Ausgabe 4 // MAI 2011 alle 6 Wochen neu | gov.opendata.at | www.ogd2011.at | ogd@semantic-web.at
experience the ogd-challenge Inhalt Es gilt auch bei Open Government Data: Tue Gutes und rede darüber. So sind in den letzten Jahren nicht nur viele Open Data Portale an den Start gegangen, es wurden in Folge auch ca. 30 Wettbewerbe, auf Basis der jeweils neu freigestellten Regierungsdaten, ausgelobt. Mit wechselndem Erfolg. Fortsetzung auf Seite 4
05 Open Data Portale – das Architekturprinzip “Hyperdata” 10 Thesaurus für Open Data initiert 12 OGD2011 – Programm, Vortragende und Rahmeninformationen 14 Stefan Gehrke – Im Alleingang erreichen wir gar nichts 18 Christian Dirschl – Potentiale für Verlage mittels Open Government Data 20 Als Nummer 1 am Start – Das Wiener Open Data Portal
EDITORIAL
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Liebe LeserInnen – liebe Interessierte an Open (Government) Data, Die Stadt Linz hat Ihr Datenportal für September 2011 angekündigt, welches ebenso durch einen Wettbewerb zu den offenen Daten begleitet werden soll. Weiters wurde im Mai 2011 seitens der Stadt Linz eine einheitliche Lizenz für Open Government Data in Österreich initiiert – diese wird derzeit diskutiert und die Verwendung auch an anderen Datenportalen als Linz uns bereits bestätigt.
vor knapp einem Jahr hat sich die OGD Austria (http:// opendata.at) formiert, um gemeinsam mit den relevanten Stakeholdern aus Politik, Verwaltung, Zivilgesellschaft und Wirtschaft am Thema Offene Regierungsdaten in Österreich zu arbeiten. Die OGD Austria veranstaltete am 8. April 2010 ein erstes data.gv.at Meetup an der Österreichischen Computergesellschaft (OCG) in Wien – siehe: http://bit. ly/knOkHR. Hierzu war extra Rufus Pollock von der Open Knowledge Foundation nach Wien gereist, um dem Publikum seine Erfahrungen und Best Practises aus Großbritannien zum Thema Open Data zu referieren. In diesem ersten Jahr zu Open Government Data in Österreich hat sich sehr viel getan und die österreichische Open Government Data Community kann auf eine Reihe von stattlichen Erfolgen zurückblicken bzw. auf viele 2011 noch kommende Erfolge und Aktivitäten vorausschauen: Der hier vorliegende OGD Digest Österreich erscheint als bereits 4. Ausgabe und informiert interessierte Personen alle 6 Wochen über nationale und internationale Neuigkeiten zum Thema, bietet Interviews und Artikel zu relevanten Bereichen offener Regierungsdaten und informiert über die nächsten Veranstaltungen in Europa sowie über aktuelle Studien, Initiativen und Datenportale. Im Rahmen des Projektes OGD2011 wurden 4 Stakeholder Workshops mit VertreterInnen von Politik, Zivilgesellschaft, Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung durchgeführt, um die Anforderungen, die Potentiale, die Möglichkeiten und Herausforderungen zu Open Data aus Sicht der verschiedenen Gruppen zu identifizieren, zu diskutieren und in Folge zu analysieren – die Ergebnisse werden im Juli 2011 im sogenannten OGD Weißbuch Österreich veröffentlicht. Der offene OGD Austria Stammtisch bietet allen am Thema interessierten einen Ort für Austausch und Vernetzung und findet alle 2 Monate (bis dato leider nur in Wien) statt. Die Stadt Wien hat Open Data im neuen Rot-Grünen Regierungsübereinkommen verankert und arbeitet intensiv an einer OGD Strategie und Umsetzung. Am 17.Mai 2011 startet das erste offizielle Open Data Portal in Österreich der Stadt Wien. Im 4. Quartal soll dazu auch ein Wettbewerb ausgelobt werden.
Auf Bundesebene wird intensiv an den ersten Positionspapieren zu Open Government Data in Österreich gearbeitet – ein erstes Strategiepapier sowie ein erster Datenkatalog wird für Ende 2011 erwartet. Am 16. Juni 2011 findet die 1.Konferenz zum Thema Open Government Data in Österreich statt – die OGD2011 (http:// www.ogd2011.at) – und bietet einen Tag lang Präsentationen und Diskussionen zum Thema Open Government Data mit 20 nationalen und internationalen Expert/innen vor Ort. Diese Veranstaltung bietet sowohl einen guten ersten Einstieg ins Thema an, sowie die Möglichkeit sich vor Ort mit ExpertInnen auszutauschen. Dazu finden Sie in dieser Ausgabe des OGD Digest das vollständige Programm, sowie umfangreiche Rahmeninformation. Last but not least konnte sich die OGD Austria international hervorragend zum Thema vernetzen – mit ähnlichen Initiativen in Deutschland, Holland, Belgien, Spanien oder England, mit der Europäischen Kommission, und sogar mit Verwaltungsabteilungen in anderen Staaten Europas konnten hervorragende Beziehungen aufgebaut werden. Diese dienen dem gegenseitigen Austausch und der Diskussion zum Thema – die daraus gewonnenen Erkenntnisse zu Themen wie: rechtlichen Fragen, Lizenzmodelle, Businessmodelle, Open Government: Transparenz, Demokratieförderung, Partizipation und Kollaboration, gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen oder auch Fragen der Datenqualität, Data Governance oder auch Technologien & Infrastruktur fließen wieder direkt in die österreichische OGD Landschaft ein und kommen dieser damit zugute! Das erste Jahr Open Government Data in Österreich ist also erfolgreich bewältigt – wir befinden uns derzeit mitten in einer Übergangsphase hin zu offenen Regierungsdaten als fixer Bestandteil einer nationalen digitalen Infrastruktur in Europa am Weg in die Wissensgesellschaft. Daher sind auch viele Fragen gerade erst aufgeworfen worden, müssen viele Fragen ebenso erst beantwortet werden – aber das erste Jahr Open Government Data in Österreich soll ja auch nicht das letzte gewesen sein! Mit diesem Schlusswort wünsche wir Ihnen spannendes Lesen und freue mich auf das nächste Jahr Open Government Data in Österreich! Martin Kaltenböck und Thomas Thurner
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OPEN CORPORATE DATA
Start für Futurezone Open Data Blog Die futurezone berichtet ab nun gemeinsam mit dem Open Knowledge Forum Österreich über aktuelle Entwicklungen rund um offene Daten. So wie in Großbritannien der Guardian, in Deutschland die Zeit und den Staaten die New Yor
Times, so hat nun auch ein Österreichisches Medienhaus (Kurier / Futurezone) einen eigenen Data Blog eingerichtet. www.futurezone.at/opendata twitter hashtag: #fuzopendata
Open Corporate Data
Nike experimentiert mit offenen Daten Der Sportartikelhersteller Nike will interne Unternehmensdaten zur allgemeinen Nutzung frei zur Verfügung stellen und damit nicht nur seinen Ruf aufpolieren, sondern sich auch für Innovationen öffnen. Wer das Prinzip offener Datenbereitstellung zu Ende denkt, der kommt zu einem Punkt, an dem Regierung, Zivilgesellschaft und auch Wirtschaft sich verändern und anders zu funktionieren beginnen. Einer dieser Vordenker ist der Brite Nigel Shadbolt. Er war gemeinsam mit Tim BernersLee einer jener Schrittmacher, die die britische Regierung überzeugten, das Open Data jenes Werkzeug ist, dass neue Arten des Austausches zwischen Regierung und Bürger ermöglichen kann. Für Shadbolt sind offene Regierungsdaten nun bereits auf einem guten Weg, und er wendet sich neuen Herausforderungen zu. In seinem jüngst erscheinen Artikel “Open for Business” (bit.ly/shadbolt-artikel) fordert er den unternehmerischen Bereich auf Daten offen bereitzustellen. Er macht sich für eine Abkehr von Firmengeheimnissen, exzessiven Patentierungsstrategien und geschlossenen Wissensspeichern stark und fordert damit auch einen Wandel in der unternehmerischen Denkweise.
So ist in den jüngsten Aussendungen des Konzerns viel von globaler Verantwortung, nachhaltigem Handeln und faireren Bedingungen zu lesen. Open Data scheint nun für Nike die Möglichkeit zu eröffnen, jene gesellschaftliche Offenheit auch in konkreten Maßnahmen darstellen zu können.
CC by Steve Ling on Flickr
“Offene Innovationsplattform”
Datenfreigabe und Fellowship
Einer der “first movers” in diesem Sinn ist nun der Sportartikelhersteller Nike. Vor einiger Zeit überraschte der Laufschuhersteller mit einem GPS-gestützten Fitnesspaket – Nike+. Mit diesem Brückenprodukt zwischen Sport und Technologie scheint der Einstieg in die Welt der ITgestützten Fitness – auch in Verteidigung gegenüber dem wachsenden Fitnessangebot der Gameindustrie (Wii-Fit) – getan.
Im April 2011 kündigte nun Nike an, seine internen Firmendaten zur Nutzung durch Kunden und Bürger frei zur Verfügung zu stellen. Nike sieht diese Maßnahme als Beitrag zu einer globalen Informationsgerechtigkeit und will damit wohl auch testen, wie sich Innovationen, die aus dem Crowdsourcing entstehen, wieder in die Verwertung durch das Unternehmen rückführen lassen. Um diese Prozesse anzustoßen, hat Nike gemeinsam mit “Code for America” ein einjähriges Fellowship ausgeschrieben (bit.ly/ nike-opendata).
Wenn jetzt Nike diesen Einsieg in eine neue Domain mit einer sogenannten “offenen Innovationsplattform” (www. nikebetterworld.com) strategisch begleitet, dokumentiert das auch, dass Nike das Image des Ausbeuters von Arbeitskraft in Niedriglohnländern, in Zukunft mit dem eines technologisch orientierten, global verantwortlich handelnden Konzerns eintauschen möchte.
