104 Grad - Wasserwissen

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WASSERWISSEN

01 2012

# tiefenschärfe

Ägypten

# Hochkultur am Nil

S. 5

# tiefgang

Wassermusik # So klingt das Polarmeer

S. 20

# tiefgang

Wassergeflüster # Kindermund tut wasser kund

S. 18

# Quellcode

Wasser mars

# Marseroberung mit millionär Elon Musk?

S. 13


Der Körper besteht zu 70 %* aus Wasser.

*Der menschliche Körper besteht zwischen 50% und 70% aus Wasser, die Anteile an Wasser sind unter anderem abhängig von Größe und Alter der jeweiligen Person


Von der Magie des Wassers.

Produktion: YUPANQUIRIEHLE, Offenburg I Bei dieser Ausgabe mitgewirkt haben: Duschan Gert, Daniel Brand, Silvia Huber, André Riehle, Roger Lindner, Isabell Müller 104° im Abo: Heftbestellung: 0 78 06 / 98 55 - 8601 I Das Papier dieses Magazins ist PEFC-zertifiziert. Es stammt aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern.

Autoren: Miriam Noll, Sebastian Leben, Kathrin Noll I Fotos: K. Hohnwald (5), P. Munzinger (3), J. Fichtner (1), Fotolia (11), Corbis (9), SpaceX.com (1), ESA/DLR/FU Berlin (G. Neukum)

IMPRESSUM: Herausgeber: Schwarzwald-Sprudel GmbH I Postanschrift Redaktion: YUPANQUIRIEHLE, Hauptstraße 57, 77652 Offenburg Chefredakteur (V.i.S.d.P.): André Riehle I Redaktion: Miriam Noll I Artdirektion: André Riehle und Juliane Gila Fandrich-Puaut

# In einem Tropfen steckt die Welt. immer wieder bewusst machen, obwohl mein Büro nur wenige Meter von der SchwarzwaldSprudel-Quelle entfernt liegt. Verborgen in der Erde, 212 Meter tief, unter massiven Gesteinsschichten. Ein Tropfen Wasser braucht 50 Jahre, bis er dort unten ankommt.

Ich stelle mir gerade ein herumschwirrendes Sauerstoffatom im Nichts vor. Es ist dunkel. Vielleicht ist es auch hell. Jedenfalls gibt es noch kein Leben. Mit seinen zwei ausgestreckten Armen ist es auf der Suche nach zwei Elektronen. Mit ihnen an der Hand würde aus ihm ein Edelgas werden. Und was geschieht stattdessen? Es geht eine Verbindung mit zwei kleinen unscheinbaren Wasserstoffmolekülen ein. Gegen alle Regeln. Eine der seltensten Verbindungen im Universum: H2O! Selten und doch überall. 97 Prozent des globalen Wasservorkommens auf dem blauen Planeten ist Salzwasser. Von den verbleibenden drei Prozent Süßwasser ist mehr als die Hälfte in Form von Eiskappen und Gletschern nicht nutzbar für uns Menschen. Trinkwasser ist rar und kostbar. Aber denken Sie daran, wenn es regnet? Wenn Sie in die Wolken schauen, sich über den Nebel während der Autofahrt ärgern, wenn Sie Urlaub am Meer machen, duschen oder ein Glas Wasser trinken? Ich muss mir das

104 Grad ist der Versuch, das Unfassbare greifbar zu machen. Mit Blick auf Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Auf Menschen, Fakten und Skurriles. Entdecken Sie mit 104 Grad die Facetten eines magischen Elements. Warum 104 Grad? Weil Wasser ein Wunder ist. Und weil dieses Wunder auf dem Winkel von exakt 104,45 Grad beruht. Dieser Winkel beschreibt die Konfiguration des Wassermoleküls. Das große negativ geladene Sauerstoffatom zieht die zwei kleinen positiv geladenen Wasserstoffatome mit seinen Armen zuein-

# ÄGYPTEN

# WASSER MARS

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# Tiefenschärfe

In einem Tropfen steckt die Welt.

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# Quellcode

ander. Statt einer neutralen molekularen Anordnung entsteht ein Winkel von 104 Grad. Beim Sauerstoff ist das Molekül nun etwas negativer, bei den Wasserstoffatomen etwas positiver. Dieser einzigartigen Winkel- und Ladungsverteilung verdanken wir unser Leben. Denn sie sind die Bedingungen dafür, dass H2O-Moleküle sich mit anderen zu einem beweglichen Cluster vereinen können. Zu Wasser. 104 Grad ist der universelle Code allen Lebens. Die biologische Entwicklung eines Organismus und der Stoffwechsel in der Zelle wären ohne Wasser unmöglich. Es gäbe auch keine Vermehrung. Denn die Basenpaare unserer DNS, der Trägerin unserer Erbinformationen, sind über Wasserstoffbrücken miteinander verbunden. Wasser ist die Basis des Planeten und der Atmosphäre. In einem Tropfen Wasser steckt die Welt. Ihr Duschan Gert

# WELTWASSERBEWEGUNG

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# Tiefgang

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# Quelltext

WAS IST WASSER FÜR MICH? # WIR BEANTWORTEN ES JEDER FÜR SICH sCHWARZ AUF WEISS DRUCKFRISCH INKLUSIVE LEERZEICHEN IN EINZIG UND ALLEIN SAGE UND SCHREIBE 104 ZEICHEN. [die 104 Grad-Redaktion]

Natur pur. Größter Luxus und prickelnder Spaß. Das Lebensthema Nr. 1. Es stärkt mich zu sein und zu tun. Name: Duschan Gert, Schwarzwald-Sprudel Alter: 51 Ich liebe: Menschlichkeit, Ehrlichkeit, Offenheit, Toleranz, Respekt und Lebensmittel

Wasser begleitet mich den ganzen Tag, vom Aufstehen bis zum Schlafengehen, im Beruf und in der Freizeit. Name: Silvia Huber, Schwarzwald-Sprudel Alter: 37 Ich liebe: Skifahren bei blauem Himmel und Sonnenschein

Die Nr. 1 auf jedem Kassenbon. Mein Espresso-Finaaale. Treuer Wegbegleiter. Einfach kostbar, ewig frisch. Name: Daniel Brand, Schwarzwald-Sprudel Alter: 24 Ich liebe: alles, was mit Liebe gemacht ist

Die weiblichste der Waffen, weil es fit, schlank und helle macht. „Sportersatz“ + Frischzellenkur = 2 in 1. Name: Isabell Müller, Yupanquiriehle Alter: 32 Ich liebe: die Sonne

Das Blut der Erde … der Stoff aus dem alles kommt, in das alles zurückgeht … worin das Universum liegt. Name: André Riehle, Yupanquiriehle Alter: 38 Ich liebe: Tade, Tom, Anaïs, Anouk & Eva

Durchsichtig, ehrlich, feucht. Im Cappuccino. Erinnerung. Seit 104° spannend. Wenn mein Körper mich mag. Name: Miriam Noll, Yupanquiriehle Alter: 34 Ich liebe: Honigziegenmilch

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Ă„gypten

# Hochkultur am Nil

S. 5


# Tiefenschärfe

Die Sahara Ägyptens, sondern der Nil. „Iteru“. „Iteru“ trocknete nie aus. „Iteru“ gebar Millionen Tonnen von Schlamm, die die Ufer in eine fruchtbare Flussoase verwandelten. Sie schirmte das Siedlungsgebiet von der Lybischen Wüste im Westen, der Nubischen und der Arabischen Wüste im Osten ab. Sowohl die Trockenheit als auch die Hitze nimmt Doch das Wunderbarste, das Unglaublichste, ja das entlang des Nils von Norden nach Süden zu. Im göttliche Geheimnis für die Menschen war: die Flut. Sommer werden in Assuan Temperaturen um die Seit 2.000 Jahren vor Christus ist für sie die Bezeich33 Grad erreicht und um die 40 Grad im Frühjahr. nung „Hapi“ belegt. „Hapi“, die göttliche ErscheiDann sinkt die relative Luftfeuchtigkeit in Ägypten nung der Nilflut. Dargestellt als fettleibige Gottauf unter 2 Prozent. Lebensfeindliche Bedingungen heit mit Papyruspflanzen auf dem Kopf. In Gestalt in einer menschenfeindlichen Umgebung. Aber ge- der großen Flut kam „Hapi“ Jahr für Jahr und rettete nau hier nahm die ägyptische Kultur ihren Anfang. den Ägyptern das Leben. Denn er kam immer genau Denn hier betrieben Menschen zum ersten Mal in dann, wenn die Dürre ihr Leben bedrohte und die größerem Stil Ackerbau. Dank „Iteru“. So nannten Vorräte ausgingen: im Juni. die alten Ägypter ehrfurchstvoll ihren großen, Leben spendenden Fluss. und die Sonne bildeten die Haupt„Iteru“: Wunder der Natur, Segen für Menschen achsen der altägyptischen Lebenswelt: Die Sonne und Tiere, Symbol des Lebens und göttliches Myste- wandert von Osten nach Westen, der Nil fließt von rium. Dass der Nil göttlich sein musste, ahnten schon Norden nach Süden. Die Ägypter beobachteten die die ersten Nomaden, die sich etwa 5.000 Jahre Natur sehr genau und doch: Das Geheimnis der Flut vor Christi Geburt an seinen Ufern niederließen. blieb ihnen verborgen. Fischer fanden im Nil reiche Beute: Meeräschen, Jedes Jahr bangten und hofften sie aufs Neue, dass Barsche, Welse, Hechte und deren Rogen. Fisch sie kommen würde, denn das Überleben aller hing war ein Hauptnahrungsmittel im alten Ägypten. von der fruchtbaren Nilschwelle ab. Ein Ausbleiben Außerdem war die circa 900 Kilometer lange Strecke hätte Dürre und Hungersnot bedeutet. Womöglich zwischen Assuan und dem Nildelta ein Transport- Seuchen, Aufstände, Massensterben, Plünderunweg, der besondere Vorteile mit sich brachte. gen. Die Menschen opferten daher „Hapi“ regelStromabwärts, in Richtung Mittelmeer, war durch mäßig Schmuckstücke. Arabischen Chronisten die Strömung eine Geschwindigkeit von bis zu 4 zufolge sollte die „Nilbraut“, eine aus Holz geferKnoten, also etwa 7,4 Stundenkilometer, erreichbar. tigte, mannshohe Frauenfigur, Menschenopfer Stromaufwärts nutzten die Segelboote den von ersetzen. Besonders dem Pharao, als Gesandter des Norden kommenden Antriebswind. Eine geophysi- Sonnengottes Re, oblag es, die Götter gnädig zu kalische Besonderheit, die durch das Wüstenklima stimmen und sein Volk vor den Katastrophen zu bewahren. Nahezu alle Götter der altägyptischen am Nil zustande kommt. Mythologie sind auf irgendeine Weise mit dem Nil Die Erklärung: Durch die Temperaturunterschiede verbunden. Der große Fluss und sein Wasser waren entlang des Flusses wird eine horizontale Luft- das Zentrum religiöser Kulte, deren Rituale den Allströmung verursacht. Die warme Luft im Norden tag der Menschen strukturierten. Jedes Jahr wurden steigt auf, während sich am Boden ein flaches Tief die Ägypter dafür von „Hapi“ belohnt. bildet. Die über den kühleren Gegenden im Süden absinkende Luft lässt dort am Boden wiederum Ein Kuriosum war, dass Ende August, wenn andere ein Hochdruckgebiet entstehen. So kommt eine Flüsse austrockneten, der Nil seinen Höchststand Gesamtzirkulation in Gang. Druck und Wärme glei- erreichte. Die flachen Gebiete unmittelbar um den chen sich aus: vom Hoch zum Tief, von Süden nach Nil standen dann völlig unter Wasser. Die Dörfer Norden, gegen den Strom. hingegen lagen sicher, erhöht auf den natürlichen Uferdämmen. Im September sank das Wasser. Beste Voraussetzungen, Steine, Säulen und andere Zurück blieben 140 Millionen Tonnen fruchtbarste Materialien flexibel hin und her zu transportieren vulkanische Erde. Der Nährboden für Nutzpflanzen und so jene Monumente zu erbauen, die wir heute wie Mais, Hirse, Gerste und Linsen. Die Landwirtmit der ägyptischen Hochkultur verbinden. Doch in schaft erblühte auf Schlick und Schlamm und mit Wahrheit sind nicht die Pyramiden das Wahrzeichen ihr die erste große Zivilisation am Nil. Mit 9 Millionen Quadratkilometern die größte Wüste der Erde. Und Durchzugsgebiet des längsten Flusses der Erde. Einer pulsierenden Lebensader, die aus dem Herzen Afrikas bis zum Mittelmeer „blutet“. 6.852 Kilometer Leben. Der Nil.

