CEOs Digest 2016
SEF.ALUMNI Unternehmernetzwerk
Gewinner & Finalisten | Swiss Economic Award
Editorial Geschätzte Alumnae und Alumni Breaking News, Push-Nachrichten und Live-Streams: In der digitalen Welt ist auch seitens Medien Geschwindigkeit gefragt – schliesslich wollen wir Neuigkeiten möglichst rasch auf unserem Handy oder Tablet. Dabei überfliegen wir die wichtigsten Schlagzeilen und machen uns innert kürzester Zeit ein Bild des Geschehens. Nehmen wir uns angesichts der enormen Schnelligkeit und der unglaublichen Flut an Informationen noch genügend Zeit, um ausführliche Hintergrundberichte zu lesen? Mit dem CEOs Digest setzen wir bewusst einen gewissen Kontrapunkt zur schnelllebigen Welt: Wir möchten euch Inhalte mit Substanz servieren – also Brain Food statt Fast Food. Die ausgewählten Berichte sollen zum Nachdenken anregen, neue Perspektiven aufzeigen und einen Überblick über das ökonomische und politische Geschehen der vergangenen Monate bieten – ganz jenseits vom dynamischen Alltag und kurzfristigen Schlagzeilen. Schliesslich möchten wir euch unsere vielseitigen Plattformen näher bringen und einige Highlights mit euch teilen. Ich wünsche euch eine bereichernde Lektüre mit spannenden Einblicken in die Welt von Unternehmertum, Politik und Wirtschaft. Herzlich,
Dominik CEO Swiss Economic Forum
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Inhalt 1. Sir Angus Deaton: «Es gibt gute und schlechte Ungleichheit»!
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2. Frankenschock nur scheinbar überwunden!
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3. Machtfragen in Europa!
8!
4. SEF.Schweiz!
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5. Tim Brown: «Innovation ist ein Mannschaftssport»!
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6. MassChallenge Switzerland erfolgreich angelaufen!
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7. Philip Bucher: «In unserer Branche sind wir einzigartig»!
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8. Surfen auf der digitalen Welle!
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9. Highlights der diesjährigen Konferenzen!
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«Es gibt gute und schlechte Ungleichheit» Sir Angus Deaton, Wirtschaftsnobelpreisträger 2015
Wirtschafts-Nobelpreisträger Angus
zurückzuführen, wo der schnelle wirtschaft-
Deaton sagte in seiner Rede am Swiss
liche Aufschwung eine grosse Zahl von
Economic Forum (SEF), Ungleichheit sei
Leuten von der Unter- in die Mittelschicht
nicht zwingend schlecht. Aber sie sei dann
gehoben habe.
schlecht, wenn Leute den Eindruck hätten, der Weg nach oben sei ihnen versperrt.
In zahlreichen anderen Ländern steige aber die Ungleichheit bei gleichzeitig schwachem
«Leute akzeptieren Ungleichheit, wenn sie
Wirtschaftswachstum. Das sei in den USA
sehen, dass sie selbst eine Chance haben,
aber auch in der Schweiz der Fall. Bei
aufzusteigen», sagte Deaton am SEF.2016 in
schwachem Wachstum und steigender
Interlaken. Wenn sie aber glaubten, dass es
Ungleichheit würden Leute zurückgelassen,
diese Chance nicht mehr gebe, dann suchten
«manchmal sehr grosse Gruppen von
sie nach einem Schuldigen. Und dieser
Leuten», sagte Deaton. In den USA lebe
Schuldige sei oft der Einwanderer. Diese
heute eine substantielle Zahl von Personen
Entwicklung habe in den USA stattgefunden,
mit weniger als zwei Dollar pro Tag.
und sie sei auch in Europa zu beobachten. Das ist ein Grund, warum Leute in den USA
Bei der weissen US-Bevölkerung sei die
Donald Trump wählen.
Mortalitätsrate im Alter zwischen 45 und 55 Jahren wieder gestiegen. Die Gründe seien
Global gesehen habe sich die Welt in den
Suizid, Alkohol oder Drogen. «Das ist es, was
vergangenen Jahrzehnten zum Guten
in den USA mit Personen geschieht, die
gewandelt, sagte Deaton. Die Lebens-
abgehängt werden», sagte der Ökonom. Und
erwartung sei gestiegen, die Armut
die andere Folge sei, dass sie Donald Trump
zurückgegangen und die Ungleichheit
wählten.
weltweit gesehen gesunken. Dies sei unter anderem auf China und Indien
3
Er erachte Ungleichheit nicht grundsätzlich
Eindruck, dass die Politik nichts mehr für sie
als schlecht, sagte Deaton. Wenn sie
tue. Eine Gesellschaft könne es sich aber
aufgrund von Innovation und Fortschritt
nicht leisten, grosse Teilgruppen hinter sich
entstehe, dann könne sie ein Anreiz sein. Sie
zu lassen. Es sei schlecht für diese Leute.
sei dann ein Zeichen, dass die Welt zu einem
Und selbst wenn man sich nicht um diese
besseren Ort werde. Fortschritt beginne
Leute kümmere, gebe es gute Gründe
immer an einem Ort und die anderen Orte
dagegen. Denn andernfalls liefen wir Gefahr,
folgten nach. Es komme also zu Ungleichheit.
dass das was seit dem Zweiten Weltkrieg
Sie sei dann aber nichts Schlechtes, sondern
erreicht worden sei, durch Politik von der
zeige an, dass die anderen Leute später vom
linken und rechten Seite gefährdet werde.
selben Fortschritt profitieren würden. Quelle: SEF.Take-Aways, erarbeitet in Kooperation mit
Heute würden wir aber die schlechte Seite
Kalaidos Fachhochschule Schweiz
der Ungleichheit sehen, sagte Deaton. Was geschehe, sei ein unproduktives RentSeeking. Entsprechend hätten die Leute den
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Frankenschock nur scheinbar überwunden Stefan Bingisser, Relationship Manager Multinationals UBS Switzerland AG
Das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO
Verantwortlichen der Nationalbank Spielraum
hat bei der Publikation der Zahlen zum
geben, die Massnahmen gegen eine weitere
Bruttoinlandprodukt (BIP) für das zweite
Frankenaufwertung, seien es die Negativ-
Quartal überrascht. Die Schweizer Wirtschaft
zinsen oder die Deviseninterventionen,
wuchs von März bis Juni um erfreulich
zurückzufahren.
robuste 0,6 Prozent. Da auch das BIP der letzten Quartale nach oben revidiert wurde,
Arbeitsmarkt zeigt Schwäche
resultierte zum Vorjahresquartal ein
Nicht alle Schweizer Daten der letzten
Wachstum von 1,7 Prozent. Mit einer so
Wochen deuten jedoch unisono auf eine
robusten Wachstumsrate konnte die
rasche Erholung der hiesigen Wirtschaft.