Shadbolt regt es an, Nike setzt es um: Open Data als Motor für neue Innovationsmodelle, vertiefte Kundenbeziehungen und Darstellung der eigenen Coprorate Social Responsibility. Text: Thomas Thurner
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TITELSTORY – Experience the OGD-Challenge
Experience the OGD-Challenge Es gilt auch bei Open Government Data: Tue Gutes und rede darüber. So sind in den letzten Jahren nicht nur viele Open Data Portale an den Start gegangen, es wurden in Folge auch ca. 30 Wettbewerbe, auf Basis der jeweils neu freigestellten Regierungsdaten, ausgelobt. Mit wechselndem Erfolg. Bereits im Herbst 2008 beauftragte Washington DC das Consultingunternehmen iStrategyLabs mit einer Kampagne, die Nützlichkeit und Bürger/innenfreundlichkeit der soeben gestarteten Open Data Strategie demonstrieren soll. Das beauftragte Unternehmen entwickelte daraufhin einen offenen Wettbewerb mit dem Namen Apps4democracy, bei dem auf Basis der Offenen Daten Washingtons, Bürger/innen und Unternehmer/innen aufgerufen waren, kleinere oder auch größere Softwareservices zu entwickeln. In dem nur 30 Tage offenen Wettbewerb wurden so 47 lauffähige Apps (Facebook, Web, Smartphone) eingereicht. Die schließlich von einer Jury ausgewählten Apps wurden mit einem Preisgeld von insgesamt 35.000,- Dollar belohnt. Diesem Initialprojekt folgten viele ähnliche internationale Projekte: NYC Big Apps (85 Einreichungen / USD 20.000,- Preisgeld), Mashup Australia (82 Einreichungen / AUD 22.500,- Preisgeld), Apps 4 Finland (30 Einreichungen / EUR 13.000,- Preisgeld), World Bank - Apps for Development (107 Einreichungen / USD 55.000,- Preisgeld) oder die noch bis 5. Juni 2011 laufende EU-weite Open Data Challenge (http://opendatachallenge.org, Euro 20.000,- Preisgeld), sowie viele andere mehr. Doch nicht überall funktionierte das Erfolgsrezept aus Washington. Teilnehmerzahlen, technische Brillanz, Innovationsgehalt und nicht zuletzt die Aufmerksamkeit und Akzeptanz bei den Bürger/innen bleiben manchmal hinter den Erwartungen zurück. Grundlagenwissen für ein erfolgreiches Design von Open Data Challenges bietet der Reader “How To Run Your Own Apps For Democracy Innovation Contest” des eingangs erwähnten iStrategyLabs (scr.bi/j89Btt), das Essay “Open data for campaigning” von OGD-Evangelist Tim Davis (bit.ly/tim-davis) sowie “challenge.gov”, die Crowdsourcing-Plattform der US-Regierung. Wie ein Wettbewerb ausgelobt wird, sagt viel über die Stelle aus, die damit befasst ist. AppsChallenges stehen oft am Beginn einer Open Government Data Strategie, sie sind der erste Austauschplatz zwischen Verwaltung, Bürger/innen und (IT-) Wirtschaft. Hier misst sich sowohl die Akzeptanz des Datenangebots, die Innovationskraft der IT-Wirtschaft, das Interesse der Zivilgesellschaft und auch die Seriosität des Unterfangens Open Data an sich. Kern einer jeden Challenge ist der offene Datenbestand. Erfolgsentscheidend ist dabei, dass die Anzahl der angebotenen Datensätze nicht einen bestimmten Wert unterschreitet, ist doch die zu erwartende Vielfalt an eingereichten Apps direkt proportional zu dieser Anzahl. Kommen die zur Challenge angebotenen Daten aus mehreren unterschiedlichen Bereichen, so sind auch innovativere (unerwartete)
Datenverschneidungen zu erwarten. Zu diesem Basisset gehören Geodaten, Daten zur Demographie, Verkehrsdaten, Umweltdaten, (Bevölkerungs-) Statistiken und Points of Interest. Fehlt dieser grundsätzliche offene Datenvorrat, so droht die gut gemeinte Challenge zu einem “Fußballspiel ohne Rasen” zu werden, wie es Daniel Dietrich vom ODN in seiner jüngsten Kritik an der Challenge Apps4Berlin formuliert hat. Wer jedoch “erwachsene” Apps ernten will, sollte über die Quantität hinaus auch darauf achten, dass die angebotenen Daten wirklich über maschinenlesbare Schnittstellen und APIs verfügbar sind, denn nur eine technologisch ansprechende Umgebung zieht auch Spitzenprogrammierer/innen und Softwarearchitekt/innen an. Das ausgelobte Preisgeld variiert von Challenge zu Challenge stark und scheint auch nicht der entscheidenene Faktor für den Erfolg des Wettbewerbs zu sein, obwohl es sich empfiehlt, sich an den internationalen Standards bei der Höhe der Sieger/innenprämien zu orientieren. In jedem Fall drücken die aufgewendeten Gelder gewissermaßen die Wertschätzung der getanen Arbeit auf Seiten der AppsDeveloper aus. Denn selbst wenn einige der Apps von Laien “zusammengebastelt” werden, so kommt ein Groß der eingereichten Softwareservices von professionellen EPUs und KMUs. Um dort entsprechende Aufmerksamkeit zu erzielen sollte die Höhe der Preisgelder diesen Ecosystemen angemessen sein. Erfolgreich waren und sind AppsChallenges auch immer dann, wenn sie nicht als Bürger/innenbefragung oder Ideenwettbewerb aufgesetzt sind. Als Instrument des Crowdsourcings möchte die auslobende Stelle ganz konkrete Ziele erreicht wissen. Das kann verbessertes eGovernment, Complaints Management, eParticipation, eDemocracy oder aber auch neue StartUps, Radical Innovation und Impulse beim Daten Journalismus sein. Das Motiv für die Challenge sollte offensichtlich sein, um motivierte Einreichungen zu erhalten. Ein klarer diesbezüglicher Ausschreibungstext, zielgerichtete Bewerbung, die Einbindung aller relevanten Stakeholder und eine ebenso im jeweiligen Gegenstand kompetente Jury scheinen selbstverständlich, sind jedoch nicht immer gegeben. Wie der Erfolg einer AppsChallenge abzuernten ist, sollte lt. Peter Corbett (iStrategylabs) schon in der Konzeption des Wettbewerbs mitgedacht werden. Es stellt sich die Fra-
LEITFADEN tEIL 2 ge, über welchen nachhaltigen Instrumente verfügt eine Gebietskörperschaft, um StartUps weiter zu unterstützen, Investor/innen zu finden bzw. Produkte ins eigene Portfolio zu übernehmen. Noch viel mehr als in den Vereinigten Staaten genügt es im Europäischen Raum nicht, Apps einmal zu prämieren und auf einen vitalen Markt zu vertrauen, der diese Applikationen weiter kommerzialisiert und verwertet. Eine Einbindung in IT-Förderung, Neugründungsstrategien und Standortentwicklung macht die Ergebnisse eines Wettbewerbs erst nachhaltig nutzbar.
SEITE 5 Tue Gutes und rede darüber, steht auch am Schluss dieses Artikels. Open Government Data hat mit Daten und Fakten der Bürger/innen selbst zu tun – ein natürliches Interesse daran kann also für ein breites Publikum erwartet werden. Das konkrete Interesse ist auch die Chance für eine breit aufgestellte und prominent platzierte Öffentlichkeitsarbeit für Open Government Data. Warum sollten nicht Schauspieler/innen, Politiker/innen und andere Personen des öffentlichen Interesses Testimonial für OGD sein. Eine gut geplante Challenge bietet dazu die Möglichkeit. Text: Thomas Thurner
OGD publizieren – ein Leitfaden – Teil 2
Open Data Portale – das Architekturprinzip “Hyperdata” Wie im Artikel “Open Government Data publizieren – ein Leitfaden“ (OGD Digest Nr.3 – ogd2011.at/ogd-digest/april-2011) beschrieben, sollte ein Open Data Portal zumindest folgende Eigenschaften aufweisen:
gestellt”, Verlinkungen und damit die Auffindbarkeit wurden erst durch Google´s PageRank Algorithmus essentiell, bald darauf aber als grundlegendes Prinzip, um Inhalte im Netz zu publizieren, verinnerlicht.
• Auffindbarkeit: Datensätze sollten für Entwickler und Endkunden auffindbar sein
Was also bedeutet dieses grundlegende Architekturprinzip “Hyperlink” für ein Web of Data? Betrachten wir dazu das analoge Prinzip “Hyperdata“ (en.wikipedia.org/wiki/Hyperdata), so wird ein grundlegender Unterschied schnell klar: “Hyperdata enables formation of a web of data, evolving from the ‘data on the Web’ that is not inter-related (or at least, not linked).” (Nova Spivack , Web-Entrepreneur und Semantic Web Pionier)
• Standardschnittstellen: Datensätze sollten via webbasierte Standard-APIs ansprechbar sein • Quellenübergreifende Standardformate: Datensätze sollten in Standard-Formaten verfügbar sein, im Idealfall auf syntaktischer und semantischer Ebene • Verknüpfbarkeit: Daten sollten referenzierbar, möglichst eindeutig und damit quellenübergreifend verknüpfbar sein • Widgets: Das Datenportal sollte auch Widgets , z.B. Visualisierungen out-of-the-box anbieten Die Hauptargumente dafür sind, • die Kosten für Entwickler möglichst gering halten zu können, um damit • möglichst viele qualitiativ hochwertige Anwendungen auf Basis der offenen Daten zu ermöglichen, wobei • die Datenquellen verknüpfbar und auffindbar sein sollten, um • auch komplexe Fragestellungen mit validem Datenmaterial unterfüttern zu können Der Ansatz, zunächst einmal möglichst viele Daten ins Netz rauszubekommen, und wenn auch nur als voneinander isolierte Tabellen oder CSV-Dateien, und die Standardisierung der Metadaten, APIs und jener Elemente, die die Verknüpfbarkeit und Auffindbarkeit der Datenquellen ermöglichen, auf die lange Bank zu schieben, ist naheliegend. Diese Strategie erinnert bei näherer Betrachtungsweise an die ersten Jahre des WWW, wo das Prinzip Hypertext erst langsam in den Köpfen der Provider, Entwickler und EndUser ankam. Damals wurden einfach Dokumente “ins Netz
Hyperdata oder Linked Data (en.wikipedia.org/wiki/ Linked_Data) ermöglicht den Aufbau einer globalen Datenbank, die verteilt über das Netz verwaltet werden kann und wo Datensätze und einzelne Objekte in der Datenbank dennoch aufeinander referenzieren, was einerseits die Datenqualität substantiell verbessern kann und andererseits so genannte “Mashups” ermöglicht, also Anwendungen, die Daten aus unterschiedlichen Quellen miteinander verknüpft. Ein grundlegendes Prinzip also, das gerade für die öffentliche Verwaltung von höchster Relevanz sein soll, weil diese letztlich immer das Zusammenspiel dezentraler Einheiten möglichst (kosten-)effizient zu gestalten hat. Zwei Beispiele, wie dies in der Praxis funktioniert: • Das Britische Landvermessungsamt Ordnance Survey hat zahlreiche Datensätze als Linked Data publiziert (data.ordnancesurvey.co.uk), u.a. Postleitzahlen und ihre geografische Zuordnung, sodass unterschiedlichste Datensätze (CO2-Emissionen, Schulen, Sterblichkeitsraten etc.) ohne große Aufwände zum praktischen “UK Public Sector Information Data Mashup“ (map.psi.enakting.org) zusammengefasst werden konnten. • Renewable Energy and Energy Efficiency Partnership (reeep.org) stellt für jedes Land auf übersichtliche Weise Basisinformationen, Energiestatistiken, Policies,
SEITE 6 Stakeholder und Projektberichte zur Verfügung und greift zur Erstellung dieser Länderprofile dabei auf unterschiedlichste Quellen zurück (data.worldbank. org, data.un.org, dbpedia.org), die mittels Linked Data Technologien auf unkomplizierte Art verknüpft werden können. Siehe http://www.reegle.info Aus welchen Komponenten bestehen bzw. welche Architektur haben also Open Data Portale, die den Linked Data Ansatz der Verlinkung dezentraler Datenbanken über das World Wide Web verfolgen? Storage – Datenspeicherung: • Metadatenkatalog und Index über verfügbare Datensätze: Das Portal speichert die Metadaten eines Datensatzes und stellt einen Überblick über verfügbare Datensätze zur Verfügung (Beispiel: ckan. net). Die Verwendung von Spezifikationen wie voiD (semanticweb.org/wiki/VoiD) oder dcat (vocab.deri.ie/ dcat-overview), die der standardisierten Beschreibung der Datensätze dienen, werden empfohlen. Der Index erleichtert die Suche am Portal nach passenden Daten(-sätzen) z.B. via facettierte Suche (en.wikipedia. org/wiki/Faceted_search). • Daten-Store (Daten-Cache): Teile der im Metadatenkatalog angeführten Daten werden in einem lokalen Store gehalten, um eine entsprechende Performance bei Abfragen über die Daten selbst gewährleisten zu können, dabei werden z.B. häufig verwendete Datensätze wie DBpedia oder Geonames zumindest teilweise gecacht und permanent verfügbar gemacht. Als Daten-Stores kommen typischerweise RDF TripleStores (wie z.B. virtuoso.openlinksw.com) zum Einsatz, um Abfragen über Linked Data out-of-the-box anbieten zu können und Integrationskosten zu sparen. • Thesaurus: Der Thesaurus dient dazu, Datensätze thematisch zuordenbar zu machen, um diese schließlich auffindbar zu machen. Dies ist insbesondere in verteilten Umgebungen essentiell, da hier “freies Taggen” zu ungenau wäre. Der Thesaurus wird dazu verwendet, um den Index anzureichern, und präziseres Suchen zu ermöglichen. Weiters können mit Tools wie PoolParty (poolparty.punkt.at) Thesauri mit Linked Data verknüpft werden, um damit den Daten-Store um zusätzliches Wissen anzureichern. Standard-Thesauri wie Agrovoc (fao.org/agrovoc) oder Eurovoc (eurovoc.europa.eu) können die Basis für die inhaltliche Erschließung der Datensätze bilden. Interfaces – Daten verfügbar machen: • Suchmaschine: Aus Sicht des End-Users ist ein zentrales Element am Portal die gezielte Suche nach Daten(-sätzen), wobei diese entweder direkt am Portal verfügbar sind, oder via Integrationsschnittstellen aus anderen Portalen eingebunden werden können. Die Suche wird im Idealfall vom Thesaurus unterstützt und kann auch via API angesprochen werden.
