbei waren die Medizinischen Universitäten Wien und Graz. Systemgrid/Designprozess: Danach wurde ein Systemgrid erstellt, in dem klar ersichtlich war, welche Elemente als Schlüsselfaktoren behandelt wurden. Durch die Gliederung in die verschiedenen Phasen des Designprozesses wurde ein übersichtlicher Projektfahrplan erstellt. In der Researchphase lag der Fokus in der medizinischen Recherche (Statistiken, Umfallberichte etc.). Darin gewann der Autor Überblick über Umfallmechanismen, Frakturhäufungen etc. Folgend wurden Biomechaniker hinzugezogen, um Funktionsweise der Wirbelsäule zu erfassen und deren Erkenntnisse in ein Produktkonzept umzuwandeln.

Relevanzsumme

Biomechanik/Medizin

Relevanzmatrix

0

0

4

0

0

0

0 0

3 4

Abb. 13 Relevanzmatrix (eigene Darstellung adaptiert nach Wilms, S.52, 2006)

In der Konzeptionsphase wurde die Produktfunktion entwickelt, die dann in der Entwurfsphase durch die Einarbeitung der Corporate Identity (Design-DNA/ Markenwerte) in ein Designmodell übergeführt wurde. Die Evaluierungen der Prototypen wurden in der Optimierungsphase des Projekts durchgeführt.

157


4. NACHTRAG PROJEKTBERICHT

0

Designprozess

Aktiveinfluss nimmt ab

Evaluierungsmaßnahmen

hohe Relevanz

Kundennutzen

mittlere Relevanz niedrige Relevanz

Aktivsumme

DNA

Schlüsselfaktor Kein Schlüsselfaktor

Ausserbetriebliche Innovationen Marketing Biomechanik

Verfahrenstechnik Produktfunktion (Mechanik des Protektors)

15

Passiveinfluss nimmt zu

0

Passivsumme

15

Subj. KoBa mit-DYN

200 100 0 -100 -200

0

2

4

6

8

10

Design Prototyp Technology Readyness Level 6

Abb. 14 Systemgrid/Designprozess (Eigene Darstellung adaptiert nach Wilms, S.52, 2006; Heufler, S.79, 2011)

158

12


PRODUKTE SIND SYSTEME

5. NACHTRAG PROJEKTBERICHT

6. ABSCHLIESSENDE WORTE

Das Unternehmen MADKEM OG entwickelte im Rahmen dieses Projekts einen neuartigen Wirbelsäulenprotektor. Im Rahmen einer Kooperation mit der Medizinischen Universiät Wien, Zentrum für Biomedical Engineering wurde anhand einer „Proof of Concept“ Studie (Produktfunktion/Mechanik) ein Funktionsmodell entwickelt und getestet. Diese klinische Studie zeigt, dass es möglich ist, mit dem neuen Konzept wirksam vor der häufigsten Ursache für Querschnittslähmungen (Typ C Verletzung) zu schützen. Das Konzept wurde darauf folgend anhand des Projektplans zu einem funktionsfähigen Designprototypen weiterentwickelt, der nun in die Vorserienentwicklung übergeleitet wird.

Produkte sind Systeme – Designs sind Szenarios! Hält man sich diese Erkenntnis vor Augen, so bietet die Systemtheorie für Designmanager ein nützliches Werkzeug im Gestaltungsprozess. Problemstellungen wie Sicherheit, Nachhaltigkeit und ressourcenschonende Produktion stellen immer höhere Ansprüche an Produkte. Die Komplexität des Designprozesses wird somit zukünftig immer höher. Mithilfe der Systemtheorie ist es möglich, Produkte (Systeme) neu zu definieren und zu managen. Schlüsselentscheidungen werden dadurch nicht mehr subjektiven Befindlichkeiten überlassen, sondern unterliegen einem strukturierten Designmanagement-Tool.