Schweizer Wirtschaft das letzte Mal im vierten
So sind die Aussichten am Schweizer
Quartal 2014 aufwarten – vor der Aufhebung
Arbeitsmarkt weiterhin bedeckt. Die
des Mindestkurses im Januar 2015.
Beschäftigung (gemessen in vollzeitäquivalenten Stellen) war im zweiten Quartal
Angesichts des erfreulichen BIP-Wachstums
im Vergleich zum Vorjahresquartal rückläufig
stellt sich die Frage, ob die Schweizer
– wie bereits im ersten Quartal. Das letzte
Wirtschaft den Frankenschock bereits
Mal verzeichnete der Arbeitsmarkt eine derart
endgültig hinter sich gelassen hat. Eine
deutliche Verschlechterung im Nachgang zur
solche Einschätzung der wirtschaftlichen
Finanzkrise. Gleichzeitig steigt die
Lage hätte auch für die Schweizerische
Arbeitslosenrate, wenn auch nur leicht. Der
Nationalbank (SNB) Konsequenzen. Eine
schwächere Arbeitsmarkt passt nicht ganz ins
Schweizer Wirtschaft, die sich bereits an die
Bild einer Wachstumserholung hinein.
neuen Wechselkurse angepasst hat, wäre viel weniger darauf angewiesen, dass die SNB sie
Nicht nur der Arbeitsmarkt scheint den Tritt
vor einer erneuten Frankenaufwertung
noch nicht gefunden zu haben. Auch einzelne
beschützt. Das wiederum würde den
Exportsektoren kommen nicht auf Touren.
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Bei der Uhrenindustrie sind die Schwierig-
Wirtschaft vom Frankenschock und als Folge
keiten nicht nur auf den starken Franken
davon auch eine Trendwende am Arbeits-
zurückzuführen. Vielmehr ist es die Abküh-
markt.
lung der Nachfrage nach Luxusgütern in China und der aufkommende Trend zu Smart-
Dieser eher vorsichtige Ausblick für die
Watches, welche den Uhrenexporteuren
Schweizer Wirtschaft scheint auch die SNB
Mühe bereitet.
zu teilen. Anlässlich ihrer jüngsten Lagebeurteilung von Mitte September machte die
Der Schweizer Franken ist längst nicht mehr
SNB den Finanzmärkten erneut klar, dass sie
nur eine Herausforderung für die Exportbran-
bei einer signifikanten Frankenaufwertung am
che. Aufgrund des starken Frankens sind
Markt eingreifen würde. Damit dürfte auch ein
auch der Tourismus und der Detailhandel
Ende der Negativzinspolitik in weiter Ferne
unter anhaltendem Druck. Im Trend sind die
liegen. Wir erwarten eine erste Zinserhöhung
realen Detailhandelsumsätze im Jahres-
der SNB frühestens Ende 2017.
vergleich seit nunmehr zwanzig Monaten rückläufig. Wenn auch der Detailhandel nur einen Teil des Konsums darstellt, spricht der andauernde Krebsgang der Detailhändler gegen eine nachhaltige Erholung der Schweizer Wirtschaft. Vorsichtiger Ausblick der Nationalbank Trotz den erfreulichen BIP-Zahlen sind Zweifel angebracht, ob die Schweizer Wirtschaft den Anpassungsprozess an den starken Schweizer Franken bereits abgeschlossen hat. Schweizer Exporteure haben in diesem Prozess bereits einige Fortschritte erzielt. Die Bemühungen der Unternehmen haben allerdings auch einen Stellenabbau und einen Rückgang der Gewinnmarge zur Folge. Diese dürfte im laufenden Jahr auf den Investitionen und dem Arbeitsmarkt lasten. Erst im nächsten Jahr erwarten wir eine vollständige Erholung der
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Starke Erholung der Pharmaexporte, Uhren und Detailhandel weiterhin im Krebsgang
Quelle: Eidgenรถssische Zollverwaltung, BfS
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3
Machtfragen in Europa Kommentar von Eric Gujer, 1. Juli 2016
Der Brexit ist für viele ein Schock, aber das
«Financial Times» schreibt. Für Europa als
Leben geht weiter. Verlässt Grossbritannien
Ganzes gehört der 23. Juni hingegen zu einer
die EU, werden andere Länder davon
langen Reihe historischer Daten, in denen
profitieren. Der Kampf um Einfluss hat schon
sich wiederkehrende Probleme manifestieren:
begonnen.
Wer kontrolliert Europas Mitte? Gelingt es einer Macht, den Kontinent unter ihrer
Lord Castlereagh litt unter den Dämonen der
Führung zu vereinen? Welche Rolle spielen
britischen Aussenpolitik, an denen er
die Flügelmächte Grossbritannien, Russland
schliesslich zerbrach. Der Aussenminister
und seit dem letzten Jahrhundert auch die
seiner Majestät formte die Allianz gegen
USA?
Napoleon und ordnete 1815 am Wiener Kongress Europa neu – angetrieben von der
Europa stellt sich immer wieder dieselben
Überzeugung, dass das Vereinigte Königreich
Fragen und beantwortet sie jedes Mal in
die Ereignisse auf dem Kontinent mitgestalten
anderer Weise: Der Westfälische Frieden
musste, wollte es nicht zweitklassig werden.
schuf 1648 ein System souveräner Staaten;
Doch er scheiterte ebenso am tiefsitzenden
der Wiener Kongress etablierte ein Gleich-
Isolationismus seiner Landsleute wie
gewicht von fünf Grossmächten; nach der
Premierminister Cameron, der sein Land in
Katastrophe des Holocaust und zweier
einer Mischung aus Mutwillen und
Weltkriege hiess die Lösung EU und Nato.
Unvermögen aus der EU katapultiert.