LEITFADEN tEIL 2 • API bzw. SPARQL endpoint: Sowohl Abfragen über die Metadaten als auch die Daten selbst werden standardmäßig über einen SPARQL endpoint durchgeführt. Für Entwickler, die sich nicht mit SPARQL auseinandersetzen wollen, kann zusätzlich eine Schnittstelle angeboten werden, die Abfragen in Form einer gewöhnlichen RESTful API ermöglicht. • Linked Data Frontend: Damit werden Daten über das Standard-Format RDF/XML verfügbar gemacht und können von anderen Anwendungen leicht integriert werden oder mittels Semantic Web Browsern bzw. Crawlern (z.B. sindice.com) dargestellt bzw. gelesen werden. Als Beispiel für ein Linked Data Frontend, soll hier die Darstellung der Europäischen Zentralbank auf DBpedia (dbpedia.org/page/European_Central_Bank) dienen. • Widget-Generator bzw. App-Gallery: Weit verbreitete simple Austauschformate, um Widgets mit dem Open Data Portal unterfüttern zu können, sind RSS oder KML . Darüberhinaus können vom Portal generierte Visualisierungen, z.B. Tortengrafiken etc. dazu dienen, Inhalte aus dem Portal ohne Programmierkenntnisse mittels Widget-Technologien in der Blogosphäre über virales Marketing zu verbreiten. Eine App-Gallery (vgl. z.B. data.gov.uk/apps) könnte das Angebot für Enduser abrunden. Integration – Daten anbinden, generieren und konvertieren: • Import-Schnittstellen bzw. Harvester: Das Portal holt mit Crawlern bzw. Linked Data Harvestern (z.B. code.google.com/p/ldspider) bei Bedarf Daten aus anderen Quellen bzw. Webseiten in den lokalen Store (Cache), dazu sollten aber nicht nur Daten, die bereits in RDF oder RDFa vorliegen, importiert werden können, sondern auch andere verbreitete Formate wie CSV oder div. XML-Derivate, die in RDF umgewandelt werden. Auch aus unstrukturierten Texten, z.B. Nachrichten oder Projektbeschreibungen, können mittels geeigneter automatischer Extraktionsverfahren RDF Triples (Fakten) extrahiert werden. Neben automatischen Web-Crawling sollte das Portal aber auch dem (authentifizierten) User die Möglichkeit geben, Datensätze in unterschiedlichen Formaten hinaufladen zu können. Um schließlich aus XML aber auch RDF/a tatsächlich Linked Data generieren zu können, müssen mit Hilfe so genannter Alignment-Prozesse die Ressourcen aus den unterschiedlichen Datensätzen aufeinander gemappt werden. Dazu könnten Frameworks wie SILK oder Limes oder auch der PoolParty Extractor (semanticweb.org/wiki/PoolParty_Extractor) in das Portal integriert werden bzw. Services wie owl:sameAs (sameas.org) verwendet werden. • Datenanbindung/Integration: Ein Großteil der Daten wird in relationalen Datenbanken gespeichert und z.B. über JDBC-Schnittstellen verfügbar gemacht. Die
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zugrundeliegenden SQL-Abfragen können mittels geeigneten Mappings (siehe dazu z.B. D2R , Virtuoso’s RDFViews oder Triplify ) on-the-fly RDF generieren. Damit kann die Welt der relationalen Datenbanken ohne tiefe Eingriffe in bestehende Systeme in ein “Web of Data” eingebracht werden. Open Data Portale sollte also über entsprechende Möglichkeiten der Anbindung von RDF- (via SPARQL-endpoint) und NonRDF-Quellen verfügen. User und Rollen • Usermanagement und Authentifizierung: Open Data Portale sollten unterschiedliche Rollenmodelle und damit auch Prozesse wie Datenqualitätssicherung, Daten-Publikation, Monitoring oder auch Dienste, die von anonymen Usern genutzt werden können,
unterstützen. Idealerweise werden Authentifizierungsmechanismen, die im Web weit verbreitet sind eingesetzt, z.B. OAuth . • Community-Komponenten: Elemente des Social Webs, z.B. Ratingmechanismen wie Facebooks “LikeButton” oder Twitters “Follow me”, helfen auch auf Open Data Portalen Dynamiken zu entfalten, die hohe Userzahlen nach sich ziehen können. Bessere Datenqualität und u.U. niedrigere Kosten in der Datenbereitstellung auf Basis von Crowd-Sourcing dient der Öffentlichen Verwaltung direkt und die Möglichkeiten personalisierter Dienste, die sich für einzelne Nutzer ergeben können, sind eine weitere Motivation, Community-Komponenten auch tatsächlich nutzen zu wollen.
CC-by-nc Andreas Blumauer
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Open3 Umfrage
Open3 Umfrage
Open Government aus der Sicht österreichischer Nationalratsabgeordneter Open Government in politischen Prozessen wird ein großes Potential für mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung zugeschrieben. Wie aber schätzen österreichische Nationalratsabgeordnete diese Entwicklung ein? Welche Chancen und Risiken sehen sie auf dem Weg zur Umsetzung? Welche Vorstellungen gibt es hinsichtlich der Veröffentlichung von öffentlichen Daten? Diesen Fragen widmete sich eine Umfrage, die vom Verein Open3.at in Kooperation mit der Donau-Universität Krems im März 2011 durchgeführt wurde. Alle 183 Nationalratsabgeordneten wurden eingeladen, an einer Online-Befragung teilzunehmen. Mit einer Rücklaufquote von 22,95 % konnte die Bedeutung des Themenfeldes Open Government (Transparenz, Partizipation und Zusammenarbeit) für diese Zielgruppe evaluiert werden.
(55 % nennen Fehlinterpretation oder bewusste Manipulation) oder die Vergrößerung der digitalen oder sozialen Kluft: Soziale Risiken werden von 72 % sehr hoch bewertet.
Open Data ist wichtig, erfordert aber einen Ausbau der Infrastruktur unter Berücksichtigung des Digital Divide. Ing. Kurt Gartlehner, SPÖ Der Staat erhebt mit Hilfe der Steuergelder die Daten, daher ist es nicht einzusehen, dass dieser Schatz der Gesellschaft nicht zur Verfügung gestellt wird Mag. Karin Hakl, ÖVP Transparenz ist eine zentrale Säule für Demokratie und Open Data dazu ein Mittel Dr. Ruperta Lichtenecker, Grüne Open Government und Open Data sind für die Gesellschaft noch Fremdwörter. Daher ist es in einem ersten Schritt wichtig, Bewusstsein in der Gesellschaft zu schaffen. Mag. Rainer Widmann, BZÖ Es zeigt sich, dass Open Government und Open Data bereits als politische Bereiche im österreichischen Parlament angekommen sind. Die Ergebnisse unterstreichen die steigende Bedeutung von Transparenz und Partizipation. Die Zustimmung im Bereich Transparenz ist besonders hoch (43 % sehr wichtig, 29 % wichtig), jedoch hat auch immerhin für 17% der Abgeordneten dieses Thema keine Wichtigkeit. Überraschend ist die Tatsache, dass die Abgeordneten, die wirtschaftlichen Auswirkungen von Open Government Data nicht wahrnehmen: Nur 12 % sehen die Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich als Chance im Bereich Transparenz. Die Verdeutlichung sozialer Zusammenhänge durch Visualisierungen (41 %), die Evaluierung der Ergebnisse aus Politik und Verwaltung (57 %) und mehr Verständnis für politisches Handeln (71 %) werden hier wesentlich wichtiger eingestuft. Österreichs politische Kaste sieht das größte Risiko transparenter Regierungsdaten in der Missinterpretation von Informationen
Die OpenGovernment-Geste von: Carl-Markus Piswanger, Robert Harm, Boris Fahrnberger, Rudolf Legat, Judith Schoßböck, Peter Parycek Foto: CC by Karola Riegler Die Mehrheit spricht sich dafür aus, dass Daten möglichst kostenfrei (64 %) und in vollem Umfang (55 %) publiziert werden. 31 % würden gerne nur ausgewählten Daten weitergegeben wissen. Damit ist zumindest die Hälfte der Österreichischen Politik für die unmittelbare Umsetzung der international üblichen Offenheitsstandards bei Open Data. Wenig überraschend das Ergebnis wenn man nach den Umsetzungsstrategien von OGD fragt. Der gesetzgebende Körper sieht sich durchaus gefordert, und sieht in zu schaffenden rechtlichen Rahmenbedingungen (85 %) konkreten Handlungsbedarf und identifiziert auch gleich (45%) das fehlende Informationsfreiheitsgesetz als wesentliches Defizit. 52% der Befragten bevorzugen eine Regelung für Open Government in bestehenden Gesetzen oder auch ohne unmitelbare Änderungen in den gesetzlichen Grundlagen. Weitere Materialien Die komplette Auswertung der Umfrage inklusive Rohdaten kann auf http://open3.at heruntergeladen werden. Text: Carl-Markus Piswanger und Thomas Thurner
IM GESPRÄCH – TON ZIJLSTRA
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Im Gespräch
Ton Zijlstra – Das neue Team der ePSIplattform – ein Ausblick in die Zukunft
CC by Ton Zijlstra
Ton Zijlstra (Niederlande, 1970) is selbständiger Berater für Wissensfragen und komplexe Wandlungsprozesse. Er sieht Open Government Data, sowohl als so einen Wandlungsprozess, als auch als Quelle für mögliche Antworten auf andere Fragen. In den letzten drei Jahren war er aktiv als Berater für Behörden und als Aktivist rundum Open Data tätig. 2011-13 ist er Community Steward der epsiplatform.eu für die Europäische Kommission.