Der NIL

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Malika hat Durst.


Das Geheimnis der Flut In Nubien, dem Gebiet zu beiden Seiten des Nils, bei der Stadt Khartum, vereinigen sich der Blaue Nil und der Weiße Nil. Zwei Flüsse, die den Hauptstrom speisen. Ihren Zusammenfluss bezeichnen arabische Dichter als den längsten Kuss der Geschichte. Doch das Geheimnis ihrer „Liebe“ liegt viel weiter stromaufwärts. Der Weiße Nil kommt vom Sudan. Der Blaue Nil und der dritte Nilzufluss, Atbara, kommen von Äthiopien. Dort, wo der Blaue Nil entspringt, lässt sich das Geheimnis der Flut ergründen: im Tanasee. Der Tanasee liegt im Hochland von Abessinien in Äthiopien. Er ist Afrikas höchstgelegener und Äthiopiens größter See. Man nennt ihn „Afrikas Wasserturm“. Mehr als 60 Flüsse münden in das gigantische Reservoir. Denn Anfang Juni ziehen Wolken vom Kongobecken heran, die Regen und Hagel mit sich bringen. Etwa drei Monate tränken sie die Erde, bis diese, unfähig, noch mehr Wasser aufzunehmen, Bäche bildet. Sie münden in den Tanasee. Alle Wege führen hinein, aber nur einer hinaus: der Blaue Nil. Er verlässt den von Bergen eingefassten Kessel und Äthiopien, angewachsen auf das 50-Fache im Vergleich zur Trockenzeit. Er fließt dann mit hoher Geschwindigkeit durch den Sudan nach Karthum, um dort endlich den Weißen Nil zu küssen. Im Juli erreichten damals die vereinten Wassermassen Ägypten, wo sie den höchsten Wasserstand in der ersten Septemberhälfte erreichten. Mit der Flut stieg in Ägypten auch der Grundwasserspiegel. Für die Landwirtschaft stellte dieses unterirdische Guthaben eine wertvolle Ergänzung zur Flut dar. Interessant zu beobachten war auch die farbliche Veränderung des Nilwassers im Laufe der Monate. Zunächst zeigte der Fluss sich gelblich, dann färbten

Algen ihn grün und später machte die äthiopische Erde ihn rot. Dies führt vor Augen, was für ein sensibles, in Wechselwirkung funktionierendes System der Nil ist. Es beruht auf den besonderen Fließeigenschaften und der landestypischen Zusammensetzung der Zuflüsse.

Der Weiße Nil fließt langsam, steigt spät und ist für die erste Hochwasserwelle verantwortlich. Der Atbara und der Blaue Nil steigen und fließen schneller und bringen die zweite Flutwelle mit sich. Zuletzt, wenn die Strömung der großen Wassermassen schwächer wird, kommt der Weiße Nil noch einmal zum Einsatz. Danach sinkt das Wasser wieder, innerhalb von 50 Tagen. Die Flut folgt damit natürlichen „Spielregeln“, die für die Höhe und für die zeitliche Verteilung der Nilschwelle in Ägypten verantwortlich sind. Diese „Spielregeln“ sind auch die Antwort auf die Frage, warum die gewaltigen Hochwassermassen das Mittelmeergebiet gerade dann erreichen, wenn die Ägypter sie am dringendsten brauchten. Häufig waren es Priester, die den erfreulichen Wasserstand an den Nilometern ablasen. Die Nilometer befanden sich an allen wichtigen Stellen des Nils.

Der Nil und seine Farbe

Elias hat auch Durst.

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Moses ist es zu heiß.

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Der Nil # Er ist mit etwa 6.700 Kilometern der längste Fluss der Erde. Er setzt sich zusammen aus dem Weißen und dem Blauen Nil. Der Weiße Nil entspringt in den Bergen von Ruanda und Burundi und fließt durch den Viktoriasee. Der Blaue Nil hat in Äthiopien seinen Ursprung. Bei Khartum vereinen sich die Quellflüsse. Auf seinem Weg ins Mittelmeer durchkreuzt der Nil die Länder Burundi, Ruanda, Tansania, Uganda, Sudan und Ägypten. Die Frage, wem der Nil „gehört“, sorgt heute zunehmend für Unstimmigkeiten unter den Völkern. Immerhin ist der Nil der einzige Fluss auf der Erde, der einen subtropischen Trockengürtel durchfließt. Sein Wasser bedeutet Leben. [SL]

S. 8

Der Affe mag die Hitze in Ägypten.

# Tiefenschärfe

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Auf der Insel Elephantine ist eine solch brunnen- Jahr zu Beginn der Nilflut wurde das größte Kultartige Messanlage noch heute zu besichtigen. Sie fest zum Dank und zu Ehren der Götter gefeiert: gleicht einer großen Steintreppe. Mithilfe einer das Neujahrsfest. Fünf Monate später begann das Skala maß man an ihr den Wasserstand. Nilometer Hoffen und Beten aufs Neue. [MN] waren gleichzeitig religiöse Kultstätten, in denen Priester Kontakt zu den Göttern aufnahmen. Jedes

# Interview mit Prof. Dr. Joachim F. Quack

Direktor des Ägyptologischen Instituts an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg 104 Grad: Gäbe es ohne Nil eigentlich keine Pyramiden?

Prof. Dr. Quack: Am Transport wäre es nicht gescheitert. Der größte Teil des Gesteins stammt nämlich aus Steinbrüchen, die sich in der Nähe der Bauorte befanden. Ohne Nil wären die Grundbedingungen jedoch ganz anders gewesen: Ägypten wäre eine große Wüstenlandschaft, die lediglich von kleineren Nomadenstämmen dünn besiedelt worden wäre. Ein sesshaftes Leben, Landwirtschaft und größere Siedlungen wären nicht möglich gewesen. Denn es hätte vor allem eines gefehlt: ausreichend Wasser. 104 Grad: Eine These besagt, die Pyramiden hätten den Ägyptern als riesige Wasserspeicher gedient, um gegen eine Dürre vorzusorgen. Stimmt das? Prof. Dr. Quack: Nein. Jeder, der die Pyramiden schon einmal gesehen hat, weiß, dass der tatsächliche

Speicherplatz nur sehr gering gewesen wäre. Trinkwasser war auch bei niedrigem Wasserstand immer genügend vorhanden und Wasserspeicher demzufolge unnötig. 104 Grad: Der Nil und das alte Ägypten faszinieren die Menschen bis heute. Was verbinden Sie mit dem Nil? Prof. Dr. Quack: Die vielleicht einprägsamste Erinnerung hängt an einer Ägypten-Exkursion als Student. Damals wollten wir mit dem Segelboot von Assuan nach Süden zur Insel Sehel fahren; und gerade an diesem Tag blies uns ein heißer Südwind entgegen, sodass man, anders als sonst üblich, nicht stromauf segeln konnte. Wir mussten schließlich zu den Rudern greifen und mühsam gegen die Strömung ankämpfen. [SL/MN]

# Der Mythos Die beiden Söhne von Erdengott Geb und Himmelsgöttin Nut, Osiris und Seth, führten einen erbitterten Kampf. Seth überlistete seinen Bruder, ermordete ihn und schnitt ihn in Stücke, die er überall im Land verteilte. Die Gattin des Toten, Isis, sammelte die Körperteile wieder ein und mumifizierte sie. So konnte Osiris wiedergeboren werden. Und zurückkehren, um seinen Bruder zu besiegen. Ein Mythos. Und ein Sinnbild, das den landwirtschaftlichen Jahresverlauf von damals nachzeichnet: Im Sommer ernteten und verteilten die Ägypter das Getreide: wie Seth die Körperteile des Osiris. Im November pflanzten sie neue Saat in den Boden: das Begräbnis des Osiris. Und im Juli besiegte die Nilflut die Dürre: Wiedergeburt und der Sieg des Osiris. [SL]

S. 9 Kamele streicheln ist toll.


WASSERSPieLE 2.0 # Tanz auf dem Regenbogen.

die gröSSte Thermalquelle der USA und gleichzeitig die drittgröSSte der Welt: The Grand Prismatic Spring.

Übersetzt bedeutet das: Große Regenbogenquelle. Ihre Fläche entspricht der mittleren Größe eines Fußballfeldes und sie befindet sich auf dem geothermisch aktivsten Gebiet der Erde, dem YellowstoneNationalpark. Jährlich kommen ca. 3 Millionen Menschen hierher, um entlang unzähliger Quellen und Geysire zu spazieren. Unter ihnen ein Vulkan. Aus dem Erdinneren drückt er mit gigantischer Kraft geschmolzenes Gestein bis dicht unter die Erdoberfläche. Aus der 49 Meter tiefen Quelle strömen minütlich 2.000 Liter Wasser in das Becken. Es ist 71 Grad heiß. Die tiefblaue Färbung des Wasserkörpers in der Mitte rührt von der Tiefe und der hohen Reinheit. Nach außen hin schillert die mineralienreiche Quelle in allen Farben. Die grünen und roten Verläufe stammen von einzelligen Mikroorganismen.

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Jetzt hast du das Wasserwissen!

Wasser Mutter Erde! wissen Unsere Erde ist zu etwa 70 –75 % mit Wasser bedeckt

PLANET

HAMBURGER

Der blaue Planet besteht zu ca. drei Vierteln aus Wasser. Aber nur etwa 0,3 Prozent des gesamten Vorkommens stehen uns als Trinkwasser zur Verfügung. Noch! Denn unser Trinkwasser wird knapp!

Kennen Sie den virtuellen Wasserfußabdruck eines Hamburgers? Der Wasserfußabdruck eines Lebensmittels gibt an, wie viel Wasser bis zum fertigen Endprodukt insgesamt verbraucht wurde. Bei einem Hamburger liegt dieser Wasserverbrauch bei ca. 2.400 Litern.

Wassergeist

10%

Eine Wasserflasche bei Minustemperaturen im Auto vergessen? Nicht gut! Denn wenn Wasser gefriert, dehnt es sich aus. Etwa um 10 Prozent. Peng! 2.200 Kilo Druck brächte selbst Granit zum Platzen.

Unser Gehirn besteht zu ungefähr 80 Prozent aus Wasser. Wer klar denken will, muss trinken – am besten Mineralwasser!

ANGST

Schon mal was von Ablutophobie gehört? Das ist die Angst vorm Sichwaschen. Eine spezifische Angststörung, bei der der Ablutophobiker versucht, den Kontakt mit Wasser und Seife zu vermeiden.

Alles Wasser?

Prozentuale Wasseranteile in unseren Organen (Circa-Angaben): Muskel: 80 %, Gehirn: 80 %, Haut: 70 %, Leber: 70 %, Blut: 50 %, Fettgewebe: 14 %

Von Sinnen

Hella von Sinnen hat Angst zu verdursten. Ihr zwanghafter Spleen: Sie kann das Haus nicht ohne eine Flasche Wasser verlassen. Nicht mal beim Müll rausbringen! Am Flughafen bekommt sie Angstattacken, weil sie die Flasche nicht abgeben will.

Salzwasser

Wie viel Wasser in den Weltmeeren ist? Eine Milliarde dreihundertsiebzig Millionen dreihundertdreiundzwanzigtausend Kubikkilometer! Also etwa 1,4 Milliarden Kubikkilometer.

INSEL

Im Delta des Amazonas liegt die größte Flussinsel der Welt: die Ilha de Marajó. Mit insgesamt 47.573 Quadratkilometern entspricht ihre Fläche ungefähr sechsmal der Gesamtfläche des Schwarzwaldes.

AntiBaby-

Pille

Medikamente ins Klo werfen? Kann beispielsweise Fische unfruchtbar machen. Von dem synthetisch hergestellten Inhaltsstoff der Antibabypille, Ethinylestradiol, reicht bereits ein Nanogramm pro Liter und die Anzahl der befruchteten Fischeier nimmt ab.

QUEEN MARY II könnte locker 20.200 Elefanten verdrängen. Tatsächlich verdrängt der Ozeankreuzer die gleiche

elefantöse Masse an Wasser. Schließlich müssen die königlichen 37 Millionen Kilo Stahl oben schwimmen. Die Queen schippert mit 2.600 Passagieren über die Weltmeere, ist länger als drei Fußballfelder, 72 Meter hoch und besitzt 13 Decks.