Geht eine Ordnung unter, kommt eine andere – allenfalls die Profiteure wechseln. Jedes
Alte Fragen, neue Antworten
Machtvakuum bleibt begrenzt, und auch die
Der Brexit bedeutet keine Stunde null, die den
ökonomischen Herausforderungen eines
Kontinent umstürzt. Das Referendum mag
Ausscheidens der zweitgrössten
das schlimmste Ereignis für das Königreich
Wirtschaftsmacht lassen sich bei gutem
seit dem Zweiten Weltkrieg sein, wie die
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Willen nach helvetischem Vorbild bewältigen.
problemen beschäftigt, die es einfach nicht in
Ein Preis wird dennoch fällig.
den Griff bekommt. So gewinnt Deutschland an Gewicht, die Führungsrolle aber wider-
Castlereagh erkannte, dass sein Land nur
strebt ihm. In der Euro-Krise schulterte Berlin
dann Frieden finden würde, wenn es in den
die Aufgabe noch, schliesslich ging es ums
Händeln des Kontinents als Schiedsrichter
Geld. Angesichts des Flüchtlingstrecks zog
auftrat. Zermürbt und von vielen verachtet,
man sich auf eine Aussenseiterposition
nahm sich der Staatsmann 1822 das Leben.
zurück, während die anderen den Kopf
Das von ihm mitgestaltete «Konzert der
schüttelten über die «Willkommenskultur», die
Mächte» brachte dem Kontinent jedoch eine
jüngste Kopfgeburt des deutschen Idealis-
lange Periode der Ruhe, bis das mit Blut und
mus. Jetzt allerdings wird die Bundesrepublik
Eisen vereinte Deutsche Reich das Gleich-
alles versuchen, um die Zentrifugalkräfte
gewicht zerstörte. Dieselbe Einsicht, dass
einzudämmen. Dank der EU kann Berlin
aktives Engagement klüger ist als passives
seine Interessen durchsetzen, ohne dass dies
Abseitsstehen, bewog die britische Regierung
allzu viel Widerstand hervorruft. Je besser es
zum EU-Beitritt. London machte seinen
der Kanzlerin gelingt, die Gemeinschaft durch
Einfluss in der ungeliebten Union erfolgreich
die Phase der Unsicherheit zu steuern, umso
geltend – trotz Anfällen tiefer Frustration und
stärker wird auch sie selbst. Eine EU, in der
denkwürdigen Auftritten wie demjenigen von
Paris als «partner in leadership» ausfällt,
Premierministerin Thatcher nebst
entwickelt sich irgendwann zum «Europä-
Handtasche. Gemeinsam mit Frankreich
ischen Reich deutscher Nation». Damit kehrt
sorgte Grossbritannien dafür, dass Europa
die alte Frage zurück, ob das Schwergewicht
einen Rest an militärischer Potenz behielt.
in der Mitte zu stark für den Kontinent ist.
Gemeinsam mit Deutschland verteidigte es die Prinzipien des Freihandels und der
Putin freut sich
Subsidiarität. In der EU herrschte dank den
Ohne Grossbritannien, ohne seine relative
ungleichen drei eine Balance zwischen sehr
militärische Stärke und seine strategische
divergierenden Vorstellungen über das
Ambition, ist die gemeinsame Aussen- und
Wesen und die Zukunft des vereinten Europa.
Sicherheitspolitik der EU nur noch die Hälfte wert. Künftig wird die Nato die wichtigste
Immer wieder Deutschland
Klammer Westeuropas bilden, und damit
Gibt Grossbritannien Position und Einfluss in
wächst die Macht der Führungsnation
der EU auf, werden andere die Leerstelle
Amerika. Zieht sich jedoch Washington, wie
füllen. Frankreich ist hierzu nicht in der Lage.
von Donald Trump gefordert, aus dem
Zu sehr ist das Land mit seinen Struktur-
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Bündnis zurück, profitiert Russland. Präsident
einem Zerfallsprozess der Union auch an
Putin lacht sich ohnehin ins Fäustchen, weil
alten, vor 1945 gültigen Kraftlinien ausrichten:
der Ausgang des Referendums seine These
stärker national geprägt und von einem oder
zu bestätigen scheint, wonach Europa in
mehreren grossen Staaten dominiert. Das
seiner Dekadenz längst kein ebenbürtiger
wäre kaum im Sinn der kleinen und mittleren
Gegner mehr ist. London lehnte am
Völker. Wirklich gleichberechtigt war Europa
entschiedensten die russischen Annexionen
nie. Die Einhegung der Starken durch
in der Ukraine ab und bildete damit eine
Institutionen liegt auch künftig im Interesse
wichtige Stütze für Merkels Sanktionspolitik.
der Schwachen. Die Nachfahren
Nun schrumpft die britische Bedeutung
Castlereaghs haben zwar wieder einmal die
rapide, während in Berlin die Befürworter des
Lust verloren, die Geschicke jenseits des
Appeasements zahlreicher werden. Die
Kanals mitzubestimmen. Damit lösen sich
westeuropäischen Freunde Putins, die wie
jedoch die alten Machtfragen nicht in Luft auf.
Marine Le Pen nicht zufällig auch die EU
Der Brexit ist eine Zäsur, aber kein Bruch mit
ablehnen, fordern seit langem mehr Einfluss
den langen Entwicklungslinien. Angesichts
für den Kreml und weniger USA in Europa.
ihrer wechselvollen Geschichte sollte diese
Folgt auf den Brexit im November noch ein
Erkenntnis die Europäer eher beunruhigen.
Wahlsieg Trumps, dann gerät im schlimmsten Fall die ganze bisherige Sicherheitsordnung
Quelle: http://www.nzz.ch/meinung/kommentare/nach-dembrexit-machtfragen-in-europa-ld.103367
ins Rutschen, deren zentraler Lehrsatz noch immer lautet, die Amerikaner drinnen und die Russen draussen zu behalten. Hoffen auf den Zerfall Europaskeptiker hoffen, der Brexit möge den Anfang vom Ende der EU markieren. Lässt man einmal beiseite, dass die meisten Empfängerländer im Süden und im Osten kaum freiwillig auf Brüssels Subventionstöpfe verzichten werden, tut Nüchternheit in diesem emotionalen Moment not. Ein Europa ohne EU ist nicht notwendigerweise ein liberaleres, unbürokratisches und föderalistischeres Gegenmodell. Der Kontinent könnte sich in
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4
SEF.Schweiz Take Aways aus dem CEO-Dialog im Rahmen des SEF.2016
Sie wissen es: Die Schweiz zählt zu den wett-
persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik,
bewerbsfähigsten und innovativsten Volks-
wie die Schweiz mit Mut in eine erfolgreiche
wirtschaften der Welt. Diese Position hat
Zukunft geführt werden kann. In acht
unser Land nicht zuletzt den eigenverant-
Themenfeldern erarbeiteten die Unter-
wortlich handelnden unternehmerischen
nehmerinnen und Unternehmer konkrete
Persönlichkeiten, der Bürgernnähe unserer
Handlungsempfehlungen für die
Politik, dem Föderalismus sowie dem erst-
Weiterentwicklung der Schweiz.
klassigen Bildungssystem zu verdanken. Erfolg ist gut – doch kann er schnell verge-
Der Vice Chairman von BlackRock und
hen: Regulierungsdichte, Frankenstärke und
ehemalige Präsident der Schweizerischen
ein ungenügendes Produktivitätswachstum
Nationalbank, Philipp Hildebrand, zeigte sich
stellen unser Land vor grosse Heraus-
überzeugt, dass sich die Welt und Europa
forderungen. Auch aussenpolitisch steht die
ökonomisch im Aufschwung befinden. Der
Schweiz an mehreren Fronten unter Druck.