Ton Zijlstra spricht am 16. Juni 2011 bei der OGD2011 Konferenz im Track: Europa und Open Government Data. OGD-Digest: Ton, du bist Community Steward im neuen Team der ePSIplattform – wer sind die neuen Personen und was sind Ihre Aufgaben? Ton Zijlstra: Das Team besteht aus 6 Personen. Marc de Vries ist schon seit langem mit PSI Wiederverwendung beschäftigt. Er hat einen entsprechenden Hintergrund als Jurist und Ökonom. Marc beschäftigt sich mit rechtlichen Fragen und wird die ePSI Konferenzen organisieren. Katleen Janssen, ebenso Juristin ist Spezialisting für Geodaten-Fragen. Sie arbeitet sowohl für eine private Kanzlei auf dem Gebiet von Internet und Recht, als auch für die Uni Leuven. Katleen beschäftigt sich ebenso mit rechtlichen Fragen. Tom Kronenburg arbeitet bei einer Beratungsfirma für Verwaltungsfragen. Er schreibt Analysen und Berichte, und betreut das PSI Scoreboard, welches wir planen. Daniel Dietrich, Mitarbeiter der Open Knowledge Foundation und des Open Data Network in Deutschland, ist generelles Mitglied im Team und bringt nicht nur sein Wissen sondern auch seine Rolle im Netzwerk der Open Data Community ein. Das gleiche gilt für Antti Poikola, ebenfalls Teil der Open Knowledge Foundation, Unternehmer in Finland und Teil der Open Data Bewegung dort. Er schrieb beispielsweise federführend am Open Data Manual für die Finnische Regierung mit. Ich selbst bin als Community Steward das Gesicht nach aussen, versorge die tägliche Berichterstattung auf der Plattform, folge den Entwicklungen in ganz Europa und versuche Menschen miteinander zu verbinden.
OGD-Digest: Wie siehst du die Aufgaben und Ziele der ePSIplattform für die nächsten 3-5 Jahre? Ton Zijlstra: Wir betreuen die Plattform für die nächsten 2 Jahre. Wir haben seitens der Europäischen Kommission 4 Aufgaben: • Ein ‘One-Stop-Shop’ für alle Entwicklungen in Europa rundum PSI und Open Government Data zu sein. • Die bestehende Community rundum das Thema zu verstärken • Die Europäische Kommission mittels Analysen und einem ‘Member States PSI Scoreboard’ zu beraten • Aufklärung zu betreiben und neue Leute, Gruppen und Initiativen in die Community mit einzubeziehen, ebenso den allgemeinen Wissenstand zum Thema zu verbessern. Wichtig für uns ist es, viel mehr wie vorher auf die Menschen in der EU zu setzen und nicht nur auf Berichterstattung. Damit die Bürger/innen schnell ihren Weg finden können und sich z.B.: leichter mit anderen in der eigenen Umgebung vernetzen und austauschen können. Zu oft kommt es vor, dass ich als Aussenseiter Menschen in Kontakt bringe mit Leuten in der eigenen Stadt oder in der eigenen Branche. Es gilt, Europaweit Menschen sehr viel intensiver zu vernetzen! OGD-Digest: Was plant das neue Team als konkrete Maßnahmen und Aktivitäten um diese Ziele zu erreichen? Ton Zijlstra: Grundsätzlich soll nicht alles in der epsiplatform.eu stattfinden. In den EU Mitgliedstaaten und in verschiedenen Branchen gibt es natürlich bereits aktive Netzwerke und Online-Begegnungsplätze. Wir möchten sichtbar machen, was dort geschiet, damit mehr Menschen dorthin finden. Und wir möchten unsere Informationen darüber, was anderswo passiert, aktiv dorthin kommunizieren. Neben unseren eigenen Events werden wir deshalb auch 24 Events die von anderen in der EU-weiten Community organisiert werden unterstützen. Mit Vermittlung von Kontakten und Sprechern, dadurch, dass wir die Events bewerben und manchmal auch mit finanzieller Unterstützung um dafür zu sorgen, dass auch etwas passiert in Mitgliedstaaten und Sektoren wo es schwieriger ist, lokal etwas auf die Beine zu bekommen. Weiters gibt es auch Awards, um Vorzeigerollen und gute Beispiele darzustellen. Dann gibt es bestimmte Themen, die für uns wichtig sind. Erstens gibt es neue Bereiche wo die PSI / Open Data Diskussion eigentlich am Anfang steht. Beispielsweise Datenjournalismus und Open Data im kulturellen Bereich. Zusätzlich wird den Verwaltungen klarer, dass sie Open Data
SEITE 10 als Instrument bei der eigenen Arbeit verwenden können und nicht nur etwas ist, das für Bürger/innen interessant ist. Weiters steht das Review der EU PSI Direktive in 2012 auf dem Plan. Eine äusserst wichtige Diskussion, denn soll die PSI Direktive geändert werden? Mehr vorschreiben, zB eine kostenlose Bereitstellung von Daten? Soll sie um neue Bereiche (Kultur, Wissenschaft, öffentlicher Rundfunk) erweitert werden? Soll Publikation mit Wiederverwendungsrecht gleichgestellt werden? Oder soll sich alles genau in die gegengesetzte Richtung entwickeln? Die öffentliche Konsultation des letzten Jahres lässt schon erblicken, dass das eine grosse Diskussion wird und es ist uns wichtig, soviele Interessierte wie möglich daran zu beteiligen. Als die Direktive erstmals geschrieben wurde gab es die Open Data Bewegung ja noch nicht und man hat bei Datenwiederverwendung nur an die herkömmlichen Unternehmen gedacht wie beispielsweise aus der Verlags-, Geo- oder Meteobranche. In den kommenden Monaten wird es auch besonders wichtig sein soziale und wirtschaftliche Effekte von Open Data sichtbar zu machen. Denn es kommt ja langsam etwas Gegenwind auf. Sparmassnahmen wie in den Vereinigten Staaten die data.
Veranstaltungen gov treffen, oder Versuche Informationsfreiheit eher zu begrenzen, zum Beispiel als Antwort auf Wiki-Leaks. Die Datenverwendung voran zu treiben und Impakt sichtbar zu machen ist nun sehr wichtig!
Links ePSIplattform: epsiplatform.eu Twitter: twitter.com/epsiplatform (@epsiplatform) Recent Developments in PSI: http://www.slideshare.net/ TonZijlstra/psi-developments-in-the-eu Vorstellungsfolien des neuen Teams (Berlin, Februar 2011): http://www.slideshare.net/TonZijlstra/ introducing-new-epsi-team Tons Blog: http://zylstra.org/blog Eventkalender für PSI in Europa: http://epsiplatform.eu/ european_psi_open_data_events Online Konsultation: http://epsiplatform.eu/news/news/ final_report_online_consultation_published
Thesaurus für Open Data initiert Der “Open Data Thesaurus” [http://vocabulary.semanticweb.at/PoolParty/wiki/OpenData] dient als Einstiegshilfe in die Diskussion um das Themenfeld “offene Daten”: Es wird eine Sammlung zentraler Begriffe und Organisationen, ihrer Definitionen, semantischen Verknüpfungen und weiterführenden Links angeboten. Nach dem Prinzip “eat your own dog food” ist der Thesaurus unter einer Commons Creative Lizenz verfügbar und liegt in maschinenlesbarer Form auf Basis offener W3C-Standards vor. Der Thesaurus kann damit in andere Anwendungen eingebunden werden, z.B. zur Erstellung von Mashups oder zur Indexierung von Dokumenten herangezogen werden.
Der Open Data Thesaurus wird von der Semantic Web Company in Zusammenarbeit mit OGD Austria gewartet und laufend erweitert. Der Thesaurus liegt in englischer und deutscher Sprache vor. Andreas Blumauer, Verantwortlicher für die Qualitätssicherung des Thesaurus: “Gerade in der Phase der Etablierung eines Themas sind Thesauri eine wertvolle Ressource, weil Mißverständnisse schneller aufgelöst werden können oder eindeutige Ankerpunkte um oft noch unscharfe Begriffsdefinitionen schneller entstehen können.”
Open Government Data auf der CeDEM Konferenz Mehr als 100 TeilnehmerInnen aus 35 Ländern, viele davon außerhalb Europas, trafen sich von 5.5. bis 6.5. am Campus Krems um zu den Themen Online-Delibertation, öffentliche Intelligenz, Verwendung Sozialer Medien im Politik- und Verwaltungsprozess und der „Internetgesellschaft“ allgemein, zu diskutieren. Open Government Data war dabei ein prominentes Thema. Eine Nachberichterstattung zur CeDEM Konferenz, veranstaltet von der Donau-Universität. Internationale Keynote Speaker stellten ihre Thesen und Forschungsergebnisse zur Diskussion: Douglas Schuler von der Evergreen University, Seattle, präsentierte ein Modell zur effektiveren Nutzung der kollektiven Intelligenz. Gleichzeitig attestiert er allerdings für die USA starke
Kräfte, die kein Interesse an „social empowerment“ haben. Axel Bruns von der Queensland University of Technology zeigte am Beispiel der Überflutung großer Landstriche Australiens im Dezember 2010 und Jänner 2011 die Nutzung der öffentlichen Intelligenz Anhand von twitter. In
Veranstaltungen der Anfangsphase der Flutkatastrophe sahen sich die Einsatzkräfte Australiens mit einem Versagen der Informationsinfrastruktur konfrontiert. Die Auswertung der tweets anhand von Hashtags war vor allem in der Anfangsphase den Einsatzkräften eine wertvolle Informationsquelle um zielgerichtet Helfen zu können. Elke Löffler von der Governance International Birmingham führte den Konferenzteilnehmern durch eine Umfrage im Raum klar vor Augen, wie weit die Diskussion um E-Participation von der Realität auseinander driftet: Keine KonferenzteilnehmerIn war der Meinung, dass im jeweiligen Heimatland ein Status von „gemeinsamen Regierens“ zwischen BürgerInnen und Staatsmacht erreicht wäre. Stefan Gehrke, früherer Geschäftsführer von politik-digital.de und Mitbegründer des Open Data Networks, argumentierte, warum eine Bepreisung offengelegter Verwaltungsdaten ein Verhinderer von Innovation ist. In diesem Bereich müsse noch viel Überzeugungsarbeit in Richtung Politik und Verwaltung geleistet werden, was vor allem durch nachweislich funktionierende und anschauliche Beispiele geschehen muss. Ein ständig wachsender Überblick zu erfolgreichen Open Data Initiativen ist auf www.opendata-showroom.org/ (siehe auch Artikel in diesem Digest) ersichtlich. Auch die Österreichischen Initiativen waren auf der CeDEM11 Konferenz vertreten. Das Bundesrechenzentrum veranstaltete unter dem Thema „ Open Government Data: Good Practice & Proceedings“ einen Workshop dem Vertreter aus Initiativgruppen und Verwaltung folgten. Stefan Pawel von der Open Commons Region Linz skizzierte den Verlauf seines Projektes mit den anfänglichen Startschwierigkeiten, die vor allem im organisatorischen Bereich und dem Verständnis der etablierten Verwaltung zu den Begriffen „Open Access“, „Creative Commons“ und „Transparenz“ lagen. Für 2011 sind in Linz, als Leuchtturmprojekte, die Offenlegung von Geodaten und statistischen Basisdaten geplant. Die Daten sollen nach der CC-By Lizenz veröffentlicht werden. Barcamps werden die einzelnen Meilensteine der Projektumsetzung begleiten und sollen einerseits neue Ideen einbringen, auf der anderen Seite ein Anreiz für Bevölkerung und Wirtschaft zur kreativen Beschäftigung mit den Daten und zur Schaffung eines kollektiven Mehrwerts sein. Martin Kaltenböck von der Semantic Web Company und Mitbegründer von OGD Austria stellte den europäischen Kontext mit den Projekten LOD2 und der Open Knowledge Foundation sowie die Österreichische Initiative Open Governnent Data Austria vor. Eine Aktivität der Semantic Web Company ist zur Zeit die Ausarbeitung von Open Government Infrastrukturkomponenten (siehe Teil 2 des OGD Leitfadens von Andreas Blumauer in diesem Digest). Open Data soll fixer Bestandteil einer nationalen digitalen Infrastruktur werden. Martin Kaltenböck stellte in einem high-level Überblick bestehende und noch notwendige Infrastrukturkomponenten wie Indexdienste, Suchagen-
SEITE 11 ten oder Dataintegratoren für nicht-RDF Daten vor. Der „linking“-Aspekt wird häufig als definierendes Element von Open Data verstanden, während semantische Methoden auch innerhalb von Organisationen einen Mehrwert bieten. Für die Zukunft wichtig wird die Harmonisierung von Meta-Daten werden: Inhaltsdaten können über Ontologien harmonisiert werden, die dabei notwendigen MetaDaten erfordern aber ein einheitliches Format auf der technischen Interoperationsebene. Robert Harm als Vertreter des Vereins open3 griff die von Stefan Gehrke formulierte Forderung nach Leuchtturmprojekten auf und präsentierte die österreichfokusierten Open Data Projekte Wiener Budgetvisualisierung 2009, ubahnaufzug.at oder die Befragung der österreichischen Nationalratsabgeordneten zu Open Data Thematiken. Das noch in Umsetzung befindliche Projekt http://www. datamaps.eu/ wird es in Zukunft ermöglichen, ohne Programmierkenntnisse geodatenbezogene Visualisierungen zu erstellen und mit andern zu teilen.