Weitere Informationen zu dem Produkt erhalten Sie auf www.madkem.at

159


6. ABSCHLIESSENDE WORTE

160


LITERATUR

LITERATURVERZEICHNIS Buteweg, Jörg: Systemtheorie und ökonomisiche Ananlyse, Centaurus Pfaffenweiler Verlag, 1988. Eigner, Martin/Roubanov, Daniil: Modellbasierte virtuelle Produktentwicklung, Springer Verlag, Kaiserslautern, 2014. Gausmeier, Jürgen: Die Szenario Technik-Werkzeug für den Umgang mit einer multiplen Zukunft, Verlag Universität Paderborn Heinz Nixdorf Inst. Paderborn, 1995. Gausmeier, Jürgen: Strategische Technologieplanung von Zukunfts-Szenarien, Verlag VDMA, 1. Auflage, Nixdorf, 2008. Heufler, Gerhard: Design Basics / Von der Idee zum Produkt, Niggli Verlag, 4. Auflage, Zürich, 2012. Horx, Matthias: Technolution / Wie unsere Zukunft sich entwickelt, Verlag Campus, Frankfurt. 2008. Kramer, Nic J.T.A: Systems Thinking, Springer Verlag, reprint of the original 1st ed. 1977, Leiden, 2013.

Rapp, Thomas: Produktstrukturierung / Komplexitätsmanagement durch modulare Produktstrukturen und -plattformen, Springer Verlag, St. Gallen, 2013. Rophol, Günter: Eine Systemtheorie in der Technik, Verlag Universität Karlsruhe Universitätsbibliothek, 6. Auflage, München, 2009. Spencer-Brown, George: Laws of Form, Bohmeier Verlag, 4. Auflage, Lübeck, 2004. Vester, Frederic: Unsere Welt / Ein vernetztes System, dtv Verlag, München. 2002. Wilms, Falko: Szenariotechnik vom Umgang mit der Zukunft, Haupt Verlag, 2006. World Health Organisation: International Perspectives on Spinal Cord Injury, 2013. Internetquellen: http://www.wingsforlife.com [Stand: 10.03.2015].

Leucht et al : Epidemiology of traumatic spine fractures, Verlag Elsevier, Stanford, 2009. Lewin, Tony/Boroff, Ryan: How to design Cars like a Pro / A Comprehensive Guide to Car Design from the Top Professionals, Verlag Motorbooks New Edition, St. Paul, 2010. Loewy, Raymond: Never Leave Well Enough Alone, Johns Hopkins Verlag, 2002. Luhmann, Niklas: Die Gesellschaft der Gesellschaft, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1998. Luhmann, Niklas: Systemrationalität / Über die Funktion von Zwecken in sozialen Systemen, Suhrkamp Verlag, 6. Auflage, Frankfurt am Main, 1999. Pahl, Gerhard: Beitz Konstruktionslehre / Methoden und Anwendungen, Springer Verlag, 6. Auflage, Heidelberg, 2004.

161



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DESIGN MANAGEMENT

ZWISCHEN MARKEN& PRODUKTSYSTEMEN

DESIGN UNTERSTÜTZT KUNDEN DABEI, SICH IM GESÄTTIGTEN PRODUKTMARKT ZU ORIENTIEREN, PRÄGT DAS IMAGE DER ANBIETER UND VERMITTELT DIE SICHERHEIT KONSTANTER QUALITÄT DER MARKEN. DIESES BUCH WIDMET SICH DER THEMATIK „DESIGNMANAGEMENT-KOMPETENZ“, DEN DAMIT VERBUNDENEN PROZESSEN SOWIE DEN MÖGLICHEN ERGEBNISSEN KOMPLEXER MARKEN- UND PRODUKTSYSTEME. IN DREI ÜBERGREIFENDEN ABSCHNITTEN WIRD DER LESER AN WIRTSCHAFTS- UND DESIGNRELEVANTE ASPEKTE HERANGEFÜHRT. SO WERDEN THEMEN WIE INTERNER AUFBAU VON KOMPETENZ(EN), MÖGLICHKEITEN EINER MARKENDEHNUNG MIT ENTSCHEIDUNGEN ZU DESIGN, CO-BRANDING, SYSTEMTHEORIE IM PRODUKTENTWICKLUNGSPROZESS AUSFÜHRLICH ERLÄUTERT.


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