Heilungsprozess nach der grossen Finanz-
Der Steuerstreit und die aktuelle Zuwan-
und Wirtschaftskrise werde in zwei bis drei
derungsdebatte hängen wie Damokles-
Jahren ganz abgeschlossen sein. Dank einer
schwerter über uns. Auf dem Spiel steht der
frühen Rekapitalisierung der Banken in der
Zugang zu ausländischen Fachkräften und
Schweiz nach Ausbruch der Krise – im
zum europäischen Binnenmarkt. Diese
Gegensatz zu den meisten anderen
unsichere Situation ist für Unternehmen
europäischen Staaten – sei die Ausgangslage
belastend. Befindet sich unser Land in einem
für uns besonders günstig. «Es mangelt
gefährlichen Dämmerzustand? Droht wo-
allerdings momentan noch an Vertrauen in die
möglich der Abstieg in die zweite Liga? Im
Zukunft, so dass zu wenig investiert wird»,
Rahmen des SEF.2016 diskutierten am CEO-
sagte der 52-Jährige. Er gehe aber davon
Dialog 150 ausgewählte Führungs-
aus, dass bald auch wieder mehr Investitionen getätigt würden. 11
Infrastruktur
der Diskussionsgruppe «Umfeld» zusammen.
Take Away: Toni Eder, Generalsekretär UVEK
Denn die Schweiz sei ein Cash-reiches, aber
Die schweizerischen CEOs sind der Meinung,
Investment-armes Land, erklärte der
dass die Schweizer Infrastruktur grundsätzlich
Professor an der IMD Business School
hervorragend ist. «Steigende Belastung,
Lausanne. Ausserdem müsse die Schweiz
Alterung und ein aus dem Gleichgewicht
daran arbeiten, nicht nur vielversprechende
geratenes Kosten-Nutzen-Verhältnis stellen
Startups, sondern auch eine neue Generation
uns allerdings vor Herausforderungen», sagte
an grösseren, etablierten Unternehmen
UVEK-Generalsekretär Toni Eder. Die
heranzuziehen und die jungen Leute wieder
Planung, der Betrieb und auch die
zu mehr Ehrgeiz zu motivieren.
Finanzierung der Infrastruktur müsse effizienter werden. Ausserdem gelte es, die
Mindset
vorhandene Infrastruktur optimal zu nutzen.
Take Away: Karin Frick, Leiterin Research & Mitglied der Geschäftsleitung des Gottlieb
Politik
Duttweiler Instituts
Take Away: Andreas Ladner, Politologie-
Es braucht einen Bewusstseinswandel hin zu
Professor am IDHEAP der Universität
mehr Risikobereitschaft und Unternehmer-
Lausanne
geist in der Schweiz. In diesem Punkt seien
In der Gruppe «Politik» wurde kontrovers
sich alle einig, so Karin Frick, Leiterin Re-
über die direkte Demokratie, den Födera-
search & Mitglied der Geschäftsleitung des
lismus und das Milizsystem diskutiert.
Gottlieb Duttweiler Instituts. Die Gruppe
Handlungsbedarf sehen die Diskussions-
«Mindset» hat darüber diskutiert, wie dieser
teilnehmer vor allem beim Milizsystem, das
Bewusstseinswandel herbeigeführt werden
zunehmend an seine Grenzen stosse, aber
kann. Es müssten zum Beispiel die Jungen
dennoch unbedingt beibehalten werden
besser eingebunden werden und man müsse
müsse, so Andreas Ladner, Politologie-
auch mehr Experimente zulassen.
Professor am IDHEAP der Universität Lausanne.
Gesellschaft Take Away: Roger de Weck,
Umfeld
Generaldirektor SRG
Take Away: Stéphane Garelli, Professor an
Die Arbeitsgruppe «Gesellschaft» sei zum
der IMD Business School Lausanne
Schluss gekommen, dass in der Schweiz der
«Es gilt, mehr Möglichkeiten und Anreize zu
wirtschaftliche Internationalismus von
schaffen, in der Schweiz zu investieren»,
politischem Nationalismus zunehmend
fasste Stéphane Garelli die Ergebnisse aus
bedroht werde, so der SRG-Generaldirektor
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Roger de Weck. «Die Wirtschaft muss sich
Lehrerberuf wieder mehr Wertschätzung
vermehrt in die gesellschaftliche und
entgegengebracht werden.
politische Diskussion einbringen.» Die Wirtschaftsführer dürften sich nicht mehr
Wirtschaft
scheuen, sich hier zu exponieren.
Take Away: Heinz Karrer, Präsident economiesuisse
Wissenschaft, Forschung & Technologie
Die Schweizer Wirtschaft sei nicht mehr
Take Away: Urs Schaeppi, CEO Swisscom
Weltspitze, sind die Teilnehmer der Arbeits-
Auf dem Papier ist die Schweiz Innovations-
gruppe «Wirtschaft» überzeugt. «Um wieder
weltmeister, aber unsere Gesellschaft ist
weltweit führend zu werden, braucht es eine
geprägt von Angst, welche die Innovation
Regulierungsbremse, eine Bildungsoffensive
hemmt. Dies hat die Diskussion der Gruppe
– vor allem im Bereich Informatik – und es
«Wissenschaft, Forschung & Technologie»
müssten die Hürden für Initiativen herauf-
ergeben. Diese Angst gelte es weiter zu
gesetzt werden», erklärte Heinz Karrer,
bekämpfen, erklärte Urs Schaeppi, CEO der
Präsident von economiesuisse.
Swisscom. In Zukunft sei zudem noch mehr Transdisziplinarität und Anpassungsfähigkeit gefordert, um zum Beispiel die Digitalisierung als Chance nutzen zu können. Bildung Take Away: Hans Hess, Präsident Swissmem Die Diskussionsteilnehmer der Gruppe «Bildung» sind überzeugt, dass das duale Bildungssystem der Schweiz weiter gefördert werden muss. «Die Berufslehre muss in der Gesellschaft wieder mehr Anerkennung erhalten», so Hans Hess, Präsident von Swissmem. Es gelte ausserdem, Mädchen und junge Frauen gezielt in Firmen und Kaderpositionen zu holen. Grosse Hoffnungen setzen die Wirtschaftsführer in den kompetenz- und anwenderorientierten Lehrplan 21 und die Förderung der MINTFächer. Schliesslich müsse auch dem
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«Innovation ist ein Mannschaftssport» Interview mit Tim Brown, Präsident und CEO von IDEO
IDEO gehört zu den international führenden
Kreativität speist sich aus der Neugier. Je
Innovations- und Designberatungen. Geführt
stärker die Neugier angeregt wird, desto
wird sie vom britischen Industriedesigner Tim
häufiger stellt sich die Frage, wie es anders
Brown. Er sagt, wie Innovationen entstehen,
laufen könnte. IDEO bietet mir ein vielfältiges
woran sie oft scheitern und welche Rolle
und ständig neues Angebot an Themen, die
Leadership dabei spielt.