Carl-Marcus Piswanger Carl-Marcus Piswanger vom BRZ als Sponsor des Open Data Workshops bei der CeDem2011 erarbeitete in Zusammenarbeit mit den TeilnehmerInnen jene Datensätze die nach Öffnung hohes gesellschaftliches oder wirtschaftliches Potential bieten würden. Die von den TeilnehmerInnen als vordringlich zu öffnende Daten bzw. in einem nach den Open Data Prinzipien bereitzustellenden Daten sind Budgetdaten, basisstatistische Daten wie Kriminalstatisitken, Daten zu Ausbildungseinrichtungen, Arbeitnehmerund Arbeitgeberdaten oder Volkszählungsdaten. In der abschließenden Diskussion wurde die gegenwärtig aktuellen Themen wie Lizenzen, Kosten für Daten und gesellschaftliche Auswirkungen diskutiert. Eine Offenlegung von Verwaltungsdaten wird zu einer Verschiebung bei manchen Geschäftsmodellen führen, die für manche Wirtschaftszweige Herausforderungen bereithalten. Insgesamt ist der gesellschaftliche Mehrwert zwar schwer durch Modelle zu quantifizieren, ein Mehr an Daten und Informationen wird aber jedenfalls neue Geschäftsmodelle fördern, die gegenwärtig durch Protektionismus nicht marktfähig sind. Johann Höchtl
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Veranstaltungen
OGD2011 – Programm, Vortragende und Rahmeninformationen Erstmals findet in Österreich eine Konferenz zum Thema Open Government Data statt: die OGD2011 (http:// www.ogd2011.at). Die Veranstaltung richtet sich an jene, die am Prozess der Bereitstellung und Wiederverwendung von Offenen Daten teilnehmen: Politik, öffentliche Verwaltung, Zivilgesellschaft und Wirtschaft. Die OGD2011 lädt namhafte österreichische und internationale Expert/innen erstmals auf ein gemeinsames Podium. Internationaler Austausch und regionales Networking machen die OGD2011 zum wesentlichen Forum für Open Government Data im Jahr 2011! PROGRAMM der OGD2011
08.30 bis 09.00 Uhr (Foyer Palais Strudlhof)
Anmeldung
09.00 bis 09.30 Uhr (Saal: Freud / Schrödinger)
Eröffnung
09.30 bis 10.45 Uhr (Saal: Freud / Schrödinger)
P1: Einführung und Grundlagen
Eröffnung: Sandra Frauenberger, IT-Stadträtin von Wien Willkommen vom Veranstalter: Projektleiter der OGD2011 Martin Kaltenböck, Semantic Web Company / OGD Austria Chair: Mag. Bernhard Krabina (KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung) Christian Geiger, M.A., Zeppelin Universität Friedrichshafen (Hochschule zwischen Wirtschaft, Kultur und Politik) Vortrag: Open Government (Data) – Bürger und Staat auf Augenhöhe Dr. Katleen Janssen, Universität Leuven, Interdisciplinary Centre for Law & ICT Leuven, Belgien Vortrag: Legal Issues of Open Government Data: major road blocks or minor bumps in the road? Martin Kaltenböck, CMC, CFO der Semantic Web Company, Mitglied im Executive Board der OGD Austria Vortrag: OGD2011 – Anforderungsanalyse für Open Government Data in Österreich
10.45 bis 11.15 Uhr
Pause
11.15 bis 12.15 Uhr (Saal: Freud / Schrödinger)
P2: Gesellschaftliche Auswirkungen
Chair: Mag (FH) Julian Ausserhofer (FH Joanneum) M.Sc. Lisa Evans, Objectgroup, Where Does My Money Go? the guardian, data blog Vortrag: Data journalism in 7 bullet points Ing. Mag. Christof Tschohl, Ludwig Boltzmann Gesellschaft, Team Informationsgesellschaft Vortrag: Open Government Data aus Menschenrechtsperspektive
11.15 bis 12.15 Uhr (Saal: Robert Barany)
W1: Ökonomisches Potential
Chair: Prof (FH) Dr. Tassilo Pellegrini (Semantic Web Company) Mag.a Eva Czernohorszky, Zentrum für Innovation und Technologie, Prokuristin und Leiterin der Dienstleistungsabteilung Vortrag: Das volkswirtschaftliche Potential von Open Government Data: Ein Auftrag für die Wirtschaftsförderung? Mag. Nikolaus Futter, Geschäftsführere Compass Verlag Vortrag: Wirtschaftliche Aspkete der Nutzung von OGD
12.15 bis 13.45 Uhr (Gruppenfoto auf der Strudlhofstiege)
Mittagspause & Konferenzfoto
Veranstaltungen
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Basisinformationen OGD2011 Konferenz WANN: 16. Juni 2011, 09.00 - 18.00 Uhr WO: Palais Strudlohof, Strudlhofgasse 10, 1090 Wien WER: Politik, Verwaltung, Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft, Medien INFO & REGISTRIERUNG: www.ogd2011.at twitter hashtag: #ogd2011 Organisation: Semantic Web Company
13.45 bis 15.00 Uhr (Saal: Freud / Schrödinger)
P3: Europa und Open Government Data
16. Juni 2011
Chair: Mag. Johann Höchtl (Donauuniversität Krems) Ton Zijlstra, Community Stewart der ePSIplattform, Berater (u.a. der Niederländischen Regierung) Vortrag: Eine Europäische Perspektive auf OGD. Status Quo, Entwicklungen, Wandel und neue Herausforderungen an die Bürger/innen. Dr. Rufus Pollock, University of Cambridge, Centre for Intellectual Property and Information Law, Direktor der Open Knowledge Foundation Vortrag: Open Data: The Road Ahead Prof. Dr. Jiri Hrebicek, Ph.D., Masaryk Universität, Institute of Biostatistics and Analyses Vortrag: The status and outreach of open data and open government in the Czech Republic
13.45 bis 15.00 Uhr (Saal: Robert Barany)
W2: Open Data Technologie & Infrastruktur
Chair: DI Wolfgang Halb (Joanneum Research) Prof (FH) Dr. Tassilo Pellegrini, Semantic Web Company Vortrag: Linked Open Government Data als Maßnahme für eine digitale Infrastruktur Friedrich Lindenberg, Open Knowledge Foundation – CKAN Development Vortrag: Katalogsysteme und Open Data am Beispiel CKAN Manfred Gröber, MBA – Microsoft Österreich Gmbh, Business Developement Manager, Öffentlicher Sektor Vortrag: Cloud Infrastruktur für Open Data – Internationale Beispiele Mag. Carl-Markus Piswanger, MAS – Bundesrechenzentrum Vortrag: Open Government (Data) in der BRZ GmbH
15.00 bis 16.15 Uhr (Saal: Freud / Schrödinger)
P4: Best Practise Beispiele: OGD in Österreich
Chair: Thomas Thurner (Semantic Web Company, OGD Austria) Mag. Martin Schiegl, Geologische Bundesanstalt, FA Geoinformation Vortrag: Thesaurus-Management und INSPIRE (am Beispiel der Geologischen Bundesanstalt) Mag. Stefan Pawel, Projektleiter der Open Commons Region Linz Vortrag: Open Government Data als Teil der Open Commons Region Linz Dr. Wilhelm Vogel, Prokurist und Programmleiter Daten & Diagnosen, Umweltbundesamt Vortrag: Open Government Data (OGD) im Umweltbereich, Angebote und Grenzen der Verfügbarkeit
16.15 bis 16.45 Uhr
Vernetzungspause
16.45 bis 17.30 Uhr (Saal: Freud / Schrödinger)
Keynote:
John Sheridan, MSc – National Archives UK Linking UK Government Data
17.30 bis 17.45 Uhr (Saal: Freud / Schrödinger)
Schlusswort & Verabschiedung:
Thomas Thurner & Martin Kaltenböck, beide Semantic Web Company & OGD Austria
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IM GESPRÄCH – sTEFAN GEHRKE
Im Gespräch
Stefan Gehrke – Im Alleingang erreichen wir gar nichts Zentrum der Problemlösung, oder bloße Befindlichkeiten im Changeprozess? Stefan Gehrke, geboren 1965, Jurist und Journalist, Vorstandsmitglied im Open Data Network e.V. Deutschland (opendata-network. org), Gründer und Partner der Kommunikationsagentur “buero fuer neues denken” (bfnd.de), Berlin. OGD-Digest: Bereits letztes Jahr legte sich die deutsche Bundesregierung einen recht großzügig bemessenen Zeitrahmen bei der Einführung von Open Government Data. Erst 2013 sehen die zuständigen Stellen die Zeit für ein bundesweites Datenportal. Ist das Ausdruck einer – zumindest noch teilweise vorhandenen – Gegnerschaft zu Open Government Data, oder bloße Mutlosigkeit? Stefan Gehrke: Ich denke, dabei handelt es sich nicht um fehlenden Mut oder gar um ein Dagegensein, sondern es gibt in diesem Bereich durchaus ernstzunehmende Herausforderungen. Deutschland ist ein föderaler Staat, was u.a. dazu führt, das viele Daten in den Ländern und sogar noch mehr in den Kommunen liegen. Die Bundesregierung kann in diesem Bereich alleine gar nicht so viel ausrichten, auch nicht durch Gesetze, sondern sie sind vielmehr auf eine Koalition der Willigen angewiesen. Wir schauen immer gerne in die USA, wo Präsident Obama per Direktive die Verwaltung zu Open Data aufgefordert hat. Das funktioniert allerdings in Deutschland nicht. Natürlich würden wir aus der Open Data Bewegung es gerne sehen, wenn es schneller gehen würde. Die Frage ist, ob das Thema Open Data als Bereich der Verwaltungmodernisierung im zuständigen Bundesministerium des Innern richtig angesiedelt ist. So könnte ein anderer Weg auch über bessere Informationsfreiheitsgesetz (IFG) führen. Das Land Bremen hat ja schon ein gutes Beispiel vorgelegt. Dort ist die Verwaltung zu pro-aktiver Datenveröffentlichung verpflichtet. Andere Bundesländer haben noch gar kein IFG. OGD-Digest: Im Gespräch mir Vertreter/innen aus Regierung und Verwaltung ist oft von den Unterschieden der Verwaltungskultur Europas und der des anglo-amerikanischen Raums die Rede. Offenheit, Datenqualität, Amtsverschwiegenheit sowie Selbst- und Fremdbild der Verwaltung wären dort wie da grundlegend verschieden. In wie weit soll sich die OGD-Community von diesen Argumenten beeindrucken lassen? Sind diese Fragen im
Stefan Gehrke: Es ist ganz wichtig, die Befindlichkeiten und Sorgen der Verwaltung Ernst zu nehmen. Im Alleingang erreichen wir gar nichts – wir müssen einen gemeinsamen Weg finden. Das sollte aber keineswegs dazu führen, eigene Positionen und Definitionen aufzugeben. Sonst haben wir in ein, zwei Jahren eine nette SchmuseOpendatalandschaft mit viel “Open” auf dem Etikett einer nach wie vor von Geschlossenheit und Exklusivität geprägten Datenpolitik. Hilfreich ist es sicher, wenn wird die sog. Change agents in den Verwaltungen finden, also die, die etwas ändern wollen. Diese Leute müssen wir dann beraten und unterstützen, in dem wir ihnen z.B. gute Beispiele an die Hand geben, damit sie das Potenzial von Open Data in ihre Häuser tragen können. OGD-Digest: Welche unmittelbaren nächsten Ziele sollen/müssen in Deutschland, in Sachen OGD, erreicht werden. Wie sieht der Zeitplan des ODN aus? Stefan Gehrke: Zunächst und zuförderst brauchen wir offene Lizenzen für alle Daten des öffentlichen Sektors. Dann fordern wir die kostenfreie Freigabe all dieser Daten, abgesehen von den sog. Grenzkosten, also den Gebühren zur Kostendeckung für die Bereitstellung. Diese allerdings dürfen nur auf Grundlage einer konkreten, detaillierten und neutral überprüfbaren Kostenanalyse zulässig sein. Wichtig ist es auch, Open Data Aktivitäten in den Kommunen zu fördern. Und dann würden wir uns natürlich noch sehr darüber freuen, wenn es zeitnah einen offiziellen Datenkatalog unter daten.bund.de geben würde und wenn, wie schon erwähnt, die Informationsfreiheitsgesetze angepasst werden würden, um eine pro-aktive Veröffentlichung von Daten zu ermöglichen. Und wenn das alles noch bis Ende des Jahres 2012 geschehen würde, wären wir entscheidende Schritte weiter.