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Wir befinden uns in der 50.000 Quadratmeter großen Montagehalle seines Technologieunternehmens zur Erkundung des Weltalls: Space Exploration Techno-

In der Raketenfabrik in Hawthorne, Kalifornien, hat wie jeden Morgen die Zukunft begonnen. Konstrukteure bewegen sich in ihrer Arbeitsmontur über den klinisch glänzenden, weißen Boden der großen Maschinenhalle. Sie bauen futuristisch anmutende Teile zusammen. Zu Raketen, Raumfahrzeugen, Weltalltransportern. Gigantische Puzzleteile in einem gigantischen Plan. Elon Musks Plan. logies, kurz SpaceX. Eine Mischung aus Raumschiffwerft und Reederei. Wir folgen ihm auf seinem Youtube-Kanal durch die Tür am Ende des Flures. Sie trennt Maschinenhalle von Großraumbüro. Hell, schlicht, weiß. Viel Milchglas, dazwischen ein paar bunte kubische Designersessel und viele Arbeitsnischen. Eine Schar von Entwicklern, Ingenieuren und Technikern arbeitet hier. Auf den Monitoren einiger Computer tanzen 3-DModelle der Raketen und Raumschiffe, die nebenan in Kleinbusgröße gebaut werden. Jeder kann sehen, was der andere tut. Warum auch nicht. Alle haben schließlich dasselbe Ziel, gemeinsam

Elon Musk ist Geschäftsführer und technischer Direktor bei SpaceX, dem ersten Unternehmen, das in der privaten Raumfahrtindustrie aktiv ist. Millionen von Dollar stecken in SpaceX, Musks Geld. Er ist gefeierter Serienunternehmer,

mit Elon Musk. Er wolle uns zu Multiplanetariern machen, sagt der Visionär. Eine Selbstversorgerbasis auf dem Mars errichten, in drei Jahren die ersten Menschen mit seinen Maschinen ins All befördern und – wenn alles gut läuft – in zehn Jahren Reisen zum Mars ermöglichen. Elon Musk: leichtes Stottern, bübisches Grinsen. Wir wollen ihm glauben.

Ingenieur, Erfinder, Visionär, Vater von fünf Söhnen. Er besitzt eine Villa in Bel Air, fährt Autos von Audi, Porsche und natürlich die sportlichen Tesla-Modelle, seine Eigenkreationen. Er ist befreundet mit Leonardo DiCaprio, Schwarzenegger und Obama. Bei öffentlichen Auftritten wirkt er wie der nette Junge von nebenan, druckst herum, lacht. Dahinter: universelle Gedanken. Elon Musk wurde 1971 in Pretoria geboren, der Hauptstadt und einer der führenden Hochschulstädte der Republik Südafrika. Als Sohn eines einheimischen Maschinenbauingenieurs und eines kanadischen Models. Elon ist Außenseiter in

# Wenn die Sonne in etwa 500 Millionen Jahren so stark strahlt, dass sie alles Wasser auf unserem Planeten zum Kochen bringt. Wenn die Meere nach und nach verdampfen und die unfassbar groSSe Hitze unsere Erde sterilisiert, dann sind wir hoffentlich schon weit, weit weg. Vielleicht auf dem Mars? Erfolgsunternehmer und Technikgenie Elon Musk arbeitet daran. Denn die Erde ist ein Auslaufmodell. [MN]

Wasser mars


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Ein „nice guy“. Ein Schwiegermuttertyp. Das sagt auch seine erste Frau, FantasyAutorin Justine Musk. Seit der Scheidung schreibt sie einen Blog über ihren Ex, während dieser gelassen von Magazintiteln wie Vanity Fair und Business Punk lächelt. Er ist Talkshowgast und Thema im US-Frühstücksfernsehen, weil er uns eine, nennen wir es, „Geschichte“ erzählt. Kein Märchen. Kaum Worte. Viel subtiler! Es ist seine Geschichte von der Zukunft. Die Facetten seiner Story reichen von

Das Erfolgsmärchen eines Revoluzzers, der alles schafft. Weil er daran glaubt und weil er es will (seine zwei Scheidungen nicht mitgerechnet).

Er verlässt Südafrika, studiert Betriebswirtschaft und Physik, gründet einen Onlinemediendienst, verkauft die Internetfirma für viel Geld, bringt PayPal unter die Menschen. Sieben Jahre später verkauft er seinen Anteil am Onlinebezahldienst für 1,5 Milliarden Dollar, gründet das erfolgreiche Elektroautounternehmen Tesla Motors, den Energiekonzern Solar City, einer der führenden Solaranbieter in Amerika, und SpaceX, sein Weltraumunternehmen.

der Schule. Er liest viel, vergisst wenig. Mit zehn bekommt er seinen ersten Computer, mit zwölf verkauft er seine erste selbst geschriebene Software. Er interessiert sich für Physik und Technik. Mit 17 geht er weg. Dorthin, „wo große Dinge möglich sind“, sagt er. Amerika! Seine Agenda für die kommenden Jahre: Geschäfte im Internet, Stabilisierung erneuerbarer Energien, Erforschung und Kolonialisierung des Planeten Mars.

Der Falke taucht beim „Model X“ nicht zum ersten Mal auf. Er ist ein schon viel früher angelegtes Motiv. 2003 benennt Musk seine erste Rakete nach dem Raubvogel. Falcon 1. Er spielt an, auf das gigantische Star Wars Kult-Raumschiff, den Millenium Falcon. Musk schafft Bezüge, mit denen jeder von uns etwas anfangen kann. Er beflügelt unsere Vorstellungskraft, gibt ihr aber gleichzeitig unmerklich eine feste Struktur. Musk führt die Regie. Sein Falke ist vergleichbar mit einem Leitmotiv in einer Geschichte. Ein subtiles, geheimnisvolles Symbol mit mythologischem Überbau: Der Falke ist mutig, sieht alles, kann in kürzester Zeit große Distanzen zurücklegen. Er gilt als Sonnen- und Lichtgestalt und ist bekannt als Vogel der Krieger. Ägyptische Götter wie der Himmels-

Ein Beispiel: das „Model X“. Im vergangenen Monat stellte Musk es der Welt vor. Der dritte Tesla ist ein sportlicher Offroader. Der neue Stern am ElektroFahrzeughimmel. Von Null auf 100 in vier Sekunden! Noch nie war es so cool, CO2 zu sparen. Das finden übrigens auch Tesla-Fans George Clooney und Arnold Schwarzenegger. Die Hintertüren nach oben geöffnet sieht das Auto aus, als hätte es Flügel. Musk nennt die Türen „falcon-wing doors“, Falkenflügeltüren. Elon Musk versteht es, Produkten und Ideen Leben einzuhauchen. Er gibt ihnen eine Geschichte und macht sie auf diese Art begehrenswert und geheimnisvoll. Jedes Produkt, das er entwirft, die Art wie er es vermarktet, wie er davon erzählt: alles Bausteine des Einen, des großen Ganzen, das er seit seinem siebzehnten Lebensjahr nie aus den Augen verliert.

cool und stylish über nachhaltig und spektakulär bis zu galaktisch genial.

SpaceX-Weltraumraketen sollen nach ihrer Mission von alleine zur Erde zurückkehren. Ein Geniestreich, durch den sich die bisherigen Startkosten auf ein Hundertstel reduzieren ließen!

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gott Horus, der Sonnengott Re und der Großes, das alle Menschen teilten. Das Mondgott Chons sahen aus wie Falken. Gefühl „Wir sind Mond“. Genau hier Russlands Märchenhelden bewältigen knüpft Elon Musk an und suggeriert in Falkengestalt schwierigste Aufgaben schon jetzt: „Wir sind Weltall.“ Musk und bei den Kelten war der Falke Mittler macht all seine Bilder, Geschichten und zwischen Diesseits und Jenseits. Bei Musk Vorstellungen, die er uns mit auf den ist er Mittler zwischen komplex und massen- Weg gibt, zu mit Bedeutung aufgelatauglich. Unser gemeinsamer Nenner. denen Ikonen. Der Falke, der Drache, Star Wars, Iron Man, Apollo. Plastische Facetten, die zwischen den Welten vermitteln: zwischen Realität und Fiktion, Elon Musk ist die charismatische Haupt- Gegenwart und Zukunft, Menschen und figur. Wie das gemeint ist? Begeben wir Kulturen. Mr. Musk ist der Meister leiser, uns in die SpaceX-Kantine. Die ideale unterschwelliger Töne. Ein „Autor“. Sein Kulisse, vor der seine Rolle deutlicher bedeutsamstes Leitmotiv: der Mars. wird. Freie Getränke und Frozen Yoghurt. Cool, verspielt. Mittendrin Raketenspezi- Der Mars bewegt uns Menschen von alisten und: eine Statue von Iron Man, alters her. Er repräsentiert Kraft, Aktion, der Comic- und Kinofilmfigur. Sie trägt Vertrauen und Zuversicht. In der Astrologie ist der Mars unter anderem das Musks Firmenausweis um den Hals. Elon Musk war die Vorlage für Regisseur Symbol der Triebkraft. Sagenumwoben, Jon Favreaus Kinohelden Iron Man. Iron Zentrum fantastischer Filme und Bücher, Man ist im Film ein Erfinder und Multi- Heimstatt kleiner grüner Männchen und milliardär namens Tony Stark. Der Ver- im Fokus hochaktueller Forschungen – in gleich mit Musk passt. Denn inmitten Europa und in Amerika. Ein trefflicher von Technikfetisch, Popkultur und allzu Ort, um Vision und Wirklichkeit zusammenMenschlichem, genau da fühlt sich der zuführen. 40-jährige Internetrevolutionär und Umweltpionier Elon Musk heimisch. Elon Cape Canaveral, Air Force Station (CCAFS), Florida. Raketenstartgelände der U.S. Air Musk ist pop. Symbolisch schöpft unser „Iron Musk“ Force, Startrampe Nr. 40. Hier steht seit immer aus dem Vollen. SpaceX produ- Juli der Falke 9, Musks Trägerabschussziert seine Drachen und Falken in den rakete. Im Oktober traf der Drache ein, Werkhallen, wo einst die Bauteile für das Frachtraumschiff, das bis zu sieben das Mondfahrtprogramm Apollo gebaut Menschen oder sechs Tonnen Material wurden. Wir erinnern uns: Dezember zur Internationalen Raumstation (ISS) 1968. Apollo 8 umrundete zum ersten bringen soll. Falcon und Dragon wurMal den Mond. Es war das erste Mal, den mit dem Ziel erbaut, Menschen zu dass Menschen den blauen Planeten transportieren. Musk kooperiert seit mit Abstand betrachten konnten. Der sechs Jahren mit der NASA. SpaceX Beginn von etwas Großem nahm in dieser beliefert unter anderem die Raumstation Maschinenhalle seinen Anfang. Etwas ISS. Ende April soll der Dragon beweisen,


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Er sagt , er wolle eine grüne Pflanze auf den roten Planeten bringen, ein Treibhaus auf dem Mars bauen und beweisen, dass die Erdenpflanze dort leben kann. Eine Fortsetzung vom kleinen Prinzen und der Rose? Nein, ganz so sentimental und fantastisch ist dieses Vorhaben nicht. Es wird von wissenschaftlichen Fakten gestützt. Zum Beispiel vom Experiment WAICO im europäischen ISS-Labor Columbus. In einer Art Gewächshaus wachsen dort Pflanzen unter ständiger Beobachtung von Kameras, die Livebilder zum deutschen Columbus-Kontrollzentrum nach Oberpfaffenhofen senden. Die deutschen Forscher dort können per Fernsteuerung in den Verlauf der Experimente eingreifen, während im biologischen Labor auf der ISS Pflanzen in der Schwerelosigkeit wachsen. Die Experimente zur Gravitationsbiologie im Orbit sollen Aufschluss über den Anbau landwirtschaftlicher Kulturen im Weltraum geben. Eine Meldung im vergangenen Jahr dürfte Elon Musk besonders gefreut haben: „Fließendes Wasser auf dem Mars“. Denn flüssiges Wasser ist die Voraussetzung für organisches Leben! Auf den mittleren Breitengraden des Mars entdeckten Wissenschaftler die Sensation: etwa fünf Meter breite Fließspuren. Sie vermuten, dass diese durch eine Salz-Wasser-Lösung verursacht wurden, die fließt, sobald die Temperaturen im Marssommer über den Gefrierpunkt steigen. Die Flussstellen heben sich durch eine dunkle Färbung

dass er die Ansprüche der NASA voll und ganz erfüllt. Warum Musk sich seines Erfolges so sicher ist? Wir schreiben nach dem chinesischen Kalender das Jahr des Drachens!