mich neu-gierig machen. Sie stammen sowohl von unseren Kunden als auch den gesellschaft-lichen Problemen, vor denen wir heute stehen. Ist grundsätzlich jeder Mensch kreativ? Man muss nur eine halbe Stunde in einem Kindergarten verbringen, um zu sehen, dass jeder Mensch kreatives Potenzial besitzt. Leider wird unser Vertrauen in unsere Kreativität durch die Bildungssysteme und unsere Arbeitskultur untergraben. Es hat sich aber gezeigt, dass die meisten Menschen den Glauben in ihre Kreativität wieder aufbauen können, wenn man ihnen die Gelegenheit dazu gibt. Sie gelten als wichtiger Vertreter und
Herr Brown, Sie arbeiten seit fast drei
Pionier des «Design-Thinking». Wie
Jahrzehnten bei IDEO. Kann man über
funktioniert diese Innovations-Methode
eine so lange Zeit immer kreativ sein?
genau?
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Es geht darum, menschenbezogene
wollen wir die Qualität des «Design-Thinking»
Methoden und Ansätze auf ein breiteres
verbessern.
Themengebiet in den Unternehmen und der Gesellschaft anzuwenden. Warum nicht mit
Wie können Unternehmen eine
«Design-Thinking» bessere Rekrutierungs-
Innovationskultur aufbauen?
methoden oder Schulung der Mitarbeiter
Unternehmen, für die bisher ausschliesslich
entwickeln, anstatt sich nur auf die
die Optimierung im Vordergrund stand,
Herstellung eines neuen Produkts zu
werden es sehr schwer haben, eine nach-
konzentrieren? Die Kernidee des «Design-
haltige und effektive Innovationskultur zu
Thinking» umfasst die Bedürfnisse der
schaffen. Diese kann nicht mit einem
Menschen, die Fokussierung auf funktional
Workshop oder einem Kursprojekt etabliert
angemessene und emotional ansprechende
werden. Grosse Veränderungen im Verhalten
Lösungen sowie einen schnellen und
und der Kompetenzen erfordern Zeit und
iterativen Ansatz im Innovationsprozess und
Engagement.
bei der Prototypenentwicklung.
Warum ist eine Innovationskultur
Wie hat die Digitalisierung Ihre Methoden
überhaupt wichtig?
verändert?
Das Geschäftsklima war noch nie so
Die Digitalisierung bietet neue Chancen für
schwankungsanfällig und veränderlich wie
Innovationen, denn sie kann den Prozess der
heute. Die Fähigkeit von Organisationen,
Erkenntnisgewinnung und des Prototypings
neuen Ideen gegenüber aufgeschlossen zu
beschleunigen. Trotzdem schrecken immer
sein, sie zu generieren und umzusetzen, wird
noch viele Unternehmen vor schwierigen,
darüber bestimmen, ob sie überleben und
grossen Innovationsschritten zurück.
orieren.
Manchmal ist es eben einfacher, eine weitere App zu konzipieren, als sich die Frage zu stellen, ob man das Leben der Benutzer damit wirklich verbessert oder vereinfacht.
Welches sind die häufigsten Fehler, die Sie bei Ihren Kunden beobachten? Organisationen können Innovationen nicht einfach in Auftrag geben. Sie müssen die
Was unterscheidet IDEO von anderen
Verhaltensänderungen, die notwendig sind,
Designfirmen?
um die Denkweise von der Exploitation – der
Das ist eine Frage, die Sie vielleicht anderen
Ausnutzung von Bestehendem – zur Explo-
stellen sollten. Wir glauben, dass wir vor
ration – der Erkundung von Neuem – zu
allem auf Wirkung fokussiert sind. Deshalb
verlagern, wirklich unterstützen. Allzu oft schaffen es Organisationen nicht, die
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notwendige Zeit und Aufmerksamkeit
weiteres spannendes Projekt ist die Arbeit an
aufzubringen, und scheitern daran, die
einem neuen Wahlsystem für Los Angeles.
notwendigen Fähigkeiten, Instrumente, Führungseigenschaften, Anreize und Kulturen
Welche drei konkreten Tipps geben Sie
unter einen Hut zu bringen.
Schweizer Unternehmen mit auf den Weg? Seien Sie sich bewusst, dass Unternehmen in
Welche Rolle spielt Leadership bei der
Zukunft neuen Ideen gegenüber aufgeschlos-
Förderung von Innovation und Kreativität?
sen sein müssen, wenn sie überleben wollen.
Führungskräfte müssen sich anders verhalten
Mit anderen Worten: Innovation ist kein
als in der Vergangenheit. Sie können nicht
Luxus, sondern eine Notwendigkeit. Die
einfach nur Entscheider sein – sie müssen
besten Ideen werden durch die besten
Fragesteller und Coaches sein und die
Fragen hervorgebracht. Fördern Sie auf
notwendigen Rahmenbedingungen für
Führungsebene und in der gesamten
Innovationen schaffen. Statt in traditionelle
Organisation eine Kultur der Neugier.
Betriebsprozesse müssen sie sich verstärkt in
Innovation ist ein Mannschaftssport.
den Innovationsprozess einbringen. Wenn Sie keine natürliche kooperative Gemäss weitverbreiteter Meinung sind
Unternehmenskultur haben, dann werden Sie
Grossunternehmen weniger innovativ als
keine komplexen Systeminnovationen umset-
Start-ups. Unterstützen Sie diese These?
zen können, die in der Wirtschaft von heute
Auch Grossunternehmen sind in der Lage,
notwendig sind.
neue Ideen hervorzubringen. Die Herausforderung besteht darin, Ressourcen von den Kerngeschäftsfeldern abzuziehen und den Fokus auf die Entwicklung und Skalierung neuer Ideen zu lenken. Doch genau damit tun sich die meisten Grossunternehmen schwer. Können Sie Beispiele von besonders gelungenen Kundenprojekten nennen? Ich bin sehr stolz auf das neue Schulsystem, das wir für Innova in Peru entwickelt haben. Es hat die Qualität des Bildungssystems in diesem Land erheblich verbessert. Ein
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MassChallenge Switzerland erfolgreich angelaufen Peter Stähli, Unternehmer und Gründer des Swiss Economic Forum
Im Juni 2016 startete in Renens (VD) das
bekanntlich gemütlicher segeln als im wilden
erste Förderprogramm von MassChallenge
Ozean. Ein weiteres Problem besteht darin,
Switzerland, dem grössten und
dass viele der jährlich ca. 12 000 gegrün-
erfolgreichste Start-up-Accelerator der
deten Unternehmen langfristig nicht über-
Welt. Aus über 450 Bewerbungen hat die
leben. Ein Jahr nach der Gründung liegt die
Jury 70 Finalisten bestimmt. Im November
Erfolgs-quote bei 80 Prozent, nach fünf
wird das siegreiche Start-up gekürt.