Open Government: Very New Public Management!?
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Open Government: Very New Public Management!? Wir möchten in unserem Essay drei zentrale Aspekte der Open Government Diskussion darstellen, welche das Potenzial aufweisen, den öffentlichen Sektor in den nächsten Jahren nachhaltig zu ändern: Kollaboration mit Social Media, Transparenz mit Open Government Data, Neue Wege im Public Management mittels Partizipation. 1) Kollaboration mit Social Media: Kollaboration beschreibt ein neues Verhältnis der Verwaltungen miteinander als auch des öffentlichen Sektors mit den BürgerInnen und weiteren Stakeholdern. Zusammenarbeit auf Basis von gegenseitigem Respekt und Offenheit stehen dabei im Vordergrund. Die „Anderen“ werden in diesem Konzept nicht erst nach Aufforderung tätig, sondern können mittels Eigeninitiative durchwegs Themenführerschaft übernehmen und die Verwaltung „antreiben“. Am deutlichsten zeigt sich dieses Phänomen in den Potenzialen von Web 2.0 und Social Media, welche sowohl von den BürgerInnen als auch von den Verwaltungen und der Politik genutzt werden, um neue Interaktionskanäle zu öffnen und Engagement zu ermöglichen. Die Nicht-Nutzung von Sozialen Medien kann dazu führen, dass gewisse Zielgruppen, die herkömmliche Medien oder Partizipationsmöglichkeiten wie Bürgerversammlungen nicht nutzen, ausgeschlossen werden. Soziale Medien sind nicht nur in der politischen Kommunikation relevant. Auch klassische Kommunikationsthemen der Verwaltung wie das Beschwerdemanagement erfahren durch soziale Medien neue Impulse. In sozialen Medien ist auch zu beobachten, dass das NichtVorhandensein von offiziellen Informationen nicht verhindern kann, dass Kommunikation über öffentliche Angelegenheiten stattfindet. 2) Transparenz mit Open Data: In der aktuellen Diskussion wird Open Government häufig mit Open Data (auch Open Government Data) gleichgesetzt. Dies ist eine verkürzte Betrachtung, da die Frage der Daten nur ein (wenngleich auch wesentlicher) Aspekt von Open Government ist. Neben ökonomischen und gesellschaftspolitischen Argumenten ist für die öffentliche Verwaltung aber vor allem ein Aspekt ganz wesentlich: die freie Verfügbarkeit von Daten ist ein wichtiger Schritt zu mehr Transparenz und stärkt damit auch das Vertrauen in das Verwaltungshandeln. Veröffentlichte Daten bilden die Grundlage dafür, dass BürgerInnen, Unternehmen und weitere Interessengruppen die Arbeit von Politik und Verwaltung wahrnehmen und nutzen können. Dies ist wiederum Grundlage dafür, dass sich diese Gruppen in die Produktions- oder Entscheidungsprozesse einbringen und besser über diese befinden können. Partizipation – neue Wege im Public Management. 3) Web 2.0 hat neue Möglichkeiten der Interaktion, des Engagements und der Einflussnahme möglich gemacht, die sich auch auf Politik und Verwaltung auswirken. Die „Internetgeneration“ wächst mit einem anderen Nut-
zungsverständnis der modernen Medien heran und es wird zunehmend schwieriger, diese mit klassischen Partizipationsmöglichkeiten zu erreichen. Deshalb müssen sich öffentliche Verwaltung und Politik proaktiv neuen Formen der Beteiligung von BürgerInnen und Gesellschaftsgruppen öffnen. Dies heißt, Einfluss zulassen, Engagement fördern und Mitwirkung ermöglichen. Unter den Schlagworten „Co-production“ und „Co-design“ haben diese neuen Aspekte der Partizipation schon Einzug in die Public Management Diskussionen gefunden. Es gilt nun, durch die Öffnung von Politik und Verwaltung mithilfe neuer Formen der Partizipation dieses Zusammenarbeiten neu zu beleben. Modernes Public Management „orientiert“ sich nicht nur an den BürgerInnen, sondern bezieht die BürgerInnen mit ein. Diese neue Einbeziehung der BürgerInnen reduziert sich nicht nur auf Parteienstellungen in Umweltoder Nachbarschaftsverfahren oder auf das Einholen von Feedback der KundInnen. Damit wird vielmehr die aktive Rolle der BürgerInnen im gesellschaftlichen, politischen und administrativen Leben angesprochen, welches bis hin zur Aktivierung der BürgerInnen geht und das Mitmachen, das Mitproduzieren und Mitentscheiden bedeutet. Hier ist jedenfalls auch die Verwaltung gefordert, der Politik Angebote zu machen und in Vorleistung zu treten. Andererseits muss die Politik auch die Vorteile erkennen, wenn sie den Rat der Verwaltung aber auch der BürgerInnen und ExpertInnen miteinbezieht. Das Primat der Politik wird dadurch nicht aufgegeben und die Kompetenzen der Politik nicht eingeschränkt. Aber eine Neudefinition von politischer Entscheidungsfindung wird notwendig sein, wenn die Einbeziehung von Jugendlichen gelingen und Phänomene wie Stuttgart 21 künftig verhindert werden sollen. Zukunft Open Government: Die hier präsentierten drei Aspekte sind als Auszug aus der Open-Government-Diskussion zu sehen. Open Government wird als Überbegriff für zahlreiche weitere Facetten der Verwaltungs- und Staatsmodernisierung verwendet wie Transparenz 2.0, Partizipation 2.0, Kollaboration 2.0, offene Innovationen, Öffnung der Gesellschaft, sowie Überlegungen zu freien Daten, offenen Standards, offenen Schnittstellen, quelloffener Software und offenen Kommunikations systemen. Es ist davon auszugehen, dass uns diese Facetten im Sinne eines neuen Public Managements die nächsten Jahre am Weg der Verwaltungs- und Staatsmodernisierung begleiten werden. Thomas Prorok, Bernhard Krabina, www.kdz.eu
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Studien
Ergebnisse der LOD2 Open Government Data Stakeholder Befragung Linked Open Data ist die zweite große Vision von Sir Tim Berners Lee (bit.ly/tim-wikipedia), dem Begründer des WWW. Ein Web of Data dessen miteinander vernetzten Datenbestände die LOD Cloud (richard.cyganiak. de/2007/10/lod/) bilden, ein bereits 22 Milliarden Fakten umfassender, wiederverwendbarer und vernetzter weltweiter Datenbestand. Das durch die EU unterstützte Forschungsprojekt “LOD2 – Creating Knowledge out of Interlinked Data” (www.lod2. eu) beschäftigt sich mit der Bereitstellung bzw. dem Ausbau der Linked Open Data (LOD) Prinzipien und Technologien bzw. der LOD Infrastruktur an sich. Denn werden Datenbestände einmal gemäß den Linked Open Data Prinzipien des W3C (World Wide Web Consortium – bit.ly/ w3c-lod) verfügbar gemacht, so wird die standardisierte Vernetzung verschiedenste Datenbestände untereinander möglich, um rasch und zielgerichtet für neuartige Anwendungen nutzbar zu sein. Seit September 2010 arbeitet das Konsortium aus 10 Partnern – kommend aus sieben EU-Ländern – an dem auf vier Jahre angelegt Projekt. Die Forschungsergebnisse und Entwicklungen des LOD2 Projektes fokusieren besonders auf drei Bereiche: 1) Linked Enterprise Data, 2) Linked Data für Verlage und Medien und 3) Open Government Data. Der zuletzt genannte Use Case “Open Government Data” nimmt eine besondere Rolle ein, soll doch hier im Rahmen des Projektes LOD2 der Grundstein für einen zentralen Open Data Katalog für Europa enstehen. Dabei werden mittels Linked Open Data (LOD) die Datenbestände möglichst aller europäischen Datenkataloge durchsuchbar und vergleichbar gemacht – ein Single Point of Access für Open Data in Europa sozusagen (www.publicdata.eu). Darüber hinaus werden die technologischen und wirtschaftlichen Rückwirkungen von Open Government Data die anderen beiden Anwendungsfälle (1 und 2) untersucht. Für eine bessere Anforderungsanalyse der Entwicklungsarbeit im Bereich Linked Open Government Data wurde im Dezember 2010 die “LOD2 Open Government Data Stakeholder Survey” initiiert. Ziel der Befragung war es, in den fünf Wochen Laufzeit der Befragung (08.11.2010 to 15.12. 2010), möglichst viel Input zum Thema Open Data in Europa bzw. für den zu schaffenden EU-weiten Datenkatalog zu bekommen. An der Befragung nahmen gesamt 340 Personen teil. Die Ergebnisse wurden im 1. Quartal 2011 ausgewertet und soeben als HTML und PDF veröffentlicht. Die Rohdaten stehen als CSV File sowie als Linked Open Data mit einer CC BY 3.0 Lizenz zur freien Wiederverwendung zur Verfügung – siehe: survey.lod2.eu. Einige Erkenntnisse der Befragung als Schlaglichter:
A) Weg von HTML und PDF – hin zu RDF/XML und APIs In Hinsicht auf die verwendeten / geforderten Datenformate wurde eine eindeutige Tendenz von derzeit vor allem
HTML und PDF in Richtung RDF/XML und dem Angebot von APIs erhoben. Aber auch andere Formate wurden oftmals genannt und müssen daher berücksichtigt werden, wie beispielsweise JSON.