*Am 28. August 2003 trennten die Planeten Erde und Mars „nur“ 55,8 Mio. Kilometer. Dies war die geringste Distanz seit etwa 60.000 Jahren.

Dass Menschen zum Mars reisen, ist für Musk nur eine Frage der Zeit. Wissenschaftler glauben nicht an ein Happy End seiner Vision. Die Voraussetzungen sowohl für eine Reise zum als auch für ein Leben auf dem Mars sind menschenfeindlich. Die Reise wäre ein psychischer und physischer Drahtseilakt. Während man zum 400.000 Kilometer entfernten Mond

Erst im Februar meldete die ESA, dass neue Radar-Ergebnisse darauf schließen lassen, dass ein Teil des Mars einst von Ozean bedeckt war. Das Radar konnte Ablagerungen ausmachen und eine Ufergrenze. Europa plant einen unbemannten Flug zum Mars, zur näheren Untersuchung des Planeten, und ebnet Musk den Weg.

erkennbar von ihrer Umgebung ab. So lange, bis das Wasser verdampft und der Boden im Übergang zum Mars-Winter, der jetzt im März begonnen hat, wieder aufhellt. Der Mars gilt als der erdähnlichste Planet im Sonnensystem aufgrund seiner Merkmale: Rotationsdauer, Jahreszeiten, Atmosphäre und Entfernung zur Sonne. Wissenschaftler halten es für möglich, dass sich auf dem Mars eventuell primitive Lebensformen entwickeln konnten und vielleicht noch können. Die Forschungen sind in vollem Gange. „Mars Express“, die Mission der Europäischen Weltraumorganisation ESA untersucht, ob es einfache Lebensformen wie Bakterien auf dem Mars gab oder gibt.

Wir sind

Aber hey, Mr. Musk, wir brauchen gar kein Happy End. Wir brauchen Ihre Visionen! Denn große Dinge sind möglich:

die Heimat und bis dahin sind die Astronauten vollkommen allein. Nach ihrer Ankunft auf dem Mars müssen sie 615 Tage dort bleiben, bis der geeignete Zeitpunkt für den viermonatigen Rückflug gekommen ist. Und der Mars ist öde. Und kalt. Im Durchschnitt herrschen dort minus 55 Grad Celsius. Besonders menschenfeindlich wirkt sich das fehlende Magnetfeld aus. Die Astronauten Angenommen der ideale Zeitpunkt für sind dadurch mehr als eineinhalb Jahre die Marsreise ist gefunden, dann begibt der kosmischen, zellzerstörenden Strahsich das Raumschiff in ständige Gefahr. lung ausgeliefert, die ungehindert auf Es könnte jederzeit getroffen werden. den Mars trifft. Mutationen sind die Von Minimeteoriten oder Plasmateil- logische Folge – Krebs! Zusammengerechchen, die die Sonne abstößt. Durch die net dauert die psychische und physische Aufprallgeschwindigkeit können kleinste Belastung, der sich Marsreisende aussetzen, Teilchen die Außenhaut des Gefährts drei Jahre. beschädigen. Zudem sind die Astronauten kosmischer Strahlung ausgesetzt, die Die Ansätze für eine Verwandlung des neurologische Veränderungen in ihren Mars in einen menschenfreundlichen Gehirnen bewirken kann. Die lange Planeten (Terraforming) sind in zehn Zeit in Schwerelosigkeit bewirkt einen Jahren noch nicht reif. Dann aber will Knochenabbau im Körper der Reisenden. Musk abheben, sagt er. Mit dieser Sie müssen ständig Kräftigungsübun- Ankündigung hat er, der „Katalysator gen machen. Sechs Monate. Ohne Auf- unseres Jahrhunderts“, eine imaginäre gabe. Keine Möglichkeit, sich aus dem Stoppuhr gestartet und den Wettlauf Weg zu gehen – diese sozialpsychologi- eingeläutet. Welche Unternehmen schafsche Komponente ist ebenfalls nicht zu fen es, in diesem engen Zeitfenster inunterschätzen. Umkehren ausgeschlossen! novative Lösungen und zukunftsfähige Ideen beizutragen? Und falls ein Problem auftritt, kommt der Notruf nicht wie bei einer Mond- Der Countdown läuft: fahrt nach Sekunden auf der Erde an. Er erreicht erst nach vielen, vielen Minuten

wenige Tage unterwegs ist, braucht man zum Mars etwa sechs Monate. Weil sich Erde und Mars in Schleifen um die Sonne bewegen, ist ihr Abstand zueinander nie gleich. In diesem Monat beispielsweise befindet sich der Mars an seinem sonnenfernsten Punkt und die Planeten nähern sich einander auf 100,8 Millionen Kilometer. *

# Quellcode


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2000: Musk heiratet Justine Musk, geb. Jennifer J. Wilson, damals 23 (heute Fantasy-Schriftstellerin).

erreicht den Orbit. Scheidung von Justine Musk. Beginn einer Beziehung mit der britischen Schauspielerin Talulah Riley, 23.

1983: Elon (12) verkauft sein erstes 2010: Musk heiratet Talulah Riley selbst geschriebenes Computerpro 2002: Musk (31) verkauft PayPal für gramm, berät seine Mutter bei Aktien, 1,5 Milliarden Dollar an das Internetauk- im Dezember. Er wird geehrt als „lebende hat kaum Freunde. tionshaus eBay, steigt ins Raumfahrt- Legende der Luftfahrt“ durch die Kitty Hawk Foundation für die Herstellung geschäft ein und gründet SpaceX. von „Falcon 9“ und „Dragon“. 1988: Highschool-Abschluss. Scheidung der Eltern. 2003: Gründung des ElektroautoAuszeichnung mit 250.000 Dollar dotierkonzerns Tesla Motors. tem Heinlein-Preis , für seine herausra 1989: Elon (17) geht nach Kanada. 2004: Nach künstlicher Befruch- genden Beiträge zur „KommerzialisierMutter und Schwester Tosca folgen. tung bringt Justine Musk im Mai die ung des Weltalls“. 1992: Stipendium und Studium an Zwillinge Griffin und Xavier zur Welt. 2011: Unterzeichnung eines 492der University of Pennsylvania (USA). Millionen-Dollar-Abschussvertrages mit 2005: Die NASA öffnet sich der Privat 1995: Abschluss in Physik und Wirt- wirtschaft, Elon Musk ist mit SpaceX dem Satellitenunternehmen Iridium Communications und Vertragsabschluss mit schaft an der Eliteschule Wharton. einer der Fördergeldempfänger. der thailändischen TelekommunikationsBeginnt in Stanford Physik zu studieren, 2006: Nach Justine Musks erneuter firma Thaicom. beendet das Vorhaben nach zwei Tagen, künstlicher Befruchtung Geburt der gründet mit Bruder Kimbal die Software- Drillinge Kai, Damian und Saxon im 75-Millionen-Dollar-Förderung durch die NASA zur Weiterentwicklung des RaumFirma Zip2. November. Gründung von SolarCity (Produktion schiffs Dragon. 1999: Die Computerfirma Compaq und Installation von Solaranlagen). 2012: Scheidung von Talulah Riley. kauft Zip2 für 307 Millionen Dollar. Musk gründet X.com (online bezahlen 2008: Der erste Tesla-Elektrosport- Vorstellung des neuen Crossover-Elektrovia E-Mail). Daraus entsteht PayPal. wagen geht in Serie. Die Falcon-1-Rakete autos Model X.

28. Juni 1971: Geboren in Pretoria (Südafrika); erstes von drei Kindern.

Ingenieur, Erfinder, Gründer, Unternehmer, Wissenschaftler, Millionär, Visionär und Vater von 5 Söhnen. Er lebt in Bel Air, Los Angeles (Kalifornien).

2020 / 2030: Eroberung des Planeten

Demnächst: Bemannte Raumfahrt.

Für April geplant: Start einer unbemannten Rakete zur Raumstation ISS im Auftrag der NASA.


# Tiefgang

ˠ

= Oberflächenspannung

Der extra Blubb

Hi, wir sind die 104 Grad-Kinderreporter und in unserem allerallerersten Wassergeflüster erzählen wir euch mal, was es bei uns zu Hause so zu Trinken gibt.

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Wassergeflüster

# Kindermund tut Wasser kund. Vivien # 6 Jahre Ich habe immer viel Durst, wenn ich was Anstrengendes gemacht hab oder wenn ich grad vom Turnen komm. Dann trinke ich gerne Sprudel mit viel Kohlensäure. Mama trinkt auch viel Sprudel, aber am liebsten ohne. Deswegen muss Papa ganz oft Sprudelkisten kaufen und in den Keller tragen. Papa trinkt manchmal auch Wein.

Noah # 7 Jahre Nach dem Taekwondo und nach dem Spielen draußen habe ich besonders großen Durst. Meistens auf Sprudel mit Apfelsaft. Mama, Papa und ich, wir trinken alle gern Wasser. Und viel. Das ist gesund und man bleibt fit. Mama mag Sprudel mit Fruchtsaft und Oma trinkt zu viel Kaffee.

David # 6 Jahre Ich trinke am liebsten … Cola! Oder Wasser mit Kohlensäure. Beim Mittagessen nach der Schule. Und Mama und Papa beim Hausbauen. Da trinken sie manchmal auch Cola oder Bier. Aber Wasser ist besser für die Zähne, weil kein Zucker drankommt. Deswegen gibt’s bei uns zu Hause viel Wasser – aber mit wenig Kohlensäure.

Anaïs & Anouk # 5 Jahre Anais: Äh, ich trink am liebsten Traubensaft und Durst habe ich meistens nachts. Papa trinkt gerne Wein. Aber bei uns gibt’s auch viel Wasser. Wasser ist gut für Sport. Anouk: Und Wasser ist gut, dass man nimmer durstig wird. Ich trink aber am liebsten Milch. Und meine Mama trinkt am liebsten Saft, wo hilft wenn man Bauchweh hat.

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# Tiefgang

Wassermusik # 70° 39’ Süd 008 °15‘ Ost. In einem unbemannten Forschungscontainer auf dem Ekström-Schelfeis nahe der Aktabucht in der Antarktis sind im Wasser unter der Eisschicht Hydrophone eingetaucht, Unterwassermikrophone, die jahrelang dem Einfluss des Meerwassers in 180 Metern Tiefe bei minus 2 Grad Celsius standhalten. Sie fangen Geräusche und Töne des Südpolarmeeres ein, tief unter einer dicken Eiskruste, die sich im Winter über Tausende von Kilometern dahinzieht. Der Forscher Lars Kindermann ist fasziniert von den Klängen aus der Tiefe des antarktischen Ozeans. Wenn aber auf der schwimmenden Eisdecke der Wind tobt und heult, das kann der Wissenschaftler überhaupt nicht leiden. Ein Schneesturm verdirbt ihm die Aufnahmen seiner hochempfindlichen Mikrophone, mit denen der Wissenschaftler vom Alfred-Wegener-Institut für Meeres- und Polarforschung seit fünf Jahren die Unterwasserwelt des Südpolarmeers zu Forschungszwecken abhört. PALAOA heißt sein einzigartiges Forschungsprojekt und meint auf hawaiianisch Wal. Es steht aber auch als Abkürzung für die ganzjährige akustische Observation im antarktischen Ozean (PerenniAL Acoustic Observatory in the Antarctic Ocean). Über 16.000 Kilometer Seeweg davon entfernt empfangen Lars Kindermann und sein Team am Computer in Bremerhaven, dem Standort des Polarforschungs-Instituts, die zum Teil noch nie zuvor gehörten Töne von Tieren und dem Eis selbst. Eisberge können singen, wissen die Forscher von ihren Aufnahmen. Die riesigen Schneemassen produzieren einen hellen Klang, der sich mal wie ein Geträller unter der Dusche anhört und dann wieder wie eine hell quietschende Tür. Wie diese Geräusche zustande kommen, weiß noch niemand so recht, wahrscheinlich durch das Driften der Ungetüme aus Eis im Wasser. Das Kalben eines Gletschers oder Eisbergs ist ein donnerndes Spektakel, das eine Lautstärke von 160 bis 180 Dezibel erreichen kann, wie bei einem zusammenbrechenden Hochhaus. Der Lärm entsteht, wenn ein schwimmender Eiskoloss einen Teil von sich selbst abstößt und einen kleineren Eisberg unter Getöse einstürzender Schneeschichten „gebiert“. In das Zerbersten mischt sich ein fast metallischer Klang, als ob ein Schiffsbug etwas rammt. Ein richtiges Schiff, wie das Ausrüstungs- und Versorgungsschiff „Polarstern“ des Alfred-Wegener-