Jahren ist nur noch die Hälfte aktiv. Diese Zahlen demonstrieren eine Herausforderung:
Die Schweiz ist eines der wettbewerbs-
Jungunternehmen haben innovative Ideen, es
fähigsten Länder der Welt und liegt in
fehlt ihnen jedoch das unternehmerische
verschiedenen Innovations-Rankings an der
Knowhow, das notwenige Netzwerk oder der
Spitze. In einem Bereich haben wir jedoch
Zugang zu Wachstumskapital.
beträchtliches Aufholpotenzial: beim Unternehmertum. Die Schweizerinnen und
Erfolg auch in der Schweiz
Schweizer sind zwar innovativ, doch nur
An diesem Punkt setzt die MassChallenge
wenige wagen den Schritt in die
(MC) an. Der weltweit grösste und
Selbstständigkeit. Gemäss Umfragen haben
erfolgreichste Start-up-Accelerator wurde
lediglich 7,5 Prozent der Bevölkerung die
2010 in Boston gegründet. Innert kürzester
Absicht, ein eigenes Unternehmen zu
Zeit kamen weitere Standorte in London,
gründen. Im europäischen Vergleich sind nur
Jerusalem und Mexico City hinzu. 2015 folgte
Dänemark, Grossbritannien und Deutschland
dank den Gründungspartnern Bühler Group,
zurückhaltender bei Firmengründungen.
Nestlé, Givaudan, Barry Callebaut, GEA,
Mögliche Gründe für das schlechte
Inartis Foundation und dem Swiss Economic
Abschneiden der Schweiz sind das hohe
Forum die Expansion in die Schweiz. Ziel der
Lohnniveau und die rekordtiefe
Initiative ist es, das Unternehmertum zu
Arbeitslosigkeit. Auf ruhiger See lässt sich
fördern, innovative Nachwuchskräfte im 18
Schritt in die Selbstständigkeit zu begleiten
1,4 Milliarden US-Dollar Eigenkapital
und die Startups in ihrer Entwicklung zu
vermittelt. Weltweit haben ca. 900 Start-ups
beschleunigen. Der global vernetzte
an den Programmen von MassChallenge
Accelerator («Beschleuniger») ermöglicht
teilgenommen, die rund 8500 direkte
Jungunternehmen raschen und effizienten
Arbeitsplätze geschaffen haben. 82 Prozent
Zugang zu neustem Wissen und Ressourcen.
der geförderten Unternehmen überleben
Die an der nicht gewinnorientierten Initiative
langfristig.
teilnehmenden Unternehmen erhalten kostenlose Büroflächen, intensive Ausbildung,
Grosse Nachfrage
professionelles Coaching sowie Zugang zum
In der Schweiz ist das Programm von
internationalen Netzwerk der MassChallenge.
MassChallenge auf Anhieb erfolgreich
Das Programm wird ohne Einfluss von Risiko-
angelaufen. Bis Ende März haben sich bereits
und Eigenkapitalgebern betrieben. Dieser
über 450 Start-ups aus 30 verschiedenen
Ansatz erlaubt eine offene Struktur und die
Ländern für das erste Accelerator-Programm
Kooperation mit anderen Organisationen.
in der Romandie beworben. Internationale
Dass das Modell funktioniert, zeigen die
Experten aus dem MC-Netzwerk haben diese
Zahlen: MassChallenge hat seit 2010 über
Bewerbungen sorgfältig geprüft und 150 Start-ups zur zweiten Qualifikationsrunde
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nach Genf eingeladen. Jedes Unternehmen hatte Mitte Mai die Gelegenheit, in einem 10-minütigen Pitch die Jury von seiner Geschäftsidee zu überzeugen. Während drei Tagen standen 65 Juroren im Einsatz. Die ausländischen Firmen präsentierten teilweise über Skype. Schliesslich hat die Jury 71 Finalisten bestimmt, die sich für eine Teilnahme am Accelerator-Programm 2016 qualifiziert haben. Rund 33 Prozent der Finalisten sind im Bereich Hightech tätig, 25 Prozent im Healthcare/Life Science-Sektor und 23 Prozent in der Konsumgüterindustrie. 40 Prozent der Jungunternehmen kommen aus dem Ausland. Eine Übersicht mit den Finalisten finden Sie hier. Das viermonatige Förderprogramm begann am 27. Juni 2016. Mitte Oktober findet die finale Jurierung statt, bevor am 2. November 2016 an der AwardZeremonie der Sieger der MassChallenge Switzerland ausgezeichnet wird. Nun blicken wir gespannt auf die Ergebnisse des ersten MC-Programmes. Eines ist jedoch schon jetzt klar: In der Schweiz besteht offenbar eine grosse Nachfrage für das Angebot von MassChallenge. Die massgeschneiderte Förderung und Beschleunigung von Start-ups scheint dringend notwendig zu sein und kommt an.
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«In unserer Branche sind wir einzigartig» Kurzinterview mit Philip Bucher, Geschäftsführer Doppelleu Brauwerkstatt AG
Im Juni hat die Winterthurer Brauerei
Im Juni 2016 haben Sie mit Doppelleu den
Doppelleu den SEF-Award in der Kategorie
begehrten SEF-Award gewonnen. Was hat
«Produktion» gewonnen. Geschäftsführer
sich seither verändert?
Philip Bucher spricht exklusiv über die
Die Bekanntheit der Marken «Chopfab» und
Stärken und Zukunftspläne seines
«Doppelleu» ist weiter gestiegen und wir
erfolgreichen Unternehmens.
konnten das Image als junge, aufstrebende Brauerei festigen.
Herr Bucher, Doppelleu reitet zurzeit auf einer Erfolgswelle. Wie gelingt es Ihnen, im hart umkämpften Biermarkt derart erfolgreich zu sein? Wir sind in sämtlichen Bereichen anders als die etablierten Unternehmen der Bierszene: im Stil, beim Marketing, bei der Produktvielfalt oder bei den Vertriebswegen. Aber was machen Sie denn konkret besser als andere Brauereien? Unsere Biere sind überdurchschnittlich aromatisch, aber trotzdem elegant und leicht zu trinken. Zudem sprechen wir mit unserer jungen, reduzierten und urbanen Marke Männer und Frauen gleichermassen an. In unserer Branche ist das einzigartig.