Abbildung: derzeit verwendete Datenformate
Abbildung: gewünschte Datenformate
B) Rohdaten direkt vom Datenersteller zur weiteren Analyse In Hinsicht auf die Datenqualität wurden die folgenden Kriterien als besonders wichtig erachtet: 1) Herkunft / Originalquelle der Daten, 2) Format der Daten und 3) Vollständigkeit der Metadaten. Hinsichtlich der genannten Datenformate wird die Bereitstellung von Konvertierungsmechanismen als wichtig angesehen. Die Top Bereiche, die TeilnehmerInnen mit offenen Daten anwenden wollen sind: Forschung & Analyse, Visualisierungen und ‘einfaches Konsumieren’ der Daten. Weiterführend werden die folgenden Funktionen für einen EU-weiten Datenkatalog als unbedingtes ‘must have’ betrachtet: 1) Angebot von Basisdaten / Rohdaten, 2) Information über die Version von Datensets und 3) Suchen, erkunden, Gruppieren und Clustering von Datensets. Weiters die ‘like to have’ Funktionalitäten: Crowd Sourcing Mechanismen, Benachrichtigungs Dienste über (regionale) Daten, Analyse- und Visualisierungstools.
Studien C) Linksammlung oder eigener Open Data Speicher ... eine offene Frage Hinsichtlich der Frage, ob ein EU-weiter Datenkatalog nur Meta Daten speichern soll und in Folge auf die Originaldaten verlinken soll oder auch an sich Daten speichern und anbieten soll konnte keine eindeutige Antwort gefunden werden – grundsätzlich kann die Aussage getroffen werden, dass eine Datenspeicherung möglich sein sollte – und vor allem dass Mechanismen vorhanden sein müssen, welche nicht vorhandene Datensätze an der Originalquelle erkennen und dies darstellen.
D) Interaktion, Dokumentation – OneStopShop Neben den Daten selbst werden folgenden Informationen zu Open Data nachgefragt: White Papers und Best Practise, News über Open Government Data und Anwendungsbeispiele sowie Erfolgs-Stories zu Open Data. Weiters werden Support Mechanismen auf einem EU-weiten Open Data Katalog als besonders wichtig erachtet (Dokumentation, Handbücher etc.).
SEITE 17 Die LOD2 Open Government Data Stakeholder Befragung soll Ende 2011 wiederholt werden, um die jeweils aktuellen Anforderungen an das recht junge Feld Open Government Data zu erheben. Die Detailergebnisse können unter: http://survey.lod2.eu eingesehen und wiederverwendet werden.
Links zum Thema Projekt Webseite LOD2: www.lod2.eu Weblog zum LOD2 Projekt: blog.lod2.eu Ergebnisse der LOD2 Open Government Data DStakeholder Befragung: survey.lod2.eu Linked Open Data (LOD) linkeddatabook.com, linkeddata.org sowie Die LOD Cloud: richard.cyganiak.de/2007/10/lod
Britischer PSI Report soeben erschienen Vor kurzem ist der Report zur Wiederverwendung von Public Sector Information (PSI) in Großbritannien aus 2010 erschienen. Da England als einer der Vorreiter im Bereich von Open Government Data weltweit betrachtet wird, sollte diesem Report entsprechend Aufmerksamkeit geschenkt werden. Dieser beinhaltet Informationen zum rechtlichen Rahmen von Open Government Data in UK, dem gewählten bzw. durch das National Archive erarbeiteten Lizenzrahmen, Richtlinien für die gewählten Nutzungsbedingungen und Businessmodelle, sowie Informationen zu Governance, bewusstseinsbildenden Maßnahmen zu Open Data und zu den verwendeten Technologien. Teil 6 des Reports bietet einen Vergleich zu anderen internationalen Open Government Data Aktivitäten in Australien, Neuseeland, Spanien und den USA. Abschließend wird ein Ausblick auf die zukünftige Entwicklung in UK geboten sowie ein Überblick über die genauen Aktivitäten in 2009 und 2010. Hervorzuheben sind, neben anderen wichtigen Entwicklungen in UK, sicherlich das sogenannte Unlocking Service, welches es erlaubt, konkrete Anfragen nach benötigten Daten zu stellen, weiters die Etablierung eines Gremiums welches sich mit allen Belangen rund um Open Data in England beschäftigt und damit Nachhaltigkeit und Wirkungsorientierung gewährleistet, sowie technischer Natur
die eindeutige Bekenntnis zu Linked Open Data (zusätzlich zu anderen Formaten und Schnittstellen) als zukunftsweisende Technologie für Open Government Data. Einer der mitverantwortlichen Personen seitens des National Archive UK, John Sheridan, wird am 16. Juni 2011 bei der OGD2011 Konferenz in Wien sprechen und steht bei der Konferenz zum Austausch und zur Diskussion rund um das Thema Open Government Data bereit. Siehe: http:// www.ogd2011.at
Link zum Report http://www.nationalarchives.gov.uk/documents/psi-report.pdf Text: Martin Kaltenböck
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IM GESPRÄCH – CHRISTIAN DIRSCHL
Im Gespräch
Christian Dirschl – Potentiale für Verlage mittels Open Government Data
Christian Dirschl, M.A. studierte Informationswissenschaften an der Universität Regensburg und arbeitete danach bei mehreren Softwarefirmen. Er ist Content Architect bei der Wolters Kluwer Deutschland GmbH, verantwortlich für den Bereich Content Strategy. Copyright: Christian Dirschl OGD-Digest: Herr Dirschl, Wolters Kluwer ist Marktführer für Rechtspublikationen in Deutschland und hat das Potential offener Regierungsdaten erkannt. Wie ist der Ansatz für die Nutzung von Open Government Data bei WKD? Christian Dirschl: Es gibt hier zwei Hauptaspekte, die man betrachten muss. Unsere Kunden, also z.B. Rechtsanwälte, Steuerberater oder Verwaltungsangestellte in Behörden arbeiten bereits jetzt tagtäglich intensiv mit Rechtsinformationen. Je mehr relevante Informationen zur Verfügung stehen, desto effizienter und erschöpfender können unsere Kunden ihre eigenen Prozesse zum Wohle ihrer Mandanten gestalten. Somit sehen wir uns hier als „Anwälte unserer Kunden“, um die öffentliche Hand dazu zu bewegen, möglichst umfangreiche Datenbestände offen zugänglich zu machen. Zum Zweiten werden die Anforderungen unserer Kunden an den Detaillierungsgrad, der Verlinkung und Aufbereitung unserer Daten immer größer. Zusätzlich müssen wir ganz neue Kanäle wie mobile Anwendungen, Workflowsysteme oder Standardsoftwareapplikationen bedienen – je mit ihren eigenen spezifischen Anforderungen an Contentumfang, -anreicherung und den damit verbundenen Funktionalitäten. Wenn wir viele unserer Grunddaten bereits maschinenlesbar und teilweise angereichert direkt von der Quelle beziehen könnten, würden wir einiges an Kosten einsparen und könnten uns noch mehr auf unsere eigentlichen Kernkompetenzen konzentrieren, nämlich die relevante Information optimal an den „point of need“ unserer Kunden zu bringen.
OGD-Digest: WKD ist weiters im EU finanzierten FP7 Forschungsprojekt LOD2 (http://www.lod2.eu) involviert – wie sehen Sie die Rolle von LINKED Open Government Data – sind vernetzte Datenbestände sinnvoll und notwendig? Christian Dirschl: Aus meiner Sicht steht und fällt der eigentliche Mehrwert von Open Government Data mit dem Grad der Vernetzung. Ohne Vernetzung können nur wenige Spezialanbieter, wie z.B. Wolters Kluwer, die nötige Aufbereitung innerhalb ihrer eigenen redaktionellen Workflows leisten. Durch die immer stärker steigenden Datenmengen und die immer differenzierteren Kundenanforderungen sind hier allerdings inzwischen bereits die Grenzen der Machbarkeit erreicht. Die Anforderung, dass die Beziehungen zwischen Dokumenten, Fakten und Wissensdomänen dokumentiert sind, um letztlich alle relevanten Informationen zur Problemlösung heranziehen zu können, bleibt trotzdem erhalten. Hier kann nur die Vernetzung der Informationen unter Einbeziehung der Skills aller Beteiligten die Antwort sein. Die Datenproduzenten müssen die Beziehungen, die sie intern bei ihren eigenen Prozessen bereits nutzen, ebenfalls publizieren. Die Community muss Tools zur Vernetzung entwickeln und die Vernetzung selbst weitertreiben, soweit es ihrer spezifischen Expertise entspricht. Informationsdienstleister wie Wolters Kluwer müssen in die Cloud publizieren und somit weitere Anker für die Vernetzung zur Verfügung stellen. Und die Endnutzer selbst müssen sich im eigenen Interesse über Crowd-Sourcing-Mechanismen am Ausbau des Netzwerks beteiligen. Nur so kommen wir alle in eine win-win-Situation, die zur vollen Ausschöpfung des Potentials führen kann. Aus diesen Gründen engagieren wir uns im LOD2-Projekt, um diesen gewünschten Zielzustand nachhaltig mitgestalten zu können. OGD-Digest: Wie lange schätzen Sie wird es dauern, bis Open Data in Deutschland bzw. in EU27 für die Wirtschaft verwendbar Realität wird? Christian Dirschl: Ich bin in meiner Einschätzung offen gestanden hin- und hergerissen. Unbestritten geht im Augenblick in diesem Bereich die Post ab! Neue Open Government Data Initiativen auf lokaler oder nationaler Ebene werden fast jede Woche verkündet und die Entwicklung geht immer schneller voran. Die EU steckt viele Millionen in die Veröffentlichung ihrer eigenen Daten und fördert mit viel Geld unterstützende Projekte wie LOD2, die die nötige Infrastruktur zur Verfügung stellen.
Best Practise Andererseits sehe ich z.B. gerade in Deutschland aus Datenschutzgründen massive Vorbehalte gegen jede Art von Datenveröffentlichung. Ich habe den Eindruck, dass hier noch viel Klärungsbedarf besteht, der sicherlich seine Zeit brauchen wird. In anderen Ländern bzw. bei der EU selbst gehe ich davon aus, dass in den nächsten drei bis vier Jahren nennenswerte Datenbestände veröffentlicht sein werden, die einen messbaren wirtschaftlichen Effekt auf die Wettbewerbsfähigkeit in einer globalisierten Welt haben werden. Erste Ansätze kann man heute schon in Großbritannien erkennen, wo z.B. alle öffentliche Gebäude sukzessive einen eigenen maschinell verarbeitbaren Identifikator bekommen
SEITE 19 und somit die Grundlage für eine verlässliche Vernetzung von z.B. Geodaten, Haushaltsdaten, Gebäudenutzungsdaten, etc. geschaffen wird. Eine ähnliche Initiative, die keinerlei Implikationen im Bereich Datenschutz hätte, würde ich mir persönlich auch für Deutschland und andere zögerliche Staaten innerhalb Europas wünschen.