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Instituts, kommt hier nur drei bis viermal im Jahr vorbei, nur in den Sommermonaten können sich die Eisbrecher einen Weg in Richtung NeumeyerStation bahnen, die bemannte Forschungsstation des Alfred-Wegener-Instituts, nur 18 Kilometer weiter ist das PALAOA-Observatorium. Nirgendwo sonst kann man Tiere und Landschaft in ihrer so ursprünglichen und natürlichen Umgebung belauschen. Die Eisberge der Antarktis sind die größten beweglichen Massen der Erde. Sie können eine Größe von bis zu tausend Quadratkilometern haben und sind stellenweise bis zu 500 Meter dick. „Das ist die gesamte Fläche Berlins auf einer Schicht von 500 Metern: Solche Objekte schwimmen in der Antarktis herum“, sagt Kindermann mit Nachdruck in der Stimme. Der 48-jährige Physiker und Polarforscher ist fasziniert von der Magie des Wassers mit seiner einmaligen Eigenschaft, die kein anderer Stoff auf der Welt besitzt: Gefrorenes Wasser, Eis, schwimmt oben. In der Physik bezeichnet man dies als „Anomalie des Wassers“. Praktisch jede andere bekannte Substanz wird schwerer und dichter, wenn sie erkaltet – verklumpt wie Eisen, wenn es vom flüssigen in den festen Zustand übergeht – und sinkt nach unten. Nicht aber das gefrorene Wasser. Wasser wird im gefrorenen Zustand leichter, deshalb schwimmt

Er ist fasziniert von der Magie des Wassers!

Brrrr! - 2°C in 180m Tiefe.


Eis oben. Das Besondere ist, dass die treibende Eis- Tiere wieder gewohnte Töne von sich. Vom Orca fläche aus Schollen und Packeis den Ozean im Polar- ist nichts mehr zu hören. Wasser ist ein einzigkreis wie eine wärmende Haut isoliert, ansonsten artiges Leitmedium für alle Töne: Schall wird hier würde das Meer durchfrieren und angesichts der fünfmal schneller übertragen als in der Luft. Der unermesslich großen Eismassen an den Polarkappen Grund: Wasser ist dichter als Luft. Die dichtwürde die Welt zur Eiskugel erstarren. Doch unter gepackten Wassermoleküle reichen Schwingungen der Eiskruste sprudelt es voller Lebendigkeit. Stille viel schneller weiter als Luftteilchen, in denen der Wasser gibt es im Ozean nicht. Im Südpolarmeer ist Schall langsamer vorankommt, weil Luftteilchen viel weiter voneinander entfernt liegen. es alles andere als ruhig. Kindermanns Hydrophone fangen die reinsten Es gibt ganz tiefe Geräusche, niedrige Frequenzen, Töne ein, sie werden per Satellit nach Bremerhaven die für Menschen nicht mehr hörbar sind. Das Rufen gesendet. Am PC lesen die Forscher die verschie- des Blauwales zum Beispiel. Wie auch ein Elefant denen Töne aus, zerlegen die Signale in Frequenz- an Land ganz tiefe Signallaute ausstößt, sendet und Zeitstrukturen wie eine Partitur auf einem der Blauwal im Bereich des Infraschalls seine Töne, Notenblatt. Vor allem das Unterwasserorchester Schwingungen unter 30 Hertz, die mehrere Hundert der Tiere weckt die Neugierde der Forscher. Rich- Kilometer weit dringen können. „Stünde man tige Szenen spielen sich neben einem Elefanten, könnte man ein leichtes hier ab: Auf dem soge- Pulsieren spüren. Während der Elefant per Infraschall nannten Spektrogramm seine über die Steppe verteilte Herde zusammensehen die Wissenschaftler, hält, singen die einzelgängerisch lebenden Blauwer im Moment singt. wale wohl über Hunderte Kilometer hinweg Alle sind gerade da: die einander zur Paarung herbei. Vom US-Forscher Weddelrobbe, der See- Christopher Clark etwa wurde mit einem Ortungsleopard, die Rossrobbe – und hinterlassen ihren system der Navy beobachtet, wie zwei Blauwale, ganz eigenen akustischen Abdruck. Diese Muster die viele Hundert Kilometer voneinander entfernt werden linienförmig und farbig am Computer im Ozean dümpelten, plötzlich exakt zur gleichen dargestellt. Dann ein Klicken. Plötzlich Totenstille. Zeit den Kurs gewechselt haben, aufeinander Die Forscher erkennen im Spektogramm, dass ein zugeschwommen sind und sich getroffen haben. Orca aufgetaucht ist, das wohl von allen am Vielleicht zur Paarung? meisten gefürchtete Raubtier der Meere. Einige Um die extrem tiefen Töne der Blauwale hörbar Minuten hält die Stille an, dann geben die anderen zu machen, behelfen sich Forscher mit einem Trick.

stille wasser gibt es im Ozean nicht.

Das ist ein Buckelwal. Er wird ca. 10 –15 Meter groß.

Sie lassen die Aufnahmen viermal schneller abspielen, wie bei einem Song auf Schnelldurchlauf, bei dem man nur noch Mickey-Mouse-Stimmen hört. Mit den Unterwassermikrofonen können die Forscher alle Blauwale belauschen, die innerhalb einer Million Quadratkilometer unterwegs sind: „Die Blauwale singen alle exakt den gleichen Ton – wie in einem Chor“, sagt Kindermann. Doch über drei Jahre hinweg, in denen die Forscher den Blauwalen lauschen, ist der Chor leiser geworden. Ein Zeichen, dass der Bestand abnimmt? „Die Aufnahmen lassen derartige Schlüsse nicht zu. Vielleicht sind die Blauwale auch nur in ein anderes Gebiet gezogen, weiter weg von unseren Hydrophonen“, sagt Kindermann. „Aber es gibt unter Meeresbiologen Befürchtungen, dass sich die meist einzeln lebenden Blauwale durch den Schiffslärm im Ozean nicht mehr so weit hören, finden und paaren können und somit der Bestand abnimmt“, sagt Kindermann. Wissenschaftler registrieren seit dem Ende des kommerziellen Walfangs, dass die Population der Finnwale oder Buckelwale wieder zugenommen hat, allerdings nicht die der Blauwale. Laut Schätzungen der International Whaling Commission gibt es nur noch 2.300 Blauwale – vor dem kommerziellen Walfang vor 200 Jahren waren es geschätzte 500.000 Exemplare des größten Tieres, das je auf der Erde gelebt hat. Von Schnabelwalen, einer weltweit vorkommenden, aber wenig bekannten Walart, nimmt man an, dass sie sich von einem ganz bestimmten Marinesonar in Panik versetzen lassen, auch in Entfernungen,

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Das Marinesonar versetzt wale in Panik

Orca Willy verbreitet Panik!

in denen dieses Sonar gar nicht mehr sonderlich laut sei, sagt Kindermann. Die Theorie: Die Tiere verwechseln Laute des Navigationsgeräts mit dem eines jagenden Schwertwales, woraufhin sie dann panikartig auftauchen. So erklären sich die Forscher etwa, warum ein Schnabelwal, der in bis zu 2.000 Metern Tiefe taucht und nur selten nach oben kommt, viel zu schnell auftaucht – mit verheerender Folge: die Dekompressionskrankheit, wie sie auch Menschen beim Gerätetauchen erleiden können, wenn sie aus der Tiefe, wo der Druck besonders stark ist, zu schnell aufsteigen. In der Tiefe reichert sich Stickstoff im Blut an und bei einem zu schnellen Wechsel von hohem Druck in der Tiefe zu einem nachlassenden Druck weiter oben beim Aufsteigen perlt dieses Gas im Blut aus, mit üblen Symptomen: Durchblutungsstörungen, Risse im Gewebe und Mikrofrakturen in den Knochen, wie man sie bei verendeten Schnabelwalen und sogar Pottwalen gefunden hat. „Bislang hätte man nie gedacht, dass auch Wale die Taucherkrankheit bekommen können“, sagt Lars Kindermann. Der Druck durch die schweren Wassermassen kann offensichtlich selbst für Meeresbewohner, die bis in die Tiefsee abtauchen, tödlich sein. Das Südpolarmeer ist aber vor allem Lebensraum und eine reiche Futterkammer, deshalb kommen so viele Tiere hierher. Bei bis zu minus zwei Grad Wassertemperatur gedeiht die größte Biomasse der Welt: der Krill. Das sind Kleinkrebse, die mit ihren Schwärmen riesige Teppiche bilden, die im Meer wabern. Ideale Bedingungen herrschen für den Krill im antarktischen Sommer, wenn es 24

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# Tiefgang

Stunden am Tag hell ist und die Algenproduktion durch das permanente Sonnenlicht auf Hochtouren läuft. Der Krill frisst die Algen und die Wale sieben den Krill aus dem Wasser, reines Protein. Doch wie finden die Tiere ihren Krill oder andere Beute? Wie orientieren sie sich im antarktischen Meer? Manche schwimmenden Meeressäuger wie die Orcas benutzen dafür Töne – manche sogar Ultraschall, extrem hohe Töne mit Frequenzen über 20.000 Herz, ähnlich wie Fledermäuse. So können die Tiere ihre Beute perfekt aufspüren – sie nutzen die Echoortung. Dabei stoßen sie Klicklaute aus, die auf die Beute auftreffen. Dieser Schall kommt wieder als Echo zurück, der Jäger fängt es mit seinem Gehör auf und kann nun die Distanz und Lage der Beute orten. Nach dem gleichen Prinzip des Echolots funktionieren Schiffssonare, die den Abstand zum Hindernis oder zu den Objekten berechnen. Unterwassertiere wie Wale und Delfine besitzen ein biologisches, körpereigenes Sonargerät – ihr Gehirn, das dreidimensionale Hörbilder aufbauen kann. Die Neurobiologie des Hörens ist Lars Kindermanns Fachgebiet. Er kennt die Akustik der Tiere nicht nur von den Aufnahmen, er war schon sieben Mal auf Expedition unterwegs, um etwa Hörtests mit Robben zu machen oder Walen spezielle Rekorder und Sender zu verpassen. „Uns interessieren nicht nur die Geräusche, die die Tiere machen, sondern auch, wie gut sie hören können“, erklärt er. Im gleißenden Licht der antarktischen Sommermonate, das Menschen ohne Sonnenbrille schneeblind machen würde, begab sich Kindermann auf den Weg, um Robben aufzuspüren. In roten Overalls, dick verpackt, damit die Kälte nichts zum Eindringen findet, sichtete er mit seinen Kollegen eine Robbe, die sich auf der Eisfläche wälzte und keinerlei Fluchtreflexe vor den Menschen zeigte. Es gibt keinen Grund, auf dem Eis Angst zu haben, schließlich gibt es keine Landräuber wie Eisbären in der Antarktis: „Nur im Wasser, wo die Räuber sind, fliehen die Tiere. Die Schollen sind für sie sicheres Terrain.“ Nur auf wenige Meter schlichen sich Kindermann und sein Begleiter an die Robbe heran, um sie mit einem Narkosepfeil für eine Weile zu betäuben. So können sie einen Hörtest durchführen, bei dem die Reaktion des Gehirns auf verschiedene Töne im EEG gemessen wird. Die gleiche Methode wird etwa bei neugeborenen Babys angewendet, die auch noch nicht mitteilen können, ob sie etwas hören. Akustisch gesehen ist für Kindermann die Weddelrobbe die allerbeste Sängerin der Meere. „Ich kann ihr stundenlang zuhören“. Eine wahre Sopranistin des Ozeans, ihr verzeiht er deshalb, dass sie auch ab und an in seine Hydrophone beißt.


# Interview mit Dr. Lars Kindermann

Ohren zuhalten! Das Eisberg-Kalben ist mit 160–180 Dezibel so laut wie ein zusammenbrechendes Hochhaus.