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Als erfolgreiche Brauerei sind Sie
Die Digitalisierung ist aktuell in aller
bestimmt im Visier der grossen
Munde. Inwiefern hat der digitale Wandel
ausländischen Bierhäuser. Wird Doppelleu
das Bierbrauen verändert?
demnächst verkauft?
Der gesamt Produktionsprozess ist
Doppelleu ist unverkäuflich.
inzwischen voll automatisiert. Alles wird kontinuierlich gemessen und überwacht. Der
Zurzeit wachsen Sie rasant. Planen Sie
Anteil manueller Arbeit sinkt auch in unserer
demnächst eine Expansion ins Ausland?
Branche immer weiter.
Im Schweizer Markt gibt es noch viel Platz für uns, daher ist der Hauptfokus in den nächsten
Welche Tipps geben Sie Schweizer
Jahren klar auf das Inland gerichtet.
Jungunternehmer mit auf den Weg?
Schrittweise werden wir ergänzend
Die Differenzierung der Leistung muss für
Vertriebskanäle ins Ausland aufbauen. In
Kunden und Partner leicht nachvollziehbar
Deutschland werden wir noch dieses Jahr
und das Geschäftsmodell einfach und
starten.
verständlich sein. Wenn man seine Geschäftsidee in 30 Sekunden nicht überzeugend auf den Punkt bringen kann, sollte man es lieber lassen.
Swiss Economic Award – Neuer Jurierungsprozess mit Campus Day Der Swiss Economic Award wird 2017 bereits zum 19. Mal an herausragende Jungunternehmen in den Kategorien Produktion/Gewerbe, Hightech/Biotech sowie Dienstleistung vergeben. Unternehmen, die nach dem 1. Januar 2011 gegründet wurden, können sich ab sofort und bis am 31. Januar 2017 unter www.swisseconomic.ch/award für den SEF.Award 2017 bewerben. Die nächstjährige Austragung des beliebten Jungunternehmer-Wettbewerbs bringt eine leichte Anpassung des Jurierungsprozesses mit sich. Die bekannten Bewertungsstufen Erstauswahl, Vorjury, Expertenreise und Hauptjury werden mit einem zusätzlichen Element ergänzt: dem Campus Day. Damit soll eine attraktive Plattform geschaffen werden, mit der die herausragenden Leistungen der Jungunternehmer zusätzlich honoriert werden können. Am Campus Day vom 6. April 2017 treten die 18 besten Jungunternehmen vor Publikum, Medien und der Jury gegeneinander an und haben dabei die Gelegenheit, ihre Firmen in Form eines Pitches zu präsentieren. Anschliessend bewertet die Jury zusammen mit weiteren Experten und dem Publikum die Unternehmen und bestimmt die letzten 9 Firmen, die den Finaleinzug schaffen. Die Finalisten dürfen am 1./2. Juni 2017 wie bisher auf der grossen SEF-Bühne in Interlaken vor 1350 Führungspersönlichkeiten der Schweizer Wirtschaft auftreten. Wir freuen uns, euch am 6. April 2017 am Campus Day begrüssen zu dürfen. 22
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Surfen auf der digitalen Welle Roger Wüthrich-Hasenböhler, Chief Digital Officer von Swisscom und Leiter des Bereichs «Digital Business»
Die Digitalisierungswellen rollen unauf-
Schweiz darf etwas besser werden
haltsam auf uns zu. Und jeder würde gerne
Die Schweiz gilt als eines der innovativsten
erfolgreich auf diesen mitsurfen. Aber wie
und wettbewerbsfähigsten Länder der Welt.
reitet man diese oftmals unberechenbaren
Alles bestens also für unsere digitale
Wellen am besten? Vieles muss zusam-
Zukunft? Nicht ganz: Eine Studie der EPF
menspielen, wenn der Wirtschaftsstandort
Lausanne «Die digitale Zukunft der Schweiz –
Schweiz und seine Unternehmen wettbe-
Fakten, Herausforderungen und Handlungs-
werbsfähig und innovativ bleiben wollen.
empfehlungen» im Auftrag von SIX und Swisscom zeigt, dass die Schweiz sich bei
Mit der Digitalisierung bleibt kein analoger
der ICT-Infrastruktur weltweit auf einem
Stein auf dem anderen: Die Preise für
konkurrenzfähigen Niveau bewegt, aber im
Sensoren, Datenkommunikation und IT-
FinTech-Bereich, e-Government zur
Infrastruktur fallen massiv. Technologien wie
Entlastung von Administration und Wirtschaft
das Internet der Dinge, die künstliche
sowie im Start-up-Umfeld (wie Steuerpolitik;
Intelligenz, die virtuelle Realität oder die
Start-up-Ökosysteme) Verbesserungs-
Robotik entwachsen derzeit ihren
potenzial hat.
Kinderschuhen. Gesucht sind Inspiration, Zusammenarbeit Die nächsten Jahre werden darüber
und Know-how
entscheiden, ob die Schweiz und ihre
Staatliche Rahmenbedingungen sind eine
Wirtschaft erfolgreich auf diesen
wichtige Voraussetzung, viel wichtiger aber ist
Digitalisierungswellen mitsurfen können. Wir
das Zusammenspiel von Wissenschaft,
haben gute Voraussetzungen, aber es wird
Grossunternehmen, KMU und Start-ups.
ein hartes Stück Arbeit werden.
«Nur» Forschen im eigenen Labor war gestern. Heute braucht es Inspiration, konstruktive Zusammenarbeit und Know-how23
Austausch, um die immer schnelleren und
Zu Hause muss beginnen…
unberechenbareren Digitalisierungswellen
Frei nach Jeremias Gotthelf: Zu Hause muss
erfolgreich nehmen zu können. Wie macht
beginnen, was leuchten soll in der Digita-
das Swisscom? Begonnen haben wir bereits
lisierungswelt. So setzen wir nicht nur auf
im Swisscom Gründungsjahr 1998 mit der
Staat und Zusammenarbeit, sondern auf eine
Eröffnung eines Outposts im Silicon Valley,
Kulturveränderung und das Innovations-
um Trends frühzeitig zu erkennen. Dabei blieb
potenzial unserer Mitarbeitenden. Mit der
es natürlich nicht: Seit 2007 haben wir bereits
Innovation Week und dem Kick-Box
100 Mio. Dollar in über 40 Unternehmen
Programm erhalten Intrapreneurs finanzielle
investiert und gehören damit zu den Top 10
und personelle Ressourcen, um eigene Ideen
der Corporate «Telco Venture Capitalists».
und Prototypen rasch umzusetzen und auf
Wir gehören zu den Gründungsmitgliedern
ihre Marktfähigkeit zu testen. Zudem haben
von digitalswitzerland, pflegen eine intensive
wir bereits vor acht Jahren eine Kreativ-
Partnerschaft mit den technischen
methode «Human Centered Design»
Hochschulen wie EPFL und ETHZ, suchen
eingeführt, wo mit einem sogenannten "Fast
mit der Start-up-Challenge Weltklasse Start-
Prototyping" die Spanne zwischen
ups, schreiben ganz konkrete Frage- und
Entwicklung und Feedback sehr kurz ist.