Links Wolters Kluwer Deutschland: www.wolterskluwer.de Email: cdirschl@wolterskluwer.de LinkedIn Profil C. Dirschl: http://de.linkedin.com/in/ christiandirschl
Open Data Weltweit Helsinki – Finnland Das Helsinki Region Infoshare Projekt hat sich zum Ziel gesetzt, Daten über die Region Helsinki öffentlich zugänglich zu machen. Technologische Basis für die Platform ist CKAN, das schon in den Portalen Großbritanniens und im EU-weiten Katalog publicdata.eu im Einsatz ist. Das Projekt wird von der Abteilung “Urban Facts” der Stadt Helsinki koordiniert. In das Projekt sind die Städte Helsinki, Espoo, Vantaa und Kauniainen sowie das Forum Virium Helsinki, der Finnische Innovationsfonds Sitra und das Finnische Finanzministerium eingebunden. http://www.hri.fi/en/ Estland Die im März neu formierte Regierung in Estland hat Open Government Data im Regierungsübereinkommen positioniert. Geodaten werden für die Wiederverwendung zur Verfügung gestellt. Öffentliche Register werden mit einer Verfügbarkeit von 24/7 zur Verfügung gestellt und verlinkt. Staatliche und regionale Regierungsdaten werden maschinenlesbar gemacht und geöffnet. Das Ziel ist eine Bereitstellung dieser Daten, um den NutzerInnen die Möglichkeit zu bieten auf Basis dieser Daten Anwendungen zu realisieren. http://www.opendata.ee/2011-03-24/avatud-andmeduue-valitsuse-koalitsioonileppes/ Schottland Anfang Mai 2011 wurde eine Open Data Initiative in Schotland gegründet, welche die Diskussion rund um Open Government Data in Schottland vorantreiben will und relevante Datensätze sammelt. https://sites.google.com/site/scotlandsdata/
Kanada Die Kanadische Regierung startet ein eigenes OGD-Portal mit anfänglich bereits 260.000 Datensätzen aus den Bereichen Landwirtschaft, Biologischer Landbau, Inneres und Migration, Umwelt , Finanz, Fischerei und Verkehr. Die Pilotphase wird sich über einen 12-Monats-Zeitraum erstrecken, während dessen die Regierung weiterhin die Anzahl der Datensätze für die Benutzer erhöhen will. http://www.data.gc.ca/ Asien – Thailand 1. Daten Repository in Asien geöffnet Mit dem ersten offiziellen Datenkatalog in Thailand nimmt das Land eine Vorreiterrolle zu Open Government Data in Asien ein. Andere Länder stehen bereits in den Startlöchern. Open Data goes Asia! http://data.pm.go.th Russland Das russische NGO Golos (russisch für ‘Stimme’) veröffentlicht alle russischen Wahlergebnisse 2003 bis 2011 als Open Data (National, regional, lokal) – insgesamt wurden die Daten von 36834 Wahlen veröffentlicht! http://stat.golos.org/ Südamerika – Chile Ein Transparency Board in Chile veröffentlicht erste Datensätze http://www.consejotransparencia.cl/consejo/site/edic/ base/port/pcatalogo.html http://www.cplt.cl/catalogo-de-datos-abiertos/consejo/2010-11-02/094712.html Einen guten und aktuellen Überblick über die vorhandenen Datenkataloge in Europa bietet die seitens des LOD2 Projektes (lod2.eu) gepflegte Liste: http://lod2.okfn.org/ eu-data-catalogues
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Best Practise
Auslagen für Open Data – Projekte eröffnet Die Frage nach den konkreten Anwendungen von Open Data zu bantworten, haben sich zwei neue Projekte verschrieben: Die ODappsZone der OGD-Austria auf www. opendata.at und der Showroom für Open Data-Projekte des deutschen Open Data Network unter www.opendatashowroom.org. Gedacht sind die Seiten vor allem dafür, einen optisch ansprechenden und einfach zugänglichen Überblick über guten Projekte aus dem Open Data-Umfeld bereitzustellen, um z.B. Freunden oder Bekannten, aber auch Politikern, Verwaltungsbeamten oder anderen Entscheidungsträgern einen schnellen Überblick zu geben, was man mit offenen Daten alles machen kann. Die Projekte sind in Kategorien wie “Demokratie”, “Umwelt/Geo” oder “Wirtschaft” unterteilt, und es gibt einen RSS-Feed, um über neu hinzugefügte Projekte auf dem Laufenden zu bleiben. Zur Seite gehört eine Facebook-Seite, www.facebook.com/ OpenDataShowroom, dort (per Mail natürlich auch) können neue Projekte vorgeschlagen werden. (Thomas Thurner und Holger Drewes auf opendata-network.org)
Als Nummer 1 am Start – Das Wiener Open Data Portal Bei Redaktionsschluß dieses OGD-Digest ist es noch Verschlusssache, doch am 17. Mai ist es soweit – Österreichs erstes Open Data Portal soll online gehen. Gemeinsam mit dem Open Government-Portal der Stadt Wien (www.wien.gv.at/opengov) wird am 17. Mai auch das Open Government Data (OGD)-Angebot der Stadt Wien (data.wien.gv.at) präsentiert. Der Katalog mit Offenen Stadtdaten umfasst – im ersten Schritt – mehr als 30 Einträge, mit einem Schwerpunkt auf Daten mit Georeferenzierung. Vom Start des Portals ab, ist an die laufende Erweiterung des Datenangebotes gedacht. Wie und in welchen Umfang, in den nächsten Wochen und Monaten, diese Erweiterung des Datenangebotes abläuft, erläutert DI Johann Mittheisz (CIO der Stadt Wien) in einem Pressegespräch am 17.5.
(c) Stadt Wien Wie wir im Vorabinterview erfahren haben, wurden ganz wesentliche Grundsätze von Open Government Data durch die Stadt Wien berücksichtigt. Wir dürfen demnach Daten in maschinenlesbarer Form ebenso erwarten, wie einfache, standardisierte und transparente Nutzungsbedingungen der angebotenen Daten für Bevölkerung und die Wirtschaft. Bemerkenswert dabei ist, die gemeinsa-
me Anstrengung der Stadtverwaltungen von Wien, Linz und Salzburg, die sich auf die Nutzung einer der offensten Creative-Commons-Lizenzen (Creative Commons Namensnennung 3.0 Österreich Lizenz) geeinigt haben. Die Erfahrungen der ersten Monate sollte in die nächste Version (Creative Commons Namensnennung x.0 Österreich) des CC-Legalcode einfließen, wie aus den Stadtverwaltungen und Creative Commons Austria zu vernehmen ist. Nach dem Start möchte sich Wien schnell Feedback bei den Anwender/innen holen, und lädt zur Open GovernmentPlattform am 26.05.2011 von 16:00 bis 18:00 in die Rathausstraße 1 / Erdgeschoß. Der übernächste Schritt ist dann für Sommer 2011 angekündigt: “Eine Online-Möglichkeit, das umfangreiche Leistungsangebot der Stadt Wien bezüglich Prioritäten beim Ausbau hinsichtlich Open Government und Open Data zu bewerten.” und “noch im Jahr 2011 wird ein Wettbewerb für die Wirtschaft gestartet, um innovative Umsetzungen aus der Open Government-Initiative der Stadt Wien zu finden und auch auszuzeichnen.” data.wien.gv.at Text: Thomas Thurner
KALENDER
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Kalender Open Government-Plattform der Stadt Wien 26.05.2011 ab 16:00 , 1082 Wien, Rathausstraße 1 / Erdgeschoß (Verkehrsverbindung: U2, Station Rathaus, Linie 2, Station Rathaus)
open.ch Konferenz 2011 24.6. 2011, 09.30 bis 17.15 Uhr, Schweizerisches Bundesarchiv, Archivstrasse 24, CH-3003 Bern http://www.ch-open.ch/events/ aktuelle-events/240611-opendatach-2011/
ISESS2011 – International Symposium on Environmental Software Systems 27. - 29. Juni 2011, Brno, Tschechische Republik, Universitäts Campus Bohunice http://www.isess2011.org
Im Rahmen einer Open Government-Plattform werden ExpertInnen der Stadt Wien zum aktuellen Status der Open Government Initiative und zum weiteren Ausbau des OGD-Katalogs informieren. Sie stehen gerne für Fragen den interessierten Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung. Die Parlamentarische Gruppe Digitale Nachhaltigkeit lädt zusammen mit dem Schweizerischen Bundesarchiv und weiteren Partnern zur opendata.ch 2011 ein. An dieser Veranstaltung werden namhafte Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft über ihre Erfahrungen mit der Publikation und Wiederverwendung von Behördendaten berichten. Die ISESS Konferenz findet bereits seit dem Jahr 1995 statt und diskutiert seitdem die Möglichkeiten von Software Systemen im Umweltbereich 2011 wird unter anderem das Thema Open (Government) Data und Umweltinformationen als Schwerpunkt behandelt. Martin Kaltenböck stellt die Ergebnisse der OGD2011 Konferenz einem internationalen Publikum in Brünn vor.
OKCon 2011 – Open Knowledge Conference 2011 30. Juni - 01. Juli 2011, Kalkscheune, Johannisstr. 2, 10117 Berlin, Deutschland http://okcon.org/2011
Die 6. Open Knowledge Konferenz der Open Knowledge Foundation (OKFN) findet heuer erstmals in Berlin statt. Die OKCon behandelt: Open Data Technology, Open Science and Open Data in Academic Research, Open Law, Society, and Democracy, Open Culture, Education, and Commons Research Andreas Blumauer, CEO der Semantic Web Company Wien, ist Keynote Speaker auf der OKCon 2011
Alpbacher Reformgespräche 2011 Special Lecture: Open Government 22.8.2011, 19.00 - 20.30, Alpbach, Österreich http://www.alpbach.org/
Das Forum Alpbach hat die Themen Open Government und Open Government Data aufgenommen und veranstaltet als Special Lecture eine Panel Diskussion zum Thema mit: Nikolaus FUTTER (Geschäftsführer, Compass Gruppe), Peter HERMANN (Director Public Sector, Microsoft Österreich), Martin KALTENBÖCK (OGD Austria, Semantic Web Company), Johann MITTHEISZ (CIO der Stadt Wien, Magistratsdirektion der Stadt), Peter PARYCEK (Donau Universität Krems)
Wettbewerbe Open Data Challenge http://opendatachallenge.org
Die erste europaweit ausgelobte Open Data Challenge geht in die finale Runde. Bis 5. Juni 2011 um Mitternacht können Ideen, Anwendungen, Visualisierungen und Datensätze eingereicht werden.
SEITE 22 Impressum Der Open Government Data Digest Österreich (OGD Digest) ist eine Publikation der Semantic Web Company GmbH Lerchenfelder Gürtel 43 1160 Wien, Österreich Tel. +43/1/402 12 35 http://www.semantic-web.at http://www.ogd2011.at ISSN 2220-5659 Herausgeber Semantic Web Company, (CC) 2011
Redaktion Martin Kaltenböck Thomas Thurner
Unterstützer des OGD-Digest
Sponsoren der OGD2011
Partner der OGD2011
Mediapartner der OGD2011
IMPRESSUM Die Semantic Web Company als Herausgeber dieser Publikation übernimmt keinerlei Gewähr für die Aktualität, Korrektheit, Vollständigkeit oder Qualität der bereitgestellten Informationen oder Funktionalität der bereitgestellten Dienste. Haftungsansprüche gegen den Herausgeber, die sich auf Schäden materieller oder ideeller Art beziehen, sind grundsätzlich ausgeschlossen. Der Betreiber behält es sich ausdrücklich vor, Teile oder das gesamte Angebot ohne gesonderte Ankündigung zu verändern, zu ergänzen, zu löschen oder die Veröffentlichung zeitweise oder endgültig einzustellen. Der OGD Digest enthält Links zu externen Webseiten, auf deren Inhalte vom Betreiber dieser Seiten kein Einfluss genommen werden kann. Für diese fremden Inhalte kann demnach keinerlei Gewähr übernommen werden. Für die Inhalte der verlinkten Seiten ist der jeweilige Anbieter verantwortlich.
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