104 Grad: Was ist das Einzigartige Ihrer Forschung Denn es gibt anderswo in der Tierwelt ja auch manchmal ein ganz anderes Verhalten: Kulturfolger der Unterwasserkommunikation in der Antarktis? Die Antarktis ist eines der letzten großen Gebiete wie die Amsel kommen verstärkt dort vor, wo auch der Welt, die vom Menschen unbeeinflusst sind. der Mensch ist – trotz höherem Lärmpegel. Dass Das ist für Wissenschaftler eine einzigartige Situa- Lautstärke automatisch eine Schädigung bedeutet – tion, um zu erforschen, wie Tiere sich ganz natürlich diese einfache Aussage kann man nicht treffen. verhalten. Jeglicher Schiffsverkehr erzeugt einen gewissen Geräuschhintergrund, der zum Teil die 104 Grad: Welchen Einfluss hat die Schifffahrt auf Laute der Tiere überlagert. In der Aktabucht im die Unterwasserwelt? Südpolarmeer, wo wir das PALAOA-Observatorium Jedes Schiff, das einen Motor hat, produziert Schallaufgebaut haben, tauchen maximal drei oder vier energie. Wie ein Flugzeug zieht es viele Kilometer um sich herum ein Schallfeld mit sich. Und das kann Schiffe im Jahr auf. lauter sein als der natürliche Schallpegel der Tier104 Grad: Wie reagieren Tiere auf menschen- laute. Gerade bei den Blauwalen gibt es Befürchtungen, dass ihre Kommunikation gestört werden gemachten Lärm? Um diese Frage zu beantworten, muss ich zuerst kann und sie sich gegenseitig nicht mehr hören und wissen, wie sich Tiere in ihrer ursprünglichen so nicht zur Paarung finden können, was natürlich Umgebung verhalten. Erst dann kann ich Vergleiche zur Bedrohung der Art beitragen kann. Aber es ist ziehen, wie es sich auswirkt, wenn der Mensch schwierig, so etwas mit Sicherheit zu sagen, allein hinzukommt. Wir haben hier zwei ideale experi- weil die Zählung von Walen schon sehr schwierig ist. mentelle Bedingungen: den üblichen Zustand, dass Das macht das akustische Projekt so interessant. Wir die meiste Zeit des Jahres kein Schiff da ist, und dann haben ja eine abnehmende Lautstärke von Blauwadie Situation, in der plötzlich ein einziges Schiff len im Umkreis der PALAOA-Messstation innerhalb auftaucht und die Reaktionen der Tiere beeinflusst. von drei Jahren gemessen. Wir können aber nicht An sehr vielen Orten der Welt ist der Schiffsverkehr mit Sicherheit sagen, ob der leisere Blauwalchor mittlerweile so stark, dass man praktisch nur noch damit etwas zu tun hat, dass sich der Bestand der den Fall der dauerhaften Schallbelastung hat. An Tiere reduziert hat. Schließlich können wir es nicht eine solche Geräuschkulisse gewöhnen sich die ausschließen, dass die Wale einfach weitergewanTiere, sodass wir nicht mehr nachvollziehen können, dert sind. Um dies auszuschließen, brauchen wir Aufnahmen von mehreren Stellen des Südpolarwie sie ursprünglich reagiert haben. meers. Wir installieren zur Zeit ein ganzes Netz von 104 Grad: Wenn das Schiff plötzlich kommt – wie solchen Lautstärke-Messstationen. verhalten sich die Tiere? Wenn das Schiff sehr laut ist, hören wir weniger 104 Grad: Sehen Sie Ihre Forschung als Beitrag zum Tiere. Wir können anhand der Daten leider nie Umweltschutz? genau sagen, ob ein Tier verschwindet oder nur In gewisser Weise ja. Umweltbehörden fragen: Wie ruhiger wird oder aus dem Wasser geht. Es wird sollen die Lautstärkelevel sein, die man gegebeneneinfach weniger an hörbarer Aktivität. Und wenn falls vorschreiben muss? In unseren Städten gibt es das Schiff sich zurückzieht, dauert es maximal einen für alles Mögliche maximale Lautstärken – für Autos, Tag, bis die natürliche Schallkulisse der Tiere wieder Flugzeuge oder Wohngebiete. Für die Meere gibt es bisher keine solchen festen Regeln. Entsprechende da ist. Ideen und Vorschläge werden zum Teil sehr kont104 Grad: Was bedeutet dieses Verstummen der rovers diskutiert zwischen Wirtschafts- und Umweltvertretern. Von möglichen GeschwindigkeitsTiere? Das ist die große Frage. Wenn es wie in unseren begrenzungen ist die industrielle Schifffahrt natürlich Daten etwa einen Tag dauert, bis die natürliche wenig begeistert, auf der anderen Seite gibt es Schallkulisse wieder da ist, würde ich vermuten, eben die geschilderten Bedenken in Bezug auf die dass es, wenn häufiger als einmal pro Tag ein Schiff Umwelt. Und da bemühen wir uns, mit unseren vorbeikäme, auf alle Fälle zu einer dauerhaften Forschungen einfach Basisdaten zu liefern, um Belastung führen würde. Aber um mehr zu wissen, etwa nachzuweisen, bei welchen Lautstärken eine müssten wir natürlich hinfahren und beobachten, Verhaltensänderung der Tiere tatsächlich eintritt. was die Tiere tatsächlich machen. Eindeutige Bewertungen sind sehr schwierig. Um Gewissheit zu bekommen, ob etwa der Bestand einer Walart tatsächlich durch Menschenlärm sinkt, muss man sehr langwierige Untersuchungen machen. Zunächst Weddelrobben, Seeleoparden, kalbende Eisberge – wollten wir aber nur sehen: Erzeugt eine bestimme alle Geräusche sind auf den Internetseiten des Schallimmision tatsächlich einen messbaren Effekt Alfred-Wegener-Instituts zu hören: oder lassen sich die Tiere vielleicht gar nicht stören? www.awi.de/palaoa

# Hingehört!

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Das ist Lars. Lars hört Tieren zu.

Projektleiter Palaoa, Alfred-Wegener-Institut, Bremerhaven


Weltwasserbewegung 3.12

# Tiefgang

# Time for solutions – Zeit für Lösungen TIME FOR SOLUTIONS – Zeit für Lösungen.

Wasserprobleme. Hier konnte sich jeder aktiv beteiligen und seine Ideen mit anderen teilen.

So lautete vom 12. bis 17. März das Motto beim größten Wassertreffen Nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen. der Welt, dem Weltwasserforum in Beim Weltwasserforum herrscht alles andere als Marseille. Tausende Menschen suchten Friede, Freude, Eierkuchen. Auch Kritiker des Fogemeinsam nach Lösungen, denn: rums, die sich gegen die Privatisierung der WasUnser Wasser wird knapp. In 15 bis serversorgung aussprechen und die Interessen 20 Jahren, rechnen Experten, könnte der Wasserlobby infrage stellen, sind alle drei die Welt ein echtes Wasserproblem haben.Etwa eine Milliarde Menschen Jahre anwesend. Und das ist gut so. Denn nur die haben schon jetzt keinen Zugang zu sauberem Vielfalt der Teilnehmer ermöglicht es, alle Facetten der Problematik abzubilden und die MenTrinkwasser. Bis 2030 werden nach Schätzungen schen in der Welt wachzurütteln. der Vereinten Nationen 5,4 Milliarden Menschen unter der Wasserknappheit leiden. Weltbevölkerung und Weltwirtschaft wachsen weiter – und „Wasser für Leben, nicht für Profit“, forderte das mit ihnen der Bedarf an Wasser. Der Klimawandel Alternative Weltwasserforum FAME, das von Initierhöht die Nachfrage zusätzlich. Gleichzeitig ge- ativen, Bürgerbewegungen, Gewerkschaften und lokalen Persönlichkeiten zeitgleich in Marseille winnt das Wasser- und Abwassermanagement an organisiert wurde. Zur Debatte stand bei beiden Bedeutung – als Grundlage für Gesundheit und nachhaltige Entwicklung. Denn Wassermangel Veranstaltungen auch ein in Deutschund schlechte Wasserqualität begünstigen Armut, land höchst umstrittenes Thema: die die Ausbreitung von Krankheiten und die Zerstö- Erschließung schwer zugänglicher rung der Umwelt. Mit den weltweit drängenden Erdgas-Lagerstätten mittels „Fracking“ Fragen der Wasserversorgung, des Wasserma- (auch: „Hydraulic Fracturing“). nagements und des Ressourcenschutzes befasste Mehr als 20 Bürgerinitiativen gegen sich das 6. Weltwasserforum in Marseille, das vor Gasbohrungen haben sich bundesKurzem stattfand. 25.000 Besucher und mehr als weit gebildet. Sie fürchten unabseh140 Staaten der Erde beteiligten sich. Die Liste der bare Risiken für Natur und Mensch. Diskussionsthemen war lang, die Prioritäten wa- Zu Recht: In den USA, in Kanada und ren und sind weiterhin klar: Australien wird schon länger nach unkonventionellem Gas gebohrt Unser Wohl sicherstellen. Die Wirtschaft fördern. und dabei regelmäßig Grund- und Trinkwasser Den „blauen Planeten“ erhalten. verseucht. Nicht nur die dabei eingesetzten Chemikalien sind ein Problem. Auch das austretende Ins Leben gerufen wurde die Konferenz vom Methan. Haben Sie schon einmal den Wasserhahn 1996 gegründeten Weltwasserrat („World Water aufgedreht und es kam Feuer heraus? In einem Council“ – WWC). Ihm gehören mehr als 300 Ver- US-amerikanischen Haushalt kann das durchaus treter aus Politik, internationalen Organisationen, vorkommen, wie der oscarnominierte DokumenUnternehmen der Wasserwirtschaft und Wissen- tarfilm „Gasland“ (www.gaslandthemovie.com) schaft an. Unter dem damaligen Ratspräsidenten es eindrucksvoll zeigt. Jörn Krüger (39), DiplomMahmoud Abu Zeid, dem ägyptischen Minister Betriebswirt und Softwareentwickler aus Nordwalfür Wasserressourcen und Bewässerung, initiierte de, beschäftigt sich seit 2010 intensiv mit Fracking das Gremium 1997 das erste Weltwasserforum in und unkonventioneller Gasförderung, seit der USMarrakesch. Das große Ziel fürs 21. Jahrhundert: Mineralölkonzern ExxonMobil vorhatte, in seinem eine „Vision für Wasser, Leben und Umwelt“. Das Heimatort nach Gas zu bohren. Er ist inzwischen Weltwasserforum ist das größte Treffen rund ums bundesweit aktiv, nimmt an Anhörungen und als Wasser. Es wird alle drei Jahre veranstaltet, in Redner an Podiumsdiskussionen und Informationswechselnden Ländern. Auf der Online-Community- veranstaltungen teil und ist mit Experten und AktiPlattform www.solutionsforwater.org sammelte visten rund um den Globus vernetzt, z. B. durch seine das diesjährige internationale Komitee der Blogs: www.unkonventionelle-gasfoerderung.de Konferenz Lösungen für globale und www.gegen-gasbohren.de