Problemstellungen an die die internationale
Scheitern ist erlaubt: «Try fast, fail forward»
Start-up Gemeinschaft aus. Wir investieren
lautet die Devise. Wer nicht wagt, hat bereits
aber nicht nur in einzelne, vielversprechende
verloren. Wer die Digitalisierungs-Wellen
Start-ups, sondern leisten mit unserem
nehmen will, wird auf falsche Wellen setzen,
FinTech Cluster und Fund einen wesentlichen
zu früh oder zu spät los paddeln. Man wird ins
Beitrag zum Aufbau eines neuen Öksystems
Wasser fallen, immer wieder. Aber man lernt
für Digital Banking Services. Diese intensive
dazu und wird auch erfolgreich gewisse
Vernetzung ist eine Voraussetzung, um am
Wellen meistern. Und das macht dann richtig
Puls der Entwicklungen zu bleiben. Es ist mir
viel Spass.
bewusst, dass nicht jedes Unternehmen diese Möglichkeiten hat und auch nicht haben muss: Jedes Unternehmen kann aber die für sie relevanten Netzwerke nutzen, um im eigenen Unternehmen oder in einem der zahlreichen Incubator Spaces Innovationen zusammen mit Start-ups voranzutreiben.
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Highlights der diesjährigen Konferenzen
Digitalisierung, Finanzwirtschaft, Umwelt-
«Alle fünf bis zehn Jahre bricht die Entwick-
politik, Innovationen und Immobilien: Die
lung neuer Technologien für einige Zeit ein»,
Veranstaltungen des Swiss Economic Forum
sagte Phil Libin im Eröffnungsreferat an den
bzw. der NZZ Konferenzen sind thematisch
X.Days 2016 im Hotel Victoria-Jungfrau in
äusserst vielfältig – genauso wie die
Interlaken. «Auf diese regelmässig wieder-
Referentinnen und Referenten. Neben
kehrenden Phasen wirtschaftlicher Unsicher-
erfolgreichen Unternehmern, profilierten
heit reagieren die meisten Leute panisch,
Wissenschaftlern und Persönlichkeiten aus
doch gerade in diesen Zeiten der Verlang-
der Politik waren es insbesondere auch
samung werden die meisten erfolgreichen
Querdenker und innovative Firmengründer,
Unternehmen gegründet.» Denn in diesen
die uns immer wieder inspiriert haben. Gerne
Zeiten hätten nur die wirklich guten Ideen und
möchten wir einige Highlights mit euch teilen
die fähigsten Unternehmer eine Überlebens-
und empfehlen euch die nachfolgenden
chance, so der 43-jährige Co-Gründer und
Videos. Viel Spass und Film ab!
Executive Chairman von Evernote. In den letzten Jahren äusserst erfolgreiche Firmen
Phil Libin | X.Days, 16. - 17. März 2016
wie Dropbox, AirBnB und Uber, die alle während der Wirtschaftskrise zwischen 2007 und 2009 gegründet wurden, würden dies belegen. «Gerade jetzt beginnt wieder eine Phase der Verlangsamung», erklärte der in St. Petersburg geborene Amerikaner den 450 Konferenzteilnehmern. Für Unternehmer gelte es zu erkennen, welche Technologien die nächsten Jahre prägen werden. Libin selbst geht davon aus, dass die nächste Generation
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von IT-Firmen vor allem kognitiv ergono-
Ian Goldin | Swiss International Finance
mische Produkte auf den Markt bringen wird,
Forum, 18. Juni 2016
um uns in unserem natürlichen Denken zu unterstützen. Zum Video-Interview > Video-Report | Swiss Economic Forum, 9. 10. Juni 2016
Ian Goldin, Professor der Universität Oxford, zeigte den globalen Kontext auf, in dem das diesjährige SIFF stattfand. Der Professor für Globalisierung verwies vehement auf die wachsende Gefahr des Populismus, der sich jüngst im Brexit manifestiert hat. «Neue Im Video-Report zum SEF.2016 finden Sie unternehmerische Erfolgsgeschichten, persönliche Einschätzungen von internationalen Expertinnen und Experten sowie aktuelle Trends aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen mit dem Report. Und denken Sie daran: In der schnelllebigen, dynamischen und volatilen Welt ist Voraussicht gefragt – und die Kunst, das Unternehmen oder die Organisation auf eine unbekannte Zukunft
Technologien bieten wundervolle Möglichkeiten, aber sind ebenso disruptiv und verunsichern die Leute, die mit der wachsenden Geschwindigkeit der Veränderungen überfordert sind», so Goldin. Angesichts wachsender Ungleichheiten innerhalb der Gesellschaften flüchten sich die Wähler in rechtspopulistische Ideen, die vermeintlich wieder Sicherheit und Identität in einer globalisierten Welt verheissen. Zum Referat >
vorzubereiten. Dies gelingt nur, wenn Agilität als Erfolgsfaktor aufgebaut wird – und gleichzeitig eine gesunde Balance zwischen Stabilität und Agilität herrscht. Zum Video-Report >
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Felipe Calderón | Swiss Energy and Climate
Summit, 13. - 14. September 2016
Felipe Calderón betonte in seiner Keynote Speech am SwissECS die wirtschaftliche Dringlichkeit des Klimaschutzes. «Die Annahme, dass wir uns zwischen Wirtschaftswachstum und Klimaschutz entscheiden müssen, ist ein weitverbreiteter und fataler Irrtum», erklärte der Vorsitzende der Global Commission on the Economy and Climate und ehemalige Präsident Mexikos. Zum Beispiel würden Investitionen in erneuerbare Energien erwiesenermassen ein Vielfaches an Arbeitsplätzen schaffen als solche in fossile Brennstoffe. «Unternehmen wir allerdings nichts gegen den Klimawandel, werden dessen Folgen verherend sein – gerade auch für die Wirtschaft», warnte der 54-Jährige. So würden beispielsweise die unzähligen Naturkatastrophen und die dadurch verursachten immensen Schäden ein weiteres Funktionieren des Versicherungswesen verunmöglichen. Zum Referat >
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