Feuer aus dem Wasserhahn

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# Interview mit Jörn Krüger Anti-Fracking-Aktivist über die Gefahren der Gasförderung „Fracking“ 104 Grad: Was passiert beim Fracking? Krüger: Millionen Liter Wasser, versetzt mit Tonnen teils hochgiftiger Chemikalien, werden mit dem mehrfachen Druck einer Ariane-Rakete in den Boden gepresst. Dabei werden künstliche Risse in der gasführenden Schicht geschaffen, durch die das zuvor fest eingeschlossene Gas austreten kann. 104 Grad: Wie verbreitet ist diese Fördermethode? Krüger: Das „alte“ Fracking wurde in Deutschland 300 Mal in leicht zugänglichen Gasvorkommen angewendet. Die weltweit umstrittene – teils verbotene – Weiterentwicklung kam in Deutschland erst einige wenige Male experimentell zum Einsatz. Die Industrie gibt das aber nicht gerne zu, um eine Diskussion über die Risiken möglichst einzudämmen. 104 Grad: Welche Gefahren bestehen? Krüger: Die Risiken sind vielfältig. Die meisten Unfälle – unzählige Beispiele gibt es aus den USA, Kanada und Australien – passieren oberirdisch. Durch den hohen Druck der Bohrung werden die eigentlich schützende Betonierung oder Ventile beschädigt, und die Frackflüssigkeit wird unkontrolliert freigesetzt. Im Laufe der Zeit werden die Betonierungen undicht, Methan und Flüssigkeiten gelangen in Boden und Grundwasser. Bei der Förderung fallen auch gewaltige Mengen an Abwässern an, die mit krebserregenden Stoffen und Schwermetallen belastet sind. In Niedersachsen werden aktuell mehrere Kilometer Rohrleitungen

ersetzt, durch die über Jahre Benzol und Quecksilber aus dem Abwasser unkontrolliert in den Boden gelangten. Durch die Vervielfachung der Bohrungen – hunderte sind notwendig, um relevante Mengen fördern zu können – steigen auch die Risiken und die Abwassermengen. 104 Grad: Gibt es Alternativen zum Fracking? Krüger: Bedingt durch die weltweiten Proteste und Verbote sind Unternehmen wie Halliburton, ExxonMobil und RWE Dea mittlerweile gezwungen, nach Alternativen zum Fracking zu suchen. Da aber Frackingnur ein kleiner Teil der Probleme darstellt – und vor allem die Langzeitfolgen für unser Grundwasser so gut wie unerforscht sind – wird nur der partielle Ersatz von Fracking nicht viel helfen. 104 Grad: Was kann die Politik tun? Krüger: Grundlage für die Gasförderung in Deutschland ist ein Bergrecht aus preußischen Zeiten. Unternehmen müssen nur anmelden, dass sie Gas fördern möchten. Die Eigentümer der Grundstücke haben kein Mitspracherecht. Kontrolliert werden die Unternehmen alleine durch staatliche Stellen, die sich seit Jahrzehnten als Dienstleister der Gasindustrie sehen. Umweltschutz und Trinkwasserschutz werden nur auf freiwilliger Basis geprüft. Fracking ist nach heutigem Recht in Trinkwasserschutzgebieten möglich und wird dort auch angewendet. Hier ist dringend eine Überarbeitung notwendig. Die Bürgerinitiativen fordern ein Verbot der Erschließung unkonventioneller Gasvorkommen, da diese nur mit erheblichem technischen Aufwand durchgeführt werden kann und die dabei entstehenden Schäden nicht umkehrbar sind. [KN]

# Wissenskasten

Auch die Vereinten Nationen fordern ihre Mitgliedsstaaten einmal im Jahr dazu auf, sich mit den Themen Wasser und Gewässerschutz auseinanderzusetzen und diese mehr ins Blickfeld der Öffentlichkeit zu rücken: Am sogenannten „Weltwassertag“, der seit 1993 am 22. März mit Aktionen und Kampagnen begangen wird.

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# Quellcode

Kneipp erobert Kinderherzen

# In den Kneipp-Kindergärten von Bad Peterstal-Griesbach lernen 100 kleine Entdecker alles, was groSS und stark und SpaSS macht. Wer „Kneipp“ hört, denkt zuallererst ans Wassertreten. Und ans Abhärten. Doch was sich der Wörishofener Pfarrer Sebastian Kneipp (1821–1897) vor etwa 160 Jahren hat einfallen lassen, um das Wohlbefinden seiner Mitmenschen zu steigern, umfasst weit mehr als Güsse, Wickel und Waschungen – und ist heute sogar bei Kindern ein Hit.

Entspannung und Ausgleich oder verbinden beim Nordic Walking, Joggen und Radfahren Bewegung mit Naturerlebnis.

Wer meint, „Kneipp“ sei nicht mehr in oder nur etwas für Rentner, der irrt. Seine Lehren haben längst Einzug in viele Kitas und Schulen der Republik gehalten. In der maleWer seiner Gesundheit etwas Gutes tun möchte, rischen Landschaft des badischen Schwarzwalds der kneippt. Dem berühmten „Wasserdoktor“ im oberen Renchtal liegt die kleine Gemeinde ging es weniger um das Heilen von Krankheiten, Bad Peterstal-Griesbach. Dort gibt es gleich zwei als vielmehr um ein ausgeglichenes, aktives und zu- solcher Kindergärten: friedenes Leben. Und das wünscht sich wohl jeder. St. Bernhard in Bad Peterstal und St. Antonius Das Geheimnis liegt im Zusammenspiel von Kör- in Bad Griesbach. Zusammen mit den durch den perfunktionen anregenden Wasseranwendungen, Kneipp-Bund geschulten Erzieherinnen erfahren Bewegung an der frischen Luft, ausgewogener die insgesamt fast 100 Kinder hier, wie lecker vollErnährung, dem gezielten Einsatz von Heilpflanzen wertiges Essen schmeckt, wie gut es tut, draußen und einer Lebensgestaltung, die Körper und Seele zu toben und sich zu bewegen, wie wichtig Wasser ausreichend Ruhe gönnt, um neue Kraft zu tanken. für Menschen, Tiere und Pflanzen ist. Bis heute hat sich an diesen fünf Säulen im Wesent- „Das Beste, was man gegen die Krankheit tun kann, lichen nichts geändert, auch wenn die Wasser- ist etwas für die Gesundheit zu tun“, hat Kneipp therapie mittlerweile durch Wissenschaft und einmal gesagt. Diesen Leitsatz setzen die beiden Forschung hoch entwickelt und auf die individuellen Einrichtungen seit einigen Jahren aktiv um. Bedürfnisse des Einzelnen abgestimmt ist. Wichtigster Schwerpunkt ist dabei die LebensDie von Beruf und Alltag Gestressten suchen nach ordnung. Denn innere Zufriedenheit und seelisches Feierabend in den Yoga- und Tai-Chi-Kursen der Gleichgewicht bestimmen die Gesundheit grundmehr als 600 Kneipp-Vereine in Deutschland nach legend – egal, in welchem Alter.

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Plitsch-plitsch-platsch – Paul wird ganz nass!

„Wir wollen, dass es den Kindern richtig gut geht“, sagt Brigitte Fuchs, Kindergartenleiterin in Bad Peterstal. Von klein auf lernen sie Strukturen für den Alltag kennen, gewöhnen sich an einen festen Tagesablauf, der ihnen Sicherheit und Orientierung vermittelt. Es gibt für alles eine Zeit: zum Spielen, zum Experimentieren, zum Basteln, zum Herumturnen, zum Kochen, zum Essen, zum Entspannen und Ruhen. Natur und Umwelt erforschen die Mädchen und Buben mit allen Sinnen: Regelmäßig gibt es einen Waldtag. Im Kräutergarten werden Pflänzchen selbst gezogen, Blüten und Blätter gepflückt, getrocknet und zu leckerem Tee, Duftkissen oder Badezusätzen verarbeitet. Die Kinder bauen selbst Gemüse an, hegen und pflegen es, jäten Unkraut. So bekommen sie ein Gefühl dafür, wie lange es dauert und wie viel Mühe es kostet, bis im Herbst geerntet werden kann. In der Küche stellen sie gemeinsam Marmelade her, pressen Saft und bereiten ihr Essen zu. Wie schmeckt das eigentlich roh? Was muss gekocht werden? Worauf sollte ich beim Einkauf achten? Die Zwei- bis Sechsjährigen erkunden den Kreislauf der Nahrungsmittel, probieren Neues aus und entwickeln ein Bewusstsein für das, was ihnen guttut: neben viel Bewegung, am besten unter freiem Himmel, ein abwechslungsreicher Speiseplan. „Bei uns vespern die Kinder Brot, Gemüse und Obst. Der Schokoriegel bleibt daheim“, erzählt Verena Müller, die den Kindergarten in Bad Griesbach leitet. „Das ist für die Kinder ganz normal. Sie kennen es nicht anders. Viel schwieriger war es, das den Eltern beizubringen. Kein Nutella!“ Verena Fuchs lacht. Im benachbarten Bad Peterstal sind derzeit selbst gemachtes Müsli und Naturjoghurt der Renner zum Frühstück. Natürlich kommt auch das Thema Wasser nicht zu kurz. Schließlich liebt es der Nachwuchs, darin zu planschen, sich gegenseitig nass zu spritzen, mit nackten Füßen durch eine taufrische Wiese zu laufen, durch einen Bach zu waten oder einfach mal zu testen, wie sich Schnee ohne warme Stiefel anfühlt. Im Winter werden Arm- und Beinbäder und verschiedene Güsse im Waschraum gemacht. Sobald es wärmer wird, geht es zu einer der umliegenden Kneipp-Anlagen im Ort. Und wenn die Kinder in die Schule kommen, dann wissen sie genau, wo es überall Wasser gibt, wie wertvoll es ist, welche Gefahren es birgt. Doch was hat es auf sich mit der Abhärtung und der viel beschworenen positiven Wirkung auf die Abwehrkräfte? „Zwar bleiben auch wir nicht von Erkältungswellen und Magen-Darm-Viren verschont“, berichtet Brigitte Fuchs. „Aber viele Eltern sagen, dass ihre Kinder weniger krank sind.“ [KN] Sarah findet Wasser toll!

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# Tiefenschärfe

Das ist Paul. Paul gehĂśrt zu den zehn besten Unterwasserfotografen der Welt.

Unter Haien und Korallen

# Eine Fotografie zwischen Poesie und Momentaufnahme. Zwischen Spektakel und Naturgewalt.

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Paul Munzinger gehört zu den zehn besten Unterwasserfotografen der Welt. Er reist seit nunmehr fast 40 Jahren mit schwerem Geschütz – einer Unterwasserkamera, deren tiefschwarzes Auge die Größe einer Bowlingkugel hat – rund um die Erde. Etwa 15 Flüge pro Jahr stehen auf seinem Programm. Er kennt alle Tauchreviere. Von den 100 schönsten Unterwasserparadiesen handelt sein neustes Buch. Munzinger fotografiert und schreibt. Seit 1997 arbeitet er als freier Journalist. Seine Auftraggeber: bekannte Verlage, Tauchmagazine, Zeitschriften, die Tourismusbranche. Der Fotograf, geehrt mit insgesamt über 60 nationalen und internationalen Auszeichnungen, ist Globetrotter und Abenteurer par excellence.

gesinnten im VW-Bus von Israel nach Sharm El Sheikh ans Rote Meer (das damals noch Ofira hieß) und weiter. Unkonventionell. Frei. Munzinger ist ein Du-Typ. Roter Pulli, Jeans, graues Vollbärtchen, herzliches Lachen, kein Blatt vor dem Mund. Ganz bei sich. Zwei Wochen Malediven? Zu lang. Zu langweilig! So wie TV-Sendungen, gegen die er regelmäßig auf dem Heimtrainer antritt. Und wenn er Auto fährt, isst er Gummibärchen. Entdecker ruhen nicht. Munzinger hat vom Käfig aus den großen Weißen Hai vor der Küste Südafrikas erlebt, sah sich Auge in Auge mit einem Krokodil. Er tauchte mit dem Prinzen von Saudi-Arabien im Roten Meer und unter dem grönländischen Packeis und an Eisbergen entlang. Er begrüßte die Seehunde im nordischen Gewässer Englands, traf giftige

lockige Mähne, nasse ockerfarbene Nase – im Munzinger-Haus. Es steht auf dem höchsten Punkt eines ganz kleinen Dorfes, acht Kilometer von Paul Munzingers Geburtsstadt Freiburg im Breisgauentfernt. Wenige Türen und Innenwände, 11 Ebenen vom Dach bis zum Keller, denn das Haus schmiegt sich so natürlich an den steil abfallenden Berg, an dem es gebaut ist. Die Natur bestimmt die Architektur: Munzingers Handschrift. Im Vorgarten zwitschern Dutzende Vögel aus ihren kleinen bunten Häuschen, die Munzinger an Baumpfählen befestigt hat. Die Vögel, Freigeister wie er, kommen und gehen und kommen – wie er.

Aber bis 1980 war er – Achtung! – Architekt. Zehn Jahre lang. Dann hat Munzinger dem Mainstream seinen Rücken zugekehrt. Er ist eben kein Bürohengst. Mit 35 Jahren eröffnete er ein Tauchcenter. „Das“ Tauchcenter in Seeschlangen vor Indonesien, Der Breisgau liegt heute Morgen Freiburg. Und eine Tauchschule. hungrige Muränen in Costa Rica, im feuchten Nebel. Es ist etwa Natürlich „die“! Außerdem das Seelöwen in Mexiko und ent- 8 Uhr. Paul Munzinger läuft, in deckte eine unbekannte Unter- den angrenzenden Weinbergen. „Reisebüro Amphibia Tours“. 20 Jahre später verschrieb er sich wasserpflanze im Roten Meer Das erdet. Danach setzt er sich dann voll und ganz der Unter- (sieht aus wie Lametta). Für eine an den Esstisch, trinkt eine Tasse wasserfotografie und dem Reise- ZDF-Doku tauchte er bei Baja Kaffee, schaut zur oberen Etage, journalismus. Menschen, insbeson- California an Bord eines U-Boots wo die Arbeit auf dem Schreibdere Freigeister wie Munzinger, 3.000 Meter in die Tiefe, auf der tisch wartet, schaut nach unten die ihrer inneren Stimme folgen, Suche nach Antworten in der zum Kamin (er friert nicht gern), tun irgendwann das, wozu sie Finsternis. Wie sind die Vulkane wo „unhörbar warme“ Geschichund Gräben entstanden? Wie ten rauschen. In afrikanischen berufen sind. das Leben? Vergangenheit und Figuren, in der Katzenbüste 20. März 1964 – Paul-Werner Zukunft liegen im Wasser eng auf der Sitzfensterbank, in den zartfarbenen Muscheln und den Munzinger, Schüler der 5a des beieinander. Fotos an der Wand: Hecht im Rotteck-Gymnasiums in Freiburg, nimmt „für guten Fleiß Munzinger lebt am liebsten jetzt – Rhein, Haie vor Hawaii, schillernund gute Leistungen“ ein Buch und daheim. Mit Anni, seiner des Korallenriff. Die große Welt entgegen: „Unter Korallen und Frau, und mit Mischlingshund und das weite Meer sind allgeHaien“ von Taucherlegende Hans Chico – wallende aschblond- genwärtig. Hass. Der berühmte SchlüsselUnd über allem baumelt eine moment in Munzingers Leben. Taucherglocke. An der Decke. Nach der Lektüre war für den Eine wie Kapitän Nemo sie in damals 12-Jährigen alles klar. „20.000 Meilen unter dem Meer“ Als Jugendlicher jobbte er, um aufhat. Ähnliches Geschirr hat reisen zu können – mit Gleich-

Paul hat Nemo kennengelernt.

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Nemo knabbert am R.

Je spektakulärer und abgefahrener, umso besser


# Tiefenschärfe

Für das Foto hat Paul sich am Meeresboden fixiert!

auch heute wieder Saison, weiß Munzinger: Sensationsgeile Touristen tappen aufrecht in Rüstung und mit Tauchglocke auf dem Kopf über den Meeresboden. Wie Astronauten wollen sie die ihnen fremde Welt entdecken. Je spektakulärer und abgefahrener, desto besser. Anders ist gefragt. Anders bringt Geld. Das ist nicht sein Ding. Paul Munzinger liebt die Natur und die Ruhe. Weiß aber, dass jeder Bericht, jede bildgewaltige Reportage dazu beiträgt, dass die Ruhe lauter wird. Im Laufe der letzten 20 Jahre sah er Fischarten sterben und Korallenriffe erbleichen. Die Unterwasserwelt reagiert sensibel.

Deshalb kämpft er für sie! Mit der Organisation Sharkproject zum Beispiel, gegen die Zerstörung der Meere und gegen die Ausrottung der Haie (www.sharkproject.de), demnächst in West-Papua. Und vor der eigenen Haustür mit der Arbeitsgemeinschaft Limnologie: eine Interessengemeinschaft naturbeobachtender Taucher, die die Quellgewässer zwischen Basel, Freiburg und Straßburg zu schützen versucht (www.agl-quellschutz.de). Munzinger taucht gern in heimischen Gewässern. Im Rhein zum Beispiel. Fotos, die hier entstehen, haben eine ganz besondere, verwunschene Melodie. Ein neues Buch über die dezente Schönheit des Süßwassers ist schon in Planung. Er hat übrigens noch Wunschziele: der hohe Norden Alaskas und die Antarktis. [MN]

# PS:

Paul ist mal wieder „auf dem Sprung“: in den Sudan, auf die Azoren und die Philippinen, nach Burma, in den Toskanischen Archipel, den Oman und nach West-Papua zu den Haien. Wer mehr über ihn wissen will: www.uw-media.de www.100-beste-tauchreviere.de.

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# Unterwasser-Poet trifft Mantarochen Nördlicher Pazifik. Föderierte Staaten von Mikronesien. Der Wind streicht über die mangrovenbewachsene, von einem Korallengürtel umschlossene Insel Yap. Malerische Lagunen. Wärme. Das Meer ruht. Genauso der Mann in ihm. Etwa 6 Meter tief. Er wartet. Auf dem Rücken liegend und mit Riffhaken fixiert, damit die starke Strömung ihn nicht wegzieht. Durch das kristallklare Wasser sieht er die Sonne. Auf dem Taucher: schweres Geschütz. Er spürt es nicht. Nicht mehr. Denn der Moment ist gekommen. Wie ein Drache am Firmament, mit einer Spannweite von fünf Metern, schwebt in majestätischer Manier ein gigantischer Mantarochen über ihn hinweg. Paul Munzinger drückt ab.

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01/12

unter

wasser

bild rätsel # 104° um die Ecke denken

dER GEWINN.

Mitraten lohnt sich. Wir verlosen 5 Tageskarten für die Wellnessoase und einen Verzehrgutschein im Wert von 50 Euro, im Badeparadies Schwarzwald am Titisee. Sie erwartet Wohlfühlatmosphäre pur unter Palmen oder bei einem köstlichen Cocktail. Erleben Sie außerdem, wie erholsam Schwitzen sein kann. In einer der exklusiven Themensaunas können Sie den Stress des Alltags vergessen und neue Vitalität tanken. Mehr unter: www.badeparadies-schwarzwald.de

Das Bild hat Paul auch gemacht. Dies sind drei Unterwasser-Rugbyspieler vom Freiburger Tauchclub.

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TAUCHEN SIE EIN in das Element des Lebens und erraten Sie mithilfe unserer drei Taucher das Molekül des Lebens. Unsere Gewinnfragen an Sie: Wie heißt das dargestellte Molekül und wie groß ist sein Winkel?

Ergänzen Sie folgenden Lösungssatz: # Das _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ besitzt einen Winkel von _ _ _ °. und senden Sie ihn per E-Mail an: redaktion@schwarzwald-sprudel.de

Alternativ können Sie uns den Lösungssatz auch auf einer Postkarte an folgende Adresse senden: Schwarzwald-Sprudel GmbH, Kniebisstraße 43, 77740 Bad Peterstal-Griesbach. Nur ausreichend frankierte Einsendungen mit vollständiger Absenderadresse nehmen an der Verlosung teil. Einsendeschluss ist der 30. 06. 2012. Teilnehmen kann jeder mit Ausnahme der Mitarbeiter der beteiligten Unternehmen und deren Angehörige. Eine Barauszahlung des Gewinnes und der Rechtsweg sind ausgeschlossen. Der Gewinner wird schriftlich benachrichtigt.

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Ein Wasser, bitte!

# das WirGefühl

Das ist Gerald. Gerald Angerer. Er ist Autor, Ideenfinder, Genussexperte und er hat diese Kolumne geschrieben.

Verabredet man sich in Berlin zu einem Arbeitsessen, sagen wir mal im berühmten Borchardt, wo Angela Merkel und Nicolas Sarkozy über Europa dinieren und nebenan Thomas Gottschalk im Kreis seiner Redaktion Wiener Schnitzel isst, wo zur Berlinale Stammgäste Meryl Streep um ein Autogramm anflehen und der Münchner Tratsch- und Klatschregisseur Helmut Dietl seine besten Jahre verbrachte, hier also, inmitten der Berliner Republik, bekommt man zur Begrüßung kein „Guten Tag“, nein, hier wird man mit „Vorneweg schon mal ein Wasser?“ begrüßt. Im Borchardt ist Wasser neben Kaffee das am meisten verkaufte Getränk. Alle trinken Wasser, mit Ausnahme vielleicht einiger Journalisten, wie der BILD-Kolumnist Franz Josef Wagner und Moritz von Uslar. Der ewig jugendliche ZEIT-Autor trinkt Bier oder Whiskey, kommt stets in durchlöcherten Jeans und pflegt sein Image als Bad Boy. Dass er privat ebenfalls zu den Wassertrinkern gehört, konnte ich letzte Woche im Biomarkt beobachten, er hatte ein Kind an der Hand und einen Kasten Sprudel im Einkaufswagen. Im Grunde ist es egal, wer was wo trinkt und es ist egal, in welches Lokal man geht, ab einer bestimmten Preisklasse ist die Frage nach dem Wasser ein „must“ – es gehört zum Ritual. Einen Aperitif vorneweg, eine Suppe, einen Gruß aus der Küche, alles gerne, nur bitte vorher unbedingt eine Flasche Wasser. In der gehobenen Gastronomie steht Mineralwasser auf Augenhöhe neben Wein und Champagner, erstklassige Etablissements leisten sich sogar einen Wasser-Sommelier. Wasser ist das neue Wirgefühl der mittleren Oberschicht. Ohne Wasser geht gar nichts und es wundert nicht, dass man heutzutage für eine weit gereiste Flasche Wasser ebenso viel bezahlt, wie für eine gute Flasche einheimischen Weins. Wasser ist lebenswichtig, ja, es schmeckt in der Regel nach … Wasser, gesprudelt oder still, ob aus fernen Ländern oder heimatlichen Quellen – die ich übrigens stets vorziehe, weil es der Gesundheit von Mutter Erde nicht zuträglich ist, jährlich

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ganze Kontinente von Mineralwasserflaschen auf spritfressenden Sattelschleppern von einem Land ins andere zu karren, um dem Kunden das Gefühl einer gewissen Internationalität zu suggerieren – ein italienisches Wasser muss einfach besser schmecken als ein einheimisches. Die damalige Regierung Schröder bescherte uns nicht nur Hartz IV, man könnte die Toskana-Fraktion auch reinen Gewissens für den Wasserboom mitverantwortlich machen. Immerhin nicht der schlechteste Einfluss. Wasser ist die einzige chemische Verbindung, die in der Natur als Flüssigkeit, Festkörper und als Gas vorkommt. Es gibt leichtes, mittelleichtes und schweres Wasser. Als trinkbare Variante gibt es das Mineralwasser mit Kohlensäure, Medium und ohne Gas. Manches schmeckt, manches weniger. Dass Wasser aus Italien oder Frankreich oder aus dem Himalaya besser schmecken soll als Wasser aus dem Schwarzwald, halte ich für den größten Mythos seit der Erfindung der Mineralwasserflasche. Es mag anders schmecken, ja, aber besser? Wer soll das bestimmen. Der Wasser-Sommelier? Import-/ Export-Experten? Die Trendmafia? Professionelle Wassertrinker? Guten Tag, der Herr, darf es vorneweg schon mal ein Wasser sein? Mit oder ohne Sprudel? Medium? Egal, bringen Sie einfach eine Flasche – mir geht es wie Barbara Becker, ich liebe Wasser, ob mit oder ohne Gas, mit oder ohne Etikette, nur frisch sollte es sein, und kalt. Bei manchen Kellnern mancher Lokale hege ich allerdings den Verdacht, sie stünden im Dienst der Mineralwassermafia, so aufdringlich versuchen sie, dem Gast ein Wasser anzutragen. Meist nennen sie das Kind direkt beim Namen und man bekommt den Eindruck, dass es sich hierbei längst nicht mehr nur um Wasser handelt. Einen fröhlichen Abend in heiterer Runde verbringen, mal auf Wein und Bier verzichten, ja, das ist denkbar – ein Abend ohne Wasser aber ist unvorstellbar. Das wüssten schon die Kellner zu verhindern. Nach der vierten Frage nach einer Flasche Wasser gibst du dich geschlagen:

Meinetwegen. Ja. Bringen Sie ein Wasser.

Bitte!

# Tiefenrausch


T채glich sollten mindestens 1,5 Liter getrunken werden.


70%*

ist der Wasseranteil des menschlichen Körpers. Füllen Sie dieses wertvolle Reservoir sprudelnder Lebensenergie mit etwas ganz Besonderem auf:

Trink was du bist – Wasser Mehr Wasserwissen auf unserer Facebook-Seite

D a s O r i g i n a l a u s d e m S c h wa r z wa l d *Der menschliche Körper besteht zwischen 50% und 70% aus Wasser, die Anteile an Wasser sind unter anderem abhängig von Größe und Alter der jeweiligen Person

www.schwarzwald-sprudel.de

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